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LAG Nie­der­sach­sen, Ur­teil vom 02.12.2010, 5 Sa 1183/10

   
Schlagworte: Weisung, Änderungskündigung, Direktionsrecht, Weisungsrecht, Änderungsschutzklage, Kündigung: Änderungskündigung
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Aktenzeichen: 5 Sa 1183/10
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 02.12.2010
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Hannover, Urteil vom 14.06.2010, 1 Ca 501/09
Nachgehend Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26.01.2012, 2 AZR 102/11
   

LAN­DES­AR­BEITS­GERICHT

NIE­DERSACHSEN

 

Verkündet am:

02.12.2010

Kap­pen­berg, Ge­richts­an­ge­stell­te als Ur­kunds­be­am­tin der Geschäfts­stel­le

 

IM NA­MEN DES VOL­KES

UR­TEIL

5 Sa 1183/10

1 Ca 501/09 ArbG Han­no­ver

In dem Rechts­streit

Kläge­rin, Be­ru­fungs­be­klag­te und Be­ru­fungskläge­rin,

Proz.-Bev.:

ge­gen

Be­klag­te, Be­ru­fungskläge­rin und Be­ru­fungs­be­klag­te,

Proz.-Bev.:

hat die 5. Kam­mer des Lan­des­ar­beits­ge­richts Nie­der­sach­sen auf die münd­li­che Ver­hand-lung vom 2. De­zem­ber 2010 durch

den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Lan­des­ar­beits­ge­richt Ku­bi­cki,
den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Herrn In­gel­mann,
die eh­ren­amt­li­che Rich­te­rin Frau Börner 

für Recht er­kannt:

Die Be­ru­fun­gen bei­der Par­tei­en ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts vom 14.06.2010 - 1 Ca 501/09 - wer­den zurück­ge­wie­sen.

Von den Kos­ten des Rechts­streits ha­ben die Kläge­rin 1/4 und die Be­klag­te 3/4 zu tra­gen.

So­weit die Be­ru­fung der Be­klag­ten zurück­ge­wie­sen wor­den ist, wird die Re­vi­si­on zu­ge­las­sen.

Im Übri­gen wird die Re­vi­si­on nicht zu­ge­las­sen.

 

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Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten über die Wirk­sam­keit ei­ner Ände­rungskündi­gung und ei­nen Wei­ter­beschäfti­gungs­an­spruch der Kläge­rin in der Geschäfts­stel­le D-Stadt.

Die am 00.00.1967 ge­bo­re­ne, ver­hei­ra­te­te Kläge­rin ist seit dem 01.08.1993 bei der Be­klag­ten zunächst als Se­kretärin und seit dem 01.01.2008 als Ver­triebs­ko­or­di­na­to­ren in der Geschäfts­stel­le D-Stadt, Geschäfts­spar­te Ver­trieb, zu ei­ner mo­nat­li­chen Vergütung in Höhe von ca. 3.920,00 € brut­to beschäftigt ge­we­sen und seit dem 12.04.2010 in A-Stadt tätig.

Die Zen­tra­le der Be­klag­ten be­fin­det sich in A-Stadt. Sie un­terhält meh­re­re Geschäfts­stel­len. Die Geschäfts­stel­len H. und D-Stadt wer­den bei­de dis­zi­pli­na­risch und fach­lich vom sel­ben Geschäft­stel­len­lei­ter geführt und als Ein­heit be­trach­tet (im Fol­gen­den: Geschäfts­stel­le D-Stadt). Im Jahr 2008 beschäftig­te die Be­klag­te in der Geschäfts­stel­le D-Stadt acht Ver­trieb­saußen­dienst­mit­ar­bei­ter, drei Ver­triebs­ko­or­di­na­to­rin­nen, ei­ne Se­kretärin und ei­nen Geschäfts­stel­len­lei­ter. Ne­ben der Kläge­rin war als Ver­triebs­ko­or­di­na­to­rin un­ter an­de­rem Frau M. tätig, wel­che le­dig und für ein min­derjähri­ges, zum da­ma­li­gen Zeit­punkt nicht schul­pflich­ti­ges Kind, zum Un­ter­halt ver­pflich­tet ist. Sie ist 1965 ge­bo­ren und seit 1998 be­triebs­zu­gehörig.

Im Mai 2009 re­du­zier­te die Be­tei­lig­te die An­zahl der Ver­trieb­saußen­dienst­mit­ar­bei­ter in der Geschäfts­stel­le D-Stadt von acht auf sechs und die Zahl der Ver­triebs­ko­or­di­na­to­ren be­trug zwei (Frau M. und die Kläge­rin).

Im Be­trieb der Be­klag­ten sind re­gelmäßig mehr als zehn Ar­beit­neh­mer tätig. Es be­steht ein Be­triebs­rat, der im Stamm­haus A-Stadt an­ge­sie­delt ist. Ein ört­li­cher Be­triebs­rat für die Geschäfts­stel­le D-Stadt exis­tiert nicht.

Seit Som­mer 2009 er­hielt die Kläge­rin kei­ne Auf­ga­ben ei­ner Ver­triebs­ko­or­di­na­to­rin mehr. Die Ur­sa­chen hierfür sind zwi­schen den Par­tei­en strei­tig.

Nach Be­tei­li­gung und Wi­der­spruch des Be­triebs­ra­tes sprach die Be­klag­te ge­genüber der Kläge­rin mit Schrei­ben vom 26.08.2009 ei­ne be­triebs­be­ding­te Kündi­gung zum 31.03.2010 aus, ver­bun­den mit dem An­ge­bot, sie ab 01.04.2010 als Ver­triebs­ko­or­di­na­to­rin in der Geschäfts­stel­le A-Stadt in­ner­halb der Geschäfts­spar­te Ver­trieb ein­zu­set­zen. Die Kläge­rin

 

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nahm das An­ge­bot un­ter dem Vor­be­halt der so­zia­len Recht­fer­ti­gung der geänder­ten Ar­beits­be­din­gun­gen an.

