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LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 09.02.2016, 1 TaBV 43/15
Schlagworte: | Betriebsrat, Bruttolohnlisten, Gehaltslisten, Gleichbehandlungsgrundsatz, Gesamtbetriebsrat | |
Gericht: | Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein | |
Aktenzeichen: | 1 TaBV 43/15 | |
Typ: | Beschluss | |
Entscheidungsdatum: | 09.02.2016 | |
Leitsätze: | ||
Vorinstanzen: | Arbeitsgericht Elmshorn, Beschluss vom 03.06.2015, 1 BV 10e/15 nachgehend: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 26.09.2017, 1 ABR 27/16 |
|
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Aktenzeichen: 1 TaBV 43/15
1 BV 10 e/15 ArbG Elmshorn
(Bitte bei allen Schreiben angeben!)
Verkündet am 09.02.2016
gez. ...
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Beschluss
Im Namen des Volkes
In dem Beschlussverfahren mit den Beteiligten
pp.
hat die 1. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die Anhörung der Beteiligten am 09.02.2016 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden und den ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer und die ehrenamtliche Richterin ... als Beisitzerin
b e s c h l o s s e n:
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Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 03.06.2015 - 1 BV 10 c/15 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor der Entscheidung klarstellend wie folgt gefasst wird:
Die Arbeitgeberin wird verpflichtet, den Mitgliedern des Betriebsausschusses des Antragstellers Einsicht in die mit Januar 2014 beginnenden Bruttolohn- und Gehaltslisten aller im Unternehmen der Arbeitgeberin beschäftigten Arbeitnehmer mit Ausnahme der leitenden Angestellten zu gewähren.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss können die Beteiligten durch Einreichung einer Rechtsbeschwerdeschrift bei dem
Bundesarbeitsgericht in 99084 Erfurt, Hugo-Preuß-Platz 1,
Telefax: (0361) 26 36 - 20 00,
Rechtsbeschwerde einlegen.
Die Rechtsbeschwerdeschrift muss
binnen einer Notfrist von einem Monat
beim Bundesarbeitsgericht eingegangen sein.
Der Rechtsbeschwerdeführer muss die Rechtsbeschwerde begründen. Die Rechtsbeschwerdebegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Rechtsbeschwerdeschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Bundesarbeitsgericht einzureichen. Die Frist für die Rechtsbeschwerdebegründung beträgt
zwei Monate.
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Die Fristen für die Einlegung und die Begründung der Rechtsbeschwerde beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Beschlusses, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
Die Rechtsbeschwerdeschrift muss den Beschluss bezeichnen, gegen den die Rechtsbeschwerde gerichtet wird, und die Erklärung enthalten, dass gegen diesen Beschluss Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
Der Rechtsbeschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Beschlusses beigefügt werden.
Die Rechtsbeschwerde und ihre Begründung müssen von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein.
Der Schriftform wird auch durch Einreichung eines elektronischen Dokuments genügt, wenn es für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist. Schriftsätze können dazu über eine gesicherte Verbindung in den elektronischen Gerichtsbriefkasten des Bundesarbeitsgerichts eingelegt werden. Die erforderliche Zugangs- und Übertragungssoftware kann lizenzkostenfrei über die Internetseite des Bundesarbeitsgerichts (www.bundesarbeitsgericht.de) heruntergeladen werden. Das Dokument ist mit einer qualifizierten Signatur nach dem Signaturgesetz zu versehen. Nähere Informationen finden sich auf der Internetseite des Bundesarbeitsgerichts (s.o.) sowie unter www.egvp.de.
(Rechtsmittelschriften, Rechtsmittelbegründungsschriften und wechselseitige Schriftsätze im Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht sind in siebenfacher - für jeden weiteren Beteiligten eine weitere - Ausfertigung einzureichen).
Gründe:
A.
Die Beteiligten streiten über den Umfang des Einsichtsrechts des antragstellenden Betriebsrats in die bei der Antragsgegnerin (Arbeitgeberin) geführten Bruttolohn- und Gehaltslisten.
Die Arbeitgeberin führt den Omnibuslinienverkehr im Rahmen des H. Verkehrsverbunds durch. Für ihr Unternehmen sind vier Betriebsräte errichtet, darunter der Antragsteller sowie die Betriebsräte in B., Q. und E.. Es besteht ein Gesamtbetriebsrat.
