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BAG, Be­schluss vom 18.03.2015, 7 ABR 4/13

   
Schlagworte: Beschlussverfahren, Betriebsrat: Anwaltskosten, Betriebsrat: Rechtsanwalt
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 7 ABR 4/13
Typ: Beschluss
Entscheidungsdatum: 18.03.2015
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Oberhausen, Beschluss vom 15.03.2012 - 4 BV 19/11
Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 16.01.2013 - 7 TaBV 31/12
   

BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT

7 ABR 4/13
7 TaBV 31/12
Lan­des­ar­beits­ge­richt

Düssel­dorf

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am

18. März 2015

BESCHLUSS

Schie­ge, Ur­kunds­be­am­ter

der Geschäfts­stel­le

In dem Be­schluss­ver­fah­ren mit den Be­tei­lig­ten

1.

An­trag­stel­ler, Be­schwer­deführer und Rechts­be­schwer­deführer,

2.

hat der Sieb­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf­grund der Be­ra­tung vom 18. März 2015 durch die Vor­sit­zen­de Rich­te­rin am Bun­des­ar­beits­ge­richt Gräfl, den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Prof. Dr. Kiel und die Rich­te­rin am Bun­des­ar­beits­ge­richt Dr. Renn­pferdt so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Zwis­ler und Au­hu­ber für Recht er­kannt:


Die Rechts­be­schwer­de der An­trag­stel­ler ge­gen den Be­schluss des Lan­des­ar­beits­ge­richts Düssel­dorf vom 16. Ja­nu­ar 2013 - 7 TaBV 31/12 - wird zurück­ge­wie­sen.


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Von Rechts we­gen!


Gründe

A. Die Be­tei­lig­ten strei­ten in der Rechts­be­schwer­de noch über die Er­stat­tung von ab­ge­tre­te­nen Rechts­an­walts­kos­ten, die den An­trag­stel­lern als Ver­fah­rens­be­vollmäch­tig­ten des im Be­trieb der zu 2. be­tei­lig­ten Ar­beit­ge­be­rin be­ste­hen­den Be­triebs­rats in zwei Be­schluss­ver­fah­ren ent­stan­den sind.

Die ers­te For­de­rung in Höhe von 1.150,02 Eu­ro be­trifft die Ver­tre­tung des Be­triebs­rats durch die An­trag­stel­ler in ei­nem einst­wei­li­gen Verfügungs­ver­fah­ren, in dem der Be­triebs­rat von der Ar­beit­ge­be­rin die Auf­he­bung der Ver­set­zung ei­nes sei­ner Mit­glie­der ver­lang­te. Die­ser An­trag wur­de durch Be­schluss des Ar­beits­ge­richts ab­ge­wie­sen. Die da­ge­gen von den An­trag­stel­lern na­mens des Be­triebs­rats mit Schrift­satz vom 13. Au­gust 2010 ein­ge­leg­te Be­schwer­de wur­de vom Lan­des­ar­beits­ge­richt Düssel­dorf un­ter dem Ak­ten­zei­chen - 5 TaBV­Ga 12/10 - zurück­ge­wie­sen. Ei­nen aus­drück­li­chen Be­schluss zur Be­auf­tra­gung der An­trag­stel­ler mit der Ein­le­gung der Be­schwer­de hat­te der Be­triebs­rat nicht ge­fasst.

Die zwei­te For­de­rung in Höhe von 942,18 Eu­ro be­trifft die Ver­tre­tung des Be­triebs­rats in ei­nem beim Ar­beits­ge­richt Ober­hau­sen un­ter dem Ak­ten­zei­chen - 4 BV 4/11 - geführ­ten Be­schluss­ver­fah­ren über die Ein­rich­tung ei­ner Ei­ni­gungs­stel­le mit dem Re­ge­lungs­ge­gen­stand „Un­ter­las­sung willkürli­cher Um­set­zun­gen ei­nes Ar­beit­neh­mers während ei­ner Ar­beits­schicht durch den Geschäftsführer we­gen Ant­wor­ten des Ar­beit­neh­mers auf Fra­gen des Geschäftsführers“. An­lass da­zu war ei­ne beim Be­triebs­rat er­ho­be­ne Be­schwer­de des Be­triebs­rats­vor­sit­zen­den G ge­gen ei­ne An­wei­sung des Geschäftsführers der Ar­beit­ge­be­rin. Vor Ein­lei­tung des Be­schluss­ver­fah­rens hat­te der Be­triebs­rat die Ar­beit­ge­be­rin mit Schrei­ben vom 25. No­vem­ber 2010 auf­ge­for­dert zu erklären,


