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Kein Recht auf Kündigung einer Direktversicherung bei Entgeltumwandlung
02.05.2018. Lebensversicherungen sind so etwas wie ein teures Porzellan-Sparschwein. Wirft man Geld hinein, hat man es ziemlich sicher beiseitegelegt. Denn wenn man das Sparschwein schlachtet, zertrümmert man auch das wertvolle Porzellan, und das lohnt sich nur, wenn man schon lange gespart hat.
Immerhin: Man kann ein Sparschwein notfalls schlachten, wenn es denn unbedingt sein muss, und auch Lebensversicherungen kann man vorzeitig kündigen, um an den Rückkaufswert heranzukommen.
Das ist anders bei Direktversicherungen, deren Beiträge Arbeitnehmer per Entgeltumwandlung aufbringen. Denn im laufenden Arbeitsverhältnis kann der Arbeitnehmer auch bei finanziellen Engpässen vom Arbeitgeber nicht verlangen, eine Direktversicherung zu kündigen, damit der Arbeitnehmer an den Rückkaufswert herankommt, so das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem Urteil vom Donnerstag letzter Woche: BAG, Urteil vom 26.04.2018, 3 AZR 586/16 (Pressemeldung des Gerichts).
- Begründet ein finanzieller Engpass einen Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, eine Direktversicherung im bestehenden Arbeitsverhältnis zu kündigen?
- Im Streit: Arbeitnehmer möchte seine Baufinanzierung retten und verlangt vom Arbeitgeber Freigabe einer Direktversicherung
- BAG: Geldbedarf des Arbeitnehmers verschafft ihm noch keinen Anspruch auf Freigabe einer Direktversicherung, auch wenn diese per Entgeltumwandlung angespart wurde
Begründet ein finanzieller Engpass einen Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, eine Direktversicherung im bestehenden Arbeitsverhältnis zu kündigen?
Können Arbeitnehmer die Kündigung einer vom Arbeitgeber abgeschlossenen Direktversicherung verlangen, deren Grundlage eine Entgeltumwandlung ist, um sich den Rückkaufswert der Versicherung auszahlen zu lassen, und zwar im laufenden Arbeitsverhältnis? Besteht ein solcher Anspruch zumindest dann, wenn der Arbeitnehmer in eine finanzielle Notlage geraten ist? Oder ist der Arbeitgeber zur Freigabe einer Direktversicherung im bestehenden Arbeitsverhältnis nicht verpflichtet, auch dann nicht, wenn die Versicherungsbeiträge mit umgewandeltem Arbeitslohn bezahlt wurden?
Das Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (kurz: BetrAVG oder auch „Betriebsrentengesetz“) enthält zu diesen Fragen keine eindeutigen Regelungen. Zwar beschränkt § 3 BetrAVG eine sog. Abfindung von Anwartschaften auf eine Betriebsrente, doch gilt diese Vorschrift nur für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, d.h. sie greift im laufenden (bestehenden) Arbeitsverhältnis nicht ein. Und auch der Übertragungs-Paragraph des BetrVG (§ 4 BetrAVG) setzt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses voraus.
Vor dem Hintergrund dieser Vorschriften des BetrAVG können Arbeitnehmer nach der Rechtsprechung des BAG im laufenden Arbeitsverhältnis auf bereits erdiente Betriebsrentenanwartschaften verzichten (BAG, Urteil vom 21.01.2003, 3 AZR 30/02, Rn. 24), was erst einmal für einen Anspruch des Arbeitnehmers auf Freigabe einer Direktversicherung spricht.
Dagegen spricht aber, dass die Kündigung einer Direktversicherung den Arbeitgeber mit der nachträglichen Abführung von Steuern und Sozialabgaben belastet, da die entsprechenden Privilegierungen der Entgeltumwandlung durch die Kündigung des Versicherungsvertrags entfallen. Außerdem ist der Aufwand für eine nachträgliche korrigierende Abrechnung von Steuern und Sozialabgaben erheblich, da hier viele steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Fragen nicht eindeutig geklärt sind. Und schließlich ist der vorzeitige Rückkauf einer Lebensversicherung mit finanziellen Verlusten verbunden, d.h. der versicherte Arbeitnehmer bekommt nur einen Bruchteil der eingezahlten Beiträge heraus, was dem Ziel der Entgeltumwandlung zuwiderläuft, die finanzielle Absicherung des Arbeitnehmers im Alter zu verbessern.
Im Streit: Arbeitnehmer möchte seine Baufinanzierung retten und verlangt vom Arbeitgeber Freigabe einer Direktversicherung
Der klagende Arbeitnehmer war seit 1986 bei dem beklagten Arbeitgeber, einem Kfz-Zulieferunternehmen, beschäftigt. Im Jahr 2000 schloss der Arbeitnehmer bei einer Versicherungsgesellschaft eine Lebensversicherung ab.
Im März 2001 vereinbarten die Parteien eine Entgeltumwandlung, der zufolge der Lohnanspruch des Arbeitnehmers in Höhe von 2.000,00 DM pro Jahr in einen Anspruch auf Verschaffung von Versicherungsschutz umgewandelt wurde. Der Arbeitgeber verpflichtete sich, die umgewandelten 2.000,00 EUR in die bestehende Lebensversicherung einzahlen. Kurz darauf übernahm der Arbeitgeber den Versicherungsvertrag als dessen Vertragspartei, d.h. er trat an die die Stelle des Arbeitnehmers.
