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BAG, Ur­teil vom 20.09.2012, 6 AZR 155/11

   
Schlagworte: Massenentlassung, Betriebsänderung, Interessenausgleich
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 6 AZR 155/11
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 20.09.2012
   
Leitsätze: Beabsichtigt der Arbeitgeber Massenentlassungen, hat er den Betriebsrat nach § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG schriftlich ua. über die Gründe für die geplanten Entlassungen zu unterrichten. Ob „schriftlich“ in diesem Zusammenhang bedeutet, dass die Unterrichtung der Formvorschrift des § 126 Abs. 1 BGB genügen muss, kann offenbleiben. Hat der Arbeitgeber die von § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG geforderten Angaben in einem nicht unterzeichneten Text dokumentiert und diesen dem Betriebsrat zugeleitet, genügt die abschließende Stellungnahme des Betriebsrats zu den Entlassungen, um einen etwaigen Schriftformverstoß zu heilen.
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Paderborn, Urteil vom 2.7.2010 - 4 Ca 88/10
Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 15.12.2010 - 6 Sa 1344/10
   


BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT


6 AZR 155/11
6 Sa 1344/10
Lan­des­ar­beits­ge­richt

Hamm

 

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am
20. Sep­tem­ber 2012

UR­TEIL

Gaßmann, Ur­kunds­be­am­tin

der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

Kläge­rin, Be­ru­fungskläge­rin und Re­vi­si­onskläge­rin,

pp.

Be­klag­ter, Be­ru­fungs­be­klag­ter und Re­vi­si­ons­be­klag­ter,

hat der Sechs­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 20. Sep­tem­ber 2012 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Dr. Fi­scher­mei­er, die Rich­te­rin­nen am Bun­des­ar­beits­ge-
 


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richt Gall­ner und Spel­ge so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Schäfer­kord und Koch für Recht er­kannt:

1. Die Re­vi­si­on der Kläge­rin ge­gen das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Hamm vom 15. De­zem­ber 2010 - 6 Sa 1344/10 - wird zurück­ge­wie­sen.


2. Die Kläge­rin hat die Kos­ten der Re­vi­si­on zu tra­gen.

Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten über die Wirk­sam­keit ei­ner vom be­klag­ten In­sol­venz­ver­wal­ter auf der Grund­la­ge ei­nes In­ter­es­sen­aus­gleichs mit Na­mens­lis­te erklärten Kündi­gung und über Ansprüche auf An­nah­me­ver­zug­s­ent­gelt.

Die im Sep­tem­ber 1956 ge­bo­re­ne, ver­hei­ra­te­te Kläge­rin war seit 1986 bei der Schuld­ne­rin, der Q GmbH, beschäftigt. Sie war als Ver­kaufs­be­ra­te­rin im Be­reich Flächen­ma­nage­ment des Be­triebs „Zen­tra­le N“ im Ver­trieb­saußen­dienst tätig, zu­letzt im Be­reich H ge­gen ei­ne Vergütung von 3.600,00 Eu­ro brut­to. Die Schuld­ne­rin beschäftig­te meh­re­re Tau­send Ar­beit­neh­mer. Am 1. Sep­tem­ber 2009 wur­de über ihr Vermögen das In­sol­venz­ver­fah­ren eröff­net und der Be­klag­te zum In­sol­venz­ver­wal­ter be­stellt.


Am 22. Sep­tem­ber 2009 schloss der Be­klag­te mit dem im Un­ter­neh­men der Schuld­ne­rin ge­bil­de­ten Ge­samt­be­triebs­rat ei­nen ers­ten In­ter­es­sen­aus­gleich, auf­grund des­sen die Tätig­keit meh­re­rer Be­trie­be der Schuld­ne­rin ein­ge­schränkt wer­den soll­te.


Nach ei­ner wei­te­ren Ver­schlech­te­rung der wirt­schaft­li­chen Si­tua­ti­on schloss der Be­klag­te mit dem Ge­samt­be­triebs­rat am 15. Ok­to­ber 2009 ei­nen In­ter­es­sen­aus­gleich für die Ar­beit­neh­mer der Be­trie­be „Zen­tra­le N“, „Küchen­ver­trieb L“ und „Küchen­ver­trieb Mit­te“. Der Ge­samt­be­triebs­rat war da­zu und zu der Ausübung der da­mit in Zu­sam­men­hang ste­hen­den Be­tei­li­gungs­rech­te von



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den drei ört­li­chen Be­triebsräten „Zen­tra­le N“, „Küchen­ver­trieb L“ und „Küchen­ver­trieb Mit­te“ nach § 50 Abs. 2 Be­trVG be­auf­tragt wor­den. Der In­ter­es­sen­aus-gleich sah vor, dass der Geschäfts­be­trieb der sog. Q-Shops ein­sch­ließlich der Be­triebs­tei­le des Ver­trieb­saußen- und Ver­triebs­in­nen­diens­tes, die zum Be­trieb „Zen­tra­le N“ gehörten, bis spätes­tens 31. Ja­nu­ar 2010 vollständig ein­ge­stellt wer­den soll­te. Mit dem In­ter­es­sen­aus­gleich wur­de ei­ne sei­tens des In­sol­venz­ver­wal­ters und des Ge­samt­be­triebs­rats un­ter­schrie­be­ne Lis­te der zu kündi­gen­den Ar­beit­neh­mer ver­leimt. In der Lis­te ist der Na­me der Kläge­rin auf­geführt. Der In­ter­es­sen­aus­gleich nennt die Gründe für die ge­plan­ten Kündi­gun­gen, die Zahl und die Be­rufs­grup­pen der zu kündi­gen­den Ar­beit­neh­mer, die Zahl und die Be­rufs­grup­pen der re­gelmäßig beschäftig­ten Ar­beit­neh­mer, den Zeit­raum, in dem die Ent­las­sun­gen vor­ge­nom­men wer­den soll­ten, und die Kri­te­ri­en für die Aus­wahl der zu kündi­gen­den Ar­beit­neh­mer. Der von bei­den Sei­ten un­ter­zeich­ne­te In­ter­es­sen­aus­gleich lau­tet in Auszügen wört­lich:


„§ 5
Mit­tei­lung des Ge­samt­be­triebs­rats gemäß § 17 Abs. 2
KSchG


Im Hin­blick auf die er­for­der­lich wer­den­den be­triebs­be­ding­ten Kündi­gun­gen be­steht zwi­schen den Par­tei­en fer­ner Ei­nig­keit darüber, dass der Ge­samt­be­triebs­rat noch im Rah­men der In­ter­es­sen­aus­gleichs­ver­hand­lun­gen um­fas­send gemäß § 17 Abs. 2 KSchG un­ter­rich­tet und be­tei­ligt wor­den ist. Ihm sind ins­be­son­de­re die Gründe für die ge­plan­ten Ent­las­sun­gen, die Zahl und die Be­rufs­grup­pen der zu ent­las­sen­den Ar­beit­neh­mer, die Zahl und die Be­rufs­grup­pen der in der Re­gel beschäftig­ten Ar­beit­neh­mer, der Zeit­raum, in dem die Ent­las­sun­gen, die für die Be­rech­nung et­wai­ger Ab­fin­dun­gen vor­ge­se­he­nen Kri­te­ri­en vor­ge­nom­men wer­den sol­len so­wie die vor­ge­se­he­nen Kri­te­ri­en für die Aus­wahl der zu ent­las­sen­den Ar­beit­neh­mer mit­ge­teilt wor­den. Der Ar­beit­ge­ber und der Ge­samt­be­triebs­rat ha­ben ins­be­son­de­re auch die Möglich­kei­ten be­ra­ten, Ent­las­sun­gen zu ver­mei­den oder zu­min­dest ein­zu­schränken und ih­re Fol­gen zu mil­dern. Die Par­tei­en se­hen das Kon­sul­ta­ti­ons­ver­fah­ren gemäß § 17 Abs. 2 KSchG da­mit als ab­ge­schlos­sen an.
...
 


