- -> zur Mobil-Ansicht
- Arbeitsrecht aktuell
- Arbeitsrecht 2023
- Arbeitsrecht 2022
- Arbeitsrecht 2021
- Arbeitsrecht 2020
- Arbeitsrecht 2019
- Arbeitsrecht 2018
- Arbeitsrecht 2017
- Arbeitsrecht 2016
- Arbeitsrecht 2015
- Arbeitsrecht 2014
- Arbeitsrecht 2013
- Arbeitsrecht 2012
- Arbeitsrecht 2011
- Arbeitsrecht 2010
- Arbeitsrecht 2009
- Arbeitsrecht 2008
- Arbeitsrecht 2007
- Arbeitsrecht 2006
- Arbeitsrecht 2005
- Arbeitsrecht 2004
- Arbeitsrecht 2003
- Arbeitsrecht 2002
- Arbeitsrecht 2001
- Tipps und Tricks
- Handbuch Arbeitsrecht
- Gesetze zum Arbeitsrecht
- Urteile zum Arbeitsrecht
- Arbeitsrecht Muster
- Videos
- Impressum-Generator
- Webinare zum Arbeitsrecht
-
Kanzlei Berlin
030 - 26 39 62 0
berlin@hensche.de
AnfahrtDetails -
Kanzlei Frankfurt
069 - 71 03 30 04
frankfurt@hensche.de
AnfahrtDetails -
Kanzlei Hamburg
040 - 69 20 68 04
hamburg@hensche.de
AnfahrtDetails -
Kanzlei Hannover
0511 - 89 97 701
hannover@hensche.de
AnfahrtDetails -
Kanzlei Köln
0221 - 70 90 718
koeln@hensche.de
AnfahrtDetails -
Kanzlei München
089 - 21 56 88 63
muenchen@hensche.de
AnfahrtDetails -
Kanzlei Nürnberg
0911 - 95 33 207
nuernberg@hensche.de
AnfahrtDetails -
Kanzlei Stuttgart
0711 - 47 09 710
stuttgart@hensche.de
AnfahrtDetails
Ist die Zwangsverrentung von Piloten mit 60 Jahren doch europarechtswidrig?
08.07.2009. Von der körperlichen und mentalen Fitness von Verkehrspiloten hängt das Leben der Crew, der Fluggäste und letztlich auch der Einwohner der überflogenen Gebiete ab.
Daher würde sich wohl niemand gerne in ein Flugzeug setzen, das von einem 80jährigen Piloten gesteuert wird.
Aber rechtfertigen Sicherheitsbelange auch eine tarifvertragliche Altersklausel, nach denen die Arbeitssverhältnisse von Piloten der Deutschen Lufthansa mit dem 60. Lebensjahr automatisch enden? Oder liegt hier eine verbotene Altersdiskriminierung vor?
Da die international anerkannten Sicherheitsregeln eine Beendigung der Flugberechtigung von Verkehrspiloten erst mit 65 Jahren vorsehen, kann man daran zweifeln, ob die Altersgrenze 60 mit dem Europarecht und dem darauf beruhenden Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vereinbar ist.
Diese Frage hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) vor kurzem dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorgelegt: BAG, Beschluss vom 17.06.2009, 7 AZR 112/08 (A).
- Ist die tarifliche Zwangspensionierung von Piloten der Lufthansa sachlich begründet, wenn die Piloten anderer Airlines bis 65 fliegen dürfen?
- Drei Lufthansapiloten wollen nicht in Rente und verklagen die Lufthansa: Reinhard Prigge, Michael Fromm und Volker Lambach lassen nicht locker
- Das BAG möchte nicht ohne einen Hinweis des EuGH entscheiden und setzt den Fall daher aus
Ist die tarifliche Zwangspensionierung von Piloten der Lufthansa sachlich begründet, wenn die Piloten anderer Airlines bis 65 fliegen dürfen?
Die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (RL 2000/78/EG) verbietet Diskriminierungen von Erwerbstätigen, insbesondere von Arbeitnehmern, wegen bestimmter persönlicher Merkmale wie etwa des Geschlechts, der religiösen Überzeugung oder der Herkunft. Neu ist das Verbot der Schlechterstellung wegen des (geringen oder hohen) Alters.
Diese Vorgaben und damit das neue Verbot der Altersdiskriminierung wurden durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) mit Wirkung vom 18.08.2006 in das deutsche Recht übernommen. Seitdem sind sachlich nicht gerechtfertigte Benachteiligungen von Arbeitnehmern wegen ihres Alters verboten.
Sowohl die Richtlinie 2000/78/EG (Art.6 Abs.1 der Richtlinie) als auch das AGG (§ 10 AGG) erlauben jedoch Ungleichbehandlungen wegen des Alters, wenn sie „objektiv und angemessen“ sind und durch ein „legitimes Ziel“ wie etwa die Beschäftigungsförderung, gerechtfertigt sind. Zudem müssen die Mittel zur Erreichung dieses Ziels „angemessen und erforderlich“ sein.
