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BVerfG, Be­schluss vom 06.06.2018, 1 BvL 7/14 1 BvR 1375/14

   
Schlagworte: Befristung, sachgrundlose Befristung, Befristung: sachgrundlos
   
Gericht: Bundesverfassungsgericht
Aktenzeichen: 1 BvL 7/14
1 BvR 1375/14
Typ: Beschluss
Entscheidungsdatum: 06.06.2018
   
Leitsätze: 1. Die gesetzliche Beschränkung befristeter Beschäftigungsformen und die Sicherung der unbefristeten Dauerbeschäftigung als Regelbeschäftigungsform trägt der sich aus Art. 12 Abs. 1 GG ergebenden Pflicht des Staates zum Schutz der strukturell unterlegenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und dem Sozialstaatsprinzip der Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 GG Rechnung.
2. Die mit einer Beschränkung der sachgrundlosen Befristung auf die erstmalige Beschäftigung bei dem jeweiligen Arbeitgeber einhergehende Beeinträchtigung der individuellen Berufsfreiheit ist insoweit gerechtfertigt, als dies für den Schutz vor der Gefahr der Kettenbefristung in Ausnutzung einer strukturellen Unterlegenheit und zur Sicherung des unbefristeten Arbeitsverhältnisses als Regelfall bedarf.
3. Richterliche Rechtsfortbildung darf den klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers nicht übergehen und durch ein eigenes Regelungsmodell ersetzen.

Vorinstanzen: Arbeitsgericht Bamberg, Urteil vom 10.10.2012, 2 Ca 1097/11
Landesarbeitsgericht Nürnberg, Urteil vom 30.01.2014, 5 Sa 1/13
Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 30.04.2014, 7 AZN 119/14
   

BUN­DES­VER­FASSUN­GS­GERICHT

- 1 BvL 7/14 -

- 1 BvR 1375/14 -

IM NA­MEN DES VOL­KES

In den Ver­fah­ren

1.zur ver­fas­sungs­recht­li­chen Prüfung,

ob § 14 Abs. 2 Satz 2 des Ge­set­zes über Teil­zeit­ar­beit und be­fris­te­te Ar­beits­verträge (Tz­B­fG) in der Fas­sung vom 20. De­zem­ber 2011 mit Art. 12 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 des Grund­ge­set­zes un­ver­ein­bar und des­halb nich­tig ist

- Aus­set­zungs- und Vor­la­ge­be­schluss des Ar­beits­ge­richts Braun­schweig vom 3. April 2014 (5 Ca 463/13) -

- 1 BvL 7/14 -,

2.über die Ver­fas­sungs­be­schwer­de

des Herrn C…,

- Be­vollmäch­tig­te:

Rechts­an­waltsbüro Dr. Ber­tels­mann und Gäbert,
Os­ter­bek­s­traße 90 c, 22083 Ham­burg -

ge­gen

a) den Be­schluss des Bun­des­ar­beits­ge­richts vom 30. April 2014 - 7 AZN 119/14 -,

b) das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Nürn­berg vom 30. Ja­nu­ar 2014 - 5 Sa 1/13 -,

c) das En­dur­teil des Ar­beits­ge­richts Bam­berg vom 10. Ok­to­ber 2012 - 2 Ca 1097/11 -

- 1 BvR 1375/14 -

hat das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt - Ers­ter Se­nat -

un­ter Mit­wir­kung der Rich­te­rin­nen und Rich­ter

Vi­ze­präsi­dent Kirch­hof,

Eich­ber­ger,

Ma­sing,

Pau­lus,

Ba­er,

Britz,

Ott,

Christ

am 6. Ju­ni 2018 be­schlos­sen:

1. § 14 Ab­satz 2 Satz 2 des Ge­set­zes über Teil­zeit­ar­beit und be­fris­te­te Ar­beits­verträge (Tz­B­fG) vom 21. De­zem­ber 2000 (Bun­des­ge­setz­blatt I Sei­te 1966), zu­letzt geändert durch Ge­setz vom 20. De­zem­ber 2011 (Bun­des­ge­setz­blatt I Sei­te 2854), ist nach Maßga­be der Gründe mit dem Grund­ge­setz ver­ein­bar.

2. a) Das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Nürn­berg vom 30. Ja­nu­ar 2014 - 5 Sa 1/13 - und das En­dur­teil des Ar­beits­ge­richts Bam­berg vom 10. Ok­to­ber 2012 - 2 Ca 1097/11 - ver­let­zen den Be­schwer­deführer in sei­nem Grund­recht aus Ar­ti­kel 2 Ab­satz 1 Satz 1 in Ver­bin­dung mit Ar­ti­kel 20 Ab­satz 3 des Grund­ge­set­zes.

b) Das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Nürn­berg vom 30. Ja­nu­ar 2014 - 5 Sa 1/13 - wird auf­ge­ho­ben. Die Sa­che wird an das Lan­des­ar­beits­ge­richt Nürn­berg zurück­ver­wie­sen. Da­mit wird der Be­schluss des Bun­des­ar­beits­ge­richts vom 30. April 2014 - 7 AZN 119/14 - ge­gen­stands­los.

c) Der Frei­staat Bay­ern hat dem Be­schwer­deführer sei­ne not­wen­di­gen Aus­la­gen zu er­stat­ten.

d) Der Ge­gen­stands­wert der Ver­fas­sungs­be­schwer­de wird auf 200.000 € (in Wor­ten: zwei­hun­dert­tau­send Eu­ro) fest­ge­setzt.

G r ü n d e :

1

A.

Die Vor­la­ge des Ar­beits­ge­richts Braun­schweig und die Ver­fas­sungs­be­schwer­de be­tref­fen die ge­setz­li­che Be­schränkung der sach­grund­lo­sen Be­fris­tung von Ar­beits­verhält­nis­sen. Die Vor­la­ge geht da­von aus, dass § 14 Abs. 2 Satz 2 des Teil­zeit- und Be­fris­tungs­ge­set­zes (Tz­B­fG) die sach­grund­lo­se Be­fris­tung auf die erst­ma­li­ge Beschäfti­gung beim je­wei­li­gen Ver­trags­ar­beit­ge­ber be­schränkt und stellt die Fra­ge, ob die Vor­schrift mit die­sem In­halt mit Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG ver­ein­bar ist. Das Bun­des­ar­beits­ge­richt legt § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG dem­ge­genüber - nach sei­ner Auf­fas­sung ver­fas­sungs­kon­form - da­hin aus, dass die­sel­ben Ar­beits­ver­trags­par­tei­en nach ei­ner Un­ter­bre­chung von drei Jah­ren er­neut ei­nen sach­grund­los be­fris­te­ten Ar­beits­ver­tag schließen dürfen. Aus­ge­hend da­von rügt die Ver­fas­sungs­be­schwer­de die Un­ver­ein­bar­keit die­ser Recht­spre­chung mit Art. 2 Abs. 1 in Ver­bin­dung mit Art. 20 Abs. 3 GG, da das Bun­des­ar­beits­ge­richt die Gren­zen ver­tret­ba­rer Aus­le­gung und zulässi­ger rich­ter­li­cher Rechts­fort­bil­dung über­schrei­te.

I.

2

1. Die Zulässig­keit be­fris­te­ter Ar­beits­verträge ist in § 14 Tz­B­fG ge­re­gelt. Da­mit wird zu­gleich die Richt­li­nie 1999/70/EG des Ra­tes vom 28. Ju­ni 1999 (RL 1999/70/EG; ABl EG L 175, S. 43) um­ge­setzt, wel­che ih­rer­seits die EGB-UN­ICE-CEEP Rah­men­ver­ein­ba­rung über be­fris­te­te Ar­beits­verhält­nis­se (ABl EG L 175, S. 45 ff.) durchführt. Die be­son­de­ren Vor­aus­set­zun­gen, un­ter de­nen ein Ar­beits­ver­trag sach­grund­los be­fris­te­tet wer­den darf, nennt § 14 Abs. 2 Tz­B­fG. Ein Ar­beits­verhält­nis darf da­nach höchs­tens für die Dau­er von zwei Jah­ren sach­grund­los be­fris­tet und die Be­fris­tungs­ab­re­de höchs­tens drei Mal verlängert wer­den (§ 14 Abs. 2 Satz 1 Tz­B­fG). Nach § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG ist ei­ne sach­grund­lo­se Be­fris­tung un­zulässig, wenn mit dem­sel­ben Ar­beit­ge­ber be­reits zu­vor ein be­fris­te­tes oder un­be­fris­te­tes Ar­beits­verhält­nis be­stan­den hat. § 14 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Tz­B­fG des Ge­set­zes über Teil­zeit­ar­beit und be­fris­te­te Ar­beits­verträge vom 21. De­zem­ber 2000 (BGBl I S. 1966), zu­letzt geändert durch Ge­setz vom 20. De­zem­ber 2011 (BGBl I S. 2854), lau­ten:

1Die ka­len­dermäßige Be­fris­tung ei­nes Ar­beits­ver­tra­ges oh­ne Vor­lie­gen ei­nes sach­li­chen Grun­des ist bis zur Dau­er von zwei Jah­ren zulässig; bis zu die­ser Ge­samt­dau­er von zwei Jah­ren ist auch die höchs­tens drei­ma­li­ge Verlänge­rung ei­nes ka­len­der-mäßig be­fris­te­ten Ar­beits­ver­tra­ges zulässig. 2Eine Be­fris­tung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit dem­sel­ben Ar­beit­ge­ber be­reits zu­vor ein be­fris­te­tes oder un­be­fris­te­tes Ar­beits­verhält­nis be­stan­den hat.

3 2. Das Bun­des­ar­beits­ge­richt hat­te § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG zunächst da­hin aus­ge­legt, dass die­sel­ben Ar­beits­ver­trags­par­tei­en nur bei der erst­ma­li­gen Ein­stel­lung ei­ne sach­grund­lo­se Be­fris­tung ver­ein­ba­ren können. Je­de späte­re sach­grund­lo­se Be­fris­tung sei gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG un­wirk­sam (vgl. BAG, Ur­teil vom 6. No­vem­ber 2003 - 2 AZR 690/02 -, BA­GE 108, 269 <274>; Ur­teil vom 13. Mai 2004 - 2 AZR 426/03 -, ju­ris, Rn. 28; Be­schluss vom 29. Ju­li 2009 - 7 AZN 368/09 -, www.bag.de, Rn. 2).
4

3. Später änder­te das Bun­des­ar­beits­ge­richt sei­ne Recht­spre­chung und geht seit­dem da­von aus, dass § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG der sach­grund­lo­sen Be­fris­tung ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses nicht ent­ge­gen­steht, wenn ein vor­an­ge­gan­ge­nes Ar­beits­verhält­nis mehr als drei Jah­re zurück­liegt (vgl. BAG, Ur­teil vom 6. April 2011 - 7 AZR 716/09 -, BA­GE 137, 275 <278 ff. Rn. 16 ff.>; Ur­teil vom 21. Sep­tem­ber 2011 - 7 AZR 375/10 -, BA­GE 139, 213 <219 ff. Rn. 23 ff.>).

5

Der Wort­laut des § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG, wo­nach „be­reits zu­vor“ be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis­se ent­schei­dend sei­en, sei nicht ein­deu­tig, son­dern könne et­wa „je­mals zu­vor“, „ir­gend­wann zu­vor“ oder „un­mit­tel­bar zu­vor“ be­deu­ten (vgl. BAG, Ur­teil vom 6. April 2011 - 7 AZR 716/09 -, BA­GE 137, 275 <279 Rn. 17>; Ur­teil vom 21. Sep­tem­ber 2011 - 7 AZR 375/10 -, BA­GE 139, 213 <220 Rn. 24>). Auch die Ge­set­zes­sys­te­ma­tik ge­be kei­ne ein­deu­ti­ge Aus­le­gung vor. Zwar spre­che die For­mu­lie­rung „un­mit­tel­bar vor Be­ginn des be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis­ses“ in § 14 Abs. 3 Satz 1 Tz­B­fG da­ge­gen, die Wor­te „be­reits zu­vor“ im Sin­ne von „un­mit­tel­bar zu­vor“ zu ver­ste­hen. Dar­aus fol­ge je­doch nicht, dass „be­reits zu­vor“ gleich­be­deu­tend mit „je­mals zu­vor“ sei. Auch die Ur­sprungs­fas­sung des § 14 Abs. 3 Satz 2 und Satz 3 Tz­B­fG vom 21. De­zem­ber 2000 (BGBl I S. 1966) ver­lan­ge ei­ne sol­che Les­art nicht, wo­nach die für älte­re Beschäftig­te kon­zi­pier­te Möglich­keit der sach­grund­lo­sen Be­fris­tung nicht in Be­tracht kam, wenn ein vor­an­ge­gan­ge­nes Ar­beits­verhält­nis we­ni­ger als sechs Mo­na­te zurück­lag. Dar­aus könne eben­so ge­fol­gert wer­den, dass ei­ne sach­grund­lo­se Be­fris­tung zulässig sei, wenn der zeit­li­che Ab­stand zu ei­ner vor­an­ge­gan­ge­nen Beschäfti­gung deut­lich mehr als sechs Mo­na­te be­tra­ge (vgl. BAG, Ur­teil vom 6. April 2011 - 7 AZR 716/09 -, BA­GE 137, 275 <279 f. Rn. 18>; Ur­teil vom 21. Sep­tem­ber 2011 - 7 AZR 375/10 -, BA­GE 139, 213 <220 Rn. 25>).

6

Die Ge­setz­ge­bungs­ge­schich­te spre­che zwar dafür, dass der Ge­setz­ge­ber sach­grund­lo­se Be­fris­tun­gen auf die erst­ma­li­ge Beschäfti­gung beim je­wei­li­gen Ver­trags­ar­beit­ge­ber be­schränken wol­le. Die Vorgänger­re­ge­lung des § 1 Abs. 3 Beschäfti­gungsförde­rungs­ge­setz in der Fas­sung vom 25. Sep­tem­ber 1996 (BGBl I S. 1476; BeschFG 1996), die nach ei­ner Un­ter­bre­chung von vier Mo­na­ten den er­neu­ten Ab­schluss ei­nes sach­grund­los be­fris­te­ten Ar­beits­ver­tra­ges mit dem­sel­ben Ar­beit­ge­ber ermöglich­te, sei nicht auf­ge­grif­fen und ent­ge­gen ei­ner An­re­gung im Ge­setz­ge­bungs­ver­fah­ren (BT­Drucks 14/4625, S. 18) auch nicht mo­di­fi­ziert wor­den; sie sei als un­zu­rei­chend an­ge­se­hen wor­den, um „Ket­ten­verträge“ zu ver­hin­dern (vgl. BT­Drucks 14/4374, S. 14). Der Um­kehr­schluss, § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG gel­te nach dem Wil­len des his­to­ri­schen Ge­setz­ge­bers zeit­lich un­be­grenzt, lie­ge da­her na­he. Dies er­schei­ne aber nicht zwin­gend. Die Ge­set­zes­ma­te­ria­li­en sei­en bei der Aus­le­gung nur un­terstützend und nur in­so­fern her­an­zu­zie­hen, als sich aus ih­nen auf ei­nen ob­jek­ti­ven Ge­set­zes­in­halt schließen las­se. Die sub­jek­ti­ve Vor­stel­lung der am Ge­setz­ge­bungs­ver­fah­ren be­tei­lig­ten Or­ga­ne sei nicht ent­schei­dend (vgl. BAG, Ur­teil vom 6. April 2011 - 7 AZR 716/09 -, BA­GE 137, 275 <280 f. Rn. 19>; Ur­teil vom 21. Sep­tem­ber 2011 - 7 AZR 375/10 -, BA­GE 139, 213 <221 Rn. 26>).

