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LAG Hamm, Urteil vom 29.05.2015, 18 Sa 1663/14
Schlagworte: | Außerordentliche Kündigung, Eidesstattliche Versicherung | |
Gericht: | Landesarbeitsgericht Hamm | |
Aktenzeichen: | 18 Sa 1663/14 | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 29.05.2015 | |
Leitsätze: | ||
Vorinstanzen: | Arbeitsgericht Paderborn, Urteil vom 24.10.2014, 3 Ca 1013/14 | |
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 24.10.2014 – 3 Ca 1013/14 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen fristlosen Kündigung.
Die Beklagte will die streitbefangene Kündigung darauf stützen, dass der Kläger im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens, das zwischen den Parteien anhängig war, eine unrichtige eidesstattliche Versicherung abgegeben habe.
Der 1955 geborene Kläger ist seit dem 01.10.1984 bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerin gemäß den Regelungen des Dienstvertrages vom 27.01.1985 sowie der Ergänzung zum Dienstvertrag vom 21.09.1989 als leitende Pflegekraft bzw. Pflegedienstleiter mit einem durchschnittlichen Bruttomonatsentgelt in Höhe von 5.516,64 € beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft vertraglicher Inbezugnahme die Richtlinien für Arbeitsverträge in Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR) Anwendung.
Der Kläger übte seine Tätigkeit als Pflegedienstleiter zunächst im W-Hospital aus. Im Jahr 2010 erfolgte eine organisatorische Zusammenführung der Krankenhäuser W, K, B und T. Übergeordneter Pflegedirektor in Personalunion mit der Pflegedienstleitung für die Häuser Bund T wurde Herr P. Zum 01.01.2013 fusionierten die vorgenannten vier Krankenhäuser. Damit einhergehend strukturierte die Beklagte die Pflegedienstleitung dergestalt um, dass die Funktion eines Pflegedienstleiters für alle vier Krankenhäuser gemeinsam eingerichtet wurde. Da der Mitarbeiter P zum 30.09.2012 kündigte, war die Stelle des Pflegedienstleiters für alle vier Häuser vakant. Ab dem 01.10.2012 übertrug die Beklagte dem Kläger diese Funktion probeweise für ein Jahr. Für diese Zeit sollte der Kläger eine Zulage in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen der Entgeltgruppe 11 a und 12 der Anlage 31 zu den AVR erhalten. Die Beklagte informierte den Kläger mit Schreiben vom 02.08.2012 darüber, dass sie nach einem Dreivierteljahr endgültig entscheiden werde, ob dem Kläger diese Stelle auf Dauer übertragen werde. Mit Schreiben vom 11.09.2013 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die probeweise Übertragung der Funktion des Pflegedienstleiters für die vier Krankenhäuser um ein halbes Jahr bis zum 31.03.2014 verlängert werde. Aus der Funktionsbeschreibung der Pflegedienstleitung im Krankenhaus ergibt sich, dass die Pflegedienstleitung für die Organisation des Personaleinsatzes zuständig ist.
Im Bereich der Pflege beschäftigt die Beklagte neben eigenen Mitarbeitern auch Servicekräfte eines Unternehmens der E-Gruppe. Diese Servicekräfte werden für einfache Tätigkeiten im Pflegebereich, wie beispielsweise Essenstransport, eingesetzt. Nach dem Vorbringen der Beklagten handelt es sich bei dem Einsatz dieser Servicekräfte um Arbeitnehmerüberlassung auf der Grundlage einer Rahmenvereinbarung, die mit dem Drittunternehmen abgeschlossen und durch quartalsweise getroffene Kontingentvereinbarungen ausgefüllt wurde, wobei der Kläger zu entscheiden hatte, ob der Personalbedarf durch eigene Mitarbeiter (unter Ausschöpfung von Zeitkonten oder Einstellung neuer Arbeitnehmer) oder durch Servicekräfte des Drittunternehmens abgedeckt wurde. Der Kläger erhielt, so hat die Beklagte weiter vorgetragen, die Vorgabe, dass er ein Kontingent in Höhe von insgesamt 400 Pflegekräften (bestehend aus eigenen Mitarbeitern und Servicekräften des Drittunternehmens) nicht zu überschreiten habe.
