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Sitzverteilung bei der Betriebsratswahl
24.11.2017. In Betrieben mit mehr als 50 wahlberechtigten Arbeitnehmern werden Betriebsräte grundsätzlich im so genannten allgemeinen Wahlverfahren gewählt (§ 14a BetrVG). Das heißt, dass eine Listenwahl bzw. Verhältniswahl stattfindet, bei der verschiedene Listen gegeneinander antreten.
Je nachdem, wie viele Stimmen auf die verschiedenen Listen entfallen, werden die Betriebsratssitze auf die Liste bzw. deren Kandidaten verteilt.
Wie das Bundesarbeitsgericht (BAG) vorgestern entschieden hat, ist das in der Wahlordnung zum Betriebsverfassungsgesetz (WO) vorgesehene Verteilungsverfahren, dass auf den belgischen Juristen d´Hondt zurückgeht, verfassungsgemäß: BAG, Beschluss vom 22.11.2017, 7 ABR 35/16 (Pressemeldung des Gerichts).
- Ist die Benachteiligung von Minderheiten infolge des Höchstzahlenverfahrens nach d´Hondt mit dem Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit vereinbar?
- Der Streitfall: Stimmenverteilung nach d´Hondt, oder wie man mit gut 48 Prozent der abgegebenen Stimmen die Mehrheit im Betriebsrat bekommt
- BAG: Das für die Listenwahl vorgeschriebene Höchstzahlverfahren nach d´Hondt ist bei der Verteilung von Betriebsratssitze verfassungsgemäß
Ist die Benachteiligung von Minderheiten infolge des Höchstzahlenverfahrens nach d´Hondt mit dem Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit vereinbar?
Zu den elementaren Grundsätzen unserer Demokratie gehört das Prinzip der Stimmrechtsgleichheit, dem zufolge jeder Wahlberechtigte eine Stimme hat. Außerdem sollten die abgegebenen Stimmen auch im Ergebnis möglichst gleich gewichtet werden, d.h. sie sollten den gleichen „Erfolgswert“ haben, wenn es um die Verteilung der Sitze geht, die in den zu wählenden Gremien vergeben werden müssen, d.h. in Parlamenten, Gemeinderäten, Personalräten, Betriebsräten usw.
Dieses Ziel ist bei der Betriebsratswahl nur annäherungsweise zu erreichen, da der Betriebsrat je nach Größe der Belegschaft eine gesetzlich festgelegte Anzahl von Mitgliedern hat. Er setzt sich gemäß § 9 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) je nach Größe der Belegschaft aus drei, fünf, sieben, neun, elf, 13 usw. Mitgliedern zusammen. Dementsprechend kann das Verhältnis der auf die Listen entfallenden Betriebsratssitze niemals mathematisch exakt dem Zahlenverhältnis der bei der Wahl abgegebenen Stimmen entsprechen.
An dieser Stelle kommt § 15 WO ins Spiel, der bei der Sitzverteilung das so genannte Höchstzahlenverfahren vorschreibt, dass auf den belgischen Juristen Victor d´Hondt zurückgeht.
Bei diesem Verfahren werden die erreichten Stimmen nebeneinander geschrieben und dann jeweils durch eins, zwei, drei usw. geteilt. Diese Teilungszahlen werden entsprechend ihrer Größe in eine Rangfolge gebracht, und dabei bekommen die Listen in der Reihenfolge der Teilzahlen einen Betriebsratssitz.
Das kann dann zum Beispiel bei sieben zu verteilenden Betriebsratssitzen so aussehen, wenn 171 Stimmen abgegeben wurden und wenn drei Listen insgesamt 110 Stimmen (Liste 1) plus 41 Stimmen (Liste 2) plus 20 Stimmen (Liste 3) erhalten haben:
Stimmen geteilt |
Liste 1 110 Stimmen |
Liste 2 41 Stimmen |
Liste 3 20 Stimmen |
durch 1 | 110 (Nr.1) | 41 (Nr.3) | 20 (-) |
durch 2 | 55 (Nr.2) | 20,5 (Nr.7) | 10 (-) |
durch 3 | 36,7 (Nr.4) | 13,6 (-) | |
durch 4 | 27,5 (Nr.5) | ||
durch 5 | 22 (Nr.6) | ||
durch 6 | 18,3 (-) |
Die Reihenfolge der Höchstteilzahlen und damit die Verteilung der sieben Betriebsratssitze auf die drei Listen sehen hier im Beispiel so aus:
- 110 (Liste 1, Listenplatz 1)
- 55 (Liste 1, Listenplatz 2)
- 41 (Liste 2, Listenplatz 1)
- 36,7 (Liste 1, Listenplatz 3)
- 27,5 (Liste 1, Listenplatz 4)
- 22 (Liste 1, Listenplatz 5)
- 20,5 (Liste 2, Listenplatz 2)
Wie dieses Beispiel zeigt, kann eine Minderheitenliste (wie hier Liste 3) mit immerhin (20 Stimmen: 171 Gesamtstimmen =) 11,7 Prozent der Wählerstimmen bei der Sitzverteilung leer ausgehen. Beispiele dieser Art machen deutlich, dass das Sitzverteilungsverfahren nach d´Hondt möglicherweise durch ein anderes Verteilungsverfahren ersetzt werden sollte, um auf diese Weise einen besseren Minderheitenschutz zu gewährleisten.