7

Hier spre­che der Ge­set­zes­zweck ge­gen die Be­schränkung der sach­grund­lo­sen Be­fris­tung auf die erst­ma­li­ge Ein­stel­lung beim je­wei­li­gen Ver­trags­ar­beit­ge­ber. § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG sol­le den Miss­brauch von Be­fris­tungs­ket­ten ver­hin­dern. Dafür sei kein le­bens­lan­ges Ver­bot ei­ner sach­grund­los be­fris­te­ten Wie­der­ein­stel­lung bei dem­sel­ben Ar­beit­ge­ber er­for­der­lich. Ein sol­ches kon­ter­ka­rie­re viel­mehr die mit § 14 Abs. 2 Satz 1 Tz­B­fG ver­folg­te Ziel­set­zung, Ar­beits­lo­sen mit der sach­grund­lo­sen Be­fris­tung ei­ne „Brücke zur Dau­er­beschäfti­gung“ zu bau­en. Wer vor länge­rer Zeit schon ein­mal bei dem­sel­ben Ar­beit­ge­ber beschäftigt ge­we­sen sei, ha­be die­se Chan­ce dann nicht (vgl. BAG, Ur­teil vom 6. April 2011 - 7 AZR 716/09 -, BA­GE 137, 275 <281 ff. Rn. 21 ff.>; Ur­teil vom 21. Sep­tem­ber 2011 - 7 AZR 375/10 -, BA­GE 139, 213 <221 Rn. 27>).

8

§ 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG sei nicht zu­letzt aus ver­fas­sungs­recht­li­chen Gründen ein­schränkend aus­zu­le­gen. Sei die sach­grund­lo­se Be­fris­tung al­lein beim erst­ma­li­gen Ab­schluss ei­nes Ar­beits­ver­tra­ges möglich, ber­ge dies struk­tu­rell die Ge­fahr, als ar­beits­recht­li­ches Ein­stel­lungs­hin­der­nis die von Art. 12 Abs. 1 GG geschütz­te Be­rufs­frei­heit der Ar­beit­neh­me­rin­nen und Ar­beit­neh­mer un­verhält­nismäßig zu be­gren­zen. Sie wären auch bei ei­ner weit zurück­lie­gen­den Vor­beschäfti­gung ge­hin­dert, mit ei­nem ein­stel­lungs­be­rei­ten Ar­beit­ge­ber ei­nen sach­grund­los be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trag zu schließen. Das le­gi­ti­me Ziel, ar­beits­ver­trag­li­chen Be­stands­schutz zu er­rei­chen und zu ver­hin­dern, dass sach­grund­lo­se Be­fris­tun­gen in Be­fris­tungs­ket­ten miss­braucht würden, er­for­de­re kein le­bens­lan­ges Ver­bot ei­ner sach­grund­los be­fris­te­ten Wie­der­ein­stel­lung bei dem­sel­ben Ar­beit­ge­ber. Die da­mit ver­bun­de­ne Be­schränkung der Be­rufs­frei­heit der Beschäftig­ten sei un­verhält­nismäßig (vgl. BAG, Ur­teil vom 6. April 2011 - 7 AZR 716/09 -, BA­GE 137, 275 <285 ff. Rn. 27 ff.>; Ur­teil vom 21. Sep­tem­ber 2011 - 7 AZR 375/10 -, BA­GE 139, 213 <221 ff. Rn. 28 ff.>). Des­halb sei ei­ne ver­fas­sungs­kon­for­me Aus­le­gung von § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG ge­bo­ten. Das Ver­bot ei­ner sach­grund­los be­fris­te­ten Wie­der­ein­stel­lung sei zu be­schränken. Aus Gründen der Rechts­si­cher­heit sei ei­ne zeit­li­che Be­schränkung an­ge­zeigt. In­so­fern sei ei­ne Un­ter­bre­chung zwi­schen zwei Ar­beits­verträgen mit dem­sel­ben Ar­beit­ge­ber von drei Jah­ren ge­eig­net, er­for­der­lich und an­ge­mes­sen, um ei­ner­seits den Miss­brauch durch Be­fris­tungs­ket­ten und an­de­rer­seits ei­ne un­verhält­nismäßige Be­schränkung der Be­rufs­frei­heit zu ver­mei­den. Die­se Zeit­span­ne ent­spre­che der ge­setz­ge­be­ri­schen Wer­tung, die in der Dau­er der re­gelmäßigen zi­vil­recht­li­chen Verjährungs­frist nach § 195 BGB zum Aus­druck kom­me (vgl. BAG, Ur­teil vom 21. Sep­tem­ber 2011 - 7 AZR 375/10 -, BA­GE 139, 213 <225 Rn. 35>).

II.

9 Dem Vor­la­ge­be­schluss des Ar­beits­ge­richts liegt ei­ne Kla­ge auf Ent­fris­tung ei­nes Ar­beits­ver­tra­ges (Be­fris­tungs­kon­troll­kla­ge) zu­grun­de. Der Kläger des Aus­gangs­ver­fah­rens mach­te gel­tend, die zu­letzt ver­ein­bar­te sach­grund­lo­se Be­fris­tung sei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses sei un­wirk­sam. Sie ver­s­toße ge­gen § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG, da er bei der­sel­ben Ar­beit­ge­be­rin „be­reits zu­vor“ beschäftigt war; er müsse al­so wei­ter­beschäftigt wer­den.
10

Das Ar­beits­ge­richt hat das Ver­fah­ren gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG aus­ge­setzt und dem Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt die Fra­ge vor­ge­legt, ob § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG mit Art. 12 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG ver­ein­bar ist. Es legt die Norm so aus, dass die sach­grund­lo­se Be­fris­tung auf die erst­ma­li­ge Beschäfti­gung beim je­wei­li­gen Ver­trags­ar­beit­ge­ber be­schränkt ist, und ver­tritt da­mit ei­ne an­de­re Auf­fas­sung als das Bun­des­ar­beits­ge­richt, das ei­ne er­neu­te sach­grund­lo­se Be­fris­tung für zulässig hält, wenn zwi­schen den Beschäfti­gungs­verhält­nis­sen mehr als drei Jah­re lie­gen.

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1. Das vor­le­gen­de Ge­richt nimmt an, § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG be­schränke die sach­grund­lo­se Be­fris­tung auf die erst­ma­li­ge Beschäfti­gung beim je­wei­li­gen Ver­trags­ar­beit­ge­ber. Da­mit ver­bie­te die Re­ge­lung aus­nahms­los je­de sach­grund­los be­fris­te­te Wie­der­ein­stel­lung bei dem­sel­ben Ar­beit­ge­ber. Der Wort­laut „be­reits zu­vor“ sei ein­deu­tig und schließe je­des in der Ver­gan­gen­heit lie­gen­de Ar­beits­verhält­nis mit dem­sel­ben Ar­beit­ge­ber ein. Die Vor­schrift ge­be hin­rei­chend deut­lich zu ver­ste­hen, dass es - an­ders als noch un­ter Gel­tung des Beschäfti­gungsförde­rungs­ge­set­zes - nicht mehr auf ei­nen en­gen sach­li­chen oder zeit­li­chen Zu­sam­men­hang zwi­schen den auf­ein­an­der­fol­gen­den Ar­beits­verträgen an­kom­me.

12

Auch die Ent­ste­hungs­ge­schich­te sei ein­deu­tig und ver­bie­te ei­ne ein­schränken­de Aus­le­gung des § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG. Dies er­ge­be sich im Um­kehr­schluss aus der Vorgänger­re­ge­lung des § 1 Abs. 3 BeschFG 1996, die nach ei­ner Ka­renz­zeit von vier Mo­na­ten den er­neu­ten Ab­schluss ei­nes sach­grund­los be­fris­te­ten Ar­beits­ver­tra­ges er­laubt ha­be. Da­von ha­be der Ge­setz­ge­ber sich bei Schaf­fung des § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG be­wusst ab­ge­wandt. Er ha­be aus­drück­lich fest­ge­hal­ten, dass die sach­grund­lo­se Be­fris­tung ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses nur noch bei erst­ma­li­ger Beschäfti­gung der je­wei­li­gen Ar­beit­neh­me­rin­nen und Ar­beit­neh­mer zulässig sei (vgl. BT­Drucks 14/4374, S. 14).

13 Der Ge­set­zes­zweck ver­lan­ge kei­ne ab­wei­chen­de Aus­le­gung. Mit § 14 Abs. 2 Tz­B­fG ha­be der Ge­setz­ge­ber Ket­ten­be­fris­tun­gen ein­schränken und die Chan­cen der Ar­beits­su­chen­den auf ei­ne Dau­er­beschäfti­gung ver­bes­sern wol­len (vgl. BT­Drucks 14/4374, S. 1). Zu die­sem Zweck ha­be er sach­grund­lo­se Be­fris­tun­gen zu­ge­las­sen, aber auf die erst­ma­li­ge Ein­stel­lung bei ei­nem Ar­beit­ge­ber be­schränkt.
14

2. In die­ser Aus­le­gung grei­fe § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG in das Grund­recht auf freie Be­rufs­ausübung nach Art. 12 Abs. 1 GG und in die durch Art. 2 Abs. 1 GG sub­si­diär ga­ran­tier­te Ver­trags­frei­heit ein und ver­s­toße ge­gen das Gleich­be­hand­lungs­ge­bot des Art. 3 Abs. 1 GG.

15

So­wohl die durch Art. 2 Abs. 1 GG gewähr­leis­te­te Pri­vat­au­to­no­mie als auch die Ga­ran­tie der frei­en Be­rufs­ausübung nach Art. 12 Abs. 1 GG ent­hiel­ten das Recht, Ar­beits­verhält­nis­se durch übe­rein­stim­men­de Wil­lens­erklärun­gen zu be­gründen und aus­zu­ge­stal­ten und da­mit auch zu be­fris­ten. Die Re­ge­lung des § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG grei­fe in die­ses Recht ein, weil sie Ar­beit­ge­ber und Beschäftig­te in be­stimm­ten Kon­stel­la­tio­nen dar­an hin­de­re, ei­nen sach­grund­los be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trag ab­zu­sch­ließen. Das sei un­verhält­nismäßig. Das Teil­zeit- und Be­fris­tungs­ge­setz ver­fol­ge zwar le­gi­ti­me so­zi­al- und beschäfti­gungs­po­li­ti­sche Zie­le. Es sei je­doch über­schießend. Auch ei­ne Ka­renz­zeit vor ei­ner er­neu­ten sach­grund­los be­fris­te­ten Ein­stel­lung bei dem­sel­ben Ar­beit­ge­ber sei als mil­de­res Mit­tel ge­eig­net, Ket­ten­be­fris­tun­gen zu ver­mei­den. Da­ge­gen neh­me ein le­bens­lan­ges Ver­bot der sach­grund­los be­fris­te­ten Wie­der­ein­stel­lung den Beschäftig­ten, die vor länge­rer Zeit schon ein­mal bei dem­sel­ben Ar­beit­ge­ber tätig wa­ren, die Chan­ce, über ei­ne sach­grund­lo­se Be­fris­tung in ei­ne Dau­er­beschäfti­gung zu ge­lan­gen.

16

Die Re­ge­lung des § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG ver­s­toße zu­dem ge­gen das all­ge­mei­ne Gleich­be­hand­lungs­ge­bot des Art. 3 Abs. 1 GG. Sie be­nach­tei­li­ge be­reits zu­vor bei dem­sel­ben Ar­beit­ge­ber beschäftig­te Be­wer­be­rin­nen und Be­wer­ber ge­genüber Ar­beits­su­chen­den oh­ne ent­spre­chen­de Vor­beschäfti­gung. We­gen § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG wir­ke ei­ne Vor­beschäfti­gung al­so als Ein­stel­lungs­hin­der­nis. Dies las­se sich nicht mit dem Ziel recht­fer­ti­gen, Ket­ten­be­fris­tun­gen zu ver­mei­den. Zu­dem führe § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG zu ei­nem Sys­tem­bruch und ver­let­ze den Grund­satz der Fol­ge­rich­tig­keit.

17

3. An­ge­sichts des in Wort­laut, Ent­ste­hungs­ge­schich­te und Ge­set­zes­sys­te­ma­tik do­ku­men­tier­ten Wil­lens des Ge­setz­ge­bers kom­me die ein­schränken­de Aus­le­gung des § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG, die das Bun­des­ar­beits­ge­richt vor­ge­nom­men hat, nicht in Be­tracht.

III.

18

Die Ver­fas­sungs­be­schwer­de rich­tet sich ge­gen ar­beits­ge­richt­li­che Ent­schei­dun­gen. Der Be­schwer­deführer mach­te im Aus­gangs­ver­fah­ren er­folg­los gel­tend, die zu­letzt ver­ein­bar­te sach­grund­lo­se Be­fris­tung sei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses sei un­wirk­sam. Sie ver­s­toße ge­gen § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG, da ei­ne be­fris­te­te Vor­beschäfti­gung bei der­sel­ben Ar­beit­ge­be­rin vor­lie­ge. Ar­beits­ge­richt und Lan­des­ar­beits­ge­richt gin­gen je­doch im An­schluss an die Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts da­von aus, dass § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG ei­ner sach­grund­lo­sen Be­fris­tung nicht ent­ge­gen­ste­he, weil das vor­an­ge­gan­ge­ne Ar­beits­verhält­nis mit dem­sel­ben Ar­beit­ge­ber mehr als drei Jah­re zurück­lie­ge. Die ge­gen die Nicht­zu­las­sung der Re­vi­si­on im Be­ru­fungs­ur­teil er­ho­be­ne Grund­satz­be­schwer­de wies das Bun­des­ar­beits­ge­richt zurück.

