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Teilhabechancengesetz gegen Langzeitarbeitslosigkeit
01.08.2018. Der Wirtschaftsaufschwung in Deutschland hält weiter an und der Arbeitsmarkt entwickelt sich positiv. Nie gab es seit der Wiedervereinigung weniger Arbeitslose.
Dennoch bleibt es für Langzeitarbeitslose schwer, auf den Arbeitsmarkt zurückzukehren. Wie aus Zahlen der Bundesagentur für Arbeit hervorgeht, ist die durchschnittliche Dauer der Arbeitslosigkeit unter Hartz-IV-Beziehern in den letzten Jahren gestiegen.
Mit einem neuen Gesetz möchte die Bundesregierung die Teilhabe von Langzeitarbeitslosen am Arbeitsmarkt verbessern. Den entsprechenden Entwurf dazu hat das Bundeskabinett am 18.07.2018 beschlossen: Entwurf eines Zehnten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Schaffung neuer Teilhabechancen für Langzeitarbeitslose auf dem allgemeinen und sozialen Arbeitsmarkt (Teilhabechancengesetz - 10. SGB II-ÄndG).
- Wer soll von dem Teilhabechancengesetz profitieren?
- Eingliederung von Langzeitarbeitslosen nach § 16e SGB II neue Fassung
- Teilhabe am Arbeitsmarkt durch einen neuen § 16i SGB II
- Stimmen zum Teilhabechancengesetz
- Fazit
Wer soll von dem Teilhabechancengesetz profitieren?
Als Langzeitarbeitslose gelten gem. § 18 Abs.1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) Personen, die ein Jahr oder länger arbeitslos sind. Nach dem geplanten neuen Teilhabechancengesetz soll es verbesserte Fördermaßnahmen (vor allem Lohnkostenzuschüsse) geben für Arbeitslose, die entweder mindesten zwei Jahre arbeitslos sind oder sogar sieben Jahren lang (dann fallen die geplanten Lohnzuschüsse noch höher aus).
Die geplanten Maßnahmen richten sich an Leistungsberechtigte im Sinne von § 7 Abs.1 SGB II, d.h. an erwerbsfähige hilfebedürftige Menschen im Alter zwischen 15 Jahren und der Altersgrenze gemäß § 7a SGB II (65 bis 67 Jahre), die ihren gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland haben.
Die Erwerbsfähigkeit wird in § 8 SGB II definiert und schließt insbesondere jene Personen aus, die wegen einer Krankheit oder einer Behinderung nicht imstande sind, mindestens drei Stunden unter üblichen Bedingungen zu arbeiten. Wer als hilfebedürftig gilt, ergib sich aus § 9 SGB II.
Insgesamt kommt die Förderung laut Gesetzentwurf für 800.000 Menschen in Frage.
Eingliederung von Langzeitarbeitslosen nach § 16e SGB II neue Fassung
Durch eine Abänderung von § 16e Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) soll ein neues arbeitsmarktpolitisches Instrument eingeführt werden, die „Eingliederung von Langzeitarbeitslosen“.
Dieses Förderinstrument soll Personen, die trotz der Unterstützung durch die Bundesagentur für Arbeit gem. § 16 Abs.1 SGB II in Verb. mit § 35 SGB III seit mindestens zwei Jahren arbeitslos sind, besser in den Arbeitsmarkt integrieren, um dadurch eine weitere Verfestigung der Arbeitslosigkeit zu vermeiden.
Kerninhalt dieser Maßnahme ist ein Lohnkostenzuschuss. Das heißt konkret: Beschäftigt ein Arbeitgeber eine Person, die die o.g. Voraussetzungen erfüllt, für mindestens zwei Jahre, erhält er für diesen Zeitraum Zuschüsse zum Arbeitsentgelt. Keine Zuschüsse gibt es für geringfügige Beschäftigungen.
Im ersten Jahr des Arbeitsverhältnisses beträgt die Höhe der Förderung 75 Prozent des zu berücksichtigenden Arbeitsentgelts und im zweiten Jahr 50 Prozent. Berücksichtigt wird das regelmäßig gezahlte Gehalt gem. § 91 Abs.1 SGB III, allerdings nur, soweit es die tariflich festgelegte Vergütung nicht übersteigt. Ist kein Tarifvertrag einschlägig, wird das ortsübliche Entgelt als Orientierung herangezogen.
Das Mindestlohngesetz (MiLoG) sieht in § 22 Abs.4 Satz 1 vor, dass Langzeitarbeitslose zur Verbesserung der Wiedereingliederung in den ersten sechs Monaten eines neuen Arbeitsverhältnisses unterhalb des gesetzlichen Mindestlohns vergütet werden dürfen. Bei Inanspruchnahme der Förderung gem. § 16e SGB II soll dies aber nicht gelten, d.h. die gesetzliche Lohnuntergrenze von derzeit 8,84 EUR (bzw. von 9,19 EUR ab dem 01.01.2019) ist vom ersten Tag der Beschäftigung an einzuhalten.
