HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

 

EuGH, Ur­teil vom 26.09.2013, C-476/11 - HK Dan­mark

   
Schlagworte: Diskriminierung: Alter, Betriebliche Altersversorgung
   
Gericht: Europäischer Gerichtshof
Aktenzeichen: C-476/11
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 26.09.2013
   
Leitsätze: Das in Art. 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerte und durch die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf, insbesondere deren Art. 2 und 6 Abs. 2, konkretisierte Verbot der Diskriminierung wegen des Alters ist dahin auszulegen, dass es einer betrieblichen Altersvorsorge, bei der ein Arbeitgeber als Teil des Entgelts altersabgestufte Rentenversicherungsbeiträge zahlt, dann nicht entgegensteht, wenn die sich daraus ergebende Ungleichbehandlung wegen des Alters zur Erreichung eines legitimen Ziels angemessen und erforderlich ist, was vom nationalen Gericht zu prüfen ist.
Vorinstanzen:
   

UR­TEIL DES GERICH­TSHOFS (Zwei­te Kam­mer)

26. Sep­tem­ber 2013(*)

„Ver­bot der Dis­kri­mi­nie­rung we­gen des Al­ters - Char­ta der Grund­rech­te der Eu­ropäischen Uni­on - Art. 21 Abs. 1 - Richt­li­nie 2000/78/EG - Art. 6 Abs. 1 und 2 - Be­trieb­li­che Al­ters­vor­sor­ge - Staf­fe­lung der Bei­tragshöhe nach dem Al­ter“

In der Rechts­sa­che C-476/11

be­tref­fend ein Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chen nach Art. 267 AEUV, ein­ge­reicht vom Vest­re Lands­ret (Däne­mark) mit Ent­schei­dung vom 14. Sep­tem­ber 2011, beim Ge­richts­hof ein­ge­gan­gen am 19. Sep­tem­ber 2011, in dem Ver­fah­ren

HK Dan­mark, han­delnd für Glen­nie Kris­ten­sen,

ge­gen

Ex­pe­ri­an A/S,

Be­tei­lig­ter:

Beskæfti­gel­ses­mi­nis­te­riet,

erlässt

DER GERICH­TSHOF (Zwei­te Kam­mer)

un­ter Mit­wir­kung der Kam­mer­präsi­den­tin R. Sil­va de La­pu­er­ta so­wie der Rich­ter G. Ares­tis, J.‑C. Bo­ni­chot, A. Ara­b­ad­jiev (Be­richt­er­stat­ter) und J. L. da Cruz Vi­laça,

Ge­ne­ral­anwältin: J. Ko­kott,

Kanz­ler: A. Im­pel­liz­ze­ri, Ver­wal­tungsrätin,

auf­grund des schrift­li­chen Ver­fah­rens und auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 15. No­vem­ber 2012,

un­ter Berück­sich­ti­gung der Erklärun­gen

- des HK Dan­mark, han­delnd für Frau Kris­ten­sen, ver­tre­ten durch T. Se­jr Gad, ad­vo­kat,

- der Ex­pe­ri­an A/S, ver­tre­ten durch T. Brøgger Søren­sen, ad­vo­kat,

- des Beskæfti­gel­ses­mi­nis­te­riet, ver­tre­ten durch P. Bie­ring, ad­vo­kat,

- der däni­schen Re­gie­rung, ver­tre­ten durch C. Vang als Be­vollmäch­tig­ten im Bei­stand von P. Bie­ring, ad­vo­kat,

- der bel­gi­schen Re­gie­rung, ver­tre­ten durch M. Ja­cobs und L. Van den Bro­eck als Be­vollmäch­tig­te,

- der deut­schen Re­gie­rung, ver­tre­ten durch T. Hen­ze und J. Möller als Be­vollmäch­tig­te,

- der spa­ni­schen Re­gie­rung, ver­tre­ten durch S. Cen­te­no Hu­er­ta und S. Martínez-La­ge Sob­re­do als Be­vollmäch­tig­te,

- der nie­derländi­schen Re­gie­rung, ver­tre­ten durch C. Wis­sels und C. Schil­lem­ans als Be­vollmäch­tig­te,

- der Eu­ropäischen Kom­mis­si­on, ver­tre­ten durch J. En­e­gren und C. Bars­lev als Be­vollmäch­tig­te,

nach Anhörung der Schluss­anträge der Ge­ne­ral­anwältin in der Sit­zung vom 7. Fe­bru­ar 2013

fol­gen­des

Ur­teil

1 Das Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chen be­trifft die Aus­le­gung von Art. 6 Abs. 2 der Richt­li­nie 2000/78/EG des Ra­tes vom 27. No­vem­ber 2000 zur Fest­le­gung ei­nes all­ge­mei­nen Rah­mens für die Ver­wirk­li­chung der Gleich­be­hand­lung in Beschäfti­gung und Be­ruf (ABl. L 303, S. 16).
2 Die­ses Er­su­chen er­geht im Rah­men ei­nes Rechts­streits zwi­schen dem HK Dan­mark (im Fol­gen­den: HK), han­delnd für Frau Kris­ten­sen, und der Ex­pe­ri­an A/S (im Fol­gen­den: Ex­pe­ri­an) über die Zulässig­keit des von die­ser an­ge­wand­ten Sys­tems der be­trieb­li­chen Al­ters­vor­sor­ge.

Recht­li­cher Rah­men

Uni­ons­recht

3 Die Erwägungs­gründe 1, 4, 13 und 25 der Richt­li­nie 2000/78 lau­ten:

„(1) Nach Ar­ti­kel 6 Ab­satz 2 des Ver­trags über die Eu­ropäische Uni­on be­ruht die Eu­ropäische Uni­on auf den Grundsätzen der Frei­heit, der De­mo­kra­tie, der Ach­tung der Men­schen­rech­te und Grund­frei­hei­ten so­wie der Rechts­staat­lich­keit; die­se Grundsätze sind al­len Mit­glied­staa­ten ge­mein­sam. Die Uni­on ach­tet die Grund­rech­te, wie sie in der am 4. No­vem­ber 1950 in Rom un­ter­zeich­ne­ten Eu­ropäischen Kon­ven­ti­on zum Schut­ze der Men­schen­rech­te und Grund­frei­hei­ten gewähr­leis­tet sind und wie sie sich aus den ge­mein­sa­men Ver­fas­sungsüber­lie­fe­run­gen der Mit­glied­staa­ten als all­ge­mei­ne Grundsätze des Ge­mein­schafts­rechts er­ge­ben.

...

(4) Die Gleich­heit al­ler Men­schen vor dem Ge­setz und der Schutz vor Dis­kri­mi­nie­rung ist ein all­ge­mei­nes Men­schen­recht; die­ses Recht wur­de in der All­ge­mei­nen Erklärung der Men­schen­rech­te, im VN-Übe­r­ein­kom­men zur Be­sei­ti­gung al­ler For­men der Dis­kri­mi­nie­rung von Frau­en, im In­ter­na­tio­na­len Pakt der VN über bürger­li­che und po­li­ti­sche Rech­te, im In­ter­na­tio­na­len Pakt der VN über wirt­schaft­li­che, so­zia­le und kul­tu­rel­le Rech­te so­wie in der Eu­ropäischen Kon­ven­ti­on zum Schut­ze der Men­schen­rech­te und Grund­frei­hei­ten an­er­kannt, die von al­len Mit­glied­staa­ten un­ter­zeich­net wur­den. Das Übe­r­ein­kom­men 111 der In­ter­na­tio­na­len Ar­beits­or­ga­ni­sa­ti­on un­ter­sagt Dis­kri­mi­nie­run­gen in Beschäfti­gung und Be­ruf.

...

(13) Die­se Richt­li­nie fin­det we­der An­wen­dung auf die So­zi­al­ver­si­che­rungs- und So­zi­al­schutz­sys­te­me, de­ren Leis­tun­gen nicht ei­nem Ar­beits­ent­gelt in dem Sin­ne gleich­ge­stellt wer­den, der die­sem Be­griff für die An­wen­dung des Ar­ti­kels [157 AEUV] ge­ge­ben wur­de, noch auf Vergütun­gen je­der Art sei­tens des Staa­tes, die den Zu­gang zu ei­ner Beschäfti­gung oder die Auf­recht­er­hal­tung ei­nes Beschäfti­gungs­verhält­nis­ses zum Ziel ha­ben.

...