19

Der Be­schwer­deführer rügt ei­ne Ver­let­zung von Art. 2 Abs. 1 in Ver­bin­dung mit Art. 20 Abs. 3 GG. Die ein­schränken­de Aus­le­gung des § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG durch das Bun­des­ar­beits­ge­richt, der sich die Ge­rich­te des Aus­gangs­ver­fah­rens an­ge­schlos­sen hätten, über­schrei­te die Gren­zen rich­ter­li­cher Rechts­fort­bil­dung, denn sie set­ze sich über den ein­deu­tig do­ku­men­tier­ten ge­setz­ge­be­ri­schen Wil­len hin­weg. Der Wort­laut der Re­ge­lung „be­reits zu­vor“ sei ein­deu­tig und er­fas­se je­den Ar­beits­ver­trag, der zeit­lich vor dem letz­ten sach­grund­los be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trag ab­ge­schlos­sen wor­den sei. Die Ent­ste­hungs­ge­schich­te bestäti­ge die­se Aus­le­gung. Al­ter­na­tiv­vor­schlägen sei der Ge­setz­ge­ber nicht ge­folgt. Nach den Er­fah­run­gen mit der Vorgänger­re­ge­lung des § 1 Abs. 3 BeschFG 1996 ha­be er die sach­grund­lo­se Be­fris­tung nur noch bei Erstein­stel­lun­gen zu­las­sen wol­len. Zu­dem ent­hal­te § 14 Abs. 3 Satz 1 Tz­B­fG ei­ne aus­drück­li­che zeit­li­che Be­schränkung, wor­auf der Ge­setz­ge­ber hier ver­zich­tet ha­be.

20

Der Be­schwer­deführer hält die Zwei­fel des Bun­des­ar­beits­ge­richts an der Ver­fas­sungsmäßig­keit des § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG für ver­fehlt. Die mit der Re­ge­lung ver­bun­de­ne Ein­schränkung der Ver­trags- und Be­rufs­frei­heit von Beschäftig­ten und Ar­beit­ge­bern wer­de durch den ge­setz­ge­be­risch in­ten­dier­ten Schutz des un­be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis­ses als Re­gel­form der Beschäfti­gung auf­ge­wo­gen.

IV.

21

Zu Vor­la­ge und Ver­fas­sungs­be­schwer­de ha­ben der Deut­sche Ge­werk­schafts­bund (DGB), die Ver­ein­te Dienst­leis­tungs­ge­werk­schaft (ver.di), die Bun­des­ver­ei­ni­gung der Deut­schen Ar­beit­ge­ber­verbände e.V. (BDA), das Bun­des­ar­beits­ge­richt und die Be­klag­ten der Aus­gangs­ver­fah­ren Stel­lung ge­nom­men.

22

1. Der Deut­sche Ge­werk­schafts­bund und ver.di mei­nen, die ein­schränken­de Aus­le­gung des § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG durch das Bun­des­ar­beits­ge­richt über­schrei­te die Gren­ze zulässi­ger Rechts­fort­bil­dung. Aus dem Wort­laut, dem sys­te­ma­ti­schen Zu­sam­men­hang, der Ent­ste­hungs­ge­schich­te so­wie dem Sinn und Zweck des Ge­set­zes er­ge­be sich, dass § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG ei­ne sach­grund­lo­se Be­fris­tung auf die erst­ma­li­ge Ein­stel­lung beim je­wei­li­gen Ver­trags­ar­beit­ge­ber be­schränke. Die Re­ge­lung schließe je­de sach­grund­los be­fris­te­te Wie­der­ein­stel­lung un­abhängig da­von aus, wel­cher Zeit­raum zwi­schen den Ar­beits­verhält­nis­sen lie­ge. Dies sei mit Blick auf die Be­rufs­frei­heit (Art. 12 Abs. 1 GG) und die Gleich­be­hand­lung (Art. 3 Abs. 1 GG) ver­fas­sungs­kon­form. Der Zweck der Norm sei nicht al­lein, den Miss­brauch durch Ket­ten­be­fris­tun­gen zu ver­hin­dern, son­dern das un­be­fris­te­te Ar­beits­verhält­nis als Re­gel­form der Beschäfti­gung zu si­chern und sach­grund­lo­se Be­fris­tun­gen ein­zudämmen. We­gen der sich aus Art. 12 Abs. 1 GG er­ge­ben­den Schutz­pflicht sei der Ge­setz­ge­ber ge­hal­ten, für ein Min­dest­maß an Be­stands­schutz im Ar­beits­verhält­nis zu sor­gen. Die vom Bun­des­ar­beits­ge­richt ent­wi­ckel­te ein­schränken­de Aus­le­gung des § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG ver­en­ge den An­wen­dungs­be­reich des Kündi­gungs­schut­zes und förde­re zweck­wid­rig aty­pi­sche und prekäre Beschäfti­gung.

23

2. Die Bun­des­ver­ei­ni­gung der Ar­beit­ge­ber­verbände hält § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG für ver­fas­sungs­wid­rig. Ein le­bens­lan­ges Ver­bot der sach­grund­los be­fris­te­ten Wie­der­ein­stel­lung bei ei­nem Ar­beit­ge­ber, für den Beschäftig­te ir­gend­wann ein­mal tätig ge­wor­den sei­en, grei­fe so­wohl in die Be­rufs­frei­heit als auch in die Pri­vat­au­to­no­mie ein. Es sei kein Grund er­sicht­lich, der die­se Be­nach­tei­li­gung von vor­beschäftig­ten Be­wer­be­rin­nen und Be­wer­bern um ei­ne freie Stel­le ge­genüber nicht vor­beschäftig­ten Ar­beits­su­chen­den recht­fer­ti­gen könne.

24 3. Das Bun­des­ar­beits­ge­richt hält an der Recht­spre­chung zur ein­schränken­den ver­fas­sungs­kon­for­men Aus­le­gung des § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG im Er­geb­nis und in der Be­gründung fest.
25

4. Die Be­klag­te des Aus­gangs­ver­fah­rens zu 1 BvL 7/14 hält § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG in der Aus­le­gung als le­bens­lan­ges Ver­bot der sach­grund­los be­fris­te­ten Wie­der­ein­stel­lung bei dem­sel­ben Ar­beit­ge­ber für un­ver­ein­bar mit Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG. Sie teilt in­so­weit weit­ge­hend die Rechts­an­sich­ten des vor­le­gen­den Ar­beits­ge­richts. Al­ler­dings ha­be sich das vor­le­gen­de Ge­richt nicht hin­rei­chend mit der Möglich­keit ei­ner ver­fas­sungs­kon­for­men Aus­le­gung des § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG aus­ein­an­der­ge­setzt. Ei­ne ein­deu­ti­ge ge­setz­ge­be­ri­sche Ent­schei­dung für ein le­bens­lan­ges Ver­bot der sach­grund­los be­fris­te­ten Wie­der­ein­stel­lung bei dem­sel­ben Ar­beit­ge­ber sei nicht er­kenn­bar. Wort­laut und Ent­ste­hungs­ge­schich­te sei­en in­so­weit nicht ein­deu­tig. Die Ge­set­zes­be­gründung ver­wei­se zwar auf ei­ne „Neu­ein­stel­lung“, doch sei eben nicht zwin­gend, dass es sich hier­bei um die erst­ma­li­ge Ein­stel­lung bei dem je­wei­li­gen Ar­beit­ge­ber han­de­le. Das lie­ge nach dem frühe­ren Verständ­nis des Be­griffs der „Neu­ein­stel­lung“ nach dem Beschäfti­gungsförde­rungs­ge­setz auch nicht na­he. Auch die übri­gen Ge­set­zes­ma­te­ria­li­en ent­hiel­ten zwar An­halts­punk­te, aber kein ein­deu­ti­ges Be­kennt­nis zu ei­nem le­bens­lan­gen Ver­bot der sach­grund­los be­fris­te­ten Wie­der­ein­stel­lung. Nach Sinn und Zweck der ge­setz­li­chen Re­ge­lung sei ei­ne ein­schränken­de Aus­le­gung des § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG ge­bo­ten.

26

5. Die Be­klag­te des Aus­gangs­ver­fah­rens zu 1 BvR 1375/14 hält die Ver­fas­sungs­be­schwer­de für un­be­gründet. Der Be­schwer­deführer wer­de durch die fach­ge­richt­li­chen Ur­tei­le nicht in sei­nem Grund­recht aus Art. 2 Abs. 1 in Ver­bin­dung mit Art. 20 Abs. 3 GG ver­letzt. Das Bun­des­ar­beits­ge­richt ha­be § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG zu Recht ein­schränkend aus­ge­legt; dies über­schrei­te nicht die Gren­zen rich­ter­li­cher Rechts­fort­bil­dung. We­der dem Wort­laut noch der Sys­te­ma­tik noch der Ent­ste­hungs­ge­schich­te der Norm las­se sich ei­ne ein­deu­ti­ge ge­setz­ge­be­ri­sche Ent­schei­dung für ein le­bens­lan­ges Ver­bot der sach­grund­los be­fris­te­ten Wie­der­ein­stel­lung bei dem­sel­ben Ar­beit­ge­ber ent­neh­men. Der Ge­set­zes­zweck ge­bie­te viel­mehr ei­ne ein­schränken­de Aus­le­gung. Um den Miss­brauch von Be­fris­tungs­ket­ten zu ver­hin­dern, bedürfe es kei­nes le­bens­lan­gen Ver­bo­tes der sach­grund­los be­fris­te­ten Wie­der­ein­stel­lung bei dem­sel­ben Ar­beit­ge­ber. Dies grei­fe un­verhält­nismäßig in die Be­rufs­frei­heit der Beschäftig­ten ein und be­han­de­le Be­wer­be­rin­nen und Be­wer­ber mit ei­ner Vor­beschäfti­gung bei der Stel­len­su­che in nicht zu recht­fer­ti­gen­der Wei­se an­ders als Ar­beits­su­chen­de oh­ne ent­spre­chen­de Vor­beschäfti­gung.

B.

I.

27

Die Ver­fas­sungs­be­schwer­de ist zulässig.

II.

28

Auch ge­gen die Zulässig­keit der Vor­la­ge be­ste­hen kei­ne Be­den­ken. Sie muss­te sich nicht zu der Be­deu­tung von Uni­ons­recht ver­hal­ten, ob­wohl die zur Prüfung vor­ge­leg­te Norm auch der Um­set­zung der uni­ons­recht­li­chen Rah­men­ver­ein­ba­rung über be­fris­te­te Ar­beits­verhält­nis­se dient, die nach Art. 155 Abs. 2 AEUV durch die Richt­li­nie 1999/70/EG durch­geführt wird (oben Rn. 2).

29

1. Die Ver­fas­sungsmäßig­keit ei­ner nach Art. 100 Abs. 1 GG vor­ge­leg­ten Norm, die in Um­set­zung von Rechts­ak­ten der Eu­ropäischen Uni­on er­gan­gen ist, ist we­gen der vom Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt in Fällen vollständi­ger uni­ons­recht­li­cher De­ter­mi­nie­rung prak­ti­zier­ten Zurück­nah­me der Ausübung sei­ner Ge­richts­bar­keit nur dann ent­schei­dungs­er­heb­lich, wenn das Ge­setz in Ausfüllung ei­nes na­tio­na­len Um­set­zungs­spiel­raums er­gan­gen ist (vgl. BVerfGE 129, 186 <198>). Dann trifft das vor­le­gen­de Ge­richt die Pflicht zur Klärung der Ver­bind­lich­keit der uni­ons­recht­li­chen Vor­ga­ben für den deut­schen Ge­setz­ge­ber. Das Ge­richt muss in­so­weit mit hin­rei­chen­der Deut­lich­keit be­gründen, dass ein­schlägi­ges Uni­ons­recht dem na­tio­na­len Ge­setz­ge­ber ei­nen Um­set­zungs­spiel­raum belässt (vgl. BVerfGE 129, 186 <204 f.>). Sol­che Dar­le­gun­gen sind je­doch ent­behr­lich, wenn ganz of­fen­kun­dig von ei­nem Um­set­zungs­spiel­raum des na­tio­na­len Ge­setz­ge­bers aus­ge­gan­gen wer­den kann und die­ser we­der in der Recht­spre­chung noch der Fach­li­te­ra­tur ernst­haft in Zwei­fel ge­zo­gen wird.

30

2. Da­nach ist der Vor­la­ge­be­schluss zulässig.

31

a) Die Vor­la­ge verhält sich zwar nicht zu der Fra­ge, ob § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG uni­ons­recht­lich de­ter­mi­niert ist. Sol­che Dar­le­gun­gen wa­ren aber ent­behr­lich, weil ganz of­fen­kun­dig da­von aus­ge­gan­gen wer­den kann, dass der na­tio­na­le Ge­setz­ge­ber hier über ei­nen Um­set­zungs­spiel­raum verfügt. Zwar dient die Re­ge­lung in § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG auch der Um­set­zung der uni­ons­recht­li­chen Rah­men­ver­ein­ba­rung über be­fris­te­te Ar­beits­verhält­nis­se, die wie­der­um mit der Richt­li­nie 1999/70/EG durch­geführt wird. Doch legt die uni­ons­recht­li­che Norm des § 5 der Rah­men­ver­ein­ba­rung zu RL 1999/70/EG kei­ne Gren­zen für Ket­ten­be­fris­tun­gen fest, son­dern nennt nur Maßnah­men, mit de­ren Hil­fe miss­bräuch­li­che Be­fris­tun­gen ver­hin­dert wer­den können. Die Ent­schei­dung über die kon­kre­ten Re­ge­lun­gen ver­bleibt da­nach bei den Mit­glied­staa­ten (vgl. EuGH, Ur­teil vom 7. März 2018 - San­to­ro - C 494/16, ECLI:EU:C:2018:166, Rn. 26 ff.). Das Uni­ons­recht enthält kei­ne kon­kre­ten Vor­ga­ben zu Höchst­gren­zen der Dau­er und An­zahl auf­ein­an­der­fol­gen­der be­fris­te­ter Ar­beits­verträge oder zu den Vor­aus­set­zun­gen, un­ter de­nen be­fris­te­te Ar­beits­verträge als auf­ein­an­der­fol­gend zu be­trach­ten sind. Das Uni­ons­recht belässt viel­mehr schon nach dem Wort­laut von § 5 der Rah­men­ver­ein­ba­rung zu RL 1999/70/EG den Mit­glied­staa­ten un­zwei­fel­haft ei­nen wei­ten Um­set­zungs­spiel­raum (zum „ac­te clair“ vgl. EuGH, Ur­teil vom 6. Ok­to­ber 1982, CIL­FIT, C-283/81, Slg 1982, I-3415, so­wie BVerfGE 82, 159 <193>; 129, 186 <203 f.>). Dies muss das vor­le­gen­de Ge­richt nicht noch­mals be­gründen.

