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BAG, Urteil vom 11.07.2019, 6 AZR 40/17
Schlagworte: | AVR, Betriebsübergang, AGB-Kontrolle, Bezugnahmeklausel | |
Gericht: | Bundesarbeitsgericht | |
Aktenzeichen: | 6 AZR 40/17 | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 11.07.2019 | |
Leitsätze: | ||
Vorinstanzen: | Arbeitsgericht Stralsund, Urteil vom 24.06.2015, 2 Ca 142/13, Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 15.12.2016, 5 Sa 167/15 |
|
BUNDESARBEITSGERICHT6 AZR 40/17 |
|
Im Namen des Volkes!
Verkündet am
11. Juli 2019
URTEIL
Schuchardt, Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
In Sachen
Beklagte, Berufungsbeklagte und Revisionsklägerin,
pp.
Klägerin, Berufungsklägerin und Revisionsbeklagte,
hat der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. Juli 2019 durch die Vorsitzende Richterin am Bundesarbeitsgericht Spelge, die Richter am Bundesarbeitsgericht Krumbiegel und Dr. Heinkel sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Wollensak und Steinbrück für Recht erkannt:
- Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 15. Dezember 2016 - 5 Sa 167/15 - wird zurückgewiesen.
- Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche der Klägerin nach einem Betriebsübergang. |
1 | ||||
Die Klägerin ist seit dem 1. September 1986 im Krankenhaus An als Krankenschwester beschäftigt. Am 20. April 1993 schloss sie mit der L-Hospital gGmbH als ihrer damaligen Arbeitgeberin einen Änderungsvertrag. Die L-Hospital gGmbH war Mitglied des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche. Der Änderungsvertrag lautet auszugsweise wie folgt:
... § 2
...“ |
2 | ||||
Die L-Hospital gGmbH gründete später mit der C Diakoniewerk gGmbH, die ein Krankenhaus in U betrieb, die beklagte Gesellschaft. Diese firmierte damals als „Kliniken An-U g.GmbH“ und trat dem Diakonischen Werk in der Pommerschen Evangelischen Kirche bei. Sie übernahm zum 1. April 2003 die beiden Krankenhäuser im Wege eines Betriebsübergangs. In einem mit den übertragenden Gesellschaften und den dort gebildeten Mitarbeitervertretungen geschlossenen Personalüberleitungsvertrag heißt es ua.: „Personalüberleitungsvertrag
§ 2
§ 4 Stichtag
|
3 | ||||
Ab dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs wandte die Beklagte die Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland (AVR-DW EKD) in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung nur noch statisch an. | 4 | ||||
Am 15. Oktober 2006 schloss die Beklagte mit dem zwischenzeitlich gebildeten Betriebsrat die folgende Vereinbarung (Vereinbarung I):
§ 1 AUSGANGSSITUATION
... § 2 GELTUNGSBEREICH
... § 4 GEGENSTAND DER BETRIEBSVEREINBARUNG
§ 5 GELTUNGSDAUER
…“ |
5 | ||||
Unter Bezugnahme auf diese Regelung vereinbarten die Parteien am 27. Oktober/15. November 2006 wie mehr als 85 % der „Mitarbeitenden mit AVR-Verträgen“ eine entsprechende Nebenabrede (Nebenabrede I). Deren Geltung war bis zum 31. Dezember 2009 befristet. |
6 | ||||
Am 4. Dezember 2009 schloss die Beklagte mit dem Betriebsrat folgende Vereinbarung (Vereinbarung II):
§ 1 AUSGANGSSITUATION
- 6 -
§ 2 GELTUNGSBEREICH
§ 3 GEGENSTAND DER VEREINBARUNG
§ 4 GELTUNGSDAUER
…“ |
7 | ||||
Vor diesem Hintergrund trafen die Parteien unter dem 4./16. Dezember 2009 folgende Nebenabrede (Nebenabrede II): „NEBENABREDE ZUM BESTEHENDEN DIENSTVERTRAG
- 8 -
|
8 | ||||
Insgesamt nahmen mehr als 80 % der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter „mit AVR-Verträgen“ das Angebot der Beklagten an. |
9 | ||||
Im Jahr 2010 trat die Beklagte aus dem Diakonischen Werk aus.
