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Haftung für Diskriminierung bei Bewerbung
30.01.2014. Wer sich auf eine Stelle bewirbt und eine Ablehnung erhält, hat manchmal aufgrund merkwürdiger Formulierungen in der Stellenanzeige den Verdacht, er sei wegen seines Geschlechts, seiner Herkunft oder seines Alters diskriminiert worden.
Entschließt sich der Betroffene in solchen Fällen, gegen "den Arbeitgeber" vorzugehen, ist manchmal nicht klar, welche Firma bzw. welcher Arbeitgeber hinter der Stellenausschreibung steht.
In einem letzte Woche ergangenen Urteil hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, dass nur der potentielle Arbeitgeber, nicht aber ein Stellenvermittler auf Diskriminierungsentschädigung haften: BAG, Urteil vom 23.01.2014, 8 AZR 118/13.
- Diskriminierte Bewerber können gemäß § 15 Abs.2 AGG eine Entschädigung verlangen - aber von wem?
- Der Fall des BAG: Abgelehnter Bewerber verklagt ein Schwesterunternehmen des potentiellen Arbeitgebers auf Entschädigung wegen angeblicher Altersdiskriminierung
- BAG: Der Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG kann nur gegen den potentiellen Arbeitgeber gerichtet werden
Diskriminierte Bewerber können gemäß § 15 Abs.2 AGG eine Entschädigung verlangen - aber von wem?
Bei Stellenausschreibungen und im Umgang mit Stellenbewerbern müssen Arbeitgeber den Eindruck vermeiden, dass sie jüngere Bewerber bevorzugen. Denn das wäre eine unzulässige Diskriminierung wegen des Alters. Stellenanzeigen müssen daher gemäß § 11 AGG altersneutral formuliert sein, dürfen ältere Bewerber also nicht abschrecken.
Es kommt aber immer wieder vor, dass Arbeitgeber eine Verstärkung für ihr "junges kreatives Team" suchen, und wer so etwas als älterer Mensch liest, wird sich eher nicht bewerben.
Gibt es in einer Stellenanzeige solche Anhaltspunkte für eine Bevorzugung jüngerer Bewerber, sind diese ein Indiz für eine Altersdiskriminierung im Sinne von § 22 AGG, so dass der Arbeitgeber gemäß dieser Beweislastregelung den Nachweis führen muss, dass die Ablehnung des (älteren) Bewerbers ausschließlich auf sachlichen Gründen beruht, d.h. mit dem Alter des abgelehnten Bewerbers nichts zu tun hat.
Kann der Arbeitgeber diesen Nachweis der Objektivität bzw. Sachlichkeit seiner Ablehnungsentscheidung nicht führen , muss er gemäß § 15 Abs.2 AGG eine Geldentschädigung wegen unzulässiger Altersdiskriminierung zahlen.
Fraglich ist, ob auch Personalvermittler für Diskriminierungen auf der Grundlage von § 15 Abs.2 AGG haftbar zu machen sind. Diese Frage ist vom Gesetz nicht eindeutig beantwortet.
Zwar ist in § 15 Abs.1 AGG eindeutig nur der Arbeitgeber als der Verpflichtete genannt, aber bei dieser Vorschrift geht es um Schadensersatz, also z.B. um einen Ausgleich für den konkret berechenbaren Verdienstausfall, den ein diskriminierter Bewerber infolge einer unterbliebenen Beförderung erlitten hat.
In § 15 Abs.2 AGG ist dagegen der Anspruch des Diskriminierten auf eine Geldentschädigung geregelt, d.h. auf eine Art Schmerzensgeld für eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts. Und in § 15 Abs.2 AGG fehlt ein Hinweis darauf, wer eigentlich Schuldner dieses Anspruchs ist, d.h. die Geldentschädigung zahlen muss - nur der Arbeitgeber (wie in Abs.1) oder auch andere Personen?
Bisher gibt es nur einige wenige Urteile, die sich mit dieser Frage befassen. Nunmehr hat sich erstmals das BAG dazu geäußert.
Der Fall des BAG: Abgelehnter Bewerber verklagt ein Schwesterunternehmen des potentiellen Arbeitgebers auf Entschädigung wegen angeblicher Altersdiskriminierung
Ein 42jähriger Dipl.-Betriebswirt (FH) mit beruflichen Erfahrungen als Dozent bewarb sich Ende September 2011 auf eine im Internet ausgeschriebene Stelle als Personalvermittler. Die Aufgaben bestanden laut Stellenausschreibung vor allem im Vertrieb von Dienstleistungen der Personalvermittlung und in der Kundenakquise, d.h. in der "Gewinnung von Neukunden für den Bereich Personalvermittlung".
In der Stellenausschreibung war die gewünschte Berufserfahrung mit "1 bis 2 Jahre" angegeben und der "Karrierestatus" mit "Berufseinsteiger". Aus diesen Angaben leitete der Bewerber eine altersdiskriminierende Bevorzugung jüngerer Bewerber ab und verklagte eine UPN GmbH in Ahrensburg auf Geldentschädigung von drei Monatsverdiensten, die er auf je 4.000,00 EUR schätzte, so dass sich eine Klageforderung von 16.000,00 EUR ergab.