32

b) Auch im Übri­gen be­ste­hen kei­ne Be­den­ken ge­gen die Zulässig­keit der Vor­la­ge. Das Ar­beits­ge­richt hat § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG nach­voll­zieh­bar und da­mit für die Be­ur­tei­lung der Zulässig­keit der Vor­la­ge maßge­bend (vgl. BVerfGE 138, 136 <171 Rn. 92>; 142, 313 <332 Rn. 57>) aus­ge­legt und ausführ­lich be­gründet, war­um es auf Grund­la­ge die­ser Aus­le­gung von der Ver­fas­sungs­wid­rig­keit des § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG über­zeugt ist und war­um da­von der Aus­gang des Be­fris­tungs­kon­troll­ver­fah­rens abhängt.

C.

33

§ 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG ist mit dem Grund­ge­setz in der Aus­le­gung des vor­le­gen­den Ar­beits­ge­richts ver­ein­bar, so­weit sach­grund­lo­se Be­fris­tun­gen zwi­schen den­sel­ben Ver­trags­par­tei­en auf die erst­ma­li­ge Be­gründung ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses be­schränkt sind und je­de er­neu­te sach­grund­los be­fris­te­te Beschäfti­gung bei dem­sel­ben Ar­beit­ge­ber ver­bo­ten wird. Die Fach­ge­rich­te können und müssen aber in Fällen, in de­nen die Ar­beit­neh­me­rin­nen und Ar­beit­neh­mer des mit § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG ver­folg­ten Schut­zes von vorn­her­ein nicht bedürfen, weil of­fen­sicht­lich kei­ne Ge­fahr der Ket­ten­be­fris­tung in Aus­nut­zung der struk­tu­rel­len Un­ter­le­gen­heit der Vor­beschäftig­ten be­steht, den grund­recht­lich geschütz­ten Po­si­tio­nen der Be­tei­lig­ten durch die Ein­schränkung des An­wen­dungs­be­reichs Rech­nung tra­gen, die al­ler­dings im Ein­klang mit dem so­zi­al­po­li­ti­schen Ziel des Schut­zes der un­be­fris­te­ten Beschäfti­gung als Re­gel­fall ste­hen muss. Die Vor­la­ge führt des­halb nicht zur Fest­stel­lung der Ver­fas­sungs­wid­rig­keit der vor­ge­leg­ten Norm (I).

34

Doch über­schrei­tet ei­ne Aus­le­gung des § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG, die ei­ne wie­der­hol­te sach­grund­lo­se Be­fris­tung zwi­schen den­sel­ben Ver­trags­par­tei­en ent­ge­gen der er­kenn­ba­ren Ent­schei­dung des Ge­setz­ge­bers im­mer dann ge­stat­tet, wenn zwi­schen den Ar­beits­verhält­nis­sen ein Zeit­raum von mehr als drei Jah­ren liegt, die Gren­zen zulässi­ger Rechts­fort­bil­dung durch die Ge­rich­te und verstößt ge­gen Art. 2 Abs. 1 in Ver­bin­dung mit Art. 20 Abs. 3 GG. Die Ver­fas­sungs­be­schwer­de ist des­halb be­gründet (II).

I.

35

§ 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG ver­letzt in der Aus­le­gung des vor­le­gen­den Ar­beits­ge­richts nicht die Be­rufs­frei­heit der Ar­beit­neh­me­rin­nen und Ar­beit­neh­mer (Art. 12 Abs. 1 GG), die be­ruf­li­che und wirt­schaft­li­che Betäti­gungs­frei­heit der Ar­beit­ge­ber (Art. 12 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG) und das all­ge­mei­ne Gleich­be­hand­lungs­ge­bot (Art. 3 Abs. 1 GG), da in un­zu­mut­ba­ren Fällen der An­wen­dungs­be­reich der Norm ein­ge­schränkt wer­den kann.

36

1. Ge­gen die for­mel­le Ver­fas­sungsmäßig­keit von § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG be­ste­hen kei­ne Be­den­ken. Die kon­kur­rie­ren­de Ge­setz­ge­bungs­kom­pe­tenz des Bun­des er­gibt sich aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG. Der Kom­pe­tenz­ti­tel „Ar­beits­recht“ be­gründet ei­ne um­fas­sen­de Kom­pe­tenz für pri­vat­recht­li­che wie auch öffent­lich-recht­li­che Be­stim­mun­gen über die Rechts­be­zie­hun­gen im Ar­beits­verhält­nis (vgl. BVerfGE 7, 342 <351>; 77, 308 <329>; 106, 62 <132 f.>).

37

2. § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG ist in der Aus­le­gung des vor­le­gen­den Ge­richts, wo­nach die sach­grund­lo­se Be­fris­tung auf die erst­ma­li­ge Beschäfti­gung beim je­wei­li­gen Ver­trags­ar­beit­ge­ber be­schränkt ist, mit Art. 12 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG grundsätz­lich ver­ein­bar.

38

a) § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG berührt die Ar­beits­ver­trags­frei­heit so­wohl auf Sei­ten der­je­ni­gen, die Ar­beit su­chen, als auch auf Sei­ten der­je­ni­gen, die als Ar­beit­ge­ber tätig sind. Dar­in liegt je­weils ei­ne Be­ein­träch­ti­gung von Art. 12 Abs. 1 GG, denn das Grund­recht schützt die Ver­trags­frei­heit der Beschäftig­ten im be­ruf­li­chen Be­reich (vgl. BVerfGE 68, 193 <223 f.>; 77, 84 <118>; 116, 202 <221>; 128, 157 <176>). Das Grund­recht ga­ran­tiert die freie Wahl des Ar­beits­plat­zes und schützt den Ent­schluss, ei­ne kon­kre­te Beschäfti­gungsmöglich­keit in dem gewähl­ten Be­ruf zu er­grei­fen, ein Ar­beits­verhält­nis bei­zu­be­hal­ten oder es auf­zu­ge­ben. Dies rich­tet sich ge­gen al­le staat­li­chen Maßnah­men, die die­se Wahl­frei­heit be­schränken, al­so die Er­lan­gung ei­nes zur Verfügung ste­hen­den Ar­beits­plat­zes be­hin­dern oder zur An­nah­me, Bei­be­hal­tung oder Auf­ga­be ei­nes be­stimm­ten Ar­beits­plat­zes zwin­gen (vgl. BVerfGE 84, 133 <146>; 85, 360 <373>; 97, 169 <175>). Zu­dem schützt Art. 12 Abs. 1 GG die Ver­trags- und Dis­po­si­ti­ons­frei­heit der Ar­beit­ge­ber zum Ab­schluss von Ar­beits­verträgen mit den Beschäftig­ten (vgl. BVerfGE 81, 242 <254>; 97, 169 <176>; 123, 186 <252>).

39

b) Der Ge­setz­ge­ber be­schränkt die­se Frei­heit bei­der Par­tei­en durch § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG, der die sach­grund­lo­se Be­fris­tung ei­nes Ar­beits­ver­tra­ges ver­bie­tet, wenn „be­reits zu­vor“ ein Ar­beits­verhält­nis bei dem­sel­ben Ar­beit­ge­ber be­stan­den hat. Selbst wenn der Wil­le vor­han­den ist, mit dem frühe­ren Ar­beit­ge­ber er­neut ei­nen sach­grund­los be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trag ab­zu­sch­ließen, ist dies nach § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG in der Aus­le­gung des vor­le­gen­den Ar­beits­ge­richts in je­dem Fall aus­ge­schlos­sen.

40

Die Re­ge­lung be­ein­träch­tigt da­mit so­wohl die Ar­beits­ver­trags­frei­heit der Beschäftig­ten wie auch die­je­ni­ge der Ar­beit­ge­ber. Sie wirkt sich auf die Be­rufs­wahl­frei­heit der Be­wer­be­rin­nen und Be­wer­ber auf ei­nen Ar­beits­platz aus, da Vor­beschäftig­te in der Kon­kur­renz um ei­nen sach­grund­los be­fris­tet zu ver­ge­ben­den Ar­beits­platz ty­pi­scher­wei­se ge­genüber nicht Vor­beschäftig­ten ge­rin­ge­re Chan­cen ha­ben wer­den. Zwar hat der Ar­beit­ge­ber auch die Möglich­keit, ei­ne vor­beschäftig­te Per­son in ein Dau­er­ar­beits­verhält­nis zu über­neh­men oder aber die Beschäfti­gung mit Sach­grund zu be­fris­ten. Ist bei­des nicht möglich oder nicht ge­wollt, wird ein Ar­beit­ge­ber je­doch nicht vor­beschäftig­te Be­wer­be­rin­nen und Be­wer­ber auswählen, um das Ar­beits­verhält­nis sach­grund­los be­fris­ten zu können. Dafür spricht das In­ter­es­se an Fle­xi­bi­lität bei der Per­so­nal­pla­nung und an ei­nem ge­rin­gen Kos­ten­ri­si­ko bei der Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses. Tatsächlich wer­den rund die Hälf­te al­ler Ein­stel­lun­gen sach­grund­los be­fris­tet (vgl. BT­Drucks 18/2621, S. 4). Die­se Möglich­keit schließt die Re­ge­lung des § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG für vor­beschäftig­te Be­wer­be­rin­nen und Be­wer­ber nach der Aus­le­gung des Ar­beits­ge­richts in je­dem Fall aus. Der Ge­setz­ge­ber will mit der Norm das Ein­stel­lungs­ver­hal­ten der Ar­beit­ge­ber steu­ern (vgl. BT­Drucks 14/3474, S. 14). § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG be­schränkt so im Fall der Vor­beschäfti­gung die freie Ent­schei­dung für ei­nen sach­grund­los be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trag zwi­schen den­sel­ben Par­tei­en.

41

c) Die­se Be­ein­träch­ti­gung grund­recht­lich geschütz­ter Frei­heit ist ge­recht­fer­tigt, um die Ge­fahr ei­ner Ket­ten­be­fris­tung in Aus­nut­zung der struk­tu­rel­len Un­ter­le­gen­heit der Beschäftig­ten aus­zu­sch­ließen und die un­be­fris­te­te Beschäfti­gung als Re­gel­fall zu si­chern.

42

aa) In das Grund­recht der Be­rufs­frei­heit aus Art. 12 Abs. 1 GG darf nur auf ge­setz­li­cher Grund­la­ge und un­ter Be­ach­tung des Grund­sat­zes der Verhält­nismäßig­keit ein­ge­grif­fen wer­den (vgl. BVerfGE 135, 90 <111 Rn. 57>; 141, 82 <98 Rn. 47>; 141, 121 <133 Rn. 40>; 145, 20 <67 Rn. 121>). Der Ge­setz­ge­ber darf die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschütz­te Be­rufs­frei­heit be­gren­zen, um so­zia­len oder wirt­schaft­li­chen Un­gleich­ge­wich­ten ent­ge­gen­zu­wir­ken (vgl. BVerfGE 142, 268 <285 Rn. 63>). Der Staat ist zu­dem ver­pflich­tet, das In­di­vi­dual­ar­beits­recht so zu ge­stal­ten, dass die Grund­rech­te der Par­tei­en in ei­nen an­ge­mes­se­nen Aus­gleich ge­bracht wer­den. So­weit die Pri­vat­au­to­no­mie ih­re re­gu­lie­ren­de Kraft nicht zu ent­fal­ten ver­mag, weil ein Ver­trags­part­ner kraft sei­nes Über­ge­wichts Ver­trags­be­stim­mun­gen ein­sei­tig set­zen kann, müssen staat­li­che Re­ge­lun­gen auch aus­glei­chend ein­grei­fen, um den Grund­rechts­schutz zu si­chern (vgl. BVerfGE 81, 242 <254 f.>; 89, 214 <232>; 98, 365 <395>; 126, 286 <300 f.>; 134, 204 <223 Rn. 68>; 142, 268 <285 Rn. 63 f.>).

43

Für die Her­stel­lung des ge­for­der­ten Aus­gleichs zwi­schen den wi­der­strei­ten­den In­ter­es­sen verfügt der Ge­setz­ge­ber über ei­nen wei­ten Be­ur­tei­lungs- und Ge­stal­tungs­spiel­raum. Die Einschätzung der für die Kon­flikt­la­ge maßgeb­li­chen öko­no­mi­schen und so­zia­len Rah­men­be­din­gun­gen liegt zunächst in sei­ner po­li­ti­schen Ver­ant­wor­tung, eben­so die Vor­aus­schau auf die künf­ti­ge Ent­wick­lung und die Wir­kun­gen sei­ner Re­ge­lung. Das­sel­be gilt für die Be­wer­tung der In­ter­es­sen­la­ge, wo­zu er die ein­an­der ent­ge­gen­ste­hen­den Be­lan­ge hin­sicht­lich ih­rer Schutz­bedürf­tig­keit ge­wich­ten muss (vgl. BVerfGE 97, 169 <176 f.>; 134, 204 <223 f. Rn. 70>; 142, 268 <286 Rn. 64>).

44

bb) Die­sen An­for­de­run­gen wird § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG ge­recht, da die Ar­beits­ge­rich­te die An­wen­dung der Norm in ver­fas­sungs­kon­for­mer Aus­le­gung auf Fälle aus­sch­ließen können, in de­nen dies für die Be­tei­lig­ten un­zu­mut­bar wäre.

45

(1) Das vor­le­gen­de Ge­richt geht mit sei­ner Aus­le­gung des § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG da­von aus, dass nach der der­zei­ti­gen Aus­ge­stal­tung des Ar­beits­rechts die un­be­fris­te­te Beschäfti­gung der Re­gel­fall sein soll und ei­ne Be­fris­tung aus ei­nem Sach­grund nach § 14 Abs. 1 Tz­B­fG die Aus­nah­me dar­stellt. Darüber hin­aus ermöglicht § 14 Abs. 2 Satz 1 Tz­B­fG ei­ne sach­grund­lo­se Be­fris­tung. Die Re­ge­lung dient den Fle­xi­bi­li­sie­rungs­in­ter­es­sen der Ar­beit­ge­ber, denn sie soll Un­ter­neh­men ermögli­chen, auf ei­ne un­si­che­re, schwan­ken­de Auf­trags­la­ge und wech­seln­de Markt­be­din­gun­gen durch Neu­ein­stel­lun­gen fle­xi­bel zu re­agie­ren und da­mit ih­re Wett­be­werbsfähig­keit zu si­chern (vgl. BT­Drucks 14/4374, S. 13 f.).