- 9 - |
10 | ||||
Für die Zeit ab dem 1. Januar 2013 vereinbarten die Parteien keine weitere Vertragsänderung. Die Klägerin lehnte diesbezügliche Angebote der Beklagten ab. Zwischen den Parteien blieb streitig, ob zumindest eines der Angebote auf der Grundlage einer die Vereinbarung II ablösenden Vereinbarung zwischen der Beklagten und dem neu konstituierten Betriebsrat erfolgte. |
11 | ||||
Die Klägerin erhielt für die Zeit ab Januar 2013 eine Vergütung nach Vergütungsgruppe K6 Stufe 9 AVR-DW EKD in der am 31. Dezember 2012 geleisteten Höhe. Die Vergütungsgruppe K6 Stufe 9 existiert in dem seit dem 1. Oktober 2012 geltenden Vergütungssystem der AVR-DW EKD nicht mehr. Die Beklagte bringt diese Vergütungsgruppe jedoch wegen der von ihr angenommenen statischen Geltung der AVR-DW EKD auch weiterhin zur Anwendung. |
12 | ||||
Mit ihrer der Beklagten am 28. März 2013 zugestellten Klage hat die Klägerin für die Zeit ab dem 1. Januar 2013 eine Vergütung nach der nunmehr maßgeblichen Entgeltgruppe der AVR-DW EKD verlangt. Nach dem Auslaufen der Nebenabrede II zum 31. Dezember 2012 seien die AVR-DW EKD, welche am 23. Januar 2014 in Arbeitsvertragsrichtlinien der Diakonie Deutschland (AVR-DD) umbenannt wurden, entsprechend der Vereinbarung in § 2 des Arbeitsvertrags vom 20. April 1993 wieder uneingeschränkt anzuwenden. Wegen der vereinbarten Dynamik habe sie Anspruch auf die aktuelle und künftige Vergütung nach Entgeltgruppe 7 Erfahrungsstufe 2 AVR-DW EKD bzw. AVR-DD. Der zum 1. April 2003 erfolgte Betriebsübergang habe die arbeitsvertragliche Vergütungsvereinbarung nicht abgeändert. Die Nebenabreden I und II seien jeweils befristet gewesen. Die in der Nebenabrede II getroffene Nachwirkungsvereinbarung halte einer Inhaltskontrolle nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht stand. |
13 | ||||
Die Klägerin hat im Berufungsverfahren zuletzt beantragt
- 10 -
|
14 | ||||
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die AVR-DW EKD seien nach dem Betriebsübergang im Jahr 2003 nur noch statisch anwendbar. Jedenfalls sei mit der Nebenabrede II ausdrücklich eine dauerhaft statische Geltung der AVR-DW EKD mit Nachwirkung über den 31. Dezember 2012 hinaus vereinbart worden. Selbst wenn die AVR-DW EKD bzw. AVR-DD ab dem 1. Januar 2013 wieder dynamisch gelten sollten, seien Vergütungssteigerungen nur ausgehend von der bis zum 31. Dezember 2012 maßgeblichen Vergütung zu berechnen. Die bis zu diesem Zeitpunkt unstreitig geltenden Nebenabreden hätten einen Verzicht auf weiter gehende Entgeltsteigerungen beinhaltet, welcher nicht rückwirkend entfalle. |
15 | ||||
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat dieses Urteil auf die Berufung der Klägerin abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Zur Begründung hat sie sich im Revisionsverfahren ergänzend darauf berufen, die Vereinbarung II sei eine Betriebsvereinbarung, welche die formularmäßige In-bezugnahme der AVR-DW EKD bzw. AVR-DD abgelöst habe. Die vertragliche Vereinbarung sei konkludent betriebsvereinbarungsoffen. |
16 | ||||
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Klägerin mit Zustimmung der Beklagten die Feststellungsklage zurückgenommen, soweit sie sich bezogen auf den Zeitraum vor dem 1. Februar 2015 mit der Leistungsklage überschnitten hat. Zudem haben die Parteien unstreitig gestellt, dass die Klägerin die Voraussetzungen der Erfahrungsstufe 2 ihrer Entgeltgruppe erfüllt.