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dass sie „der­ar­ti­ge willkürli­che Um­set­zun­gen“ in Zu­kunft nicht mehr vor­neh­me und ihr da­zu ei­ne Erklärungs­frist bis zum 2. De­zem­ber 2010 ge­setzt. Mit Schrei­ben vom 2. De­zem­ber 2010 nahm die Ar­beit­ge­be­rin da­zu wie folgt Stel­lung:


„Wir wer­den uns dies­bezüglich mit Herrn G in Ver­bin­dung set­zen, in der Hoff­nung ei­ne ge­mein­sa­me und zu­frie­den­stel­len­de Lösung zu er­ar­bei­ten.“

Wei­te­re Erörte­run­gen zwi­schen dem Be­triebs­rat und der Ar­beit­ge­be­rin er­folg­ten nicht. Am 13. Ja­nu­ar 2011 be­schloss der Be­triebs­rat, die An­trag­stel­ler mit der Ein­lei­tung ei­nes Be­schluss­ver­fah­rens zur Ein­set­zung ei­ner Ei­ni­gungs-stel­le zu be­auf­tra­gen. Mit Schrift­satz vom 18. Ja­nu­ar 2011 lei­te­ten die An­trag­stel­ler das Ver­fah­ren auf Ein­set­zung ei­ner Ei­ni­gungs­stel­le ein. Am 25./26. Ja­nu­ar 2011 tra­fen der Be­triebs­rat und die Ar­beit­ge­be­rin ei­ne außer­ge­richt­li­che Ei­ni­gung. Das Ver­fah­ren - 4 BV 4/11 - vor dem Ar­beits­ge­richt Ober­hau­sen wur­de gemäß § 83a ArbGG ein­ge­stellt.

Die An­trag­stel­ler ha­ben zu der For­de­rung in Höhe von 1.150,02 Eu­ro die Auf­fas­sung ver­tre­ten, der Be­triebs­rat könne be­reits bei der Be­auf­tra­gung des Rechts­an­walts für die ers­te In­stanz be­sch­ließen, dass die­ser für den Fall des Un­ter­lie­gens man­da­tiert sei, den An­spruch auch in höhe­ren In­stan­zen durch­zu­set­zen. Es ha­be dem Wil­len des Be­triebs­rats ent­spro­chen, den An­spruch auf je­den Fall wei­ter zu ver­fol­gen. Ein ge­son­der­ter Be­schluss zur Be­auf­tra­gung für das Be­schwer­de­ver­fah­ren sei des­halb nicht er­for­der­lich ge­we­sen. Zu der For­de­rung in Höhe von 942,18 Eu­ro ha­ben die An­trag­stel­ler den Stand­punkt ein­ge­nom­men, die Ein­lei­tung des Be­schluss­ver­fah­rens zur Ein­rich­tung ei­ner Ei­ni­gungs­stel­le sei ge­bo­ten ge­we­sen, weil sich die Ar­beit­ge­be­rin mit Schrei­ben vom 2. De­zem­ber 2010 ge­wei­gert ha­be, die Be­rech­ti­gung der Be­schwer­de des Herrn G an­zu­er­ken­nen. Ei­ne gütli­che Ei­ni­gung sei da­nach nicht zu er­war­ten ge­we­sen. Es ha­be kei­nes vor­he­ri­gen An­trags an die Ar­beit­ge­be­rin zur Ein­set­zung ei­ner Ei­ni­gungs­stel­le be­durft.


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Die An­trag­stel­ler ha­ben - so­weit für die Rechts­be­schwer­de von In­ter­es­se - be­an­tragt,


der Ar­beit­ge­be­rin auf­zu­ge­ben, an die An­trag­stel­ler 2.092,20 Eu­ro nebst Zin­sen in Höhe von fünf Pro­zent-punk­ten über dem EZB-Ba­sis­zins­satz seit dem 8. April 2011 zu zah­len.

Die Ar­beit­ge­be­rin hat die Ab­wei­sung des An­trags be­an­tragt. 

Das Ar­beits­ge­richt hat den An­trag - so­weit er Ge­gen­stand der Rechts­be­schwer­de­instanz ist - ab­ge­wie­sen. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat die Be­schwer­de der An­trag­stel­ler zurück­ge­wie­sen. Mit ih­rer Rechts­be­schwer­de ver­fol­gen die An­trag­stel­ler ih­ren An­trag wei­ter. Die Ar­beit­ge­be­rin be­an­tragt die Zurück­wei­sung der Rechts­be­schwer­de.


