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Geschäftsführerhaftung
Lesen Sie hier, welche Haftungsrisiken GmbH-Geschäftsführer treffen: Wann müssen sie der GmbH und wann dritten Personen Schadensersatz leisten?
Im Folgenden werden die häufigsten Fälle der gesetzlichen Innenhaftung von Geschäftsführern besprochen, d.h. der Haftung gegenüber der GmbH.
Im Anschluss daran geht es um die drei wichtigsten Fälle der Geschäftsführer-Außenhaftung, nämlich gegenüber den Krankenkassen bei rückständigen Sozialabgaben, gegenüber dem Finanzamt bei rückständigen Lohnsteuern und gegenüber GmbH-Gläubigern in dem Fall, dass der Geschäftsführer nicht rechtzeitig Insolvenz anmeldet.
von Rechtsanwalt Dr. Martin Hensche, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Berlin
- Welche Haftungsrisiken treffen Geschäftsführer einer GmbH?
- Wann haftet der Geschäftsführer gegenüber der GmbH (Innenhaftung)?
- Wo ist die Grenze zwischen erlaubtem Risiko und Pflichtverletzung?
- Welche Hauptpflichten müssen Geschäftsführer immer beachten?
- Welche Pflichtverstöße führen häufig zu einer Schadensersatzpflicht im Rahmen der Innenhaftung?
- Wie funktioniert die Innenhaftung, wenn mehrere Geschäftsführer bestellt sind?
- Welche Folgen hat die gesamtschuldnerische Haftung mehrerer Geschäftsführer?
- Wer entscheidet darüber, einen Geschäftsführer in die Haftung zu nehmen?
- Wann haftet der Geschäftsführer gegenüber Dritten (Außenhaftung)?
- Wann haftet der Geschäftsführer für das Nichtabführen von Sozialabgaben?
- Wann haften Geschäftsführer für die Nichterfüllung steuerlicher Pflichten?
- Wann haften Geschäftsführer für die nicht rechtzeitige Insolvenzanmeldung?
- Worin liegt der Unterschied zwischen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung?
- Wer wird durch einen verspäteten oder unterlassenen Insolvenzantrag geschädigt?
- Welche Möglichkeiten der Haftungsbegrenzung gibt es?
- Wo finden Sie mehr zum Thema Geschäftsführerhaftung?
- Was können wir für Sie tun?
Welche Haftungsrisiken treffen Geschäftsführer einer GmbH?
Geschäftsführer haften je nachdem, gegen welche rechtlichen Pflichten sie verstoßen,
- der GmbH oder
- dritten Personen
persönlich, d.h. mit ihrem privaten Vermögen auf Schadensersatz.
Die Haftung gegenüber der GmbH wird als Innhaftung bezeichnet. Die Haftung gegenüber dritten Personen (z.B. gegenüber dem Finanzamt, den Krankenkassen oder gegenüber anderen Gläubigern der GmbH) heißt Außenhaftung.
Die persönliche Haftung des Geschäftsführers ist eine Ergänzung der durch das Gesetz von vornherein beschränkten Haftung der GmbH. Sie dient dem Schutz der (Minderheits-)Gesellschafter und dem Schutz der Gläubiger der GmbH.
Wann haftet der Geschäftsführer gegenüber der GmbH (Innenhaftung)?
Rechtlicher Ausgangspunkt für die Innenhaftung des Geschäftsführers ist in den meisten Fällen § 43 Abs.1 GmbH-Gesetz (GmbHG). Danach hat der Geschäftsführer in den Angelegenheiten der Gesellschaft die "Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden".
In § 43 Abs.2 GmbHG heißt es dann weiter:
"Geschäftsführer, welche ihre Obliegenheiten verletzen, haften der Gesellschaft solidarisch für den entstandenen Schaden."
Ein Schadensersatzanspruch auf der Grundlage dieser Vorschrift besteht, wenn folgende drei Voraussetzungen gegeben sind:
1.) Pflichtverletzung: Der Geschäftsführer hat eine Pflicht verletzt, die er der (auch) Gesellschaft gegenüber beachten muss.
BEISPIEL: Die GmbH hat aus Vertrag eine offene Forderung über 250.000,00 EUR, die der zahlungspflichtige Vertragspartner jahrelang nicht bezahlt. Der Geschäftsführer übersieht, dass die Forderung am Jahresende verjährt (§§ 194 Abs.1, 195, 199 Abs.1 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB). Er unterlässt es daher, rechtzeitig vor Jahresende einen Anwalt damit zu beauftragen, die Forderung einzuklagen, was den Eintritt der Verjährung verhindert hätte (Hemmung der Verjährung, § 204 Abs.1 Nr.1 BGB).
Die Pflichtverletzung liegt hier im Übersehen der drohenden Verjährung und im Unterlassen von Maßnahmen der Rechtsverfolgung.
2.) Verschulden: Der Geschäftsführer hat den Pflichtverstoß schuldhaft, d.h. vorsätzlich oder zumindest fahrlässig begangen (im Sinne von § 276 Abs.2 BGB).