Die Kläge­rin hat die Un­wirk­sam­keit der Kündi­gung vom 26.08.2009 gel­tend ge­macht und darüber hin­aus die Wei­ter­beschäfti­gung in der Geschäfts­stel­le D-Stadt über den 31.03.2010 hin­aus be­gehrt. Sie hat die Ände­rungskündi­gung als so­zi­al un­ge­recht­fer­tigt gerügt und be­strit­ten, ihr Ar­beits­platz sei weg­ge­fal­len. Sie hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, ei­nen An­spruch auf vorläufi­ge Wei­ter­beschäfti­gung in der Geschäfts­stel­le D-Stadt zu ha­ben, weil die er­for­der­li­che Zu­stim­mung des Be­triebs­ra­tes zu der Ver­set­zung nach A-Stadt gemäß § 99 Be­trVG nicht vor­lie­ge.

Sie hat be­an­tragt,

1. fest­zu­stel­len, dass die Ände­rung der Ar­beits­be­din­gun­gen durch die Ände­rungskündi­gung der Be­klag­ten vom 26.08.2009, zu­ge­gan­gen am 26.08.2009 rechts­un­wirk­sam ist.

2. die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, sie auch über den 31.03.2010 hin­aus als Ver­triebs­ko­or­di­na­to­rin in der Geschäfts­stel­le D-Stadt in­ner­halb der Geschäfts­spar­te Ver­trieb zu beschäfti­gen.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt,

die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Sie hat be­haup­tet, En­de 2008 ha­be die Geschäftsführung die un­ter­neh­me­ri­sche Ent­schei­dung ge­trof­fen, die Geschäfts­spar­te Ver­trieb zum 01.01.2009 um­zu­or­ga­ni­sie­ren. Die­se Or­ga­ni­sa­ti­onsände­rung sei zum 01.01.2009 mit ei­nem Weg­fall von ins­ge­samt 78 Ar­beits­stun­den pro Wo­che im Be­reich der Ver­triebs­ko­or­di­na­to­ren durch­geführt wor­den.

We­gen wei­te­rer Ein­zel­hei­ten des erst­in­stanz­li­chen Sach- und Streit­stan­des wird auf den Tat­be­stand der an­ge­foch­te­nen Ent­schei­dung, Bl. 2 - 6 der­sel­ben, Bl. 308 - 312 der Ge­richts­ak­te, ver­wie­sen.

Mit Ur­teil vom 14.06.2010 hat das Ar­beits­ge­richt fest­ge­stellt, dass die Ände­rung der Ar­beits­be­din­gun­gen durch die Ände­rungskündi­gung der Be­klag­ten vom 26.08.2009, zu­ge-

 

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gan­gen am 26.08.2009, rechts­un­wirk­sam ist und im Übri­gen die Kla­ge ab­ge­wie­sen. We­gen der ge­nau­en Ein­zel­hei­ten der recht­li­chen Würdi­gung wird auf die Ent­schei­dungs­gründe des an­ge­foch­te­nen Ur­teils, Bl. 6 - 13 des­sel­ben, Bl. 312 - 319 der Ge­richts­ak­te ver­wie­sen.

Die­ses Ur­teil ist der Kläge­rin am 15. und der Be­klag­ten am 16.07.2010 zu­ge­stellt wor­den. Mit ei­nem am 29.07.2010 ein­ge­gan­ge­nen Schrift­satz hat die Be­klag­te Be­ru­fung ein­ge­legt und die­se mit ei­nem am 16.09.2010 ein­ge­gan­ge­nen Schrift­satz be­gründet. Die­ser Schrift­satz ist der Kläge­rin am 22.09.2010 zu­ge­stellt wor­den. Mit ei­nem am 22.10.2010 ein­ge­gan­ge­nen Schrift­satz hat sie be­an­tragt, die Frist für die Be­ru­fungs­er­wi­de­rung bis zum 05.11.2010 zu verlängern. Die­sem Be­geh­ren hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt ent­spro­chen. Mit ei­nem am 05.11.2010 ein­ge­gan­ge­nen Schrift­satz hat sie auf die Be­ru­fung er­wi­dert und An­schluss­be­ru­fung ein­ge­legt.

Die Be­klag­te ver­folgt mit ih­rer Haupt­be­ru­fung das erst­in­stanz­li­che Ziel der vollständi­gen Kla­ge­ab­wei­sung wei­ter und ver­tei­digt in die­sem Zu­sam­men­hang die Rechtmäßig­keit der von ihr aus­ge­spro­che­nen Ände­rungskündi­gung. Sie meint, das Ar­beits­ge­richt ha­be ver­kannt, dass ih­re un­ter­neh­me­ri­sche Ent­schei­dung nicht dar­auf ab­ge­zielt ha­be, Per­so­nal zu re­du­zie­ren, son­dern dar­auf, die Ar­beits­abläufe zu ver­ein­heit­li­chen und zu straf­fen. Auch nach­dem die Kläge­rin D-Stadt ver­las­sen ha­be und in A-Stadt tätig sei, lau­fe das Ta­ges­geschäft wie zu­vor oh­ne Ein­bußen an Qua­lität, Ter­min­ver­schie­bun­gen oder sons­ti­ger zusätz­li­cher Be­las­tun­gen der in D-Stadt ver­blie­be­nen Mit­ar­bei­ter. Im Übri­gen müsse auf­grund der feh­len­den Auf­ga­ben­zu­wei­sung ge­genüber der Kläge­rin während der Kündi­gungs­frist auf die un­ter­neh­me­ri­sche Ent­schei­dung ge­schlos­sen wer­den. Die­se un­ter­neh­me­ri­sche Ent­schei­dung ha­be die Geschäftsführung in der Per­son des Herrn S. nach ei­nem Ent­schei­dungs­ter­min beim Vor­sit­zen­den der Geschäftsführung Herrn Dr. K. am 7. No­vem­ber 2008 gefällt. Über das Vor­lie­gen die­ser Ent­schei­dung ha­be Herr S. den Be­triebs­rat in­for­miert. Im Übri­gen müsse die Ände­rungskündi­gung, soll­te sie un­wirk­sam sein, in ei­ne Maßnah­me des Di­rek­ti­ons­rechts um­ge­deu­tet wer­den.