B. Die Rechts­be­schwer­de hat kei­nen Er­folg. Der An­trag ist un­be­gründet. Die An­trag­stel­ler ha­ben ge­genüber der Ar­beit­ge­be­rin kei­nen An­spruch auf Zah­lung von 2.092,20 Eu­ro aus ab­ge­tre­te­nem Recht gemäß § 398 BGB iVm. § 40 Abs. 1 Be­trVG. Der Be­triebs­rat hat ge­gen die Ar­beit­ge­be­rin kei­nen An­spruch auf Frei­stel­lung von Rechts­an­walts­kos­ten er­wor­ben, die durch die Ver­tre­tung in den bei­den Ver­fah­ren ent­stan­den sind. So­mit konn­te durch die Ab­tre­tung kein Zah­lungs­an­spruch der An­trag­stel­ler ent­ste­hen.


1. Nach § 40 Abs. 1 Be­trVG trägt der Ar­beit­ge­ber die durch die Tätig­keit des Be­triebs­rats ent­ste­hen­den Kos­ten. Hier­zu gehören auch die Ho­no­rar­kos­ten für ei­nen Rechts­an­walt, des­sen Her­an­zie­hung in ei­nem ar­beits­ge­richt­li­chen Be­schluss­ver­fah­ren der Be­triebs­rat in Wahr­neh­mung sei­ner be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­chen Rech­te für er­for­der­lich hal­ten durf­te (vgl. BAG 24. Ok­to­ber 2001 - 7 ABR 20/00 - zu B II 1 der Gründe, BA­GE 99, 208; 29. Ju­li 2009 - 7 ABR 95/07 - Rn. 16; 20. Au­gust 2014 - 7 ABR 60/12 - Rn. 22).


a) Die Prüfung der Er­for­der­lich­keit hat der Be­triebs­rat nicht al­lein an­hand sei­ner sub­jek­ti­ven Bedürf­nis­se vor­zu­neh­men. Er ist viel­mehr ge­hal­ten, die In­ter­es­sen der Be­leg­schaft an ei­ner sach­ge­rech­ten Ausübung des Be­triebs­rats­amts


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ei­ner­seits und die be­rech­tig­ten In­ter­es­sen des Ar­beit­ge­bers an­de­rer­seits ge­gen­ein­an­der ab­zuwägen. Der Be­triebs­rat darf bei der Wahl sei­ner Rechts­ver­fol­gung bzw. -ver­tei­di­gung das In­ter­es­se des Ar­beit­ge­bers an der Be­gren­zung sei­ner Kos­ten­tra­gungs­pflicht nicht miss­ach­ten. Er hat wie je­der, der auf Kos­ten ei­nes an­de­ren han­deln kann, die Maßstäbe ein­zu­hal­ten, die er ge­ge­be­nen­falls bei ei­ge­ner Kos­ten­tra­gung an­wen­den würde, wenn er selbst bzw. sei­ne be­sch­ließen­den Mit­glie­der die Kos­ten tra­gen müss­ten (BAG 29. Ju­li 2009 - 7 ABR 95/07 - Rn. 16). Rechts­an­walts­kos­ten des Be­triebs­rats sind von dem Ar­beit­ge­ber dann nicht zu er­stat­ten, wenn die be­ab­sich­tig­te Rechts­ver­fol­gung von vorn­her­ein of­fen­sicht­lich aus­sichts­los er­scheint oder die Hin­zu­zie­hung ei­nes Ver­fah­rens­be­vollmäch­tig­ten rechts­miss­bräuch­lich er­folgt und des­halb das In­ter­es­se des Ar­beit­ge­bers an der Be­gren­zung sei­ner Kos­ten­tra­gungs­pflicht miss­ach­tet wird (BAG 17. Au­gust 2005 - 7 ABR 56/04 - zu B I 1 der Gründe, BA­GE 115, 332).


