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LAG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 30.01.2008, 5 Sa 185/07
Schlagworte: | Tarifvertrag: Funktionszulage | |
Gericht: | Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt | |
Aktenzeichen: | 5 Sa 185/07 | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 30.01.2008 | |
Leitsätze: | ||
Vorinstanzen: | Arbeitsgericht Halle | |
Aktenzeichen:
5 Sa 185/07
2 Ca 2377/06
ArbG Halle
Verkündet am: 30.01.2008
, Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
LANDESARBEITSGERICHT
SACHSEN-ANHALT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Rechtsstreit
der Verkäuferin und Kassiererin
- Klägerin und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigte:
gegen
- Beklagte und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigter:
hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt auf die mündliche Verhandlung vom 30. Januar 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht als Vorsitzenden, den ehrenamtlichen Richter und die ehrenamtliche Richterin als Beisitzer für Recht erkannt:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Halle vom 01.03.2007 – 2 Ca 2377/06 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird für die Klägerin zugelassen.
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T a t b e s t a n d:
Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Zahlung einer Funktionszulage (sog. Kassenzulage).
Die Klägerin ist seit 1995 bei der Beklagten beschäftigt. Die monatliche Arbeitszeit der Klägerin beträgt 110 Stunden. Die Beklagte ist ein Einzelhandelsunternehmen, das im gesamten Bundesgebiet Verbrauchermärkte betreibt. Die Klägerin ist Mitglied des bei dem Markt in H angesiedelten Betriebsrates. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden Anwendung der Manteltarifvertrag für den Einzelhandel im Bundesland Sachsen-Anhalt (fortan MTV) sowie der Tarifvertrag über Gehälter, Löhne und Ausbildungsvergütungen für den Einzelhandel im Bundesland Sachsen-Anhalt (fortan ETV).
§ 2 A e) Ziffer 3 ETV lautet wie folgt:
„(…)
3. SB-Kassiererinnen erhalten in den Monaten, in denen sie auf Anweisung der Geschäftsleitung im Wochendurchschnitt mehr als 24 Stunden an Ausgangskassen (check-out) tätig sind, eine Funktionszulage von 4 % ihres Tarifgehaltes.
(…)“
Die Funktionszulage beträgt im Falle der Klägerin 52,22 € brutto.
Die Klägerin erbrachte im Monat November 2005 74,53 sog. reine Arbeitsstunden als Kas-siererin an einer Ausgangskasse. Im Monat Dezember 2005 betrug diese „reine“ Arbeitszeit der Klägerin an einer Ausgangskasse 77,25 Stunden, im Januar 2006 78,22 Arbeitsstunden, im Februar 2006 99,20 Arbeitsstunden, im März 2006 93,53 Arbeitstunden und im Mai 2006 71,09 Stunden. Die Beklagte zahlte der Klägerin wie auch allen anderen Kassiererinnen an Ausgangskassen mit einer monatlichen Gesamtarbeitszeit von mehr als 103,9 Arbeitsstunden bis August 2005 monatlich eine Zulage in Höhe von 4 vom Hundert des Tarifgehaltes. Im August 2005 führte die damalige Personalleiterin der Beklagten in Halle eine Besprechung mit allen Kassiererinnen durch. Was im einzelnen Gegenstand dieses Gespräches war, ist streitig. Die Personalleiterin erstellte in Vorbereitung dieser Besprechung unter dem 28.07.2005 eine mit „Gehaltsvergleich“ überschriebene und den Arbeitnehmern bekannt gegebene Darstellung (Bl. 18 d.A.).
Die Beklagte legte den Lohn- und Gehaltsabrechnungen für September 2006 aller Kassiererinnen ein Schreiben (Bl. 89 a d. A.) bei, das neben der Kopie der Unterschrift des Geschäftsleiters auch die Kopie der Unterschrift eines Mitglieds des Betriebsrates der Beklagten aufweist.
