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ARBEITSRECHT AKTUELL // 10/050

Te­le­fon für den Be­triebs­rat

Ar­beit­ge­ber muss prak­ti­sches Funk­tio­nie­ren si­cher­stel­len: Lan­des­ar­beits­ge­richt Nie­der­sach­sen, Be­schluss vom 21.09.2009, 9 TaBV 98/08
Handy und Autoschlüssel
12.03.2010. Be­triebs­rä­te ha­ben An­spruch dar­auf, dass der Ar­beit­ge­ber ih­nen die für ih­re Be­triebs­rats­ar­beit er­for­der­li­chen Mit­tel, da­zu ge­hört auch In­for­ma­ti­ons- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­tech­nik, zur Ver­fü­gung stellt. Nach der Recht­spre­chung hat der Ar­beit­ge­ber da­nach ins­be­son­de­re, wenn die Be­schäf­tig­ten auf weit aus­ein­an­der­lie­gen­de Fi­lia­len ver­teilt sind, Te­le­fo­ne zur Ver­fü­gung zu stel­len, die es dem Be­triebs­rat er­mög­li­chen, die Be­schäf­tig­ten auch tat­säch­lich te­le­fo­nisch zu er­rei­chen.

Dass den­noch strei­tig sein kann, wie ei­ne Te­le­fon­an­la­ge ein­ge­rich­tet sein muss, da­mit die Be­schäf­tig­ten Te­le­fo­na­te vom Be­triebs­rat tat­säch­lich ent­ge­gen­neh­men kön­nen, zeigt die vor­lie­gen­de Ent­schei­dung des Lan­des­ar­beits­ge­richts (LAG) Nie­der­sach­sen: LAG Nie­der­sach­sen, Be­schluss vom 21.09.2009, 9 TaBV 98/08 .

Dem Be­triebs­rat zur Verfügung zu stel­len­de Mit­tel

Der Ar­beit­ge­ber muss Be­triebsräten für ih­re lau­fen­de Tätig­keit die er­for­der­li­che In­for­ma­ti­ons- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­tech­nik gemäß § 40 Abs.2 Be­triebs­ver­fas­sungs­ge­setz (Be­trVG) be­reit stel­len. Was im Ein­zel­nen er­for­der­lich ist, rich­tet sich nach den be­trieb­li­chen Ge­ge­ben­hei­ten, da­zu zählt nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts (BAG) ins­be­son­de­re ein Te­le­fon, da­mit Be­triebs­rat und Ar­beit­neh­mer mit­ein­an­der kom­mu­ni­zie­ren können. Oh­ne ei­nen der­ar­ti­gen In­for­ma­ti­ons- und Mei­nungs­aus­tausch kann nämlich der Be­triebs­rat sei­ne Auf­ga­ben nicht wahr­neh­men.

Wel­che An­for­de­run­gen an die Te­le­fon­an­la­ge zu stel­len sind, hängt von der Struk­tur des Be­trie­bes ab. Be­steht die­ses aus meh­re­ren, weit ent­fernt lie­gen­den (Ver­kaufs-)Fi­lia­len, muss der Be­triebs­rat in der La­ge sein, in die­sen Fi­lia­len an­zu­ru­fen (BAG, Be­schluss vom 09.06.1999, 7 ABR 66/97; Be­schluss vom 08.03.2000, 7 ABR 73/98). Da­zu gehört nicht nur die Exis­tenz ei­nes Te­le­fons in den ein­zel­nen Fi­lia­len, son­dern auch die Möglich­keit, dass Beschäftig­te dort grundsätz­lich auch in der La­ge sind, die­se An­ru­fe ent­ge­gen­zu­neh­men (BAG, Be­schluss vom 27.11.2002, 7 ABR 33/01).

Ob­wohl die­se Vor­aus­set­zun­gen recht­lich da­mit an sich klar ge­re­gelt sind, kann es im Ein­zel­fall um­strit­ten sein, ob die Ver­kaufs­mit­ar­bei­ter für den Be­triebs­rat te­le­fo­nisch er­reich­bar sind oder ob der Be­triebs­rat ei­nen An­spruch auf Nach­bes­se­rung hat. Mit die­ser Fra­ge be­fasst sich die vor­lie­gen­de Ent­schei­dung des Lan­des­ar­beits­ge­richts (LAG) Nie­der­sach­sen (Be­schluss vom 21.09.2009, 9 TaBV 98/08).

Der Fall des Lan­des­ar­beits­ge­richts Nie­der­sach­sen: Be­triebs­rat kann Ver­kaufs­mit­ar­bei­ter nicht er­rei­chen, weil Te­le­fon nicht im Ver­kaufssraum steht

Der Ar­beit­ge­ber ist ein bun­des­wei­tes Dro­ge­rie-Ein­zel­han­dels­un­ter­neh­men. Der an­trag­stel­len­de sie­benköpfi­ge Be­triebs­rat war dort für ei­nen Ver­kaufs­be­zirk mit 34 Ver­kaufs­stel­len mit 125 Beschäftig­ten zuständig. Die Mit­glie­der des Be­triebs­ra­tes sind da­bei al­le in un­ter­schied­li­chen Ver­kaufs­stel­len beschäftigt.
Zum Teil lie­gen die Ver­kaufs­stel­len weit von­ein­an­der ent­fernt. Oft ist in ei­ner Ver­kaufs­stel­le, die bis zu 230 Qua­drat­me­ter groß sein kann, nur ein Beschäftig­ter ein­ge­setzt. Die Ver­kaufs­stel­len ha­ben sind zwar je­weils mit ei­ner Te­le­fon- Fax­an­la­ge aus­ge­stat­tet, die­se be­fin­det sich aber im Büro­raum, das häufig durch meh­re­re Türen, dar­un­ter ei­ne Brand­schutztür, die nicht of­fen ge­las­sen wer­den darf, und ei­nen Gang vom Ver­kaufs­raum ge­trennt ist.