BEISPIEL: Der Geschäftsführer hätte im obigen Beispiel den Eintritt der Forderungsverjährung am Jahresende erkennen können, wenn er sich einen laufenden, d.h. vollständigen und aktuellen, Überblick über laufende Verträge der GmbH verschafft hätte (was er nicht getan hat). Dadurch hat er den Pflichtverstoß (Übersehen der drohenden Verjährung, Unterlassen der Einleitung von Rechtsverfolgungsmaßnahmen) fahrlässig begangen (§ 276 Abs.2 BGB - Außerachtlassung der „im Verkehr erforderlichen Sorgfalt“).
3.) Kausalität von Pflichtverstoß und Schaden: Der (schuldhaft begangene) Pflichtverstoß ist die Ursache für einen Vermögensschaden der GmbH.
BEISPIEL: Hätte der Geschäftsführer im obigen Beispiel rechtzeitig vor Jahresende einen Anwalt mit der Einreichung einer Klage beauftragt, wäre die Forderung nicht verjährt. Durch die Verjährung ist die Forderung wertlos geworden, da eine Klage zwar noch möglich ist, der verklagte Schuldner sich aber auf die Verjährung berufen kann, was zur Klagabweisung führt (§ 214 Abs.1 BGB). Ohne Verjährung wäre die Forderung werthaltig, da der Schuldner ausreichend zahlungskräftig ist, die Forderung zu erfüllen.
Wo ist die Grenze zwischen erlaubtem Risiko und Pflichtverletzung?
GmbH-Geschäftsführer haben einen breiten Aufgabenkreis. Dementsprechend gibt es viele Situationen, in denen Fehler bzw. Pflichtverstöße bei der Geschäftsführung eine Schadensersatzhaftung auslösen können.
Um die unternehmerische Entscheidungsfreude nicht durch übertriebene Haftungsrisiken abzuwürgen, akzeptieren die Gerichte in Haftungsprozessen, dass Geschäftsführer grundsätzlich Risiken eingehen müssen, wenn sie geschäftliche Erfolge erzielen wollen.
Dabei orientieren sich die Gerichte an einer Vorschrift aus dem Aktiengesetz (AktG), die für AG-Vorstände gilt und auf Geschäftsführer einer GmbH übertragen wird. Diese Regelung (§ 93 Abs.1 Satz 2 AktG) lautet:
„Eine Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln.“
Daraus folgt für die Sorgfaltspflichten eines Geschäftsführers:
- Geschäftsführer haben einen Beurteilungsspielraum bei der Entscheidung über (riskante) Geschäfte, doch müssen sie die Grundlagen für ihre Entscheidungen sorgfältig ermitteln.
- Zur sorgfältigen Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen gehört es, sich die erforderlichen Informationen zu verschaffen, u.a. durch Einholung von Expertenrat.
- Geschäftsführer sind zum Risikomanagement verpflichtet, zu der auch eine seriöse Finanz-und Liquiditätsplanung gehört.
Welche Hauptpflichten müssen Geschäftsführer immer beachten?
Geschäftsführer haben die Pflicht, sich gesetzestreu zu verhalten und dafür zu sorgen, dass die von ihnen geleitete GmbH Ihre gesetzlichen Pflichten erfüllt (Legalitätspflicht). Auch Gesetzesverstöße von GmbH-Mitarbeitern müssen Geschäftsführer unterbinden (Compliance).
Während seiner Amtszeit darf der Geschäftsführer der GmbH keinen Wettbewerb machen (vertragliches Wettbewerbsverbot). Das Wettbewerbsverbot gilt auch dann, wenn es nicht ausdrücklich vertraglich vereinbart wurde. Nach Ablauf der Amtszeit bzw. nach Abberufung setzt ein Wettbewerbsverbot eine vertragliche Vereinbarung voraus (nachvertragliches Wettbewerbsverbot).
Schließlich müssen Geschäftsführer die Weisungen der Gesellschafterversammlung befolgen (Weisungsgebundenheit, Folgepflicht). Führt ein riskantes Geschäft zu einem Verlust und handelt der Geschäftsführer dabei auf Weisung der Gesellschafterversammlung, scheidet eine Schadensersatzhaftung gemäß § 43 Abs.2 GmbHG von vornherein aus.
Welche Pflichtverstöße führen häufig zu einer Schadensersatzpflicht im Rahmen der Innenhaftung?