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Von November 2005 bis März 2006 und im Mai 2006 zahlte die Beklagte der Klägerin keine Funktionszulage. Ihren Anspruch auf Zahlung einer Funktionszulage in Höhe von 52,22 € brutto für November 2005 machte die Klägerin mit Schreiben vom 30.01.2006, bei der Beklagten eingegangen am 30.01.2006, geltend. Mit Schreiben vom 07.02.2006, bei der Beklagten eingegangen am 07.02.2006, machte die Klägerin die Funktionszulage in Höhe von 52,22 € brutto für Dezember 2005 geltend. Für Januar 2006 machte die Klägerin die Funktionszulage in Höhe von 52,22 € brutto mit Schreiben vom 29.03.2006, bei der Beklagten eingegangen am 29.03.2006, geltend. Mit Schreiben vom 03.03.2006, bei der Beklagten eingegangen am 30.03.2006, machte die Klägerin für Februar 2006 die Zahlung der Funktionszulage geltend. Für März 2006 begehrte die Klägerin die Zahlung der Funktionszulage in Höhe von 52,22 € brutto mit Schreiben vom 30.06.2006, bei der Beklagten eingegangen am 30.06.2006. Die Zahlung der Funktionszulage in Höhe von jeweils 52,22 € brutto für den Monat Mai 2006 machte die Klägerin mit Schreiben vom 06.07.2006, bei der Beklagten eingegangen am 22.08.2006, geltend.
Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin die Zahlung der Funktionszulage für die angeführten Monate.
Die Klägern hat die Auffassung vertreten, sie habe für die angeführten Monate Anspruch auf Zahlung der Funktionszulage in Höhe von monatlich 52,22 € brutto. Dieser Anspruch beruhe auf einer individualrechtlichen Vereinbarung der Parteien. Die Beklagte habe ihr, der Klägerin, bei dem Einstellungsgespräch zugesagt, dass sie eine Kassenzulage in Höhe von 4 vom Hundert ihres Bruttogehalts monatlich erhalte. So habe es die Beklagte bis August 2005 auch bei ihr und den anderen Kassiererinnen gehalten. Die Beklagte beabsichtige offensichtlich mit der Reduzierung der monatlichen Arbeitszeit die Einsparung der monatlichen Funktionszulage in Höhe von 52,22 €. Noch im August 2005 habe die damalige Personalleiterin der Beklagten in einer Abteilungsversammlung ausdrücklich die Zahlung der Funktionszulage auch bei einer Reduzierung der monatlichen Arbeitszeit bestätigt. Der Anspruch der Klägerin beruhe unabhängig davon auf betrieblicher Übung. Die Handhabung der Zahlung der Funktionszulage durch die Beklagte verstoße im Übrigen gegen § 4 TzBfG. Die 24 Stunden, auf die § 2 A e) Ziffer 3 ETV Bezug nimmt, seien berechtigt für eine Vollzeitkraft, die demgemäß 103,9 Stunden reine Arbeitszeit an einer Ausgangskasse aufbringen müsse. Eine 110-Monatsstunden-Kraft müsse demgemäß anteilig monatlich 70 Stunden reine Arbeitszeit an einer Ausgangskasse leisten. Die Beklagte zahle auch einer 99-Stunden-Kraft die Funktionszulage. Deshalb könne sie, die Klägerin, sich auch auf den Gleichbehandlungsgrundsatz berufen.
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Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 313,32 € brutto Vergütung für den Zeitraum vom 01.11.2005 bis 31.03.2006 sowie den Monat mai 2006 zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.11.2006 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Klägerin habe im streitgegenständlichen Zeitraum keinen Anspruch auf Zahlung der Funktionszulage, weil sie die erforderlichen monatlichen 103,9 Stunden reine Arbeitszeit an einer Ausgangskasse nicht geleistet habe. Sie, die Beklagte, habe in der Vergangenheit die Regelung in § 2 A e) Ziffer 3 ETV falsch ausgelegt und damit fehlerhaft angewandt und neben der reinen Tätigkeit an der Ausgangskasse auch Urlaub, Krankheit und Freizeitausgleich bei der Ermittlung des Wochendurchschnitts berücksichtigt. Eine betriebliche Übung könne hieraus nicht resultieren. Sie habe auch im August 2005 nicht zugesagt, die Funktionszulage weiterhin unabhängig von den tariflichen Voraussetzungen zu zahlen. Auch der von der damaligen Personalleiterin angestellte Gehaltsvergleich begründe keinen individualrechtlichen Anspruch der Klägerin. Die Klägerin könne sich auch nicht auf den Gleichbehandlungsgrundsatz berufen, da sie die von ihr angeführte Arbeitnehmerin nicht benannt habe. Sie, die Beklagte, könne deshalb substantiiert auf die Behauptung der Klägerin nicht eingehen. Schließlich ergebe sich auch aus § 3 Abs. 6 des Arbeitsvertrags der Parteien, dass sie freiwillige Zulagen jederzeit einseitig widerrufen könne.