 

 

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Die Be­klag­te be­an­tragt,

das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Han­no­ver vom 14.06.2010, Geschäfts­zei­chen 1 Ca 501/09, hin­sicht­lich des Te­nors zu 1.) ab­zuändern und die Kla­ge auch in­so­weit ab­zu­wei­sen.

Die Kläge­rin be­an­tragt,

die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen und die Be­klag­te un­ter Abände­rung des am 14.06.2010 verkünde­ten Ur­teils des Ar­beits­ge­richts Han­no­ver, Az.: 1 Ca 501/09, zu ver­ur­tei­len, sie auch über den 31.03.2010 hin­aus als Ver­triebs­ko­or­di­na­to­rin in der Geschäfts­stel­le D-Stadt in­ner­halb der Geschäfts­spar­te Ver­trieb zu beschäfti­gen.

Die Be­klag­te be­an­tragt,

die An­schluss­be­ru­fung zu ver­wer­fen, hilfs­wei­se zurück­zu­wei­sen.

Die Kläge­rin ver­tei­digt das an­ge­foch­te­ne Ur­teil, so­weit es der Kla­ge statt­ge­ge­ben hat, ins­be­son­de­re be­strei­tet sie das Vor­han­den­sein ei­nes nach­voll­zieh­ba­ren un­ter­neh­me­ri­schen Kon­zep­tes. Sie wie­der­holt auch die be­reits erst­in­stanz­lich er­ho­be­ne Rüge der so­zia­len Aus­wahl und nimmt auf den ge­sam­ten Sach­vor­trag des erst­in­stanz­li­chen Ver­fah­rens Be­zug. Zur An­schluss­be­ru­fung meint sie, sie ha­be so­wohl ei­nen all­ge­mei­nen Wei­ter­beschäfti­gungs­an­spruch auf­grund der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts als auch ei­nen sol­chen nach § 102 Abs. 5 Be­trVG. Die­sem Wei­ter­beschäfti­gungs­an­spruch ste­he auch nicht Tat­sa­che ent­ge­gen, dass die Be­klag­te ein ge­richt­li­ches Ver­fah­ren gemäß § 100 Be­trVG an­ge­sichts des Wi­der­spru­ches des Be­triebs­ra­tes auch zu ih­rer Ver­set­zung nach A-Stadt ein­ge­lei­tet ha­be.

Die Be­klag­te hält die An­schluss­be­ru­fung in Er­man­ge­lung ei­ner aus­rei­chen­den Be­ru­fungs­be­gründung für un­zulässig, hilfs­wei­se für un­be­gründet.

We­gen sämt­li­cher wei­te­ren Ein­zel­hei­ten des Par­tei­vor­brin­gens in der Be­ru­fung wird auf ih­re Schriftsätze vom 16.09., 05.11., 01.12.2010 so­wie auf das Sit­zungs­pro­to­koll vom 02.12.2010 ver­wie­sen.

 

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Ent­schei­dungs­gründe

Die Be­ru­fun­gen bei­der Par­tei­en muss­ten er­folg­los blei­ben.

A.
Bei­de Rechts­mit­tel sind zulässig. Sie sind statt­haft so­wie form- und frist­ge­recht ein­ge­legt und be­gründet wor­den (§§ 64, 66 ArbGG, 519, 520, 524 ZPO).

Ins­be­son­de­re ist die An­schluss­be­ru­fung in­ner­halb der vom Lan­des­ar­beits­ge­richt verlänger­ten Be­ru­fungs­er­wi­de­rungs­frist be­gründet wor­den (§ 524 Abs. 3 ZPO). Sie ent­spricht auch dem Be­gründungs­er­for­der­nis des § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO. An­hand der Be­gründung die­ses Rechts­mit­tels kann das Rechts­mit­tel­ge­richt er­ken­nen, aus wel­chem Grund die Kläge­rin das an­ge­foch­te­ne Ur­teil für rechts­feh­ler­haft hält. Auf die Schlüssig­keit ih­rer Ausführun­gen kommt es dies­bezüglich nicht an.

B.
Bei­de Rechts­mit­tel sind un­be­gründet.

I.
Die Ände­rungskündi­gung vom 26.08.2009 ist we­gen feh­len­der so­zia­ler Recht­fer­ti­gung un­wirk­sam gemäß §§ 1 Abs. 1 und Abs. 2 KSchG. Sie ist nicht aus be­triebs­be­ding­ten Gründen so­zi­al ge­recht­fer­tigt, weil drin­gen­de be­trieb­li­che Er­for­der­nis­se für die aus­ge­spro­che­ne Ände­rungskündi­gung und die da­mit ver­bun­de­ne Ver­tragsände­rung nicht vor­lie­gen (1.), auch darf aus Rechts­gründen die­se un­wirk­sa­me Ände­rungskündi­gung nicht gemäß § 140 BGB in ei­ne Maßnah­me des Di­rek­ti­ons­rech­tes um­ge­deu­tet wer­den (2.).

Im Ein­zel­nen:

1.
Ei­ne Ände­rungskündi­gung ist wirk­sam, wenn die an­ge­bo­te­ne Ver­tragsände­rung so­zi­al ge­recht­fer­tigt ist. Es müssen drin­gen­de be­trieb­li­che Er­for­der­nis­se für die Ver­tragsände­rung vor­lie­gen. Fer­ner ist nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts Vor­aus­set­zung, dass sich der Ar­beit­ge­ber bei ei­nem an sich an­er­ken­nens­wer­ten An­lass zur Ände­rungskündi­gung dar­auf be­schränkt hat, nur sol­che Ände­run­gen vor­zu­schla­gen, die der Ar­beit­neh­mer bil­li­ger­wei­se hin­neh­men muss (BAG Ur­teil, vom 15.03.1991, Az. 2 AZR 582/90 - EZA § 2 KSchG Nr. 16 m.w.N.).

