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BAG, Ur­teil vom 10.07.2013, 10 AZR 915/12

   
Schlagworte: Versetzung, Weisungsrecht
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 10 AZR 915/12
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 10.07.2013
   
Leitsätze: Die personelle Auswahlentscheidung bei einer Versetzung entspricht nicht billigem Ermessen iSv. § 106 GewO, § 315 BGB, wenn der Arbeitgeber nur Beschäftigte in die Auswahl einbezieht, deren Arbeitsverhältnisse zunächst befristet waren und erst später entfristet wurden.
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Dresden, Urteil vom 24.4.2012 - 4 Ca 2313/11
Sächsisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 14.9.2012 - 2 Sa 356/12
   


BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT


10 AZR 915/12
2 Sa 356/12

Säch­si­sches
Lan­des­ar­beits­ge­richt

 

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am

10. Ju­li 2013

UR­TEIL

Jatz, Ur­kunds­be­am­tin

der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

Be­klag­te, Be­ru­fungskläge­rin und Re­vi­si­onskläge­rin,

pp.

Kläge­rin, Be­ru­fungs­be­klag­te und Re­vi­si­ons­be­klag­te,

hat der Zehn­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 10. Ju­li 2013 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Prof. Dr. Mi­kosch, die Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt
 


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Schmitz-Scho­le­mann und Rein­fel­der so­wie die eh­ren­amt­li­che Rich­te­rin Ziel­ke und den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Dr. Klein für Recht er­kannt:

1. Die Re­vi­si­on der Be­klag­ten ge­gen das Ur­teil des Säch­si­schen Lan­des­ar­beits­ge­richts vom 14. Sep­tem­ber 2012 - 2 Sa 356/12 - wird zurück­ge­wie­sen.

2. Die Be­klag­te hat die Kos­ten der Re­vi­si­on zu tra­gen.

Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten über die Wirk­sam­keit ei­ner ört­li­chen Ver­set­zung


Die 1969 ge­bo­re­ne Kläge­rin war seit dem 20. Ju­li 2009 zunächst be­fris­tet bis zum 31. De­zem­ber 2009 beschäftigt. Mit Ar­beits­ver­trag vom 23. De­zem­ber 2009 ver­ein­bar­ten die Par­tei­en ei­ne wei­te­re be­fris­te­te Beschäfti­gung für den Zeit­raum vom 1. Ja­nu­ar 2010 bis zum 31. De­zem­ber 2011. In ei­nem Ver­merk zum Ar­beits­ver­trag wur­de die Be­fris­tung mit ent­spre­chen­den Ermäch­ti­gun­gen im Haus­halts­plan der Be­klag­ten be­gründet. Der Kläge­rin wur­de mit Schrei­ben vom 15. Ju­li 2009 die Tätig­keit ei­ner „Fachas­sis­ten­tin Ar­beit­neh­mer­leis­tun­gen SGB III (An­trags­ser­vice und Be­ar­bei­tungsbüro)“ in der Agen­tur für Ar­beit P zu­ge­wie­sen, mit Schrei­ben vom 29. Ju­li 2010 die glei­che Tätig­keit in der Geschäfts­stel­le F der Agen­tur für Ar­beit P. Sie ist in die Tätig­keits­ebe­ne V ein­grup­piert (§ 4 des Ar­beits­ver­trags). Der Ver­trag enthält kei­ne An­ga­ben zum Ar­beits­ort.

Gemäß § 2 des Ar­beits­ver­trags be­stimmt sich das Ar­beits­verhält­nis nach dem Ta­rif­ver­trag für die Ar­beit­neh­me­rin­nen und Ar­beit­neh­mer der Bun­des­agen­tur für Ar­beit (TV-BA) und den die­sen ergänzen­den, ändern­den oder er­set­zen­den Ta­rif­verträgen.

§ 4 Abs. 1 TV-BA vom 28. März 2006 idF des 9. Ände­rungs-TV vom 21. März 2011 lau­tet:

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„Beschäftig­te können aus dienst­li­chen Gründen um­ge­setzt, ver­setzt oder ab­ge­ord­net wer­den. Um­set­zung ist die vorüber­ge­hen­de oder dau­er­haf­te Über­tra­gung ei­ner Tätig­keit in­ner­halb der Dienst­stel­le der/des Beschäftig­ten. Ab­ord­nung ist die Zu­wei­sung ei­ner vorüber­ge­hen­den Beschäfti­gung bei ei­ner an­de­ren Dienst­stel­le der BA. Ver­set­zung ist die Zu­wei­sung ei­ner auf Dau­er be­stimm­ten Beschäfti­gung bei ei­ner an­de­ren Dienst­stel­le der BA un­ter Fort­set­zung des be­ste­hen­den Ar­beits­verhält­nis­ses. Sol­len Beschäftig­te an ei­ne Dienst­stel­le außer­halb des bis­he­ri­gen Ar­beits­or­tes ver­setzt oder vor­aus­sicht­lich länger als drei Mo­na­te ab­ge­ord­net wer­den, so sind sie vor­her zu hören.


Nie­der­schrifts­erklärung zu Ab­satz 1:

Der Be­griff ‚Ar­beits­ort’ ist ein ge­ne­ra­li­sier­ter Ober­be­griff; die Be­deu­tung un­ter­schei­det sich nicht vom bis­he­ri­gen Be­griff ‚Dienst­ort’.“
 

Im An­schluss an die Ent­schei­dung des Sieb­ten Se­nats des Bun­des­ar­beits­ge­richts vom 9. März 2011 (- 7 AZR 728/09 - BA­GE 137, 178) über­mit­tel­te die Be­klag­te ih­rem Haupt­per­so­nal­rat (HPR) un­ter dem 30. März 2011 (Rechts­kreis SGB III) und un­ter dem 15. April 2011 (Rechts­kreis SGB II) je­weils ei­ne na­he­zu gleich­lau­ten­de E-Mail-In­fo Per­so­nal/Or­ga­ni­sa­ti­ons­ent­wick­lung (POE) „Un­ter­brin­gung der ent­fris­tet Beschäftig­ten; Ein­stel­lungs- und Be­set­zungs­stopp“ mit der Bit­te um Zu­stim­mung ua. nach § 76 Abs. 2 Nr. 8 BPers­VG. Nach dem In­halt der Mit­tei­lun­gen soll­ten sämt­li­che bis­lang aus Haus­halts­gründen be­fris­te­ten Verträge ent­fris­tet wer­den. Darüber hin­aus ist ua. ge­re­gelt, dass die be­trof­fe­nen Beschäftig­ten ent­we­der vor Ort auf va­kan­ten Dienst­pos­ten (ein­sch­ließlich 136 zusätz­li­cher Stel­len­zu­tei­lun­gen) ein­ge­setzt oder Stel­len­be­set­zungs­ket­ten zur Ver­bes­se­rung der orts­na­hen Un­ter­brin­gung ge­bil­det wer­den. Es gel­te der Grund­satz „An­satz der Dau­er­kräfte dort, wo dau­er­haft Be­darf be­steht“ (je­weils Ziff. 3 Abs. 4 der E-Mail-In­fos POE). Sei ein Ein­satz in der bis­he­ri­gen Beschäfti­gungs­dienst­stel­le nicht möglich, sei­en die „Über­hang­kräfte“ sta­tus­ge­recht und nach Eig­nungs­ge­sichts­punk­ten auf va­kan­ten Dienst­pos­ten in an­de­ren Dienst­stel­len ein­zu­set­zen. Bei den zu tref­fen­den Per­so­nal­ent­schei­dun­gen sei­en die persönli­chen Le­bens­umstände zu berück­sich­ti­gen. Un­ter dem 8. April 2011 bzw. dem 5. Mai 2011 un­ter­zeich­ne­te der Vor­sit­zen­de des Haupt-



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per­so­nal­rats die je­wei­li­ge E-Mail-In­fo POE mit dem Zu­satz, dass Ein­wen­dun­gen nicht er­ho­ben würden.