In einem am 25.02.2014 geführten Gespräch teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass eine dauerhafte Übertragung der Aufgaben als Pflegedienstleitung für alle vier Krankenhäuser nicht erfolgen werde. Mit Schreiben vom 31.03.2014 teilte die Beklagte dem Kläger sodann schriftlich mit, dass die befristet übertragene Führungsposition mit Ablauf des 31.03.2014 und damit auch die dem Kläger nach § 18 Abs. 3 Anlage 31 AVR gewährte Zulage entfalle. Zugleich erklärte die Beklagte gegenüber dem Kläger die Kündigung des Dienstverhältnisses aus sonstigen wichtigen Gründen zum Zwecke der Herabgruppierung um eine Entgeltgruppe zum Ablauf des 30.09.2014, hilfsweise zum nächst zulässigen Termin. Sie bot dem Kläger zugleich die Fortsetzung des Dienstverhältnisses zu geänderten Vertragsbedingungen ab dem 01.10.2014 als Krankenpfleger in der mobilen Pflege der Caritas Pflegestation im Bereich Süd mit der Vergütungsgruppe KR 10 an. Mit Schreiben vom 01.04.2014 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er der Weisung der Beklagten, als Krankenpfleger in der mobilen Pflege tätig zu werden, nur unter Vorbehalt Folge leiste. Zugleich nahm der Kläger das mit der Änderungskündigung unterbreitete Angebot unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung an. Gegen die Änderungskündigung erhob der Verfügungskläger Änderungsschutzklage beim Arbeitsgericht Paderborn (Aktenzeichen: 1 Ca 545/14).
Zudem forderte der Kläger in einem einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem Arbeitsgericht Paderborn (Aktenzeichen: 2 Ga 4/14) im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, weiterhin als Pflegedienstleiter beschäftigt zu werden. In diesem Verfahren hat die Beklagte vorgetragen, der Kläger habe sich auf der ihm übertragenen Stelle als Pflegedienstleitung für sämtliche Einrichtungen nicht bewährt und die Aufgaben eines Gesamtpflegeleiters nicht ordnungsgemäß wahrgenommen. Dabei hat die Beklagte u.a. moniert, der Kläger habe im Jahr 2013 den Einsatz von 423,39 Vollkräften veranlasst und damit die Höchstvorgabe von 400 Kräften deutlich überschritten. Mit Urteil vom 10.04.2014 hat die 2. Kammer des Arbeitsgerichts Paderborn den Antrag des Klägers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Das Arbeitsgericht hat zur Begründung im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Soweit der Kläger begehre, als Pflegedienstleiter für alle vier Krankenhäuser vorläufig weiterbeschäftigt zu werden, fehle es an dem erforderlichen Verfügungsgrund; der Kläger habe nicht offensichtlich einen Anspruch auf diese Art der Beschäftigung, da die Übertragung der Pflegedienstleitung für alle vier Krankenhäuser an ihn nur probeweise erfolgt sei und zum 31.03.2014 habe enden sollen. Soweit der Kläger begehre, vorläufig mit der Aufgabe als leitende Pflegekraft im Pflegedienstleistungsteam beschäftigt zu werden, könne der Antrag keinen Erfolg haben, da nicht feststehe, dass es eine derartige Funktion bei der Beklagten überhaupt gebe. Soweit der Kläger schließlich beantragt habe, der Beklagten aufzugeben, es zu unterlassen, ihn als Krankenpfleger in der mobilen Pflege zu beschäftigen, fehle es an einem Verfügungsanspruch; es sei für den Kläger auch im Falle der Rechtswidrigkeit dieser Weisung zumutbar, die Arbeit zunächst aufzunehmen und die Rechtmäßigkeit der Weisung im Hauptsacheverfahren überprüfen zu lassen, zumal auch die Beklagte davon ausgehe, dass der Kläger diese Tätigkeit vor dem 30.09.2014 nicht schulde.
