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Urlaubsvergütung und Provisionsausgleich
23.05.2014. Wer neben seinem Festgehalt eine vom Erfolg abhängige laufende Verkaufsprovision oder Abschlussprovision erhält, wird für einen Urlaub möglicherweise finanziell bestraft.
Denn auch dann, wenn er für die Zeit seines Urlaubs ein Gehalt in üblicher Höhe erhält (= Festgehalt plus Provisionen für die Verkaufserfolge der vergangenen Monate), wird er einige Zeit nach seinem Urlaub weniger verdienen, weil er während des Urlaubs keine provisionspflichtigen Geschäfte abgeschlossen hat.
Das darf nicht sein, so der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem Urteil vom gestrigen Tage: EuGH, Urteil vom 22.05.2014, C-539/12 (Lock).
- Muss es für entfallene Provisionen während des Urlaubs einen Provisionsausgleich geben?
- Der Fall Lock: Kann ein britischer Gasverkäufer einen finanziellen Ausgleich für den urlaubsbedingten Ausfall von provisionspflichtigen Geschäften verlangen?
- EuGH: Bei der Urlaubsvergütung ist der Ausfall von Provisionen auszugleichen, der sich infolge einer Urlaubsabwesenheit ergibt
Muss es für entfallene Provisionen während des Urlaubs einen Provisionsausgleich geben?
Arbeitnehmer haben in Deutschland pro Kalenderjahr Anspruch auf vier Wochen bezahlten Urlaub. Das folgt aus § 1 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) in Verbindung mit § 3 BUrlG.
Das Urlaubsentgelt bemisst sich dabei nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, das der Arbeitnehmer in den letzten dreizehn Wochen vor Beginn des Urlaubs erhalten hat (§ 11 Abs.1 Satz 1 BUrlG).
Verkaufs-, Abschluss- oder Umsatzprovisionen gehören zu diesem Arbeitsverdienst, d.h. zum sog. Referenzentgelt, wenn sie als Teil des regulären Gehalts laufend abgerechnet und bezahlt werden. Daher haben Vertriebsmitarbeiter, die laufende Provisionen für ihre Abschlüsse erhalten, zunächst einmal keinen finanziellen Nachteil von einem Urlaub, denn die vor dem Urlaub erzielten Abschlüsse werden meist zeitversetzt einige Wochen oder Monate später abgerechnet.
Allerdings ergibt sich für die meisten Vertriebsmitarbeiter dennoch ein finanzieller Nachteil durch den Urlaub, und zwar zeitversetzt. Denn weil man ja während des Urlaubs keine neuen provisionspflichtigen Geschäfte abschließen kann, bekommt man einige Monate nach dem Urlaub weniger Geld.
Diese Lücke bleibt auf der Grundlage von § 11 Abs.1 Satz 1 BUrlG bestehen, d.h. einen Ausgleich sieht das Gesetz nicht vor. Denn nach dieser Regelung kommt es bei der Berechnung der Urlaubsvergütung eben nur auf das abgerechnete Gehalt während der letzten 13 Wochen vor dem Urlaub an, und Punkt.
Allerdings könnte diese Regelung bzw. ihre bisherige Handhabung durch die deutschen Arbeitsgerichte gegen die Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 04.11.2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung verstoßen, genauer gesagt gegen Art.7 der Richtlinie 2003/88/EG. In Absatz 1 dieser Vorschrift heißt es nämlich:
"Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit jeder Arbeitnehmer einen bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen nach Maßgabe der Bedingungen für die Inanspruchnahme und die Gewährung erhält, die in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder nach den einzelstaatlichen Gepflogenheiten vorgesehen sind."
Möglicherweise werden provisionsberechtigte Arbeitnehmer durch die in Deutschland übliche Urlaubsvergütung auf der Grundlage von § 11 Abs.1 Satz 1 BUrlG nicht in einer der Richtlinie entsprechenden ausreichenden Weise "bezahlt".
Der Fall Lock: Kann ein britischer Gasverkäufer einen finanziellen Ausgleich für den urlaubsbedingten Ausfall von provisionspflichtigen Geschäften verlangen?
In dem vom EuGH entschiedenen Streitfall verklagte ein Gasverkäufer, Herr Lock, seinen Arbeitgeber, die British Gas Trading Ltd., auf einen finanziellen Ausgleich für den Ausfall neuer provisionspflichtiger Geschäfte, die er während eines Urlaubs vom 19.12.2011 bis zum 03.01.2012 nicht abschließen konnte.
Die Bezahlung für die Zeit des Urlaubs selbst war dabei zunächst nicht Streit. Denn im Dezember 2011 erhielt er neben seinem Grundgehalt von 1.222,50 Pfund Sterling (GBP) Provisionen in Höhe von 2.350,31 GBP, während er im Durchschnitt des Jahres 2011 "nur" monatliche Provisionen in Höhe von 1.912,67 GBP bezog. Soweit war die Bezahlung während des Dezemberurlaubs erst einmal in Ordnung.