- 11 - |
17 |
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Die Klage ist in dem noch rechtshängigen Umfang zulässig und begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Klägerin seit dem 1. Januar 2013 eine Vergütung nach Entgelt-gruppe 7 Erfahrungsstufe 2 AVR-DW EKD bzw. AVR-DD verlangen kann. |
18 |
1. Die Vergütung der Klägerin bestimmt sich seit dem 1. Januar 2013 gemäß der dynamischen Verweisung in § 2 des Arbeitsvertrags vom 20. April 1993 wieder nach den AVR-DW EKD bzw. AVR-DD in der jeweils gültigen Fassung. Eine dynamische Verweisung auf kirchliche Arbeitsrechtsregelungen gilt auch nach einem Betriebsübergang auf einen weltlichen Erwerber gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB weiter. Die nach der Nebenabrede II zum 31. Dezember 2012 maßgebliche Vergütungshöhe ist nicht Ausgangsbasis für die seit dem 1. Januar 2013 vorzunehmende Dynamisierung des Entgelts. Die Geltung der Nebenabrede II hat mit Ablauf des 31. Dezember 2012 ohne Nachwirkung geendet. Dies hat der Senat mit seinem Urteil vom 21. Juni 2018 - 6 AZR 38/17 - bereits entschieden (zustimmend Bachmann Anm. PflR 2019, 98; Rasche Anm. öAT 2018, 235; kritisch Haußmann Anm. ArbRAktuell 2018, 554; vgl. auch BAG 23. November 2017 - 6 AZR 683/16 - Rn. 27 f., BAGE 161, 111). Auf die Begründung der Entscheidung - 6 AZR 38/17 - (vgl. dort Rn. 27 ff.) wird verwiesen. |
19 |
2. Der Vortrag der Beklagten im vorliegenden Revisionsverfahren veranlasst keine Änderung dieser Rechtsprechung. Die Beklagte hat hiergegen nur eine vermeintliche Betriebsvereinbarungsoffenheit des Formulararbeitsvertrags vom 20. April 1993 einschließlich der Inbezugnahme der AVR-DW EKD bzw. AVR-DD angeführt und die Auffassung vertreten, die Vereinbarung II habe als Betriebsvereinbarung zur Ablösung dieser vertraglichen Regelung geführt. Dies ist unzutreffend. Der Arbeitsvertrag der Klägerin vom 20. April 1993 ist weder ausdrücklich noch konkludent betriebsvereinbarungsoffen. Der Übergang auf die Beklagte hat daran nichts geändert.
- 12 - |
20 |
a) Im Arbeitsverhältnis mit einem weltlichen Arbeitgeber können die Arbeitsvertragsparteien ihre vertraglichen Absprachen dahingehend gestalten, dass sie einer Abänderung durch betriebliche Normen unterliegen. Eine solche Vereinbarung kann ausdrücklich oder bei entsprechenden Begleitumständen konkludent erfolgen und ist namentlich bei betrieblichen Einheitsregelungen und Gesamtzusagen möglich. Hiervon ist regelmäßig auszugehen, wenn der Vertragsgegenstand in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten ist und einen kollektiven Bezug hat. Mit deren Verwendung macht der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer erkennbar deutlich, dass im Betrieb einheitliche Vertragsbedingungen gelten sollen. Im Anwendungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes stünde dem eine betriebsvereinbarungsfeste Gestaltung der Arbeitsbedingungen entgegen. Da Allgemeine Geschäftsbedingungen ebenso wie Bestimmungen in einer Betriebsvereinbarung auf eine Vereinheitlichung der Regelungsgegenstände gerichtet sind, kann aus Sicht eines verständigen und redlichen Arbeitnehmers nicht zweifelhaft sein, dass es sich bei den vom Arbeitgeber gestellten Arbeitsbedingungen um solche handelt, die einer, möglicherweise auch verschlechternden, Änderung durch Betriebsvereinbarung zugänglich sind. Insoweit ist es eine Besonderheit des