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Arbeitsgericht Osnabrück: AGG gilt bei Kündigungen.
30.05.2007. Ob die Bildung von Altersgruppen bei der Sozialauswahl eine verbotene Diskriminierung der älteren Arbeitnehmer wegen ihres Alters ist oder nicht, ist derzeit heftig umstritten.
Denn Sozialauswahl bedeutet, dass nur diejenigen Arbeitnehmer betriebsbedingt gekündigt werden können, die sozial am wenigsten schutzbedürftig sind. Dabei sind die Älteren im Vergleich zu den jüngeren schutzbedürftiger.
Die Altersgruppenbildung entwertet die Sozialauswahl dann aber wieder, denn sie funktioniert so: Man bildet Altersgruppen (z.B. die 40 bis 49jährigen) und bevorzugt die Älteren dann nur innerhalb "ihrer" Altersgruppe.
Wenn man diese Art der Sozialauswahl am Verbot der Altersdiskriminierung misst und damit am Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG), hat man aber ein Problem: § 2 Abs.4 AGG schreibt vor, dass für Kündigungen „ausschließlich die Bestimmungen zum allgemeinen und besonderen Kündigungsschutz“ gelten sollen.
Trotzdem hat das Arbeitsgericht Osnabrück in einem aktuellen Urteil entschieden, dass das AGG ein Maßstab für Fragen der Sozialauswahl sein kann und damit letztlich doch bei Kündigungen beachtet werden muss: Arbeitsgericht Osnabrück, Urteil vom 05.02.2007, 3 Ca 724/06.
- Bildung von Altersgruppen bei der Sozialauswahl - zulässig oder verbotene Altersdiskriminierung?
- Der Streitfall: Betriebsbedingte Kündigungen beim Autobauer Karmann
- Arbeitsgericht: Altersgruppen bei der Sozialauswahl diskriminieren ältere Arbeitnehmer
Bildung von Altersgruppen bei der Sozialauswahl - zulässig oder verbotene Altersdiskriminierung?
Wie erwähnt stellt in § 2 Abs.4 AGG klar dass für Kündigungen „ausschließlich die Bestimmungen zum allgemeinen und besonderen Kündigungsschutz“ gelten.
Eine solche Regelung wäre kein Problem, wäre der deutsche Gesetzgeber in der Ausgestaltung seiner Rechtsregeln zum Schutz gegen Diskriminierungen im Arbeitsleben frei. Das ist er aber nicht, da er eine Reihe von Antidiskriminierungs-Richtlinien der Europäischen Union zu beachten bzw. umzusetzen hat.
Diese schreiben vor, dass Arbeitnehmer auch bei der Beendigung von Arbeitsverhältnissen vor Diskriminierungen geschützt werden müssen.
Nach allgemeiner Ansicht ist § 2 Abs.4 AGG daher von seinem Wortlaut, d.h. auf den ersten Blick europarechtswidrig. Streitig ist allerdings, ob man § 2 Abs.4 AGG bei der Anwendung des Gesetzes außer Acht lassen sollte (mit der Folge einer allgemeinen Geltung des AGG auch auf Kündigungen) oder ob man § 2 Abs.4 AGG trotz seiner Europarechtswidrigkeit beachten muss (mit der Folge, dass dann die außerhalb des AGG liegenden Gesetzesvorschriften zum Kündigungsschutz den Anforderungen der Antidiskriminierungs-Richtlinien im Wege des Auslegung angepasst werden müssten).
Die zuerst genannte Meinung treibt die Umsetzung des europäischen Antidiskriminierungsrechts energisch voran, während die zweite Ansicht Vollzugsdefizite bei der Umsetzung der Antidiskriminierungs-Richtlinien eher in Kauf nimmt
Zu dieser Streitfrage hat nun erstmals ein Arbeitsgericht Stellung bezogen, nämlich das Arbeitsgericht Osnabrück mit Urteil vom 05.02.2007 (Aktenzeichen: 3 Ca 724/06).
Der Streitfall: Betriebsbedingte Kündigungen beim Autobauer Karmann
In dem vom Arbeitsgericht Osnabrück entschiedenen Fall (und in vielen gleich gelagerten Parallelfällen, bei denen derselbe Arbeitgeber verklagt war) ging es um eine sozialplanpflichtige Betriebsänderung in einem automobilproduzierenden Betrieb
Konkret sollten 619 Arbeitnehmer aus betriebsbedingten Gründen entlassen werden. Arbeitgeber und Betriebsrat vereinbarten im September 2006, d.h. nach Inkrafttreten des AGG (18.08.2006), einen Interessenausgleich und Sozialplan, in dem die Bildung von sog. Altersgruppen bei der Sozialauswahl vorgesehen war.