Am 21. Ju­ni 2011 ver­ein­bar­ten die Par­tei­en ei­ne un­be­fris­te­te Wei­ter­beschäfti­gung über den 31. De­zem­ber 2011 hin­aus zu im Übri­gen un­veränder­ten Be­din­gun­gen. Ent­spre­chen­de Ver­ein­ba­run­gen sind auch mit an­de­ren Ar­beit­neh­mern er­folgt, de­ren Ar­beits­verhält­nis­se nach § 14 Abs. 1 Nr. 7 Tz­B­fG be­fris­tet wa­ren.


Eben­falls am 21. Ju­ni 2011 teil­te die Be­klag­te der Kläge­rin die Ab­sicht mit, sie zur Agen­tur für Ar­beit W zu ver­set­zen und hörte sie da­zu an. In die Aus­wahl der aus ih­rer Sicht zu ver­set­zen­den Beschäftig­ten hat die Be­klag­te nur die Ar­beit­neh­mer ein­be­zo­gen, de­ren Ar­beits­verträge nach § 14 Abs. 1 Nr. 7 Tz­B­fG be­fris­tet wa­ren und ent­fris­tet wur­den.


Mit Schrei­ben vom 14. Ju­li 2011 ver­setz­te die Be­klag­te die Kläge­rin zum 1. Au­gust 2011 zur Agen­tur für Ar­beit W.


Die Kläge­rin hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, es feh­le an ei­nem dienst­li­chen Grund für die Ver­set­zung, in der Agen­tur für Ar­beit P be­ste­he wei­ter­hin aus­rei­chen­der Beschäfti­gungs­be­darf. Je­den­falls bis zum En­de des Jah­res 2011, dem ursprüng­li­chen Be­fris­tungs­en­de ih­res Ver­trags, hätten auch Haus­halts­mit­tel zur Verfügung ge­stan­den. Die Aus­wahl der zu ver­set­zen­den Beschäftig­ten sei feh­ler­haft er­folgt; auch zu­vor un­be­fris­tet beschäftig­te Ar­beit­neh­mer hätten ein­be­zo­gen wer­den müssen. Die Ver­set­zung nach W sei ihr un­zu­mut­bar. Sie ha­be ei­nen langjähri­gen Le­bens­gefähr­ten, der be­ruf­lich re­gio­nal ge­bun­den sei, sie ver­sor­ge ih­re schwer­be­hin­der­te Mut­ter und ab­sol­vie­re ei­ne ei­gen­fi­nan­zier­te Qua­li­fi­zie­rung in deut­scher Gebärden­spra­che im säch­si­schen Dia­lekt, die sie bei ei­nem ört­li­chen Wech­sel ab­bre­chen müsse. Als mil­de­res Mit­tel sei ein Ein­satz in­ner­halb Sach­sens möglich ge­we­sen. Im Übri­gen feh­le es an ei­ner ord­nungs­gemäßen Be­tei­li­gung der zuständi­gen Per­so­nalräte.


Die Kläge­rin hat be­an­tragt 

fest­zu­stel­len, dass ih­re Ver­set­zung vom 14. Ju­li 2011 zur Agen­tur für Ar­beit W un­wirk­sam ist.

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Die Be­klag­te hat be­an­tragt, die Kla­ge ab­zu­wei­sen. Sie ist der An­sicht, dass sie ihr Di­rek­ti­ons­recht rechtmäßig aus­geübt ha­be.

Bun­des­weit sei­en ca. 4.200 Ar­beits­verhält­nis­se von der Ent­schei­dung des Bun­des­ar­beits­ge­richts vom 9. März 2011 be­trof­fen ge­we­sen; dem hätten le­dig­lich 2.750 va­kan­te Stel­len ge­genüber­ge­stan­den. In der Re­gio­nal­di­rek­ti­on Sach­sen sei­en 355 Per­so­nal­ein­z­elfälle im sog. Über­hang ge­we­sen, de­nen 233 An­satzmöglich­kei­ten auf (fi­nan­zier­ten) Dau­er­stel­len ge­genüber­ge­stan­den hätten. Es sei­en da­mit 122 Ver­set­zun­gen außer­halb des Be­zirks der Re­gio­nal­di­rek­ti­on not­wen­dig ge­we­sen, weil die ent­spre­chen­den Kos­ten durch den Per­so­nal­haus­halt nicht ge­deckt ge­we­sen sei­en. Gemäß § 49 BHO, der für An­ge­stell­te ana­log an­zu­wen­den sei, dürfe ein Ein­satz nur im Rah­men der fest­ge­leg­ten An­zahl von Plan­stel­len er­fol­gen. Im Be­zirk der Agen­tur für Ar­beit P ha­be im Haus­halts­plan nur ei­ne freie, be­setz­ba­re Dau­er­stel­le der Tätig­keits-ebe­ne V zur Verfügung ge­stan­den. Hin­ge­gen sei­en 13 Beschäftig­te die­ser Ebe­ne im Über­hang ge­we­sen. Die Be­set­zung der frei­en Stel­le sei an­hand der vom HPR mit­be­stimm­ten Ver­set­zungs­richt­li­nie nach Be­steig­nung er­folgt. Im Be­zirk der Agen­tur für Ar­beit W sei­en dem­ge­genüber Stel­len un­be­setzt ge­we­sen; dort ha­be drin­gen­der Be­darf be­stan­den.


Der Kläge­rin sei ei­ne Ver­set­zung dort­hin auch un­ter Abwägung ih­rer persönli­chen Umstände zu­zu­mu­ten; der TV-BA se­he ent­spre­chen­de fi­nan­zi­el­le Leis­tun­gen zum Aus­gleich der Be­las­tun­gen vor. Beschäftig­te, die dau­er­haft bei der Agen­tur für Ar­beit P beschäftigt wa­ren und be­reits ei­ne ent­spre­chen­de Plan­stel­le be­setzt hätten, sei­en im In­ter­es­se ei­ner funk­tio­nie­ren­den Ver­wal­tung nicht in die Aus­wahl ein­zu­be­zie­hen. Im Übri­gen sei die Grup­pen­bil­dung be­reits durch das Haus­halts­recht be­dingt, ste­he des­halb außer­halb der Ent­schei­dung nach § 106 Ge­wO und ver­s­toße auch nicht ge­gen Art. 3 GG. Bei den mit dem Haupt­per­so­nal­rat ab­ge­schlos­se­nen E-Mail-In­fos POE vom 30. März 2011 bzw. vom 15. April 2011 hand­le es sich ma­te­ri­ell um Dienst­ver­ein­ba­run­gen, auch wenn die Form nicht ein­ge­hal­ten wor­den sei. Min­des­tens lie­ge ei­ne Ver­wal­tungs­vor­schrift vor, in der Be­ur­tei­lungs­spielräume und Er­mes­sen ein­heit­lich ge­re­gelt würden und die im Hin­blick auf Art. 3 GG Außen­wir­kung ha­be. Ei­ne an­de­re Re­ge­lung, die auch die auf ei­ner Plan­stel­le beschäftig­ten Mit­ar­bei­ter


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be­trof­fen hätte, wäre nicht prak­ti­ka­bel ge­we­sen. Ein bun­des­wei­ter Aus­tausch der Mit­ar­bei­ter wäre mit nicht zu­mut­ba­ren Aus­wir­kun­gen auf die Auf­ga­ben­er­le­di­gung in den ein­zel­nen Dienst­stel­len ein­her­ge­gan­gen und im We­ge der Mit­be­stim­mung nicht oh­ne mas­si­ve Störung des Be­triebs­frie­dens durch­setz­bar ge­we­sen.