 

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a.
Drin­gen­de be­trieb­li­che Er­for­der­nis­se für ei­ne Kündi­gung gemäß § 1 Abs. 2, 2 KSchG können sich aus in­ner­be­trieb­li­chen oder außer­be­trieb­li­chen Gründen er­ge­ben.

Nach ständi­ger Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts (BAG, Ur­teil vom 07.12.1978, Az.: 2 AZR 155/77 – BA­GE 31, 157; Ur­teil vom 29.03.1990, Az.: 2 AZR 369/89 – BA­GE 65, 61) können sich be­trieb­li­che Er­for­der­nis­se für ei­ne Kündi­gung im Sin­ne von § 1 Abs. 2 KSchG aus in­ner­be­trieb­li­chen Umständen oder durch außer­be­trieb­li­che Gründe er­ge­ben. Die­se be­trieb­li­chen Er­for­der­nis­se müssen „drin­gend“ sein und ei­ne Kündi­gung im In­ter­es­se des Be­trie­bes not­wen­dig ma­chen. Die­se wei­te­re Vor­aus­set­zung ist erfüllt, wenn es dem Ar­beit­ge­ber nicht möglich ist, der be­trieb­li­chen La­ge durch an­de­re Maßnah­men auf tech­ni­schem, or­ga­ni­sa­to­ri­schem oder wirt­schaft­li­chem Ge­biet als durch ei­ne Kündi­gung zu ent­spre­chen. Die Kündi­gung muss we­gen der be­trieb­li­chen La­ge un­ver­meid­bar sein (BAG, Ur­teil vom 17.06.1999, Az.: 2 AZR 456/98 – AP Nr. 103 zu § 1 KSchG 1969 be­triebs­be­ding­te Kündi­gung). Der Vor­trag des Ar­beit­ge­bers muss er­ken­nen las­sen, ob durch ei­ne in­ner­be­trieb­li­che Maßnah­me oder durch ei­nen außer­be­trieb­li­chen An­lass das Bedürf­nis an der Tätig­keit des gekündig­ten Ar­beit­neh­mers wegfällt. Die Or­ga­ni­sa­ti­ons­ent­schei­dung des Ar­beit­ge­bers, den Per­so­nal­be­stand auf Dau­er zu ver­rin­gern, ist we­gen der Nähe zum bloßen Kündi­gungs­ent­schluss nicht le­dig­lich auf Un­sach­lich­keit oder Willkür zu über­prüfen. Der Ar­beit­ge­ber muss dar­le­gen, in wel­chem Um­fang die frag­li­chen Ar­bei­ten zukünf­tig im Ver­gleich zum bis­he­ri­gen Zu­stand an­fal­len, das heißt, es geht um die Dar­le­gung ei­ner näher kon­kre­ti­sier­ten Pro­gno­se der Ent­wick­lung auf­grund außer­be­trieb­li­cher Fak­to­ren oder un­ter­neh­me­ri­scher Vor­ga­ben, z. B. nur noch ei­ne ge­rin­ge­re Zahl von Auf­trägen an­zu­neh­men. Er muss im Kündi­gungs­schutz­pro­zess kon­kre­te An­ga­ben da­zu ma­chen, wie sich die Ver­rin­ge­rung des Auf­trags­vo­lu­mens auf die Ar­beits­men­ge aus­wirkt und in wel­chem Um­fang da­durch ein kon­kre­ter Ar­beits­kräfteüber­hang ent­steht (BAG, Ur­teil vom 17.06.1999 a. a. O.; LAG Rhein­land-Pfalz, Ur­teil vom 15.08.2007, Az.: 8 Sa 293/07 – ju­ris). So­weit es um die Dar­le­gungs­last bezüglich der Dar­stel­lung ei­nes dau­er­haf­ten Rück­gangs des Beschäfti­gungs­vo­lu­mens geht, müssen der In­halt und die Sub­stanz des Sach­vor­tra­ges dem Um­stand Rech­nung tra­gen, dass die Einschätzung des zukünf­ti­gen – ge­sun­ke­nen – Beschäfti­gungs­be­darfs und -vo­lu­mens pro­gnos­ti­schen Cha­rak­ter hat. Er muss des­halb den Rück­gang des Beschäfti­gungs­vo­lu­mens nach­voll­zieh­bar dar­stel­len, bei­spiels­wei­se durch ei­ne Dar­stel­lung der Ent­wick­lung und ei­nen Ver­gleich des Auf­trags- und Beschäfti­gungs­vo­lu­mens in Re­fe­renz­pe­ri­oden (BAG, Ur­teil vom 18.05.2006, Az.: 2 AZR 412/05 – AP Nr. 7 zu § 9 AÜG m. w. N.).

 

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Wenn auch die un­ter­neh­me­ri­sche Ent­schei­dung nicht auf ih­re sach­li­che Recht­fer­tig­keit oder ih­re Zweckmäßig­keit hin zu über­prüfen ist, son­dern nur dar­auf, ob sie of­fen­bar un­sach­lich, un­vernünf­tig oder willkürlich ist, dann ob­liegt es doch den Ar­beits­ge­rich­ten voll nach­zu­prüfen, ob ei­ne der­ar­ti­ge un­ter­neh­me­ri­sche Ent­schei­dung tatsächlich vor­liegt (BAG, Ur­teil vom 17.06.1999, Az.: 2 AZR 522/98 - AP Nr. 102 zu § 1 KSchG 1969 be­triebs­be­ding­te Kündi­gung). Dem Ar­beit­ge­ber ob­liegt es pro­zes­su­al, die­se Ent­schei­dung sub­stan­ti­iert dar­zu­stel­len, so dass sie ei­ner Be­weis­er­he­bung zugäng­lich ist.

b)
Die­sen An­for­de­run­gen genügt der Sach­vor­trag der Be­klag­ten nicht. Die Be­klag­te hat ih­re un­ter­neh­me­ri­sche Ent­schei­dung nicht ent­spre­chend den zu­vor dar­ge­stell­ten Rechts­grundsätzen für das Lan­des­ar­beits­ge­richt nach­voll­zieh­bar dar­ge­stellt.