Weil Herr Lock aber während seines Urlaubs nichts verkaufte und daher keine neuen Provisionen verdienen konnte, und weil sich das nachteilig auf sein Gehalt in den Monaten nach dem Urlaub auswirkte, reichte er beim Employment Tribunal, Leicester, Klage auf weitere Urlaubsvergütung für seinen Urlaub ein. Nach seiner Ansicht waren die während seines Urlaubs erhaltenen Provisionen unzureichend, denn die hatte er ja schon vor seinem Urlaub erarbeitet.
Das mit der Lohnklage befasste Employment Tribunal setzte das Verfahren aus und fragte den EuGH, ob die von British Gas vorgenommene Berechnung des Urlaubsentgelts mit Art.7 der Richtlinie 2003/88/EG vereinbar ist, da ja der hier klagende Arbeitnehmer "während des Jahresurlaubs keine Arbeit verrichtet, die einen Anspruch auf solche Provisionen begründet, und dementsprechend in dieser Zeit keine Provisionen verdient".
Der mit dem Fall befasste EuGH-Anwalt Yves Bot schlug dem Gerichtshof im Dezember 2013 vor, im Sinne von Herrn Lock zu entscheiden (Schlussanträge vom 05.12.2013, Rs. C-539/12 - Lock, wir berichteten in: Arbeitsrecht aktuell: 14/013 Provisionsanspruch während des Urlaubs).
EuGH: Bei der Urlaubsvergütung ist der Ausfall von Provisionen auszugleichen, der sich infolge einer Urlaubsabwesenheit ergibt
Gestern entschied der Gerichtshof über den Fall und folgte dem Vorschlag des Generalanwalts.
Denn die von British Gas vorgenommene Berechnung der Urlaubsvergütung war unzureichend, so der EuGH. Wie bereits der Generalanwalt verweist der Gerichtshof darauf, dass Art.7 der Richtlinie 2003/88/EG jeden finanziellen Anreiz verhindern will, der Arbeitnehmer vom Urlaub abhalten könnte.
Und da Herr Lock auf der Grundlage seiner bisherigen Urlaubsvergütung urlaubsbedingte finanzielle Nachteile erleiden würde, muss die Urlaubsvergütung im Ergebnis aufgebessert werden. Vertriebsmitarbeiter müssen daher zusätzlich zu der Urlaubsvergütung auf der Grundlage ihrer vor dem Urlaub verdienten Provisionen einen weiteren finanziellen Ausgleich für die provisionspflichtigen Geschäftsabschlüsse erhalten, die während des Urlaubs ausgeblieben sind.
Fazit: Künftig ist § 11 Abs.1 Satz 1 BUrlG anders als bisher, nämlich richtlinienkonform auszulegen und so anzuwenden, dass provisionsberechtigte Arbeitnehmer einen Ausgleich für urlaubsbedingt wegfallende Provisionen erhalten müssen. Dieser Ausgleich kann
- entweder durch eine Stellvertreterlösung erfolgen, d.h. durch einen Urlaubsvertreter, der für den urlaubsabwesenden Arbeitnehmer auf dessen Rechnung gehende Neugeschäfte abschließt (denn die Vorlagefrage des Employment Tribunal bezieht sich ausdrücklich auf den Fall, dass der Arbeitnehmer während seines Urlaubs keine provisionspflichtigen Geschäfte abschließt und daher "keine Provisionen verdient"),
- oder durch eine zusätzliche "fiktive" Provisionsvergütung, die zusätzlich zu den regulär während des Urlaubs abgerechneten Provisionen zu zahlen ist und die z.B. auf der Grundlage eines zwölfmonatigen oder sechsmonatigen Provisionsdurchschnitts berechnet werden kann.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 22.05.2014, C-539/12 (Lock gg. British Gas)
- EuGH, Pressemitteilung Nr.76/14 vom 22.05.2014: Das Arbeitsentgelt, das Verkaufsberatern hinsichtlich des Jahresurlaubs gezahlt wird, darf nicht auf das Grundgehalt beschränkt sein
- Schlussanträge des Generalanwalts beim EuGH Yves Bot vom 05.12.2013, Rs. C-539/12 (Lock gg. British Gas)
- Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 15.09.2011, C-155/10 (Williams gg. British Airways)
- Handbuch Arbeitsrecht: Bonus
- Handbuch Arbeitsrecht: Gratifikation
- Handbuch Arbeitsrecht: Lohn und Gehalt
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- Handbuch Arbeitsrecht: Provision
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- Handbuch Arbeitsrecht: Urlaub, Urlaubsanspruch
- Handbuch Arbeitsrecht: Weihnachtsgeld
- Handbuch Arbeitsrecht: Zielvereinbarung
- Gesetze zum Arbeitsrecht: Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 04.11.2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung
- Arbeitsrecht aktuell: 18/306 Tägliche Urlaubsvergütung gemäß BRTV Bau darf bei Kurzarbeit nicht gemindert werden
- Arbeitsrecht aktuell: 16/382 Urlaub ohne Antrag?
- Arbeitsrecht aktuell: 14/013 Provisionsanspruch während des Urlaubs
- Arbeitsrecht aktuell: 12/041 Das Europarecht schreibt einen Mindesturlaub von vier Wochen vor - ohne jährliche Mindestarbeitszeit
Letzte Überarbeitung: 4. Juni 2019
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