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§ 13
Schluss­be­stim­mun­gen


Die vor­ste­hen­den Maßnah­men tre­ten mit bei­der­sei­ti­ger Un­ter­zeich­nung des In­ter­es­sen­aus­gleichs in Kraft. Die Par­tei­en stim­men übe­rein, dass mit den vor­ste­hen­den Be­stim­mun­gen der In­ter­es­sen­aus­gleich gemäß §§ 111, 112 Be­trVG, 121 ff. In­sO ab­sch­ließend ge­re­gelt ist.“


Mit Schrei­ben vom 15. Ok­to­ber 2009 hörte der In­sol­venz­ver­wal­ter den ört­li­chen Be­triebs­rat der „Zen­tra­le N“ zu den in die­sem Be­trieb be­ab­sich­tig­ten Kündi­gun­gen - ua. des Ar­beits­verhält­nis­ses der Kläge­rin - an. In die­sem Be­trieb wa­ren 201 Ar­beit­neh­mer von den ge­plan­ten Kündi­gun­gen be­trof­fen. Un­ter dem 15. Ok­to­ber 2009 teil­te der ört­li­che Be­triebs­rat mit, er neh­me die be­ab­sich­tig­ten Kündi­gun­gen zur Kennt­nis und wer­de kei­ne Stel­lung­nah­me ab­ge­ben. Er ge­he da­von aus, dass die Anhörun­gen mit dem In­halt des In­ter­es­sen­aus­gleichs vom 15. Ok­to­ber 2009 und den dort ver­ein­bar­ten Na­mens­lis­ten übe­rein­stimm­ten. Die Stel­lung­nah­me sei ab­sch­ließend.


Der Be­klag­te er­stat­te­te mit Schrei­ben vom 15. Ok­to­ber 2009 Mas­sen­ent­las­sungs­an­zei­ge, die der Agen­tur für Ar­beit am 16. Ok­to­ber 2009 zu­ging. Er teil­te ua. mit, von den zum Zeit­punkt der An­zei­ge beschäftig­ten 3.040 Ar­beit­neh­mern soll­ten ins­ge­samt 433 Ar­beit­neh­mer ent­las­sen wer­den. Der An­zei­ge war ei­ne „Bestäti­gung des Ge­samt­be­triebs­rats der Q GmbH gemäß § 17 Abs. 2 KSchG“ vom 14. Ok­to­ber 2009 bei­gefügt, die in­halt­lich § 5 des In­ter­es­sen­aus­gleichs vom 15. Ok­to­ber 2009 ent­sprach. Außer­dem lag der Mas­sen­ent­las­sungs­an­zei­ge die­ser In­ter­es­sen­aus­gleich bei. Die Agen­tur für Ar­beit teil­te un­ter dem 16. Ok­to­ber 2009 mit, die Frist des § 18 Abs. 1 KSchG be­gin­ne am 17. Ok­to­ber 2009 und en­de am 16. No­vem­ber 2009. Da die Ar­beits­verhält­nis­se nicht in die­ser Frist en­den soll­ten, könn­ten die Kündi­gun­gen aus­ge­spro­chen wer­den.


Der In­sol­venz­ver­wal­ter kündig­te das Ar­beits­verhält­nis mit der Kläge­rin mit Schrei­ben vom 16. Ok­to­ber 2009 or­dent­lich zum 31. Ja­nu­ar 2010. Der Ver­trieb wur­de zum 31. Ja­nu­ar 2010 ein­ge­stellt. Die Be­trie­be wur­den am 28. Fe­bru­ar 2010 vollständig still­ge­legt.
 


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Mit ih­rer am 6. No­vem­ber 2009 beim Ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­ge­nen Kla­ge hat sich die Kläge­rin ge­gen die Kündi­gung ge­wandt und Ansprüche auf An­nah­me­ver­zug­s­ent­gelt für Fe­bru­ar und März 2010 er­ho­ben. Sie hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, die Kündi­gung sei un­wirk­sam, weil der Be­klag­te das Kon­sul­ta­ti­ons­ver­fah­ren vor der An­zei­ge der Mas­sen­ent­las­sung nicht ord­nungs­gemäß durch­geführt ha­be. Er ha­be sei­ne Un­ter­rich­tungs­pflicht ge­genüber dem Be­triebs­rat aus § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG nicht erfüllt und der Agen­tur für Ar­beit des­halb ent­ge­gen § 17 Abs. 3 Satz 1 KSchG auch kei­ne Ab­schrift der Mit­tei­lung an den Be­triebs­rat zu­ge­lei­tet. Das Schrift­for­mer­for­der­nis des § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG sei nicht dis­po­ni­bel und von Art. 2 Abs. 3 Un­terabs. 1 Buchst. b der Mas­sen­ent­las­sungs­richt­li­nie 98/59/EG (MERL) vor­ge­ge­ben.

Die Kläge­rin hat vor dem Lan­des­ar­beits­ge­richt zu­letzt be­an­tragt 


1. fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis zwi­schen ihr und dem be­klag­ten In­sol­venz­ver­wal­ter durch die Kündi­gung vom 16. Ok­to­ber 2009, ihr zu­ge­gan­gen am 17. Ok­to­ber 2009, noch nicht auf­gelöst ist;

2. fest­zu­stel­len, dass ihr ei­ne Mas­se­ver­bind­lich­keit in Höhe von 5.927,06 Eu­ro brut­to zu­steht, die gemäß § 209 Abs. 1 Nr. 2 In­sO zu be­rich­ti­gen ist.

Der Be­klag­te hat be­an­tragt, die Kla­ge ab­zu­wei­sen. Er hat ge­meint, die An­for­de­run­gen des § 17 Abs. 2 und Abs. 3 KSchG sei­en ge­wahrt. Er ha­be dem Ge­samt­be­triebs­rat be­reits im Rah­men der In­ter­es­sen­aus­gleichs­ver­hand­lun­gen al­le Auskünf­te er­teilt, die § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG ver­lan­ge. Je­den­falls kom­me dem Be­scheid der Agen­tur für Ar­beit vom 16. Ok­to­ber 2009 Bin­dungs­wir­kung zu.


Die Vor­in­stan­zen ha­ben die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Mit der vom Lan­des­ar­beits­ge­richt zu­ge­las­se­nen Re­vi­si­on ver­folgt die Kläge­rin ih­re Anträge wei­ter. Sie ver­langt zu­dem hilfs­wei­se an­stel­le des Fest­stel­lungs­an­trags zu 2. Vergütung für Fe­bru­ar und März 2010 von 5.927,06 Eu­ro brut­to.
 


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Ent­schei­dungs­gründe


Die Re­vi­si­on ist un­be­gründet. Die Kündi­gung des be­klag­ten In­sol­venz­ver­wal­ters vom 16. Ok­to­ber 2009 be­en­de­te das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en mit dem 31. Ja­nu­ar 2010. Der Kläge­rin steht da­her kei­ne Vergütung für Fe­bru­ar und März 2010 zu.


A. Die Kündi­gung vom 16. Ok­to­ber 2009 ist nicht so­zi­al­wid­rig iSv. § 1 Abs. 2 und Abs. 3 KSchG.

I. Die Kündi­gung ist durch drin­gen­de be­trieb­li­che Er­for­der­nis­se iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 Var. 3 KSchG be­dingt, die ei­ner Wei­ter­beschäfti­gung der Kläge­rin ent­ge­gen­ste­hen. Die Ver­mu­tung des § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 In­sO ist nicht wi­der­legt.