b) Der Ar­beit­ge­ber hat nur die­je­ni­gen Kos­ten ei­ner an­walt­li­chen Tätig­keit zu tra­gen, die auf ei­ne Be­auf­tra­gung auf­grund ei­nes ord­nungs­gemäßen Be­triebs­rats­be­schlus­ses zurück­ge­hen. Der Be­triebs­rat muss sich als Gre­mi­um mit dem ent­spre­chen­den Sach­ver­halt be­fasst und durch Ab­stim­mung ei­ne ein­heit­li­che Wil­lens­bil­dung her­bei­geführt ha­ben (BAG 29. Ju­li 2009 - 7 ABR 95/07 - Rn. 18). Ei­nes Be­schlus­ses be­darf es nicht nur vor der erst­ma­li­gen Be­auf­tra­gung ei­nes An­walts, son­dern grundsätz­lich auch, be­vor die­ser im Na­men des Be­triebs­rats ein Rechts­mit­tel ein­legt. Fehlt ein sol­cher Be­schluss, kann zwar das Rechts­mit­tel bei ent­spre­chen­der Ver­fah­rens­voll­macht wirk­sam ein­ge­legt sein. Denn die Ver­fah­rens­voll­macht nach § 81 ZPO iVm. § 46 Abs. 2 ArbGG be­rech­tigt zu al­len den Rechts­streit be­tref­fen­den Pro­zess­hand­lun­gen ein­sch­ließlich der Ein­le­gung von Rechts­mit­teln (vgl. BAG 11. Sep­tem­ber 2001 - 1 ABR 2/01 - zu B I der Gründe; 9. De­zem­ber 2003 - 1 ABR 44/02 - zu B I 1 c der Gründe, BA­GE 109, 61; 16. No­vem­ber 2005 - 7 ABR 12/05 - Rn. 17, BA­GE 116, 192; 6. De­zem­ber 2006 - 7 ABR 62/05 - Rn. 12 mwN; 6. No­vem­ber 2013 - 7 ABR 84/11 - Rn. 21 ff.). Ei­ne Pflicht zur Tra­gung der An­walts­kos­ten für
 

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ein Rechts­mit­tel wird oh­ne ent­spre­chen­den Be­schluss je­doch nicht aus­gelöst (vgl. et­wa Fit­ting 27. Aufl. § 40 Rn. 32; We­ber GK-Be­trVG 10. Aufl. § 40 Rn. 112; DKKW-Wed­de 14. Aufl. § 40 Rn. 37; ErfK/Koch 15. Aufl. § 40 Be­trVG Rn. 4; H/L/S/Ko­rinth § 40 Be­trVG Rn. 38; Reich/Reich/Reich Be­trVG § 40 S. 300; Lück in Linn­artz Be­trVG 2. Aufl. § 40 Rn. 19; Hin­richs/Plitt NZA 2011, 1006, 1009). Nicht zu­letzt im Kos­ten­in­ter­es­se des Ar­beit­ge­bers muss der Be­triebs­rat prüfen, ob und ge­ge­be­nen­falls mit wel­chen Ar­gu­men­ten ein Rechts­mit­tel ge­gen ei­ne zu sei­nen Las­ten er­gan­ge­ne Ent­schei­dung er­folg­ver­spre­chend ist. Ob das Ver­fah­ren in der nächs­ten In­stanz fort­ge­setzt wer­den soll, kann der Be­triebs­rat nicht be­reits bei der Ein­lei­tung des Ver­fah­rens, son­dern erst dann be­ur­tei­len, wenn er die Gründe der an­zu­fech­ten­den Ent­schei­dung kennt und sich da­mit aus­ein­an­der­ge­setzt hat. Ei­ne Aus­nah­me von die­sem Grund­satz kann al­len­falls dann in Be­tracht kom­men, wenn es der Be­triebs­rat we­gen der be­son­de­ren Be­deu­tung der An­ge­le­gen­heit von vorn­her­ein für ge­bo­ten und er­folg­ver­spre­chend hal­ten darf, ei­nen Rechts­streit durch al­le In­stan­zen zu führen oder wenn ge­gen ei­ne zu­guns­ten des Be­triebs­rats er­gan­ge­ne Ent­schei­dung vom Pro­zess­geg­ner ein Rechts­mit­tel ein­ge­legt wird (vgl. et­wa Fit­ting 27. Aufl. § 40 Rn. 32; DKKW-Wed­de 14. Aufl. § 40 Rn. 37).