Die UPN GmbH hatte zwar die Stellenanzeige geschaltet und auch darum gebeten, Bewerbungen an sie zu richten, doch hieß es am Ende der Stellenanzeige außerdem, „Kontaktinformationen für Bewerber“ gebe es bei einer UP GmbH. Der Bewerber übersandte seine Bewerbung per E-Mail an die UPN GmbH und zudem per Post an die in der Stellenanzeige genannte Anschrift der UP GmbH.
Wie sich im Gerichtsverfahren herausstellte, handelte es sich bei der UPN GmbH und der UP GmbH um Schwesterunternehmen eines Konzerns, wobei die UPN GmbH lediglich für ihre Schwesterfirma die Stellenanzeige geschaltet hatte. Den Arbeitsvertrag hätte aber, wenn er denn zustande gekommen wäre, die UP GmbH als Arbeitgeber abgeschlossen.
Daraufhin wiesen das Arbeitsgericht Lübeck (Urteil vom 12.06.2012, 6 Ca 323/12) und das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein (Urteil vom 22.11.2012, 4 Sa 246/12) die Klage ab, und zwar mit der Begründung, dass der hier streitige Anspruch auf Geldentschädigung gemäß § 15 Abs.2 AGG nur gegen den potentiellen Arbeitgeber bestünde, nicht aber gegen einen Personalvermittler.
BAG: Der Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG kann nur gegen den potentiellen Arbeitgeber gerichtet werden
Das BAG bestätigte die Urteile der Vorinstanzen und wies die Revision des Bewerbers zurück. In der derzeit allein vorliegenden Pressemeldung heißt es zur Begründung:
Ansprüche auf Entschädigung bei Diskriminierungen auf der Grundlage von § 15 Abs.2 AGG müssen ausschließlich gegen den (potentiellen) Arbeitgeber gerichtet werden. Das bedeutet bei einem Streit um eine Bewerberdiskriminierung: Wird bei der Stellenausschreibung ein Personalvermittler eingeschaltet, haftet der Vermittler nicht für Ansprüche aus § 15 Abs.2 AGG.
Obwohl die Pressemeldung zu dieser Frage keine Angaben enthält, hat das BAG mit der Zurückweisung der Revision gleichzeitig auch die Frage entschieden, ob der Personalvermittler möglicherweise deshalb haftbar gemacht werden kann, weil er den falschen Anschein erweckt hat, in seinem eigenen Namen bzw. für sich selbst einen Bewerber zu suchen. Für diesen Fall sieht das Stellvertretungsrecht nämlich vor, dass der "Vertreter" selbst bzw. persönlich an eine Erklärung gebunden ist, wenn er nicht hinreichend deutlich macht, in fremdem Namen zu handeln (§ 164 Abs.2 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB).
Diese Vorschrift ist aber nicht auf den Entschädigungsanspruch wegen einer Diskriminierung anzuwenden, so das LAG Schleswig-Holstein in seiner Urteilsbegründung. Denn die Eigenhaftung des (Pseudo-)Vertreters gemäß § 164 Abs.2 BGB ist ja nur deshalb notwendig, weil der Geschäftsgegner andernfalls leer ausgehen würde: Es gibt ja im rechtsgeschäftlichen Verkehr, d.h. wenn es um Verträge geht, bei unklarem "Vertreter"-Handeln keinen auf Vertragserfüllung haftenden Vertretenen, so dass dann eben der Erklärende selbst gemäß § 164 Abs.2 BGB für die rechtlichen Folgen seiner unklaren Erklärungen einstehen muss.
Im Unterschied dazu existiert in Diskriminierungsfällen ein Haftungsverantwortlicher immer. Das ist der ("richtige") Arbeitgeber, d.h. derjenige, der die Stellenausschreibung veranlasst hat. Er haftet gemäß § 15 Abs.2 AGG auf Geldentschädigung und muss sich dabei auch das diskriminierende Verhalten der von ihm eingeschalteten Personalvermittler zurechnen lassen.
Fazit: Das BAG hat mit diesem Urteil geklärt, dass sich alle Entschädigungsansprüche aus § 15 Abs.2 AGG nur gegen den Arbeitgeber richten können und nicht gegen andere Personen.
Für abgelehnte Bewerber folgt daraus die Empfehlung, Ansprüche wegen einer möglichen Diskriminierung immer gegen alle Arbeitgeber zu richten, die nach den Angaben der Stellenanzeige als Arbeitgeber in Betracht kommen. Denn andernfalls sind die zweimonatige Ausschlussfrist gemäß § 15 Abs.4 AGG und dreimonatige Klagefrist gemäß § 61b Abs.1 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) oft schon abgelaufen, wenn der abgelehnte Bewerber erstmals im Prozess erfährt, wen er richtigerweise hätte verklagen müssen.
Zu dieser Frage deutet das LAG Schleswig-Holstein zwar an, dass die Ausschlussfrist erst ab dem Zeitpunkt laufen "dürfte", zu dem der abgelehnte Bewerber Kenntnis von der Person des richtigen Arbeitgebers erlangt. Auf diese rechtliche Einschätzung sollten sich abgelehnte Bewerber aber besser nicht verlassen.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.01.2014, 8 AZR 118/13 (BAG-Pressemeldung)
- Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 22.11.2012, 4 Sa 246/12
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Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das BAG seine Entscheidungsgründe veröffentlicht. Das vollständig begründete Urteil des BAG finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 22. August 2014
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