Die zunächst in der Be­ru­fungs­be­gründung ent­hal­te­ne Be­zug­nah­me auf das erst­in­stanz­li­che Vor­brin­gen und die da­mit ver­bun­de­ne Klar­stel­lung, wie die­se un­ter­neh­me­ri­sche Ent­schei­dung zu ver­ste­hen sei, lässt im rein tatsächli­chen un­klar, wel­che Per­son sei­tens der Geschäfts­lei­tung zu wel­chem Zeit­punkt in wel­cher Form und mit wel­chen Aus­wir­kun­gen be­schlos­sen hat, die Um­ver­tei­lung der Auf­ga­ben vor­zu­neh­men bzw. ei­ni­ge Auf­ga­ben in Fort­fall ge­ra­ten zu las­sen. Der ergänzen­de Sach­vor­trag der Be­klag­ten, die Geschäfts­lei­tung ha­be die Ent­schei­dung, je­den Stand­ort nur noch mit ei­nem Ver­triebs­ko­or­di­na­tor aus­zu­stat­ten, am 07.11.2008 gefällt, recht­fer­tigt - als wahr un­ter­stellt - nicht das Bedürf­nis für die Ände­run­gen der Ar­beits­be­din­gun­gen der Kläge­rin, weil durch die­sen Sach­vor­trag nicht das Beschäfti­gungs­bedürf­nis ih­rer­seits am Stand­ort D-Stadt ent­fal­len ist. Denn die­ser pau­scha­len Be­haup­tung ist nicht die kon­kre­te Pla­nung zu ent­neh­men, in wel­chen Ein­zel­schrit­ten sich die Re­du­zie­rung auf nur ei­nen Ver­triebs­ko­or­di­na­tor hat voll­zie­hen sol­len. Al­lein durch die­se Ent­schei­dung, die am 07.11.2008 ge­trof­fen sein soll, ist nicht er­kenn­bar, wel­che ein­zel­nen Auf­ga­ben der Kläge­rin -sei es durch Um­ver­tei­lung oder durch Weg­fall- ent­fal­len sein sol­len. Die­se Wer­tung wird durch die Anhörung der in­stru­ier­ten Ver­tre­te­rin der Be­klag­ten gemäß § 141 ZPO bestätigt. Kon­kre­te An­ga­ben da­zu, zu wel­chem Zeit­punkt die ein­zel­nen Auf­ga­ben weg­ge­fal­len sein sol­len, so­dass der zeit­li­che Be­zug zum Aus­spruch der streit­ge­genständ­li­chen Ände­rungskündi­gung ge­ge­ben ist, sind nicht er­kenn­bar.

 

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In Er­man­ge­lung ei­ner nach­voll­zieh­ba­ren un­ter­neh­me­ri­schen Ent­schei­dung fehlt es an ei­nem drin­gen­den be­triebs­be­ding­ten Er­for­der­nis, wel­ches die streit­ge­genständ­li­che Kündi­gung so­zi­al zu recht­fer­ti­gen ver­mag.

c)
Auf die Pro­ble­ma­tik, ob die Kündi­gung (auch) we­gen feh­ler­haf­ter so­zia­ler Aus­wahl gemäß § 1 Abs. 3 KSchG so­zi­al un­ge­recht­fer­tigt ist und ob statt der Kläge­rin Frau M. rich­ti­ger­wei­se Adres­sa­tin ei­ner Ände­rungskündi­gung hätte sein müssen, nämlich weil man mit ei­nem nicht schul­pflich­ti­gen Klein­kind leich­ter ei­ne Orts­verände­rung vor­neh­men kann als mit ei­nem be­rufstäti­gen Ehe­mann - so die Ar­gu­men­ta­ti­on der Kläge­rin - kommt es nicht mehr an.

2.
Die Kla­ge war nicht be­reits des­we­gen ab­zu­wei­sen, weil die an­ge­bo­te­nen Ände­run­gen der Ar­beits­be­din­gun­gen oh­ne­hin auf­grund ei­ner in der streit­ge­genständ­li­chen Ände­rungskündi­gung ent­hal­te­nen Wei­sung gel­ten.

a)
Nach der ständi­gen Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts (BAG, Urt. vom 24.08.2004, AZ: 1 AZR 419/03 - BA­GE 111, 361; Urt. vom 26.08.2008, AZ: 1 AZR 353/07 - NZA-RR 2009; 300-303) muss ei­ne Ände­rungs­schutz­kla­ge nach § 2 KSchG ab­ge­wie­sen wer­den, wenn die an­ge­bo­te­nen Ände­run­gen der Ar­beits­be­din­gun­gen oh­ne­hin gel­ten, sei es auf­grund ei­ner Wei­sung oder sei es auf­grund ei­nes Ta­rif­ver­tra­ges. Denn die Fra­ge, ob die im Ände­rungs­an­ge­bot des Ar­beit­ge­bers ent­hal­te­nen Ar­beits­be­din­gun­gen ge­ra­de in Fol­ge der mit der Ände­rungskündi­gung an­ge­bo­te­nen Ver­tragsände­run­gen gel­ten, ob es al­so zu ei­ner Her­beiführung der Ände­rung der Ände­rungskündi­gung be­durf­te oder ob die an­ge­bo­te­nen Ar­beits­be­din­gun­gen oh­ne­hin Grund­la­ge des Ar­beits­verhält­nis­ses sind, sei nur als ein Ele­ment der Be­gründet­heits­prüfung an­zu­se­hen mit der Fol­ge, dass es ei­ner so­zia­len Recht­fer­ti­gung nicht bedürfe, wenn die an­ge­bo­te­nen Ar­beits­be­din­gun­gen z. B. we­gen ei­ner wirk­sa­men Wei­sung oder ei­ner Ände­rung des Ta­rif­ver­tra­ges be­reits un­abhängig da­von ein­ge­tre­ten sei­en.