Das Ar­beits­ge­richt hat der Kla­ge statt­ge­ge­ben. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat die Be­ru­fung der Be­klag­ten zurück­ge­wie­sen. Mit der vom Lan­des­ar­beits­ge­richt zu­ge­las­se­nen Re­vi­si­on be­gehrt die Be­klag­te wei­ter­hin ei­ne Ab­wei­sung der Kla­ge.

Ent­schei­dungs­gründe

Die zulässi­ge Re­vi­si­on ist un­be­gründet. 


I. Die zulässi­ge Kla­ge ist be­gründet. Die Ver­set­zung vom 14. Ju­li 2011 ist rechts­un­wirk­sam.

1. Das ver­trag­li­che Wei­sungs­recht der Be­klag­ten um­fasst die Be­fug­nis, der Kläge­rin nach Maßga­be der § 106 Satz 1 Ge­wO, § 2 des Ar­beits­ver­trags vom 23. De­zem­ber 2009 iVm. § 4 Abs. 1 TV-BA ei­nen an­de­ren Ar­beits­ort zu­zu­wei­sen.

a) Nach § 106 Satz 1 Ge­wO darf der Ar­beit­ge­ber den Ort der Ar­beits­leis­tung nach bil­li­gem Er­mes­sen näher be­stim­men, so­weit die­ser nicht durch den Ar­beits­ver­trag, Be­stim­mun­gen ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung, ei­nes an­wend­ba­ren Ta­rif­ver­trags oder ge­setz­li­che Vor­schrif­ten fest­ge­legt ist. Bei der Prüfung der Wirk­sam­keit ei­ner Ver­set­zung ist zunächst durch Aus­le­gung zu er­mit­teln, wel­chen In­halt die ver­trag­li­chen Re­ge­lun­gen un­ter Berück­sich­ti­gung al­ler Umstände des Ein­zel­falls ha­ben. Da­bei ist ins­be­son­de­re fest­zu­stel­len, ob ein be­stimm­ter Tätig­keits­ort ver­trag­lich fest­ge­legt ist und wel­chen In­halt ein ggf. ver­ein­bar­ter Ver­set­zungs­vor­be­halt hat oder ob Nor­men ei­nes an­wend­ba­ren Ta­rif­ver­trags Re­ge­lun­gen da­zu tref­fen (vgl. BAG 26. Sep­tem­ber 2012 - 10 AZR


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412/11 - Rn. 19; 19. Ja­nu­ar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 12; 25. Au­gust 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 18, BA­GE 135, 239). Ist der Ar­beits­ort nicht fest­ge­legt, er­gibt sich der Um­fang der Wei­sungs­rech­te des Ar­beit­ge­bers aus § 106 Ge­wO, ggf. in Ver­bin­dung mit an­wend­ba­ren ta­rif­li­chen Re­ge­lun­gen. Weist der Ar­beit­ge­ber dem Ar­beit­neh­mer ei­nen an­de­ren Ar­beits­ort zu, so un­ter­liegt dies der Ausübungs­kon­trol­le gemäß § 106 Satz 1 Ge­wO, § 315 Abs. 3 BGB (BAG 26. Sep­tem­ber 2012 - 10 AZR 412/11 - Rn. 22).


b) Der Ar­beits­ort der Kläge­rin ist nicht ver­trag­lich auf P oder den Be­zirk der Agen­tur für Ar­beit P fest­ge­legt. Der Ar­beits­ver­trag vom 23. De­zem­ber 2009, der durch die Ände­rungs­ver­ein­ba­rung vom 21. Ju­ni 2011 in­so­weit un­berührt ge­blie­ben ist, legt kei­nen be­stimm­ten Ar­beits­ort fest. In ei­nem sol­chen Fall ist ei­ne ört­li­che Ver­set­zung ver­trag­lich nicht aus­ge­schlos­sen und grundsätz­lich vom ge­setz­li­chen Wei­sungs­recht der Be­klag­ten aus § 106 Satz 1 Ge­wO ge­deckt (vgl. BAG 19. Ja­nu­ar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 17; 25. Au­gust 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 22, BA­GE 135, 239). Dem ent­spricht § 4 Abs. 1 Satz 1 iVm. Satz 4 TV-BA, wo­nach ei­ne Ver­set­zung aus dienst­li­chen Gründen möglich ist.

Durch die Ver­mer­ke zu den be­fris­te­ten Ar­beits­verträgen vom 15. Ju­li 2009 und vom 23. De­zem­ber 2009 wur­de P nicht zum Ar­beits­ort be­stimmt. Die Ver­mer­ke ge­ben le­dig­lich den Ort der tatsächli­chen Beschäfti­gung wie­der, der durch Ausübung des ar­beit­ge­ber­sei­ti­gen Di­rek­ti­ons­rechts mit Schrei­ben vom 15. Ju­li 2009 be­stimmt wur­de. Mit der Zu­wei­sung der Tätig­keit in P hat die Be­klag­te im Übri­gen aus­drück­lich dar­auf hin­ge­wie­sen, dass die ta­rif­li­chen Vor­schrif­ten über die Ver­set­zung, Ab­ord­nung usw. un­berührt blei­ben. Glei­ches er­folg­te im Schrei­ben vom 29. Ju­li 2010, mit dem der Kläge­rin ei­ne Tätig­keit in der Geschäfts­stel­le F der Agen­tur für Ar­beit P zu­ge­wie­sen wur­de.

2. Es kann da­hin­ste­hen, ob ein dienst­li­cher Grund iSv. § 4 Abs. 1 TV-BA für die Ver­set­zung von der Agen­tur für Ar­beit P zur Agen­tur für Ar­beit W zum 1. Au­gust 2011 be­stand.
 


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a) Die Ta­rif­norm knüpft die Ver­set­zungs­be­fug­nis der Be­klag­ten an dienst­li­che Gründe, dh. an Gründe, die im In­ter­es­se des öffent­li­chen Diens­tes lie­gen (BAG 21. Ja­nu­ar 2004 - 6 AZR 583/02 - zu II 2 c aa der Gründe, BA­GE 109, 207; 20. Ja­nu­ar 1960 - 4 AZR 267/59 - BA­GE 8, 338). Die ord­nungs­gemäße Auf­ga­ben­er­le­di­gung in der Ver­wal­tung muss un­ter Be­ach­tung des Grund­sat­zes der Wirt­schaft­lich­keit den Ein­satz des An­ge­stell­ten bei der an­de­ren Dienst­stel­le er­for­dern (BAG 11. Ju­ni 1992 - 6 AZR 218/91 - zu II 3 der Gründe). Die Be­klag­te als bun­des­un­mit­tel­ba­re Körper­schaft des öffent­li­chen Rechts (§ 367 Abs. 1 SGB III) gehört dem öffent­li­chen Dienst an. Ob dienst­li­che Gründe vor­lie­gen, un­ter­liegt der vol­len ge­richt­li­chen Kon­trol­le (BAG 21. Ja­nu­ar 2004 - 6 AZR 583/02 - aaO). Maßgeb­lich für die Wirk­sam­keit ist da­bei der Zeit­punkt der Maßnah­me (BAG 26. Sep­tem­ber 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 34; 14. Ju­li 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 89, BA­GE 135, 128 [zur Er­mes­sens­ent­schei­dung nach § 106 Ge­wO]). Fal­len Maßnah­me und ihr Wirk­sam­wer­den aus­ein­an­der (zB im Fall ei­ner Ver­set­zung mit ei­ner Ankündi­gungs­frist), muss im Zeit­punkt der Maßnah­me die Pro­gno­se ge­recht­fer­tigt sein, dass der dienst­li­che Grund bei der Um­set­zung der Maßnah­me vor­lie­gen wird (BAG 26. Sep­tem­ber 2012 - 10 AZR 311/11 - aaO).


