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Mindestlohn für Bereitschaftsdienst
21.11.2014. Gibt es keine Sonderregelungen für den Bereitschaftsdienst, ist ein Mindestlohn auch für solche Dienste zu zahlen.
Denn zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit gehört nicht nur die sogenannte Vollarbeit, sondern auch die Arbeitsbereitschaft und der Bereitschaftsdienst.
Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) vorgestern für die Pflegebranche klargestellt: BAG, Urteil vom 19.11.2014, 5 AZR 1101/12.
- Gelten gesetzliche oder per Rechtsverordnung vorgeschriebene Mindestlöhne auch für den Bereitschaftsdienst?
- Der Fall des BAG: Pflegekraft ist zu Bereitschaftsdiensten "rund um die Uhr" verpflichtet und möchte diese voll bezahlt haben
- BAG: Gibt es keine Sonderregelungen für Bereitschaftsdienste, gilt auch hier der Mindestlohn
Gelten gesetzliche oder per Rechtsverordnung vorgeschriebene Mindestlöhne auch für den Bereitschaftsdienst?
Anfang Juli 2014 hat der Bundestag das Gesetz zur Stärkung der Tarifautonomie beschlossen und kurz darauf der Bundesrat sein OK gegeben. Wesentlicher Teil dieses Artikelgesetzes ist das neue Mindestlohngesetz (MiLoG), das am 16.08.2014 in Kraft getreten ist und einen deutschlandweit geltenden Mindestlohn von 8,50 EUR pro Stunde ab Anfang 2015 vorsieht (wir berichteten zuletzt in Arbeitsrecht aktuell: 14/299 Änderungen des Tarifvertragsgesetzes, des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes).
Das MiLoG enthält keine speziellen Regelungen zu der Frage, ob der Mindestlohn von 8,50 EUR auch für Bereitschaftsdienste zu zahlen ist, d.h. genauer gesagt für diejenige Zeit eines Bereitschaftsdienstes, während der der Arbeitnehmer nicht arbeiten muss, sondern sich nur zur Arbeit bereit hält. In § 1 Abs.2 MiLoG heißt es nämlich nur lapidar:
"Die Höhe des Mindestlohns beträgt ab dem 1. Januar 2015 brutto 8,50 Euro je Zeitstunde."
Auf den ersten Blick würde man vermuten, dass sich eine spezielle juristische Bedeutung hinter dem Wort "Zeitstunde" verbirgt. Denn da jede Stunde ein Zeitmaß ist (und damit eine "Zeitstunde"), könnte der Wortbestandteil "Zeit" in "Zeitstunde" vielleicht zum Ausdruck bringen, dass der Mindestlohn nur für bestimmte Arbeitszeiten gelten soll. So ist es aber nicht, denn die Gesetzesbegründung erklärt mit keiner Silbe, warum es in § 1 Abs.2 MiLoG "Zeitstunde" und nicht "Stunde" heißt.
Da das MiLoG Bereitschaftsdienste nicht regelt, ist fraglich, ob die gesamte Zeit eines Bereitschaftsdienstes mit 8,50 EUR zu bezahlen ist oder aber nur diejenigen Anteile eines solchen Dienstes, während der der Arbeitnehmer effektiv arbeitet ("Vollarbeit").
Dieselbe Frage stellt sich auch bei der Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche (Pflegearbeitsbedingungenverordnung - PflegeArbbV). Diese Rechtsverordnung wurde auf der Grundlage des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes (AEntG) erlassen und enthält Mindestlöhne für die Pflegebranche. Denn auch § 2 PflegeArbbV legt nur Mindestlöhne "je Stunde" fest, ohne gesondert zu regeln, ob diese Stundensätze auch für Bereitschaftsdienste gelten sollen.
Zu dieser Frage hat sich vorgestern das BAG geäußert.
Der Fall des BAG: Pflegekraft ist zu Bereitschaftsdiensten "rund um die Uhr" verpflichtet und möchte diese voll bezahlt haben
Im Streitfall ging es um knapp 4.000,00 EUR zusätzlichen Arbeitslohn, den eine Stuttgarter Pflegehelferin für einen viermonatigen Arbeitseinsatz im Jahre 2010 verlangte. In dieser Zeit hatte die Pflegehelferin mehrere pflegebedürftige Ordensschwestern in einer katholischen Einrichtung zu pflegen, und zwar im Rahmen sogenannter Rund-um-die-Uhr-Dienste ("Rudu-Dienste").
Grundlage ihrer Forderung war § 2 PflegeArbbV, der für pflegerische Tätigkeiten in Baden-Württemberg während der streitigen Zeit einen Mindestlohn von 8,50 EUR vorsah.