Ende 2009 wurde der Versicherungsvertrag ruhend gestellt. Gemäß Wertmitteilung der Versicherung betrug der Vertragswert 4.528,58 EUR (Ende Dezember 2012) bzw. 6.417,00 EUR (Ende Dezember 2014).
Nachdem der Arbeitnehmer in einen finanziellen Engpass geraten war, kündigte er im Januar 2013 den Versicherungsvertrag. Die Versicherungsgesellschaft fragte daraufhin den Arbeitgeber, ob er der Kündigung zustimme, da andernfalls eine Kündigung nicht möglich sei. Der Arbeitgeber verweigerte die Zustimmung.
Daraufhin erhob der Arbeitnehmer Klage vor dem Arbeitsgericht Siegburg mit dem Ziel einer Verurteilung des Arbeitgebers zur Kündigung des Versicherungsvertrags. Aus Sicht des Arbeitnehmers war der Arbeitgeber kraft arbeitsvertraglicher Nebenpflicht verpflichtet, die Zustimmung zur Kündigung erteilen.
Dabei berief er sich auf eine angebliche finanzielle Notlage. Im März 2014 sei er bei einer Baufinanzierung mit 6.827,15 EUR im Rückstand gewesen. Zwar habe er ein Darlehen über 4.000,00 EUR aufnehmen können, brauche aber weitere 1.775,75 EUR, um eine Kündigung seiner Baufinanzierung zu verhindern.
Besonders pikant: Der Arbeitgeber hatte anscheinend den finanziellen Engpass des Arbeitnehmers teilweise (mit-)verursacht, indem er in Vergangenheit Lohn- und Lohnfortzahlungsansprüche nicht immer pünktlich und teilweise erst nach gerichtlichen Auseinandersetzungen erfüllt hatte. Dadurch hatte er den Arbeitnehmer in Prozesskosten zur Durchsetzung dieser Ansprüche getrieben.
Das Arbeitsgericht Siegburg (Urteil vom 19.11.2014, 4 Ca 981/14) und das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln als Berufungsgericht wiesen die Klage ab (LAG Köln, Urteil vom 08.07.2016, 9 Sa 14/16).
Dabei nahm das LAG eine Interessenabwägung zwischen dem Kündigungsinteresse des Arbeitnehmers und dem Fortsetzungsinteresse des Arbeitgebers vor und kam zu dem Ergebnis, dass das Interesse des Arbeitgebers hier im Streitfall höher zu bewerten war.
BAG: Geldbedarf des Arbeitnehmers verschafft ihm noch keinen Anspruch auf Freigabe einer Direktversicherung, auch wenn diese per Entgeltumwandlung angespart wurde
Das BAG wies die Revision des Arbeitnehmers zurück, der damit in allen drei Instanzen den Kürzeren gezogen hat. In der derzeit allein vorliegenden Pressemeldung des BAG heißt es zur Begründung:
Der bloße Geldbedarf eines Arbeitnehmers, für den der Arbeitgeber eine Direktversicherung zur Durchführung der betrieblichen Altersversorgung im Wege der Entgeltumwandlung abgeschlossen hat, führt für sich allein genommen noch nicht zu einem Anspruch gegen den Arbeitgeber, den Versicherungsvertrag zu kündigen, um dem Arbeitnehmer den Rückkaufswert der Versicherung zu verschaffen.
Denn, so die Erfurter Richter: Die Entgeltumwandlung dient dazu, den Lebensstandard des Arbeitnehmers im Alter zumindest teilweise abzusichern. Mit diesem Zweck wäre es nicht vereinbar, wenn der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber verlangen könnte, eine Direktversicherung nur deshalb zu kündigen, um dem Arbeitnehmer die Möglichkeit zu verschaffen, das für das Alter angesparte Kapital für den Ausgleich von Schulden zu verwenden.
Ob das BAG von diesem Grundsatz Ausnahmen in besonders gravierenden Fällen zulässt, wenn dem Arbeitnehmer das Wasser bis zum Hals steht, werden erst die derzeit noch nicht veröffentlichten Urteilsgründe zeigen. Jedenfalls hier im Streitfall hatte der Kläger „kein schutzwürdiges Interesse an der begehrten Kündigung“, so die BAG-Pressemeldung.
Fazit: Ob es sinnvoll ist, vom Arbeitgeber eine Entgeltumwandlung zu verlangen und den dementsprechenden Abschluss einer Direktversicherung, muss jeder Arbeitnehmer für sich entscheiden. Die mickrigen Zinsen, die aktuell abgeschlossene Lebensversicherungsverträge bieten, sprechen jedenfalls dagegen, ebenso wie die hohen Vertragskosten, die dazu führen, dass die in den ersten Jahren eingezahlten Prämien vor allem der Versicherungsgesellschaft und/oder dem Versicherungsmakler zugutekommen. Mit der vorliegenden Entscheidung hat das BAG einen weiteren Grund dafür geliefert, sein Geld besser anders anzulegen.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26.04.2018, 3 AZR 586/16 (Pressemeldung des Gerichts)
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26.04.2018, 3 AZR 586/16
- Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 08.07.2016, 9 Sa 14/16
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.01.2003, 3 AZR 30/02
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebliche Altersversorgung
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Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das BAG seine Entscheidungsgründe veröffentlicht. Das vollständig begründete Urteil des BAG finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 8. Januar 2021
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