Pflichtverstöße, die häufig zu einer Schadensersatzpflicht gemäß § 43 Abs.2 GmbHG führen, sind:
- Unsorgfältige Vorbereitung oder Durchführung von Vertragsbeziehungen, z.B. fehlerhafte Kalkulation von Vertragsangeboten der GmbH, unzureichende Überprüfung der finanziellen Leistungsfähigkeit (Bonität) von Vertragspartnern, Übernahme zu hoher Zahlungspflichten
- Fehler beim Vertragsmanagement, z.B. kaufmännisch nicht gerechtfertigter Verzicht auf Ansprüche der GmbH, Versäumnis von Gewährleistungs- oder Verjährungsfristen
- Verletzung der Pflicht, bei Geschäftsabschlüssen keine völlig unverhältnismäßigen Risiken einzugehen oder sogar Risiken, die für die Gesellschaft finanziell existenzbedrohend sind (riskante Geschäfte sind aber nicht generell verboten, sondern bei hohen Gewinnchancen erlaubt)
- Überschreitung der Grenzen der Vertretungsbefugnisse, die der Geschäftsführer im Innenverhältnis beachten muss, z.B. auf der Grundlage seines Anstellungsvertrages, des Gesellschaftsvertrages oder konkreter Einzelweisungen der Gesellschafter
BEISPIEL: Obwohl dem Geschäftsführer gemäß Anstellungsvertrag die Einstellung von Arbeitnehmern ohne vorherige Zustimmung der Gesellschafter nicht erlaubt ist, stellt er zustimmungslos einen Mitarbeiter ein, der aber nicht ausreichend für seine Aufgaben qualifiziert ist und daher nach drei Monaten wieder entlassen wird: Aufgrund der unbeschränkten Vertretungsmacht im Außenverhältnis (§ 35 Abs.1 Satz 1 GmbHG) sind Einstellung und Entlassung des Mitarbeiters durch den Geschäftsführer wirksam, doch stellen diese wirksamen Rechtshandlungen einen Pflichtverstoß dar, der den Geschäftsführer schadenersatzpflichtig macht in Bezug auf die unnötigen Personalkosten.
- Schuldhafte Verletzung von gesetzlichen Pflichten, die die GmbH treffen, mit der Folge finanzieller Nachteile für die GmbH
BEISPIEL: Der Geschäftsführer lässt Arbeitnehmer der GmbH länger arbeiten, als nach dem Arbeitszeitgesetz erlaubt ist, weshalb die GmbH eine Geldbuße zahlen muss. Diese muss der Geschäftsführer der GmbH ersetzen.
- Beschäftigung von Scheinselbständigen mit der Folge, dass über einen längeren Zeitraum zu Unrecht keine Sozialabgaben abgeführt worden sind. Weil der auf den Arbeitnehmer (= Scheinselbständigen) entfallende Anteil am Sozialbeitrag nur für die letzten drei vergangenen Monate vom Arbeitnehmer verlangt werden kann (und das auch nur per Lohnabzug, d.h. im - noch - bestehenden Arbeitsverhältnis, § 28g Satz 2 und 3 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - SGB IV), führt ein unterbliebener Einbehalt bzw. Abzug des Arbeitnehmeranteils am Sozialbeitrag zu einem finanziellen Schaden der GmbH, für den der Geschäftsführer haftet.
- Ungerechtfertigte persönliche Bereicherung des Geschäftsführers unter Ausnutzung seiner Position, z.B. missbräuchliche Nutzung der Firmenkreditkarte, Anschaffung privat genutzter Dinge auf Kosten der Gesellschaft, (extrem) übertriebener Aufwand für Repräsentation und Geschäftsreisen
- Betrug oder Untreue zulasten der GmbH
Als Rechtfertigung kommt bei praktisch allen o.g. Pflichtverstößen ein Handeln nach Weisung oder im Einverständnis der Gesellschafter in Betracht. War die Gesellschafterversammlung mit dem Vorgehen des Geschäftsführers einverstanden oder hat ihn sogar dazu angewiesen, scheidet eine Schadensersatzhaftung gemäß § 43 Abs.2 GmbHG in aller Regel aus.
Ein weiterer häufiger Fall der Innenhaftung ist
- die Haftung auf Ersatz von Zahlungen, die der Geschäftsführer zulasten des GmbH-Vermögens nach Eintritt der Insolvenzreife der GmbH vornimmt.
Das sind Zahlungen,
- die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der GmbH oder
- nach Feststellung ihrer Überschuldung vorgenommen werden, und die
- nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar sind.
Die gesetzliche Grundlage für den Schadensersatzanspruch der GmbH ist § 64 Satz 1 und 2 GmbHG. Hier heißt es:
„Die Geschäftsführer sind der Gesellschaft zum Ersatz von Zahlungen verpflichtet, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung ihrer Überschuldung geleistet werden. Dies gilt nicht von Zahlungen, die auch nach diesem Zeitpunkt mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar sind.“
Zahlungen, die auch nach diesem Zeitpunkt mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar sind, sind nicht zu erstatten. Praktisch heißt das, dass der Geschäftsführer nach eingetretener Insolvenz im Allgemeinen keine Zahlungen mehr leisten darf, abgesehen von Ausnahmefällen, in denen die Nichtzahlung einen noch größeren Schaden für die GmbH bzw. spätere Insolvenzmasse nach sich ziehen würde. Ein Beispiel ist die Zahlung von Strom- und Telefonrechnungen, um die Fortführung des Betriebs zu sichern.
In der Praxis wird der Ersatzanspruch gemäß § 64 Satz 1 und 2 GmbHG oft erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens geltend gemacht und gerichtlich durchgesetzt, und zwar vom Insolvenzverwalter der GmbH.
