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ARBEITSRECHT AKTUELL // 10/227

An­spruch des Ar­beit­neh­mers auf For­mu­lie­rung sei­nes Zeug­nis­ses durch Pro­zess­ver­gleich

Wer hat die For­mu­lie­rungs­ho­heit?: Lan­des­ar­beits­ge­richt Hamm, Be­schluss vom 04.08.2010, 1 Ta 196/10
Zeugnis mit Stempel, Datum und Unterschrift Ge­richt­li­cher Ver­gleich: Ver­spro­chen ist ver­spro­chen

19.11.2010. Zeug­nis­se sind aus Ar­beit­neh­mer­sicht sehr wich­tig, weil sie un­ter Um­stän­den für das be­ruf­li­che Fort­kom­men ent­schei­dend sein kön­nen.

Am En­de Ih­res Ar­beits­ver­hält­nis­ses ha­ben sie da­her ge­gen den Ar­beit­ge­ber ei­nen An­spruch auf ein schrift­li­ches Zeug­nis, in dem ne­ben An­ga­ben zu Art und Dau­er der Tä­tig­keit auch sol­che zur Leis­tung und zum Ver­hal­ten ge­macht wer­den müs­sen (§ 109 Abs. 1 Ge­wer­be­ord­nung - Ge­wO).

In den letz­ten Jah­ren sind Ar­beit­ge­ber zu­neh­mend da­zu über­ge­gan­gen, den Ar­beit­neh­mer selbst ein sol­ches qua­li­fi­zier­tes Zeug­nis schrei­ben zu las­sen, um Zeit zu spa­ren und Kon­flik­te zu ver­mei­den. Hier­zu ver­pflich­tet sind sie aber nicht.

Auch wenn das Ar­beits­ver­hält­nis nicht har­mo­nisch en­det, son­dern es bei­spiels­wei­se zu ei­nem Kün­di­gungs­schutz­pro­zess kommt, hat es sich ein­ge­bür­gert, bei ei­ner güt­li­chen Ei­ni­gung zu­gleich dem Zeug­nis­in­halt mit zu re­geln. Ar­beit­neh­mer sind hier gut be­ra­ten, mög­lichst kon­kre­te in­halt­li­che Vor­ga­ben zu ma­chen, um spä­te­re Über­ra­schun­gen zu ver­mei­den und sich ei­ne vor­teil­haf­te recht­li­che Po­si­ti­on zu si­chern.

Dies be­ach­te­te im Aus­gangs­punkt auch ei­ne ehe­ma­li­ge An­ge­stell­te, die mit ih­rem Ar­beit­ge­ber im Rah­men ei­nes ar­beits­ge­richt­li­chen Ver­gleichs ein wohl­wol­len­des, qua­li­fi­zier­tes Zeug­nis ver­ein­bar­te. In der Ab­re­de hieß es un­ter an­de­rem:

"Hin­sicht­lich der Zeug­nis­for­mu­lie­rung er­hält die Klä­ge­rin ein Vor­schlags­recht, wo­bei die Be­klag­te be­reits jetzt wohl­wol­len­de Prü­fung ei­nes von der Klä­ge­rin ein­zu­rei­chen­den Ent­wur­fes und ab­wei­chen nur bei gro­ber Un­rich­tig­keit zu­si­chert."

Der von ihr dar­auf­hin vor­ge­leg­te, mit Su­per­la­ti­ven ge­spick­te Ent­wurf ("au­ßer­or­dent­lich sorg­fäl­tig", "auf höchs­tem Ni­veau", "ganz­heit­li­che Be­treu­ung", "Auf­ga­ben­er­fül­lung ... in be­mer­kens­wert kur­zer Zeit") wur­de vom Ar­beit­ge­ber in in­halt­lich ab­ge­schwäch­ter Form aus­ge­fer­tigt.

Dar­auf­hin lei­te­te die An­ge­stell­te die Zwangs­voll­stre­ckung ein und be­an­trag­te, Ih­ren Ar­beit­ge­ber mit Zwangs­geld, er­satz­wei­se Zwangs­haft, zur Er­tei­lung des ver­ein­bar­ten Ar­beits­zeug­nis­ses an­zu­hal­ten. Da­mit hat­te sie so­wohl vor dem Ar­beits­ge­richt Iser­lohn (Be­schluss vom 22.02.2010, s5 Ca 720/09) als auch vor dem Lan­des­ar­beits­ge­richt (LAG) Hamm (Be­schluss vom 04.08.2010, 1 Ta 196/10) Er­folg.

Das LAG äu­ßer­te sich zwar kri­tisch über die auf den ers­ten Blick wi­der­sprüch­lich er­schei­nen­de Ver­gleichs­for­mu­lie­rung, in der ei­ner­seits von ei­nem Recht und ei­nem Ent­wurf die Re­de ist, aber an­de­rer­seits ein be­stimm­ter In­halt zu­ge­si­chert wird. Im Er­geb­nis war für das Ge­richt aber klar, dass der Schwer­punkt der Re­ge­lung in der Zu­si­che­rung lag. Da die Än­de­run­gen eher un­er­heb­lich wa­ren, mein­te es auch, ih­nen lä­ge kei­ne gro­be Un­rich­tig­keit des Ent­wurfs zu Grun­de. Der Ar­beit­ge­ber war da­her an die­sen ge­bun­den.

Fa­zit: Die Ent­schei­dung zeigt, wie wich­tig kor­rek­te For­mu­lie­run­gen in ei­nem ge­richt­li­chen Ver­gleich sind. Denn durch ei­ne ge­eig­ne­te Zeug­nis­klau­sel in ei­nem Ver­gleich er­hal­ten Ar­beit­neh­mer, was sie nor­ma­ler­wei­se nicht ha­ben: Ei­nen An­spruch auf ein Ar­beits­zeug­nis nach Wunsch.

Bei der For­mu­lie­rung des Zeug­nis­ses soll­te man trotz­dem dar­auf ach­ten, die Wor­te rea­lis­tisch zu wäh­len. Denn auch ein "zu gu­tes" Zeug­nis kann Per­so­na­ler skep­tisch ma­chen.

Nä­he­re In­for­ma­tio­nen fin­den sie hier:

Letzte Überarbeitung: 1. November 2018

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