b) Es liegt na­he, be­darf aber kei­ner ab­sch­ließen­den Ent­schei­dung, dass die Be­klag­te auf die Per­so­nal­si­tua­ti­on in der Agen­tur für Ar­beit P ab­stel­len durf­te. Ei­nen dienst­li­chen Grund für ei­ne Ver­set­zung kann bei­spiels­wei­se der zurück­ge­hen­de tatsächli­che Beschäfti­gungs­be­darf in ei­ner Dienst­stel­le bei gleich­zei­ti­gem Be­darf in ei­ner an­de­ren Dienst­stel­le dar­stel­len (vgl. BAG 13. Ok­to­ber 2009 - 9 AZR 722/08 - Rn. 22, BA­GE 132, 210). Ein sol­cher kann auch vor­lie­gen, wenn auf­grund von Ände­run­gen von Ver­wal­tungs­struk­tu­ren Ar­beits­auf­ga­ben ver­la­gert wer­den und der Ar­beit­ge­ber die­se Auf­ga­ben am neu­en Ar­beits­ort wei­ter von dem dafür qua­li­fi­zier­ten und ein­ge­ar­bei­te­ten Per­so­nal wahr­neh­men las­sen will (BAG 17. Au­gust 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 28; 14. Ju­li 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 56 f., BA­GE 135, 128). Da­bei ist es grundsätz­lich Sa­che des öffent­li­chen Ar­beit­ge­bers, im Rah­men sei­ner Or­ga­ni­sa­ti­ons­ho­heit (vgl. da­zu BAG 21. Fe­bru­ar 2012 - 9 AZR 479/10 - Rn. 18 f.) fest­zu­le­gen, mit wel­chem Per­so­nal­um­fang die zu erfüllen­den Auf­ga­ben in ei­ner Dienst­stel­le


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er­le­digt wer­den (BAG 23. No­vem­ber 2004 - 2 AZR 38/04 - zu B I 1 a der Gründe mwN, BA­GE 112, 361 [be­triebs­be­ding­te Kündi­gung im öffent­li­chen Dienst]; vgl. auch 18. Ja­nu­ar 2007 - 2 AZR 796/05 - Rn. 19 [zur un­ter­neh­me­ri­schen Ent­schei­dung in der Pri­vat­wirt­schaft zur Recht­fer­ti­gung ei­ner be­triebs­be­ding­ten Ände­rungskündi­gung]). Un­ter Umständen be­ste­hen Bin­dun­gen haus­halts­recht­li­cher Na­tur, so wenn in ei­nem Haus­halts­plan ei­ne kon­kre­te Stel­le ge­stri­chen, ein sog. kw-Ver­merk an­ge­bracht oder aus ei­nem Per­so­nal­be­darfs­plan der Weg­fall ei­ner Stel­le er­sicht­lich wird (BAG 23. No­vem­ber 2004 - 2 AZR 38/04 - aaO).


c) Vor­lie­gend kann da­hin­ste­hen, ob ein dienst­li­cher Grund vor­lag. Die Be­klag­te be­ruft sich auf ei­nen Per­so­nalüber­hang, der im Zu­sam­men­hang mit der Ent­fris­tung meh­re­rer tau­send Ar­beits­verträge auf­grund der Ent­schei­dung des Sieb­ten Se­nats vom 9. März 2011 (- 7 AZR 728/09 - BA­GE 137, 178) ent­stan­den sei. Nicht für al­le nun­mehr zusätz­lich un­be­fris­tet Beschäftig­ten sei­en in den Stel­len­plänen ein­zel­ner Re­gio­nal­di­rek­tio­nen bzw. Agen­tu­ren für Ar­beit un­be­fris­te­te Stel­len vor­han­den, so­dass dort Ver­set­zun­gen not­wen­dig würden. Die Be­klag­te be­ruft sich da­mit er­kenn­bar nicht auf ei­nen tatsächli­chen Per­so­nalüber­hang in dem Sin­ne, dass der Beschäfti­gungs­be­darf für die Kläge­rin in der Agen­tur für Ar­beit P et­wa ent­fal­len sei. Auch be­haup­tet sie nicht, dass, ab­ge­se­hen vom Um­stand der Ent­fris­tung von Ar­beits­verträgen, or­ga­ni­sa­to­ri­sche Maßnah­men ge­trof­fen wur­den, die die kon­kre­te Ver­set­zung recht­fer­ti­gen könn­ten. Vor die­sem Hin­ter­grund be­ste­hen Zwei­fel, ob die bloße Fest­le­gung der An­zahl der Beschäftig­ten in ei­nem Stel­len­plan bei der Be­klag­ten, die ih­ren Haus­halts­plan selbst - wenn auch un­ter Ge­neh­mi­gungs­vor­be­halt - auf­stellt (vgl. da­zu BAG 9. März 2011 - 7 AZR 728/09 - Rn. 18, BA­GE 137, 178), als dienst­li­cher Grund genügt. Dies gilt je­den­falls dann, wenn die Dis­kre­panz zwi­schen Stel­len­plan und An­zahl der un­be­fris­tet Beschäftig­ten nur auf­grund vor­her­ge­hen­der rechts­wid­ri­ger Be­fris­tun­gen ent­stan­den ist und ein tatsäch­li­cher Beschäfti­gungs­be­darf wei­ter be­steht (und ggf. durch an­de­re be­fris­tet Beschäftig­te erfüllt wird).
 


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Selbst wenn man zu­guns­ten der Be­klag­ten ei­nen Per­so­nalüber­hang auf­grund der vor­ge­nom­me­nen Ent­fris­tun­gen un­ter­stellt, ist frag­lich, ob ein dienst­li­cher Grund für die Ver­set­zung be­reits zum 1. Au­gust 2011 be­stand. Die ursprüng­li­che Be­fris­tung lief bis zum 31. De­zem­ber 2011, Haus­halts­mit­tel für ei­ne Beschäfti­gung der Kläge­rin in P stan­den da­mit grundsätz­lich be­reit. Mit der Ände­rungs­ver­ein­ba­rung vom 21. Ju­ni 2011 wur­de dem­ent­spre­chend ei­ne un­be­fris­te­te Wei­ter­beschäfti­gung „über den 31. De­zem­ber 2011 hin­aus“ ver­ein­bart. Die Ver­ein­ba­rung führ­te zwar zu ei­ner so­for­ti­gen Um­wand­lung in ein un­be­fris­te­tes Ar­beits­verhält­nis, änder­te aber bis zum 31. De­zem­ber 2011 we­der et­was am Beschäfti­gungs­be­darf vor Ort noch am Vor­han­den­sein ent­spre­chen­der Haus­halts­mit­tel. Wäre die Ver­ein­ba­rung über die Ent­fris­tung bei­spiels­wei­se am 31. De­zem­ber 2011 ge­schlos­sen wor­den, hätte sich auch nach dem Vor­brin­gen der Be­klag­ten kein Grund er­ge­ben, die Kläge­rin vor die­sem Ter­min zu ver­set­zen.