Informationen zur Verjährung der Haftungsansprüche finden Sie unter Geschäftsführerhaftung - Begrenzung, D&O-Versicherung.
Wie funktioniert die Innenhaftung, wenn mehrere Geschäftsführer bestellt sind?
Im Prinzip haftet jeder Geschäftsführer nur für seine eigenen Pflichtverletzungen, die er schuldhaft, d.h. vorsätzlich oder fahrlässig (§ 276 BGB) begangen haben muss. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, haftet daher der eine Geschäftsführer im Allgemeinen nicht für schuldhafte Pflichtverletzungen eines anderen Geschäftsführers.
Praktisch kommt es aber recht oft vor, dass Pflichtverstöße eines Geschäftsführers dem bzw. den anderen Geschäftsführern bekannt waren (oder zumindest von ihnen hätten erkannt werden können). Dann kann es sein, dass die anderen Geschäftsführer zwar nicht den eigentlichen Pflichtverstoß begangen haben, dass ihnen aber ein pflichtwidriges Unterlassen vorgeworfen werden kann.
BEISPIEL: Es sind zwei Geschäftsführer bestellt, die die GmbH gemäß GmbH-Satzung und Anstellungsvertrag durch einen einzelnen Geschäftsabschluss bzw. Vertrag nur mit Verbindlichkeiten bis höchstens 500.000,00 EUR belasten dürfen. Beide Geschäftsführer sind berechtigt, die GmbH einzeln zu vertreten. Einer der Geschäftsführer schließt einen langjährigen Gewerbemietvertrag im Namen der GmbH ab, der bis zum Ende der vereinbarten Laufzeit Zahlungsverpflichtungen von 800.000,00 EUR mit sich bringt. Der andere Geschäftsführer hat von dem bevorstehenden Geschäftsabschluss Kenntnis, erhebt aber weder seinem Geschäftsführer-Kollegen gegenüber Einwendungen noch informiert er die Gesellschafter.
In diesem Beispielsfall haftet auch derjenige Geschäftsführer auf Schadenersatz gemäß § 43 Abs.2 GmbHG, der den Mietvertrag nicht selbst abgeschlossen hat, und zwar aufgrund pflichtwidrigen Unterlassens.
Welche Folgen hat die gesamtschuldnerische Haftung mehrerer Geschäftsführer?
Diese Schadensersatzhaftung der Geschäftsführer ist gesamtschuldnerisch, wie sich aus § 43 Abs.2 GmbHG ergibt:
"Geschäftsführer, welche ihre Obliegenheiten verletzen, haften der Gesellschaft solidarisch für den entstandenen Schaden."
Die gesamtschuldnerische ("solidarische") Haftung der Geschäftsführer führt dazu, dass der Schadensersatzanspruch wirtschaftlich wertvoller ist als er es wäre, wenn jeder Geschäftsführer von vornherein nur auf eine bestimmte Schadensquote haften würde.
Denn bei einer gesamtschuldnerischen Haftung kann der Gläubiger nach seinem freien Ermessen entscheiden, welchen Schuldner er in Anspruch nimmt, d.h. er kann z.B. die ganze Summe von einem (zahlungskräftigen und/oder gut versicherten) Geschäftsführer verlangen (§ 421 Satz 1 BGB).
Ob dieser dann - nach erfolgter Zahlung an die GmbH - einen Regressanspruch gegen seinen Geschäftsführer-Kollegen hat, wie hoch der Regressanspruch ist und ob er überhaupt durchsetzbar bzw. wirtschaftlich werthaltig ist, ist nicht das Problem der GmbH, sondern des von der GmbH auf Zahlung in Anspruch genommenen Geschäftsführers.
Hat einer der Geschäftsführer (ggf. zusammen mit einer Versicherung) den Schaden durch Zahlung an die GmbH (oder den Insolvenzverwalter) ausgeglichen, und ist auch der andere Geschäftsführer für den Schaden (mit-)verantwortlich, kann der Geschäftsführer, der die Zahlung geleistet hat, aufgrund gesetzlicher Regelung von dem anderen im Allgemeinen einen teilweisen Ausgleich verlangen (sog. Gesamtschuldnerausgleich).
Im Prinzip ist der Ausgleich bzw. Anteil, zu dem die Geschäftsführer untereinander verpflichtet sind, gleich hoch, d.h. jeder Gesamtschuldner sollte im Ergebnis für einen gleich großen Anteil tragen. Das folgt aus § 426 Abs.1 Satz 1 BGB. Diese Vorschrift lautet:
„Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist.“
Wie das Gesetz deutlich macht, gilt diese Regel nur, „soweit nicht ein anderes bestimmt ist“. Aus den Umständen des Einzelfalls kann sich daher ergeben, dass einer der Geschäftsführer einen höheren Beitrag zu tragen hat als der andere.
