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Streikbegleitende Flashmob-Aktionen sind nicht generell verboten
10.04.2014. Im September 2009 hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) klargestellt, dass streikbegleitende Flashmob-Aktionen in Einkaufsläden nicht generell verboten sind (BAG, Urteil vom 22.09.2009, 1 AZR 972/08).
Hintergrund der Entscheidung war ein Arbeitskampf im Berliner Einzelhandel im Jahre 2007. Damals hatte die Gewerkschaft ver.di zur Streikunterstützung in Form von Flashmobs aufgerufen.
Vor zwei Wochen hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) das letzte Wort in dieser Sache gesprochen und entschieden, dass das Flashmob-Urteil des BAG die Grundrechte der Arbeitgeberseite nicht verletzt und auch ansonsten verfassungsrechtlich in Ordnung ist: BVerfG, Beschluss vom 26.03.2014, 1 BvR 3185/09.
- Flashmob-Begleitung von Streiks im Berliner Einzelhandel 2007: Kleine Aktionen, großer juristischer Beobachtungsaufwand
- Verfassungsbeschwerde des Handelsverbandes
- Bundesverfassungsgericht: Das BAG hat mit seinem Flashmob-Urteil nicht gegen das Grundgesetz verstoßen
- Fazit: Viel Diskussion, wenige Flashmobs
Flashmob-Begleitung von Streiks im Berliner Einzelhandel 2007: Kleine Aktionen, großer juristischer Beobachtungsaufwand
Ende 2007 führte die Gewerkschaft ver.di Streiks im Berliner Einzelhandel durch. Dabei rief sie Arbeitnehmer und Streikunterstützer zu Flashmob-Aktionen auf. Die aufgerufenen Aktivisten störten daraufhin den Betrieb von Einkaufsläden, indem sie dort plötzlich auftauchten und vorher abgesprochenen Unsinn trieben. So füllten sie z.B. Einkaufswagen mit Waren, um sie dann ohne Bezahlung stehen zu lassen.
Die Arbeitgeberseite war nicht amüsiert und so verklagte der Handelsverband Berlin-Brandenburg e.V. (HBB) die ver.di Berlin auf Unterlassung von streikbegleitenden Flashmobs. Damit hatte der HBB keinen Erfolg. Seine Klage wurde vom Arbeitsgericht Berlin (Urteil vom 01.04.2008, 34 Ca 2402/08) abgewiesen, und dieses Urteil wurde erst vom Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg (Urteil vom 29.09.2008, 5 Sa 967/08) und schließlich vom BAG abgesegnet (BAG, Urteil vom 22.09.2009, 1 AZR 972/08 - wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell 09/185: Flashmob-Aktionen sind zulässig).
Wesentliches Argument des BAG: Die Ladeninhaber sind nicht wehrlos, sondern können auf der Grundlage ihres Hausrechts den Aktivisten Hausverbot erteilen. Daher sind Flashmobs als Begleitmusik von Streiks nicht generell unzulässig, so das BAG. Voraussetzung ist natürlich, dass keine Straftaten verübt werden und normalen Kunden der Zutritt zum Laden nicht verwehrt wird, d.h. die Läden nicht blockiert werden. Der Leitsatz des BAG-Urteils lautete:
„Eine streikbegleitende Aktion, mit der eine Gewerkschaft in einem öffentlich zugänglichen Betrieb kurzfristig und überraschend eine Störung betrieblicher Abläufe hervorrufen will, um zur Durchsetzung tariflicher Ziele Druck auf die Arbeitgeberseite auszuüben, ist nicht generell unzulässig. Der damit verbundene Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des betroffenen Arbeitgebers kann aus Gründen des Arbeitskampfrechts gerechtfertigt sein, wenn dem Arbeitgeber wirksame Verteidigungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen.“
Mit diesem BAG-Urteil wollte sich der Handelsverband nicht abfinden und legte Ende 2009 Verfassungsbeschwerde ein. Aus seiner Sicht hatte das BAG der in Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz (GG) geschützte Koalitionsfreiheit der Gewerkschaften zu großes Gewicht beigemessen und dabei die Rechte der Arbeitgeber hinten runter fallen lassen (wir berichteten in: Arbeitsrecht aktuell: 10/025 Ist die Erlaubnis von Flashmob-Streiks verfassungswidrig?).
Verfassungsbeschwerde des Handelsverbandes
Seine Verfassungsbeschwerde begründete der Handelsverband im Wesentlichen mit folgenden Argumenten:
Erstens sind streikbegleitende Flashmob-Aktionen angeblich nicht vom Arbeitskampfgrundrecht (Art.9 Abs.3 GG) erfasst, denn dieses soll nur historisch "angestammte" Arbeitskampfmittel wie Streik oder Boykott gewährleisten.