Der Streitfall: Stimmenverteilung nach d´Hondt, oder wie man mit gut 48 Prozent der abgegebenen Stimmen die Mehrheit im Betriebsrat bekommt
In dem vom BAG entschiedenen Streitfall ging es um eine Betriebsratswahl, die im Mai 2014 durchgeführt wurde und bei dem ein 17-köpfiger Betriebsrat gewählt wurde. Von den insgesamt 1.142 abgegebenen Stimmen entfielen gut 48 Prozent auf die Liste V (557 Stimmen), knapp 27 Prozent auf die Liste D (306 Stimmen) und gut 24 Prozent auf die Liste H (279 Stimmen).
Obwohl die Listen D und H zusammen mehr als 51 Prozent der abgegebenen Stimmen erhielten, ergab die Sitzverteilung auf der Grundlage von § 15 WO nach d´Hondt, dass auf die Liste V neun Sitze und auf die Listen D und H jeweils vier Sitze entfielen.
Daraufhin wurde die Betriebsratswahl angefochten. Die antragstellenden Arbeitnehmer argumentierten, das in § 15 WO vorgesehene Höchstzahlverfahren sei verfassungswidrig, weil es kleinere Gruppierungen benachteilige. Würde man die Verteilung der Sitze nach einem anderen mathematischen Verfahren vornehmen (Hare/Niemeyer oder Sainte-Laguë/Schepers), hätte die Liste D fünf Sitze und die Liste V acht Sitze erhalten.
Das Arbeitsgericht Magdeburg (Beschluss vom 12.03.2015, 4 BV 55/14) und das Landesarbeitsgericht (LAG) Sachsen Anhalt wiesen den Wahlanfechtungsantrag zurück (LAG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 05.04.2016, 6 TaBV 19/15).
BAG: Das für die Listenwahl vorgeschriebene Höchstzahlverfahren nach d´Hondt ist bei der Verteilung von Betriebsratssitze verfassungsgemäß
Auch in Erfurt vor dem BAG hatte die Wahlanfechtung keinen Erfolg. Nach Ansicht des BAG ist § 15 WO bzw. das Höchstzahlverfahren zur Verteilung der Betriebsratssitze nach d´Hondt verfassungsgemäß. Zur Begründung heißt es in der derzeit allein vorliegenden Pressemeldung des BAG:
Sollen Wählerstimmen in Betriebsratssitze umgerechnet werden, lässt sich bei der Verhältniswahl eine vollständige Gleichheit des Erfolgswertes einer Wählerstimme mit keinem der gängigen Sitzzuteilungsverfahren erreichen, so das BAG. Denn es können ja nur ganze Sitze verteilt werden, so dass Stimmenverteilung und Sitzverteilung niemals mathematisch exakt übereinstimmen können.
Vor diesem Hintergrund hat der Verordnungsgeber, der die WO erlassen hat, einen Gestaltungsspielraum, d.h. er kann entscheiden, mithilfe welches mathematischen Verteilungsverfahrens die Sitzverteilung vorzunehmen ist. Dabei spricht nach Ansicht der Erfurter Richter für das schon lange praktizierte Höchstzahlverfahren nach d´Hondt, dass es die Mehrheitssicherung fördert. Das aber ist, so das BAG, ein „anzuerkennendes Ziel“, wenn man die „Funktion der betriebsverfassungsrechtlichen Arbeitnehmervertretung“ berücksichtigt.
Im Ergebnis verletzt das Höchstzahlverfahren weder den aus Art.3 Abs.1 Grundgesetz (GG) folgenden Grundsatz der Gleichheit der Wahl noch die durch Art.9 Abs.3 GG geschützte Koalitionsfreiheit.
Fazit: Mit der vorliegenden Entscheidung hat das BAG kurz vor den Betriebsratswahlen im Frühjahr 2018 den Kritikern der geltenden WO ein entscheidendes Argument aus der Hand genommen. Damit können die Betriebsratswahlen 2018 mit größerer Rechtssicherheit durchgeführt werden.
Eine andere Entscheidung wäre dem BAG auch kaum möglich gewesen. Denn selbst wenn das Verteilungsverfahren nach d´Hondt von Verfassungs wegen durch ein minderheitenfreundlicheres Verfahren ersetzt werden müsste, könnte das BAG eine solche Ersetzung nicht selbst vornehmen. Vielmehr müsste der Verordnungsgeber die Entscheidung für eines der verschiedenen anderen Verfahren treffen.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 22.11.2017, 7 ABR 35/16 (Pressemeldung des Gerichts)
- Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 05.04.2016, 6 TaBV 19/15
- Handbuch Arbeitsrecht: Anfechtung der Wahl zum Betriebsrat
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsrat
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsratsmitglied
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Letzte Überarbeitung: 2. August 2020
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