BEISPIEL: Es sind zwei einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer A und B bestellt, die beide gemäß Satzung und Anstellungsvertrag nur GmbH-Verbindlichkeiten bis maximal 500.000,00 EUR pro Geschäftsabschluss begründen dürfen. Geschäftsführer A schließt einen langjährigen Gewerbemietvertrag für die GmbH mit einer Gesamt-Zahlungspflicht von 800.000,00 EUR ab, was Geschäftsführer B weiß, ohne die Gesellschafter darüber zu informieren. Da Geschäftsführer B zahlungskräftig ist, nimmt die Gesellschaft ihn gerichtlich auf Zahlung von 300.000,00 EUR in Anspruch, die er auch zahlt.
Gemäß der Regelrechtsfolge des § 426 Abs.1 Satz 1 BGB kann Geschäftsführer B von Geschäftsführer A die Hälfte des geleisteten Schadensersatzes verlangen, d.h. 150.000,00 EUR. Allerdings ist der Verursachungsbeitrag von A größer ist als der von B, denn schließlich hat A den schadensursächlichen Mietvertrag abgeschlossen, während B nur ein Überwachungsfehler bzw. das Unterlassen einer Information der Gesellschafter vorzuwerfen ist. Daher ist die von A zu tragende Quote höher als 50 Prozent, d.h. hier ist „ein anderes bestimmt“ (§ 426 Abs.1 Satz 1 BGB). Angemessen wäre je nach den Umständen des Einzelfalls ein von A zu tragender Anteil von vielleicht etwa 250.000,00 EUR.
Ob Geschäftsführer B diesen Anteil von seinem (Ex-)Geschäftsführer-Kollegen A erlangen kann, ist sein (B´s) Problem und Risiko. Aufgrund der gesamtschuldnerischen Außenhaftung beider Geschäftsführer gegenüber der GmbH (§ 43 Abs.2 GmbHG: „solidarisch“) kann sich B der GmbH gegenüber nicht darauf berufen, dass sein Beitrag zur Entstehung des Schadens geringer ist als der seines Kollegen B.
Wer entscheidet darüber, einen Geschäftsführer in die Haftung zu nehmen?
Rechtliche Voraussetzung für den Bestand von Regressansprüchen der GmbH gegen den Geschäftsführer ist im Allgemeinen ein Beschluss der Gesellschafter, den Geschäftsführer wegen eines Schadens in Anspruch zu nehmen (§ 46 Nr.8 GmbHG).
Eine Ausnahme macht die Rechtsprechung, wenn ein Gläubiger der GmbH seinen Anspruch (gegen die GmbH) tituliert hat und dann per Zwangsvollstreckung gegen die GmbH vorgeht. Dann kann er einen Anspruch der GmbH gegen ihren Geschäftsführer auf Schadenersatz pfänden und zur Einziehung überweisen lassen. In diesem Fall ist ein vorheriger Beschluss der Gesellschafter gemäß § 46 Nr.8 GmbHG, den Geschäftsführer auf Schadenersatz in Anspruch zu nehmen, nicht erforderlich.
Daran zeigt sich: Obwohl die gegen den Geschäftsführer gerichteten Schadenersatzansprüche der GmbH zustehen (und nicht etwa anderen Personen wie z.B. den GmbH-Gesellschaftern oder den GmbH-Gläubigern), können andere Personen mittelbar auf die der GmbH zustehenden Schadenersatzansprüche zugreifen, nämlich als Haftungsmasse.
Schadenersatzansprüche der GmbH stellen einen der GmbH zustehenden Vermögenswert dar. Sie können daher für Gläubiger der GmbH als Haftungsobjekt bzw. als Gegenstand der Zwangsvollstreckung einer gegen die GmbH gerichteten Forderung interessant sein.
Wann haftet der Geschäftsführer gegenüber Dritten (Außenhaftung)?
Anders als bei der Innenhaftung werden im Falle der Außenhaftung Ansprüche auf Schadenersatz nicht gegen die GmbH, sondern unmittelbar gegen deren Geschäftsführer geltend gemacht.
Die in der Praxis wichtigsten Fälle der Außenhaftung sind
- das Vorenthalten von Sozialversicherungsabgaben,
- die Nichterfüllung von steuerlichen Pflichten,
- Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit einer (möglichen) Insolvenz der GmbH.
Wann haftet der Geschäftsführer für das Nichtabführen von Sozialabgaben?
Nach § 266a Abs.1 Strafgesetzbuch (StGB) macht sich strafbar, wer als Arbeitgeber den Krankenkassen Sozialbeiträge vorenthält, die der Arbeitnehmer zu tragen hat. Diese Vorschrift lautet:
"§ 266a Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt
(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft."
"Arbeitgeber" der bei der GmbH beschäftigten Arbeitnehmer im Sinne dieser Vorschrift ist zwar nicht der Geschäftsführer, sondern die GmbH, doch bestimmt das StGB für solche Fälle die Strafbarkeit des Geschäftsführers (§ 14 Abs.1 Nr.1 StGB).
WICHTIG: Strafbar ist nur das Vorenthalten des auf den Arbeitnehmer entfallenden Anteils am Sozialversicherungsbeitrag, d.h. die Nichtabführung des Arbeitgeberanteils ist straflos.