3. Die Be­klag­te hat von ih­rem Wei­sungs­recht nicht nach bil­li­gem Er­mes­sen Ge­brauch ge­macht, § 106 Ge­wO, § 315 BGB.

a) Dem In­ha­ber des Be­stim­mungs­rechts nach § 315 Abs. 1 BGB ver­bleibt für die rechts­ge­stal­ten­de Leis­tungs­be­stim­mung ein nach bil­li­gem Er­mes­sen aus­zufüllen­der Spiel­raum. In­ner­halb die­ses Spiel­raums können dem Be­stim­mungs­be­rech­tig­ten meh­re­re Ent­schei­dungsmöglich­kei­ten zur Verfügung ste­hen. Dem Ge­richt ob­liegt nach § 315 Abs. 3 BGB al­lein die Prüfung, ob der Ar­beit­ge­ber als Gläubi­ger die Gren­zen sei­nes Di­rek­ti­ons­rechts be­ach­tet hat (vgl. BAG 26. Sep­tem­ber 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 28; 13. Ju­ni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 28; BGH 18. Ok­to­ber 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).


aa) Die Leis­tungs­be­stim­mung nach bil­li­gem Er­mes­sen ver­langt ei­ne Abwägung der wech­sel­sei­ti­gen In­ter­es­sen nach ver­fas­sungs­recht­li­chen und ge­setz­li­chen Wer­tent­schei­dun­gen, den all­ge­mei­nen Wer­tungs­grundsätzen der Verhält­nismäßig­keit und An­ge­mes­sen­heit so­wie der Ver­kehrs­sit­te und Zu­mut­bar­keit. In die Abwägung sind al­le Umstände des Ein­zel­falls ein­zu­be­zie­hen. Hier­zu gehören die Vor­tei­le aus ei­ner Re­ge­lung, die Ri­si­ko­ver­tei­lung zwi­schen den Ver-

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trags­par­tei­en, die bei­der­sei­ti­gen Bedürf­nis­se, außer­ver­trag­li­che Vor- und Nach­tei­le, Vermögens- und Ein­kom­mens­verhält­nis­se so­wie so­zia­le Le­bens­verhält­nis­se, wie fa­mi­liäre Pflich­ten und Un­ter­halts­ver­pflich­tun­gen (BAG 26. Sep­tem­ber 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 29 f. mwN; 17. Au­gust 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 22 mwN). Wel­che Umstände dies im Ein­zel­nen sind, hängt auch von der Art der Leis­tungs­be­stim­mung ab, die der Be­rech­tig­te zu tref­fen hat (BAG 17. Au­gust 2010 - 9 AZR 414/09 - Rn. 42). So können bei der Zu­wei­sung der Tätig­keit an ei­nem an­de­ren Ort an­de­re Fak­to­ren re­le­vant sein als bei der Be­stim­mung der Höhe ei­ner va­ria­blen Vergütung. Von maßgeb­li­cher Be­deu­tung kann auch sein, was Ur­sa­che und Auslöser für die Not­wen­dig­keit der Leis­tungs­be­stim­mung ist. Die hier­aus re­sul­tie­ren­den Umstände sind in die Abwägung ein­zu­be­zie­hen. Ob die In­ter­es­sen des Ar­beit­neh­mers an­ge­mes­sen berück­sich­tigt wur­den, kann nur durch Abwägung mit den dienst­li­chen Gründen des Ar­beit­ge­bers er­mit­telt wer­den, die zu der Ausübung des Di­rek­ti­ons­rechts geführt ha­ben (BAG 17. Au­gust 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 26; vgl. auch 17. Au­gust 2011 - 10 AZR 322/10 - Rn. 29).


bb) Die Berück­sich­ti­gung schutzwürdi­ger Be­lan­ge des Ar­beit­neh­mers anläss­lich der Ausübung des Di­rek­ti­ons­rechts kann ei­ne per­so­nel­le Aus­wah­l­ent­schei­dung des Ar­beit­ge­bers er­for­dern, wenn meh­re­re Ar­beit­neh­mer be­trof­fen sind. Die Leis­tungs­be­stim­mung ist dann ge­genüber dem­je­ni­gen Ar­beit­neh­mer zu tref­fen, des­sen In­ter­es­sen we­ni­ger schutzwürdig sind (vgl. BAG 23. Sep­tem­ber 2004 - 6 AZR 567/03 - zu IV 2 d bb der Gründe, BA­GE 112, 80). Ei­ne so­zia­le Aus­wahl wie im Fall des § 1 Abs. 3 KSchG fin­det aber nicht statt (BAG 26. Sep­tem­ber 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 30; 17. Au­gust 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 22).


cc) Ob die Ent­schei­dung der Bil­lig­keit ent­spricht, un­ter­liegt der vol­len ge­richt­li­chen Kon­trol­le, § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB (st. Rspr., zB BAG 14. No­vem­ber 2012 - 10 AZR 783/11 - Rn. 46). Die Dar­le­gungs- und Be­weis­last für die Wirk­sam­keit der ge­trof­fe­nen Er­mes­sens­ausübung liegt beim Ar­beit­ge­ber (BAG 14. Ju­li 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 90, BA­GE 135, 128).



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dd) Die­se Grundsätze gel­ten auch dann, wenn ei­ne Ta­rif­norm - wie hier - ei­ne Ver­set­zung aus dienst­li­chen Gründen zulässt (vgl. BAG 21. Ja­nu­ar 2004 - 6 AZR 583/02 - zu II 2 d bb der Gründe, BA­GE 109, 207 [zu § 12 Abs. 1 MTA-O]).

b) Da­nach ist die An­nah­me des Lan­des­ar­beits­ge­richts, die Be­klag­te ha­be bei ih­rer Ver­set­zungs­ent­schei­dung bil­li­ges Er­mes­sen nicht ge­wahrt, nicht zu be­an­stan­den. Da­bei kann da­hin­ste­hen, ob des­sen Ent­schei­dung we­gen der zu berück­sich­ti­gen­den Umstände des Ein­zel­falls nur ei­ner ein­ge­schränk­ten Kon­trol­le durch das Re­vi­si­ons­ge­richt un­ter­liegt (vgl. BAG 17. Au­gust 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 23; 14. Ju­li 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 92 mwN, BA­GE 135, 128). Die lan­des­ar­beits­ge­richt­li­che Ent­schei­dung hält auch ei­ner vol­len Über­prüfung stand. Die Be­klag­te hat den Rah­men der in die Aus­wah­l­ent­schei­dung ein­zu­be­zie­hen­den Beschäftig­ten un­zulässig ver­engt, in­dem sie nur Beschäftig­te in die Aus­wahl ein­be­zo­gen hat, die vor­her ei­nen nach § 14 Abs. 1 Nr. 7 Tz­B­fG be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trag hat­ten, der in Fol­ge der Recht­spre­chung des Sieb­ten Se­nats des Bun­des­ar­beits­ge­richts ent­fris­tet wur­de.


aa) An­lass für die Ver­set­zung war ein Per­so­nalüber­hang von 13 Stel­len der Tätig­keits­ebe­ne V in der Agen­tur für Ar­beit P. Da nach dem Vor­trag der Be­klag­ten nur ei­ne „freie, be­setz­ba­re Dau­er­stel­le“ vor­han­den war, könn­te dies die Ver­set­zung von 12 Beschäftig­ten der Tätig­keits­ebe­ne V tra­gen. Da­mit war ei­ne Aus­wah­l­ent­schei­dung nach den dar­ge­stell­ten Grundsätzen min­des­tens un­ter den un­be­fris­tet Beschäftig­ten die­ser Tätig­keits­ebe­ne in der Dienst­stel­le zu tref­fen und zu er­mit­teln, wem die ört­li­che Ver­set­zung un­ter Abwägung dienst­li­cher Be­lan­ge und persönli­cher Umstände am ehes­ten zu­zu­mu­ten war. Bei all die­sen Beschäftig­ten be­stand die glei­che Aus­gangs­la­ge: Zum Zeit­punkt der zu tref­fen­den Aus­wah­l­ent­schei­dung be­fan­den sie sich in ei­nem un­be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis und sa­hen sich glei­cher­maßen mit dem Um­stand kon­fron­tiert, dass der Stel­len­plan zu we­ni­ge dau­er­haf­te Stel­len in P vor­sah. Al­len die­sen Beschäftig­ten ge­genüber war die Be­klag­te ar­beits­ver­trag­lich nach den bei ihr ver­wen­de­ten Stan­dard­verträgen und nach § 4 Abs. 1 TV-BA be­rech­tigt, sie aus dienst­li­chen Gründen zu ver­set­zen. Dies galt (und gilt) un­abhängig da­von, ob
 


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die Beschäftig­ten ei­ne sog. Plan­stel­le in­ne­hat­ten oder nicht. Die ent­spre­chen­de An­nah­me des Lan­des­ar­beits­ge­richts hat die Be­klag­te nicht an­ge­grif­fen.