Ob die­ser Recht­spre­chung ge­folgt wird, be­darf kei­ner Ent­schei­dung. Denn die Ar­beits­be­din­gun­gen der Kläge­rin sind nicht be­reits ein­sei­tig durch ei­ne Maßnah­me des Di­rek­ti­ons­rechts gemäß § 106 Ge­wO geändert wor­den. Die un­wirk­sa­me Ände­rungskündi­gung darf nicht gemäß § 140 BGB in ei­ne zulässi­ge Maßnah­me des Di­rek­ti­ons­rech­tes um­ge­deu­tet wer­den.

 

- 10 -

b)
Gemäß § 140 BGB wird ein nich­ti­ges Rechts­geschäft im We­ge der Um­deu­tung dann auf­recht er­hal­ten, wenn es den Er­for­der­nis­sen ei­nes an­de­ren Rechts­geschäftes ent­spricht und wenn an­zu­neh­men ist, dass des­sen Gel­tung bei Kennt­nis der Nich­tig­keit ge­wollt sein würde. Ob ei­ne sol­che Um­deu­tung ei­ner un­wirk­sa­men Ände­rungskündi­gung in ei­ne Maßnah­me des Di­rek­ti­ons­rech­tes über­haupt in Be­tracht kommt, ist im Ein­zel­nen höchst um­strit­ten: teil­wei­se wird die­se Möglich­keit un­ter Hin­weis dar­auf be­jaht, dass das um­ge­deu­te­te Rechts­geschäft nicht als Mi­nus in dem nich­ti­gen Geschäft er­hal­ten sein müsse, viel­mehr auch ein so­ge­nann­tes "Ali­ud" in Be­tracht kom­me, wenn nur hin­sicht­lich des Er­satz-geschäftes sämt­li­che Wirk­sam­keits­vor­aus­set­zun­gen erfüllt sei­nen (Hro­mat­ka, in NZA, 2008, 1338, 1340; Hunold in NZA 2008, 860, 862; Stau­din­ger-Roth, Buch 1, Teil 2, § 140 Rd­Nr. 22; LAG B-Stadt, Ur­teil vom 29.11.1999, Az.: 9 Sa 1277/99 - LA­GE § 2 KSchG Nr. 36). Dem steht ei­ne star­ke Ge­gen­mei­nung ge­genüber, wel­che die Zulässig­keit ei­ner Um­deu­tung in ei­nem sol­chen kon­kre­ten An­wen­dungs­fall ver­neint (Ha­ko-Pfeif­fer, 3. Aufl., § 2 Ände­rungskündi­gung Rd­Nr. 14; APS-Künzel, 3. Aufl., § 2 KSchG Rd­Nr. 119; Ber­kow­ski in NZA 1999, 293; Löwisch in NZA 1988, 633; Ben­ecke in NZA 2005, 1092, 1096). Der Rechts­auf­fas­sung der zu­letzt zi­tier­ten Li­te­ra­tur­mei­nung folgt das Lan­des­ar­beits­ge­richt. Wenn es auch nicht dar­auf an­kommt, dass das um­ge­deu­te­te Rechts­geschäft als Mi­nus in dem nich­ti­gen Rechts­geschäft ent­hal­ten sein muss, so dürfen die Rechts­wir­kun­gen des um­ge­deu­te­ten Rechts­geschäftes nicht über die Wir­kun­gen des nich­ti­gen Rechts­geschäftes hin­aus­ge­hen. Dies ist im Verhält­nis von Wei­sung und Ände­rungskündi­gung der Fall. Die Wei­sung Kraft Di­rek­ti­ons­recht gemäß § 106 Ge­wO ist ge­genüber der Ände­rungskündi­gung kein mil­de­res Mit­tel. Denn durch sie wird der Ver­trag kon­kre­ti­siert, der Ar­beit­neh­mer muss die Wei­sung be­fol­gen, an­dern­falls ihm der Vor­wurf ei­ner (be­harr­li­chen) Ar­beits­ver­wei­ge­rung ge­macht wer­den kann und die Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses droht. Dem­ge­genüber hat ein Ar­beit­neh­mer bei Aus­spruch ei­ner Ände­rungskündi­gung die drei be­kann­ten Wahlmöglich­kei­ten der Ab­leh­nung, der vor­be­halt­lo­sen An­nah­me und der An­nah­me un­ter Vor­be­halt gemäß § 2 KSchG.

Die Ab­leh­nung der Um­deu­tung ei­ner un­wirk­sa­men Ände­rungskündi­gung in ei­ne Maßnah­me des Di­rek­ti­ons­rech­tes fügt sich im Übri­gen schon des­we­gen har­mo­nisch in un­ser Rechts­sys­tem ein, weil nur die­se Auf­fas­sung berück­sich­tigt, dass die Er­kenn­bar­keit der Vor­aus­set­zun­gen des § 140 BGB bei Vor­nah­me, d. h. bei Aus­spruch der un­wirk­sa­men Ände­rungskündi­gung ge­ge­ben sein muss. So hat denn auch das Bun­des­ar­beits­ge­richt (BAG, Ur­teil vom 12.05.2010, Az.: 2 AZR 845/08 - DB 2010, 2508 - 2509) bei der Pro­ble­ma­tik der Um­deu­tung ei­ner gemäß § 626 Abs. 1 BGB un­wirk­sa­men außer­or­dent­li­chen

 

- 11 -

Kündi­gung in ei­ne or­dent­li­che Kündi­gung ent­schei­dend dar­auf ab­ge­stellt, dass dies dem mut­maßli­chen Wil­len des Kündi­gen­den ent­spricht und die­ser Wil­le dem Kündi­gungs­empfänger im Zeit­punkt des Kündi­gungs­zu­gangs er­kenn­bar ist.