Mit Urteil vom 1. 3. 2007 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen mit der – kurz zusammengefassten – Begründung, die Klägerin habe keinen individualrechtlichen Anspruch auf Zahlung einer monatlichen Zulage in Höhe von 52,22 € brutto. Die Parteien hätten bei Vertragsschluss nicht vereinbart, die Zahlung einer monatlichen Funktionszulage in Höhe von 52,22 € brutto sei Bestandteil der vereinbarten Vergütung. Der zwischen den Parteien geschlossene Arbeitsvertrag vom 21.04.1995 biete hierfür keine Anhaltspunkte. Dem stehe auch nicht die Regelung in Ziffer 13 des Arbeitsvertrages entgegen. Demnach erhalte die Mitarbeiterin eine „monatliche Funktionszulage lt. Tarif für den Ein-
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zelhandel im Landes Sachsen Anhalt“. Die Zahlung sollte „lt. Tarif“ erfolgen, d.h. beim Vorliegen der tarifvertraglich in § 2 A e) Ziffer 3 ETV geregelten Voraussetzungen.
Die Klägerin könne die begehrte Zahlung der Funktionszulage nicht aus betrieblicher Übung verlangen. Dem stehe bereits die ausdrückliche Regelung in § 13 des Arbeitsvertrages aus dem Jahr 1995 entgegen. Die Beklagte habe der Klägerin die Funktionszulage gerade nicht losgelöst von deren tarifvertraglichen Voraussetzungen gezahlt, sondern in (fehlerhafter) Anwendung der tarifvertraglichen Regelung. Die Beklagte habe in den der Klägerin erteilten Lohn- und Gehaltsabrechnungen die 52,22 € auch stets als tarifliche Zulage, „Kassiererfunkt.zul. %“ ausgewiesen. Leiste ein Arbeitgeber in Verkennung bzw. aufgrund einer fehlerhaften Auslegung einer tariflichen Bestimmung, so berechtige ihn dies zur einseitigen Einstellung der Leistung. Ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung der monatlichen Zulage beginnend ab August 2005 bestehe auch nicht aufgrund der behaupteten Zusicherung durch die damalige Personalleiterin der Beklagten. Nach dem Vortrag der Klägerin habe die Personalleiterin der Beklagten den Kassiererinnen an Ausgangskassen zugesichert, ihnen stehe auch im Falle der Reduzierung der monatlichen Arbeitszeit in je-dem Fall die Funktionszulage zu. Der von der damaligen Personalleiterin unter dem 28.07.2005 (Bl. 18 d.A.) gefertigte Gehaltsvergleich unter dem 28.07.2005 gebe hierüber allerdings keine Auskunft, auch wenn in die Berechung der Höhe der Vergütung die Funktionszulage einbezogen wurde. Unabhängig davon stehe dieser Vortrag im Widerspruch zu dem Inhalt des Anschreibens der Beklagten vom September 2005. Dieses weise neben der eigenhändigen Unterschrift des Geschäftsleiters des Marktes auch die eigenhändige Unterschrift eines Mitgliedes des Betriebsrates auf. In dem Anschreiben führe die Beklagte aus, dass „wie bereits in der Mitarbeiterbesprechung im August genannt, (…) die Kassierzulage ab September nur och entsprechend der tariflichen Regelung gezahlt“ werde. Die Klägerin könne sich für die Begründung ihres Anspruches nicht auf den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz berufen. Die Klägerin habe trotz Aufforderung die von ihr angeführte Arbeitnehmerin nicht namentlich benannt.
Die von der Klägerin vorgelegte anonymisierte Lohn- und Gehaltsabrechnung einer Kollegin betreffe Juli 2005 und gebe deshalb keine Auskunft darüber, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Beklagte der betreffenden Arbeitnehmerin ab September 2005 weiterhin eine Kassenzulage zahle. Schon deshalb sei die vorgelegte Abrechnung nicht geeignet, einen Anspruch der Klägerin aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz zu begründen.
Ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Funktionszulage ergebe sich nicht aus § 2 A e) Ziffer 3 ETV. Der ETV findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung. Bei der
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Funktionszulage nach § 2 A e) Ziffer 3 ETV handelt es sich um eine Erschwerniszulage. Mit einer solchen Zulage sollten die Erschwernisse des SB-Kassenpersonals im Verhältnis zu den übrigen, unter die Beschäftigungsgruppe K 2 fallenden Angestellten, nämlich ständig unter relativ hoher Konzentration Waren zu bewegen, Preise zu erfassen und einzugeben, gegebenenfalls Diebstähle aufzudecken und Geld kassieren zu müssen und dabei stets im Blickpunkt der Kassenöffentlichkeit zu stehen, ausgeglichen werden. Diese Angestellten übten eine monotone Tätigkeit mit jedoch hoher finanzieller Verantwortung aus und seien dem Druck in vielen Fällen eiliger oder drängelnder Kunden ausgesetzt, denen sie geduldig und freundlich gegenübertreten müssten. Diese Einschätzung sei auf die in § 2 A e) Ziffer 3 ETV geregelte Funktionszulage für Kassiererinnen an Ausgangskassen (ckeck-out) zu übertragen. Die Erschwerniszulage honoriere diejenige Erschwernis, die aus der Arbeit an Ausgangskassen resultiere, weil in einem bestimmten Zeitraum eine bestimmte Zahl von Arbeitsstunden angefallen sei.
Dabei seien die durch Urlaub oder Krankheit ausgefallenen Stunden bei der Ermittlung der Zahl der für die Kassenzulage erforderlichen Arbeitsstunden nicht mitzurechnen. Leiste ein Arbeitnehmer keine Arbeitsstunden an Ausgangskassen, weil er arbeitsunfähig erkrankt ist oder sich im Urlaub befindet oder auch aus anderen Gründen, so falle für ihn auch die Erschwernis der Arbeit an einer Ausgangskasse nicht an.
Ausgehend von einer wöchentlichen Arbeitszeit an Ausgangskassen im Umfang von mehr als 24 Stunden müsse eine SB-Kassiererin nach der Regelung in § 2 A e) Ziffer 3 ETV im Monat mehr als 103,9 Arbeitsstunden an einer Ausgangskasse tätig sein. Diese Zahl berechne sich nach der Formel: Wöchentliche Arbeitszeit x 4,33 (13:3). Die Klägerin habe im November 2006 lediglich 74,53 Stunden geleistet.
Die Regelung in § 2 A e) Ziffer 3 ETV sei auch mit § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG vereinbar. Die Klägerin werde nicht wegen der Teilzeitarbeit schlechter behandelt als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer. Eine Ungleichbehandlung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG liege vor, wenn bei gleicher Anzahl von Stunden, die aufgrund eines Arbeitsverhältnisses geleistet werden, die den Vollzeitbeschäftigten gezahlte Vergütung höher sei als die den Teilzeitbeschäftigten gezahlte. Erhielten Teilzeitbeschäftigte für die gleiche Anzahl geleisteter Arbeitsstunden die gleiche Gesamtvergütung wie Vollzeitbeschäftigte, bestehe keine Ungleichbehandlung. Werde die Vergütung der Klägerin mit der einer vollzeitbeschäftigten Kassiererin gezahlten Vergütung bei gleicher Anzahl von Arbeitsstunden verglichen, liege eine Ungleichbehandlung nicht vor.
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Es sei auch nicht zu beanstanden, dass der Tarifvertrag eine Funktionszulage nur dann gewähre, wenn in einem Kalendermonat mehr als im Wochendurchschnitt 24 Arbeitsstunden an einer Ausgangskasse geleistet würden. Die Tarifertragsparteien hätten eine weitgehende Gestaltungsfreiheit. Sie brauchten nicht die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen. Vielmehr genüge es, wenn sich für die getroffene Regelung ein sachlich vertretbarer Grund ergebe. Ob ein sachlich vertretbarer Grund für eine unter-schiedliche Behandlung bestehe, hänge vom Zweck der Leistung ab. Der Leistungszweck sei aus den jeweiligen Anspruchsvoraussetzungen, Ausschließungs- und Kürzungsregelungen zu ermitteln. Bei tariflichen Leistungen seien die Leistungszwecke maßgeblich, die mit der Tarifregelung verfolgt würden. Dabei komme es nicht auf die denkbaren Zwecke an, die mit der betreffenden Leistung verfolgt werden können, sondern auf diejenigen, um die es den Tarifvertragsparteien bei der betreffenden Leistung nach ihrem im Tarifvertrag selbst zum Ausdruck gekommenen, durch die Tarifautonomie