Da § 266a StGB ein sog. "Schutzgesetz" zugunsten der Krankenkasse ist und § 823 Abs.2 Bürgerliches BGB bei schuldhaften Verstößen gegen Schutzgesetze eine Haftung auf Schadenersatz anordnet, hat die Krankenkasse aus § 823 Abs.2 BGB in Verb. mit § 266a StGB einen Schadensersatzanspruch gegen den Geschäftsführer der GmbH, wenn dieser die von den Arbeitnehmern der GmbH zu tragenden Anteile am Sozialversicherungsbeitrag der Krankenkasse vorenthält. Das heißt im Ergebnis, dass der Geschäftsführer für die nicht abgeführten Arbeitnehmeranteile am SV-Beitrag persönlich, d.h. mit seinem Privatvermögen aufkommen muss.
Wann von einer solchen "Vorenthaltung" gesprochen werden kann, ist in § 266a StGB nicht definiert.
Klar ist, dass Arbeitnehmeranteile am Sozialbeitrag "vorenthalten" werden, wenn die Arbeitnehmer der GmbH ihre Arbeit bereits erbracht und dafür auch den ihnen zustehenden Nettolohn erhalten haben, die Arbeitnehmeranteile am Sozialversicherungsbeitrag aber nicht oder nicht vollständig entrichtet wurden.
Aber auch dann, wenn die Arbeitsleistung faktisch erbracht, allerdings noch gar nicht bezahlt wurde, sind die Arbeitnehmeranteile als "vorenthalten" anzusehen, wenn sie nicht abgeführt werden. Auch ein "Phantomlohn", d.h. ein an die Arbeitnehmer nicht gezahlter Lohn, unterliegt daher der Sozialabgabenpflicht. Denn es heißt ja in § 266a StGB ausdrücklich, dass die Strafbarkeit „unabhängig davon [ist], ob Arbeitsentgelt gezahlt wird“.
TIPP: Haben Arbeitnehmer der GmbH ihre Arbeitsleistung bereits erbracht und reicht das Geld nicht für die vollständige Abführung der Sozialabgaben, sollte zumindest der Arbeitnehmeranteil am Sozialversicherungsbeitrag vollständig gezahlt und der Krankenkasse bei der Zahlung mitgeteilt werden, dass hiermit vorrangig die Arbeitnehmeranteile und nicht die Arbeitgeberanteile gezahlt werden sollen (Tilgungsbestimmung).
Genügt das Geld nur für die Nettolöhne oder für einen Teil der Nettolöhne, sollten die zur Verfügung stehenden Beträge nicht vollständig an die Arbeitnehmer ausgezahlt werden. Vielmehr sollten die vorhandenen Beträge teilweise an die Arbeitnehmer und teilweise an die Krankenkasse und das Finanzamt gezahlt werden - auch um den Preis des gegenüber den Arbeitnehmern dann bestehenden Zahlungsrückstandes. In Zweifelsfällen sollte man sich als Geschäftsführer anwaltlich beraten lassen.
Nähere Informationen hierzu finden Sie unter Lohnrückstand - Arbeitgeberpflichten.
Wann haften Geschäftsführer für die Nichterfüllung steuerlicher Pflichten?
Nach § 34 Abgabenordnung (AO) müssen GmbH-Geschäftsführer als gesetzlicher Vertreter der GmbH deren steuerliche Pflichten erfüllen. Insbesondere haben sie dafür zu sorgen, dass die von der GmbH zu zahlenden Steuern aus den vom Geschäftsführer verwalteten Mitteln gezahlt werden. § 34 Abs.1 AO lautet:
„Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten.“
Eine ergänzende Regelung enthält § 69 AO. Hier heißt es:
„Die in den §§ 34 und 35 bezeichneten Personen haften, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt oder soweit infolgedessen Steuervergütungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden. Die Haftung umfasst auch die infolge der Pflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge.“
Aus § 69 AO ergibt sich eine unmittelbare persönliche Haftung des Geschäftsführers gegenüber dem Finanzamt.
Diese Haftung greift vor allem bei der Nichtabführung von Lohnsteuerschulden der GmbH ein. Hier sollten Geschäftsführer ebenso vorsichtig sein wie bei dem Arbeitnehmeranteil am Sozialversicherungsbeitrag:
Haben die Arbeitnehmer der GmbH ihre Arbeit erbracht und dafür den ihnen zustehenden Nettolohn erhalten, muss die darauf entfallende Lohnsteuer in vollem Umfang abgeführt werden.
Reichen die vorhandenen Mittel dazu nicht aus, sollten die zur Auszahlung gebrachten Nettolöhne gekürzt und die hierauf entfallenden (geringeren) Lohnsteuerbeträge vollständig gezahlt werden. Nähere Informationen hierzu finden Sie unter Lohnrückstand - Arbeitgeberpflichten.
Wann haften Geschäftsführer für die nicht rechtzeitige Insolvenzanmeldung?