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Der antragstellende Betriebsrat besteht aus elf Mitgliedern und hat einen Betriebsausschuss gebildet.
Mit Schreiben vom 29.01.2015 begehrte der Antragsteller die Einsichtnahme in die Bruttolohn- und Gehaltslisten sämtlicher Mitarbeiter des Unternehmens. Die Arbeitgeberin lehnte dies mit dem Hinweis ab, der Betriebsrat sei nur für die S. Mitarbeiter zuständig und könne daher nur Einsicht in deren Gehaltslisten erhalten. Darauf hat der Betriebsrat das vorliegende Beschlussverfahren eingeleitet.
Mit Schreiben vom 04.03.2015 hat der Betriebsrat B. die Arbeitgeberin darauf hingewiesen, er habe einen Beschluss dahingehend gefasst, dass Betriebsräte anderer Betriebshöfe nicht in die Gehaltslisten Einsicht nehmen dürften, für die er zuständig sei.
Der Antragsteller hat beantragt,
die Arbeitgeberin zu verpflichten, den Mitgliedern des Betriebsausschusses Einsicht in die mit Januar 2014 beginnenden Bruttolohn- und Gehaltslisten hinsichtlich sämtlicher Entgeltbestandteile aller Arbeitnehmer mit Ausnahme der leitenden Angestellten der Betriebe in B., E., G., G., S. und Q. zu gewähren.
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Wegen des Sach- und Streitstands in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Beschlusses verwiesen.
Das Arbeitsgericht hat nach dem Antrag des Betriebsrats erkannt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Weitere Betriebsräte und der Gesamtbetriebsrat seien am vorliegenden Verfahren nicht zu beteiligen, da sie nicht in ihren Rechten betroffen seien. Der Antrag sei begründet. Dies folge aus § 80 Abs. 2 Satz 2 BetrVG i. V. m. dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Dieser greife auch
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dann ein, wenn eine entgeltverteilende Entscheidung des Arbeitgebers nicht auf einen Betrieb beschränkt sei. Das Einsichtnahmerecht des Betriebsrats auch in die Lohn- und Gehaltslisten anderer Betriebe diene dazu, dem Betriebsrat Kenntnis darüber zu verschaffen, ob die Arbeitgeberin entgegen dem Gleichbehandlungsgrundsatz Leistungen gewähre. Datenschutzrechtliche Bedenken bestünden nicht.
Gegen diesen am 18.06.2015 zugestellten Beschluss hat die Arbeitgeberin am 25.06.2015 Beschwerde eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 18.09.2015 am 17.09.2015 begründet.
Sie führt aus: An dem Verfahren seien auch der Gesamtbetriebsrat sowie die weiteren für ihr Unternehmen gebildeten Betriebsräte zu beteiligen. Das Einsichtsrecht könne tatsächlich auch die betriebsverfassungsrechtliche Stellung der weiteren Betriebsräte und des Gesamtbetriebsrats betreffen. Die Ansicht des Arbeitsgerichts, die weiteren Betriebsräte hätten neben dem Antragsteller jeweils ein eigenes Einsichtsrecht, sei fehlerhaft. So habe der Betriebsrat B. bereits die Einleitung eines Beschlussverfahrens vor dem Arbeitsgericht H. angedroht, sofern die Arbeitgeberin gegen dessen Beschluss verstoße. Die Frage des Einsichtnahmerechts müsse also einheitlich entschieden werden.
Der Antrag sei auch unzulässig. Der Zeitraum, für den die Einsichtnahme verlangt werde, sei nicht bestimmt, es fehle das Enddatum. Ihr Unternehmen verfüge nur über drei weitere Betriebe. Es gebe die im Antrag genannten weiteren fünf Betriebe nicht. Im Hinblick auf die Einsichtnahme in die Liste der Arbeitnehmer für den Betrieb S. fehle dem Antrag das Rechtsschutzbedürfnis. Das Einblicksrecht sei insoweit unstreitig.