Der Kläger hat gegen dieses Urteil Berufung (Aktenzeichen: 10 SaGa 16/14, LAG Hamm) eingelegt. Mit der Berufung hat der Kläger seinen Beschäftigungsantrag weiter verfolgt. Der Kläger hat das arbeitsgerichtliche Urteil, mit dem sein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung abgewiesen wurde, im Wesentlichen mit dem Argument angegriffen, entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts handele es sich bei der Wahrnehmung der Aufgabe als Pflegedienstleitung für die Betriebsstätten in ihrer Gesamtheit nicht um die probeweise Übertragung einer höher zu bewertenden Tätigkeit; vielmehr entspreche diese Tätigkeit dem Inhalt des Arbeitsvertrages. Hilfsweise hat der Kläger Ausführungen zum Vorbringen der Beklagten, er habe sich nicht bewährt, gemacht und in diesem Zusammenhang u. a. darauf hingewiesen, dass die Servicekräfte der Drittfirma nicht in den organisatorischen Arbeitsablauf der Pflege eingegliedert seien, da sie keine pflegerische Leistung gegenüber Patienten erbrächten, es handele sich um „Erfüllungsgehilfen im Rahmen eines Dienstleistungsvertrags mit einer Fremdfirma“.
Mit der Berufungsbegründung hat der Kläger eine eidesstattliche Versicherung vorgelegt. Die letzten beiden Absätze dieser eidesstattlichen Versicherung lauten wie folgt:
„In der Personalbedarfsrechnung der Verfügungsbeklagten sind Arbeitnehmer der Firma E aufgeführt. Es handelt sich um Servicekräfte als Hilfen im Transportdienst und der Ausgabe des Essens, die nicht in den organisatorischen Arbeitsablauf der Pflege eingegliedert sind, da sie keine pflegerische Leistung gegenüber Patienten erbringen. Es handelt sich um Erfüllungsgehilfen im Rahmen eines Dienstleistungsvertrags mit einer Fremdfirma. Sie entlasten die Pflegekräfte von außerhalb der Pflege zu erledigenden Routineaufgaben. Da die Mitarbeiter der Fremdfirmen ihre Vergütung von ihrem Arbeitgeber erhalten, handelt es sich nicht um Personalkosten, sondern um Sachkosten. Für den Abschluss der Vereinbarungen und den Inhalt der Rechtsbeziehungen mit Fremdfirmen ist die Verwaltungsleitung zuständig.
Ich habe weder tatsächlich noch rechtlich einen Einfluss auf die Zahl der eingesetzten Arbeitnehmer einer Fremdfirma. Die Pflegedienstleitung ist zuständig für die Arbeitnehmer in der Pflege (Medizinische Fachangestellte im Stationsdienst, Assistenten in der Pflege, Krankenpflegehelfer, Gesundheits- und Krankenpfleger, Fachkrankenpfleger). Es muss sich um Arbeitnehmer handeln, die eine pflegerische Leistung gegenüber den Patienten erbringen.“
Mit zwei Schreiben vom 13.06.2014 hörte die Beklagte die gemeinsame Mitarbeitervertretung der Krankenhäuser, der Zentralverwaltung und des MVZ Strahlentherapie und Onkologie sowie vorsorglich die gemeinsame Mitarbeitervertretung der Seniorenhäuser und der Caritaspflegestationen zur beabsichtigten Kündigung des Klägers an. Die Beklagte teilte mit, die Kündigung erfolge vor dem Hintergrund, dass der Kläger in der eidesstattlichen Versicherung der Wahrheit zuwider behauptete, er habe keinen Einfluss auf die Zahl der eingesetzten Arbeitnehmer des Drittunternehmens.
Mit Schreiben vom 23.06.2014, dem Kläger am 23.06.2014 zugegangen, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger außerordentlich fristlos.