1. Die tat­be­stand­li­chen Vor­aus­set­zun­gen des § 125 Abs. 1 Satz 1 In­sO sind erfüllt.

a) Die Kündi­gung be­ruht auf ei­ner Be­triebsände­rung iSv. § 111 Satz 3 Nr. 1 Be­trVG.

aa) Um ei­ne Be­triebsände­rung han­delt es sich auch bei ei­nem bloßen Per­so­nal­ab­bau, wenn die Zah­len und Pro­zent­an­ga­ben des § 17 Abs. 1 KSchG er­reicht sind (vgl. für die st. Rspr. BAG 20. Sep­tem­ber 2012 - 6 AZR 253/11 - Rn. 46 mwN). Aus­schlag­ge­bend ist die Zahl der in ei­nem Be­trieb er­fol­gen­den Kündi­gun­gen im Verhält­nis zur Zahl der in der Re­gel in die­sem Be­trieb beschäftig­ten Ar­beit­neh­mer. Der Be­griff des Be­triebs in § 17 KSchG ent­spricht dem der §§ 1, 4 Be­trVG (st. Rspr., vgl. zB BAG 28. Ju­ni 2012 - 6 AZR 780/10 - Rn. 41 mwN, EzA-SD 2012 Nr. 19, 3).

bb) Der Per­so­nal­ab­bau über­schritt die Zah­len­wer­te des § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG. Maßgeb­lich für die Be­rech­nung des Schwel­len­werts war die im Beschäfti­gungs­be­trieb der Kläge­rin „Zen­tra­le N“ ein­ge­setz­te Zahl von Ar­beit­neh-

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mern. In die­sem Be­trieb wa­ren 201 Ar­beit­neh­mer von den be­ab­sich­tig­ten Kündi­gun­gen be­trof­fen, wie sich aus der schrift­li­chen Anhörung des ört­li­chen Be­triebs­rats vom 15. Ok­to­ber 2009 er­gibt. Ob­wohl die Zahl der dort beschäftig­ten Ar­beit­neh­mer nicht fest­ge­stellt ist, er­gibt sich aus der Zahl der ge­plan­ten Kündi­gun­gen zu­gleich, dass die Min­dest­beschäftig­ten­zahl von 60 Ar­beit­neh­mern er­reicht und da­mit der Schwel­len­wert des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KSchG von mehr als 25 zu Kündi­gen­den er­reicht ist. Soll­ten im Be­trieb „Zen­tra­le N“ über 500 Ar­beit­neh­mer beschäftigt wor­den sein, wäre die Min­dest-zahl von 30 be­ab­sich­tig­ten Kündi­gun­gen nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KSchG deut­lich über­schrit­ten.


b) Die von­sei­ten des be­klag­ten In­sol­venz­ver­wal­ters und des Ge­samt­be­triebs­rats un­ter­zeich­ne­te Na­mens­lis­te weist den Na­men der Kläge­rin aus und war mit dem In­ter­es­sen­aus­gleich vom 15. Ok­to­ber 2009 fest ver­bun­den.

2. Die Kläge­rin hat die Ver­mu­tung des § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 In­sO nicht wi­der­legt. Der Ver­trieb der Schuld­ne­rin wur­de zum 31. Ja­nu­ar 2010 nach dem un­be­strit­te­nen Vor­trag des Be­klag­ten vollständig ein­ge­stellt.

II. Die Kündi­gung ist nicht so­zi­al un­ge­recht­fer­tigt iSv. § 1 Abs. 3 KSchG, § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 In­sO. Die Kläge­rin hat schon nicht dar­ge­legt, ob und wel­che wei­ter­beschäftig­ten Ar­beit­neh­mer sie mit sich selbst für ver­gleich­bar hält. Die Ar­beits­verhält­nis­se der mit ihr tätig­keits­be­zo­gen ver­gleich­ba­ren Ar­beit­neh­mer wur­den zum sel­ben Zeit­punkt wie das Ar­beits­verhält­nis der Kläge­rin gekündigt, weil der Ver­triebs­in­nen- und Ver­trieb­saußen­dienst zum 31. Ja­nu­ar 2010 ein­ge­stellt wur­de.


B. Der Be­klag­te hörte den ört­li­chen Be­triebs­rat der „Zen­tra­le N“ vor Aus­spruch der Kündi­gung mit Schrei­ben vom 15. Ok­to­ber 2009 ord­nungs­gemäß und mit de­tail­lier­ter Be­gründung iSv. § 102 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Be­trVG an. Er muss­te die Wo­chen­frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 Be­trVG nicht wah­ren, weil der Be­triebs­rat un­ter dem 15. Ok­to­ber 2009 ab­sch­ließend zu den be­ab­sich­tig­ten Kündi­gun­gen Stel­lung ge­nom­men hat­te. Dafür genügte die ein­deu­ti­ge
 


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Äußerung des Be­triebs­rats, zu den Kündi­gun­gen kei­ne Stel­lung neh­men zu wol­len.

C. Die Kündi­gung vom 16. Ok­to­ber 2009 verstößt nicht ge­gen die An­zei­ge­pflicht aus § 17 KSchG. Der Se­nat kann of­fen­las­sen, ob es sich bei den gerügten Ver­let­zun­gen von § 17 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 KSchG um mögli­che Un­wirk­sam­keits­gründe für die Kündi­gung han­delt. Er braucht fer­ner nicht darüber zu be­fin­den, ob die Kläge­rin Verstöße ge­gen die­se bei­den Be­stim­mun­gen ent­we­der be­reits in ers­ter In­stanz be­an­stan­det hat oder das Ar­beits­ge­richt sei­ne Hin­weis­pflicht aus § 6 Satz 2 KSchG ver­letzt und die Kläge­rin die Rügen im zwei­ten Rechts­zug wirk­sam nach­ge­holt hat (vgl. da­zu BAG 18. Ja­nu­ar 2012 - 6 AZR 407/10 - Rn. 11 ff., EzA KSchG § 6 Nr. 4). Der Be­klag­te wur­de sei­nen Pflich­ten aus § 17 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 KSchG ge­recht.

I. Die An­zei­ge­pflicht aus § 17 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 2 KSchG gilt un­ein­ge­schränkt auch für den In­sol­venz­ver­wal­ter (vgl. BAG 21. März 2012 - 6 AZR 596/10 - Rn. 13, EzA KSchG § 17 Nr. 25; 18. Ja­nu­ar 2012 - 6 AZR 407/10 - Rn. 29 mwN, EzA KSchG § 6 Nr. 4; sie­he auch EuGH 3. März 2011 - C-235/10 bis C-239/10 - [Cla­es] Rn. 53, NZA 2011, 337).

II. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Be­klag­ten ist die Re­vi­si­on der Kläge­rin nicht schon des­we­gen un­be­gründet, weil die Agen­tur für Ar­beit die Mas­sen­ent­las­sungs­an­zei­ge vom 15. Ok­to­ber 2009 nicht be­an­stan­de­te. Der auf der Grund­la­ge von § 18 Abs. 1, § 20 KSchG er­gan­ge­ne Be­scheid der Agen­tur für Ar­beit vom 16. Ok­to­ber 2009 hin­dert die Ar­beits­ge­richts­bar­keit nicht dar­an, die Un­wirk­sam­keit der Mas­sen­ent­las­sungs­an­zei­ge fest­zu­stel­len. Er heilt mögli­che Feh­ler der Mas­sen­ent­las­sungs­an­zei­ge nicht (vgl. de­tail­liert BAG 28. Ju­ni 2012 - 6 AZR 780/10 - Rn. 70 ff. mwN, EzA-SD 2012 Nr. 19, 3).