geschützten Willen gehe. Eine tarifvertragliche Bestimmung, die den Anspruch auf Zahlung einer Erschwerniszulage allein davon abhängig mache, dass die die Erschwernis auslösenden Tätigkeiten über ein bestimmtes Stundenvolumen hinaus geleistet würden, bezwecke regelmäßig, eine besondere Belastung durch ein zusätzliches Entgelt auszugleichen. Etwas anderes gelte nur dann, wenn der Tarifvertrag selbst Anhaltspunkte dafür enthalte, dass andere Regelungs-zwecke im Vordergrund stehe. Hierfür biete der ETV keine Anhaltspunkte. Die Tarifvertragsparteien hätten mit den festgeschriebenen „im Wochendurchschnitt mehr als 24 Stunden“ für die Kassiertätigkeit an Ausgangskassen die zeitliche Obergrenze festgelegt, bis zu der Arbeitnehmer an solchen Kassen eingesetzt werden könnten, ohne dass die Tätigkeit als besondere Erschwernis verstanden werde. Dem stehe nicht entgegen, dass die Klägerin 94 vom Hundert der Gesamtarbeitszeit als sog. reine Arbeitszeit an einer Ausgangskasse erbringen müsse, um Anspruch auf Zahlung der Funktionszulage zu haben, während eine Vollzeitkraft mit einer monatlichen Arbeitszeit von 164,54 Arbeitsstunden (38 x 4,33) lediglich 63 vom Hundert ihrer Arbeitszeit an einer solchen Ausgangskasse erbringen müsse, um Anspruch auf die Funktionszulage zu haben. Die Tarifvertragsparteien hätten ganz bewusst in § 2 A e) Ziffer 3 ETV das Volumen derjenigen Wochenarbeitszeit festgeschrieben. Die Tarifvertragsparteien hätten erkennbar nicht zwischen Vollzeit- und Teilzeitkräften unterscheiden wollen, ungeachtet dessen, dass sie für die teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer in § 3 MTV Regelungen getroffen hätten. Maßgebliches Kriterium für die Zahlung der Erschwerniszulage habe allein das Maß der individuellen Arbeitszeit an einer Ausgangskasse sein sollen.
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Ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Funktionszulage bestehe aus diesem Grund auch nicht, wenn sie – wie vorliegend – monatlich mehr als 69,48, aber weniger als 103,9 Stunden Arbeitszeit an einer Ausgangskasse leiste.
Aus diesen Gründen bestehe auch für den Zeitraum von Dezember 2005 bis März 2006 und für Mai 2006 kein Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Funktionszulage.
Gegen dieses ihr am 23. 3. 2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 5. 4. 2007 Berufung eingelegt und diese am 22. 5. 2007 begründet.
Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichtes Halle vom 01.03.2007, Az.: 2 Ca 2377/06, wird abgeändert und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 313,32 EUR brutto Ver-gütung für den Zeitraum vom 01.11.2005 bis 31.03.2006 sowie den Monat Mai 2006 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 10.11.2006 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Näheren wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Sie hat, wie das Arbeitsgericht zutreffend entschieden hat, keinen Anspruch auf Zahlung der eingeklagten Zulage.
I. Die Klägerin hat keinen tarifvertraglich gestützten Anspruch auf die geltend gemachte Zulage.
1. Die Voraussetzungen eines Anspruchs auf die Zulage sind in § 2 A e Ziffer 3 ETV geregelt. Insoweit kommt es nicht entscheidend darauf an, ob es sich um eine „Funktionszu-
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lage“ oder um eine „Erschwerniszulage“ handelt. Nach § 2 A e Ziffer 3 ETV soll die Zulage erhalten das SB-Kassenpersonal, das durchschnittlich wöchentlich mehr als 24 Stunden oder 103,9 Stunden monatlich an Ausgangskassen tätig ist. Das war die Klägerin in den hier streitgegenständlichen Zeiträumen nicht. Damit entfällt ein Anspruch der Klägerin aufgrund dieser tariflichen Vorschrift.
2. Die Klägerin kann die Zulage auch nicht verlangen, weil sie nur in Teilzeit arbeitet und deshalb ihr Anspruch auf die Zulage bereits dann entsteht, wenn sie eine Anzahl von Wochen- bzw. Monatsstunden an Ausgangskassen tätig ist, deren Verhältnis zu ihrer individuell vereinbarten Arbeitszeit dem Verhältnis des tariflichen Schwellenwertes zur monatlichen Gesamtarbeitszeit einer vollbeschäftigten Kassiererin entspricht.
Dafür enthält die Tarifregelung keinen Anhaltspunkt.