Der Kläger hat sich mit der beim Arbeitsgericht Paderborn am 03.07.2014 eingegangenen Klage gegen die ausgesprochene fristlose Kündigung gewandt, die er für rechtsunwirksam hält. Klageerweiternd hat er einen Weiterbeschäftigungsanspruch geltend gemacht. Der Kläger hat - zusammengefasst - vorgetragen, dass die von ihm abgegebene eidesstattliche Versicherung vom 03.06.2014 nicht unrichtig sei. Er habe lediglich den Personaleinsatz der ihm fachlich und organisatorisch unterstellten Pflegekräfte, die einen Arbeitsvertrag mit dem Rechtsträger der Einrichtung haben, geplant. Nicht richtig sei, dass er in alleiniger Verantwortung festgelegt habe, ob Servicemitarbeiter der Fremdfirma E in der Pflege im Rahmen der Ausschöpfung von Zeitkonten und Mehrarbeit aus eigenem Pool oder von einer Drittfirma eingesetzt werden. Er habe auch nicht regelmäßig aufgrund eigener koordinativer Planung entschieden, ob eigene Mitarbeiter oder Mitarbeiter der Fremdfirma eingesetzt würden. Im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens habe er mit seiner eidesstattlichen Versicherung erklärt, dass für den Abschluss der Vereinbarung und den Inhalt der Rechtsbeziehungen mit der Fremdfirma die Verwaltungsleitung zuständig sei. Nach dem objektiven Empfängerhorizont habe sich der Inhalt seiner Äußerung auf die Zahl der eingesetzten Arbeitnehmer nach den Regelungen der Vereinbarungen bezogen. Selbst wenn die eidesstattliche Versicherung ambivalent sein sollte und missverständlich interpretiert werden könnte, habe er lediglich fahrlässig gehandelt. Keinesfalls habe er vorsätzlich eine falsche eidesstattliche Versicherung abgegeben.
Der Kläger hat beantragt,
- 1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung vom 23.06.2014 – zugegangen am 23.06.2014 – nicht aufgelöst worden ist;
- 2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Kündigungsschutzverfahrens entsprechend den Bedingungen aus der Änderungskündigung vom 31. März 2014 weiter zu beschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, dass der Kläger vorsätzlich eine falsche eidesstattliche Versicherung abgegeben habe; dies stelle einen fristlosen Kündigungsgrund dar. Die Beklagte hat - zusammengefasst - vorgetragen, der Kläger als Pflegedienstleitung habe den Personalbedarf geplant. Ihm habe dabei ein Mitarbeiterkontingent von 400 Vollzeitpflege- und Pflegehilfskräften aus einem eigenen Mitarbeiterbestand und Mitarbeitern der Unternehmensgruppe E zur Verfügung gestanden. Mit seiner eidesstattlichen Versicherung habe der Kläger glaubhaft machen wollen, dass er keineswegs im Rahmen einer Erprobung gescheitert sei und tatsächlich hinsichtlich des Einsatzes der Servicekräfte der Fremdfirma keinen Einfluss genommen habe, was falsch sei. Tatsächlich sei der Kläger aber für den koordinativen Einsatz und die Anzahl der beschäftigten Pflegekräfte und somit für die Ermittlung des Bedarfs verantwortlich gewesen. Der Kläger als Pflegedienstleitung habe die Einsätze und damit die Anzahl der Assistenten in der Pflege geplant. Wenn er sich für die Einstellung eines Assistenten in der Pflege entschieden habe, so sei der Beschäftigungsbedarf für eine Servicekraft der Leiharbeitsfirma entfallen und umgekehrt. Insoweit habe der Kläger Einfluss auf die Anzahl der Mitarbeiter der Fremdfirma gehabt. Die Ausschöpfung des Kontingents von Servicekräften sei davon abhängig gewesen, welchen Bedarf der Kläger als Pflegedienstleitung gemeldet habe. Hinsichtlich des Pflegebereiches sei das so geschehen, dass der Kläger dem Mitarbeiter L den Bedarf übermittelt habe und dieser - wenn der Kläger nicht selbst Kontakt mit der Fremdfirma aufgenommen habe - den Bedarf an Leiharbeitskräften der Fremdfirma gemeldet habe, die sodann einen geänderten Kontingentvertrag vorgelegt habe. Mit seiner Erklärung habe der Kläger jegliche Einflussnahme in Abrede gestellt. Von einer bloß fahrlässigen Unrichtigkeit könne nicht ausgegangen werden, zumal ein Hinweis auf die Strafbarkeit in der Erklärung enthalten gewesen sei. Aufgrund seiner Vertrauensstellung und des erheblichen Missbrauchs dieser Vertrauensstellung sei die Interessenabwägung zu Lasten des Klägers zu treffen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die eidesstattliche Versicherung enthalte schon keine objektiv unzutreffenden Tatsachenangaben. Die Angaben des Klägers seien so zu verstehen, dass er weder tatsächlich noch rechtlich einen Einfluss auf die Zahl der eingesetzten Arbeitnehmer einer Fremdfirma bezogen auf den Abschluss der Vereinbarungen habe. Selbst wenn aber eine falsche eidesstattliche Versicherung objektiv vorgelegen habe, sei dem Kläger vorsätzliches Handeln nicht vorzuwerfen. Aufgrund der Umstände des Einzelfalles, insbesondere der 30-jährigen Beschäftigung des Klägers und der nicht unerheblichen Herabstufung des Klägers im Rahmen der Änderungskündigung, hätte die Beklagte eine Abmahnung aussprechen müssen. – Im Übrigen wird, auch zur näheren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes, auf das arbeitsgerichtliche Urteil Bezug genommen.