1. Ge­genüber der durch das Ver­fah­ren nach §§ 17 ff. KSchG nur mit­tel­bar be­trof­fe­nen Kläge­rin kann ein sol­cher Be­scheid kei­ne ma­te­ri­el­le Be­stands­kraft ent­fal­ten. Sie hätte ge­gen ihn nicht vor­ge­hen können (vgl. im Ein­zel­nen BAG 28. Ju­ni 2012 - 6 AZR 780/10 - Rn. 71 mwN, EzA-SD 2012 Nr. 19, 3).
 


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2. Auch ge­genüber der Ar­beits­ge­richts­bar­keit kommt ei­nem der­ar­ti­gen Be­scheid kei­ne ma­te­ri­el­le Be­stands­kraft zu. Das er­gibt sich aus all­ge­mei­nen ver­wal­tungs­ver­fah­rens­recht­li­chen Grundsätzen und wird vom uni­ons­recht­li­chen Grund­satz des sog. ef­fet uti­le ver­langt.


a) Die Bin­dungs­wir­kung ei­nes Be­scheids der Agen­tur für Ar­beit nach § 20 KSchG um­fasst nur den ei­gent­li­chen In­halt die­ses Be­scheids, al­so die Dau­er der Sperr­frist und den Zeit­punkt ih­res Ab­laufs oder die Ge­neh­mi­gung, Ent­las­sun­gen vor Ab­lauf der Sperr­frist vor­zu­neh­men, nicht aber die Wirk­sam­keit der Mas­sen­ent­las­sungs­an­zei­ge selbst (vgl. Hin­richs Kündi­gungs­schutz und Ar­beit­neh­mer­be­tei­li­gung bei Mas­sen­ent­las­sun­gen S. 154 f.; Rein­hard RdA 2007, 207, 214). Die Ein­hal­tung der for­ma­len An­for­de­run­gen des § 17 KSchG ist le­dig­lich ei­ne Vor­fra­ge des Be­scheids nach § 20 KSchG und gehört da­mit nach den all­ge­mei­nen ver­wal­tungs­ver­fah­rens­recht­li­chen Grundsätzen nicht zum Re­ge­lungs­in­halt des Be­scheids (vgl. BAG 28. Ju­ni 2012 - 6 AZR 780/10 - Rn. 73 ff. mwN, EzA-SD 2012 Nr. 19, 3).

b) Die Mit­glied­staa­ten müssen zu­dem nach Art. 6 MERL Ver­fah­ren ein­rich­ten, mit de­nen die Ein­hal­tung der von der Richt­li­nie 98/59/EG vor­ge­se­he­nen Ver­pflich­tun­gen gewähr­leis­tet wer­den kann. Die den Mit­glied­staa­ten über­las­se­ne Aus­ge­stal­tung die­ser Be­stim­mung darf der MERL nicht ih­re prak­ti­sche Wirk­sam­keit neh­men (vgl. EuGH 16. Ju­li 2009 - C-12/08 - [Mo­no Car Sty­ling] Rn. 34 und 36, Slg. 2009, I-6653). Die­se Ver­pflich­tung steht ei­ner Aus­le­gung der §§ 17 ff. KSchG durch die na­tio­na­le Ar­beits­ge­richts­bar­keit ent­ge­gen, die die Bin­dungs­wir­kung ei­nes Be­scheids der Ar­beits­ver­wal­tung nach §§ 18, 20 KSchG über sei­nen ei­gent­li­chen Re­ge­lungs­ge­halt hin­aus an­nimmt. We­der die Ar­beit­neh­mer noch der (Ge­samt-)Be­triebs­rat sind am Ver­wal­tungs­ver­fah­ren be­tei­ligt. Würde ein Be­scheid nach §§ 18, 20 KSchG dem Ar­beit­neh­mer den­noch die Möglich­keit neh­men, sich im Kündi­gungs­schutz­pro­zess auf Form­feh­ler bei den An­for­de­run­gen des § 17 Abs. 3 KSchG zu be­ru­fen, wäre das von Art. 6 MERL ge­for­der­te Schutz­ni­veau un­ter­schrit­ten (vgl. näher BAG 28. Ju­ni 2012 - 6 AZR 780/10 - Rn. 76 ff. mwN, EzA-SD 2012 Nr. 19, 3).
 


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III. Der Wirk­sam­keit der Kündi­gung vom 16. Ok­to­ber 2009 steht nicht ent­ge­gen, dass der Be­klag­te sei­ner An­zei­ge kei­ne Stel­lung­nah­me des ört­li­chen Be­triebs­rats der „Zen­tra­le N“ beifügte.


1. § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG ver­langt, dass der Ar­beit­ge­ber bei Ent­las­sun­gen, die der Agen­tur für Ar­beit nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG an­zu­zei­gen sind, die Stel­lung­nah­me des Be­triebs­rats zu den Ent­las­sun­gen beifügt.

2. Der Be­klag­te muss­te der Mas­sen­ent­las­sungs­an­zei­ge vom 15. Ok­to­ber 2009 aber kei­ne Stel­lung­nah­me des ört­li­chen Be­triebs­rats der „Zen­tra­le N“ beifügen. Es genügte, dass er der An­zei­ge die Stel­lung­nah­me des Ge­samt­be­triebs­rats vom 14. Ok­to­ber 2009 und den In­ter­es­sen­aus­gleich vom 15. Ok­to­ber 2009 beifügte. Der mit dem ori­ginär zuständi­gen Ge­samt­be­triebs­rat ge­schlos­se­ne In­ter­es­sen­aus­gleich er­setz­te nach § 125 Abs. 2 In­sO die Stel­lung­nah­me des „Be­triebs­rats“ iSv. § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG (vgl. BAG 7. Ju­li 2011 - 6 AZR 248/10 - Rn. 18 ff., AP Be­trVG 1972 § 102 Nr. 165 = EzA Be­trVG 2001 § 26 Nr. 3).


a) § 125 Abs. 2 In­sO be­sagt zwar nicht aus­drück­lich, dass auch ein mit dem Ge­samt­be­triebs­rat zu­stan­de ge­kom­me­ner In­ter­es­sen­aus­gleich mit Na­mens­lis­te die Stel­lung­nah­me des Be­triebs­rats nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG er­setzt. Wort­laut, Zu­sam­men­hang und Zweck des § 125 Abs. 2 In­sO spre­chen je­doch für ein sol­ches Verständ­nis.

aa) Die For­mu­lie­rung „Der In­ter­es­sen­aus­gleich nach Ab­satz 1 er­setzt ...“ in § 125 Abs. 2 In­sO er­fasst je­den qua­li­fi­zier­ten In­ter­es­sen­aus­gleich mit Na­mens­lis­te un­abhängig da­von, ob der In­ter­es­sen­aus­gleich mit dem Be­triebs­rat oder dem Ge­samt­be­triebs­rat zu­stan­de kommt.


bb) Nach § 50 Abs. 1 Be­trVG ist der Ge­samt­be­triebs­rat zuständig für die Be­hand­lung von An­ge­le­gen­hei­ten, die das Ge­samt­un­ter­neh­men oder meh­re­re Be­trie­be be­tref­fen und nicht durch die ein­zel­nen Be­triebsräte in­ner­halb ih­rer Be­trie­be ge­re­gelt wer­den können.