weltlichen Arbeitsrechts, dass die Arbeitsbedingungen ua. auch durch normativ wirkende Betriebsvereinbarungen unmittelbar und zwingend dynamisch ausgestaltet werden. Etwas anderes gilt nur dann, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer ausdrücklich Vertragsbedingungen vereinbaren, die unabhängig von einer für den Betrieb geltenden normativen Regelung Anwendung finden sollen (BAG 30. Januar 2019 - 5 AZR 450/17 - Rn. 60 ff. mwN auch zu abweichenden Ansichten; 24. Oktober 2017 - 1 AZR 846/15 - Rn. 18; 5. März 2013 - 1 AZR 417/12 - Rn. 60; zu Versorgungszusagen vgl.: BAG 11. Dezember 2018 - 3 AZR 380/17 - Rn. 64 ff.; 21. Februar 2017 - 3 AZR 542/15 - Rn. 34; kritisch BAG 11. April 2018 - 4 AZR 119/17 - Rn. 48 ff., BAGE 162, 293). |
21 |
b) Ein mit einem kirchlichen Träger geschlossener Arbeitsvertrag, der formularmäßig kirchliches Arbeitsrecht in Bezug nimmt, ist hingegen grundsätzlich nicht betriebsvereinbarungsoffen, weil das Betriebsverfassungsgesetz gemäß § 118 Abs. 2 BetrVG keine Anwendung auf Religionsgemeinschaften und ihre
- 13 - karitativen und erzieherischen Einrichtungen - unbeschadet deren Rechtsform - findet. Die vertraglich vereinbarten kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen wie die AVR-DW EKD bzw. AVR-DD haben zwar einen kollektiven Bezug, dieser besteht aber nicht hinsichtlich (abändernder) Betriebsvereinbarungen iSd. § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG. Bei den AVR handelt es sich um Kollektivvereinbarungen besonderer Art, in denen allgemeine Bedingungen für die Vertragsverhältnisse der Arbeitnehmer durch eine paritätisch zusammengesetzte Arbeitsrechtliche Kommission festgelegt werden (BAG 19. April 2012 - 6 AZR 677/10 - Rn. 23). Normative Wirkung entfalten sie nicht. In kollektiv-rechtlicher Hinsicht sind typi-scherweise über die Bezugnahme auf das kirchliche Arbeitsrecht die Regelungen des kirchlichen Mitarbeitervertretungsrechts einschließlich der auf dessen Grundlage geschlossenen Dienstvereinbarungen maßgeblich (vgl. BAG 22. März 2018 - 6 AZR 835/16 - Rn. 47, BAGE 162, 247). Ein kirchlicher Ar-beitsvertrag ist daher vorbehaltlich anderer Vereinbarungen nur offen für rechtmäßige Änderungen durch kirchliche Dienstvereinbarungen, nicht aber durch Betriebsvereinbarungen. |
22 |
c) Dies gilt auch für den Arbeitsvertrag der Klägerin vom 20. April 1993. Es handelt sich zwar um einen Formulararbeitsvertrag, der Allgemeine Geschäftsbedingungen enthält. Der Arbeitsvertrag wurde jedoch ursprünglich zwischen der Klägerin und einem kirchlichen Träger geschlossen und nahm deshalb die AVR-DW EKD dynamisch in Bezug. Die Klägerin konnte daher von der Anwendbarkeit kirchlichen Arbeitsrechts ausgehen und musste nicht damit rechnen, dass in der Zukunft trotz bestehender Mitgliedschaft der Arbeitgeberin im Diakonischen Werk ein Betriebsrat etabliert wird und dieser abändernde Betriebsvereinbarungen abschließt. Ein anderes Vertragsverständnis wäre mit dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht vereinbar (vgl. hierzu BAG 30. Januar 2019 - 5 AZR 450/17 - Rn. 66 ff.). Der Arbeitsvertrag lässt eine Betriebsvereinbarungsoffenheit nach einem Übergang auf einen weltlichen Erwerber nicht erkennen. Eine kollektiv-rechtliche Überlagerung des privatautonom Vereinbarten durch Betriebsvereinbarungen ist hier auch keine arbeitsrechtliche Besonderheit, die gemäß § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB angemessen zu berücksichtigen wäre und dazu führte, dass der Arbeitsvertrag einschließlich