Das Urteil des ersten Rechtszuges ist der Beklagten am 11.11.2014 zugestellt worden.
Sie hat mit einem Schriftsatz, der am 25.11.2014 beim Landesarbeitsgericht eingegangen ist, Berufung eingelegt und die Berufung mit einem am 09.02.2015 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet, nachdem zuvor die Frist zur Berufungsbegründung bis zum 09.02.2015 verlängert worden war.
Die Beklagte hält das arbeitsgerichtliche Urteil für unrichtig. Der Kläger habe in der eidesstattlichen Versicherung positiv erklärt, weder rechtlich noch tatsächlich Einfluss auf die Anzahl der eingesetzten Arbeitnehmer zu haben. Diese Erklärung sei falsch. Die Beklagte behauptet, im Rahmen der Kontingentvereinbarungen mit dem Drittunternehmen sei festgestellter Personalbedarf abgerufen worden. Die Schichtkapazität habe der Kläger bestimmt. Er habe im Dezember 2012 sogar eigenständig Personal des Drittunternehmens angefordert. Gewöhnlicherweise habe er den Verwaltungsleiter, Herrn L, aufgefordert, die Bestellung des Personals zu veranlassen. Alleinentscheidender sei der Kläger gewesen. Herr L habe sich mit dem Personalbestand der Pflege nicht befasst. Dem Kläger sei auch bewusst gewesen, dass er die Personalverantwortung für die Anzahl der Pflegekräfte trage. Ihm seien die Mitarbeiterbestände regelmäßig in Gesprächen erläutert worden; bei diesen Gesprächen habe der Kläger Mitarbeiterlisten über die Anzahl der beschäftigten Servicekräfte des Drittunternehmens und die hierdurch entstehenden Kosten erhalten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 24.10.2014 – 3 Ca 1013/14 – aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger äußert Zweifel hinsichtlich der Zulässigkeit der Berufung. Die Berufungsbegründung nehme nicht Bezug auf die Feststellungen und Rechtsausführungen des Arbeitsgerichts hinsichtlich der Notwendigkeit einer vorherigen Abmahnung. Nach Auffassung des Klägers liegt eine falsche eidesstattliche Versicherung nicht vor. Er habe lediglich zum Ausdruck bringen wollen, dass für den Abschluss der Vereinbarungen und den Inhalt der Rechtsbeziehungen mit der Fremdfirma die Verwaltungsleitung und nicht die Pflegedienstleitung zuständig sei. Der Kläger behauptet, er habe nicht allein bestimmt, zu welchen Schichten eigene oder Fremdmitarbeiter eingesetzt wurden. Das Kontingent an Drittkräften sei im Rahmen des Dienstleistungsvertrages festgelegt worden; für die konkrete Auswahl der Servicekräfte des Drittunternehmens sei deren Vorarbeiterin zuständig gewesen. Die Disposition über den konkreten Einsatz der Mitarbeiter des Drittunternehmens habe in der Kompetenz des Verwaltungsleiters gelegen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig.
1. Die Beklagte hat die Berufung form- und fristgerecht gemäß § 66 Abs. 1 ArbGG eingelegt und begründet.
2. Entgegen der Auffassung des Klägers genügt die Berufungsbegründung den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO. Die Beklagte setzt sich in der
Berufungsbegründung mit den tragenden Ausführungen des Arbeitsgerichts auseinander.
Sie greift die Ausführungen des Arbeitsgerichts an, soweit das Arbeitsgericht darauf abgestellt hat, eine objektiv falsche eidesstattliche Versicherung liege nicht vor. Dieser Punkt war aus Sicht des Arbeitsgerichts auch maßgeblich im Rahmen der Erwägungen zur Erforderlichkeit einer Abmahnung (vgl. I. 1 b cc der erstinstanzlichen Urteilsgründe).