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(1) Es muss sich um ei­ne An­ge­le­gen­heit han­deln, die meh­re­re Be­trie­be be­trifft. Darüber hin­aus muss ob­jek­tiv ein zwin­gen­des Er­for­der­nis für ei­ne un­ter­neh­mens­ein­heit­li­che oder be­triebsüberg­rei­fen­de Re­ge­lung be­ste­hen. Ob ein sol­ches zwin­gen­des Er­for­der­nis be­steht, be­stimmt sich nach In­halt und Zweck des Mit­be­stim­mungs­tat­be­stands (vgl. BAG 19. Ju­ni 2012 - 1 ABR 19/11 - Rn. 21 mwN).


(2) Wird ein ge­plan­ter Per­so­nal­ab­bau - wie hier - auf der Grund­la­ge ei­nes un­ter­neh­mens­ein­heit­li­chen Kon­zepts durch­geführt und sind meh­re­re Be­trie­be von der Be­triebsände­rung be­trof­fen, ist der Ge­samt­be­triebs­rat nach § 50 Abs. 1 Be­trVG ori­ginär zuständig für den Ab­schluss ei­nes be­triebsüberg­rei­fen­den In­ter­es­sen­aus­gleichs mit Na­mens­lis­te. Dann kann nur auf die­ser über­be­trieb­li­chen Ebe­ne geklärt wer­den, wel­che Ar­beit­neh­mer gekündigt und wel­che Ar­beit­neh­mer in wel­chem Be­trieb wei­ter­beschäftigt wer­den. In ei­nem sol­chen Fall ha­ben nicht die ört­li­chen Be­triebsräte ge­genüber der Agen­tur für Ar­beit zu den ge­plan­ten Kündi­gun­gen Stel­lung neh­men. Der mit dem Ge­samt­be­triebs­rat zu­stan­de ge­kom­me­ne In­ter­es­sen­aus­gleich mit Na­mens­lis­te er­setzt des­sen Stel­lung­nah­me nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG (vgl. BAG 7. Ju­li 2011 - 6 AZR 248/10 - Rn. 24 f. mwN, AP Be­trVG 1972 § 102 Nr. 165 = EzA Be­trVG 2001 § 26 Nr. 3).


b) Sinn und Zweck so­wohl des § 125 Abs. 2 In­sO als auch des § 17 KSchG bestäti­gen die­ses Verständ­nis.


aa) § 125 Abs. 2 In­sO will möglichst schnel­le Sa­nie­run­gen ermögli­chen und Verzöge­run­gen bei der Ab­wick­lung der Rechts­verhält­nis­se des Schuld­ners ver­mei­den (vgl. BT-Drucks. 12/2443 S. 149). Die­ses Ver­ein­fa­chungs- und Be­schleu­ni­gungs­ziel würde bei be­triebsüberg­rei­fen­den Be­triebsände­run­gen zur Sa­nie­rung von Un­ter­neh­men ver­fehlt, wenn ein mit dem Ge­samt­be­triebs­rat zu­stan­de ge­kom­me­ner In­ter­es­sen­aus­gleich mit Na­mens­lis­te die Stel­lung­nah­me des Be­triebs­rats nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG nicht er­setz­te (vgl. im Ein­zel­nen BAG 7. Ju­li 2011 - 6 AZR 248/10 - Rn. 22 mwN, AP Be­trVG 1972 § 102 Nr. 165 = EzA Be­trVG 2001 § 26 Nr. 3).
 


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bb) Auch der Zweck des § 17 KSchG spricht für ei­ne Zuständig­keit des Ge­samt­be­triebs­rats für be­triebsüberg­rei­fen­de Mas­sen­ent­las­sun­gen. Die Agen­tur für Ar­beit soll recht­zei­tig Maßnah­men zur Ver­mei­dung oder we­nigs­tens Verzöge­rung von Be­las­tun­gen des Ar­beits­markts ein­lei­ten und für an­der­wei­ti­ge Beschäfti­gun­gen der Ent­las­se­nen sor­gen können. Da­zu ist den Ar­beit­neh­mern mit Art. 2 MERL und der Um­set­zung die­ser Be­stim­mung in na­tio­na­les Recht durch § 17 KSchG ein kol­lek­tiv aus­ge­stal­te­tes Recht auf In­for­ma­ti­on und Kon­sul­ta­ti­on ein­geräumt (vgl. BAG 7. Ju­li 2011 - 6 AZR 248/10 - Rn. 27 mwN, AP Be­trVG 1972 § 102 Nr. 165 = EzA Be­trVG 2001 § 26 Nr. 3 un­ter Hin­weis auf EuGH 16. Ju­li 2009 - C-12/08 - [Mo­no Car Sty­ling] Rn. 42, Slg. 2009, I-6653). Die­ser Zweck er­for­dert es nicht, dass nur ein ört­li­cher Be­triebs­rat als Ar­beit­neh­mer­ver­tre­tung ver­stan­den wird und da­her le­dig­lich ein vom ört­li­chen Be­triebs­rat mit dem In­sol­venz­ver­wal­ter ge­schlos­se­ner In­ter­es­sen­aus­gleich mit Na­mens­lis­te die Stel­lung­nah­me des Be­triebs­rats nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG er­setzt. Er­for­der­li­che Kennt­nis­se des Ge­samt­be­triebs­rats über die be­trieb­li­chen und re­gio­na­len Verhält­nis­se sind da­durch gewähr­leis­tet, dass je­der ört­li­che Be­triebs­rat min­des­tens ein Mit­glied in den Ge­samt­be­triebs­rat ent­sen­det (vgl. BAG 7. Ju­li 2011 - 6 AZR 248/10 - Rn. 28, aaO).


3. Das Er­for­der­nis der bei­zufügen­den Stel­lung­nah­me nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG wur­de dem­nach mit dem bei­gefügten qua­li­fi­zier­ten In­ter­es­sen­aus­gleich vom 15. Ok­to­ber 2009, den der Be­klag­te mit dem Ge­samt­be­triebs­rat ge­schlos­sen hat­te, ge­wahrt. Auf­grund der ori­ginären Zuständig­keit des Ge­samt­be­triebs­rats für den Ab­schluss des In­ter­es­sen­aus­gleichs kommt es nicht dar­auf an, dass die ört­li­chen Be­triebsräte ihn hier aus­drück­lich nach § 50 Abs. 2 Satz 1 Be­trVG mit der Stel­lung­nah­me und der Ausübung der zu­gehöri­gen Be­tei­li­gungs­rech­te be­auf­tragt hat­ten. Selbst die in ei­nen In­ter­es­sen­aus­gleich oh­ne Na­mens­lis­te in­te­grier­te Stel­lung­nah­me des Ge­samt­be­triebs­rats hätte den An­for­de­run­gen des § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG genügt, wenn der Ge­samt­be­triebs­rat ab­sch­ließend zu der be­ab­sich­tig­ten Mas­sen­ent­las­sung Stel­lung ge­nom­men hätte (vgl. BAG 28. Ju­ni 2012 - 6 AZR 780/10 - Rn. 56, EzA-SD 2012 Nr. 19, 3; 21. März 2012 - 6 AZR 596/10 - Rn. 14 ff. und 34, EzA KSchG § 17 Nr. 25).
 


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IV. Der Be­klag­te ver­letz­te auch nicht sei­ne Pflich­ten aus § 17 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 KSchG.