Wird auf der Te­le­fon­an­la­ge an­ge­ru­fen, stellt sich nach drei bis vier­ma­li­gem Klin­geln und ei­nem vier- bis fünf­ma­li­gen Prüfton das Fax­gerät ein, d.h. ein An­ruf kann dann nicht mehr ent­ge­gen­ge­nom­men wer­den.

Der Ar­beit­ge­ber hat die Beschäftig­ten zu­dem an­ge­wie­sen, während der Öff­nungs­zei­ten von 8.00 Uhr bis 19.00 Uhr, den Ver­kaufs­raum nicht al­lei­ne zu las­sen. Wenn wie üblich in ei­ner Ver­kaufs­stel­le nur ein Mit­ar­bei­ter ein­ge­setzt ist, be­deu­tet dies, dass er die Ver­kaufs­aus­la­ge vor der Ein­gangstür her­ein­ho­len und die Ein­gangstür ab­sch­ließen muss, be­vor er sich in das Büro be­gibt.

Der Be­triebs­rat tes­te­te En­de Mai 2008, wie gut die Ver­kaufs­stel­len, für die er zuständig war, zu er­rei­chen wa­ren. Bei 31 Ver­kaufs­stel­len konn­te er da­bei nur fünf Mal ei­nen Mit­ar­bei­ter er­rei­chen.

Er be­an­trag­te des­halb vor dem Ar­beits­ge­richt, den Ar­beit­ge­ber zu ver­pflich­ten, in den frag­li­chen Ver­kaufs­stel­len Te­le­fo­ne in den Ver­kaufsräum­en ein­zu­rich­ten, auf de­nen der Be­triebs­rat während der Öff­nungs­zei­ten die Mit­ar­bei­ter er­rei­chen kann und um­ge­kehrt oder die Er­reich­bar­keit auf an­de­re Wei­se si­cher­zu­stel­len.

Das Ar­beits­ge­richt Ha­meln (Be­schluss vom 18.08.2008, 3 BV 3/08) gab dem Be­triebs­rat zum Teil recht. Es ver­pflich­te­te den Ar­beit­ge­ber si­cher­zu­stel­len, dass die Beschäftig­ten durch den Be­triebs­rat er­reich­bar sind. Al­ler­dings hielt es das Ar­beits­ge­richt nicht für er­for­der­lich, dass um­ge­kehrt auch die Mit­ar­bei­ter den Be­triebs­rat aus den Ver­kaufs­stel­len her­aus an­ru­fen konn­ten. Ge­gen die Ent­schei­dung leg­te der Ar­beit­ge­ber Be­schwer­de beim Lan­des­ar­beits­ge­richt Nie­der­sach­sen ein.

Lan­des­ar­beits­ge­richt Nie­der­sach­sen: Ar­beit­ge­ber muss Te­le­fo­ne in Ver­kaufsräum­en be­reit­stel­len

Das LAG bestätig­te den Be­schluss des Ar­beits­ge­richts. Es ver­pflich­te­te den Ar­beit­ge­ber al­so eben­falls, si­cher­zu­stel­len, dass der Be­triebs­rat die Mit­ar­bei­ter in den Ver­kaufsräum­en te­le­fo­nisch er­rei­chen könne. Denn § 40 Abs. 2 Be­trVG ist so zu ver­ste­hen, dass der Ar­beit­ge­ber in den Ver­kaufsräum­en Te­le­fo­ne be­reit­stel­len muss, die so ein­ge­rich­tet sind, dass ein An­ruf von den Ver­kaufs­mit­ar­bei­tern un­ter nor­ma­len Umständen an­ge­nom­men wer­den kann, so das LAG. Dies war aber vor­lie­gend nach An­sicht des LAG nicht möglich.

Re­le­vant für die Ent­schei­dung des LAG war da­bei auch, dass der Be­triebs­rat die Mit­ar­bei­ter oh­ne ei­ne (auch prak­tisch) funk­tio­nie­ren­de Te­le­fon­an­la­ge nur mit dem Au­to hätte er­rei­chen können, was zeit­aufwändi­ger und teu­rer ge­we­sen wäre.

Fa­zit: Wenn Ver­kaufs­mit­ar­bei­ter nicht oh­ne wei­te­res den Ver­kaufs­raum zur An­nah­me ei­nes Te­le­fo­nats ver­las­sen können, weil sie zunächst den Ver­kaufs­raum „si­chern“ und ab­sch­ließen müssen und wenn Te­le­fo­na­te nur an­ge­nom­men wer­den dürfen, wenn dies mit der Be­die­nung von Kun­den ver­ein­bar ist, muss der Ar­beit­ge­ber Te­le­fo­ne im Ver­kaufs­raum sel­ber be­reit stel­len.

Al­ler­dings hat der Be­triebs­rat kei­nen An­spruch auf ei­ne Te­le­fon­an­la­ge, die es um­ge­kehrt den Mit­ar­bei­tern er­laubt, den Be­triebs­rat te­le­fo­nisch zu kon­tak­tie­ren. Denn dafür können die Beschäftig­ten un­schwer ih­re pri­va­ten Han­dys be­nut­zen (BAG, Be­schluss vom 27.11.2002, 7 ABR 33/01, Rn.24 f.).

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Letzte Überarbeitung: 6. September 2015

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