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Mindestlohn in der Fleischwirtschaft
30.05.2014. Nachdem sich die Tarifparteien im Januar 2014 auf einen bundeseinheitlichen Mindestlohn von 7,75 EUR für die Schlachterei und Fleischverarbeitung geeinigt haben, war der Gesetzgeber am Zug.
Denn um den neuen Mindestlohn-Tarifvertrag für alle Beschäftigten der Branche verbindlich zu machen, ist eine entsprechende Verordnung nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) sinnvoll.
Dazu wiederum ist zuvor eine Änderung des AEntG notwendig. Sie ist mit Wirkung zum 29.05.2014 in Kraft getreten: Erstes Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes, vom 24.05.2014 (BGBl I, S.538).
- Prekäre Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie
- Tariflicher Mindestlohn für die Fleischindustrie ab Juli 2014
- Änderung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes (AEntG): Aufnahme der Branche Schlachten und Fleischverarbeitung
- Inkrafttreten der AEntG-Änderung
- Mindestlohn von 7,75 EUR nach dem Mindestlohntarifvertrag oder 8,50 nach dem neuen Mindestlohngesetz - was geht vor?
- Fazit: Lohnerhöhung schon ab Mitte 2014, Unterschreitung des gesetzlichen Mindestlohns bis September 2015
Prekäre Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie
In den vergangenen zwölf Monaten wurde immer wieder über prekäre Arbeitsbedingen in großen Schlachthöfen und fleischverarbeitenden Betrieben berichtet.
Angefangen von Dumpinglöhnen über mangelhafte Arbeitssicherheit bis hin zum systematischen Einsatz von Scheinwerkverträgen mit osteuropäischen Wanderarbeitern und zu menschenunwürdigen Unterkünften: Die Branche hat wenig Gelegenheiten ausgelassen, um preisbewussten Verbrauchern die Schamesröte und Gewerkschaftern die Zornesröte ins Gesicht zu treiben.
Resultat der Diskussion war Ende 2013 die Forderung nach einem branchenweit verbindlichen Mindestlohntarifvertrag, die sich die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) auf die Fahnen schrieb.
Nachdem es zunächst nicht danach aussah, als wäre eine rasche Einigung wahrscheinlich, konnten sich die Tarifparteien dann doch bereits im Januar 2014 auf einen Mindestlohn verständigen.
Tariflicher Mindestlohn für die Fleischindustrie ab Juli 2014
Am 14.01.2014 gaben die Arbeitgebervereinigung Nahrung und Genuss e.V. (ANG) und die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) bekannt, sich nach zähen Verhandlungen auf einen bundesweit gültigen Mindestlohn für die Fleischwirtschaft geeinigt zu haben.
Der Tarifvertrag hat eine dreieinhalbjährige Laufzeit, die am 01.07.2014 beginnt und Ende 2017 endet. Während dieser Zeit sollen folgende tarifliche Mindestlöhne für die Schlachterei und die Fleischverarbeitung gelten:
- 1. Stufe, ab 01.07.2014: 7,75 EUR pro Stunde
- 2. Stufe, ab 01.12.2014: 8,00 EUR pro Stunde
- 3. Stufe, ab 01.10.2015: 8,60 EUR pro Stunde
- 4. Stufe, ab 01.12.2016: 8,75 EUR pro Stunde
Weiterhin wurde vereinbart, gemeinsam einen Antrag auf Allgemeinverbindlichkeitserklärung bzw. auf Aufnahme der Branche Schlachten und Fleischverarbeitung in das AEntG zu stellen.
Änderung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes (AEntG): Aufnahme der Branche Schlachten und Fleischverarbeitung
Angesichts dieser Einigung war zu erwarten, dass der Gesetzgeber reagieren würde, und zwar durch eine Änderung des AEntG.