(25) Das Ver­bot der Dis­kri­mi­nie­rung we­gen des Al­ters stellt ein we­sent­li­ches Ele­ment zur Er­rei­chung der Zie­le der beschäfti­gungs­po­li­ti­schen Leit­li­ni­en und zur Förde­rung der Viel­falt im Be­reich der Beschäfti­gung dar. Un­gleich­be­hand­lun­gen we­gen des Al­ters können un­ter be­stimm­ten Umständen je­doch ge­recht­fer­tigt sein und er­for­dern da­her be­son­de­re Be­stim­mun­gen, die je nach der Si­tua­ti­on der Mit­glied­staa­ten un­ter­schied­lich sein können. Es ist da­her un­be­dingt zu un­ter­schei­den zwi­schen ei­ner Un­gleich­be­hand­lung, die ins­be­son­de­re durch rechtmäßige Zie­le im Be­reich der Beschäfti­gungs­po­li­tik, des Ar­beits­mark­tes und der be­ruf­li­chen Bil­dung ge­recht­fer­tigt ist, und ei­ner Dis­kri­mi­nie­rung, die zu ver­bie­ten ist.“

4 Die Richt­li­nie 2000/78 be­zweckt gemäß ih­rem Art. 1 „die Schaf­fung ei­nes all­ge­mei­nen Rah­mens zur Bekämp­fung der Dis­kri­mi­nie­rung we­gen der Re­li­gi­on oder der Welt­an­schau­ung, ei­ner Be­hin­de­rung, des Al­ters oder der se­xu­el­len Aus­rich­tung in Beschäfti­gung und Be­ruf im Hin­blick auf die Ver­wirk­li­chung des Grund­sat­zes der Gleich­be­hand­lung in den Mit­glied­staa­ten“.
5 In Art. 2 Abs. 1 und 2 Buchst. a die­ser Richt­li­nie heißt es:

„(1) Im Sin­ne die­ser Richt­li­nie be­deu­tet ‚Gleich­be­hand­lungs­grund­satz‘, dass es kei­ne un­mit­tel­ba­re oder mit­tel­ba­re Dis­kri­mi­nie­rung we­gen ei­nes der in Ar­ti­kel 1 ge­nann­ten Gründe ge­ben darf.

(2) Im Sin­ne des Ab­sat­zes 1

a) liegt ei­ne un­mit­tel­ba­re Dis­kri­mi­nie­rung vor, wenn ei­ne Per­son we­gen ei­nes der in Ar­ti­kel 1 ge­nann­ten Gründe in ei­ner ver­gleich­ba­ren Si­tua­ti­on ei­ne we­ni­ger güns­ti­ge Be­hand­lung erfährt, als ei­ne an­de­re Per­son erfährt, er­fah­ren hat oder er­fah­ren würde“.

6 In Art. 3 („Gel­tungs­be­reich“) Abs. 1 der Richt­li­nie 2000/78 heißt es:

„(1) Im Rah­men der auf die Ge­mein­schaft über­tra­ge­nen Zuständig­kei­ten gilt die­se Richt­li­nie für al­le Per­so­nen in öffent­li­chen und pri­va­ten Be­rei­chen, ein­sch­ließlich öffent­li­cher Stel­len, in Be­zug auf

...

c) die Beschäfti­gungs- und Ar­beits­be­din­gun­gen, ein­sch­ließlich der Ent­las­sungs­be­din­gun­gen und des Ar­beits­ent­gelts;

...“

7 Art. 6 („Ge­recht­fer­tig­te Un­gleich­be­hand­lung we­gen des Al­ters“) der Richt­li­nie 2000/78 lau­tet:

„(1) Un­ge­ach­tet des Ar­ti­kels 2 Ab­satz 2 können die Mit­glied­staa­ten vor­se­hen, dass Un­gleich­be­hand­lun­gen we­gen des Al­ters kei­ne Dis­kri­mi­nie­rung dar­stel­len, so­fern sie ob­jek­tiv und an­ge­mes­sen sind und im Rah­men des na­tio­na­len Rechts durch ein le­gi­ti­mes Ziel, wor­un­ter ins­be­son­de­re rechtmäßige Zie­le aus den Be­rei­chen Beschäfti­gungs­po­li­tik, Ar­beits­markt und be­ruf­li­che Bil­dung zu ver­ste­hen sind, ge­recht­fer­tigt sind und die Mit­tel zur Er­rei­chung die­ses Ziels an­ge­mes­sen und er­for­der­lich sind.

Der­ar­ti­ge Un­gleich­be­hand­lun­gen können ins­be­son­de­re Fol­gen­des ein­sch­ließen:

a) die Fest­le­gung be­son­de­rer Be­din­gun­gen für den Zu­gang zur Beschäfti­gung und zur be­ruf­li­chen Bil­dung so­wie be­son­de­rer Beschäfti­gungs- und Ar­beits­be­din­gun­gen, ein­sch­ließlich der Be­din­gun­gen für Ent­las­sung und Ent­loh­nung, um die be­ruf­li­che Ein­glie­de­rung von Ju­gend­li­chen, älte­ren Ar­beit­neh­mern und Per­so­nen mit Fürsor­ge­pflich­ten zu fördern oder ih­ren Schutz si­cher­zu­stel­len;

(2) Un­ge­ach­tet des Ar­ti­kels 2 Ab­satz 2 können die Mit­glied­staa­ten vor­se­hen, dass bei den be­trieb­li­chen Sys­te­men der so­zia­len Si­cher­heit die Fest­set­zung von Al­ters­gren­zen als Vor­aus­set­zung für die Mit­glied­schaft oder den Be­zug von Al­ters­ren­te oder von Leis­tun­gen bei In­va­li­dität ein­sch­ließlich der Fest­set­zung un­ter­schied­li­cher Al­ters­gren­zen im Rah­men die­ser Sys­te­me für be­stimm­te Beschäftig­te oder Grup­pen bzw. Ka­te­go­ri­en von Beschäftig­ten und die Ver­wen­dung im Rah­men die­ser Sys­te­me von Al­ters­kri­te­ri­en für ver­si­che­rungs­ma­the­ma­ti­sche Be­rech­nun­gen kei­ne Dis­kri­mi­nie­rung we­gen des Al­ters dar­stellt, so­lan­ge dies nicht zu Dis­kri­mi­nie­run­gen we­gen des Ge­schlechts führt.“

8 Das König­reich Däne­mark hat von der in Art. 18 Abs. 2 der Richt­li­nie 2000/78 vor­ge­se­he­nen Möglich­keit Ge­brauch ge­macht, die Frist für die Um­set­zung die­ser Richt­li­nie im Hin­blick auf die Kri­te­ri­en des Al­ters und der Be­hin­de­rung zu verlängern. Folg­lich lief die­se Frist am 2. De­zem­ber 2006 ab.

Däni­sches Recht

9 Die Richt­li­nie 2000/78 wur­de in Däne­mark durch das Ge­setz Nr. 1417 zur Ände­rung des Ge­set­zes über das Ver­bot der Dis­kri­mi­nie­rung auf dem Ar­beits­markt (Lov Nr. 1417 om ænd­ring af lov om for­bud mod forskels­be­hand­ling på ar­be­jds­mar­ke­det m. v.) vom 22. De­zem­ber 2004 (im Fol­gen­den: An­ti­dis­kri­mi­nie­rungs­ge­setz) um­ge­setzt.
10 § 6a die­ses Ge­set­zes dient der Um­set­zung von Art. 6 Abs. 2 der Richt­li­nie 2000/78 und lau­tet:

„Un­ge­ach­tet der §§ 2 bis 5 steht die­ses Ge­setz der Fest­set­zung von Al­ters­gren­zen für den Zu­gang zu be­trieb­li­chen Sys­te­men der so­zia­len Si­cher­heit oder der Ver­wen­dung im Rah­men die­ser Sys­te­me von Al­ters­kri­te­ri­en für ver­si­che­rungs­ma­the­ma­ti­sche Be­rech­nun­gen nicht ent­ge­gen. Die An­wen­dung von Al­ters­kri­te­ri­en darf nicht zu Dis­kri­mi­nie­run­gen we­gen des Ge­schlechts führen.“

Aus­gangs­ver­fah­ren und Vor­la­ge­fra­gen

11 Frau Kris­ten­sen wur­de im Al­ter von 29 Jah­ren zum 19. No­vem­ber 2007 als Mit­ar­bei­te­rin im Kun­den­ser­vice von Ex­pe­ri­an ein­ge­stellt. Ihr Ar­beits­ver­trag sah un­ter Nr. 5.1 zur Al­ters­ver­sor­gung Fol­gen­des vor:

„5.1 [Frau Kris­ten­sen fällt] ab 19. Au­gust 2008 un­ter das von Scan­dia geführ­te ob­li­ga­to­ri­sche Ren­ten­sys­tem von [Ex­pe­ri­an]. [Ex­pe­ri­an] zahlt zwei Drit­tel der Beiträge, und [Frau Kris­ten­sen zahlt] ein Drit­tel der Prämie.

