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ARBEITSRECHT AKTUELL // 10/186

Recht des Be­triebs­ra­tes auf ei­ge­nen (Farb-)Dru­cker

Be­triebs­rä­te mit Tech­nik­kennt­nis­sen sind klar im Vor­teil: Lan­des­ar­beits­ge­richt Hamm, Be­schluss vom 18.06.2010, 10 TaBV 11/10
Schwarze Stifte mit einem roten Stift Be­triebs­rä­te ha­ben ein Recht auf far­bi­ge Aus­dru­cke
23.09.2010. Das Be­triebs­ver­fas­sungs­ge­setz ver­pflich­tet Ar­beit­ge­ber, die Kos­ten ei­nes bei ihm be­ste­hen­den Be­triebs­ra­tes zu über­neh­men und ihm al­le Mit­tel zur Ver­fü­gung zu stel­len, die er für sei­ne Ar­beit be­nö­tigt. Dies gilt al­ler­dings nur, wenn die­se Kos­ten und Mit­tel "er­for­der­lich" sind.

Wann das der Fall ist, kann der Be­triebs­rat zwar in be­stimm­ten Um­fang selbst be­stim­men. Al­ler­dings gibt es auch hier Gren­zen, und um de­ren Ein­hal­tung wird im­mer wie­der - durch­aus ver­meid­bar - durch al­le In­stan­zen vor Ge­richt ge­strit­ten: Lan­des­ar­beits­ge­richt Hamm, Be­schluss vom 18.06.2010, 10 TaBV 11/10.

In­for­ma­ti­ons- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­tech­nik im Be­trieb - Was dürfen Be­triebsräte for­dern?

Ar­beit­ge­ber sind nicht nur ver­pflich­tet, die durch die Tätig­keit des Be­triebs­rats ent­ste­hen­den Kos­ten zu tra­gen. Sie müssen auch für Sit­zun­gen, Sprech­stun­den und lau­fen­de Geschäftsführung in "er­for­der­li­chem" Um­fang Räume, sach­li­che Mit­tel, In­for­ma­ti­ons- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­tech­nik so­wie Büro­per­so­nal zur Verfügung stel­len (§ 40 Be­triebs­ver­fas­sungs­ge­setz - Be­trVG).

Der Be­triebs­rat darf in ge­wis­sem Um­fang selbst fest­le­gen, was in die­sem Sin­ne "er­for­der­lich" ist. Die ar­beits­ge­richt­li­che Recht­spre­chung gewährt ihm da­bei ei­nen nicht über­prüfba­ren "Be­ur­tei­lungs­spiel­raum", der al­ler­dings über­schrit­ten wer­den kann. Die­se Ge­fahr be­steht an­ders als bei den Kos­ten für die Tätig­keit des Be­triebs­ra­tes in ers­ter Li­nie bei Sach­mit­teln, da der zu­ge­bil­lig­te Spiel­raum hier eher eng ist.

Strei­tig­kei­ten über die Er­for­der­lich­keit von Sach­mit­teln sind da­her im­mer wie­der an der Ta­ges­ord­nung - und nicht im­mer en­den ent­spre­chen­de Pro­zes­se zu Guns­ten des Be­triebs­ra­tes. Spe­zi­ell die „In­for­ma­ti­ons- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­tech­nik“ ist ein fortwähren­der Zank­ap­fel zwi­schen den Be­triebs­par­tei­en, ob­wohl sie in § 40 Be­trVG aus­drück­lich ge­nannt wird und ih­re Kos­ten in den letz­ten Jah­ren im­mer wei­ter ge­sun­ken sind.

Ge­strit­ten wird bei­spiels­wei­se darüber, wel­che Geräte über­haupt benötigt wer­den und ob es genügt, den Be­triebs­rat Tech­nik des Be­trie­bes mit­be­nut­zen zu las­sen.

Ar­gu­men­tiert wird im­mer auf die glei­che Wei­se: Der Ar­beit­ge­ber kri­ti­siert die ent­ste­hen­den Kos­ten und or­ga­ni­sa­to­ri­schen Pro­ble­me. Der Be­triebs­rat ver­weist dar­auf, dass er vom Ar­beit­ge­ber ge­nutz­te Geräte eben­falls er­hal­ten muss und dass ei­ne Mit­be­nut­zung vor­han­de­ner Tech­nik die Ver­trau­lich­keit der Be­triebs­ratstätig­keit gefähr­det. Ei­ne ak­tu­el­le Ent­schei­dung des Lan­des­ar­beits­ge­richts (LAG) Hamm zeigt an­schau­lich, wie aus­schlag­ge­bend ins­be­son­de­re das Ver­trauch­lich­keits­ar­gu­ment sein kann (Be­schluss vom 18.06.2010, 10 TaBV 11/10).