Denn ein vom Arbeitgeberverband abgeschlossener Mindestlohntarifvertrag ist nach § 3 Abs.1 Tarifvertragsgesetz (TVG) in Verb. mit § 4 Abs.1 TVG nur dann eine zwingende Lohnuntergrenze in einem einzelnen Arbeitsverhältnis, wenn der Arbeitnehmer in der Gewerkschaft und der Arbeitgeber im Arbeitgeberverband organisiert ist. Diese Voraussetzungen liegen in der Fleischwirtschaft aber oft nicht vor.
Daher könnte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) den neuen Mindestlohntarifvertrag auf der Grundlage von § 5 TVG für allgemeinverbindlich erklären, doch ist das nicht ohne weiteres möglich. Die Allgemeinverbindlichkeitserklärung eines Tarifvertrags setzt nämlich voraus, dass die tarifgebundenen Arbeitgeber nicht weniger als 50 Prozent der Arbeitnehmer beschäftigen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen (§ 5 Abs.1 Satz 1 TVG).
Daher wird der Geltungsbereich von branchenbezogenen Mindestlohntarifverträgen in den letzten Jahren meist in der Weise auf eine gesamte Branche erweitert, dass die jeweilige Branche per Gesetzesänderung als Mindestlohnbranche in das AEntG aufgenommen wird. Im nächsten Schritt wird der Mindestlohntarifvertrag gemäß § 7 AEntG auf alle Arbeitsverhältnisse der Branche erstreckt.
Einzige Voraussetzung für eine solche Erstreckbarkeitsverordnung ist, dass die Tarifparteien einen Antrag auf Allgemeinverbindlichkeitserklärung gemäß § 5 TVG gestellt haben, d.h. deren gesetzlichen Voraussetzungen müssen letztlich gar nicht vorliegen.
Zur Vorbereitung einer Erstreckbarkeitsverordnung wurden daher die bisher acht Mindestlohnbranchen (§ 4 AEntG) durch das Erste Gesetz zur Änderung des AEntG um die Branche "Schlachten und Fleischverarbeitung" ergänzt.
Inkrafttreten der AEntG-Änderung
Nachdem die Bundesregierung am 25.03.2014 einen Gesetzentwurf vorgelegt hatte, wurde dieser Anfang April im Bundestag in erster Lesung beraten.
Die Opposition merkte kritisch an, dass ein Mindestlohn für die Fleischbranche zwar ein Schritt in die richtige Richtung sei, aber nicht ausreiche. Mindestlöhne könnten mit Scheinwerkverträgen umgangen werden. Konkret müsse die Finanzkontrolle Schwarzarbeit personell aufgestockt werden, so Redner von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN.
In dieser Weise äußerten sich die Vertreter der Opposition auch im Ausschuss für Arbeit und Soziales, der dem Bundestag letztlich empfahl, den Gesetzentwurf anzunehmen. Die LINKE enthielt sich der Stimme, unter anderem weil sie einen tariflichen Mindestlohn von 7,75 EUR pro Stunde als unzureichend ansieht.
Am 08.05.2014 nahm der Bundestag das Änderungsgesetz in zweiter und dritter Beratung an. Zwei Wochen später, am 23.05.2014, erteilte auch der Bundesrat seine Zustimmung.
Am 28.05.2014 wurde das Gesetz im Bundesgesetzblatt (BGBl) verkündet und gilt ab dem Tage nach seiner Verkündung, d.h. seit dem 29.05.2014.
Dementsprechend ist jetzt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) am Zug. Es wird voraussichtlich gemäß § 7 Abs.1 Satz 1 AEntG durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates bestimmen, dass die Rechtsnormen des Mindestlohntarifvertrags auf alle Arbeitsverhältnisse der Branche Schlachten und Fleischverarbeitung Anwendung finden.
Mindestlohn von 7,75 EUR nach dem Mindestlohntarifvertrag oder 8,50 nach dem neuen Mindestlohngesetz - was geht vor?
Da zum Januar 2015 der gesetzliche allgemeine Mindestlohn von 8,50 EUR in Kraft treten wird, sieht es auf den ersten Blick so aus, als lohnte der ganze Aufwand nicht, ab Mitte 2014 noch einen Branchenmindestlohn von 7,75 EUR für die Fleischindustrie in Kraft zu setzen.