[Frau Kris­ten­sen schließt] hin­sicht­lich des Ren­ten­sys­tems von [Ex­pe­ri­an] (über Wil­lis) ei­nen se­pa­ra­ten Ver­trag mit Scan­dia, die das Ren­ten­sys­tem ver­wal­tet. Die Al­ters­ver­si­che­rung und die Kran­ken­ver­si­che­rung wer­den zu­sam­men mit dem Ar­beits­ver­trag aus­ge­stellt.

An­wend­ba­re Sätze:

un­ter 35 Jah­re: Ar­beit­neh­mer­an­teil 3 % und An­teil von [Ex­pe­ri­an] 6 %

35 bis 44 Jah­re: Ar­beit­neh­mer­an­teil 4 % und An­teil von [Ex­pe­ri­an] 8 %

über 45 Jah­re: Ar­beit­neh­mer­an­teil 5 % und An­teil von [Ex­pe­ri­an] 10 %.“

12 Aus der dem Ge­richts­hof vor­lie­gen­den Ak­te er­gibt sich, dass die in der vor­ste­hen­den Rand­num­mer des vor­lie­gen­den Ur­teils ge­nann­te be­trieb­li­che Al­ters­vor­sor­ge we­der ge­setz­lich noch ta­rif­ver­trag­lich vor­ge­schrie­ben ist, son­dern sich aus­sch­ließlich aus dem Ar­beits­ver­trag zwi­schen Ex­pe­ri­an und ih­ren Mit­ar­bei­tern er­gibt.

13

Das Ge­halt von Frau Kris­ten­sen setz­te sich so­mit aus dem ver­ein­bar­ten Grund­ge­halt in Höhe von 21 500 däni­schen Kro­nen (DKK) pro Mo­nat zuzüglich des vom Ar­beit­ge­ber ge­zahl­ten Ren­ten­ver­si­che­rungs­bei­trags in Höhe von 6 % zu­sam­men, so dass sich das Ge­halt ein­sch­ließlich des Ar­beit­ge­ber­bei­trags auf 22 790 DKK pro Mo­nat be­lief. Wäre Frau Kris­ten­sen zwi­schen 35 und 44 Jah­ren alt ge­we­sen, hätte sie - ein­sch­ließlich des Ar­beit­ge­ber­bei­trags - 23 220 DKK pro Mo­nat er­hal­ten, und wäre sie über 45 Jah­re alt ge­we­sen, hätte sie ein­sch­ließlich des Ar­beit­ge­ber­bei­trags 23 650 DKK er­hal­ten.
14 Frau Kris­ten­sen kündig­te ih­re Stel­le zum 31. Ok­to­ber 2008. HK, han­delnd für Frau Kris­ten­sen, ver­lang­te von Ex­pe­ri­an nach dem Gleich­be­hand­lungs­ge­setz die Zah­lung ei­ner Ab­fin­dung in Höhe von neun Mo­nats­gehältern und die Nach­zah­lung der Ren­ten­ver­si­che­rungs­beiträge für Ar­beit­neh­mer im Al­ter von über 45 Jah­ren, und zwar mit der Be­gründung, dass das von Ex­pe­ri­an ein­geführ­te Al­ters­ver­sor­gungs­sys­tem ge­gen das Ver­bot der Al­ters­dis­kri­mi­nie­rung ver­s­toße. Ex­pe­ri­an wies die­se For­de­run­gen mit der Be­gründung zurück, Al­ters­ver­sor­gungs­sys­te­me fie­len ge­ne­rell nicht un­ter das im An­ti­dis­kri­mi­nie­rungs­ge­setz vor­ge­se­he­ne Ver­bot von Un­gleich­be­hand­lun­gen ins­be­son­de­re aus Gründen des Al­ters.
15 Un­ter die­sen Umständen hat das Vest­re Lands­ret be­schlos­sen, das Ver­fah­ren aus­zu­set­zen und dem Ge­richts­hof fol­gen­de Fra­gen zur Vor­ab­ent­schei­dung vor­zu­le­gen:

1. Ist die Aus­nah­me nach Art. 6 Abs. 2 der Richt­li­nie 2000/78 be­tref­fend die Fest­set­zung von Al­ters­gren­zen für den Zu­gang zu be­trieb­li­chen Sys­te­men der so­zia­len Si­cher­heit oder für den Be­zug von Al­ters­ren­te oder von Leis­tun­gen bei In­va­li­dität da­hin aus­zu­le­gen, dass die Mit­glied­staa­ten be­trieb­li­che Sys­te­me der so­zia­len Si­cher­heit ge­ne­rell vom Ver­bot der di­rek­ten oder in­di­rek­ten Dis­kri­mi­nie­rung we­gen des Al­ters nach Art. 2 der Richt­li­nie aus­neh­men dürfen, so­lan­ge dies nicht zu Dis­kri­mi­nie­run­gen we­gen des Ge­schlechts führt?

2. Ist die Aus­nah­me nach Art. 6 Abs. 2 der Richt­li­nie 2000/78 be­tref­fend die Fest­set­zung von Al­ters­gren­zen für den Zu­gang zu be­trieb­li­chen Sys­te­men der so­zia­len Si­cher­heit oder für den Be­zug von Al­ters­ren­te oder von Leis­tun­gen bei In­va­li­dität da­hin aus­zu­le­gen, dass es ei­nem Mit­glied­staat nicht ver­wehrt ist, ei­ne Rechts­la­ge auf­recht­zu­er­hal­ten, nach der ein Ar­beit­ge­ber als Teil des Ent­gelts al­ters­ab­ge­stuf­te Ren­ten­ver­si­che­rungs­beiträge zah­len kann, in­dem er z. B. ei­nen Ren­ten­ver­si­che­rungs­bei­trag von 6 % für Mit­ar­bei­ter un­ter 35 Jah­ren zahlt, von 8 % für Mit­ar­bei­ter von 35 bis 44 Jah­ren und von 10 % für Mit­ar­bei­ter über 45 Jah­re, so­lan­ge dies nicht zu Dis­kri­mi­nie­run­gen we­gen des Ge­schlechts führt?