c) Liegt ein ord­nungs­gemäßer Be­schluss des Be­triebs­rats vor, ent­steht mit der Be­auf­tra­gung des Rechts­an­walts ein An­spruch des Be­triebs­rats auf Frei­stel­lung von den da­durch ver­ur­sach­ten er­for­der­li­chen Kos­ten. Durch die­se Kos­ten­tra­gungs­pflicht ent­steht zwi­schen dem Ar­beit­ge­ber und dem Be­triebs­rat ein ge­setz­li­ches Schuld­verhält­nis vermögens­recht­li­cher Art. Gläubi­ger ist der Be­triebs­rat. Tritt der Be­triebs­rat den Frei­stel­lungs­an­spruch an den be­auf­trag­ten Rechts­an­walt ab, wan­delt sich der Frei­stel­lungs­an­spruch des Be­triebs­rats in ei­nen Zah­lungs­an­spruch des be­auf­trag­ten Rechts­an­walts ge­gen den Ar­beit­ge­ber um (BAG 29. Ju­li 2009 - 7 ABR 95/07 - Rn. 20).


2. Der Be­triebs­rat hat da­nach kei­nen An­spruch auf Frei­stel­lung von den ent­stan­de­nen Rechts­an­walts­kos­ten in den Ver­fah­ren - 5 TaBV­Ga 12/10 - vor


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dem Lan­des­ar­beits­ge­richt Düssel­dorf und - 4 BV 4/11 - vor dem Ar­beits­ge­richt Ober­hau­sen er­wor­ben.


a) Die Ar­beit­ge­be­rin ist nicht ver­pflich­tet, die durch die an­walt­li­che Tätig­keit der An­trag­stel­ler im Be­schwer­de­ver­fah­ren vor dem Lan­des­ar­beits­ge­richt Düssel­dorf - 5 TaBV­Ga 12/10 - ent­stan­de­nen Kos­ten zu tra­gen, da der Be­triebs­rat kei­nen Be­schluss zur Be­auf­tra­gung der An­trag­stel­ler mit der Ein­lei­tung des Be­schwer­de­ver­fah­rens ge­fasst hat­te. Der Be­schluss des Be­triebs­rats vom 1. Ju­ni 2010 be­zieht sich nur auf die Be­auf­tra­gung der An­trag­stel­ler zur Ein­lei­tung ei­nes Be­schluss­ver­fah­rens. Ihm lässt sich nicht ent­neh­men, dass sich die Be­auf­tra­gung der An­trag­stel­ler dar­auf er­streckt, das Ver­fah­ren in je­dem Fall durch al­le In­stan­zen zu führen. Ein sol­cher „Vor­rats­be­schluss“ hätte zu­dem nicht we­gen ei­ner be­son­de­ren Be­deu­tung des Ver­fah­rens aus­nahms­wei­se ge­fasst wer­den können. Die An­trag­stel­ler ha­ben auch nicht vor­ge­tra­gen, dass die Ein­le­gung der Be­schwer­de durch ei­nen aus­drück­li­chen Be­schluss des Be­triebs­rats während des Be­schwer­de­ver­fah­rens ge­neh­migt wor­den wäre. Ei­ne still­schwei­gen­de Be­schluss­fas­sung ist nicht möglich (vgl. BAG 19. Ja­nu­ar 2005 - 7 ABR 24/04 - zu B I 4 der Gründe mwN).


b) Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat zu­tref­fend an­ge­nom­men, die Ein­lei­tung des Be­schluss­ver­fah­rens vor dem Ar­beits­ge­richt Ober­hau­sen - 4 BV 4/11 - auf Ein­set­zung ei­ner Ei­ni­gungs­stel­le sei nicht nach § 40 Abs. 1 Be­trVG er­for­der­lich ge­we­sen. Mit der An­ru­fung des Ar­beits­ge­richts zur Bil­dung ei­ner Ei­ni­gungs­stel­le oh­ne den Ver­such ei­ner vor­he­ri­gen Ei­ni­gung über die Be­hand­lung der Be­schwer­de des Be­triebs­rats­vor­sit­zen­den hat der Be­triebs­rat die be­rech­tig­ten Kos­ten­be­lan­ge der Ar­beit­ge­be­rin außer Acht ge­las­sen. Die Rechts­ver­fol­gung war in­so­weit mut­wil­lig. Die Ar­beit­ge­be­rin ist da­her nicht ver­pflich­tet, die für die Ver­tre­tung des Be­triebs­rats in dem Ver­fah­ren - 4 BV 4/11 - vor dem Ar­beits­ge­richt Ober­hau­sen ent­stan­de­nen Rechts­an­walts­kos­ten in Höhe von 942,18 Eu­ro zu zah­len.