Mit dem Angriff auf die Entscheidung über den Kündigungsschutzantrag setzt sich die Beklagte zugleich auch hinreichend mit der Entscheidung über den Weiterbeschäftigungsantrag auseinander. Denn die Weiterbeschäftigung setzt eine stattgebende Entscheidung über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses voraus.
3. Soweit der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen hat, die Beklagte habe beantragt, das erstinstanzliche Urteil „aufzuheben“ (und nicht: „abzuändern“), daher liege kein Berufungs- sondern lediglich ein Revisionsantrag vor, ist dem entgegenzuhalten, dass der Antrag offensichtlich als Berufungsantrag gemeint ist. Die Beklagte hat mit dem Schriftsatz vom 25.11.2014 Berufung gegen das Urteil eingelegt hat und im Begründungsschriftsatz vom 09.02.2015 (dort Seite 2, Bl. 229 d. A.) ausgeführt, die „Berufung“ wende sich gegen die Auslegung der eidesstattlichen Versicherung des Klägers durch das Arbeitsgericht.
II.
Die Berufung der Beklagten hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
1. Das Arbeitsgericht hat zu Recht entschieden, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 23.06.2014 nicht aufgelöst wurde.
a) Die Kündigung gilt nicht bereits nach § 7 i. V. m. § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG als von Anfang an rechtswirksam, da der Kläger die Kündigung rechtzeitig innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist gemäß § 4 Satz 1 KSchG angegriffen hat.
b) Die Kündigung ist als fristlose Kündigung rechtsunwirksam, da es an einem wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB fehlt.
aa) Das Arbeitsgericht ist richtig davon ausgegangen, dass die Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung durch den Arbeitnehmer auch eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertige vermag (BAG, Urteil vom 31.07.2014 - 2 AZR 434/13 m. w. N.). Denn ein solches Verhalten stellt - unabhängig von seiner Strafbarkeit - eine erhebliche Verletzung der Nebenpflicht dar, auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen und sie in zumutbarem Umfang zu wahren. Entsprechendes gilt, wenn der Arbeitnehmer in einem Gerichtsverfahren mit dem Arbeitgeber leichtfertig Tatsachenbehauptungen aufstellt, deren Unhaltbarkeit auf der Hand liegt (BAG, Urteil vom 31.07.2014 - 2 AZR 434/13 m. w. N.).
bb) Im Streitfall hat der Kläger keine vorsätzlich falsche eidesstattliche Versicherung abgegeben.
(1) Falsch ist eine Behauptung, wenn sie im Hinblick auf ihren Gegenstand der Wahrheit nicht entspricht, also die Wirklichkeit unzutreffend wiedergibt. Das ist der Fall, wenn der Inhalt der Aussage mit der objektiven Sachlage nicht übereinstimmt (BAG, Urteil vom 31.07.2014 - 2 AZR 434/13). Vorsatz besteht im Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung. Bedingter Vorsatz reicht aus. Der an Eides Statt Erklärende muss die Unrichtigkeit seiner Behauptungen erkennen und deren Unwahrheit in seinem Erklärungswillen aufnehmen; er muss die Unvollständigkeit und Unrichtigkeit zumindest für möglich halten und billigend in Kauf nehmen (BAG, Urteil vom 31.07.2014 - 2 AZR 434/13, Urteil vom 11.07.2013 - 2 AZR 994/12).
(2) Die Beklagte meint, der Kläger habe in der eidesstattlichen Versicherung vom 48 03.06.2014 unrichtigerweise behauptet, keinen Einfluss auf die Zahl der Servicekräfte des Drittunternehmens der E-Gruppe genommen zu haben, die im Pflegebereich der Beklagten eingesetzt werden. Das Berufungsgericht nimmt zugunsten der Beklagten an, dass eine solche Erklärung falsch gewesen wäre, da der Kläger den Bedarf an Servicekräften des Drittunternehmens selbst ermittelt und dann an den Verwaltungsleiter zwecks Anforderung der benötigten Kräfte weitergegeben hat. Dieser Erklärungsgehalt lässt sich der eidesstattlichen Versicherung des Klägers jedoch nicht beimessen.