Zu den Vor­la­ge­fra­gen

Zur zwei­ten Fra­ge

Vor­be­mer­kun­gen

16 Mit sei­ner zwei­ten Fra­ge, die zu­erst zu prüfen ist, möch­te das vor­le­gen­de Ge­richt wis­sen, ob ei­ne be­trieb­li­che Al­ters­vor­sor­ge, die vor­sieht, dass der Ar­beit­ge­ber als Teil des Ent­gelts al­ters­ab­ge­stuf­te Ren­ten­ver­si­che­rungs­beiträge zahlt, un­ter Art. 6 Abs. 2 der Richt­li­nie 2000/78 fällt.
17 Zunächst ist fest­zu­stel­len, dass im Aus­gangs­ver­fah­ren zwei Ein­zel­ne über ei­ne Dis­kri­mi­nie­rung we­gen des Al­ters strei­ten, die sich nicht aus ei­ner ge­setz­li­chen Vor­schrift oder ei­nem Ta­rif­ver­trag, son­dern aus­sch­ließlich aus dem Ar­beits­ver­trag zwi­schen Frau Kris­ten­sen und Ex­pe­ri­an er­ge­ben soll. Im Rah­men die­ses Rechts­streits be­ruft sich HK, für Frau Kris­ten­sen han­delnd, auf die Richt­li­nie 2000/78.
18 Der Ge­richts­hof hat in ständi­ger Recht­spre­chung ent­schie­den, dass ei­ne Richt­li­nie, da sie aus­drück­lich an die Mit­glied­staa­ten ge­rich­tet ist, nicht selbst Ver­pflich­tun­gen für ei­nen Ein­zel­nen be­gründen kann, so dass ihm ge­genüber ei­ne Be­ru­fung auf die Richt­li­nie als sol­che nicht möglich ist (vgl. u. a. Ur­tei­le vom 26. Fe­bru­ar 1986, Mar­shall, 152/84, Slg. 1986, 723, Rand­nr. 48, vom 14. Ju­li 1994, Fac­ci­ni Do­ri, C-91/92, Slg. 1994, I-3325, Rand­nr. 20, und vom 19. Ja­nu­ar 2010, Kücükde­ve­ci, C-555/07, Slg. 2010, I-365, Rand­nr. 46).
19 Außer­dem hat der Ge­richts­hof an­er­kannt, dass ein Ver­bot der Dis­kri­mi­nie­rung we­gen des Al­ters be­steht, das als ein all­ge­mei­ner Grund­satz des Uni­ons­rechts an­zu­se­hen und durch die Richt­li­nie 2000/78 im Be­reich von Beschäfti­gung und Be­ruf kon­kre­ti­siert wor­den ist (vgl. in die­sem Sin­ne Ur­teil Kücükde­ve­ci, Rand­nr. 21). Das Ver­bot je­der Dis­kri­mi­nie­rung u. a. we­gen des Al­ters ist in Art. 21 der Char­ta der Grund­rech­te der Eu­ropäischen Uni­on (im Fol­gen­den: Char­ta) ent­hal­ten, die seit dem 1. De­zem­ber 2009 den glei­chen recht­li­chen Rang wie die Verträge hat.
20 Das Ver­bot der Dis­kri­mi­nie­rung we­gen des Al­ters gilt bei ei­nem Sach­ver­halt wie dem des Aus­gangs­ver­fah­rens aber nur dann, wenn die­ser in den Gel­tungs­be­reich des Uni­ons­rechts fällt (vgl. Ur­teil Kücükde­ve­ci, Rand­nr. 23).
21 Das ist hier der Fall. Zum ei­nen nämlich dient § 6a des An­ti­dis­kri­mi­nie­rungs­ge­set­zes der Um­set­zung von Art. 6 Abs. 2 der Richt­li­nie 2000/78. Auf die­ser Grund­la­ge und auf je­den Fall nach Ab­lauf der Frist, die dem be­tref­fen­den Mit­glied­staat zur Um­set­zung der Richt­li­nie 2000/78 ge­setzt wor­den war und die für das König­reich Däne­mark am 2. De­zem­ber 2006 ab­lief, kam es zu dem im Aus­gangs­ver­fah­ren in Re­de ste­hen­den an­geb­lich dis­kri­mi­nie­ren­den Ver­hal­ten.
22

Zum an­de­ren fällt die be­trieb­li­che Al­ters­vor­sor­ge, um die es im Aus­gangs­ver­fah­ren geht und die dis­kri­mi­nie­rend sein soll, in den Gel­tungs­be­reich der Richt­li­nie 2000/78.

23 So­wohl aus dem Ti­tel und den Erwägungs­gründen als auch aus dem In­halt und der Ziel­set­zung die­ser Richt­li­nie er­gibt sich nämlich, dass die­se ei­nen all­ge­mei­nen Rah­men schaf­fen soll, der gewähr­leis­tet, dass je­der „in Beschäfti­gung und Be­ruf“ gleich­be­han­delt wird, in­dem sie dem Be­trof­fe­nen ei­nen wirk­sa­men Schutz vor Dis­kri­mi­nie­run­gen aus ei­nem der in ih­rem Art. 1 ge­nann­ten Gründe - dar­un­ter auch das Al­ter - bie­tet.
24 Im Ein­zel­nen er­gibt sich aus Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Richt­li­nie 2000/78, dass die­se im Rah­men der auf die Uni­on über­tra­ge­nen Zuständig­kei­ten „für al­le Per­so­nen in öffent­li­chen und pri­va­ten Be­rei­chen, ein­sch­ließlich öffent­li­cher Stel­len“, u. a. in Be­zug auf „die Beschäfti­gungs- und Ar­beits­be­din­gun­gen, ein­sch­ließlich der Ent­las­sungs­be­din­gun­gen und des Ar­beits­ent­gelts“ gilt.
25 Der Gel­tungs­be­reich der Richt­li­nie 2000/78 er­streckt sich im Licht ih­res Art. 3 Abs. 1 Buchst. c und Abs. 3 in Ver­bin­dung mit ih­rem 13. Erwägungs­grund we­der auf die So­zi­al­ver­si­che­rungs- und So­zi­al­schutz­sys­te­me, de­ren Leis­tun­gen nicht ei­nem Ar­beits­ent­gelt in dem Sin­ne gleich­ge­stellt wer­den, der die­sem Be­griff für die An­wen­dung von Art. 157 Abs. 2 AEUV ge­ge­ben wur­de, noch auf Vergütun­gen je­der Art sei­tens des Staa­tes, die den Zu­gang zu ei­ner Beschäfti­gung oder die Auf­recht­er­hal­tung ei­nes Beschäfti­gungs­verhält­nis­ses zum Ziel ha­ben (Ur­tei­le vom 1. April 2008, Ma­ru­ko, C-267/06, Slg. 2008, I-1757, Rand­nr. 41, und vom 10. Mai 2011, Römer, C-147/08, Slg. 2011, I-3591, Rand­nr. 32).
26

Der Be­griff des Ent­gelts im Sin­ne von Art. 157 Abs. 2 AEUV um­fasst al­le ge­genwärti­gen oder künf­ti­gen in bar oder in Sach­leis­tun­gen gewähr­ten Vergütun­gen, vor­aus­ge­setzt, dass sie der Ar­beit­ge­ber dem Ar­beit­neh­mer we­nigs­tens mit­tel­bar auf­grund des Beschäfti­gungs­verhält­nis­ses gewährt (vgl. u. a. Ur­teil vom 17. Mai 1990, Bar­ber, C-262/88, Slg. 1990, I-1889, Rand­nr. 12).

27 Im Aus­gangs­ver­fah­ren geht es um die Ar­beit­ge­ber­beiträge, die Ex­pe­ri­an für ih­re Mit­ar­bei­ter während der Dau­er ih­rer Beschäfti­gung in die­sem Un­ter­neh­men zahlt, und nicht um Al­ters­ren­te, die nach dem Ein­tritt von Mit­ar­bei­tern in den Ru­he­stand ge­schul­det wird.
28 Außer­dem er­gibt sich die Ver­pflich­tung des Ar­beit­ge­bers zur Zah­lung der ge­nann­ten Beiträge aus­sch­ließlich aus dem zwi­schen ihm und sei­nen Ar­beit­neh­mern ge­schlos­se­nen Ar­beits­ver­trag, nicht je­doch aus dem Ge­setz. Die Fi­nan­zie­rung der im Aus­gangs­ver­fah­ren in Re­de ste­hen­den be­trieb­li­chen Al­ters­vor­sor­ge wird zu zwei Drit­teln vom Ar­beit­ge­ber und zu ei­nem Drit­tel vom Ar­beit­neh­mer gewähr­leis­tet, oh­ne dass öffent­li­che Stel­len dar­an be­tei­ligt wären. So­mit gehört die frag­li­che Re­ge­lung zu den Vergüns­ti­gun­gen, die der Ar­beit­ge­ber sei­nen Beschäftig­ten bie­tet.
29 Zwar wer­den die­se Beiträge nicht di­rekt an den Ar­beit­neh­mer selbst, son­dern auf sein persönli­ches Ren­ten­ver­si­che­rungs­kon­to ge­zahlt. Je­doch verfügt, wie Ex­pe­ri­an auf ei­ne Fra­ge des Ge­richts­hofs aus­geführt hat, je­der Beschäftig­te selbst über sein Ren­ten­kon­to und ent­schei­det zu­sam­men mit ei­nem Ren­ten­be­ra­ter darüber, wie der an­ge­spar­te Be­trag an­zu­le­gen ist, um später Ren­te zu be­zie­hen.
30 Dar­aus folgt, dass die Ar­beit­ge­ber­beiträge, die im Rah­men des im Aus­gangs­ver­fah­ren in Re­de ste­hen­den Vor­sor­ge­sys­tems ge­zahlt wer­den, ei­ne ge­genwärti­ge Vergütung, die der Ar­beit­ge­ber dem Ar­beit­neh­mer auf­grund des Beschäfti­gungs­verhält­nis­ses in bar gewährt, und da­mit ein Ent­gelt im Sin­ne von Art. 157 Abs. 2 AEUV dar­stel­len. Sie fal­len da­her in den Gel­tungs­be­reich der Richt­li­nie 2000/78.
31 Nach al­le­dem ist auf der Grund­la­ge des in Art. 21 der Char­ta ver­an­ker­ten und durch die Richt­li­nie 2000/78 kon­kre­ti­sier­ten Ver­bots der Dis­kri­mi­nie­rung we­gen des Al­ters zu prüfen, ob das Uni­ons­recht ei­ner be­trieb­li­chen Al­ters­vor­sor­ge wie der im Aus­gangs­ver­fah­ren frag­li­chen ent­ge­gen­steht.
32 Die zwei­te Fra­ge ist da­her so auf­zu­fas­sen, dass mit ihr Auf­schluss darüber be­gehrt wird, ob das in Art. 21 der Char­ta ver­an­ker­te und durch die Richt­li­nie 2000/78, ins­be­son­de­re de­ren Art. 2 und 6 Abs. 2, kon­kre­ti­sier­te Ver­bot der Dis­kri­mi­nie­rung we­gen des Al­ters ei­ner be­trieb­li­chen Al­ters­vor­sor­ge ent­ge­gen­steht, bei der ein Ar­beit­ge­ber als Teil des Ent­gelts al­ters­ab­ge­stuf­te Ren­ten­ver­si­che­rungs­beiträge zahlt.
33 Zur Be­ant­wor­tung die­ser Fra­ge ist zunächst zu prüfen, ob die im Aus­gangs­ver­fah­ren in Re­de ste­hen­de be­trieb­li­che Al­ters­vor­sor­ge ei­ne Un­gleich­be­hand­lung we­gen des Al­ters enthält.