Danach sollte die Sozialauswahl, um überproportional häufige Kündigungen jüngerer Arbeitnehmer mit einer daraus folgenden Erhöhung des Durchschnittsalters der Belegschaft zu verhindern, immer nur innerhalb der jeweiligen Altersgruppe der 36- bis 45jährigen, der 46- bis 55jährigen usw. durchgeführt werden.
In Anwendung dieses Prinzips wurden die zu kündigenden Arbeitnehmer ausgewählt und darüber hinaus sogar in einer dem Interessenausgleich beigefügten Namensliste gemäß § 1 Abs.5 KSchG namentlich aufgezählt.
Einige der von Kündigungen betroffenen Arbeitnehmer erhoben Kündigungsschutzklage und beriefen sich dabei auf die ihrer Meinung nach fehlerhafte Sozialauswahl. Im vorliegenden Fall war der klagende Arbeitnehmer bereits seit 1984 beschäftigt.
Arbeitsgericht: Altersgruppen bei der Sozialauswahl diskriminieren ältere Arbeitnehmer
Das Arbeitsgericht Osnabrück gab dem Arbeitnehmer Recht, d.h. es erklärte die Kündigung für unwirksam.
Dabei ging es davon aus, dass die Betriebsparteien einen § 1 Abs.5 KSchG formell entsprechenden Interessenausgleich mit Namensliste vereinbart hätten, was an sich zur Folge hat, dass die Sozialauswahl nur noch auf „grobe“ Fehlerhaftigkeit überprüft werden kann.
Diese zugunsten des Arbeitgebers gehende Abschwächung der gerichtlichen Überprüfung der Sozialauswahl setzt aber voraus, dass der Interessenausgleich rechtswirksam ist. Den Interessenausgleich und die ihm entsprechende, auf einer Altersgruppenbildung beruhende Sozialauswahl hielt das Gericht aber für rechtswidrig, da sie den Anforderungen des AGG nicht gerecht würden.
Dabei wird § 2 Abs.4 AGG unter Berufung auf die Mangold-Entscheidung des EuGH (Urteil vom 22.11.2005, C–144/04) für unanwendbar erklärt und zur Begründung darauf verwiesen, dass § 2 Abs.4 AGG nicht irgendeine nationale Rechtsvorschrift, sondern eine der Umsetzung der Antidiskriminierungs-Richtlinien dienende Gesetzesnorm sei.
Weiterhin stellt das Arbeitsgericht Osnabrück fest, dass das in § 7 AGG enthaltene Verbot einer Benachteiligung wegen des Alters zwar Ausnahmen zulässt, dass diese aber die Verfolgung eines „legitimen Zieles“ voraussetzen (§ 10 Satz 1 AGG).
Da der Arbeitgeber im vorliegenden Fall nur vorgetragen hatte, dass eine ohne Altersgruppenbildung vorgenommene Sozialauswahl zu einer Erhöhung des durchschnittlichen Alters der Belegschaft um einige Jahre führen würde, hielt ihm das Arbeitsgericht eine rechtlich missbilligten, vorurteilsgeladene Haltung gegenüber Älteren vor, die das AGG gerade bekämpfen wolle.
Fazit: Wenn bei der Sozialauswahl eine Altersgruppenbildung unter Berufung auf § 1 Abs.3 Satz 2 KSchG („Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur“) vorgenommen werden soll, müssen künftig noch deutlicher als bisher die für die Abwehr einer drohenden „Überalterung“ sprechenden Sachgründe dargelegt werden.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Arbeitsgericht Osnabrück, Urteil vom 05.02.2007 - 3 Ca 724/06
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierungsverbote - Alter
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Betriebsbedingte Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Sozialauswahl
- Arbeitsrecht aktuell: 13/376 Interessenausgleich mit Namensliste in der Insolvenz
- Arbeitsrecht aktuell: 11/254 Sozialauswahl und Altersdiskriminierung
- Arbeitsrecht aktuell: 10/086 Altersgruppenbildung bei Sozialauswahl europarechtswidrig?
- Arbeitsrecht aktuell: 08/116 Kündigungsschutz und Altersdiskriminierung - Revisionsentscheidung in Sachen Karmann
- Arbeitsrecht aktuell: 08/020 Erste Stufe des Vertragsverletzungsverfahrens gegen Deutschland eingeleitet
- Arbeitsrecht aktuell: 07/48 Landesarbeitsgericht Niedersachsen vs. Arbeitsgericht Osnabrück
- Arbeitsrecht aktuell: 06/20 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und Kündigungsschutz
Letzte Überarbeitung: 30. Dezember 2013
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