1. Be­ab­sich­tigt der Ar­beit­ge­ber, nach § 17 Abs. 1 KSchG an­zei­ge­pflich­ti­ge Ent­las­sun­gen vor­zu­neh­men, hat er dem Be­triebs­rat recht­zei­tig die zweck­dien­li­chen Auskünf­te zu er­tei­len und ihn schrift­lich ins­be­son­de­re zu un­ter­rich­ten über die Gründe für die ge­plan­ten Ent­las­sun­gen, die Zahl und die Be­rufs­grup­pen der zu ent­las­sen­den Ar­beit­neh­mer, die Zahl und die Be­rufs­grup­pen der in der Re­gel beschäftig­ten Ar­beit­neh­mer, den Zeit­raum, in dem die Ent­las­sun­gen vor­ge­nom­men wer­den sol­len, und die vor­ge­se­he­nen Kri­te­ri­en für die Be­rech­nung et­wai­ger Ab­fin­dun­gen. Der Ar­beit­ge­ber hat der Agen­tur für Ar­beit nach § 17 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 KSchG gleich­zei­tig ei­ne Ab­schrift der Mit­tei­lung an den Be­triebs­rat zu­zu­lei­ten. Sie muss nach § 17 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 KSchG zu­min­dest die in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 5 KSchG ent­hal­te­nen An­ga­ben ent­hal­ten.


2. Mit §§ 5 und 13 des In­ter­es­sen­aus­gleichs vom 15. Ok­to­ber 2009 und mit sei­ner Stel­lung­nah­me vom 14. Ok­to­ber 2009 erklärte der Ge­samt­be­triebs­rat, recht­zei­tig und um­fas­send über die an­zei­ge­pflich­ti­gen Ent­las­sun­gen un­ter­rich­tet wor­den zu sein. Das al­lein genügt zum Nach­weis der Erfüllung der Kon­sul­ta­ti­ons­pflicht aus § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG al­ler­dings noch nicht. Die Vor­la­ge des In­ter­es­sen­aus­gleichs mit Na­mens­lis­te er­setzt nur die Stel­lung­nah­me des Be­triebs­rats oder Ge­samt­be­triebs­rats ge­genüber der Agen­tur für Ar­beit. Er­for­der­lich ist da­ne­ben noch die vor­he­ri­ge schrift­li­che Un­ter­rich­tung des Be­triebs­rats nach § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG (vgl. BAG 18. Ja­nu­ar 2012 - 6 AZR 407/10 - Rn. 33 und 39 mwN, EzA KSchG § 6 Nr. 4).


a) Unschädlich ist, dass der Be­klag­te sei­ner Un­ter­rich­tungs­pflicht aus § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG mit­hil­fe der An­ga­ben im In­ter­es­sen­aus­gleich ge­recht wer­den woll­te.


aa) Die Ver­bin­dung des In­ter­es­sen­aus­gleichs­ver­fah­rens mit der Erfüllung der Un­ter­rich­tungs­pflicht nach § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG ist zulässig.



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(1) So­weit die ge­genüber dem Be­triebs­rat be­ste­hen­den Pflich­ten aus § 111 Be­trVG mit de­nen aus § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG und § 102 Abs. 1 Be­trVG übe­rein­stim­men, kann der Ar­beit­ge­ber sie gleich­zei­tig erfüllen (vgl. BAG 21. März 2012 - 6 AZR 596/10 - Rn. 23, EzA KSchG § 17 Nr. 25). Dass und wel­che Ver­fah­ren gleich­zei­tig durch­geführt wer­den sol­len, muss da­bei hin­rei­chend klar­ge­stellt wer­den (vgl. BAG 18. Ja­nu­ar 2012 - 6 AZR 407/10 - Rn. 34 mwN, EzA KSchG § 6 Nr. 4).


(2) Aus § 5 Satz 1 und Satz 2 des In­ter­es­sen­aus­gleichs vom 15. Ok­to­ber 2009 geht aus­drück­lich her­vor, dass mit dem In­ter­es­sen­aus­gleich zu­gleich die Un­ter­rich­tungs­pflicht aus § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG erfüllt wer­den soll­te.

bb) Die Ver­bin­dung des Ver­fah­rens nach § 111 Be­trVG mit der Un­ter­rich­tung des (Ge­samt-)Be­triebs­rats nach § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG ver­letzt kei­ne uni­ons­recht­li­chen Vor­ga­ben. In­so­weit ist kein Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chen nach Art. 267 Abs. 3 AEUV er­for­der­lich. Die Fra­ge ist durch den Ge­richts­hof der Eu­ropäischen Uni­on auch un­ter Berück­sich­ti­gung der neue­ren Recht­spre­chung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts geklärt (vgl. da­zu zB BVerfG 29. Mai 2012 - 1 BvR 3201/11 - Rn. 20 ff., ZIP 2012, 1876; 21. De­zem­ber 2010 - 1 BvR 3461/08 - Rn. 5 ff., CR 2011, 88; sie­he auch BAG 28. Ju­ni 2012 - 6 AZR 682/10 - Rn. 33 ff., ZIP 2012, 1927).


(1) § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG setzt Art. 2 Abs. 3 Un­terabs. 1 Buchst. b MERL um. Es han­delt sich um ein von die­ser Richt­li­ni­en­vor­ga­be gewähr­leis­te­tes kol­lek­ti­ves In­for­ma­ti­ons­recht der Ar­beit­neh­mer­ver­tre­tung, nicht um ein in­di­vi­du­el­les Recht der ein­zel­nen Ar­beit­neh­mer (vgl. EuGH 16. Ju­li 2009 - C-12/08 - [Mo­no Car Sty­ling] Rn. 38 ff., Slg. 2009, I-6653). Nach Art. 6 der Richt­li­nie 98/59/EG sor­gen die Mit­glied­staa­ten dafür, dass den Ar­beit­neh­mer­ver­tre­tern und/oder den Ar­beit­neh­mern ad­mi­nis­tra­ti­ve und/oder ge­richt­li­che Ver­fah­ren zur Durch­set­zung der Ver­pflich­tun­gen gemäß die­ser Richt­li­nie zur Verfügung ste­hen. Aus dem Wort­laut der Be­stim­mung er­gibt sich, dass die Mit­glied­staa­ten ver­pflich­tet sind, Ver­fah­ren ein­zu­rich­ten, mit de­nen die Ein­hal­tung der von der Richt­li­nie 98/59/EG vor­ge­se­he­nen Ver­pflich­tun­gen gewähr­leis­tet wer­den kann. Da die Richt­li­nie die Ver­pflich­tung aber nicht wei­ter aus­formt,
 


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ist die Aus­ge­stal­tung die­ser teil­har­mo­ni­sier­ten Ver­fah­ren Sa­che der Mit­glied­staa­ten. Die Ver­fah­rens­aus­ge­stal­tung darf den Be­stim­mun­gen der Richt­li­nie je­doch nicht ih­re prak­ti­sche Wirk­sam­keit iSd. Ef­fek­ti­vitäts- und Äqui­va­lenz­prin­zips neh­men (vgl. EuGH 16. Ju­li 2009 - C-12/08 - [Mo­no Car Sty­ling] Rn. 33 ff. und 59 ff., aaO).


(2) Durch die Recht­spre­chung des Ge­richts­hofs der Eu­ropäischen Uni­on ist geklärt, dass die Ver­bin­dung des In­ter­es­sen­aus­gleichs­ver­fah­rens mit der schrift­li­chen Un­ter­rich­tung des (Ge­samt-)Be­triebs­rats nach § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG richt­li­ni­en­kon­form ist.


(a) Der Ent­wurf des In­ter­es­sen­aus­gleichs do­ku­men­tiert ge­genüber dem (Ge­samt-)Be­triebs­rat die Bemühun­gen des Ar­beit­ge­bers, Mas­sen­ent­las­sun­gen zu­min­dest zu be­schränken (vgl. da­zu EuGH 3. März 2011 - C-235/10 bis C-239/10 - [Cla­es] Rn. 56, NZA 2011, 337; 10. Sep­tem­ber 2009 - C-44/08 - [Aka­van Eri­ty­isa­lo­jen Kes­kus­liit­to] Rn. 64, Slg. 2009, I-8163).