Zum Be­ste­hen ei­ner Un­gleich­be­hand­lung we­gen des Al­ters

34 Nach Art. 2 Abs. 1 der Richt­li­nie 2000/78 be­deu­tet „Gleich­be­hand­lungs­grund­satz“, dass es kei­ne un­mit­tel­ba­re oder mit­tel­ba­re Dis­kri­mi­nie­rung we­gen ei­nes der in Art. 1 die­ser Richt­li­nie ge­nann­ten Gründe ge­ben darf, zu de­nen das Al­ter gehört. Nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richt­li­nie liegt ei­ne un­mit­tel­ba­re Dis­kri­mi­nie­rung im Sin­ne von Art. 2 Abs. 1 vor, wenn ei­ne Per­son we­gen ei­nes der in Art. 1 der Richt­li­nie ge­nann­ten Gründe in ei­ner ver­gleich­ba­ren Si­tua­ti­on ei­ne we­ni­ger güns­ti­ge Be­hand­lung erfährt, als ei­ne an­de­re Per­son erfährt, er­fah­ren hat oder er­fah­ren würde.
35 Im vor­lie­gen­den Fall be­lief sich, da Frau Kris­ten­sen zum Zeit­punkt ih­rer Ein­stel­lung jünger als 35 Jah­re war, der Ar­beit­ge­ber­bei­trag, den Ex­pe­ri­an für sie in das Al­ters­ver­sor­gungs­sys­tem zahl­te, auf 6 % ih­res Grund­ge­halts. Ih­re mo­nat­li­chen Ge­samt­bezüge, be­ste­hend aus dem Grund­ge­halt zuzüglich der Ar­beit­ge­ber­beiträge, wa­ren so­mit nied­ri­ger als die mo­nat­li­chen Ge­samt­bezüge ei­nes Ar­beit­neh­mers, der das­sel­be Grund­ge­halt be­zog, je­doch über 35 Jah­re alt war. Bei Ar­beit­neh­mern von Ex­pe­ri­an, die zwi­schen 35 und 45 Jah­re alt sind, be­lau­fen sich die Ar­beit­ge­ber­beiträge nämlich auf 8 % und bei Ar­beit­neh­mern, die älter als 45 Jah­re alt sind, auf 10 % des Grund­ge­halts. Dass die mo­nat­li­chen Ge­samt­bezüge der jünge­ren Ar­beit­neh­mer nied­ri­ger sind und die­se so­mit in­so­weit schlech­ter be­han­delt wer­den, hängt da­her un­mit­tel­bar mit dem Al­ter zu­sam­men.
36 Dem­nach be­gründet die im Aus­gangs­ver­fah­ren in Re­de ste­hen­de be­trieb­li­che Al­ters­vor­sor­ge ei­ne Un­gleich­be­hand­lung we­gen des Al­ters.
37 Zwei­tens ist zu prüfen, ob die­se Un­gleich­be­hand­lung ei­ne Dis­kri­mi­nie­rung dar­stel­len kann, die durch das in Art. 21 der Char­ta ver­an­ker­te und in der Richt­li­nie 2000/78 kon­kre­ti­sier­te Ver­bot der Dis­kri­mi­nie­rung we­gen des Al­ters un­ter­sagt ist.
38 In die­sem Zu­sam­men­hang be­stimmt Art. 6 Abs. 2 der Richt­li­nie 2000/78, auf den das vor­le­gen­de Ge­richt in sei­ner zwei­ten Fra­ge Be­zug nimmt, dass die Mit­glied­staa­ten un­ter be­stimm­ten Umständen vor­se­hen können, dass ei­ne Un­gleich­be­hand­lung kei­ne Dis­kri­mi­nie­rung we­gen des Al­ters dar­stellt.
39 Da­her ist zu prüfen, ob die in Rand­nr. 36 des vor­lie­gen­den Ur­teils fest­ge­stell­te Un­gleich­be­hand­lung nach Art. 6 Abs. 2 der Richt­li­nie 2000/78 ge­recht­fer­tigt sein kann.

Zur Recht­fer­ti­gung der Un­gleich­be­hand­lung we­gen des Al­ters gemäß Art. 6 Abs. 2 der Richt­li­nie 2000/78