Der Kläger hat in der von der Beklagten beanstandeten Formulierung der eidesstattlichen Versicherung erklärt: „Ich habe weder tatsächlich noch rechtlich einen Einfluss auf die Zahl der eingesetzten Arbeitnehmer einer Fremdfirma“. Durch die Verwendung des unbestimmten Artikels „einer“ wird deutlich, dass diese Aussage nicht konkret auf die Servicekräfte der Unternehmensgruppe E bezogen, sondern allgemein gemeint ist. Sie ist im Zusammenhang zu sehen mit den vorhergehenden Ausführungen des Klägers zu den Servicekräften: „Es handelte sich um Erfüllungsgehilfen im Rahmen eines Dienstleistungsvertrags mit einer Fremdfirma“. Der Kläger will insoweit erkennbar die Rechtsansicht vertreten, die Servicekräfte seien keine Leiharbeitnehmer, sondern Mitarbeiter eines selbständig tätigen Dienstleistungsunternehmens. Auf derartige Arbeitskräfte, die der Beklagten nicht als Leiharbeitnehmer überlassen werden, hätte der Kläger in der Tat keinen Einfluss, insbesondere nicht auf die Zahl der eingesetzten Arbeitnehmer einer „Fremdfirma“. Die Rechtsauffassung, bei den Servicekräften handele es sich nicht um Leiharbeitnehmer, hat der Kläger konsequenterweise auch im vorliegenden Verfahren vertreten, indem er bereits erstinstanzlich (Schriftsatz vom 17.10.2014, dort S. 3, Bl. 165 d. A.) ausführen ließ, die Servicekräfte seien „nicht in den organisatorischen Ablauf der Einrichtung integriert, da es Erfüllungsgehilfen einer Fremdfirma im Rahmen eines Geschäftsbesorgungsvertrags gewesen sind“.
Zu berücksichtigen ist auch der Stellenwert, den die hier in Rede stehende Äußerung in der eidesstattlichen Versicherung aus Sicht des Erklärenden für den Ausgang des einstweiligen Verfügungsverfahrens hatte (vgl. BAG, Urteil vom 31.07.2014 - 2 AZR 434/13). Es liegen keine Anhaltspunkte für die Annahme vor, der Kläger habe gemeint, die Äußerung zum fehlenden Einfluss auf die Zahl der eingesetzten Arbeitnehmer einer Fremdfirma sei erforderlich gewesen, um das angestrebte Verfahrensziel der Weiterbeschäftigung zu erreichen. Der Kläger hat das Weiterbeschäftigungsbegehren in der Berufungsbegründung im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens hauptsächlich auf andere Argumente gestützt. Er hat vorrangig vorgetragen, es liege keine probeweise Übertragung einer höher zu bewertenden Tätigkeit vor, vielmehr entspreche die Tätigkeit als Pflegedienstleitung für die Betriebsstätten in der Gesamtheit dem Inhalt seines Arbeitsvertrags. Im Übrigen hat er die Weisung, als Krankenpfleger in der mobilen Pflegestation tätig zu werden, mit dem Argument angegriffen, dass die Zuweisung einer solchen Tätigkeit eine Änderungskündigung erfordere und die Tätigkeit bereits vor Ablauf der Kündigungsfrist zugewiesen worden sei. Nur hilfsweise hat der Kläger die beanstandete Äußerung im Rahmen seines Vorbringens zur fehlenden Bewährung gemacht. Dass der Kläger annahm, durch die Erklärung im Rahmen des Hilfsvorbringens (das sich überwiegend auch mit anderen Gesichtspunkten auseinandersetzt und insbesondere die vom Kläger vorgenommenen organisatorischen Maßnahmen der Personaleinsatzplanung aufführt) werfe auf die Rechtssache ein ganz falsches Licht, ist nicht ernsthaft anzunehmen.
cc) Der Vorwurf, der Kläger habe die eidesstattliche Erklärung im Hinblick auf die in Rede stehende Passage nicht vorsichtig genug formuliert und habe insoweit leichtfertig zumindest missverständliche Angaben gemacht, vermag eine fristlose Kündigung nicht zu rechtfertigen.