Denn das neue Mindestlohngesetz, das derzeit in der Beratung ist, sieht nach den derzeit bekannten Entwürfen vor (§ 1 Abs.3 Mindestlohngesetz - Entwurf), dass Branchenmindestlöhne den allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn nicht unterschreiten dürfen (wir berichteten in: Arbeitsrecht aktuell: 14/131 Mindestlohngesetz 2015).
Allerdings enthält der Entwurf des Mindestlohngesetzes auch eine Übergangsregelung (§ 24 Mindestlohngesetz - Entwurf), der zufolge die auf der Grundlage des AEntG geltenden Branchenmindestlöhne bis Ende 2016 dem allgemeinen Mindestlohn von 8,50 EUR auch dann vorgehen, wenn sie diesen unterschreiten.
In der Zeit von Januar bis September 2015 wird daher in der Fleischindustrie der tarifliche Branchenmindestlohn von 8,00 EUR gelten (Tariflohn gemäß der zweiten Stufe, verbindlich ab Dezember 2014) und nicht der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 EUR.
Erst ab Oktober 2015 beträgt der tarifliche Branchenmindestlohn gemäß der vereinbarten dritten Stufe 8,60 EUR und liegt damit knapp über dem neuen gesetzlichen Mindestlohn.
Fazit: Lohnerhöhung schon ab Mitte 2014, Unterschreitung des gesetzlichen Mindestlohns bis September 2015
Der neue Branchenmindestlohn von 7,75 EUR und seine Verbindlichkeit für alle Arbeitnehmer der Branche auf der Grundlage des AEntG ist ein Kompromiss:
Einerseits wartet die Branche nicht einfach ab, bis im Januar 2015 der neue gesetzliche Mindestlohn von 8,50 EUR in Kraft tritt, sondern führt eine (deutliche) Lohnerhöhung bereits ein halbes Jahr früher ein.
Andererseits unterläuft die Branche damit für neun Monate in rechtlich zulässiger Weise den gesetzlichen Mindestlohn, denn von Januar bis September 2015 steht den Arbeitnehmern der Fleischindustrie nicht 8,50 EUR zu, sondern nur 8,00 EUR.
Vor diesem Hintergrund ist zu vermuten, dass der bevorstehende gesetzliche Mindestlohn dazu beigetragen hat, die Arbeitgeber der Fleischindustrie von einem Branchenmindestlohn noch in 2014 und der raschen Aufnahme der Branche in das AEntG zu überzeugen.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Erstes Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes, vom 24.05.2014 (BGBl I, S.538)
- Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes, Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 25.03.2014, Bundestag Drucks. 18/910, 25.03.2014
- Ausschuss für Arbeit und Soziales, Beschlussempfehlung und Bericht zum Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des
Arbeitnehmer-Entsendegesetzes, vom 07.05.201 (Bundestag Drucks. 18/1359) - Deutscher Bundestag, Sten. Protokoll, 18. Wahlperiode, 33. Sitzung, 08.05.2014
- Deutscher Bundesrat, Sten. Bericht 922. Sitzung, 23.05.2014, Erstes Gesetz zu Änderung des AEnG, Zustimmung
- Handbuch Arbeitsrecht: Entsendung ausländischer Arbeitnehmer
- Handbuch Arbeitsrecht: Mindestlohn
- Handbuch Arbeitsrecht: Scheinselbständigkeit
- Handbuch Arbeitsrecht: Tarifvertrag
- Arbeitsrecht aktuell: 20/115 Verbot von Werkverträgen in der Fleischwirtschaft
- Arbeitsrecht aktuell: 14/385 Mindestlohn für Bereitschaftsdienst
- Arbeitsrecht aktuell: 14/299 Änderungen des Tarifvertragsgesetzes, des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes
- Arbeitsrecht aktuell: 14/271 Ausnahmen vom Mindestlohngesetz (MiLoG)
- Arbeitsrecht aktuell: 14/131 Mindestlohngesetz 2015
Letzte Überarbeitung: 4. Januar 2021
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