46

Der Ge­setz­ge­ber be­grenzt je­doch die Möglich­keit der sach­grund­lo­sen Be­fris­tung in § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG. Er zielt mit dem dar­in ent­hal­te­nen Ver­bot der Ket­ten­be­fris­tung auf den Schutz der Beschäftig­ten vor Un­si­cher­heit und so­zia­len Nach­tei­len. In ei­nem Rechts­sys­tem, wel­ches die so­zia­le Si­che­rung und ins­be­son­de­re die Ver­sor­gung im Al­ter maßgeb­lich an die Er­werbstätig­keit knüpft, sind Ar­beit­neh­me­rin­nen und Ar­beit­neh­mer auf lang­fris­ti­ge und un­be­fris­te­te Ar­beits­verträge an­ge­wie­sen. Dem­ge­genüber er­zeugt die sach­grund­lo­se Be­fris­tung ih­res Ar­beits­verhält­nis­ses er­heb­li­che Un­si­cher­hei­ten. Die­se wer­den zwar in ei­ner struk­tu­rell un­ter­le­ge­nen Markt­po­si­ti­on not­ge­drun­gen re­gelmäßig ak­zep­tiert. Ein be­fris­te­tes Ar­beits­verhält­nis ist aber nicht nur die Chan­ce, ei­ne Brücke in exis­tenz­si­chern­de Beschäfti­gung zu fin­den, son­dern er­zeugt zu­gleich die Un­si­cher­heit, ob die Exis­tenz­si­che­rung dau­er­haft ge­lingt (vgl. BVerfGE 126, 286 <300 f.>).

47

Das Ziel, die­ser Un­si­cher­heit ent­ge­gen­zu­wir­ken, hat be­son­de­res ver­fas­sungs­recht­li­ches Ge­wicht, weil es ei­ner Schutz­pflicht Rech­nung trägt, die sich aus Art. 12 Abs. 1 GG er­gibt. Mit der Be­rufs­wahl­frei­heit ist zwar we­der ein An­spruch auf Be­reit­stel­lung ei­nes Ar­beits­plat­zes ei­ge­ner Wahl noch ei­ne Be­stands­ga­ran­tie für den ein­mal gewähl­ten Ar­beits­platz ver­bun­den. Doch ob­liegt dem Staat aus dem Grund­recht fol­gend der Schutz der struk­tu­rell un­ter­le­ge­nen Ar­beit­neh­me­rin­nen und Ar­beit­neh­mer, dem ins­be­son­de­re die ge­setz­li­chen Re­ge­lun­gen des Kündi­gungs­schut­zes die­nen (vgl. BVerfGE 84, 133 <146 f.>; 85, 360 <372 f.>; 92, 140 <150>; 97, 169 <175>; 128, 157 <177>).

48

Die Ein­schränkung der sach­grund­lo­sen Be­fris­tung soll ei­ne für die so­zia­le Ab­si­che­rung der Beschäftig­ten wich­ti­ge un­be­fris­te­te Dau­er­beschäfti­gung als Re­gel­beschäfti­gungs­form im Nor­mal­fall si­chern (vgl. BT­Drucks 14/4374, S. 12). Sach­grund­lo­se Be­fris­tun­gen wer­den nur als Aus­nah­me bei ei­ner Neu­ein­stel­lung ge­stat­tet (BT­Drucks 14/4374, S. 2). Die Re­ge­lung des § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG ord­net hier die von Art. 12 Abs. 1 GG geschütz­ten In­ter­es­sen der um ei­nen Ar­beits­platz kon­kur­rie­ren­den Beschäftig­ten und der an Fle­xi­bi­lität in­ter­es­sier­ten Ar­beit­ge­ber im In­ter­es­se ei­nes so­zia­len Aus­gleichs; die Be­schränkung der sach­grund­lo­sen Be­fris­tung auf Fälle der erst­ma­li­gen Be­gründung ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses mit dem je­wei­li­gen Ar­beit­ge­ber soll die­sen ver­an­las­sen, „den Ar­beit­neh­mer ent­we­der un­be­fris­tet wei­ter zu beschäfti­gen oder bei wei­ter­hin be­ste­hen­dem nur vorüber­ge­hen­dem Ar­beits­kräfte­be­darf ei­nen an­de­ren Ar­beit­neh­mer be­fris­tet ein­zu­stel­len“ (BT­Drucks 14/4374, S. 14). Dem­ge­genüber soll die sach­grund­lo­se Be­fris­tung den Ar­beits­lo­sen Beschäfti­gungsmöglich­kei­ten eröff­nen und zu­gleich ei­ne Brücke zur Dau­er­beschäfti­gung bau­en (vgl. BT­Drucks 14/4374, S. 14). Das Ziel der Beschäfti­gungsförde­rung ist durch das So­zi­al­staats­prin­zip in Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 GG mit Ver­fas­sungs­rang aus­ge­stat­tet (vgl. BVerfGE 116, 202 <223>) und Teil des in Art. 109 Abs. 2 GG ver­an­ker­ten ge­samt­wirt­schaft­li­chen Gleich­ge­wichts (vgl. BVerfGE 100, 271 <285>).

49

(2) § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG ist in der Aus­le­gung des vor­le­gen­den Ge­richts zur Er­rei­chung die­ser le­gi­ti­men Zie­le ge­eig­net. Da­bei genügt die Möglich­keit, dass mit Hil­fe des Ge­set­zes der er­streb­te Er­folg gefördert wer­den kann (vgl. BVerfGE 141, 82 <100 Rn. 53>; 145, 20 <78 Rn. 149>; BVerfG, Ur­teil vom 11. Ju­li 2017 - 1 BvR 1571/15 u.a. -, www.bverfg.de, Rn. 159), wo­bei dem Ge­setz­ge­ber ein Einschätzungs­spiel­raum zu­kommt (vgl. BVerfGE 104, 337 <347 f.>; 145, 20 <78 Rn. 149>; BVerfG, Ur­teil vom 11. Ju­li 2017 - 1 BvR 1571/15 u.a. -, www.bverfg.de, Rn. 159). Bleibt ei­ne sach­grund­lo­se Be­fris­tung nach § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG für die Ar­beits­ver­trags­par­tei­en die Aus­nah­me, trägt dies da­zu bei, die un­be­fris­te­te Dau­er­beschäfti­gung als Re­gel­fall der Beschäfti­gung zu er­hal­ten und sach­grund­lo­se Ket­ten­be­fris­tun­gen zu ver­hin­dern.

50

(3) § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG ist zur Er­rei­chung der le­gi­ti­men ge­setz­ge­be­ri­schen Zie­le auch er­for­der­lich. Es ist nicht er­kenn­bar, dass ein gleich wirk­sa­mes, die Grund­rechts­be­rech­tig­ten we­ni­ger be­ein­träch­ti­gen­des Mit­tel zur Verfügung steht, um den mit dem Ge­setz ver­folg­ten Zweck zu er­rei­chen (vgl. BVerfGE 100, 313 <375>; 116, 202 <225>; 145, 20 <80 Rn. 153>; BVerfG, Ur­teil vom 11. Ju­li 2017 - 1 BvR 1571/15 u.a. -, www.bverfg.de, Rn. 162), wo­bei der Ge­setz­ge­ber auch hier über ei­nen Be­ur­tei­lungs- und Pro­gno­se­spiel­raum verfügt (vgl. BVerfGE 115, 276 <309>; 116, 202 <225>; 145, 20 <80 Rn. 153>; BVerfG, Ur­teil vom 11. Ju­li 2017 - 1 BvR 1571/15 u.a. -, www.bverfg.de, Rn. 162).

51

(a) Ei­ne Ka­renz­re­ge­lung, die es den Ar­beits­ver­trags­par­tei­en er­laubt, nach ei­nem ge­wis­sen Zeit­raum er­neut ei­ne sach­grund­lo­se Be­fris­tung zu ver­ein­ba­ren, er­reicht die Zie­le des Ge­setz­ge­bers nicht in glei­cher Wei­se. Da­bei ist zu berück­sich­ti­gen, dass § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG nicht nur Ket­ten­be­fris­tun­gen ver­hin­dern soll, son­dern in die überg­rei­fen­de Ziel­set­zung des Be­fris­tungs­rechts ein­ge­bet­tet ist, die un­be­fris­te­te Dau­er­beschäfti­gung als Re­gel­fall zu schützen. Die Be­schränkung der sach­grund­lo­sen Be­fris­tung auf die Erstein­stel­lung beim je­wei­li­gen Ar­beit­ge­ber hat in­so­weit ei­ne stärke­re Steue­rungs­wir­kung als ei­ne Ka­renz­re­ge­lung. Sie kann ei­nem größeren Kreis von Ar­beits­su­chen­den die Ge­le­gen­heit eröff­nen, sich in ei­ner sach­grund­los be­fris­te­ten Beschäfti­gung zu bewähren und für ei­ne Dau­er­beschäfti­gung zu emp­feh­len, und zwingt den Ar­beit­ge­ber dann, sich zwi­schen der sach­grund­be­fris­te­ten oder un­be­fris­te­ten Wei­ter­beschäfti­gung ei­ner Per­son oder der sach­grund­los be­fris­te­ten Neu­ein­stel­lung ei­ner an­de­ren Per­son zu ent­schei­den. Ei­ne Ka­renz­re­ge­lung ge­stat­tet es den Ar­beits­ver­trags­par­tei­en hin­ge­gen, nach Ab­lauf des Ka­renz­zeit­raums er­neut ei­ne sach­grund­lo­se Be­fris­tung zu ver­ein­ba­ren. Das eröff­net un­ter an­de­rem die Möglich­keit, die Ka­renz­zeit durch ein zwi­schen­ge­schal­te­tes Ar­beits­verhält­nis mit ei­nem an­de­ren Ar­beit­ge­ber zu über­brücken, um da­nach in ein er­neut sach­grund­los be­fris­te­tes Beschäfti­gungs­verhält­nis zum bis­he­ri­gen Ar­beit­ge­ber zurück­zu­keh­ren. Ei­ne sol­cher­maßen verzöger­te oder be­wusst ein­ge­setz­te Ver­ket­tung sach­grund­lo­ser Be­fris­tun­gen schließt § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG aus. Ei­ne Ka­renz­re­ge­lung wäre zwar für Vor­beschäftig­te im Mo­ment der Ein­stel­lung auf ei­nen Ar­beits­platz ein mil­de­res, aber für die lang­fris­ti­ge so­zia­le Si­che­rung durch un­be­fris­te­te Verträge und für die Um­set­zung der beschäfti­gungs­po­li­ti­schen Zie­le des Ge­setz­ge­bers nicht gleich wirk­sa­mes Mit­tel, das die­ser zwin­gend hätte vor­zie­hen müssen.

52

(b) Auch die Be­schränkung des Ver­bots der sach­grund­los be­fris­te­ten Wie­der­ein­stel­lung auf Ar­beits­verhält­nis­se, die in ei­nem en­gen sach­li­chen Zu­sam­men­hang zu ei­ner Vor­beschäfti­gung ste­hen, ist kein gleich wirk­sa­mes Mit­tel, um die le­gi­ti­men Zie­le des Ge­setz­ge­bers zu er­rei­chen. Es würde den Ar­beits­ver­trags­par­tei­en er­lau­ben, er­neut ei­ne sach­grund­lo­se Be­fris­tung zu ver­ein­ba­ren, wenn zwi­schen den auf­ein­an­der­fol­gen­den Ar­beits­verhält­nis­sen kein Sach­zu­sam­men­hang be­steht (zu sol­chen Re­ge­lungs­mo­del­len vgl. Bau­er, in: Fest­schrift für Her­bert Buch­ner, 2009, S. 30 <35>; Löwisch, in: BB 2001, S. 254 <255>; Persch, Kern­fra­gen des Be­fris­tungs­rechts, 2010, S. 348, 352 f.; Thüsing, in: ZfA 2004, S. 67 <90>). Dies würde die Chan­cen der un­mit­tel­bar be­trof­fe­nen, vor­beschäftig­ten Be­wer­be­rin­nen und Be­wer­ber auf ei­nen Ar­beits­ver­trag zwar we­ni­ger be­ein­träch­ti­gen, weil sie in die­sen Fällen die Möglich­keit hätten, wie­der­holt we­nigs­tens ei­nen sach­grund­los be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trag ab­zu­sch­ließen. Das beschäfti­gungs­po­li­ti­sche Ziel, im Re­gel­fall un­be­fris­tet oder aus­nahms­wei­se sach­grund­be­fris­tet ein­zu­stel­len, würde je­doch nicht glei­cher­maßen er­reicht. Der Ar­beit­ge­ber stünde dann beim Aus­lau­fen ei­nes be­fris­te­ten Ar­beits­ver­tra­ges nicht vor der Ent­schei­dung, ent­we­der die aus­ge­schie­de­ne Per­son un­be­fris­tet wei­ter zu beschäfti­gen oder ei­ne neue Per­son sach­grund­los be­fris­tet ein­zu­stel­len, son­dern könn­te die vor­beschäftig­te Per­son bei we­sent­lich geänder­ter Auf­ga­ben­stel­lung er­neut sach­grund­los be­fris­tet beschäfti­gen.

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(4) Die mit § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG ver­bun­de­nen Be­ein­träch­ti­gun­gen der Be­rufs­frei­heit der Ar­beit­neh­me­rin­nen und Ar­beit­neh­mer wie auch der Ar­beits­ver­trags­frei­heit der Ar­beit­ge­ber wie­gen zwar schwer. In der Abwägung mit dem Schutz der Beschäftig­ten im Ar­beits­verhält­nis (Art. 12 Abs. 1 GG) und den im So­zi­al­staats­prin­zip des Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 GG ver­an­ker­ten so­zi­al- und beschäfti­gungs­po­li­ti­schen Ziel­set­zun­gen er­wei­sen sie sich je­doch als zu­mut­bar. Dies gilt je­den­falls in­so­weit, als die Ar­beit­neh­me­rin­nen und Ar­beit­neh­mer des mit § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG ver­folg­ten Schut­zes tatsächlich bedürfen, weil ei­ne Ge­fahr der Ket­ten­be­fris­tung in Aus­nut­zung der struk­tu­rel­len Un­ter­le­gen­heit der Beschäftig­ten und auch ei­ne Ge­fahr für die so­zia­le Si­che­rung durch ei­ne Ab­kehr vom un­be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis als Re­gel­beschäfti­gungs­form be­steht.

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(a) Ei­ne Grund­rech­te ein­schränken­de Re­ge­lung ist zu­mut­bar, wenn sie die ver­schie­de­nen grund­recht­lich geschütz­ten Be­lan­ge in ei­nen an­ge­mes­se­nen Aus­gleich bringt. Sie darf nicht außer Verhält­nis zu ei­nem mit ihr ver­folg­ten Zweck ste­hen. Bei ei­ner Ge­samt­abwägung zwi­schen der Schwe­re grund­recht­li­cher Be­ein­träch­ti­gun­gen und dem Ge­wicht und der Dring­lich­keit der sie recht­fer­ti­gen­den Gründe muss die Gren­ze des Zu­mut­ba­ren ge­wahrt blei­ben und dürfen die Be­trof­fe­nen nicht übermäßig be­las­tet wer­den (vgl. BVerfGE 121, 317 <355>; 126, 112 <152 f.>; 145, 20 <80 f. Rn. 155>).