Schließlich sei der Antrag auch unbegründet. Es sei nicht Aufgabe des Antragstellers den Gleichbehandlungsgrundsatz mit Blick auf die anderen Betriebe zu überprüfen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz präge vorrangig das individuelle Arbeitsrecht. Der Betriebsrat lege auch keine konkreten Anhaltspunkte dafür dar, welche entgeltverteilenden Leistungen es gebe, die eine Verletzung des überbetrieblichen Gleichbehandlungsgrundsatzes belegen könnten. Für dessen Wahrung sei im Übrigen der Ge-
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samtbetriebsrat zuständig. Die in § 80 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 2, 2. Hs. BetrVG genannten Aufgaben seien betriebsbezogen, nicht unternehmensbezogen. Schließlich habe sich das Arbeitsgericht mit den geltend gemachten datenschutzrechtlichen Bedenken nicht auseinandergesetzt.
Die Arbeitgeberin beantragt,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 3. Juni 2015 - 1 BV 10 e/15 - abzuändern und den Antrag zurückzuweisen.
Der Antragsteller beantragt,
1. die Beschwerde zurückzuweisen,
2. hilfsweise,
die Beschwerde der Arbeitgeberin zurückzuweisen und den Tenor dahingehend neu zu fassen, dass die Arbeitgeberin verpflichtet wird, den Mitgliedern des Betriebsausschusses Einsicht in die mit Januar 2014 beginnenden Bruttolohn- und Gehaltslisten hinsichtlich sämtlicher Entgeltbestandteile aller im Unternehmen der Arbeitgeberin beschäftigten Arbeitnehmer mit Ausnahme der leitenden Angestellten zu gewähren.
Er erwidert: Weitere Betriebsräte seien durch die Entscheidung im vorliegenden Verfahren nicht in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsstellung betroffen, sodass sie auch nicht zu beteiligen seien.
Ein Enddatum müsse im Antrag nicht genannt werden. Der Hilfsantrag diene der Klarstellung, um welche Arbeitnehmer es ihm gehe. Streitigkeiten über den Betriebsbegriff sollten mit dem Antrag nicht verfolgt werden.
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Das Einsichtsrecht stehe ihm zu, damit er überwachen könne, ob für die Arbeitnehmer seines Betriebs der Gleichbehandlungsgrundsatz gewahrt werde. Dieser gelte grundsätzlich unternehmensweit.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstands im Einzelnen wird auf den Inhalt der Akte Bezug genommen.
B.
Die gemäß § 87 Abs. 1 BetrVG statthafte, form- und fristgemäß eingelegte und begründete und damit zulässige Beschwerde der Arbeitgeberin ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat dem Antrag des Betriebsrats zu Recht und im Wesentlichen auch mit zutreffender Begründung stattgegeben. Auf diese wird zunächst Bezug genommen. Im Hinblick auf die Beschwerdebegründung sind die vorliegenden Ausführungen veranlasst.
I. Beteiligte des Verfahrens sind nur der antragstellende Betriebsrat und die Arbeitgeberin. Die weiteren Betriebsräte und der Gesamtbetriebsrat sind nicht am Verfahren beteiligt.
1. Nach § 83 Abs. 3 ArbGG haben in einem Beschlussverfahren neben dem Antragsteller diejenigen Stellen ein Recht auf Anhörung, die nach dem BetrVG im Einzelfall am Verfahren beteiligt sind. Beteiligte in Angelegenheiten des BetrVG ist jede Stelle, die durch die begehrte Entscheidung in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Stellung unmittelbar betroffen ist (ständige Rechtsprechung, z. B. BAG, Beschl. v. 25.09.2012 - 1 ABR 17/12 - juris, Rn. 11).
2. Danach sind vorliegend nur der Antragsteller und die Arbeitgeberin Beteiligte des Verfahrens.
Weitere Beteiligte werden durch den Beschluss im vorliegenden Verfahren in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsstellung nicht betroffen. Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin steht bei einem stattgebenden Beschluss nicht fest, dass das
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streitige Einsichtsrecht allen anderen Betriebsräten und/oder dem Gesamtbetriebsrat nicht zusteht.