Für den Fall der Insolvenz der GmbH schreibt § 15a Abs.1 Satz1 InsO dem Geschäftsführer vor:
"Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, einen Insolvenzantrag zu stellen."
Sind mehrere Geschäftsführer bestellt und will nur einer einen Insolvenzantrag stellen, kann er das kraft Gesetzes allein tun (§ 15 Abs.1 Satz1 InsO: „jedes Mitglied des Vertretungsorgans“). Das gilt auch dann, wenn GmbH-Satzung und/oder Anstellungsvertrag an sich vorschreiben, dass er die GmbH nur im Zusammenwirken mit einem anderen Geschäftsführer vertreten kann.
Ebenso wie § 266a StGB ist auch § 15a Abs.1 Satz1 InsO ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs.2 BGB. Daher haben die durch die nicht rechtzeitige Insolvenzanmeldung geschädigten Gläubiger der GmbH aus § 823 Abs.2 BGB in Verbindung mit § 15a Abs.1 Satz1 InsO einen Anspruch auf Schadenersatz, der sich unmittelbar und persönlich gegen den Geschäftsführer der GmbH richtet.
Außerdem ist ein Verstoß gegen die Insolvenzantragspflicht strafbar. Hierzu schreiben § 15a Abs.4 und 5 InsO vor:
"(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen Absatz 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2 oder Absatz 2 oder Absatz 3, einen Eröffnungsantrag
1. nicht oder nicht rechtzeitig stellt oder
2. nicht richtig stellt.
(5) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 4 fahrlässig, ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe."
Worin liegt der Unterschied zwischen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung?
§ 15a Abs.1 Satz1 InsO unterscheidet zwischen dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung der GmbH.
Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn die GmbH nicht mehr in der Lage ist, ihre fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen, was insbesondere bei Einstellung der Zahlungen anzunehmen ist.
Dabei kommt es allein auf die fälligen Verbindlichkeiten GmbH an. Stundungsvereinbarungen oder die Gewährung oder Erweiterung eines Kredits können daher den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit hinausschieben oder eine bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit wieder entfallen lassen.
Am Eintritt der Zahlungsunfähigkeit ist aber spätestens dann nicht mehr zu zweifeln, wenn der Geschäftsführer im Rahmen der von einem Gläubiger der GmbH betriebenen Zwangsvollstreckung die eidesstattliche Versicherung abgegeben hat.
Wer als Geschäftsführer in einer solchen Situation jetzt nicht (aller-)spätestens drei Wochen nach Abgabe der eidesstattlichen Versicherung einen Insolvenzantrag stellt, macht sich strafbar und muss damit rechnen, Post vom Gericht zu bekommen. In der Regel verhängt das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft eine Geldstrafe und erlässt darüber einen Strafbefehl.
Überschuldung liegt dagegen vor, wenn das Vermögen der GmbH ihre bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt.
Da die Überschuldung der GmbH nur auf Grundlage eines bilanzmäßigen Vergleichs der Aktiva und Passiva der GmbH festgestellt werden kann und da die Regeln, nach denen eine solche "Überschuldungsbilanz" aufzustellen ist, umstritten sind und im Einzelfall oft zu keiner eindeutigen Entscheidung führen, ist die Zahlungsunfähigkeit der GmbH für die Insolvenzanmeldungspflicht des Geschäftsführers von größerer praktischer Bedeutung.
Trotzdem sollten Geschäftsführer in der wirtschaftlichen Krise eine Überschuldungsbilanz aufstellen und sich dabei rechtlich beraten lassen.
ACHTUNG: Die Pflicht zur Erstellung und Fortschreibung einer Überschuldungsbilanz, die sog. Beobachtungspflicht, trifft nach der Rechtsprechung jeden Geschäftsführer unabhängig von einer Ressortaufteilung.
Sowohl im Falle der Zahlungsunfähigkeit als auch bei Überschuldung muss der Geschäftsführer spätestens binnen drei Wochen bei dem zuständigen Insolvenzgericht (Amtsgericht) die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH beantragen.
Die Pflicht zur Insolvenzantragstellung besteht auch dann, wenn ein Insolvenzantrag bereits von dritter Seite, etwa von einer Krankenkasse, gestellt worden ist.
Wer wird durch einen verspäteten oder unterlassenen Insolvenzantrag geschädigt?
Stellt der Geschäftsführer trotz eingetretener Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung der GmbH keinen Insolvenzantrag, droht eine Außenhaftung gegenüber den Gläubigern der GmbH.
Denn wenn Kunden bzw. Geschäftspartner der GmbH nach bereits eingetretener Insolvenz Verträge mit der GmbH ein, aus denen Zahlungspflichten der GmbH folgen, und kann die GmbH diese Zahlungspflichten insolvenzbedingt nicht erfüllen, entsteht dem Kunden/Geschäftspartner ein finanzieller Schaden. Diesen Schaden muss der Geschäftsführer den GmbH-Gläubigern, d.h. den Schaden, den sie infolge ihres Vertrauens in die Zahlungsfähigkeit der GmbH erlitten haben. Diese Gruppe von Geschädigten nennt man "Neugläubiger".