55

(b) Die mit § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG ein­her­ge­hen­den Be­ein­träch­ti­gun­gen der Rech­te der Ar­beits­platz­su­chen­den und der Ar­beit­ge­ber, er­neut ei­nen Ar­beits­ver­trag sach­grund­los zu be­fris­ten, ste­hen nicht außer Verhält­nis zu den an­ge­streb­ten Zwe­cken, da die Ar­beits­ge­rich­te die An­wen­dung der Norm in ver­fas­sungs­kon­for­mer Aus­le­gung auf Fälle aus­sch­ließen können, in de­nen dies für die Be­tei­lig­ten un­zu­mut­bar wäre.

56

(aa) Die Re­ge­lung schränkt in der Aus­le­gung des vor­le­gen­den Ge­richts die Chan­cen der Be­wer­be­rin­nen und Be­wer­ber bei der Ar­beits­platz­su­che ein, da sie bei dem­sel­ben Ar­beit­ge­ber nicht noch­mals sach­grund­los be­fris­tet beschäftigt wer­den können. Das berührt ihr Recht, bei glei­cher Eig­nung auch die glei­che Chan­ce auf ei­nen Ar­beits­platz zu ha­ben. Die Be­ein­träch­ti­gung wiegt schwer, weil den Schutz­in­ter­es­sen der­je­ni­gen, die Er­werbs­ar­beit su­chen, ein ho­her Stel­len­wert zu­kommt (vgl. BVerfGE 97, 169 <177>). Der Ar­beits­platz ist in al­ler Re­gel die wirt­schaft­li­che Exis­tenz­grund­la­ge. Le­bens­zu­schnitt und Wohn­um­feld wer­den da­von eben­so be­stimmt wie ge­sell­schaft­li­che Stel­lung und Selbst­wert­gefühl, ge­sell­schaft­li­che Teil­ha­be und Zu­kunfts­chan­cen (vgl. BVerfGE 97, 169 <177>). Auch ei­ne nur be­fris­te­te Er­werbs­ar­beit ist für die so­zia­le Ab­si­che­rung der Beschäftig­ten in ei­nem so­zi­al­ver­si­che­rungs­recht­li­chen Sys­tem, das sich maßgeb­lich aus im Ar­beits­verhält­nis er­wirt­schaf­te­ten Bei­trags­zah­lun­gen fi­nan­ziert, von er­heb­li­cher Be­deu­tung.

57

§ 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG be­ein­träch­tigt darüber hin­aus die durch Art. 12 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG an­er­kann­ten Fle­xi­bi­li­sie­rungs­in­ter­es­sen der Ar­beit­ge­be­rin­nen und Ar­beit­ge­ber. Sie müssen per­so­nal­wirt­schaft­lich auf schwan­ken­de Auf­trags­la­gen und wech­seln­de Markt­be­din­gun­gen fle­xi­bel re­agie­ren können, um wett­be­werbsfähig zu blei­ben (BT­Drucks 14/4374, S. 13 f.). Die un­be­fris­te­te Beschäfti­gung bie­tet dafür nicht im­mer ei­ne Lösung. Die Be­ein­träch­ti­gung der Ar­beit­ge­ber­be­lan­ge wird je­doch da­durch ab­ge­mil­dert, dass ih­nen Al­ter­na­ti­ven zur sach­grund­lo­sen Be­fris­tung zur Verfügung ste­hen, die es ih­nen er­lau­ben, die Ar­beit ih­ren In­ter­es­sen gemäß zu or­ga­ni­sie­ren. Da­zu zählen in­ter­ne Fle­xi­bi­li­sie­rungsmöglich­kei­ten wie Ar­beits­zeit­kon­ten, Über­stun­den und Kurz­ar­beit, ex­ter­ne Fle­xi­bi­li­sie­rungsmöglich­kei­ten wie Zeit­ar­beit und die Möglich­keit der Sach­grund­be­fris­tung von Ar­beits­verträgen. Zu­dem ver­bie­tet § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG die sach­grund­lo­se Be­fris­tung von Ar­beits­verträgen nicht gänz­lich, denn Ar­beit­ge­ber können die Möglich­keit der sach­grund­lo­sen Be­fris­tung für ei­ne be­stimm­te Zeit nut­zen und sind dann nur im Hin­blick auf die Per­son der be­fris­tet Beschäftig­ten be­schränkt. Das Ri­si­ko der Ar­beit­ge­ber, bei weit zurück­lie­gen­den und even­tu­ell schwer zu er­mit­teln­den Vor­beschäfti­gun­gen ei­ne un­wirk­sa­me sach­grund­lo­se Be­fris­tung und da­mit un­ge­wollt ei­nen un­be­fris­te­ten Dau­er­ar­beits­ver­trag zu ver­ein­ba­ren, ist zu­dem durch das auch in den Ge­set­zes­ma­te­ria­li­en an­ge­spro­che­ne Fra­ge­recht des Ar­beit­ge­bers (BT­Drucks 14/4374, S. 19) ver­rin­gert, das § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG flan­kiert.

58

(bb) Auf der an­de­ren Sei­te ste­hen al­ler­dings ver­fas­sungs­recht­lich an­er­kann­te, ge­wich­ti­ge Be­lan­ge, die der Ge­setz­ge­ber mit § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG ver­folgt.

59

In ers­ter Li­nie schützt die Norm da­vor, dass die An­ge­wie­sen­heit auf Er­werbs­ar­beit durch un­mit­tel­ba­re und verzöger­te oder be­wusst ein­ge­setz­te Ket­ten­be­fris­tun­gen aus­ge­nutzt wird. Der Ge­setz­ge­ber re­agiert in­so­fern auf die re­gelmäßig asym­me­tri­schen Be­din­gun­gen in der Er­werbs­ar­beit und erfüllt da­mit ei­nen in Art. 12 Abs. 1 GG an­ge­leg­ten Schutz­auf­trag. Zu­gleich zielt er auf die so­zia­le Ab­si­che­rung der abhängig Beschäftig­ten, weil er die un­be­fris­te­te Dau­er­beschäfti­gung als Re­gel­beschäfti­gungs­form er­hal­ten will. Da­mit will er auch die Leis­tungsfähig­keit des so­zi­al­ver­si­che­rungs­recht­li­chen Sys­tems si­chern, das sich maßgeb­lich aus im Ar­beits­verhält­nis er­wirt­schaf­te­ten Bei­trags­zah­lun­gen fi­nan­ziert. Das trägt dem So­zi­al­staats­ge­bot der Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 GG Rech­nung.

60

Da­ne­ben steht die beschäfti­gungs­po­li­ti­sche Ziel­set­zung, Ar­beits­lo­sig­keit zu bekämp­fen. In­so­fern hat der Ge­setz­ge­ber bei der Wahl der Mit­tel, die­ses Ziel zu er­rei­chen, ei­nen großen Spiel­raum. Wenn er ent­schei­det, die sach­grund­lo­se Be­fris­tung zwar als Brücke in ei­ne Dau­er­beschäfti­gung zu­zu­las­sen, dies aber grundsätz­lich auf die Erstein­stel­lung bei dem je­wei­li­gen Ver­trags­ar­beit­ge­ber zu be­schränken, ist das ver­fas­sungs­recht­lich nicht zu be­an­stan­den. Er kann sich in­so­weit dar­auf stützen, dass die Über­nah­me­chan­ce in ei­ne Dau­er­beschäfti­gung nach dem ers­ten Be­fris­tungs­jahr re­gelmäßig ab­sinkt und sich wie­der­hol­te Be­fris­tun­gen und Zei­ten der Ar­beits­lo­sig­keit ne­ga­tiv auf die Chan­ce aus­wir­ken, un­be­fris­tet beschäftigt zu wer­den, al­so das Ri­si­ko ei­ner Be­fris­tungs­kar­rie­re be­steht (vgl. da­zu Gies­ecke/Groß, in: WSI-Mit­tei­lun­gen 5/2006, S. 247 <251>; Jahn, Zur öko­no­mi­schen Theo­rie des Kündi­gungs­schut­zes, 2001, S. 291; OECD Em­ploy­ment Out­look 2002, S. 149 <187 f.>). Außer­dem nut­zen Ar­beit­ge­ber die sach­grund­lo­se Be­fris­tung auch zur Er­pro­bung (vgl. Ho­hen­dan­ner/Ger­ner, in: So­zia­le Welt 61 [2010], S. 27 <31>; Jahn, Zur öko­no­mi­schen Theo­rie des Kündi­gungs­schut­zes, 2001, S. 45; Leng­feld/Klei­ner, in: Zeit­schrift für Ar­beits­for­schung, Ar­beits­ge­stal­tung und Ar­beits­po­li­tik 18 [2009], S. 46 <48 f.>). Es ist plau­si­bel, da­von aus­zu­ge­hen, dass ein Be­fris­tungs­zeit­raum von zwei Jah­ren aus­reicht, um sich ein Bild von den Beschäftig­ten und ih­rer Eig­nung zu ma­chen.

61

(cc) Da­mit er­schei­nen die mit § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG ver­bun­de­nen Be­las­tun­gen im Er­geb­nis nicht un­an­ge­mes­sen. Ei­ne ver­fas­sungs­recht­lich zwin­gen­de Vor­ga­be zur Ge­wich­tung der teils ge­genläufi­gen, ver­fas­sungs­recht­lich ver­an­ker­ten Be­lan­ge ist nicht er­kenn­bar. Die Ent­schei­dung für die Re­ge­lung ist vom po­li­ti­schen Spiel­raum des Ge­setz­ge­bers ge­deckt. Er durf­te die In­ter­es­sen der Ar­beits­su­chen­den mit Vor­beschäfti­gung ge­genüber dem In­ter­es­se an so­zia­ler Si­che­rung durch Er­werbs­ar­beit in den Fällen zurück­tre­ten las­sen, in de­nen die Ge­fahr be­steht, dass die struk­tu­rel­le Un­ter­le­gen­heit der Beschäftig­ten aus­ge­nutzt wird. Hier ist auch zu berück­sich­ti­gen, dass un­ter an­de­rem mit § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und Nr. 5 Tz­B­fG Möglich­kei­ten der Sach­grund­be­fris­tung zur Verfügung ste­hen, die so­wohl den Be­lan­gen der Ar­beits­su­chen­den als auch dem In­ter­es­se der ein­stel­lungs­be­rei­ten Ar­beit­ge­ber Rech­nung tra­gen. Ha­ben Ar­beit­ge­ber auf­grund des be­son­de­ren An­for­de­rungs­pro­fils der Stel­le oder auf­grund der Er­fah­run­gen ei­ner Per­son ein be­son­de­res In­ter­es­se an vor­beschäftig­ten Be­wer­be­rin­nen und Be­wer­bern, er­scheint es auch nicht un­zu­mut­bar, ei­nen un­be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trag ab­zu­sch­ließen, da der Ar­beit­ge­ber dann nach der ge­setz­ge­be­ri­schen Wer­tung in § 1 Abs. 1 KSchG und § 622 Abs. 3 BGB mit sechs Mo­na­ten aus­rei­chend Zeit hat, um sich für oder ge­gen ein Ar­beits­verhält­nis zu ent­schei­den.

62

(dd) Je­doch ist ein Ver­bot der sach­grund­lo­sen Be­fris­tung bei noch­ma­li­ger Ein­stel­lung bei dem­sel­ben Ar­beit­ge­ber un­zu­mut­bar, so­weit ei­ne Ge­fahr der Ket­ten­be­fris­tung in Aus­nut­zung der struk­tu­rel­len Un­ter­le­gen­heit der Beschäftig­ten nicht be­steht und das Ver­bot der sach­grund­lo­sen Be­fris­tung nicht er­for­der­lich ist, um das un­be­fris­te­te Ar­beits­verhält­nis als Re­gel­beschäfti­gungs­form zu er­hal­ten. Der mit § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG ver­folg­te Schutz­zweck kann in die­sen Fällen das Ver­bot ei­ner sach­grund­los be­fris­te­ten Wie­der­ein­stel­lung nicht recht­fer­ti­gen, so­weit das le­gi­ti­me In­ter­es­se der Ar­beits­su­chen­den an ei­ner auch nur be­fris­te­ten Beschäfti­gung und das eben­falls le­gi­ti­me Fle­xi­bi­li­sie­rungs­in­ter­es­se der Ar­beit­ge­ber ent­ge­gen­steht.

63

Das sich sonst in der Aus­le­gung des Ar­beits­ge­richts aus § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG er­ge­ben­de Ver­bot der sach­grund­lo­sen Be­fris­tung des Ar­beits­ver­tra­ges kann ins­be­son­de­re un­zu­mut­bar sein, wenn ei­ne Vor­beschäfti­gung sehr lang zurück­liegt, ganz an­ders ge­ar­tet war oder von sehr kur­zer Dau­er ge­we­sen ist. So liegt es et­wa bei ge­ringfügi­gen Ne­ben­beschäfti­gun­gen während der Schul- und Stu­di­en- oder Fa­mi­li­en­zeit (vgl. Bau­er, in: NZA 2011, S. 241 <243>; Löwisch, in: BB 2001, S. 254; Ru­dolf, in: BB 2011, S. 2808 <2810>), bei Werk­stu­die­ren­den und stu­den­ti­schen Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­tern im Rah­men ih­rer Be­rufs­qua­li­fi­zie­rung (vgl. da­zu BAG, Ur­teil vom 6. April 2011 - 7 AZR 716/09 -, BA­GE 137, 275 Rn. 2) oder bei ei­ner er­zwun­ge­nen oder frei­wil­li­gen Un­ter­bre­chung der Er­werbs­bio­gra­phie, die mit ei­ner be­ruf­li­chen Neu­ori­en­tie­rung oder ei­ner Aus- und Wei­ter­bil­dung ein­her­geht (vgl. Preis, in: Stau­din­ger, BGB, Neu­be­ar­bei­tung 2016, § 620 BGB Rn. 182; ähn­lich Löwisch, in: BB 2001, S. 254 f.). Die Fach­ge­rich­te können und müssen in der­ar­ti­gen Fällen durch ver­fas­sungs­kon­for­me Aus­le­gung den An­wen­dungs­be­reich von § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG ein­schränken.

64

d) Aus den in der Aus­le­gung des Grund­ge­set­zes zu berück­sich­ti­gen­den völker­recht­li­chen Nor­men (vgl. BVerfGE 74, 358 <370>; BVerfG, Ur­teil vom 11. Ju­li 2017 - 1 BvR 1571/15 u. a. -, www.bverfg.de, Rn. 206; stRspr) des Art. 8 Abs. 1 EM­RK, der Eu­ropäischen So­zi­al­char­ta und des Art. 6 Abs. 1 des In­ter­na­tio­na­len Pakts über wirt­schaft­li­che, so­zia­le und kul­tu­rel­le Rech­te (IPw­skR) er­ge­ben sich kei­ne wei­ter­ge­hen­den An­for­de­run­gen.