Seit Jahren heftig umstritten ist die Wirksamkeit einer in Tarif- und/oder Arbeitsverträgen oft enthaltenen auflösenden Bedingung, der zufolge das Arbeitsverhältnis automatisch mit Erreichen des Rentenalters beendet werden soll. Nach einem grundlegenden Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 16.10.2007, C-411/05 - Palacios de la Villa (vgl. dazu Arbeitsrecht aktuell 07/77) besteht aus Arbeitnehmersicht nur noch wenig Hoffnung, sich unter Berufung auf das Verbot der Altersdiskriminierung gegen solche Zwangspensionierungen wehren zu können.
Entsprechend diesem Trend hat das Hessische Landesarbeitsgericht (LAG) in einem Urteil vom 15.10.2007 (17 Sa 809/07) die Klage dreier Piloten der Lufthansa abgewiesen, die gegen die tariflich festgelegte Beendigung ihrer Arbeitsverhältnisse mit dem Erreichen des 60. Lebensjahres geklagt hatten (wir berichteten darüber in Arbeitsrecht aktuell 07/79 Altersgrenze von 60 Jahren bei Lufthansapiloten ist rechtens). Auch das in erster Instanz zuständige Arbeitsgericht Frankfurt hatte die Klage der Piloten abgewiesen.
Nunmehr hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Beschluss vom 17.06.2009 (7 AZR 112/08 (A)) über die Revision der in den Vorinstanzen unterlegenen Piloten entschieden. Der Beschluss liegt derzeit nur in Gestalt einer Pressemitteilung des BAG vor.
Drei Lufthansapiloten wollen nicht in Rente und verklagen die Lufthansa: Reinhard Prigge, Michael Fromm und Volker Lambach lassen nicht locker
Drei angestellte Piloten der Deutschen Lufthansa im Alter von knapp über 60 Jahren erhielten von ihrem Arbeitgeber die Mitteilung, dass ihr Arbeitsverhältnis altersbedingt mit Ablauf des Monats, in dem sie das sechzigste Lebensjahres erreichten, sein Ende finde. Dabei verwies die Lufthansa auf eine tarifvertragliche Altersgrenze, die auf die Arbeitsverhältnisse der drei Piloten Anwendung findet.
Die tarifliche Beendigungsvorschrift ist in § 19 Abs.1 des Manteltarifvertrags Nr.5a für das Cockpitpersonal bei der Lufthansa AG enthalten.
Die Piloten sahen sich durch die tarifliche Altersgrenzenregelung wegen ihres Alters diskriminiert. Im wesentlichen lautete ihr Argument, dass man auch mit über 60 Jahren noch ein guter Pilot sein könne. Das Argument der Lufthansa, mit zunehmendem Alter komme es häufiger zu Fehlleistungen und damit zu einer Gefahr für die Luftsicherheit, ließen die Piloten nicht gelten, wobei sie darauf verwiesen, dass andere Luftverkehrsgesellschaften ihre Piloten erst mit 65 in die Rente schicken würden. Sogar im Konzern der Lufthansa gebe es Bereiche, in denen Piloten noch bis zum 65. Lebensjahr eingesetzt würden.
Die drei Piloten erhoben daher gegen die Beendigung ihrer Arbeitsverhältnisse im Rahmen eines gemeinsam geführten Verfahrens Klage vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main. Sie beantragten die Feststellung, dass ihre Arbeitsverhältnisse nicht aufgrund der o.g. tariflichen Beendigungsvorschrift geendet haben.
Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main wies die Klage mit Urteil vom 14.03.2007 (6 Ca 7405/06) zurück. Auch vor dem Hessischen LAG hatten die Piloten wie erwähnt keinen Erfolg (Urteil vom 15.10.2007, 17 Sa 809/07).
Das BAG möchte nicht ohne einen Hinweis des EuGH entscheiden und setzt den Fall daher aus
Das BAG hat den Rechtsstreit ausgesetzt und den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) um eine Vorabentscheidung gebeten. Die Vorlagefragen sind derzeit noch nicht bekannt. Der Pressemitteilung des BAG ist aber zu entnehmen, dass es um die Frage geht, ob tarifliche Regelungen über eine Altersgrenze von 60 Jahren für Piloten mit den Vorgaben des Gemeinschaftsrechts vereinbar sind.
Zwar hat das BAG in bisheriger Rechtsprechung tarifliche Altersgrenzen von 60 Jahren für Piloten für wirksam gehalten. Nach Inkrafttreten des AGG am 18.08.2006 und unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH zu dem gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz des Verbots der Altersdiskriminierung hatte das BAG jedoch Zweifel an der Richtigkeit dieser Rechtsprechung. Nach seiner Ansicht hängt es von der Auslegung von Art. 2 Abs. 5, Art. 4 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG ab, ob die bisherige Rechtsprechung aufrechterhalten werden kann.