Bei Aus­spruch der streit­ge­genständ­li­chen Ände­rungskündi­gung konn­ten die Vor­aus­set­zun­gen der Um­deu­tung schon des­we­gen nicht be­ur­teilt wer­den, weil der Kläge­rin die Über­le­gungs­frist des § 2 KSchG of­fen stand. Zu die­sem Zeit­punkt war völlig un­ge­wiss, ob die Pro­blem­la­ge des § 140 BGB zukünf­tig ent­ste­hen wird.

Schei­det ge­ne­rell die Möglich­keit aus, ei­ne un­wirk­sa­me Ände­rungskündi­gung gemäß § 140 BGB in ei­ne Maßnah­me des Di­rek­ti­ons­rech­tes um­zu­deu­ten, dann be­darf auch die Pro­ble­ma­tik, ob der hy­po­the­ti­sche Wil­le der Be­klag­ten zum Zeit­punkt der Vor­nah­me des nich­ti­gen Rechts­geschäftes (auf die­sen Zeit­punkt kommt es bei der Be­ur­tei­lung des § 140 BGB an, vgl. Stau­din­ger-Roth a.a.O. Rd­Nr. 27) kei­ner Ent­schei­dung. Hier­an be­ste­hen durch­aus er­heb­li­che Zwei­fel, hat doch die Be­klag­te ih­rem Kündi­gungs­schrei­ben ein Ver­set­zungs­schrei­ben bei­gefügt und die Wirk­sam­keit die­ses Ver­set­zungs­schrei­bens er­kenn­bar von dem Ein­verständ­nis und der Un­ter­schrifts­leis­tung der Kläge­rin abhängig ge­macht (An­la­ge K 11 zur Kla­ge­schrift Bl. 40 und 41 der Ge­richts­ak­te). Da­mit lässt sich mögli­cher­wei­se der er­kenn­ba­re (hy­po­the­ti­sche) Wil­le, er­satz­wei­se ei­ne ein­sei­ti­ge Maßnah­me des Di­rek­ti­ons­rech­tes durchführen wol­len, nicht ver­ein­ba­ren.

III.
Die An­schluss­be­ru­fung ist un­be­gründet. Zu Recht und mit zu­tref­fen­der Be­gründung hat das an­ge­foch­te­ne Ur­teil den gel­tend ge­mach­ten Wei­ter­beschäfti­gungs­an­trag der Kläge­rin ab­ge­wie­sen. Das Be­ru­fungs­ge­richt macht sich zunächst ein­mal die die­sen Streit­ge­gen­stand be­tref­fen­den Ent­schei­dungs­gründe zu Ei­gen, ver­weist auf ihn und stellt dies fest (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Die­se Be­zug­nah­me be­trifft die Ausführun­gen in den Ent­schei­dungs­gründen zu II, Bl. 11 und 12 des Ur­teils, Bl. 317 und 318 der Ge­richts­ak­te. Die Ausführun­gen der Kläge­rin in der An­schluss­be­ru­fungs­be­gründung ver­an­las­sen le­dig­lich fol­gen­de ergänzen­de Ausführun­gen:

1.
Der Rück­griff der Kläge­rin auf den all­ge­mei­nen Wei­ter­beschäfti­gungs­an­spruch, auf der Grund­la­ge der Ent­schei­dung des Bun­des­ar­beits­ge­richts (BAG GS, Be­schluss vom 27.01.1985 - GS 1/84 - AP Nr. 14 zu § 611 BGB Wei­ter­beschäfti­gungs­pflicht) ist ihr mit der An­nah­me un­ter Vor­be­halt ver­sperrt. Nimmt ein Ar­beit­neh­mer das Ände­rungs­an­ge­bot

 

- 12 -

des Ar­beit­ge­bers un­ter dem Vor­be­halt an, dass die Ände­rung nicht so­zi­al un­ge­recht­fer­tigt ist, erklärt er sich da­mit be­reit, zunächst zu den geänder­ten Be­din­gun­gen bis zur rechts­kräfti­gen Klärung im Ände­rungskündi­gungs­schutz­pro­zess wei­ter zu ar­bei­ten. Die­se Ver­pflich­tung ei­nes Ar­beit­neh­mers ist ge­wis­ser­maßen der Preis für die Si­cher­heit, im Fal­le der Ab­wei­sung der Kündi­gungs­schutz­kla­ge sei­nen Ar­beits­platz zu be­hal­ten (KR-Rost, § 2 KSchG, Rd­Nr. 119, 9. Aufl.; ErfK-Oet­ker, 10. Aufl., § 2 KSchG Rd­Nr. 38). Die­ser Rechts­grund­satz gilt auch dann, wenn die Ände­rungskündi­gung aus an­de­ren Gründen als we­gen feh­len­der so­zia­ler Recht­fer­ti­gung rechts­un­wirk­sam ist. Denn nach­dem § 4 S. 2 KSchG durch das Ar­beits­markt­re­form­ge­setz ab dem 01.01.2004 auf al­le Fälle der Un­wirk­sam­keit der Kündi­gung er­wei­tert wor­den war, ist der Vor­be­halt des § 2 Satz 1 KSchG da­hin­ge­hend aus­zu­le­gen, dass er sich auf al­le Un­wirk­sam­keits­gründe be­zieht (APS-Künzel, 3. Aufl. § 2 KSchG Rd­Nr. 207; LAG Ba­den-Würt­tem­berg, Ur­teil vom 17.08.2005, Az.: 13 Sa 78/04 - ju­ris).