Der Anspruch auf die Zulage setzt vielmehr voraus, dass eine Kassiererin tatsächlich mehr als 24 Stunden in der Woche tätig wird. Dabei haben die Tarifvertragsparteien offenkundig vorausgesetzt, dass die durch die Tätigkeit an einer Ausgangskasse verursachte Belastung erst bei einer Stundenzahl von mehr als 24 in der Woche durch die Zulage honoriert wer-den soll. Nicht erkennbar ist, dass die Tarifvertragsparteien danach haben unterscheiden wollen, ob insoweit eine Vollzeitkraft oder eine Teilzeitkraft tätig wird. Geregelt ist vielmehr, dass eine Kassiererin, die (nur) bis zu 24 Wochenstunden an Ausgangskassen arbeitet, keinen Anspruch auf die Zulage haben soll.
Das ist ein nachvollziehbares Regelungsziel, das mit der Regelungskompetenz der Tarifparteien vereinbar ist.
Hätten die Tarifvertragsparteien Teilzeitkräften die Zulage nach Maßgabe ihrer (anteiligen) Wochen- bzw. Monatsarbeitszeit gewähren wollen, so hätte die Aufnahme des (statischen) Schwellenwertes der 24 Wochenstunden in die Tarifregelung keinen Sinn. Ggf. hätten die Tarifparteien einen klärenden Zusatz aufgenommen. Daran fehlt es aber.
3. Zutreffend hat das Arbeitsgericht auch festgestellt, dass Urlaubs-, Krankheits- oder sonstige freie Tage oder Stunden bei der Ermittlung der erforderlichen Stunden nicht mitzurechnen sind, da in diesen Zeiten eben nicht „an Ausgangskassen“ gearbeitet wird.
II. Zutreffend hat das Arbeitsgericht auch entschieden, dass die Regelung des § 2 A (e), Ziffer 3 ETV mit § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG vereinbar ist. Die Klägerin wird nicht wegen ihrer
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Teilzeitbeschäftigung schlechter behandelt als vergleichbare Vollzeit beschäftigte Arbeitnehmer/Innen.
1. Eine Ungleichbehandlung iS des § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG liegt nur dann vor, wenn bei gleicher Anzahl von Stunden, die auf Grund eines Arbeitsverhältnisses geleistet werden, die den Vollzeitbeschäftigten gezahlte Vergütung höher ist als die den Teilzeitbeschäftigten gezahlte. Erhalten Teilzeitbeschäftigte für die gleiche Anzahl geleisteter Stunden die gleiche Gesamtvergütung wie Vollzeitbeschäftigte, besteht keine Ungleichbehandlung (BAG, Urteil vom 5. 11. 2003 – 5 AZR 8/03 – AP Nr. 6 zu § 4 TzBfG = NZA 2005, 222). Die Klägerin erhält die Zulage wie ein vollbeschäftigter Arbeitnehmer, wenn sie im Monat 103,9 „reine“ Arbeitszeit (inklusive Betriebsratstätigkeit) an Ausgangskassen erbringt.
2. Es kommt auch nicht darauf an, ob sie in der Woche mehr als 24 Stunden an der Ausgangskasse tätig ist, sondern auf eine Tätigkeit von mehr als 103,9 Stunden im Monat. Die genannten „24 Stunden“ sollen in den betreffenden Monaten „im Wochendurchschnitt“ erreicht werden. Die Klägerin hat allerdings die Zulage auch nicht konkret für Wochen verlangt, in denen die ggf. mehr als 24 Stunden an Ausgangskassen gearbeitet hat.
3. Die Klägerin kann ihren Anspruch auch nicht auf § 4 Abs. 1 S. 2 TzBfG stützen. Danach ist einem Teilzeit beschäftigten Arbeitnehmer Arbeitsentgelt oder eine andere geldwerte Leistung mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren Vollzeit beschäftigten Arbeitnehmers entspricht. § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG konkretisiert das allgemeine Benachteiligungsverbot des Satzes 1. Diese Regelung in Satz 2 des § 4 Abs. 1 TzBfG setzt § 4 Nr. 2 der Rahmenvereinbarung um. Danach gilt der Pro-rata-temporis-Grundsatz, wo dies angemessen ist. Der Arbeitgeber soll nach der Begründung des Regierungsentwurfs zum Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) Teilzeitbeschäftigten bestimmte Vergütungsbestandteile (z. B. Sozialzulagen) nicht wegen der Teilzeit ohne sachlichen Grund versagen können (BT-Drucks. 14/4374 S. 16). Aus dem systematischen Zusammenhang von Satz 1 und 2 des § 4 Abs. 1 TzBfG und der Gesetzesbegründung folgt, dass § 4 Abs. 1 TzBfG ein einheitliches Verbot der sachlich nicht gerechtfertigten Benachteiligung wegen der Teilzeitarbeit enthält (ebenso Thüsing in Annuß/Thüsing Teilzeit- und Befristungsgesetz § 4 Rn. 31; Boewer TzBfG § 4 Rn. 54; Hromadka BB 2001, 674, 675; Kliemt NZA 2001, 63, 69;
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Meinel/Heyn/Herms TzBfG § 4 Rn. 42; ErfK/Preis 4. Aufl. § 4 TzBfG Rn. 12; Richardi/Annuß BB 2000, 2201).