Geht es dem Betriebsrat in Zusammenhang mit dem Einsichtsrecht nach § 80 Abs. 2 Satz 2 BetrVG um die Wahrnehmung allgemeiner Aufgaben nach § 80 Abs. 1 BetrVG, kann das Einsichtsrecht nämlich sowohl dem Betriebsrat, als auch dem Gesamtbetriebsrat zustehen (Richardi/Thüsing, BetrVG, 15. Aufl., § 80 Rn. 88). Nichts anderes gilt für ein mögliches Einsichtsrecht der weiteren Betriebsräte der Arbeitgeberin. Das hängt letztlich damit zusammen, dass das Einsichtsrecht nur der Vorbereitung der Wahrnehmung von weiteren Aufgaben und/oder Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats dient. Erst wenn feststeht, welche konkrete betriebsverfassungsrechtliche Aufgabe sich für den Betriebsrat aus der Einsichtnahme in die Lohn- und Gehaltslisten ergibt, kann festgestellt werden, in wessen Zuständigkeit (Betriebsrat oder Gesamtbetriebsrat) diese fällt.
Wird also dem Antrag stattgegeben, bedeutet dies nur, dass das Einsichtsrecht auch dem Antragsteller dieses Verfahrens zusteht, nicht aber, dass es anderen Betriebsräten nicht zusteht. Nichts anderes gilt bei Antragsabweisung. Diese Entscheidung wirkt nur im Verhältnis zwischen dem antragstellenden Betriebsrat und der Arbeitgeberin. Über den Umfang des Einblicksrechts weiterer Betriebsräte oder insbesondere des Gesamtbetriebsrats ist damit nichts gesagt.
II. Die Anträge des Betriebsrats sind dahin auszulegen, dass sie nicht in einem Verhältnis von Haupt- und Hilfsantrag stehen. Vielmehr soll der Hilfsantrag, wie es der Betriebsrat auch selbst ausdrücklich formuliert hat, dessen Begehren nur klarstellen. Es geht dem Betriebsrat nicht darum, inzident festzuschreiben, dass es bei der Arbeitgeberin fünf Betriebe gibt, sondern nur darum, dass er sein Einsichtsrecht in die Lohn- und Gehaltsliste sämtlicher Mitarbeiter des Unternehmens mit Ausnahme der leitenden Angestellten geltend macht. Das hat der Betriebsrat auch auf Seite 3 der Beschwerdeerwiderung (Bl. 124 d. A., 2. Abs.) hinreichend klargestellt. Entsprechend diesem Begehren ist dann auch der Tenor der arbeitsgerichtlichen Entscheidung abgeändert worden.
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III. Der Antrag ist mit diesem Inhalt uneingeschränkt zulässig.
1. Der Zulässigkeit des Antrags steht zunächst einmal nicht entgegen, dass der Antragsteller für den Zeitraum, für den er die Einsichtnahme begehrt, kein Enddatum angegeben hat. Es handelt sich insoweit um einen Antrag auf zukünftige Leistung im Sinne des § 259 ZPO. Dessen Zulässigkeitsvoraussetzungen liegen hier vor. Nachdem die Arbeitgeberin das Einsichtsrecht des Antragstellers bestreitet, besteht die Besorgnis, sie werde sich ohne gerichtliche Entscheidung auch künftig ihrer Verpflichtung entziehen (vgl. etwa BAG, Beschl. v. 14.01.2014 - 1 ABR 54/12 - juris, Rn. 16 mwN).
2. Dem Antrag fehlt auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis, soweit er sich auch auf die Arbeitnehmer des S. Betriebs der Arbeitgeberin bezieht. Zwar ist das Einblicksrecht in deren Lohn- und Gehaltsliste von der Arbeitgeberin nicht bestritten worden. Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist aber, ob der Betriebsrat Einblick in die Liste sämtlicher Arbeitnehmer des Unternehmens mit Ausnahme der leitenden Angestellten zu erhalten hat. Es handelt sich hierbei auch nach dem Vortrag der Arbeitgeberin um eine Liste, in die der Betriebsrat Einblick nehmen möchte. Es geht ihm gerade nicht um Einblick in eine „gefilterte” Liste, in der nur die S. Arbeitnehmer aufgeführt sind.
IV. Der Antrag ist begründet.
Das vom Betriebsrat geltend gemachte Einsichtsrecht folgt aus § 80 Abs. 2 Satz 2 BetrVG. Nach dieser Vorschrift sind dem Betriebsrat auf Verlangen jederzeit die zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen; in diesem Rahmen ist u. a. der Betriebsausschuss berechtigt, in die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter Einblick zu nehmen.
Die Voraussetzungen der Vorschrift liegen vor.