2.
Die­ser all­ge­mei­ne Grund­satz schließt auf den spe­zi­el­len be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­chen Wei­ter­beschäfti­gungs­an­spruch nach § 102 Abs. 5 aus, auch in­so­weit erklärt sich der Ar­beit­neh­mer mit den geänder­ten Ar­beits­be­din­gun­gen so­lan­ge ein­ver­stan­den, bis die Rechts­wirk­sam­keit der Kündi­gung endgültig geklärt ist (APS, a.a.O. Rd­Nr. 232).

3.
Ei­ne Aus­nah­me von dem vor­ste­hen­den Grund­satz wird le­dig­lich dann ge­macht, wenn die geänder­ten Ar­beits­be­din­gun­gen we­gen ei­nes Wi­der­spru­ches des Be­triebs­ra­tes gemäß § 99 Abs. 2 Be­trVG nicht voll­zo­gen wer­den können, es sei denn der Ar­beit­ge­ber nimmt ei­ne Maßnah­me nach § 100 Be­trVG vor. Letz­te­re Fall­kon­stel­la­ti­on (Ge­gen­aus­nah­me) ist im vor­lie­gen­den Streit­fall ge­ge­ben, wie das an­ge­foch­te­ne Ur­teil un­ein­ge­schränkt her­vor­ge­ho­ben hat.

C.
Die Pro­zess­kos­ten wa­ren gemäß § 92 Abs. 2 ZPO verhält­nismäßig ent­spre­chend dem Aus­maß des Ob­sie­gens und Un­ter­lie­gens der Par­tei­en zu quo­tie­ren. Legt man für den Fest­stel­lungs­an­trag we­gen der da­mit ver­bun­de­nen ein­schnei­den­den Ände­run­gen drei Brut­to­mo­nats­ein­kom­men der Kläge­rin zu Grun­de und für ih­ren Wei­ter­beschäfti­gungs­an­trag ei­ne Brut­to­mo­nats­vergütung, dann folgt dar­aus ei­ne Kos­ten­last von 3/4 für die Be­klag­te und 1/4 für die Kläge­rin. Die erst­in­stanz­li­che Kos­ten­quo­te war ab­zuändern.

 

- 13 -

So­weit die Be­klag­te un­ter­le­gen war, war we­gen grundsätz­li­cher Be­deu­tung und Di­ver­genz gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 ArbGG die Re­vi­si­on zum Bun­des­ar­beits­ge­richt zu­zu­las­sen. Im Übri­gen war ei­ne Re­vi­si­ons­zu­las­sung nicht ver­an­lasst.

Rechts­mit­tel­be­leh­rung

Ge­gen die Nicht­zu­las­sung der Re­vi­si­on fin­det die Be­schwer­de statt.

Die Be­schwer­de kann nur dar­auf gestützt wer­den, dass

1. ei­ne ent­schei­dungs­er­heb­li­che Rechts­fra­ge grundsätz­li­che Be­deu­tung hat,

2. das Ur­teil von ei­ner Ent­schei­dung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts, von ei­ner Ent­schei­dung des Ge­mein­sa­men Se­nats der obers­ten Ge­richtshöfe, des Bun­des, von ei­ner Ent­schei­dung des Bun­des­ar­beits­ge­richts oder, so­lan­ge ei­ne Ent­schei­dung des Bun­des­ar­beits­ge­richts in der Rechts­fra­ge nicht er­gan­gen ist, von ei­ner Ent­schei­dung ei­ner an­de­ren Kam­mer des­sel­ben Lan­des­ar­beits­ge­richts oder ei­nes an­de­ren Lan­des­ar­beits­ge­richts ab­weicht und die Ent­schei­dung auf die­ser Ab­wei­chung be­ruht,

oder

3. ein ab­so­lu­ter Rechts­be­schwer­de­grund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zi­vil­pro­zess­ord­nung oder ei­ner ent­schei­dungs­er­heb­li­chen Ver­let­zung des An­spruchs auf recht­li­ches Gehör gel­tend ge­macht wird und vor­liegt.

Die Be­schwer­de muss bin­nen ei­ner Not­frist von ei­nem Mo­nat nach Zu­stel­lung die­ses Ur­teils bei dem Bun­des­ar­beits­ge­richt ein­ge­legt wer­den.

Die An­schrift des Bun­des­ar­beits­ge­richts lau­tet:

Hu­go-Preuß-Platz 1, 99084 Er­furt.

Te­le­fax-Nr.: (0361) 26 36 – 20 00

Die Be­schwer­de ist in­ner­halb ei­ner Not­frist von zwei Mo­na­ten nach Zu­stel­lung des Ur­teils zu be­gründen. In der Be­schwer­de­be­gründung müssen die Vor­aus­set­zun­gen der obi­gen Nr. 2 dar­ge­legt oder die Ent­schei­dung be­zeich­net wer­den, von der das Ur­teil ab­weicht.

Vor dem Bun­des­ar­beits­ge­richt müssen sich die Par­tei­en durch Pro­zess­be­vollmäch­tig­te ver­tre­ten las­sen. Als Be­vollmäch­tig­te sind außer Rechts­anwälten nur die in § 11 Ab­satz 2 Satz 2 Nr. 4 und 5 ArbGG be­zeich­ne­ten Or­ga­ni­sa­tio­nen zu­ge­las­sen. Die­se müssen in Ver­fah­ren vor dem Bun­des­ar­beits­ge­richt durch Per­so­nen mit Befähi­gung zum Rich­ter­amt han­deln.

 

- 14 -

Die Be­schwer­de­schrift, die Be­schwer­de­be­gründungs­schrift und die sons­ti­gen wech­sel­sei­ti­gen Schriftsätze im Be­schwer­de­ver­fah­ren sol­len 7-fach – für je­den wei­te­ren Be­tei­lig­ten ein Ex­em­plar mehr – bei dem Bun­des­ar­beits­ge­richt ein­ge­reicht wer­den.

 

Ku­bi­cki 

In­gel­mann 

Börner

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