65

aa) Nach der Recht­spre­chung des Eu­ropäischen Ge­richts­ho­fes für Men­schen­rech­te schließt der Schutz des Pri­vat­le­bens nach Art. 8 EM­RK die be­ruf­li­che Tätig­keit ein (vgl. EGMR, Fernández Mar­ti­nez v. Spa­ni­en, Ent­schei­dung vom 12. Ju­ni 2014 [GK], Nr. 56030/07, §§ 109 f.). Der Schutz geht je­doch nicht über die grund­ge­setz­li­che Gewähr­leis­tung hin­aus. Ins­be­son­de­re ha­ben die Kon­ven­ti­ons­staa­ten ei­nen wei­ten Er­mes­sens­spiel­raum, wenn der Staat ei­nen Aus­gleich zwi­schen ein­an­der wi­der­spre­chen­den pri­va­ten und öffent­li­chen In­ter­es­sen her­stel­len muss (vgl. EGMR, Bărbu­les­cu v. Ro­ma­nia, Ur­teil vom 8. Ju­ni 2017 [GK], Nr. 61496/08, §§ 113, 117 ff.). Das ist hier der Fall.

66

bb) Aus der Eu­ropäischen So­zi­al­char­ta (ESC) er­ge­ben sich eben­falls kei­ne höhe­ren als die grund­ge­setz­li­chen An­for­de­run­gen. Ins­be­son­de­re be­zieht sich Art. 1 Abs. 1 ESC zum ho­hen und sta­bi­len Beschäfti­gungs­stand nicht auf das ein­zel­ne Beschäfti­gungs­verhält­nis (vgl. ECSR, Ge­ne­ral Fe­de­ra­ti­on of em­ployees of the na­tio­nal electric power cor­po­ra­ti­on [GEN­OP-DEI] and Con­fe­de­ra­ti­on of Greek Ci­vil Ser­vants‘ Tra­de Uni­ons [ADE­DY] v. Greece, De­ci­si­on on the Me­rits of 23. Mai 2012, Nr. 66/2011, § 20).

67

cc) Auch aus Art. 6 IPw­skR er­gibt sich nichts an­de­res. Der Schutz der frei­en Be­rufs­wahl ist in Art. 6 Abs. 1 IPw­skR an­er­kannt; der Zu­gang zum Be­ruf darf nur ob­jek­tiv be­rufs­be­zo­gen ge­stal­tet wer­den (vgl. Com­mit­tee on Eco­no­mic, So­ci­al and Cul­tu­ral Rights, Re­port on the Eighth and Ninth Ses­si­ons, 1994, UN Doc. E/C.12/1993/19, S. 50 Rn. 249). Doch lässt der Pakt den Ver­trags­staa­ten wei­ten Spiel­raum, und Art. 4 IPw­skR ge­stat­tet Ein­schränkun­gen zur Förde­rung des all­ge­mei­nen Wohls in ei­ner de­mo­kra­ti­schen Ge­sell­schaft, so­lan­ge die­se verhält­nismäßig sind (vgl. The Lim­burg Prin­ci­ples on the Im­ple­men­ta­ti­on of the In­ter­na­tio­nal Co­venant on Eco­no­mic So­ci­al and Cul­tu­ral Rights, 1987, UN Doc. E/CN.4/1987/17, An­nex Rn. 48 ff.; Com­mit­tee on Eco­no­mic, So­ci­al and Cul­tu­ral Rights, Right of ever­yo­ne to ta­ke part in cul­tu­ral life - Ge­ne­ral Com­ment No. 21, 2009, UN Doc. E/C.12/GC/21, Rn. 19).

68

3. § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG ist auch mit Art. 3 Abs. 1 GG ver­ein­bar.

69

a) Nach Art. 3 Abs. 1 GG be­darf ei­ne ge­setz­ge­be­ri­sche Dif­fe­ren­zie­rung der Recht­fer­ti­gung durch Sach­gründe, die dem Ziel und dem Aus­maß der Un­gleich­be­hand­lung an­ge­mes­sen sind. Je nach Re­ge­lungs­ge­gen­stand und Dif­fe­ren­zie­rungs­merk­ma­len er­ge­ben sich un­ter­schied­li­che An­for­de­run­gen, die von ge­lo­cker­ten auf das Willkürver­bot be­schränk­ten Bin­dun­gen bis hin zu stren­gen Verhält­nismäßig­keits­er­for­der­nis­sen rei­chen können (vgl. BVerfGE 138, 136 <180 f. Rn. 122>; 139, 1 <13 Rn. 39>; 142, 353 <385 Rn. 69>; 145, 20 <86 f. Rn. 171>). Hier trifft die Be­schränkung der sach­grund­lo­sen Be­fris­tung auf die Erstein­stel­lung bei dem je­wei­li­gen Ar­beit­ge­ber nach § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG zwar vor­beschäftig­te Be­wer­be­rin­nen und Be­wer­ber an­ders als nicht vor­beschäftig­te Ar­beits­su­chen­de. Doch ist dies so­zi­al und beschäfti­gungs­po­li­tisch be­gründet und auf­grund der Möglich­kei­ten der Fach­ge­rich­te, an­sons­ten un­zu­mut­ba­re Härten zu ver­mei­den, auch zu­mut­bar. In­so­weit gilt nichts an­de­res als nach Art. 12 Abs. 1 GG (oben Rn. 53 ff.).

70

b) Et­was an­de­res er­gibt sich ent­ge­gen der An­sicht des vor­le­gen­den Ge­rich­tes auch nicht aus dem Ge­bot der Fol­ge­rich­tig­keit (vgl. ArbG Braun­schweig, Vor­la­ge­be­schluss vom 3. April 2014 - 5 Ca 463/13 -, ju­ris, Rn. 99 ff.; da­zu auch Grei­ner, in: ZESAR 2014, S. 357 <359>). Im Steu­er­recht müssen sich et­wai­ge Ab­wei­chun­gen von der mit der Wahl des Steu­er­ge­gen­stan­des ein­mal ge­trof­fe­nen Be­las­tungs­ent­schei­dung ih­rer­seits am Gleich­heits­satz mes­sen las­sen (vgl. BVerfGE 126, 400 <417>; 132, 179 <189 Rn. 32>; 139, 285 <309 f. Rn. 72>; 145, 106 <144 Rn. 104>). Das wird auch als Ge­bot fol­ge­rich­ti­ger Aus­ge­stal­tung be­zeich­net, geht aber über die An­for­de­run­gen aus Art. 3 Abs. 1 GG, die hier erfüllt sind (oben Rn. 69), nicht hin­aus.

II.

71

Die Ver­fas­sungs­be­schwer­de ist be­gründet. Die an­ge­grif­fe­nen fach­ge­richt­li­chen Ent­schei­dun­gen fol­gen der Aus­le­gung des § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG durch das Bun­des­ar­beits­ge­richt. Das ver­letzt den Be­schwer­deführer in sei­nem Recht aus Art. 2 Abs. 1 in Ver­bin­dung mit Art. 20 Abs. 3 GG. Die An­nah­me, ei­ne sach­grund­lo­se Be­fris­tung des Ar­beits­ver­tra­ges sei nur dann un­zulässig, wenn ei­ne Vor­beschäfti­gung we­ni­ger als drei Jah­re zurück­lie­ge, über­schrei­tet die Gren­zen ver­tret­ba­rer Aus­le­gung ge­setz­li­cher Vor­ga­ben durch die Ge­rich­te, weil der Ge­setz­ge­ber ge­ra­de dies klar er­kenn­bar nicht woll­te.

72

1. Die An­wen­dung und Aus­le­gung der Ge­set­ze durch die Ge­rich­te steht mit dem Rechts­staats­prin­zip (Art. 20 Abs. 3 GG) in Ein­klang, wenn sie sich in den Gren­zen ver­tret­ba­rer Aus­le­gung und zulässi­ger rich­ter­li­cher Rechts­fort­bil­dung be­wegt. Art. 2 Abs. 1 GG gewähr­leis­tet in Ver­bin­dung mit Art. 20 Abs. 3 GG den Ein­zel­nen, dass ih­nen ge­genüber er­ge­hen­de Ent­schei­dun­gen die­sen An­for­de­run­gen genügen (vgl. BVerfGE 128, 193 <206 ff.>; 132, 99 <127 Rn. 73>).

73

Zu den Auf­ga­ben der Recht­spre­chung gehört die Rechts­fort­bil­dung. Der Ge­setz­ge­ber hat dies seit lan­gem an­er­kannt und den obers­ten Ge­richtshöfen des Bun­des die Auf­ga­be der Rechts­fort­bil­dung aus­drück­lich übe­r­ant­wor­tet (vgl. für das Bun­des­ar­beits­ge­richt § 45 Abs. 4 ArbGG). Dies belässt dem Ge­setz­ge­ber die Möglich­keit, in un­erwünsch­te Rechts­ent­wick­lun­gen kor­ri­gie­rend ein­zu­grei­fen und so im Wech­sel­spiel von Recht­spre­chung und Recht­set­zung de­mo­kra­ti­sche Ver­ant­wor­tung wahr­zu­neh­men (vgl. BVerfGE 132, 99 <127 Rn. 74>). Rich­ter­li­che Rechts­fort­bil­dung darf hin­ge­gen nicht da­zu führen, dass die Ge­rich­te ih­re ei­ge­ne ma­te­ri­el­le Ge­rech­tig­keits­vor­stel­lung an die Stel­le der­je­ni­gen des Ge­setz­ge­bers set­zen (vgl. BVerfGE 82, 6 <12 f.>; 128, 193 <210>; 132, 99 <127 Rn. 75>). Die Ge­rich­te dürfen sich nicht dem vom Ge­setz­ge­ber fest­ge­leg­ten Sinn und Zweck des Ge­set­zes ent­zie­hen, son­dern müssen die ge­setz­ge­be­ri­sche Grund­ent­schei­dung re­spek­tie­ren. Ei­ne In­ter­pre­ta­ti­on, die sich über den klar er­kenn­ba­ren Wil­len des Ge­setz­ge­bers hin­weg­setzt, greift un­zulässig in die Kom­pe­ten­zen des de­mo­kra­tisch le­gi­ti­mier­ten Ge­setz­ge­bers ein (vgl. BVerfGE 118, 212 <243>; 128, 193 <210>; 132, 99 <127 f. Rn. 75>; 134, 204 <238 Rn. 115>).

74

Für die Be­ant­wor­tung der Fra­ge, wel­che Re­ge­lungs­kon­zep­ti­on im Ge­setz zu­grun­de liegt, kommt ne­ben Wort­laut und Sys­te­ma­tik den Ge­set­zes­ma­te­ria­li­en ei­ne nicht un­er­heb­li­che In­dizwir­kung zu (BVerfGE 133, 168 <205 f. Rn. 66>; vgl. BVerfGE 129, 1 <25 ff.>; 135, 126 <151 f. Rn. 81>; 137, 350 <367 Rn. 43>; 138, 136 <186 ff. Rn. 133 ff., 145 ff., 225, 244>; 138, 261 <281 Rn. 46>; BVerfG, Be­schluss vom 13. April 2017 - 2 BvL 6/13 -, www.bverfg.de, Rn. 121). In Be­tracht zu zie­hen sind hier die Be­gründung ei­nes Ge­setz­ent­wur­fes, der un­verändert ver­ab­schie­det wor­den ist, die dar­auf be­zo­ge­nen Stel­lung­nah­men von Bun­des­rat (Art. 76 Abs. 2 Satz 2 GG) und Bun­des­re­gie­rung (Art. 76 Abs. 3 Satz 2 GG) und die Stel­lung­nah­men, Be­schluss­emp­feh­lun­gen und Be­rich­te der Ausschüsse. In sol­chen Ma­te­ria­li­en fin­den sich re­gelmäßig die im Ver­fah­ren als we­sent­lich er­ach­te­ten Vor­stel­lun­gen der am Ge­setz­ge­bungs­ver­fah­ren be­tei­lig­ten Or­ga­ne und Per­so­nen.

75

Die Be­ach­tung des klar er­kenn­ba­ren Wil­lens des Ge­setz­ge­bers ist Aus­druck de­mo­kra­ti­scher Ver­fas­sungs­staat­lich­keit. Dies trägt dem Grund­satz der Ge­wal­ten­tei­lung (Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG) Rech­nung. Das Ge­setz be­zieht sei­ne Gel­tungs­kraft aus der de­mo­kra­ti­schen Le­gi­ti­ma­ti­on des Ge­setz­ge­bers, des­sen ar­ti­ku­lier­ter Wil­le den In­halt des Ge­set­zes da­her mit be­stimmt. Je­den­falls darf der klar er­kenn­ba­re Wil­le des Ge­setz­ge­bers nicht über­g­an­gen oder verfälscht wer­den (vgl. auch BVerfGE 128, 193 <209>, 133, 168 <205 Rn. 66>). So ver­wirk­licht sich auch die in Art. 20 Abs. 3 und Art. 97 Abs. 1 GG vor­ge­ge­be­ne Bin­dung der Ge­rich­te an das „Ge­setz“, denn dies ist ei­ne Bin­dung an die im Norm­text zum Aus­druck ge­brach­te de­mo­kra­ti­sche Ent­schei­dung des Ge­setz­ge­bers, des­sen Erwägun­gen zu­min­dest teil­wei­se in den Ma­te­ria­li­en do­ku­men­tiert sind.

76

2. Die­sen An­for­de­run­gen wird die den an­ge­grif­fe­nen Ent­schei­dun­gen zu­grun­de lie­gen­de Aus­le­gung des § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG durch das Bun­des­ar­beits­ge­richt nicht ge­recht. Sie löst sich von der ge­setz­ge­be­ri­schen Grund­ent­schei­dung und er­setzt die­se durch ein ei­ge­nes Re­ge­lungs­mo­dell, das der Ge­setz­ge­ber er­kenn­bar nicht woll­te. Da­mit sind die Gren­zen zulässi­ger Rechts­fort­bil­dung durch die Ge­rich­te über­schrit­ten.

77

a) In § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG kommt ei­ne ge­setz­ge­be­ri­sche Grund­ent­schei­dung zum Aus­druck, wo­nach sach­grund­lo­se Be­fris­tun­gen zwi­schen den­sel­ben Ar­beits­ver­trags­par­tei­en grundsätz­lich nur bei der erst­ma­li­gen Ein­stel­lung zulässig sein sol­len. Der Ge­setz­ge­ber hat sich da­mit zu­gleich ge­gen ei­ne zeit­li­che Be­gren­zung des Ver­bots ent­schie­den.