Die GmbH-Gläubiger, die bereits vor Eintritt der Zahlungsunfähigkeit Forderungen gegenüber der GmbH hatten (die "Altgläubiger") können bei Verspätung des Insolvenzverfahrens dadurch einen Schaden erleiden, dass bis zum verspäteten Beginn des Verfahrens neue Schulden der GmbH auflaufen und daher ihr Anteil an der zur Verteilung verfügbaren Insolvenzmasse kleiner wird (sog. Quotenschaden).
Etwas anderes als die Außenhaftung wegen eines verspäteten oder unterlassenen Insolvenzantrags ist die Innenhaftung gemäß § 64 Satz 1 und 2 GmbH. Sie besteht gegenüber der GmbH selbst (und nicht gegenüber den Kunden oder Geschäftspartnern der GmbH), und sie beruht nicht auf dem Unterlassen und/oder der Verspätung eines Insolvenzantrags, sondern darauf, dass der Geschäftsführer nach Insolvenzreifen noch Zahlungen vornimmt (s. dazu weiter oben im Text).
Welche Möglichkeiten der Haftungsbegrenzung gibt es?
Die strenge gesetzliche Organhaftung von GmbH-Geschäftsführern lässt sich in bestimmten Hinsichten vertraglich begrenzen, nämlich bei der Innenhaftung.
Welche Möglichkeiten und rechtlichen Grenzen dabei zu beachten sind und welche Vorteile eine D&O-Versicherung bietet, d.h. eine Manager-Haftpflichtversicherung, können Sie in einem speziellen Artikel nachlesen: Handbuch Arbeitsrecht: Geschäftsführerhaftung - Haftungsbegrenzung, D&O-Versicherung.
Wo finden Sie mehr zum Thema Geschäftsführerhaftung?
Weitere Informationen, die Sie im Zusammenhang mit dem Thema Geschäftsführerhaftung interessieren könnten, finden Sie hier:
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag und allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) - Haftungsbeschränkung und Haftungsverschärfung
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag und allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) - Mankoabrede
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitszeit und Arbeitszeitrecht
- Handbuch Arbeitsrecht: Aufhebungsvertrag
- Handbuch Arbeitsrecht: Dienstwagen
- Handbuch Arbeitsrecht: Geschäftsführer (GmbH)
- Handbuch Arbeitsrecht: Geschäftsführeranstellungsvertrag
- Handbuch Arbeitsrecht: Geschäftsführerkündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Geschäftsführerhaftung - Haftungsbegrenzung, D&O-Versicherung
- Handbuch Arbeitsrecht: Haftung des Arbeitgebers
- Handbuch Arbeitsrecht: Haftung des Arbeitnehmers
- Handbuch Arbeitsrecht: Insolvenz des Arbeitgebers
- Handbuch Arbeitsrecht: Leitender Angestellter
- Handbuch Arbeitsrecht: Lohnrückstand - Arbeitgeberpflichten
- Handbuch Arbeitsrecht: Scheinselbständigkeit
- Handbuch Arbeitsrecht: Sozialversicherungsbeitrag, SV-Beitrag
- Handbuch Arbeitsrecht: Verjährung
- Übersicht Handbuch Arbeitsrecht
- Tipps und Tricks: Geschäftsführervertrag - Checkliste
Kommentare unseres Anwaltsteams zu aktuellen Fragen rund um das Thema Geschäftsführerhaftung finden Sie hier:
- Arbeitsrecht aktuell: 14/103 Fristlose Kündigung eines Geschäftsführers wegen Untreue
- Arbeitsrecht aktuell: 07/38 BAG: Entweder Geschäftsführer oder Arbeitnehmer
Letzte Überarbeitung: 9. Juni 2021
Was können wir für Sie tun?
Wenn Sie Fragen zur vertraglichen Begrenzung der Geschäftsführerhaftung haben oder wenn Sie als Geschäftsführer oder Gesellschafter Ihre Interessen in einem (möglichen) Schadensfall wahren wollen, beraten wir Sie jederzeit gerne. Falls sich eine einvernehmliche außergerichtliche Lösung nicht erzielen lässt, vertreten wir Sie auch deutschlandweit vor Gericht. Sollten Sie bereits mit einer gegen Sie gerichteten Schadensersatzforderung konfrontiert sein, äußern Sie sich dazu bitte nicht vorschnell in der Sache, da Sie dadurch Ihren Versicherungsschutz gegenüber einer Geschäftsführer-Haftpflichtversicherung (D&O-Versicherung) gefährden. Für eine möglichst rasche und effektive Beratung benötigen wir folgende Unterlagen:
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Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gern:
Dr. Martin Hensche Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Kontakt: 030 / 26 39 620 hensche@hensche.de | |
Christoph Hildebrandt Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Kontakt: 030 / 26 39 620 hildebrandt@hensche.de | |
Nina Wesemann Rechtsanwältin Fachanwältin für Arbeitsrecht Kontakt: 040 / 69 20 68 04 wesemann@hensche.de |
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