Wel­che Ver­trags­ent­wick­lung der ein­zel­ne Beschäftig­te ggf. vor Ab­schluss sei­nes un­be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trags durch­lau­fen hat­te, ist in die­sem Zu­sam­men­hang für die zu tref­fen­de Aus­wah­l­ent­schei­dung oh­ne Re­le­vanz. Et­was an­de­res er­gibt sich nicht dar­aus, dass die Be­klag­te ehe­mals haus­halts­be­fris­tet Beschäftig­te als „Über­hang­kräfte“ be­zeich­net oder zum „Per­so­nalüber­hang“ zählt. Die Kläge­rin war nicht et­wa we­gen der Ver­la­ge­rung ei­ner Stel­le oder des Weg­falls von Auf­ga­ben ei­nem „Stel­len­pool“ zu­ge­ord­net wor­den (vgl. zu Vor­aus­set­zun­gen und Wir­kun­gen zB BAG 1. Ju­ni 2011 - 7 AZR 117/10 -; 13. März 2007 - 9 AZR 417/06 -). Viel­mehr be­fand sie sich in der­sel­ben La­ge wie die an­de­ren un­be­fris­tet Beschäftig­ten der Tätig­keits­ebe­ne V in der Agen­tur für Ar­beit P und gehörte die­ser Dienst­stel­le ar­beits- und per­so­nal­ver­tre­tungs-recht­lich an.

bb) Die Be­klag­te war nicht aus haus­halts­recht­li­chen Gründen ge­hin­dert, die auf sog. Plan­stel­len be­find­li­chen Mit­ar­bei­ter in ih­re Er­mes­sens­ausübung ein­zu­be­zie­hen.


Es kann da­hin­ste­hen, wel­che Bin­dungs­wir­kung dem Stel­len­plan der Be­klag­ten im vor­lie­gen­den Zu­sam­men­hang über­haupt zu­kom­men kann (vgl. oben zu I 2 c) und ob er zu ei­ner Be­gren­zung des Aus­wahler­mes­sens iSv. § 315 BGB führen könn­te. Auch nach dem ei­ge­nen Vor­trag der Be­klag­ten sind je­den­falls kei­ne haus­halts­recht­li­chen Bin­dun­gen er­kenn­bar, die die Beschäfti­gung ei­ner be­stimm­ten Per­son auf ei­ner be­stimm­ten Stel­le zwin­gend be­stim­men würden. Viel­mehr legt der Stel­len­plan al­len­falls ver­bind­lich fest, für wie vie­le un­be­fris­tet Beschäftig­te ei­ner be­stimm­ten Tätig­keits­ebe­ne Stel­len in ei­ner Dienst­stel­le vor­han­den sind. Auch wenn die­se Stel­len durch ent­spre­chen­de Zu­wei­sung oder auf an­de­re Wei­se or­ga­ni­sa­to­risch (zB durch nu­me­ri­sche Zu­ord­nung) mit dem je­wei­li­gen Stel­len­in­ha­ber ver­knüpft sind, ist die Be­klag­te recht­lich nicht ge­hin­dert, den je­wei­li­gen Stel­len­in­ha­ber nach § 4 Abs. 1 TV-BA zu ver­set­zen. Hier­auf hat sich die Be­klag­te im Übri­gen in an­de­rem Zu­sam­men­hang selbst be­ru­fen und der Über­tra­gung ei­ner be­stimm­ten Tätig­keit in ei­ner



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be­stimm­ten Dienst­stel­le zu Recht kei­ne ver­tragsändern­de Wir­kung bei­ge­mes­sen. Der Stel­len­plan be­stimmt da­mit al­len­falls den dienst­li­chen Grund iSv. § 4 Abs. 1 TV-BA, nicht aber die zu tref­fen­de Aus­wah­l­ent­schei­dung.


cc) So­weit die Be­klag­te meint, die Auf­recht­er­hal­tung ei­ner funk­tio­nie­ren­den Ver­wal­tung be­din­ge die ge­trof­fe­ne Aus­wahl, er­gibt sich nichts an­de­res. Dies ist ein Ge­sichts­punkt, der bei der Be­wer­tung zu berück­sich­ti­gen ist, aber nicht oh­ne kon­kre­ten Tat­sa­chen­vor­trag den Kreis der aus­zuwählen­den Ar­beit­neh­mer be­schränken kann. Im Übri­gen han­delt es sich auch bei der Kläge­rin um ei­ne ein­ge­ar­bei­te­te Mit­ar­bei­te­rin. Ent­spre­chen­des gilt, so­weit sich die Be­klag­te auf den (we­nig greif­ba­ren) As­pekt des Be­triebs­frie­dens be­ruft. Zwar ist an­er­kannt, dass ei­ne ab­seh­ba­re Be­ein­träch­ti­gung des Be­triebs­frie­dens dem In­ter­es­se ei­nes ge­ringfügig schutzwürdi­ge­ren Ar­beit­neh­mers im Ein­zel­fall im Rah­men der Ge­samt­abwägung al­ler Umstände ent­ge­gen­ge­hal­ten wer­den kann (BAG 23. Sep­tem­ber 2004 - 6 AZR 567/03 - zu IV 2 d bb der Gründe, BA­GE 112, 80). Es fehlt aber an kon­kre­tem Sach­vor­trag, der ei­ne der­art we­sent­li­che Be­schränkung des Per­so­nen­krei­ses recht­fer­ti­gen könn­te.


dd) Per­so­nal­ver­tre­tungs­recht­li­che Bin­dun­gen der Be­klag­ten ste­hen ei­ner Ein­be­zie­hung der bis­her auf ei­ner Plan­stel­le un­be­fris­tet Beschäftig­ten der Tätig­keits­ebe­ne V nicht ent­ge­gen. Da­bei kann da­hin­ste­hen, ob Ver­ein­ba­run­gen mit dem Haupt­per­so­nal­rat be­ste­hen, die ei­ne Ein­engung der Aus­wahl­grup­pe auf früher haus­halts­be­fris­tet Beschäftig­te vor­se­hen. Soll­te dies der Fall sein, wären sie we­gen Ver­s­toß ge­gen § 4 Abs. 2 Tz­B­fG rechts­un­wirk­sam.


(1) Un­er­heb­lich ist der erst­mals in der Re­vi­si­ons­in­stanz er­folg­te Vor­trag, wo­nach die Be­klag­te le­dig­lich die „Dienst­ver­ein­ba­rung über die so­zi­al­verträgli­che Flan­kie­rung per­so­nel­ler Aus­wir­kun­gen von or­ga­ni­sa­to­ri­schen Maßnah­men“ vom 10. März 2011 um­ge­setzt ha­be. Die Dienst­ver­ein­ba­rung fin­det nach § 2 Abs. 1 auf Struk­tur­maßnah­men im Rah­men von Or­ga­ni­sa­ti­ons­verände­run­gen An­wen­dung. Als Bei­spie­le sind in § 3 Abs. 1 ua. die Auflösung ei­ner Dienst­stel­le, die Ver­le­gung oder Aus­glie­de­rung ei­ner Dienst­stel­le, die Ver­la­ge­rung von Auf­ga­ben so­wie die Einführung an­de­rer Ar­beits­abläufe und/oder Ar­beits­me­tho­den ge­nannt. Schon dar­aus er­gibt sich, dass der An­wen­dungs­be­reich die­ser

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Dienst­ver­ein­ba­rung nicht eröff­net ist. Die Be­klag­te be­haup­tet selbst nicht, dass ei­ne sol­che Maßnah­me die Ver­set­zung der Kläge­rin be­din­ge. Im Übri­gen sieht die Dienst­ver­ein­ba­rung ge­ra­de nicht vor, ehe­mals be­fris­tet Beschäftig­te an­ders zu be­han­deln als die­je­ni­gen Beschäftig­ten, die ei­ne Plan­stel­le in­ne­ha­ben. Viel­mehr schreibt sie ein­heit­li­che Re­ge­lun­gen für al­le von ei­ner Struk­tur­maßnah­me be­trof­fe­nen Beschäftig­ten vor.