- 14 - einer Betriebsvereinbarungsoffenheit hinreichend klar und verständlich wäre. Im Gegenteil besteht bei kirchlichen Arbeitsverhältnissen - wie dargelegt - die Besonderheit, dass mit kirchlichen Arbeitgebern keine Betriebsvereinbarungen mit normativer Wirkung gemäß § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG abgeschlossen werden können. |
23 |
3. Es kann daher unentschieden bleiben, ob die Vereinbarung II eine gemäß § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG normativ wirkende Betriebsvereinbarung oder eine Regelungsabrede ist, der keine Normwirkung zukommt (vgl. hierzu Fitting 29. Aufl. § 77 Rn. 217 mwN). Für Letzteres spricht, dass die Parteien der Vereinbarung II diese in § 2 und § 3 ausdrücklich als Regelungsabrede bezeichnet haben und von einer Umsetzung der Vereinbarung durch Nebenabreden zu den bestehenden Dienstverträgen ausgingen. Nach § 4 der Vereinbarung II ist ihre Geltung allerdings für „alle“ Beschäftigten bei Erreichen einer Akzeptanzquote von mindestens 80 % vorgesehen. Die Vereinbarung II soll dann mit Nachwirkung gelten. Hieraus könnte geschlossen werden, dass die Parteien der Vereinbarung II deren normative Wirkung unter der aufschiebenden Bedingung des Erreichens der Zustimmungsquote sogar für die Beschäftigten wollten, welche bereits einer der Vereinbarung II entsprechenden vertraglichen Regelung zugestimmt hatten. Es bestehen aber erhebliche Bedenken, ob angesichts dieser Unsicherheit von dem wirksamen Abschluss einer Betriebsvereinbarung ausgegangen werden könnte, denn die Betriebspartner müssen ihren Willen zur Normsetzung hinreichend deutlich zum Ausdruck bringen (BAG 12. April 2017 - 7 AZR 446/15 - Rn. 32 f.; zum Gebot der Rechtsquellenklarheit vgl.: BAG 30. Januar 2019 - 5 AZR 450/17 - Rn. 90; 26. September 2017 - 1 AZR 717/15 - Rn. 40, BAGE 160, 237; zum Gebot der Normenklarheit vgl.: BAG 14. März 2019 - 6 AZR 339/18 - Rn. 34; 25. April 2013 - 6 AZR 800/11 - Rn. 18). Dies muss aus den genannten Gründen jedoch ebenso wenig entschieden werden wie die Fragen, ob bei der Beklagten zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung II überhaupt wirksam ein Betriebsrat gebildet war (vgl. BAG 21. Juni 2018 - 6 AZR 38/17 - Rn. 40) und ob die Vereinbarung II inhaltlich mit den Vorgaben des Betriebsverfassungsgesetzes vereinbar ist.
- 15 - |
24 |
4. Wegen der dynamischen Geltung der AVR-DW EKD bzw. AVR-DD seit dem 1. Januar 2013 ist sowohl die Feststellungs- als auch die Leistungsklage begründet. Die Klägerin kann als Krankenschwester nach § 12 Abs. 1 Satz 1 iVm. Anlage 1 AVR-DW EKD bzw. AVR-DD sowie der Überleitungsregelung zu § 15 AVR-DW EKD bzw. AVR-DD seit dem 1. Januar 2013 unstreitig eine Vergütung nach Entgeltgruppe 7 Erfahrungsstufe 2 AVR-DW EKD bzw. AVR-DD beanspruchen. Die mit der Leistungsklage geltend gemachten Differenzbeträge stehen ihrer Höhe nach ebenfalls nicht im Streit. |
25 |
5. Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen. Die Kostenentscheidung des Landesarbeitsgerichts ist trotz der teilweisen Klagerücknahme im Revisionsverfahren nach § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO im Ergebnis zutreffend (vgl. BGH 19. Oktober 1995 - III ZR 208/94 -). |
26 |
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