Dem steht der Wortlaut des § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG nicht entgegen. Daraus, dass dort nicht ausdrücklich eine sachlich gerechtfertigte Ungleichbehandlung bei der Gewährung von Arbeitsentgelt oder anderen teilbaren geldwerten Leistungen zugelassen ist, kann nicht gefolgert werden, § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG verbiete ausnahmslos eine Ungleichbehandlung von Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten beim Arbeitsentgelt (a. A. Buschmann/Dieball/Stevens-Bartol TZA 2. Aufl. § 4 TzBfG Rn. 43; Däubler ZIP 2001, 217, 218; Rolfs RdA 2001, 129, 131; MünchArbR/Schüren 2. Aufl. 2000, § 161 Rn. 61 f.; Sievers TzBfG § 4 Rn. 14). Zweck dieser Bestimmung ist zu verdeutlichen, dass die Gleichbehandlung Teilzeit und Vollzeit beschäftigter Arbeitnehmer beim Arbeitsentgelt und anderen geldwerten Leistungen mindestens proportional zu erfolgen hat. Auch aus der Richtlinie 97/81/EG ergibt sich kein Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber beim Arbeitsentgelt ein absolutes Benachteiligungsverbot schaffen und in den übrigen Fällen sachliche Gründe für eine ungleiche Behandlung von Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten zulassen wollte. Da-nach soll der Pro-rata-temporis-Grundsatz nicht ausnahmslos gelten, sondern nur, wo dies angemessen ist.
Vorliegend wird die Klägerin gegenüber Vollzeit beschäftigten Kassiererinnen schon nicht benachteiligt. Sie erhält dasselbe Stunden bezogene Entgelt pro Arbeitsstunde wie Vollzeit beschäftigte Kassiererinnen. Das gilt auch, soweit es sich um „Tätigkeit an Ausgangskassen“ handelt. Die Zulage wird an alle Kassiererinnen pro Arbeitsstunde gezahlt, soweit sie durchschnittlich über 24 Wochenstunden „an Ausgangskassen“ tätig sind. Die Klägerin unterscheidet sich als (nur) Teilzeit beschäftigte Mitarbeiterin von Vollzeit beschäftigten Kassiererinnen dadurch, dass ihre tatsächlich Chance, die tarifliche Zeitgrenze für den Zulagenanspruch zu überschreiten, geringer ist als diejenige der Vollzeit beschäftigten Kassiererinnen. Dieser Umstand zwingt aber nicht dazu, die Voraussetzungen des Zulagenanspruchs im Verhältnis ihrer Monatsarbeitszeit zu derjenigen einer Vollzeit beschäftigten Kassiererin zu modifizieren. Die Klägerin hätte dann einen Anspruch auf die Zulage nach einer geringeren Stundenanzahl „an Ausgangskassen“ als Vollzeit beschäftigte Kassiererinnen und würde dadurch sogar besser gestellt als diese. Das ist nicht Sinn der Tarifregelung. Auch eine Vollzeit beschäftigte Mitarbeiterin hat keinen Anspruch auf die Zulage, wenn sie nicht durchschnittlich mehr als 24 Stunden an Ausgangskassen eingesetzt wird. Eine gleichheitswidrige Differenzierung liegt nicht vor.
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III. Zutreffend hat das Arbeitgericht auch angenommen, ein individualrechtlicher Anspruch der Klägerin auf Grund betrieblicher Übung aus Zahlung der Zulage bestehe nicht.