1. Zu den Aufgaben des Betriebsrats nach § 80 Abs. 2 Satz 2 BetrVG gehören namentlich auch die in § 80 Abs. 1 genannten allgemeinen Aufgaben des Betriebsrats.
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Nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG hat der Betriebsrat die allgemeine Aufgabe darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden. Dieses Überwachungsrecht umfasst das gesamte zugunsten der Arbeitnehmer geschaffene normative Recht, einschließlich des Richterrechts. Hierzu zählt auch der Gleichbehandlungsgrundsatz (BAG v. 14.01.2014, Rn. 23; Fitting, 27. Aufl., § 80, Rn. 6; Richardi, a. a. O., Rn. 17; Däubler/Kittner, BetrVG, 14. Aufl., § 80, Rn. 127).
2. Das Einsichtsrecht besteht allerdings nur, soweit es zur Durchführung der Aufgaben des Betriebsrats erforderlich ist. Auch diese Voraussetzung liegt hier vor. Die Einsichtnahme in die Gehaltslisten sämtlicher Arbeitnehmer des Unternehmens mit Ausschluss der leitenden Angestellten dient der Überprüfung, ob die Arbeitgeberin den Gleichbehandlungsgrundsatz im Unternehmen wahrt.
a) Der Gleichbehandlungsgrundsatz gilt nach der Rechtsprechung des Bundearbeitsgerichts grundsätzlich unternehmensbezogen. Eine Unterscheidung zwischen Arbeitnehmern verschiedener Betriebe ist nur aus sachlichen Gründen zulässig, die vom Arbeitgeber darzulegen sind (BAG v. 03.12.2008 - 5 AZR 74/08 - juris, Rn. 16).
Zur Überwachung dieses Gleichbehandlungsgrundsatzes ist die Einsichtnahme in die Bruttolohn- und Gehaltslisten aller Arbeitnehmer mit Ausnahme der leitenden Angestellten des Unternehmens erforderlich, weil denkbar ist, dass die Arbeitgeberin in einem Betrieb allgemeine Leistungen nach einem generalisierenden Prinzip gewährt und im Betrieb des Antragstellers nicht. Das kann, soweit es um finanzielle Zuwendungen geht, durch eine Einsichtnahme in die Bruttolohn- und Gehaltsliste festgestellt werden.
b) Allerdings kann der Betriebsrat nicht - etwa im Wege der Prozessstandschaft - für einzelne Arbeitnehmer die Einhaltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes durchsetzen. Diese sind insoweit auf den Individualrechtsweg angewiesen. Der Betriebsrat ist aber berechtigt, wegen eines Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz beim Arbeitgeber auf Abhilfe zu drängen und auch verpflichtet, den Arbeitnehmer
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gegenüber dem Arbeitgeber zu unterstützen (Fitting, a. a. O., Rn. 15). Daneben ist der Betriebsrat auch für die Umsetzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes im Betrieb im Rahmen der betrieblichen Lohngestaltung zuständig. Auch wenn eine verteilende Entscheidung des Arbeitgebers sich über mehrere Betriebe eines Unternehmens erstreckt, folgt hieraus nicht die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats (BAG v. 23.03.2010 - 1 ABR 82/08).
c) Einen konkreten Anlass oder gar einen Verstoß der Arbeitgeberin gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz muss der Betriebsrat nicht darlegen. Das Einblicksrecht ist nicht anlassbezogen (BAG v. 14.01.2014 - 1 ABR 54/12 - juris, Rn. 23).
d) Datenschutzrechtliche Bedenken bestehen gegen die Einsichtgewährung nicht.
Bruttoentgeltlisten enthalten personenbezogene Daten im Sinne von § 2 Abs. 1 BDSG, die von Arbeitgebern zur Durchführung des Arbeitsverhältnisses nach § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG zulässigerweise erhoben, verarbeitet und genutzt werden. Gewährt die Arbeitgeberin einem Betriebsratsmitglied nach § 80 Abs. 2 Satz 2 Hs. 2 BetrVG Einsicht in die Bruttoentgeltlisten, handelt es sich um eine nach § 32 Abs. 1 BDSG zulässige Form der Datennutzung. Dies folgt schon daraus, dass die Beteiligungsrechte der Interessenvertretung der Beschäftigten nach § 32 Abs. 3 BDSG durch die nach Abs. 1 dieser Bestimmung erlaubte Datennutzung nicht berührt werden. Zu den Interessenvertretungen der Beschäftigten zählt auch der Betriebsrat. Hinzu kommt, dass dieser selbst Teil der verantwortlichen Stelle im Sinne des § 3 Abs. 7 BDSG ist (BAG, a. a. O., Rn. 28).