(b) Dem wi­der­spricht die Vor­ga­be in Art. 2 Abs. 3 Un­terabs. 1 MERL nicht, wo­nach der Ar­beit­ge­ber die Ar­beit­neh­mer­ver­tre­tung recht­zei­tig un­ter­rich­ten muss. Der Wort­laut der Richt­li­ni­en­vor­ga­be bringt klar zum Aus­druck, dass der Ar­beit­ge­ber der Ar­beit­neh­mer­ver­tre­tung die be­tref­fen­den Auskünf­te recht­zei­tig im Ver­lauf der Kon­sul­ta­tio­nen er­tei­len muss, da­mit die Ar­beit­neh­mer­ver­tre­ter kon­struk­ti­ve Vor­schläge un­ter­brei­ten können (vgl. EuGH 10. Sep­tem­ber 2009 - C-44/08 - [Aka­van Eri­ty­isa­lo­jen Kes­kus­liit­to] Rn. 51, Slg. 2009, I-8163). Dar­aus folgt, dass die­se Auskünf­te im Ver­lauf und nicht un­be­dingt im Zeit­punkt der Eröff­nung der Kon­sul­ta­tio­nen zu er­tei­len sind. Der Ar­beit­ge­ber hat der Ar­beit­neh­mer­ver­tre­tung nach dem Grund­ge­dan­ken der Richt­li­ni­en­vor­ga­be während der ge­sam­ten Kon­sul­ta­tio­nen die re­le­van­ten In­for­ma­tio­nen zu ge­ben. Ei­ne fle­xi­ble Hand­ha­bung ist er­for­der­lich, weil die Auskünf­te zu un­ter­schied­li­chen Zeit­punk­ten des Kon­sul­ta­ti­ons­pro­zes­ses zur Verfügung ste­hen können. Das be­deu­tet, dass der Ar­beit­ge­ber die Möglich­keit und die Pflicht hat, die Auskünf­te im Lauf des Ver­fah­rens zu ver­vollständi­gen (vgl. EuGH 10. Sep­tem­ber 2009 - C-44/08 - [Aka­van Eri­ty­isa­lo­jen Kes­kus­liit­to] Rn. 52 ff., aaO). Die­ser Pro­zess kann ge­genüber dem Be­triebs­rat oder Ge­samt­be­triebs­rat des­halb un­mit­tel­bar
 


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vor Schluss der Kon­sul­ta­ti­on nach § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG schrift­lich do­ku­men­tiert wer­den.


(c) Die An­nah­me ei­ner recht­lich zulässi­gen Ver­bin­dung des In­ter­es­sen­aus­gleichs­ver­fah­rens mit der In­for­ma­ti­on des (Ge­samt-)Be­triebs­rats nach § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG ent­spricht da­mit auch dem Er­for­der­nis uni­ons­rechts­kon­for­mer Aus­le­gung (vgl. für die st. Rspr. des EuGH et­wa 5. Sep­tem­ber 2012 - C-42/11 - [Lopes Da Sil­va Jor­ge] Rn. 53 ff.; 24. Mai 2012 - C-97/11 - [Amia] Rn. 27 ff., Eu­rUP 2012, 210; 24. Ja­nu­ar 2012 - C-282/10 - [Do­m­in­guez] Rn. 23 ff., AP Richt­li­nie 2003/88/EG Nr. 7 = EzA EG-Ver­trag 1999 Richt­li­nie 2003/88 Nr. 8).


b) Es kann fer­ner auf sich be­ru­hen, ob § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG ge­setz­li­che Schrift­form iSv. § 126 Abs. 1 BGB ver­langt. Soll­te das zu­tref­fen, ist der Schrift­form­ver­s­toß durch die ab­sch­ließen­de Stel­lung­nah­me des Ge­samt­be­triebs­rats in § 5 des In­ter­es­sen­aus­gleichs ge­heilt, die die Vor­aus­set­zun­gen des § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG erfüllt.


aa) Im Streit­fall ist we­der fest­ge­stellt noch vor­ge­tra­gen, dass der In­ter­es­sen­aus­gleich vom 15. Ok­to­ber 2009 zu­erst durch den Be­vollmäch­tig­ten des be­klag­ten In­sol­venz­ver­wal­ters un­ter­zeich­net wur­de. Dem­nach steht bis­her nicht fest, dass der Be­klag­te den Ge­samt­be­triebs­rat vor Ab­schluss des Kon­sul­ta­ti­ons­ver­fah­rens in ei­ner Wei­se un­ter­rich­te­te, die der ge­setz­li­chen Schrift­form des § 126 Abs. 1 BGB ent­sprach.


bb) Ei­ne Ver­let­zung des et­wai­gen ge­setz­li­chen Schrift­for­mer­for­der­nis­ses ist hier aber je­den­falls ge­heilt. Der Be­triebs­rat mach­te mit sei­ner ab­sch­ließen­den Stel­lung­nah­me deut­lich, dass er sich für aus­rei­chend un­ter­rich­tet hielt und die Zwei­wo­chen­frist des § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG nicht ausschöpfen woll­te.


(1) Der Se­nat hat bis­her of­fen­ge­las­sen, ob für die Un­ter­rich­tung nach § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG die ge­setz­li­che Schrift­form des § 126 Abs. 1 BGB ein­zu­hal­ten ist (vgl. BAG 18. Ja­nu­ar 2012 - 6 AZR 407/10 - Rn. 40, EzA KSchG § 6 Nr. 4). Wei­te Tei­le des Schrift­tums neh­men an, dass sie zu wah­ren ist (so


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v. Ho­y­nin­gen-Hue­ne/Linck KSchG 14. Aufl. § 17 Rn. 56; ErfK/Kiel 12. Aufl. § 17 KSchG Rn. 20 und 28; APS/Moll 4. Aufl. § 17 KSchG Rn. 70; Schra­der in Schwar­ze/Ey­lert/Schra­der KSchG § 17 Rn. 52; Stahl­ha­cke/Vos­sen 10. Aufl. Rn. 1653; KR/Wei­gand 10. Aufl. § 17 KSchG Rn. 56; Thüsing/Laux/Lembke/Lembke/Ober­win­ter KSchG 2. Aufl. § 17 Rn. 82 las­sen dem­ge­genüber ei­ne Un­ter­rich­tung per Te­le­fax oder E-Mail genügen).


(2) Die Fra­ge braucht auch in die­sem Fall nicht be­ant­wor­tet zu wer­den. Es kann auf sich be­ru­hen, ob der Ver­tre­ter des In­sol­venz­ver­wal­ters den In­ter­es­sen­aus­gleich vom 15. Ok­to­ber 2009 erst nach dem Vor­sit­zen­den des Ge­samt­be­triebs­rats un­ter­schrieb.