1. Ein Anspruch aus betrieblicher Übung kann entstehen, wenn der Arbeitgeber bestimmte Verhaltensweisen regelmäßig wiederholt, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, dass ihnen eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer gewährt werden soll. Auf Grund einer solchen Willenserklärung, die von den Arbeitnehmern regelmäßig stillschweigend angenommen wird (§ 151 BGB), erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordene Vergütung (BAG, Urteil vom 20. 3. 1985 – 5 AZR 49/84 – dokumentiert in juris; ausf. zur betrieblichen Übung Waltermann, RdA 2006, 257; Bepler, Die „zweifelhafte Rechtsquelle“ der betrieblichen Übung - Beharrungen und Entwicklungen, RdA 2005, 323; ders., Betriebliche Übungen - Ein erweiterter Rechtsprechungsbericht, RdA 2004, 226; Thüsing, Vom Ende einer betrieblichen Übung, NZA 2005, 718).
2. Ein Anspruch aus betrieblicher Übung kann jedoch nur entstehen, wenn für den fraglichen Anspruch keine andere Rechtsgrundlage besteht. Ansonsten muss der Arbeitnehmer davon ausgehen, dass der Arbeitgeber lediglich den anderweitig begründeten Anspruch erfüllen will. Vorliegend ergibt sich der Anspruch aus § 2 A (ä) Ziffer 3 des ETV. Auf Grund der der Klägerin erteilten Gehaltsabrechnungen, die die tarifliche Zulage ausweisen, musste sie davon ausgehen, dass die Beklagte lediglich einen tariflichen Anspruch erfüllen wollte. Leistet der Arbeitgeber in Verkennung u. a. auf Grund einer fehlerhaften Tarifauslegung, kann er seine Leistung für die Zukunft einstellen, da es an einem wirksamen Verpflichtungstatbestand fehlt (BAG, Urteil vom 26. 8. 1987 – 4 AZR 155/87 –AP Nr. 1 zu § 1 TVG Tarifverträge - Brotindustrie). Einer Änderungsvereinbarung oder des Ausspruchs einer Änderungskündigung bedarf es dann nicht. Ein Anspruch auf Weitergewährung der bisherigen Leistung kann lediglich dann entstehen, wenn auf Grund besonderer Anhalts-punkte für den Arbeitnehmer erkennbar ist, dass der Arbeitgeber trotz der fehlenden Rechtspflicht weiter zur Leistungserbringung bereit ist (BAG, Urteil vom 22. 1. 2002 – 3 AZR 554/00 –AP Nr. 4 zu § 77 BetrVG 1972 Betriebsvereinbarung = NZA 2002, 1224).
Für das Vorliegen der besonderen Anhaltspunkte ist der Arbeitnehmer darlegungs- und beweispflichtig (BAG, Urteil vom 19. 6. 2001 – 1 AZR 597/00 – n. v., dokumentiert in juris).
Die Klägerin hat keine Tatsachen behauptet, die eine solche Schlussfolgerung zulassen.
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IV. Zutreffend hat das Arbeitsgericht auch entschieden, dass die Klägerin die Zulage nicht aufgrund individueller Zusage der Beklagten verlangen kann. Die Klägerin hat eine solche verpflichtende Zusage, die die Klägerin als vertragliches Angebot angenommen haben könnte, nicht dargelegt. Allein der Umstand, dass die damalige Personalleiterin der Klägerin (und anderen Kollegen/Kolleginnen) im Zusammenhang mit einer monatlichen Arbeitsstundendenreduzierung einen schriftlichen Gehaltsvergleich einschließlich der Zulage zukommen ließ, begründet einen Individualanspruch nicht. Die vereinbarte Monatsarbeitszeit der Klägerin beträgt schließlich 110 Stunden, so dass es nicht ausgeschlossen ist, dass die Klägerin den tariflichen Schwellenwert für die Zulage erreichen kann.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Die Kammer hat für die Klägerin wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage, ob § 2 A e Ziffer 3 VergütungsTV Sachsen-Anhalt einen Anspruch auf die tarifliche Zulage nach dieser Vorschrift bei nur anteiliger Arbeitsleistung an Ausgangskassen, ggf. in Verbindung mit § 4 Abs. 1, Abs. 2 TzBfG, begründet, die Revision zugelassen.
Die Revisionsschrift muss innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils, die Revisionsbegründung innerhalb zweier Monate nach Zustellung dieses Urteils bei dem
Bundesarbeitsgericht
Hugo-Preuß-Platz 1
99084 Erfurt
(Telefax-Nr. (03 61) 26 36-20 00)
eingehen.
Die Revisions- und die Revisionsbegründungsschrift müssen von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein.
Die Revisionsschrift, die Revisionsbegründungsschrift und die sonstigen wechselseitigen Schriftsätze im Revisionsverfahren sollen 7-fach – für jeden weiteren Beteiligten ein Exemplar mehr – eingereicht werden.
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