Zweitens sind die Gewerkschaften auf Flashmob-Aktionen gar nicht angewiesen, so der Handelsverband, d.h. der Streik als Kampfmittel genügt.
Drittens beteiligen sich, wenn es zu streikbegleitenden Flashmob-Aktionen kommt, Personen am Arbeitskampf, die weder Arbeitnehmer der bestreikten Firmen noch Gewerkschaftsmitglieder sind. Diese "Dritten" können sich aber nicht auf das Koalitionsrecht berufen, so der Handelsverband.
Viertens führen Flashmob-Aktionen nach Ansicht des HBB zu einem unfairen Übergewicht der Gewerkschaft. Denn die Gewerkschaft riskiert nichts, weil ihre Mitglieder gar nicht streiken und daher keine Zahlungen aus der Streikkasse nötig sind, während die vom Flashmob betroffenen Ladeninhaber keine effektiven Möglichkeiten der Gegenwehr haben, so der Handelsverband.
Bundesverfassungsgericht: Das BAG hat mit seinem Flashmob-Urteil nicht gegen das Grundgesetz verstoßen
Die Karlsruher Richter bestätigten am 26.03.2014 ihren Richterkollegen in Erfurt, mit dem Flashmob-Urteil nicht gegen die Verfassung verstoßen zu haben (BVerfG, Beschluss vom 26.03.2014, 1 BvR 3185/09). Zur Begründung heißt es:
Denn Art.9 Abs.3 GG beinhaltet mitnichten nur eine Garantie historisch "angestammter" Arbeitskampfformen, sondern überlässt es den Verbänden zu entscheiden, mit welchen Arbeitskampfformen sie Druck auf die Gegenseite ausüben wollen. Und da das Koalitionsgrundrecht nach langjähriger Rechtsprechung des BVerfG nicht nur den "Kernbereich", sondern alle koalitionsgemäßen Betätigungen schützt, ist es auch nicht Sache der Gerichte, über die "Notwendigkeit" von Flashmob-Aktionen während eines Streiks zu entscheiden.
Dass sich Dritte am Flashmob beteiligen, ist ebenfalls in Ordnung, solange nur durch den gewerkschaftlichen Aufruf der Bezug zum Arbeitskampf hergestellt wird. Und schließlich meint das BVerfG, dass das BAG die Reaktionsmöglichkeiten der vom Flashmob belästigten Arbeitgeber nicht völlig falsch eingeschätzt hat, wie ihm das von den Beschwerdeführern vorgeworfen worden war.
Fazit: Viel Diskussion, wenige Flashmobs
Dass die Gewerkschaften und ihre Mitglieder auf der Grundlage von Art.9 Abs.3 GG die Freiheit der Kampfmittelwahl haben, ist seit Jahrzehnten allgemeine Ansicht in Rechtsprechung und Literatur.
Und weil Art.9 Abs.3 GG keine nebulöse "Kampfparität" garantiert, sondern ein Grundrecht auf gewerkschaftliche (und arbeitgeberverbandsmäßige) Betätigung, müssen bestreikte und "beflashmobte" Arbeitgeber(verbände) im Rahmen des jeweiligen Arbeitskampfes zusehen, wie sie mit diesen Druckmitteln der Arbeitnehmerseite klarkommen. Kompromissbereitschaft bei den Tarifverhandlungen wäre da eine Möglichkeit, aber natürlich können die Arbeitgeber(verbände) auch entscheiden, sich auf die harte Tour zur Wehr zu setzen, z.B. durch Hausverbote.
Da das alles juristisch ziemlich klar ist, war ein Erfolg des HBB in Karlsruhe kaum zu erwarten. Letztlich dürfte es dem Verband wohl in erster Linie darum gegangen sein, Flagge zu zeigen.
Außerdem wird in Deutschland äußerst selten und wenn überhaupt, dann kurz gestreikt. Antistreikregeln in Deutschland sind daher ungefähr so bedeutsam wie ein Alkoholverbot im Kindergarten oder das Verbot, auf den Fluren eines Seniorenheims Fußball zu spielen. Ein generelles juristisches Verbot streikbegleitender Flashmobs braucht niemand.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 26.03.2014, 1 BvR 3185/09
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.09.2009, 1 AZR 972/08
- Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 29.09.2008, 5 Sa 967/08
- Handbuch Arbeitsrecht: Streik und Streikrecht
- Arbeitsrecht aktuell: 18/286 BAG erlaubt Streikmaßnahmen auf Firmenparkplatz
- Arbeitsrecht aktuell: 18/199 Streikprämien sind rechtmäßig
- Arbeitsrecht aktuell: 10/025 Ist die Erlaubnis von Flashmob-Streiks verfassungswidrig?
- Arbeitsrecht aktuell: 09/185 Flashmob-Aktionen sind zulässig
Letzte Überarbeitung: 26. November 2018
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