Der Fall: Be­triebs­rat möch­te kei­nen Dru­cker mit Spio­nagemöglich­keit mit­be­nut­zen

Be­triebs­rat und Ar­beit­ge­ber strit­ten über ei­nen vom Be­triebs­rat ver­lang­ten ei­ge­nen Farb­dru­cker. Hin­ter­grund des Streits war, dass der Be­triebs­rat in sei­nem Büro über zwei PCs verfügte, aber kei­nen ei­ge­nen Dru­cker als End­gerät hat­te. Er konn­te da­her Do­ku­men­te nur über das Netz­werk an ei­ner Druck-Ko­pi­er-Kom­bi­na­ti­on aus­dru­cken, die et­wa fünf Me­ter vom Be­triebs­ratsbüro im Flur stand.

Die­ses Gerät konn­te „ver­trau­lich dru­cken“. Der Aus­druck ei­nes Do­ku­ments star­te­te dann erst, wenn an dem Gerät ei­ne PIN-Num­mer ein­ge­ge­ben wird. Al­ler­dings wur­den die Druck­aufträge auch in die­sem Fall auf ei­ner Fest­plat­te ge­spei­chert. Man konn­te zwar per Hand nach dem Dru­cken Da­tei­en löschen, doch wur­den die gelöschten Da­tei­en da­durch nur aus dem Da­tei­ver­zeich­nis ent­fernt. Die Da­tei­en selbst blie­ben auf der Fest­plat­te er­hal­ten und wur­den erst nach und nach durch fol­gen­de Druck­aufträge über­schrie­ben.

Ab­ge­se­hen von die­sen Pro­ble­men war das Kom­bi­gerät nur in der La­ge, schwarz/weiß zu dru­cken. Der Be­triebs­rat woll­te aber ei­nen Farb­dru­cker, da der Ar­beit­ge­ber Aus­dru­cke und Be­kannt­ma­chun­gen im Be­trieb oft in Farb­druck aushäng­te. Außer­dem be­kam der Be­triebs­rat vom Ar­beit­ge­ber häufig E-Mails mit Da­tei­en, die farb­li­che Dia­gram­me oder sons­ti­ge farb­li­che Her­vor­he­bun­gen ent­hiel­ten.

Vor die­sem Hin­ter­grund gab das Ar­beits­ge­richt Bie­le­feld dem An­trag des Be­triebs­rats, ihm ei­nen ei­ge­nen Farb­dru­cker zur Verfügung zu stel­len, statt (Be­schluss vom 13.01.2010, 6 BV 86/09). Der Ar­beit­ge­ber ging dar­auf­hin in die zwei­te In­stanz.

Lan­des­ar­beits­ge­richt Hamm: Schon die Möglich­keit ei­ner Über­wa­chung ist un­zu­mut­bar - Be­triebs­rat braucht hier ei­ge­nen Dru­cker

Das LAG Hamm bestätig­te das Ar­beits­ge­richt Bie­le­feld und ent­schied eben­falls zu Guns­ten des Be­triebs­rats.

An­ders als der Ar­beit­ge­ber hielt das Ge­richt die Mit­be­nut­zung der Druck-Ko­pi­er-Kom­bi­na­ti­on we­gen sei­ner Da­ten­spei­che­rungsmöglich­keit für in­ak­zep­ta­bel. Da­bei war es un­er­heb­lich, ob die da­mit ver­bun­de­ne Miss­brauchsmöglich­keit tatsächlich auch ge­nutzt wur­de. Schon die blos­se Chan­ce auf ei­ne sol­che Be­ein­träch­ti­gung sei, so das Ge­richt, ei­ne ver­bo­te­ne Be­hin­de­rung der Be­triebs­ratsar­beit.

Der Be­triebs­rat hat­te da­mit An­spruch auf ei­nen ei­ge­nen Dru­cker, und zwar so­gar auf den gewünsch­ten Farb­dru­cker. Denn nur wenn er wie der Ar­beit­ge­ber Be­leg­schafts­in­for­ma­tio­nen und E-Mails in Far­be auf Pa­pier brin­gen kann, können die Be­triebs­par­tei­en nach Auf­fas­sung des Ge­richts "auf Au­genhöhe" kom­mu­ni­zie­ren.

Fa­zit: Be­triebsräte soll­ten ih­re Tech­nik auf Miss­brauchsmöglich­kei­ten über­prüfen. Ei­ne sol­che be­hin­dert sei­ne Tätig­keit und muss ab­ge­schafft wer­den. Der Weg des ge­rings­ten Wi­der­stan­des wird hier ty­pi­scher­wei­se die An­schaf­fung ei­ge­ner Tech­nik sein. Da gu­te, lang­le­bi­ge La­ser­dru­cker mit ge­rin­gen Fol­ge­kos­ten be­reits im un­te­ren drei­stel­li­gen Be­reich verfügbar sind, soll­ten Ar­beit­ge­ber hier viel­leicht lie­ber in ein sol­ches Gerät und nicht in ei­nen Rechts­streit über meh­re­re In­stan­zen in­ves­tie­ren.

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Letzte Überarbeitung: 7. Juni 2015

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