(2) Bei den E-Mail-In­fos POE vom 30. März 2011 und vom 15. April 2011 han­delt es sich schon man­gels Ein­hal­tung des kon­sti­tu­ti­ven Schrift­for­mer­for­der­nis­ses des § 73 Abs. 1 Satz 2 BPers­VG nicht um Dienst­ver­ein­ba­run­gen iSd. § 73 iVm. § 76 Abs. 2 Nr. 8 BPers­VG.

(3) Ob es sich bei den E-Mail-In­fos POE vom 30. März 2011 und vom 15. April 2011 in Ver­bin­dung mit den Ein­verständ­nis­ver­mer­ken des HPR um form­lo­se Dienst­ab­spra­chen han­delt (vgl. da­zu We­ber in Ri­char­di/ Dörner/We­ber BPers­VG 4. Aufl. § 73 Rn. 54), kann da­hin­ste­hen. Eben­so kann of­fen­blei­ben, ob Aus­wahl­richt­li­ni­en iSv. § 76 Abs. 2 Nr. 8 BPers­VG, der § 95 Abs. 1 Satz 1 Be­trVG nach­ge­bil­det ist (vgl. grundsätz­lich da­zu BVerwG 5. Sep­tem­ber 1990 - 6 P 27.87 -), form­los ver­ein­bart wer­den können (of­fen­ge­las­sen für § 95 Be­trVG: BAG 17. No­vem­ber 2010 - 7 ABR 120/09 - Rn. 29). Je­den­falls käme sol­chen Dienst­ab­spra­chen kei­ne nor­ma­ti­ve Wir­kung, son­dern nur Bin­dungs­wir­kung zwi­schen der Be­klag­ten und ih­rem Haupt­per­so­nal­rat zu (We­ber in Ri­char­di/Dörner/We­ber BPers­VG § 73 Rn. 55). Auch wenn man das Vor­lie­gen von Aus­wahl­richt­li­ni­en iSv. § 76 Abs. 2 Nr. 8 BPers­VG un­ter­stellt, an die die Be­klag­te per­so­nal­ver­tre­tungs­recht­lich ge­bun­den ist, tra­gen die­se die vor­ge­nom­me­ne Aus­wah­l­ent­schei­dung nicht.


(a) Es er­scheint be­reits zwei­fel­haft, ob die E-Mail-In­fos POE vom 30. März 2011 und vom 15. April 2011 ei­ne Be­schränkung der Aus­wahl­grup­pe auf die ehe­mals haus­halts­be­fris­tet Beschäftig­ten mit hin­rei­chen­der Klar­heit vor­se­hen. Dort wird ua. fest­ge­legt, dass in den Fällen, in de­nen kei­ne di­rek­te Be­set­zung von Dienst­pos­ten mit ent­fris­tet Beschäftig­ten möglich ist, die­se zunächst auf va­kan­ten Dienst­pos­ten in Dienst­stel­len des Ver­bunds des In­ter­nen Ser­vice „an­ge­setzt“ wer­den. Wenn dies nicht möglich ist, soll ein dienst­stel­lenüberg­rei-
 


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fen­der Aus­gleich auf Re­gio­nal­di­rek­ti­ons­ebe­ne statt­fin­den. Bei die­sen Per­so­nal­ent­schei­dun­gen sind ob­jek­tiv an­zu­er­ken­nen­de persönli­che Le­bens­umstände zu berück­sich­ti­gen (je­weils Ziff. 3.1 der E-Mail-In­fos POE). Nach Ziff. 3.3 der E-Mail-In­fos POE steu­ern die Re­gio­nal­di­rek­tio­nen ei­nen (ggf. not­wen­dig wer­den­den) dienst­stel­lenüberg­rei­fen­den Per­so­nal­aus­gleich und be­rich­ten darüber (Ziff. 4 der E-Mail-In­fo POE vom 15. April 2011). Wel­che Beschäftig­ten von ei­nem Per­so­nal­aus­gleich er­fasst wer­den, be­stim­men die E-Mail-In­fos POE nicht. Zwar be­zie­hen sie sich zunächst auf die ehe­mals haus­halts­be­fris­tet Beschäftig­ten und sog. Nach­wuchs­kräfte. Die An­nah­me der Be­klag­ten, dies schließe auf Plan­stel­len Beschäftig­te vom dienst­stel­lenüberg­rei­fen­den Per­so­nal­aus­gleich aus, ist dem aber kei­nes­wegs zwin­gend zu ent­neh­men.

(b) Legt man hin­ge­gen den E-Mail-In­fos POE hin­sicht­lich der Aus­wahl der zu ver­set­zen­den Beschäftig­ten den In­halt zu­grun­de, von dem die Be­klag­te aus­geht, wären sie als Aus­wahl­richt­li­ni­en iSv. § 76 Abs. 2 Nr. 8 BPers­VG in­so­weit we­gen ei­nes Ver­s­toßes ge­gen § 4 Abs. 2 Tz­B­fG un­wirk­sam.


(aa) Bei ih­rem Han­deln ha­ben Dienst­stel­le und Per­so­nal­ver­tre­tung nach § 67 BPers­VG die Grundsätze von Recht und Bil­lig­keit zu be­ach­ten. Da­zu gehört ins­be­son­de­re die Pflicht zur Gleich­be­hand­lung. Ei­ne be­son­de­re Schutz­be­stim­mung vor sach­lich nicht ge­recht­fer­tig­ten Un­gleich­be­hand­lun­gen von Ar­beit­neh­mern enthält § 4 Tz­B­fG (Gräfl in Ri­char­di/Dörner/We­ber BPers­VG § 67 Rn. 12).

Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 Tz­B­fG darf ein be­fris­tet beschäftig­ter Ar­beit­neh­mer we­gen der Be­fris­tung des Ar­beits­ver­trags nicht schlech­ter be­han­delt wer­den als ein ver­gleich­ba­rer un­be­fris­tet beschäftig­ter Ar­beit­neh­mer, es sei denn, dass sach­li­che Gründe ei­ne un­ter­schied­li­che Be­hand­lung recht­fer­ti­gen. Satz 2 der Norm kon­kre­ti­siert die­sen Grund­satz für den Be­reich der Vergütung, Satz 3 hin­sicht­lich der Berück­sich­ti­gung von Beschäfti­gungs­zei­ten. Da­nach sind für be­fris­tet beschäftig­te Ar­beit­neh­mer grundsätz­lich die­sel­ben Zei­ten zu berück­sich­tig­ten wie für un­be­fris­tet beschäftig­te Ar­beit­neh­mer, wenn Beschäfti­gungs­be­din­gun­gen von der Dau­er des Be­ste­hens des Ar­beits­verhält­nis­ses abhängen. In ers­ter Li­nie schützt die Norm be­fris­tet beschäftig­te Ar­beit­neh­mer



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während der Dau­er des be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis­ses. Er­fasst sind von ihr je­doch auch die Ar­beit­neh­mer, die zwi­schen­zeit­lich un­be­fris­tet beschäftigt sind, wenn Nach­tei­le an die frühe­re Be­fris­tung an­knüpfen, oh­ne dass dafür ein sach­li­cher Grund vor­liegt (grund­le­gend und un­ter ausführ­li­cher Dar­le­gung der uni­ons­recht­li­chen Si­tua­ti­on un­ter aus­drück­li­cher Auf­ga­be der frühe­ren Recht­spre­chung: BAG 21. Fe­bru­ar 2013 - 6 AZR 524/11 - Rn. 24 ff.; 12. Ok­to­ber 2010 - 9 AZR 518/09 - Rn. 28, BA­GE 136, 36; vgl. auch EuGH 18. Ok­to­ber 2012 - C-302/11 - [Va­len­za] Rn. 34 ff.).