40 Nach der französi­schen Fas­sung die­ser Vor­schrift können die Mit­glied­staa­ten un­ge­ach­tet des Art. 2 Abs. 2 der Richt­li­nie 2000/78 vor­se­hen, dass „ne con­sti­tue pas une dis­cri­mi­na­ti­on fondée sur l’âge la fixa­ti­on, pour les régimes pro­fes­si­onnels de sécu­rité so­cia­le, d’âges d’adhési­on ou d’ad­mis­si­bi­lité aux pre­sta­ti­ons de re­trai­te ou d’in­va­li­dité, y com­pris la fixa­ti­on, pour ces régimes, d’âges différents pour des tra­vail­leurs ou des grou­pes ou catégo­ries de tra­vail­leurs et l’uti­li­sa­ti­on, dans le cad­re de ces régimes, de critères d’âge dans les cal­culs ac­tua­ri­els, à con­di­ti­on que ce­la ne se tra­dui­se pas par des dis­cri­mi­na­ti­ons fondées sur le sexe“ [„bei den be­trieb­li­chen Sys­te­men der so­zia­len Si­cher­heit die Fest­set­zung von Al­ters­gren­zen als Vor­aus­set­zung für die Mit­glied­schaft oder den Be­zug von Al­ters­ren­te oder von Leis­tun­gen bei In­va­li­dität ein­sch­ließlich der Fest­set­zung un­ter­schied­li­cher Al­ters­gren­zen im Rah­men die­ser Sys­te­me für be­stimm­te Beschäftig­te oder Grup­pen bzw. Ka­te­go­ri­en von Beschäftig­ten und die Ver­wen­dung im Rah­men die­ser Sys­te­me von Al­ters­kri­te­ri­en für ver­si­che­rungs­ma­the­ma­ti­sche Be­rech­nun­gen kei­ne Dis­kri­mi­nie­rung we­gen des Al­ters dar­stellt, so­lan­ge dies nicht zu Dis­kri­mi­nie­run­gen we­gen des Ge­schlechts führt“].
41 Die däni­sche Fas­sung von Art. 6 Abs. 2 die­ser Richt­li­nie weicht von dem in der vor­ste­hen­den Rand­num­mer des vor­lie­gen­den Ur­teils wie­der­ge­ge­be­nen Text in­so­weit ab, als dort u. a. die „Al­ters­ren­te oder … Leis­tun­gen bei In­va­li­dität“ nicht erwähnt sind.
42 In­so­weit ist dar­auf hin­zu­wei­sen, dass die Vor­schrif­ten des Uni­ons­rechts nach ständi­ger Recht­spre­chung im Licht al­ler Sprach­fas­sun­gen der Uni­on ein­heit­lich aus­ge­legt und an­ge­wandt wer­den müssen. Wei­chen die ver­schie­de­nen Sprach­fas­sun­gen ei­ner uni­ons­recht­li­chen Vor­schrift von­ein­an­der ab, so muss die­se an­hand der all­ge­mei­nen Sys­te­ma­tik und des Zwecks der Re­ge­lung aus­ge­legt wer­den, zu der sie gehört (vgl. u. a. Ur­teil vom 8. De­zem­ber 2005, Jys­ke Fin­ans, C-280/04, Slg. 2005, I-10683, Rand­nr. 31 und die dort an­geführ­te Recht­spre­chung).
43 Zur For­mu­lie­rung von Art. 6 Abs. 2 der Richt­li­nie 2000/78 in den an­de­ren Spra­chen der Uni­on ist fest­zu­stel­len, dass die­se Fas­sun­gen − wie in der in Rand­nr. 40 des vor­lie­gen­den Ur­teils wie­der­ge­ge­be­nen französi­schen Fas­sung − bei den be­trieb­li­chen Sys­te­men der so­zia­len Si­cher­heit aus­drück­lich die Fest­set­zung von Al­ters­gren­zen als Vor­aus­set­zung für die Mit­glied­schaft oder den Be­zug von Al­ters­ren­te oder von Leis­tun­gen bei In­va­li­dität vor­se­hen. So heißt es z. B. in der spa­ni­schen Fas­sung die­ser Vor­schrift „la de­ter­mi­n­ación, pa­ra los regíme­nes pro­fe­sio­na­les de se­gu­ri­dad so­ci­al, de eda­des pa­ra po­der be­ne­fi­ci­ar­se de pre­sta­cio­nes de ju­bi­la­ción o in­va­li­dez u op­tar a las mis­mas“, in der deut­schen Fas­sung „die Fest­set­zung von Al­ters­gren­zen als Vor­aus­set­zung für die Mit­glied­schaft oder den Be­zug von Al­ters­ren­te oder von Leis­tun­gen bei In­va­li­dität“ und in der eng­li­schen Fas­sung „the fi­xing for oc­cupa­tio­nal so­ci­al se­cu­ri­ty sche­mes of ages for ad­mis­si­on or en­t­it­le­ment to re­ti­re­ment or in­va­li­di­ty be­ne­fits“, während die pol­ni­sche Fas­sung der Vor­schrift die Wen­dung „ustala­nie, dla sys­temów zabez­piec­ze­nia społecz­ne­go pra­cow­ników, wie­ku przyz­na­nia lub na­by­cia praw do świ­adc­zeń eme­ry­talnych lub in­wa­lidz­kich“ enthält.
44 Der Wort­laut von Art. 6 Abs. 2 der Richt­li­nie 2000/78 legt in den in der vor­ste­hen­den Rand­num­mer des vor­lie­gen­den Ur­teils an­geführ­ten Fas­sun­gen außer­dem na­he, dass die­se Vor­schrift nur in den dort ab­sch­ließend fest­ge­leg­ten Fällen An­wen­dung fin­den soll. Hätte der Uni­ons­ge­setz­ge­ber nämlich den Gel­tungs­be­reich die­ser Vor­schrift über die dort aus­drück­lich ge­nann­ten Fälle hin­aus aus­deh­nen wol­len, hätte er dies aus­drück­lich, z. B. un­ter Ver­wen­dung des Ad­verbs „ins­be­son­de­re“, ge­tan.
45 Für die­se Schluss­fol­ge­rung spre­chen auch die all­ge­mei­ne Sys­te­ma­tik und der Zweck der Richt­li­nie 2000/78. Die­se kon­kre­ti­siert nämlich im Be­reich der Beschäfti­gung und des Be­rufs den Grund­satz des Ver­bots der Dis­kri­mi­nie­rung we­gen des Al­ters, der ein all­ge­mei­ner Grund­satz des Uni­ons­rechts ist (vgl. in die­sem Sin­ne Ur­teil Kücükde­ve­ci, Rand­nr. 21). Das Ver­bot je­der Dis­kri­mi­nie­rung u. a. we­gen des Al­ters ist im Übri­gen in Art. 21 der Char­ta ent­hal­ten, die seit dem 1. De­zem­ber 2009 den glei­chen recht­li­chen Rang wie die Verträge hat.
46 Da Art. 6 Abs. 2 der Richt­li­nie 2000/78 den Mit­glied­staa­ten ge­stat­tet, ei­ne Aus­nah­me vom Ver­bot der Dis­kri­mi­nie­rung aus Gründen des Al­ters vor­zu­se­hen, ist die­se Vor­schrift eng aus­zu­le­gen (vgl. Ur­teil vom 26. Sep­tem­ber 2013, Dansk Ju­rist- og Øko­nom­for­bund, C-546/11, noch nicht in der amt­li­chen Samm­lung veröffent­licht, Rand­nr. 41).
47 Ei­ne Aus­le­gung von Art. 6 Abs. 2 der Richt­li­nie 2000/78 da­hin, dass die­se Vor­schrift für al­le Ar­ten von be­trieb­li­chen Sys­te­men der so­zia­len Si­cher­heit gilt, würde un­ter Ver­s­toß ge­gen das Er­for­der­nis, die­se Vor­schrift eng aus­zu­le­gen, ei­ne Aus­deh­nung ih­res Gel­tungs­be­reichs be­wir­ken (Ur­teil Dansk Ju­rist- og Øko­nom­for­bund, Rand­nr. 42).
48 Dem­zu­fol­ge gilt Art. 6 Abs. 2 der Richt­li­nie 2000/78 nur für be­trieb­li­che Sys­te­me der so­zia­len Si­cher­heit, die die Ri­si­ken von Al­ter und In­va­li­dität ab­de­cken (Ur­teil Dansk Ju­rist- og Øko­nom­for­bund, Rand­nr. 43).
49 Im vor­lie­gen­den Fall muss die Staf­fe­lung der Ren­ten­ver­si­che­rungs­beiträge nach dem Al­ter, selbst wenn sie im Rah­men ei­nes be­trieb­li­chen Sys­tems der so­zia­len Si­cher­heit er­folgt, das das Ri­si­ko des Al­ters ab­deckt, außer­dem von den in Art. 6 Abs. 2 der Richt­li­nie 2000/78 ge­nann­ten Fällen - die „Fest­set­zung von Al­ters­gren­zen als Vor­aus­set­zung für die Mit­glied­schaft oder den Be­zug von Al­ters­ren­te oder von Leis­tun­gen bei In­va­li­dität“ ein­sch­ließlich der „Ver­wen­dung … von Al­ters­kri­te­ri­en für ver­si­che­rungs­ma­the­ma­ti­sche Be­rech­nun­gen“ - er­fasst wer­den.
50 Da­zu ist fest­zu­stel­len, dass das im Aus­gangs­fall frag­li­che Sys­tem der be­trieb­li­chen Al­ters­vor­sor­ge kei­ne Al­ters­gren­ze als Vor­aus­set­zung für die Mit­glied­schaft fest­setzt, weil die Beschäftig­ten von Ex­pe­ri­an nach neun­mo­na­ti­ger Be­triebs­zu­gehörig­keit au­to­ma­tisch Mit­glied wer­den. Dem­nach be­inhal­tet die Staf­fe­lung der im Aus­gangs­ver­fah­ren in Re­de ste­hen­den Ren­ten­ver­si­che­rungs­beiträge als sol­che kei­ne „Fest­set­zung von Al­ters­gren­zen als Vor­aus­set­zung für die Mit­glied­schaft oder den Be­zug von Al­ters­ren­te“ im Sin­ne von Art. 6 Abs. 2 der Richt­li­nie 2000/78.
51 Die däni­sche, die bel­gi­sche und die deut­sche Re­gie­rung so­wie die Eu­ropäische Kom­mis­si­on ma­chen je­doch gel­tend, dass die­se Vor­schrift da­hin aus­zu­le­gen sei, dass sie nicht nur für die Fest­set­zung von Al­ters­gren­zen als Vor­aus­set­zung für die Mit­glied­schaft oder den Be­zug von Al­ters­ren­te, son­dern auch und erst recht für we­ni­ger schwe­re For­men der Dis­kri­mi­nie­rung we­gen des Al­ters wie die im Aus­gangs­ver­fah­ren frag­li­che gel­te.
52 Die­sem Vor­brin­gen kann nicht ge­folgt wer­den. Zum ei­nen nämlich sind die im Aus­gangs­fall in Re­de ste­hen­den Ren­ten­ver­si­che­rungs­beiträge, wie in Rand­nr. 30 des vor­lie­gen­den Ur­teils fest­ge­stellt, Teil der Bezüge der Beschäftig­ten von Ex­pe­ri­an. Die Staf­fe­lung die­ser Beiträge nach dem Al­ter ist da­her ge­eig­net, Wir­kun­gen zu ent­fal­ten, die über die bloße Fest­set­zung von Al­ters­gren­zen als Vor­aus­set­zung für die Mit­glied­schaft oder den Be­zug von Al­ters­ren­te hin­aus­ge­hen. Zum an­de­ren ist Art. 6 Abs. 2 der Richt­li­nie 2000/78, wie in Rand­nr. 46 des vor­lie­gen­den Ur­teils fest­ge­stellt, eng aus­zu­le­gen. Des­halb fal­len nicht sämt­li­che Umstände, die ein be­trieb­li­ches Sys­tem der so­zia­len Si­cher­heit zur Ab­si­che­rung der Ri­si­ken von Al­ter und In­va­li­dität kenn­zeich­nen, wie z. B. die Fest­le­gung der Höhe der Beiträge zu die­sem Sys­tem, in den Gel­tungs­be­reich die­ser Vor­schrift, son­dern nur die­je­ni­gen, die dort aus­drück­lich erwähnt sind.
53 Aus dem­sel­ben Grund ist ei­ne der­ar­ti­ge Fest­le­gung auch nicht ei­ner „Ver­wen­dung … von Al­ters­kri­te­ri­en für ver­si­che­rungs­ma­the­ma­ti­sche Be­rech­nun­gen“ im Sin­ne von Art. 6 Abs. 2 der Richt­li­nie 2000/78 gleich­zu­set­zen, denn sie fin­det je­den­falls nicht in der Fest­set­zung von Al­ters­gren­zen als Vor­aus­set­zung für die Mit­glied­schaft oder den Be­zug von Al­ters­ren­te Aus­druck.
54 Dem­zu­fol­ge fällt die Staf­fe­lung der Ren­ten­ver­si­che­rungs­beiträge nach dem Al­ter nicht un­ter Art. 6 Abs. 2 der Richt­li­nie 2000/78.