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aa) Für die Bil­dung ei­ner Ei­ni­gungs­stel­le nach § 99 ArbGG fehlt grundsätz­lich das Rechts­schutz­in­ter­es­se, wenn die Be­triebs­par­tei­en in ei­ner be­tei­li­gungs­pflich­ti­gen An­ge­le­gen­heit nicht den nach § 74 Abs. 1 Satz 2 Be­trVG vor-ge­se­he­nen Ver­such ei­ner gütli­chen Ei­ni­gung un­ter­nom­men, son­dern so­fort die Ei­ni­gungs­stel­le an­ge­ru­fen ha­ben. Ein Rechts­schutz­in­ter­es­se be­steht nur, wenn der An­trag­stel­ler gel­tend macht, dass ent­we­der die Ge­gen­sei­te Ver­hand­lun­gen über das Re­ge­lungs­ver­lan­gen aus­drück­lich oder kon­klu­dent ver­wei­gert hat oder mit Verständi­gungs­wil­len geführ­te Ver­hand­lun­gen ge­schei­tert sind (vgl. et­wa Fit­ting 27. Aufl. § 76 Rn. 28b; Kreutz/Ja­cobs GK-Be­trVG 10. Aufl. § 76 Rn. 66; GMP/Schlewing 8. Aufl. § 98 Rn. 15).


bb) Da­nach be­stand für die Ein­lei­tung des Be­schluss­ver­fah­rens auf Ein­set­zung ei­ner Ei­ni­gungs­stel­le kein Rechts­schutz­bedürf­nis. Zwar kann der Be­triebs­rat nach § 85 Abs. 2 Be­trVG die Ei­ni­gungs­stel­le an­ru­fen, wenn zwi­schen Be­triebs­rat und Ar­beit­ge­ber Mei­nungs­ver­schie­den­hei­ten über die Be­rech­ti­gung ei­ner Be­schwer­de von Ar­beit­neh­mern be­ste­hen. Der Be­triebs­rat hat­te das Be­geh­ren auf Ein­set­zung ei­ner Ei­ni­gungs­stel­le je­doch vor­ge­richt­lich nicht an die Ar­beit­ge­be­rin her­an­ge­tra­gen. Die Ar­beit­ge­be­rin hat­te Ver­hand­lun­gen über das Re­ge­lungs­ver­lan­gen auch we­der aus­drück­lich noch kon­klu­dent ab­ge­lehnt, son­dern ist auf das An­lie­gen des Be­triebs­rats ein­ge­gan­gen. Der Be­triebs­rat hat­te die Ar­beit­ge­be­rin mit Schrei­ben vom 25. No­vem­ber 2010 un­ter Frist­set­zung auf­ge­for­dert, „der­ar­ti­ge willkürli­che Um­set­zun­gen in Zu­kunft nicht mehr vor­zu­neh­men“. Die Ar­beit­ge­be­rin nahm zu der Be­schwer­de mit Schrei­ben vom 2. De­zem­ber 2010 Stel­lung. Sie hat dar­in aus­drück­lich erklärt, dass sie sich mit dem Be­triebs­rats­vor­sit­zen­den G in Ver­bin­dung set­zen wer­de, „in der Hoff­nung ei­ne ge­mein­sa­me und zu­frie­den­stel­len­de Lösung zu er­ar­bei­ten“. Nach den Fest­stel­lun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts hat sich der Be­triebs­rat da­nach nicht mehr an die Ar­beit­ge­be­rin ge­wandt. Ein wei­te­rer Mei­nungs­aus­tausch fand nicht statt. Der Be­triebs­rat hat die Ar­beit­ge­be­rin nicht über sei­ne Ab­sicht in­for­miert, von sei­nem An­trags­recht nach § 85 Abs. 2 Be­trVG Ge­brauch zu ma­chen und die Ei­ni­gungs­stel­le an­zu­ru­fen. Ei­nen An­trag des Be­triebs­rats ge­genüber der


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Ar­beit­ge­be­rin, sich an der Bil­dung ei­ner Ei­ni­gungs­stel­le zu be­tei­li­gen, die Zahl der gewünsch­ten Bei­sit­zer zu be­nen­nen und die Per­son des Vor­sit­zen­den vor­zu­schla­gen, gab es nicht. Ei­ne Wei­ge­rung der Ar­beit­ge­be­rin, an der Bil­dung ei­ner Ei­ni­gungs­stel­le mit­zu­wir­ken, lag da­mit nicht vor.


Gräfl 

M. Renn­pferdt 

Kiel

Au­hu­ber 

M. Zwis­ler

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