(bb) Da­nach liegt ein Ver­s­toß ge­gen § 4 Abs. 2 Tz­B­fG vor. Die E-Mail-In­fos POE vom 30. März 2011 und vom 15. April 2011 knüpfen in der Be­deu­tung, die ih­nen die Be­klag­te bei­misst, zur Be­stim­mung des aus­wahl­re­le­van­ten Per­so­nen­krei­ses aus­sch­ließlich an den Um­stand an, ob der Ar­beits­ver­trag der Beschäftig­ten vor­her (haus­halts-)be­fris­tet war. De­ren Beschäfti­gungs­be­din­gun­gen un­ter­lie­gen ei­ner po­ten­zi­el­len Verände­rung, in­dem die Beschäftig­ten zur ggf. dienst­stel­lenüberg­rei­fen­den Ver­set­zung vor­ge­se­hen sind. An­de­re, be­reits vor­her un­be­fris­tet Beschäftig­te der­sel­ben Tätig­keits­ebe­ne, die in der­sel­ben Dienst­stel­le tätig sind, blei­ben hier­von aus­ge­nom­men, ob­wohl ih­re ar­beits­ver­trag­li­che Si­tua­ti­on vollständig ver­gleich­bar ist (vgl. oben zu I 3 b aa). Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Be­klag­ten gibt es für die­se An­knüpfung an die frühe­re Be­fris­tung des Ar­beits­verhält­nis­ses kei­nen an­er­ken­nens­wer­ten sach­li­chen Grund. Ins­be­son­de­re be­ste­hen kei­ne haus­halts­recht­li­chen Bin­dun­gen (vgl. oben zu I 3 b bb). Ei­ne Recht­fer­ti­gung er­gibt sich auch nicht aus ei­ner ver­meint­li­chen Gefähr­dung des Be­triebs­frie­dens oder aus Gründen der Funk­ti­onsfähig­keit der Ver­wal­tung (vgl. zum Maßstab bei § 106 Ge­wO, § 315 BGB: oben zu I 3 b cc).


ee) Im Er­geb­nis gilt das­sel­be, wenn man die E-Mail-In­fos POE vom 30. März 2011 und vom 15. April 2011 als Ver­wal­tungs­vor­schrif­ten an­sieht.

Ver­wal­tungs­vor­schrif­ten ha­ben re­gelmäßig nur ver­wal­tungs­in­ter­ne Be­deu­tung. Mit ih­nen rich­tet sich der Dienst­herr an nach­ge­ord­ne­te wei­sungs­abhängi­ge Or­ga­ne, Ämter oder Dienst­stel­len. Sie sol­len ein ein­heit­li­ches und den recht­li­chen An­for­de­run­gen ent­spre­chen­des Ver­wal­tungs­han­deln si­chern. Ih­nen
 


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fehlt der nor­ma­ti­ve Cha­rak­ter. Al­ler­dings kann die Ver­wal­tung auch an die von ihr er­las­se­nen Vor­schrif­ten im Verhält­nis zu Drit­ten - da­zu gehören auch Ar­beit­neh­mer - ge­bun­den sein. Ei­ne der­ar­ti­ge Bin­dungs­wir­kung setzt vor­aus, dass die Ver­wal­tungs­vor­schrif­ten sich ih­rem In­halt nach auch an die Ar­beit­neh­mer wen­den und für die­se Per­so­nen Rech­te, Hand­lungs­pflich­ten oder Ob­lie­gen­hei­ten be­gründet wer­den sol­len. Rechts­grund­la­ge für die Außen­wir­kung im Verhält­nis zu den Ar­beit­neh­mern ist der ar­beits­recht­li­che Gleich­be­hand­lungs­grund­satz. Denn die Ver­wal­tungs­vor­schrif­ten die­nen der Si­che­rung ei­ner gleichförmi­gen Hand­ha­bung (BAG 22. Mai 2012 - 9 AZR 423/10 - Rn. 30; 1. Ju­ni 2011 - 7 AZR 117/10 - Rn. 31). Durch Ver­wal­tungs­vor­schrif­ten kann sich der öffent­li­che Ar­beit­ge­ber aber nicht von ver­trag­li­chen, ta­rif­li­chen oder ge­setz­li­chen Ver­pflich­tun­gen - wie sie sich et­wa aus § 106 Ge­wO, § 315 BGB er­ge­ben - lösen (BAG 17. Au­gust 2010 - 9 AZR 414/09 - Rn. 46).


c) Die ge­trof­fe­ne Aus­wah­l­ent­schei­dung er­weist sich auch nicht aus an­de­ren Gründen als rich­tig. Auch wenn im Rah­men der Er­mes­sens­ausübung sub­jek­tiv Feh­ler ge­macht wur­den, weil bei­spiels­wei­se nicht al­le Fak­to­ren in die Über­le­gun­gen ein­be­zo­gen wur­den, kann der In­halt der Ent­schei­dung bei ob­jek­ti­ver Be­trach­tung bil­li­gem Er­mes­sen ent­spre­chen (vgl. da­zu nur BAG 14. No­vem­ber 2012 - 10 AZR 783/11 - Rn. 42 [teil­un­wirk­sa­me Be­rech­nungs­be­stim­mung]; 3. De­zem­ber 2002 - 9 AZR 457/01 - zu A II 2 a dd der Gründe, BA­GE 104, 55; vgl. auch 9. No­vem­ber 2006 - 2 AZR 812/05 - Rn. 24, BA­GE 120, 137 [zur So­zi­al­aus­wahl nach § 1 KSchG]). Zwar dürf­te sich in Fällen, in de­nen die Aus­wahl­grup­pe deut­lich zu eng ge­zo­gen wur­de, ei­ne Ver­set­zung re­gelmäßig auch im Er­geb­nis als un­bil­lig er­wei­sen. Zwin­gend ist dies je­doch nicht. Für den Ar­beit­ge­ber ist es im Pro­zess nicht aus­ge­schlos­sen dar­zu­le­gen, dass die Maßnah­me trotz­dem bil­li­gem Er­mes­sen ent­spricht. Die Be­klag­te hat aber kei­ne Tat­sa­chen vor­ge­tra­gen, aus de­nen sich er­gibt, dass die Ver­set­zung der Kläge­rin un­ter Berück­sich­ti­gung al­ler Umstände des Ein­zel­falls und un­ter Ein­be­zie­hung al­ler von dem dienst­li­chen Grund er­fass­ten Ar­beit­neh­mer nach bil­li­gem Er­mes­sen er­folgt sei. Die erst­in­stanz­lich auf­ge­stell­te Be­haup­tung, für an­de­re „langjährig“ Beschäftig­te hätten sich im Hin­blick auf die kur­ze
 


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Beschäfti­gungs­zeit der Kläge­rin und de­ren feh­len­de Un­ter­halts­pflich­ten im Fall von Ver­set­zun­gen un­zu­mut­ba­re Härten er­ge­ben, genügt dafür nicht.

d) Aus den ge­nann­ten Gründen kann da­hin­ste­hen, ob ei­ne Ver­set­zung in­ner­halb des Ge­biets der Re­gio­nal­di­rek­ti­on Sach­sen als mil­de­res Mit­tel möglich ge­we­sen wäre und der Per­so­nal­rat bei der ab­ge­ben­den und der auf­neh­men­den Dienst­stel­le (vgl. zur Be­deu­tung der Be­tei­li­gung des auf­neh­men­den Per­so­nal­rats aber BAG 14. Ju­li 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 107, BA­GE 135, 128) ord­nungs­gemäß be­tei­ligt wur­de.


II. Die Kos­ten­ent­schei­dung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. 

Mi­kosch 

Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Schmitz-Scho­le­mann ist we­gen Ur­laubs ver­hin­dert zu un­ter­schrei­ben. Mi­kosch 

W. Rein­fel­der

Ziel­ke 

Klein

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