(a) Je­den­falls dann, wenn die von § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG ver­lang­ten An­ga­ben ge­genüber dem (Ge­samt-)Be­triebs­rat in ei­nem schrift­li­chen, wenn auch nicht un­ter­zeich­ne­ten Text do­ku­men­tiert wur­den, genügt die ab­sch­ließen­de Stel­lung­nah­me des (Ge­samt-)Be­triebs­rats, um ei­nen even­tu­el­len Schrift­form­ver­s­toß zu hei­len (wei­ter ge­hend LAG Hamm 6. Ju­ni 1986 - 16 Sa 2188/86 - LA­GE KSchG § 17 Nr. 2; Ha­Ko/Pfeif­fer 4. Aufl. § 17 KSchG Rn. 54; KR/Wei­gand 10. Aufl. § 17 KSchG Rn. 65, die ei­ne münd­li­che Un­ter­rich­tung bei ab­sch­ließen­der Stel­lung­nah­me des Be­triebs­rats für aus­rei­chend hal­ten; of­fen­ge­las­sen von APS/Moll 4. Aufl. § 17 KSchG Rn. 76). Dafür spricht der Zweck des Un­ter­rich­tungs­er­for­der­nis­ses. Die Ar­beit­neh­mer­ver­tre­tung soll kon­struk­ti­ve Vor­schläge un­ter­brei­ten können, um die Mas­sen­ent­las­sung zu ver­hin­dern oder ein­zu­schränken (vgl. zu Art. 2 Abs. 3 Un­terabs. 1 Buchst. b MERL EuGH 10. Sep­tem­ber 2009 - C-44/08 - [Aka­van Eri­ty­isa­lo­jen Kes­kus­liit­to] Rn. 51 und 64, Slg. 2009, I-8163). Bringt das Gre­mi­um, dem die An­ga­ben nach § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG in ei­nem schrift­lich ab­ge­fass­ten Text deut­lich vor Au­gen geführt wur­den, selbst zum Aus­druck, dass es sich für aus­rei­chend un­ter­rich­tet hält, drückt es da­mit zu­gleich aus, dass es kei­ne wei­te­ren Vor­schläge un­ter­brei­ten kann oder will (vgl. BAG 21. März 2012 - 6 AZR 596/10 - Rn. 23, EzA KSchG § 17 Nr. 25). Die Ar­beit­neh­mer­ver­tre­tung will in ei­nem sol­chen Fall ge­ra­de nicht die Zwei­wo­chen­frist des § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG ausschöpfen.



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(b) Durch die Recht­spre­chung des Ge­richts­hofs der Eu­ropäischen Uni­on ist geklärt, dass ei­ne sol­che Hei­lungsmöglich­keit durch ei­ne ab­sch­ließen­de Stel­lung­nah­me der Ar­beit­neh­mer­ver­tre­tung der von Art. 2 Abs. 3 Un­terabs. 1 Buchst. b MERL vor­ge­ge­be­nen Pflicht zur schrift­li­chen Mit­tei­lung genügt. Wie be­reits aus­geführt, gewähr­leis­tet die Richt­li­ni­en­vor­ga­be ein kol­lek­ti­ves In­for­ma­ti­ons­recht der Ar­beit­neh­mer­ver­tre­tung, kein in­di­vi­du­el­les Recht der ein­zel­nen Ar­beit­neh­mer (vgl. EuGH 16. Ju­li 2009 - C-12/08 - [Mo­no Car Sty­ling] Rn. 38 ff., Slg. 2009, I-6653). Die Aus­ge­stal­tung des Ver­fah­rens zur Durch­set­zung der Ver­pflich­tun­gen des Ar­beit­ge­bers ist nach Art. 6 MERL Sa­che der Mit­glied­staa­ten. Die Ver­fah­rens­aus­ge­stal­tung darf aber nicht da­zu führen, dass der Richt­li­nie ih­re prak­ti­sche Wirk­sam­keit ge­nom­men wird (vgl. EuGH 16. Ju­li 2009 - C-12/08 - [Mo­no Car Sty­ling] Rn. 33 ff. und 59 ff., aaO). Dem sog. ef­fet uti­le ist nach dem Zweck der Richt­li­ni­en­vor­ga­be je­den­falls bei ei­nem schrift­lich ab­ge­fass­ten, wenn auch nicht un­ter­schrie­be­nen Un­ter­rich­tungs­text genügt. Führt die Ar­beit­neh­mer­ver­tre­tung oh­ne ein­schränken­de oder wei­terführen­de Zusätze selbst aus, sie sei aus­rei­chend un­ter­rich­tet, will sie kei­ne wei­te­ren Vor­schläge un­ter­brei­ten, um die Mas­sen­ent­las­sung ab­zu­wen­den oder zu be­schränken (vgl. zum Zweck von Art. 2 Abs. 3 Un­terabs. 1 Buchst. b MERL EuGH 10. Sep­tem­ber 2009 - C-44/08 - [Aka­van Eri­ty­isa­lo­jen Kes­kus­liit­to] Rn. 51, Slg. 2009, I-8163; zu der Hei­lung ei­ner an­de­ren im Richt­li­ni­en­recht verbürg­ten Schrift­form [für Kre­dit­verträge] auch BGH 6. De­zem­ber 2005 - XI ZR 139/05 - Rn. 29 ff., BGHZ 165, 213). Die Hei­lung ei­nes et­wai­gen Schrift­form­ver­s­toßes ver­rin­gert die Ver­pflich­tung des Ar­beit­ge­bers, die Art. 2 Abs. 3 Un­terabs. 1 Buchst. b MERL gewähr­leis­tet, un­ter die­sen Vor­aus­set­zun­gen nicht (vgl. zu der nöti­gen Auf­recht­er­hal­tung des Pflich­ten­ni­veaus EuGH 16. Ju­li 2009 - C-12/08 - [Mo­no Car Sty­ling] Rn. 65, aaO).


3. Der Be­klag­te wur­de auch sei­ner Pflicht ge­genüber der Agen­tur für Ar­beit aus § 17 Abs. 3 Satz 1 KSchG ge­recht, in­dem er der Mas­sen­ent­las­sungs­an­zei­ge den In­ter­es­sen­aus­gleich vom 15. Ok­to­ber 2009 beifügte. Die Agen­tur für Ar­beit konn­te dem In­ter­es­sen­aus­gleich, der den An­for­de­run­gen des § 17 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 KSchG ent­sprach, die ord­nungs­gemäße Un­ter­rich­tung des Ge­samt­be­triebs­rats nach § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG ent­neh­men. Der
 


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Ge­samt­be­triebs­rat hat­te mit § 5 des In­ter­es­sen­aus­gleichs deut­lich ge­macht, dass er an­nahm, der Be­klag­te ha­be sei­ne Pflich­ten aus §§ 111, 112 Be­trVG und § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG erfüllt. Dar­aus konn­te die Agen­tur für Ar­beit er­se­hen, dass ein et­wai­ger Schrift­form­ver­s­toß je­den­falls durch die ab­sch­ließen­de Stel­lung­nah­me des Ge­samt­be­triebs­rats ge­heilt war. Mit die­ser Stel­lung­nah­me be­leg­te der Ge­samt­be­triebs­rat zu­gleich, dass Kündi­gun­gen in dem aus dem In­ter­es­sen­aus­gleich er­sicht­li­chen Um­fang auch nach sei­ner Auf­fas­sung un­ver­meid­lich wa­ren und so­zia­le Maßnah­men be­ra­ten wor­den wa­ren (vgl. BAG 18. Ja­nu­ar 2012 - 6 AZR 407/10 - Rn. 45 mwN, EzA KSchG § 6 Nr. 4).

D. Die drei­mo­na­ti­ge Kündi­gungs­frist des § 113 Satz 2 In­sO ist ein­ge­hal­ten. Die der Kläge­rin am 17. Ok­to­ber 2009 zu­ge­gan­ge­ne Kündi­gung wirk­te zum 31. Ja­nu­ar 2010.

E. Da die Kündi­gung das Ar­beits­verhält­nis zum 31. Ja­nu­ar 2010 auflöste, steht der Kläge­rin kei­ne Vergütung für Fe­bru­ar und März 2010 zu.


F. Die Kläge­rin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kos­ten ih­rer er­folg­lo­sen Re­vi­si­on zu tra­gen.

Fi­scher­mei­er 

Gall­ner 

Spel­ge

Schäfer­kord 

Rei­ner Koch

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