Sind die zwei Jahre des Förderprogramms vorbei, muss der Arbeitgeber den betroffenen Arbeitnehmer mindestens für weitere sechs Monate beschäftigen.
Während der geförderten Beschäftigung soll es außerdem eine „ganzheitliche beschäftigungsbegleitende Betreuung“ durch die Agenturen für Arbeit geben. Ziel dieses „Coachings“ ist die Steigerung des Leistungsvermögens des ehemals Langzeitarbeitslosen, die Stabilisierung des Arbeitsverhältnisses und damit die dauerhafte Eingliederung in den Arbeitsmarkt.
Für diese Betreuung ist der Arbeitnehmer während der ersten sechs Monate des Beschäftigungsverhältnisses „in angemessenem Umfang“ unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts freizustellen.
Teilhabe am Arbeitsmarkt durch einen neuen § 16i SGB II
Das zweite, als „Teilhabe am Arbeitsmarkt“ bezeichnete und in einem neuen § 16i SGB II geregelte Instrument betrifft besonders arbeitsmarktferne Personen. Gemeint sind Personen, die für insgesamt mindestens sieben der letzten acht Jahre Leistungen gemäß § 19 ff. SGB II erhalten und während dieser Zeit nicht oder nur kurzzeitig sozialversicherungspflichtig gearbeitet haben.
Abweichend von der o.g. Voraussetzung des § 7 Abs.1 Nr.1 SGB II kommt diese Förderung nur für Personen ab 25 Jahren in Betracht.
Auch das Förderinstrument „Teilhabe am Arbeitsmarkt“ beinhaltet einen Lohnkostenzuschuss für den Arbeitgeber im Falle einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung. Allerdings werden die Leistungsberechtigten den Arbeitgebern bei der Anwendung von §16i SGB II von der Arbeitsagentur zugewiesen.
Berechnungsgrundlage für den Zuschuss ist hier der gesetzliche Mindestlohn nach dem MiLoG in Verbindung mit der arbeitsvertraglich festgelegten Arbeitszeit. Zahlt ein Arbeitgeber also mehr, als die derzeit geltenden 8,84 Euro pro Stunde, wird der darüber hinausgehende Betrag nicht bei der Förderung berücksichtigt.
Der Zuschuss wird für fünf Jahre gezahlt. Die Höhe wird nach zwei Jahren um zehn Prozent jährlich gesenkt, so dass
- in den ersten beiden Jahren 100 Prozent,
- im dritten Jahr 90 Prozent,
- im vierten Jahr 80 Prozent und
- im fünften Jahr 70 Prozent
der Höhe des Mindestlohns zuzüglich des Arbeitgeberanteils an den Sozialversicherungsbeiträgen bezuschusst werden.
Eine beschäftigungsbegleitende Betreuung soll auch hier durch die Agentur für Arbeit erbracht werden, wofür der Arbeitnehmer in diesem Fall während der ersten zwölf Monate in angemessenem Umfang unter Entgeltfortzahlung freigestellt werden muss.
Auch Zeiten, in denen der Arbeitnehmer für eine erforderliche Weiterbildung oder ein betriebliches Praktikum freigestellt wird, sind förderfähig. Ebenso kann der Arbeitgeber finanzielle Unterstützung für etwaige Weiterbildungskosten für den Arbeitnehmer in Höhe von bis zu 50 Prozent, maximal jedoch 1.000 Euro, in Anspruch nehmen.
Ist es der Arbeitsagentur während der Förderzeit möglich, den Arbeitnehmer in eine zumutbare Arbeit oder Ausbildung zu vermitteln, soll sie ihn umgehend abberufen. Das bedeutet, das Arbeitsverhältnis wird nicht weiter gefördert und Arbeitnehmer sowie Arbeitgeber erhalten die Möglichkeit, den Arbeitsvertrag fristlos zu kündigen. Dies soll verhindern, dass die Arbeitnehmer arbeitsrechtlich an die geförderte Arbeit gebunden sind, obwohl die Möglichkeit der Aufnahme einer „normalen“ Beschäftigung bestünde.
Der Arbeitsvertrag kann bei einer Förderung nach §16i SGB II für bis zu fünf Jahre befristet werden. Während dieser Zeit ist höchstens eine Verlängerung zulässig.
Nicht förderfähig ist eine Beschäftigung, wenn zu vermuten ist, dass der Arbeitgeber dafür einen anderen Arbeitnehmer entlassen hat, um ein nicht gefördertes gegen ein gefördertes Arbeitsverhältnis auszutauschen. Wurden für einen Arbeitnehmer Zuschüsse über die vollen fünf Jahren erbracht, ist eine weitere Förderung nach §16i SGB II ausgeschlossen. Sollte eine Person also nach der geförderten Beschäftigung erneut für sieben oder mehr Jahre arbeitslos werden, kommt dieses Instrument nicht mehr in Frage.