Das BAG hat daher das Verfahren zusammen mit einigen Parallelverfahren bis zur Entscheidung des EuGH im Vorabentscheidungsverfahren ausgesetzt. Die Entscheidung des BAG ist auf den ersten Blick überraschend, hatte der siebte Senat doch vor fast genau einem Jahr im gegenteiligen Sinne entschieden, indem er die Zwangspensionierung einer angestellten Reinigungskraft aufgrund einer tariflichen Beendigungsvorschrift für zulässig hielt und hier auch keine europarechtlichen Bedenken äußerte (BAG, Urteil vom 18.06.2008, 7 AZR 116/07 - wir berichteten darüber in Arbeitsrecht aktuell: 08/077 Tarifliche Auflösung von Arbeitsverhältnissen mit Erreichen des Rentenalters ist rechtens.). Allerdings trat die Auflösung des Arbeitsverhältnisses in dem damals entschiedenen Fall erst mit dem 65. Lebensjahr ein, wohingegen es die Piloten härter trifft, da sie schon fünf Jahre früher ausscheiden sollen.
Darüber hinaus zeichnet sich in der aktuellen Rechtsprechung deutlich die Tendenz ab, bei der Frage des diskriminierenden Charakters altersabhängiger Auflösungsklauseln nach Branchen bzw. Berufen zu unterscheiden, da je nach Branche bzw. Beruf verschiedene Zwecke hinter der Zwangsverrentung stehen können. Das für die Lufthansa zentrale Argument pro Zwangsverrentung, nämlich die altersbedingt abnehmende Leistungsfähigkeit von Piloten und die daraus (angeblich) folgende Gefährdung der Flugsicherheit durch den Einsatz zu alter Piloten, spielt bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit anderer Zwangsverrentungen keine Rolle, etwa im Falle der Flugbegleiter.
Fazit: Es ist nach wie vor weitgehend offen, ob vom Alter oder der Rentenberechtigung abhängige Auflösungsklauseln rechtens sind. Für die Betroffenen lohnt sich daher auf jeden Fall eine arbeitsgerichtliche Überprüfung der altersbedingten Auflösung ihrer Arbeitsverhältnisse.
Nähere Informationen finden Sie hier
- Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 17.06.2009, 7 AZR 112/08 (A)
- Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 15.10.2007, 17 Sa 809/07
- Arbeitsgericht Frankfurt, Urteil vom 14.03.2007, 6 Ca 7405/06
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierung
- Arbeitsrecht aktuell: 17/180 EuGH bestätigt Altersgrenze von 65 Jahren für Verkehrspiloten
- Arbeitsrecht aktuell: 16/119 Altersgrenze 65 für Piloten
- Arbeitsrecht aktuell: 11/178 EuGH kippt Altersgrenze 60 für Lufthansa-Piloten
- Arbeitsrecht aktuell: 10/173 Tariflicher Rentenzwang bei der Hamburger Hochbahn unwirksam
- Arbeitsrecht aktuell: 09/094 Sind Zwangspensionierungen doch europarechtswidrig?
- Arbeitsrecht aktuell: 08/077 Tarifliche Auflösung von Arbeitsverhältnissen mit Erreichen des Rentenalters ist rechtens.
- Arbeitsrecht aktuell: 07/79 Altersgrenze von 60 Jahren bei Lufthansapiloten ist rechtens
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das Gericht seine Entscheidungsgründe schriftlich abgefasst und veröffentlicht. Die Entscheidungsgründe im Volltext finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 18. Dezember 2017
Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gern:
Dr. Martin Hensche Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Kontakt: 030 / 26 39 620 hensche@hensche.de | |
Christoph Hildebrandt Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Kontakt: 030 / 26 39 620 hildebrandt@hensche.de | |
Nina Wesemann Rechtsanwältin Fachanwältin für Arbeitsrecht Kontakt: 040 / 69 20 68 04 wesemann@hensche.de |
Bewertung:
HINWEIS: Sämtliche Texte dieser Internetpräsenz mit Ausnahme der Gesetzestexte und Gerichtsentscheidungen sind urheberrechtlich geschützt. Urheber im Sinne des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (UrhG) ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Martin Hensche, Lützowstraße 32, 10785 Berlin.
Wörtliche oder sinngemäße Zitate sind nur mit vorheriger schriftlicher Genehmigung des Urhebers bzw.
bei ausdrücklichem Hinweis auf die fremde Urheberschaft (Quellenangabe iSv. § 63 UrhG) rechtlich zulässig.
Verstöße hiergegen werden gerichtlich verfolgt.
© 1997 - 2024:
Rechtsanwalt Dr. Martin Hensche, Berlin
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Lützowstraße 32, 10785 Berlin
Telefon: 030 - 26 39 62 0
Telefax: 030 - 26 39 62 499
E-mail: hensche@hensche.de