Mit dem Bundesarbeitsgericht ist davon auszugehen, dass die Einsichtsgewährung keine Weitergabe von Daten an Dritte darstellt.
e) Dem Anspruch steht auch nicht entgegen, dass der Betriebsrat nicht für sämtliche Arbeitnehmer des Unternehmens zuständig ist.
Das Auskunftsrecht des Arbeitgebers erstreckt sich auch in anderen Fällen auf Mitarbeiter, die nicht durch den Betriebsrat vertreten werden. Nach § 80 Abs. 2 Satz 1
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BetrVG erstreckt sich etwa die Unterrichtung auch auf die Beschäftigung von Personen, die nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stehen. Das Bundesarbeitsgericht hat bereits seit langem anerkannt, dass der Informationsanspruch des Betriebsrats sich auch auf freie Mitarbeiter, für die der Betriebsrat ebenfalls nicht zuständig ist, bezieht (BAG v. 15.12.1998 - 1 ABR 9/98 -).
f) Schließlich besteht auch keine vorrangige Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats.
aa) Richtig ist, dass im Bereich der zwingenden Mitbestimmung für das Verhältnis der betriebsverfassungsrechtlichen Organe der Grundsatz der Zuständigkeitstrennung gilt. Hier sind ausschließlich entweder die einzelnen Betriebsräte oder der Gesamtbetriebsrat oder der Konzernbetriebsrat zuständig. Die gesetzliche Zuständigkeitsverteilung ist zwingend und unabdingbar (BAG v. 14.11.2006 - 1 ABR 4/06 - ju-ris, Rn. 34). Dieser Grundsatz der Zuständigkeitstrennung gilt im Prinzip auch in Angelegenheiten, die nicht der zwingenden Mitbestimmung unterliegen (Fitting, § 50, Rn. 11) mit hier nicht in Betracht kommenden Einschränkungen.
bb) Vorliegend geht es dem Betriebsrat aber gerade nicht um die Ausübung von Mitbestimmungsrechten. Wie bereits oben ausgeführt dient die Einsichtnahme erst der Vorbereitung der Wahrnehmung von Aufgaben durch den Betriebsrat. In diesem Stadium steht noch gar nicht fest, ob der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht ausüben will und damit stellt sich auch die Frage der Zuständigkeit noch nicht. Für die Information und Unterstützung der Arbeitnehmer zur Geltendmachung ihrer Rechte ist jedenfalls der örtliche Betriebsrat zuständig. Stellt ein Betriebsrat im Rahmen seiner Überwachungsaufgaben Rechtsverstöße fest, hat er den Arbeitgeber auf sie hinzuweisen und auf Abhilfe zu drängen. Beeinträchtigt ein Rechtsverstoß die Rechte von Arbeitnehmern hat der Betriebsrat auch diese zu informieren und auf die Möglichkeit gerichtlicher Schritte hinzuweisen (GK-BetrVG, 10. Aufl., § 80, Rn. 28; Fitting, § 80, Rn. 15).
g) Der Beschluss des Betriebsrats B./G., wonach die Arbeitgeberin aufgefordert wird, dem hier antragstellenden Betriebsrat die Einsicht in die Gehaltsliste in die von ihr vertretenen Arbeitnehmer nicht zu gewähren, ist erkennbar unerheblich. Der Be-
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schluss eines Betriebsrats eines anderen Betriebs kann die betriebsverfassungsrechtliche Zuständigkeit des Antragstellers nicht beeinträchtigen. In einem etwaigen Beschlussverfahren, das vom B. Betriebsrat angekündigt worden ist, könnte sich die Arbeitgeberin jederzeit auf die gesetzliche Zuständigkeitsregelung und den Beschluss dieser Kammer beziehen.
V. Eine Kostenentscheidung ist im Beschlussverfahren nicht veranlasst. Die Kammer hat die Rechtsbeschwerde wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Umfangs des Einsichtsrechts zugelassen.
gez. ... gez. ... gez. ...
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