Stimmen zum Teilhabechancengesetz
Insgesamt äußerten sich Politiker und Interessenvertreter positiv über die Einführung eines Gesetzes zur Bekämpfung von Langzeitarbeitslosigkeit. Es wird jedoch zu einem Großteil die Meinung vertreten, dass der Entwurf nicht konsequent genug ausgefallen ist.
Annelie Buntenbach, Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), lobt die Idee des Gesetzes. „Es ist gut und richtig, Langzeitarbeitslosen eine Perspektive zu eröffnen und für sie öffentlich geförderte Arbeitsplätze zu schaffen“, erklärte sie in einer Pressemeldung vom 17.07.2018. Allerdings kritisiert sie, dass die Zuschüsse auf Basis des Mindestlohns und nicht der Tariflöhne berechnet werden. „Die bisher vorgesehene Berechnung nach dem Mindestlohn setzt den falschen Anreiz, dass vor allem Arbeitsplätze im Niedriglohnsektor geschaffen werden“, so Buntenbach.
Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, hat sich ebenfalls für die Bezahlung der betroffenen Personen nach Tarif ausgesprochen (Pressemeldung vom 18.07.2018). Außerdem müssten auch schwerbehinderte Langzeitarbeitslose berücksichtigt werden, so Bentele.
Fazit
Die Bundesregierung will im Laufe der nächsten Jahren etwa vier Milliarden Euro in den sog. "sozialen Arbeitsmarkt" stecken, also in staatlich geförderte Jobs. Rund 150.000 neue Arbeitsplätze sollen dadurch für Langzeitarbeitslose geschaffen werden. Ob diese Zahlen erreicht werden können, hängt natürlich von der Kooperation der Unternehmen ab.
Grundsätzlich spricht aus Arbeitgebersicht nicht viel gegen eine weitere Arbeitskraft, deren Gehalt zu einem großen Teil durch staatliche Zuschüsse finanziert wird. Allerdings sind die betroffenen Menschen teilweise deshalb so lange ohne Arbeit, weil bei ihnen mehrere "Vermittlungshemmnisse" zusammenkommen, so Z.B. eine geringe schulische und berufliche Ausbildung, ein höheres Lebensalter oder soziale Einschränkungen wie eine unzureichende Kinderbetreuung. Ob diese Hemmnisse durch Zuschüsse überwunden werden könne, bleibt fraglich.
Auch wenn letztlich vielleicht nur ein Teil der Betroffenen von dem Gesetz profitiert, rechtfertig das aber die Bemühungen, Langzeitarbeitslosen eine Perspektive zu bieten. Die Kritik, dass die Jobs nur in Höhe des Mindestlohns gefördert werden, kann nur auf das neue Förderinstrument nach § 16i SGB II bezogen werden, da die andere Gruppe von Langzeitarbeitslosen (mindestens zweijährige Förderung durch die Arbeitsagentur) nach Tarif bezahlt werden soll. Von daher trifft diese Kritik nur bei einem Teil der Betroffenen zu.
Besonders das beschäftigungsbegleitende Coaching wird eine wichtige Rolle für die nachhaltige Eingliederung in den Arbeitsmarkt spielen. Dazu müssten jedoch entsprechende Kapazitäten in den ohnehin oftmals überlasteten Jobcentern und Arbeitsagenturen vorhanden sein, da die Regelung sonst ins Leere läuft. Die entscheidende Frage wird schließlich sein, ob den geförderten Langzeitarbeitslosen am Ende der Förderung der Schritt vom "sozialen" in den allgemeinen Arbeitsmarkt gelingt. Denn das ist das eigentliche Ziel des Gesetzes.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Entwurf eines Zehnten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch – Schaffung neuer Teilhabechancen für Langzeitarbeitslose auf dem allgemeinen und sozialen Arbeitsmarkt (Teilhabechancengesetz – 10. SGB II-ÄndG).
- Pressemeldung DGB vom 17.07.2018
- Pressemeldung VdK vom 18.07.2018
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitslosengeld I
- Handbuch Arbeitsrecht: Befristung des Arbeitsvertrags (befristeter Arbeitsvertrag, Zeitvertrag)
- Handbuch Arbeitsrecht: Behinderung, Menschen mit Behinderung
- Handbuch Arbeitsrecht: Geringfügige Beschäftigung, Minijob
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- Handbuch Arbeitsrecht: Schwerbehinderung, schwerbehinderter Mensch
- Handbuch Arbeitsrecht: Tarifvertrag
Letzte Überarbeitung: 13. November 2020
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