Zur Recht­fer­ti­gung der Un­gleich­be­hand­lung we­gen des Al­ters gemäß Art. 6 Abs. 1 der Richt­li­nie 2000/78

55 Da die Staf­fe­lung der Ar­beit­ge­ber­beiträge nach dem Al­ter ei­ne Un­gleich­be­hand­lung we­gen des Al­ters dar­stellt, die, wie in Rand­nr. 54 des vor­lie­gen­den Ur­teils fest­ge­stellt, nicht un­ter Art. 6 Abs. 2 der Richt­li­nie 2000/78 fällt, ist zu prüfen, ob die­se Maßnah­me nach Art. 6 Abs. 1 die­ser Richt­li­nie ge­recht­fer­tigt sein kann.
56 Selbst wenn nämlich das vor­le­gen­de Ge­richt sei­ne Fra­gen auf die Aus­le­gung von Art. 6 Abs. 2 der Richt­li­nie 2000/78 be­schränkt hat, hin­dert dies den Ge­richts­hof nicht dar­an, dem na­tio­na­len Ge­richt al­le Hin­wei­se zur Aus­le­gung des Uni­ons­rechts zu ge­ben, die ihm bei der Ent­schei­dung des bei ihm anhängi­gen Ver­fah­rens von Nut­zen sein können, und zwar un­abhängig da­von, ob es bei sei­ner Fra­ge­stel­lung dar­auf Be­zug ge­nom­men hat oder nicht (vgl. in die­sem Sin­ne Ur­teil vom 21. Ju­li 2011, Ste­wart, C-503/09, Slg. 2011, I-6497, Rand­nr. 79 und die dort an­geführ­te Recht­spre­chung).
57 Gemäß Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 der Richt­li­nie 2000/78 stellt ei­ne Un­gleich­be­hand­lung we­gen des Al­ters kei­ne Dis­kri­mi­nie­rung dar, so­fern sie ob­jek­tiv und an­ge­mes­sen ist und im Rah­men des na­tio­na­len Rechts durch ein le­gi­ti­mes Ziel, wor­un­ter ins­be­son­de­re rechtmäßige Zie­le aus den Be­rei­chen Beschäfti­gungs­po­li­tik, Ar­beits­markt und be­ruf­li­che Bil­dung zu ver­ste­hen sind, ge­recht­fer­tigt ist und die Mit­tel zur Er­rei­chung die­ses Ziels an­ge­mes­sen und er­for­der­lich sind.
58 Was ers­tens die Fra­ge an­geht, ob das im Aus­gangs­ver­fah­ren in Re­de ste­hen­de be­trieb­li­che Vor­sor­ge­sys­tem ein le­gi­ti­mes Ziel ver­folgt, ma­chen Ex­pe­ri­an und die däni­sche Re­gie­rung gel­tend, dass die­ses in ers­ter Li­nie älte­ren Ar­beit­neh­mern, die erst zu ei­nem späten Zeit­punkt ih­rer be­ruf­li­chen Lauf­bahn ei­ne Tätig­keit bei Ex­pe­ri­an aufnähmen, ermögli­chen sol­le, in­ner­halb ei­ner verhält­nismäßig kur­zen Zeit der Mit­glied­schaft ei­ne an­ge­mes­se­ne Al­ters­vor­sor­ge zu bil­den. Darüber hin­aus sol­le es jun­ge Ar­beit­neh­mer frühzei­tig in die­se be­trieb­li­che Al­ters­ver­sor­gung in­te­grie­ren und ih­nen zu­gleich ei­nen größeren Teil ih­res Ge­halts be­las­sen, denn für sie gel­te ein ge­rin­ge­rer Ar­beit­neh­mer­an­teil. Die­se Re­ge­lung bie­te so­mit al­len Beschäftig­ten von Ex­pe­ri­an die Möglich­keit, ei­ne an­ge­mes­se­ne Al­ters­vor­sor­ge zu bil­den, über die sie bei ih­rem Ein­tritt in den Ru­he­stand verfügen könn­ten.
59 Nach An­sicht von Ex­pe­ri­an ist die Staf­fe­lung der Ren­ten­ver­si­che­rungs­beiträge bei die­sem Sys­tem zwei­tens da­durch ge­recht­fer­tigt, dass die Ri­si­ken von Tod, Be­rufs­unfähig­keit und schwe­rer Krank­heit ab­ge­si­chert wer­den müss­ten, de­ren Kos­ten mit dem Al­ter zunähmen. Ein Teil die­ser Beiträge die­ne zur De­ckung die­ser Ri­si­ken.
60 In die­sem Zu­sam­men­hang ist dar­an zu er­in­nern, dass die Mit­glied­staa­ten und ge­ge­be­nen­falls die So­zi­al­part­ner auf na­tio­na­ler Ebe­ne beim ge­genwärti­gen Stand des Uni­ons­rechts nicht nur bei der Ent­schei­dung, wel­ches kon­kre­te Ziel von meh­re­ren im Be­reich der Ar­beits- und So­zi­al­po­li­tik sie ver­fol­gen wol­len, son­dern auch bei der Fest­le­gung der Maßnah­men zu sei­ner Er­rei­chung über ei­nen wei­ten Ge­stal­tungs­spiel­raum verfügen (Ur­teil vom 16. Ok­to­ber 2007, Pa­la­ci­os de la Vil­la, C-411/05, Slg. 2007, I-8531, Rand­nr. 68).
61 Die­se Erwägun­gen gel­ten auch für die Zie­le, die mit ei­ner in ei­nem Ar­beits­ver­trag vor­ge­se­he­nen be­trieb­li­chen Al­ters­vor­sor­ge wie der im Aus­gangs­ver­fah­ren frag­li­chen an­ge­strebt wer­den.
62 Es ist fest­zu­stel­len, dass Zie­le wie die in den Rand­nrn. 58 und 59 des vor­lie­gen­den Ur­teils an­geführ­ten, die im Rah­men so­zi­al-, beschäfti­gungs- und ar­beits­markt­po­li­ti­scher Be­lan­ge den In­ter­es­sen al­ler Beschäftig­ten von Ex­pe­ri­an Rech­nung tra­gen, um die­sen bei ih­rem Ein­tritt in den Ru­he­stand ei­ne Al­ters­ver­sor­gung in an­ge­mes­se­ner Höhe zu gewähr­leis­ten, als le­gi­ti­me Zie­le an­ge­se­hen wer­den können.
63 Zwei­tens ist zu prüfen, ob die Staf­fe­lung der Beiträge nach dem Al­ter den Grund­satz der Verhält­nismäßig­keit berück­sich­tigt, d. h., ob sie zur Ver­fol­gung der ge­nann­ten Zie­le an­ge­mes­sen und er­for­der­lich ist.
64 Was zunächst die An­ge­mes­sen­heit ei­ner der­ar­ti­gen Staf­fe­lung nach dem Al­ter an­geht, zeigt sich, dass die­se Staf­fe­lung da­durch, dass bei älte­ren Ar­beit­neh­mern ein für Ar­beit­ge­ber und Ar­beit­neh­mer höhe­rer Ren­ten­ver­si­che­rungs­bei­trags­satz gilt, die Möglich­keit bie­tet, dass die­se Ar­beit­neh­mer auch dann ein an­ge­mes­se­nes Ren­ten­gut­ha­ben an­spa­ren können, wenn sie dem frag­li­chen Sys­tem erst seit re­la­tiv kur­zer Zeit an­ge­schlos­sen wa­ren. Die­se Staf­fe­lung ermöglicht es auch jun­gen Ar­beit­neh­mern, sich die­sem Sys­tem an­zu­sch­ließen, da es je­dem Beschäftig­ten von Ex­pe­ri­an, un­abhängig von sei­nem Al­ter, of­fen­steht, und er­legt ih­nen ei­ne ge­rin­ge­re fi­nan­zi­el­le Be­las­tung auf, denn die von jun­gen Ar­beit­neh­mern ein­be­hal­te­nen Ar­beit­neh­mer­beiträge sind tatsächlich nied­ri­ger als die der älte­ren Ar­beit­neh­mer.
65 Dass bei älte­ren Ar­beit­neh­mern so­wohl für den Ar­beit­ge­ber als auch für die Ar­beit­neh­mer ein höhe­rer Ren­ten­ver­si­che­rungs­bei­trags­satz gilt, ist außer­dem grundsätz­lich ge­eig­net, zu gewähr­leis­ten, dass ein größerer Teil die­ser Beiträge für die Ab­si­che­rung der - bei älte­ren Ar­beit­neh­mern sta­tis­tisch ge­se­hen größeren - Ri­si­ken von Tod, Be­rufs­unfähig­keit und schwe­rer Krank­heit be­reit­ge­stellt wird.
66 Un­ter die­sen Umständen ist es nicht un­vernünf­tig, da­von aus­zu­ge­hen, dass die Staf­fe­lung der Beiträge nach dem Al­ter es ih­rem We­sen nach ermöglicht, die in den Rand­nrn. 58 und 59 des vor­lie­gen­den Ur­teils an­geführ­ten Zie­le zu er­rei­chen.
67 Nach ständi­ger Recht­spre­chung ist ei­ne Maßnah­me je­doch nur dann ge­eig­net, die Ver­wirk­li­chung des gel­tend ge­mach­ten Ziels zu gewähr­leis­ten, wenn sie tatsächlich dem An­lie­gen ge­recht wird, es in kohären­ter und sys­te­ma­ti­scher Wei­se zu er­rei­chen (Ur­teil vom 21. Ju­li 2011, Fuchs und Köhler, C-159/10 und C-160/10, Slg. 2011, I-6919, Rand­nr. 85).
68 Es ist Sa­che des na­tio­na­len Ge­richts, zu prüfen, ob die Staf­fe­lung der Beiträge nach dem Al­ter die­sem Er­for­der­nis ent­spricht, und da­bei dar­auf zu ach­ten, dass sie nicht über das hin­aus­geht, was zur Er­rei­chung der an­ge­streb­ten Zie­le er­for­der­lich ist. In letzt­ge­nann­ter Hin­sicht muss es ins­be­son­de­re prüfen, ob die aus der fest­ge­stell­ten Un­gleich­be­hand­lung re­sul­tie­ren­den Be­ein­träch­ti­gun­gen durch die Vor­tei­le aus­ge­gli­chen wer­den, die mit dem im Aus­gangs­ver­fah­ren in Re­de ste­hen­den Sys­tem der be­trieb­li­chen Al­ters­vor­sor­ge ver­bun­den sind. Das na­tio­na­le Ge­richt muss ins­be­son­de­re zum ei­nen berück­sich­ti­gen, dass Frau Kris­ten­sen in­so­fern Vor­tei­le aus die­sem Sys­tem ge­zo­gen hat, als ihr Beiträge zu­gu­t­ege­kom­men sind, die ihr Ar­beit­ge­ber für sie ge­leis­tet hat, und zum an­de­ren, dass der nied­ri­ge­re Be­trag der Ar­beit­ge­ber­beiträge dem nied­ri­ge­ren Be­trag der Ar­beit­neh­mer­beiträge ent­spricht, so dass der Pro­zent­satz des Grund­ge­halts, den Frau Kris­ten­sen selbst auf ihr Ren­ten­spar­kon­to ein­zah­len muss­te, nied­ri­ger war als der ei­nes Ar­beit­neh­mers im Al­ter von über 45 Jah­ren. Die­se Ge­sichts­punk­te muss das na­tio­na­le Ge­richt ge­gen­ein­an­der abwägen.
69 Nach al­le­dem ist auf die zwei­te Fra­ge zu ant­wor­ten, dass das in Art. 21 der Char­ta ver­an­ker­te und durch die Richt­li­nie 2000/78, ins­be­son­de­re de­ren Art. 2 und 6 Abs. 1, kon­kre­ti­sier­te Ver­bot der Dis­kri­mi­nie­rung we­gen des Al­ters ei­ner be­trieb­li­chen Al­ters­vor­sor­ge, bei der ein Ar­beit­ge­ber als Teil des Ent­gelts al­ters­ab­ge­stuf­te Ren­ten­ver­si­che­rungs­beiträge zahlt, dann nicht ent­ge­gen­steht, wenn die sich dar­aus er­ge­ben­de Un­gleich­be­hand­lung we­gen des Al­ters zur Er­rei­chung ei­nes le­gi­ti­men Ziels an­ge­mes­sen und er­for­der­lich ist, was vom na­tio­na­len Ge­richt zu prüfen ist.