Während das Arbeitsgericht Stuttgart die Klage im Wesentlichen abwies, hatte die Klage vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg überwiegend Erfolg. Denn das LAG war der Meinung, dass im Bereitschaftsdienst erbrachte Arbeitsleistungen mit demselben Mindestentgeltsatz zu vergüten sind wie Arbeitsleistungen während der Vollarbeitszeit. Und abzüglich nachgewiesener fester Pausenzeiten, die das LAG mit zwei Stunden pro 24-Stunden-Schicht ansetzte, waren 22 Stunden pro 24-Stunden-Schicht zu bezahlen (Urteil vom 28.11.2012, 4 Sa 48/12).
BAG: Gibt es keine Sonderregelungen für Bereitschaftsdienste, gilt auch hier der Mindestlohn
Auch in Erfurt hatte der verklagte Pflegedienst keinen Erfolg, denn das BAG wies seine Revision zurück. In der derzeit allein vorliegenden Pressemeldung des BAG heißt es zur Begründung:
Der Mindestlohn nach § 2 PflegeArbbV ist „je Stunde“ festgelegt und knüpft damit an die vergütungspflichtige Arbeitszeit an, so das BAG. Dazu gehören nicht nur die Vollarbeit, sondern auch die Arbeitsbereitschaft und der Bereitschaftsdienst. Sowohl bei der Arbeitsbereitschaft als auch beim Bereitschaftsdienst muss sich der Arbeitnehmer an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort bereithalten, um im Bedarfsfalle unverzüglich die Arbeit aufzunehmen, und das muss der Arbeitgeber grundsätzlich bezahlen.
Zwar können für Zeiten der Arbeitsbereitschaft und/oder eines Bereitschaftsdienstes geringere Stundenlöhne festgelegt werden. Von dieser rechtlichen Möglichkeit hat die PflegeArbbV aber keinen Gebrauch gemacht, so das BAG im Anschluss an die Argumentation des LAG Baden-Württemberg. Deshalb sind arbeitsvertragliche Vereinbarungen, die für Bereitschaftsdienste in der Pflege einen geringeren Stundenlohn vorsehen als in § 2 PflegeArbbV vorgeschrieben, unwirksam.
Fazit: Das BAG unterscheidet zurecht nicht zwischen der sog. Arbeitsbereitschaft (hier wartet der Arbeitnehmer auf seinem Arbeitsplatz auf Arbeit wie z.B. ein Kellner oder ein Verkäufer) und einem Bereitschaftsdienst (auch hier wartet der Arbeitnehmer im Betrieb auf Arbeit, kann sich aber während der Wartezeit mit privaten Dingen beschäftigen oder schlafen).
Denn bei beiden Dienstformen ist der Arbeitnehmer zur Anwesenheit im Betrieb verpflichtet und muss jederzeit "springen", wenn es Arbeit gibt. Diese Zeiten muss der Arbeitgeber selbstverständlich bezahlen, wobei nur die Höhe der Bezahlung (wenn sie über dem Mindestlohn liegt) arbeitsvertraglich oder tarifvertraglich unterhalb der Bezahlung für Vollarbeit liegen kann. Solche Sonderregelungen über eine geringere Bezahlung von Bereitschaftsdienstzeiten nützen aber dem Arbeitgeber und nicht dem Arbeitnehmer, d.h. wenn es solche Regelungen nicht gibt, sind Bereitschaftsdienste in vollem Umfang mit dem normalen Stundensatz zu vergüten.
Das vorliegende Urteil betrifft zwar die PflegeArbbV und nicht das MiLoG, kann aber auf § 1 Abs.2 MiLoG übertragen werden. Arbeitnehmer, die ab Anfang 2015 unter das MiLoG fallen und nicht von Übergangsregelungen betroffen sind, können daher für jede vergütungspflichtige Arbeitsstunde 8,50 EUR verlangen, egal, ob es sich um Vollarbeit, Arbeitsbereitschaft oder um Bereitschaftsdienst handelt.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.11.2014, 5 AZR 1101/12 (Pressemeldung des BAG)
- Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 28.11.2012, 4 Sa 48/12
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsbereitschaft
- Handbuch Arbeitsrecht: Bereitschaftsdienst
- Handbuch Arbeitsrecht: Entsendung ausländischer Arbeitnehmer
- Handbuch Arbeitsrecht: Rufbereitschaft
- Handbuch Arbeitsrecht: Mindestlohn
- Arbeitsrecht aktuell: 14/393 Lohnwucher im Anwaltsbüro
- Arbeitsrecht aktuell: 14/299 Änderungen des Tarifvertragsgesetzes, des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes
- Arbeitsrecht aktuell: 14/271 Ausnahmen vom Mindestlohngesetz (MiLoG)
- Arbeitsrecht aktuell: 14/195 Mindestlohn in der Fleischwirtschaft
- Arbeitsrecht aktuell: 14/131 Mindestlohn 2015
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das BAG seine Entscheidungsgründe veröffentlicht. Das vollständig begründete Urteil des BAG finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 16. November 2020
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