Insoweit erweist sich die Kündigung als unverhältnismäßig. Als Mittel zur Herbeiführung künftiger Vertragstreue hätte eine Abmahnung ausgereicht.
Beruht die Vertragspflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten des Arbeitnehmers, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann. Einer Abmahnung bedarf es nach Maßgabe des auch in § 314 Abs. 2 i. V. m. § 323 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur dann nicht, wenn bereits von vornherein erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung auch nach Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder wenn es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich – auch für den Arbeitnehmer erkennbar– ausgeschlossen ist (BAG, Urteil vom 31.07.2014 - 2 AZR 434/13, Urteil vom 11.07.2013 - 2 AZR 994/12, Urteil vom 25.10.2012 - 2 AZR 495/11).
Im Streitfall wiegt das Verhalten des Klägers nicht so schwer, dass eine Abmahnung entbehrlich gewesen wäre. Zwar mag der Kläger einer Fehlvorstellung Vorschub geleistet haben, soweit er ausführt, keinen Einfluss auf den Einsatz von Arbeitnehmern einer Fremdfirma gehabt zu haben. Es ist nicht ganz fernliegend, dass bei flüchtigem Lesen der Eindruck entstehen könnte, der Kläger wolle damit seine Verantwortung für die Zahl der konkret eingesetzten Servicekräfte des Drittunternehmens in Abrede stellen. Dem Kläger kann aber mangels entsprechender Anhaltspunkte nicht unterstellt werden, er habe durch eine verzerrende Darstellung in diesem Punkt, dem nach der Argumentation des Klägers im einstweiligen Verfügungsverfahren nur nebensächliche Bedeutung zukommt, letztlich den Ausgang des Verfahrens entscheidend zu seinen Gunsten beeinflussen wollen. Zu berücksichtigen ist insoweit auch, dass der Kläger emotional stark belastet war, weil ihm die Beklagte die Tätigkeit eines Krankenpflegers zuwies, die im Vergleich zu seinen vorherigen Tätigkeiten im Rahmen der Pflegedienstleistung deutlich geringwertiger ist. Zieht man ferner in Betracht, dass das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Kündigung nahezu 30 Jahre (jedenfalls formal) unbeanstandet durchgeführt wurde, so bestand für die Beklagte kein Anlass zu der Annahme, eine Abmahnung sei nicht ausreichend, um künftiges gleichartiges Fehlverhalten zu unterbinden.
c) Die Kündigung vom 23.06.2014 ist auch nicht als ordentliche Kündigung wirksam.
Die fristlose Kündigung kann nicht gemäß § 140 BGB in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden. Auch eine ordentliche Kündigung wäre rechtsunwirksam. Denn der Kläger war gemäß § 14 Abs. 5 AVR Caritas bei Zugang der Kündigung ordentlich nicht mehr kündbar; er hatte nämlich eine Dienstzeit von mehr als 15 Jahren zurückgelegt und das 40. Lebensjahr bereits vollendet. Außerdem hörte die Beklagte die Mitarbeitervertretung nur zu einer außerordentlichen fristlosen Kündigung, nicht jedoch zu einer ordentlichen Kündigung des Klägers an.
2. Da die Kündigung unwirksam ist, hat der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung unter Berücksichtigung der Änderungen aus der Änderungskündigung vom 31.03.2014.
Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend entschieden. Auf die entsprechenden Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil, die die Beklagte im Berufungsrechtszug nicht angegriffen hat, wird Bezug genommen.
Zwar hat der Kläger seinen Beschäftigungsanspruch auf den Zeitpunkt bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Kündigungsschutzverfahrens begrenzt. Die Verurteilung zur Weiterbeschäftigung ist gleichwohl im zweiten Rechtszug aufrechtzuerhalten; § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO steht dem nicht entgegen. Zwar hat das Berufungsgericht die Revision im Urteil nicht zugelassen. Indessen ist (im Sinne des klägerseitigen Antrags) nicht von einem rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens auszugehen, solange zumindest nicht die Fristen für eine Nichtzulassungsbeschwerde abgelaufen sind oder diese zurückgewiesen wurde.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Beklagte hat die Kosten der erfolglos eingelegten Berufung zu tragen.
Es bestand keine Veranlassung, die Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen.
Insbesondere wirft der Rechtsstreit keine entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf.
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