Zur ers­ten Fra­ge

70 An­ge­sichts der Ant­wort auf die zwei­te Fra­ge ist die ers­te Fra­ge nicht zu be­ant­wor­te­ten.

Kos­ten 

71 Für die Par­tei­en des Aus­gangs­ver­fah­rens ist das Ver­fah­ren ein Zwi­schen­streit in dem bei dem vor­le­gen­den Ge­richt anhängi­gen Rechts­streit; die Kos­ten­ent­schei­dung ist da­her Sa­che die­ses Ge­richts. Die Aus­la­gen an­de­rer Be­tei­lig­ter für die Ab­ga­be von Erklärun­gen vor dem Ge­richts­hof sind nicht er­stat­tungsfähig.

Aus die­sen Gründen hat der Ge­richts­hof (Zwei­te Kam­mer) für Recht er­kannt:

Das in Art. 21 der Char­ta der Grund­rech­te der Eu­ropäischen Uni­on ver­an­ker­te und durch die Richt­li­nie 2000/78/EG des Ra­tes vom 27. No­vem­ber 2000 zur Fest­le­gung ei­nes all­ge­mei­nen Rah­mens für die Ver­wirk­li­chung der Gleich­be­hand­lung in Beschäfti­gung und Be­ruf, ins­be­son­de­re de­ren Art. 2 und 6 Abs. 2, kon­kre­ti­sier­te Ver­bot der Dis­kri­mi­nie­rung we­gen des Al­ters ist da­hin aus­zu­le­gen, dass es ei­ner be­trieb­li­chen Al­ters­vor­sor­ge, bei der ein Ar­beit­ge­ber als Teil des Ent­gelts al­ters­ab­ge­stuf­te Ren­ten­ver­si­che­rungs­beiträge zahlt, dann nicht ent­ge­gen­steht, wenn die sich dar­aus er­ge­ben­de Un­gleich­be­hand­lung we­gen des Al­ters zur Er­rei­chung ei­nes le­gi­ti­men Ziels an­ge­mes­sen und er­for­der­lich ist, was vom na­tio­na­len Ge­richt zu prüfen ist.

Un­ter­schrif­ten

* Ver­fah­rens­spra­che: Dänisch.

Quel­le: Ge­richts­hof der Eu­ropäischen Uni­on (EuGH), http://cu­ria.eu­ro­pa.eu

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