78

b) Hier er­gibt sich der Re­ge­lungs­ge­halt des § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG zwar nicht ein­deu­tig aus dem Wort­laut der Norm. Auch die Sys­te­ma­tik gibt kein zwin­gen­des Er­geb­nis der Aus­le­gung vor. Doch zei­gen die Ge­set­zes­ma­te­ria­li­en und die Ent­ste­hungs­ge­schich­te, wel­che ge­setz­ge­be­ri­sche Kon­zep­ti­on der Norm zu­grun­de liegt. Sie do­ku­men­tie­ren die kon­kre­te Vor­stel­lung von Be­deu­tung, Reich­wei­te und Ziel­set­zung des § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG, ge­ben des­sen Wort­laut („be­reits zu­vor“) sei­nen Be­deu­tungs­ge­halt und ord­nen so dem Ge­set­zes­zweck ein Mit­tel der Um­set­zung zu.

79

aa) Nach dem Wort­laut des § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG ist ei­ne sach­grund­lo­se Be­fris­tung un­zulässig, wenn mit dem­sel­ben Ar­beit­ge­ber „be­reits zu­vor“ ein Ar­beits­verhält­nis be­stan­den hat. Die­se For­mu­lie­rung kann nach all­ge­mei­nem Sprach­ge­brauch so­wohl im Sin­ne von „un­mit­tel­bar zu­vor“ als auch im Sin­ne von „ir­gend­wann oder je­mals zu­vor“ ver­stan­den wer­den. Der Wort­laut al­lein gibt da­mit nicht zwin­gend vor, ob je­de oder nur die in zeit­li­chem Zu­sam­men­hang ste­hen­de Vor­beschäfti­gung ei­ner sach­grund­lo­sen Be­fris­tung ent­ge­gen­steht.

80

Glei­ches gilt für die Ge­set­zes­sys­te­ma­tik. In § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Tz­B­fG und § 14 Abs. 3 Satz 1 Tz­B­fG hat der Ge­setz­ge­ber zwar durch die For­mu­lie­run­gen „im An­schluss“ und „un­mit­tel­bar vor Be­ginn des be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis­ses“ klar­ge­stellt, dass er auf ei­nen zeit­li­chen Zu­sam­men­hang zwi­schen den auf­ein­an­der­fol­gen­den Beschäfti­gungs­verhält­nis­sen ab­stel­len woll­te. Der Um­kehr­schluss, dass der Ge­setz­ge­ber bei § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG da­mit ge­ra­de auf jeg­li­chen zeit­li­chen Zu­sam­men­hang zwi­schen Ar­beits­verhält­nis­sen ver­zich­ten woll­te, ist aber nicht zwin­gend.

81

bb) Die Ge­set­zes­ma­te­ria­li­en und die Ent­ste­hungs­ge­schich­te zei­gen dem­ge­genüber deut­lich auf, wel­che ge­setz­ge­be­ri­sche Kon­zep­ti­on der Norm zu­grun­de liegt.

82

Nach dem Ge­setz­ent­wurf der Bun­des­re­gie­rung zum Ent­wurf des Teil­zeit- und Be­fris­tungs­ge­set­zes vom 24. Ok­to­ber 2000 soll­te es wei­ter­hin zulässig sein, ei­nen Ar­beits­ver­trag oh­ne Vor­lie­gen ei­nes sach­li­chen Grun­des bis zur Dau­er von zwei Jah­ren zu be­fris­ten und ei­nen zunächst kürzer be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trag in­ner­halb der zweijähri­gen Höchst­be­fris­tungs­dau­er höchs­tens drei­mal zu verlängern. Die Er­leich­te­rung der Be­fris­tung von Ar­beits­verträgen ermögli­che es Un­ter­neh­men, auf ei­ne un­si­che­re und schwan­ken­de Auf­trags­la­ge und wech­seln­de Markt­be­din­gun­gen fle­xi­bel zu re­agie­ren und si­che­re da­mit ih­re Wett­be­werbsfähig­keit. Die be­fris­te­te Beschäfti­gung sei viel­fach auch ei­ne Al­ter­na­ti­ve zur Ar­beits­lo­sig­keit und zu­gleich ei­ne Brücke zur Dau­er­beschäfti­gung (BT­Drucks 14/4374, S. 13 f.). Un­ter der Über­schrift „Ein­schränkung von Ket­ten­verträgen“ heißt es dort wei­ter:

„Die er­leich­ter­te Be­fris­tung ei­nes Ar­beits­ver­tra­ges ist künf­tig nur bei ei­ner Neu­ein­stel­lung zulässig, d.h. bei der erst­ma­li­gen Beschäfti­gung ei­nes Ar­beit­neh­mers durch ei­nen Ar­beit­ge­ber. Durch die­se Ein­schränkung wird im Un­ter­schied zum bis­he­ri­gen Recht die theo­re­tisch un­be­grenz­te Auf­ein­an­der­fol­ge be­fris­te­ter Ar­beits­verträge (Ket­ten­verträge) aus­ge­schlos­sen. Sol­che Be­fris­tungs­ket­ten sind bis­her möglich, weil ein Ar­beits­ver­trag oh­ne Sach­grund auch nach ei­ner Be­fris­tung mit Sach­grund zulässig ist und nach ei­ner min­des­tens vier­mo­na­ti­gen Un­ter­bre­chung wie­der­holt ab­ge­schlos­sen wer­den kann. Eben­so kann sich ein Ver­trag mit Sach­grund un­mit­tel­bar an ei­nen Ver­trag oh­ne Sach­grund an­sch­ließen. Bei der nach neu­em Recht nur ein­ma­li­gen Möglich­keit der Be­fris­tung oh­ne Sach­grund wird der Ar­beit­ge­ber ver­an­lasst, den Ar­beit­neh­mer ent­we­der un­be­fris­tet wei­ter zu beschäfti­gen oder bei wei­ter be­ste­hen­dem nur vorüber­ge­hen­dem Ar­beits­kräfte­be­darf ei­nen an­de­ren Ar­beit­neh­mer be­fris­tet ein­zu­stel­len.“

83

Die­se Ausführun­gen im Ge­setz­ent­wurf der Bun­des­re­gie­rung zei­gen, dass zur Ver­hin­de­rung von Ket­ten­be­fris­tun­gen den Ar­beits­ver­trags­par­tei­en die Möglich­keit der sach­grund­lo­sen Be­fris­tung grundsätz­lich nur ein­mal eröff­net wer­den soll­te. Je­des frühe­re Ar­beits­verhält­nis soll­te von § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG un­abhängig da­von er­fasst wer­den, wie lan­ge es zurück­liegt.

84

Die­se Kon­zep­ti­on hat der Ge­setz­ge­ber auch be­wusst um­ge­setzt. Der Ge­setz­ent­wurf der Bun­des­re­gie­rung be­zieht sich aus­drück­lich auf § 1 Abs. 3 BeschFG 1996 und hält fest, dass § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG im Un­ter­schied zu die­ser Re­ge­lung die theo­re­tisch un­be­grenz­te Möglich­keit von Ket­ten­be­fris­tun­gen eben­so aus­sch­ließe wie die Möglich­keit ei­ner er­neu­ten sach­grund­lo­sen Be­fris­tung nach ei­ner vier­mo­na­ti­gen Beschäfti­gungs­pau­se (BT­Drucks 14/4374, S. 14, 19). An­ders als in § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG über­nahm der Ge­setz­ge­ber in der Ur­sprungs­fas­sung des § 14 Abs. 3 Tz­B­fG vom 21. De­zem­ber 2000 dem­ge­genüber na­he­zu wört­lich das Re­ge­lungs­mo­dell des § 1 Abs. 3 BeschFG 1996.

85

cc) Die­se Aus­le­gung des § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG wird durch den wei­te­ren Ver­lauf des Ge­setz­ge­bungs­ver­fah­rens bestätigt. So wur­de bei der Sach­verständi­gen­anhörung vor dem Aus­schuss für Ar­beit und So­zi­al­ord­nung des Bun­des­ta­ges dar­auf hin­ge­wie­sen, dass sich das Ziel, Ket­ten­be­fris­tun­gen zu ver­hin­dern, auch mit ei­ner zweijähri­gen Ka­renz­re­ge­lung er­rei­chen las­se; da­nach könn­ten die­sel­ben Ar­beits­ver­trags­par­tei­en dann er­neut ei­ne sach­grund­lo­se Be­fris­tung ver­ein­ba­ren (vgl. BT­Drucks 14/4625, S. 18). Doch fand dies im Ge­setz kei­nen Nie­der­schlag. In den Aus­schuss­do­ku­men­ten ist zu­dem die im Ge­setz nicht auf­ge­nom­me­ne Po­si­ti­on der Mit­glie­der der Frak­ti­on der CDU/CSU do­ku­men­tiert, die ei­ne Be­schränkung sach­grund­los be­fris­te­ter Ar­beits­verträge auf Neu­ein­stel­lun­gen ab­lehn­ten (vgl. BT­Drucks 14/4625, S. 19). Des­glei­chen fin­det sich ein An­trag des Frei­staats Bay­ern vom 19. Ok­to­ber 2010 (BRDrucks 591/5/00), in An­leh­nung an § 1 Abs. 3 BeschFG 1996 ei­nen en­gen sach­li­chen Zu­sam­men­hang zu for­dern, wenn zwi­schen den Beschäfti­gungs­verhält­nis­sen ei­ne vier­mo­na­ti­ge Beschäfti­gungs­pau­se lie­ge, und dann ei­ne er­neu­te sach­grund­lo­se Be­fris­tung auch zwi­schen den glei­chen Ar­beits­ver­trags­par­tei­en zu­zu­las­sen. Doch auch die­ser An­trag blieb er­folg­los, eben­so wie gleich­lau­ten­de Emp­feh­lun­gen des Wirt­schafts­aus­schus­ses des Bun­des­ra­tes (BRDrucks 783/1/00; A Nr. 4). Der Ge­setz­ge­ber hat viel­mehr trotz meh­re­rer for­mu­lier­ter Al­ter­na­ti­ven an der im Re­gie­rungs­ent­wurf vor­ge­se­he­nen For­mu­lie­rung des § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG fest­ge­hal­ten. Dies be­legt ei­ne be­wuss­te Ent­schei­dung des Ge­setz­ge­bers, den­sel­ben Ver­trags­par­tei­en nur ein­ma­lig und nur bei der erst­ma­li­gen Be­gründung ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses ei­ne sach­grund­lo­se Be­fris­tung zu ge­stat­ten.

86

c) Mit der aus Ma­te­ria­li­en und Ge­setz­ge­bungs­ge­schich­te er­kenn­ba­ren ge­setz­ge­be­ri­schen Grund­ent­schei­dung, wo­nach grundsätz­lich je­de Vor­beschäfti­gung bei dem­sel­ben Ar­beit­ge­ber das Ver­bot ei­ner sach­grund­los be­fris­te­ten Wie­der­ein­stel­lung auslöst, un­abhängig da­von, wie lan­ge die Vor­beschäfti­gung zurück­liegt, ist die An­nah­me, § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG er­fas­se nur Vor­beschäfti­gun­gen, die nicht länger als drei Jah­re zurück­lie­gen, nicht ver­ein­bar.

87

Das Bun­des­ar­beits­ge­richt ori­en­tiert sich bei der Aus­le­gung von § 14 Abs. 2 Tz­B­fG zwar maßge­bend am Grund­recht der Be­rufs­frei­heit in Art. 12 Abs. 1 GG. Es er­setzt das ge­setz­li­che Re­ge­lungs­kon­zept der nur ein­ma­li­gen sach­grund­lo­sen Be­fris­tung je­doch durch das Kon­zept ei­ner wie­der­holt mögli­chen sach­grund­lo­sen Be­fris­tung nach Ein­hal­tung ei­ner Ka­renz­zeit, das den vom Ge­setz­ge­ber ge­woll­ten Aus­schluss von Ket­ten­be­fris­tun­gen nicht ver­wirk­licht. Ei­ne der­ar­ti­ge Re­ge­lung hat im Ge­setz­ge­bungs­ver­fah­ren ge­ra­de kei­ne Mehr­heit ge­fun­den (vgl. BT­Drucks 14/4625, S. 18; oben Rn. 85), was die fach­ge­richt­li­che Aus­le­gung nicht bei­sei­te­schie­ben kann. Das Bun­des­ar­beits­ge­richt er­setzt die in der Abwägung zwi­schen den In­ter­es­sen der Ar­beits­su­chen­den mit Vor­beschäfti­gung und dem In­ter­es­se an so­zia­ler Si­che­rung durch Er­werbs­ar­beit zu­guns­ten letz­te­rer ge­trof­fe­ne Ent­schei­dung des Ge­setz­ge­bers durch ei­ne ei­ge­ne, ge­genläufi­ge Ent­schei­dung. Ei­ne Ka­renz­zeit von drei Jah­ren ist für sich ge­nom­men auch kein ge­eig­ne­tes Mit­tel, um un­zu­mut­ba­re Be­ein­träch­ti­gun­gen der be­trof­fe­nen Grund­rechts­po­si­tio­nen ziel­ge­rich­tet zu ver­mei­den (oben Rn. 51, 62 f.).

D.

88

1. Die Vor­la­ge­fra­ge ist da­hin zu be­ant­wor­ten, dass § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG mit dem Grund­ge­setz bei ein­ge­schränk­ter An­wen­dung auf Fälle, in de­nen die Ge­fahr der Ket­ten­be­fris­tung und ei­ne Ab­kehr von un­be­fris­te­ter Beschäfti­gung als Re­gel­fall be­steht (oben Rn. 41, 44 ff.), ver­ein­bar ist.

89

2. Die Ver­fas­sungs­be­schwer­de ist be­gründet. Die an­ge­grif­fe­nen Ent­schei­dun­gen des Ar­beits­ge­richts und des Lan­des­ar­beits­ge­richts über­schrei­ten die Gren­zen rich­ter­li­cher Rechts­fort­bil­dung und ver­let­zen da­mit den Be­schwer­deführer in sei­nem Grund­recht aus Art. 2 Abs. 1 in Ver­bin­dung mit Art. 20 Abs. 3 GG. Sie be­ru­hen auch auf die­ser Grund­rechts­ver­let­zung, weil al­lein die ver­fas­sungs­wid­ri­ge Aus­le­gung des § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG zur Wirk­sam­keit der streit­be­fan­ge­nen Be­fris­tung und da­mit zum Un­ter­lie­gen des Be­schwer­deführers im Aus­gangs­ver­fah­ren führt. Der Be­schluss des Lan­des­ar­beits­ge­richts ist da­her auf­zu­he­ben und die Sa­che zur er­neu­ten Ent­schei­dung an das Lan­des­ar­beits­ge­richt zurück­zu­ver­wei­sen (§ 95 Abs. 2 BVerfGG). Die Ent­schei­dung des Bun­des­ar­beits­ge­richts im Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de­ver­fah­ren wird da­mit ge­gen­stands­los.

90

3. Die Fest­set­zung des Ge­gen­stands­wer­tes der Ver­fas­sungs­be­schwer­de be­ruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 Halb­satz 1 RVG.

Kirch­hof
Eich­ber­ger
Ma­sing
Pau­lus
Ba­er
Britz
Ott
Christ

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