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BAG, Ur­teil vom 09.06.2011, 2 AZR 323/10

   
Schlagworte: Kündigung: Fristlos, Kündigung: Außerordentlich, Sexuelle Belästigung
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 2 AZR 323/10
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 09.06.2011
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Paderborn, Urteil vom 5.02.2009, 1 Ca 1247/08
Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 15.10.2009, 11 Sa 511/09
   


BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT


2 AZR 323/10
11 Sa 511/09
Lan­des­ar­beits­ge­richt

Hamm

 

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am

9. Ju­ni 2011

UR­TEIL

Schmidt, Ur­kunds­be­am­tin

der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

Be­klag­te, Be­ru­fungs­be­klag­te und Re­vi­si­onskläge­rin,

pp.

Kläger, Be­ru­fungskläger und Re­vi­si­ons­be­klag­ter,

hat der Zwei­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 9. Ju­ni 2011 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Kreft, die Rich­te­rin am Bun­des­ar­beits­ge­richt Ra­chor, den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Prof. Dr. Koch so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Dr. Ro­eckl und Fal­ke für Recht er­kannt:



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1. Auf die Re­vi­si­on der Be­klag­ten wird das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Hamm vom 15. Ok­to­ber 2009 - 11 Sa 511/09 - auf­ge­ho­ben.


2. Die Be­ru­fung des Klägers ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Pa­der­born vom 5. Fe­bru­ar 2009 - 1 Ca 1247/08 - wird zurück­ge­wie­sen.

3. Der Kläger hat die Kos­ten der Be­ru­fung und der Re­vi­si­on zu tra­gen.

Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten über die Wirk­sam­keit ei­ner außer­or­dent­li­chen, hilfs­wei­se or­dent­li­chen Kündi­gung.

Die Be­klag­te ist ein Un­ter­neh­men des Möbe­l­ein­zel­han­dels mit meh­re­ren hun­dert Ar­beit­neh­mern. Die Be­leg­schaft hat ei­nen Be­triebs­rat gewählt.


Der im Jahr 1950 ge­bo­re­ne Kläger war seit dem 1. Ju­li 1976, zu­letzt als Einkäufer und Pro­dukt­ma­na­ger bei der Be­klag­ten beschäftigt. Sein mo­nat­li­ches Brut­to­ein­kom­men be­trug 6.558,10 Eu­ro.


Am 18. Ok­to­ber 2007 er­teil­te die Be­klag­te dem Kläger ei­ne Ab­mah­nung. Sie warf ihm vor, ei­ne Mit­ar­bei­te­rin mit ei­nem Schlag auf das Gesäß belästigt zu ha­ben.


Am 25. und 26. Ju­ni 2008 war der Kläger in ei­nem Be­trieb der Be­klag­ten in K ein­ge­setzt. Ge­genüber ei­ner 26-jähri­gen Ein­kaufs­as­sis­ten­tin der Be­klag­ten mach­te er an die­sen Ta­gen bei vier Ge­le­gen­hei­ten Be­mer­kun­gen se­xu­el­len In­halts. Die Mit­ar­bei­te­rin mel­de­te die Vorfälle der Be­klag­ten. Die­se hörte den Kläger am 4. Ju­li 2008 zu den Vorwürfen an.
 


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Mit Schrei­ben vom 7. Ju­li 2008 lei­te­te die Be­klag­te das Ver­fah­ren zur Anhörung des Be­triebs­rats ein. Der Be­triebs­rat stimm­te der be­ab­sich­tig­ten frist­lo­sen, hilfs­wei­se frist­gemäßen Kündi­gung mit Schrei­ben vom 10. Ju­li 2008 zu.

Mit Schrei­ben vom 11. Ju­li 2008 kündig­te die Be­klag­te das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en frist­los, hilfs­wei­se frist­ge­recht zum 28. Fe­bru­ar 2009.


Da­ge­gen hat der Kläger recht­zei­tig Kla­ge er­ho­ben. Er hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, die Kündi­gung sei rechts­un­wirk­sam. Er ha­be die Mit­ar­bei­te­rin nicht se­xu­ell belästigt, son­dern le­dig­lich „ge­neckt“. Die Be­klag­te ha­be al­len­falls mit ei­ner Ab­mah­nung re­agie­ren dürfen. Die ihm zu­vor er­teil­te Ab­mah­nung sei nicht ein­schlägig. Im Übri­gen sei die Anhörung des Be­triebs­rats nicht ord­nungs­gemäß er­folgt. Die Be­klag­te ha­be den Be­triebs­rat ten­den­ziös in­for­miert. Ins­be­son­de­re mit ei­nem Hin­weis auf frühe­re Ab­mah­nun­gen ha­be sie in un­zulässi­ger Wei­se ein ne­ga­ti­ves Bild von ihm ge­zeich­net, auch wenn sie zu­gleich mit­ge­teilt ha­be, dass die­se frühe­ren Ab­mah­nun­gen - un­strei­tig - schon wie­der aus sei­ner Per­so­nal­ak­te ent­fernt wor­den sei­en.

Der Kläger hat be­an­tragt 


fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en we­der durch die frist­lo­se noch durch die frist­ge­rech­te Kündi­gung vom 11. Ju­li 2008 be­en­det wor­den ist.


Die Be­klag­te hat be­an­tragt, die Kla­ge ab­zu­wei­sen. Sie hat die An­sicht ver­tre­ten, das Ver­hal­ten des Klägers stel­le ei­ne se­xu­el­le Belästi­gung iSv. § 3 Abs. 4 AGG dar. Dar­auf ha­be sie mit Blick auf die zu­vor er­teil­te ein­schlägi­ge Ab­mah­nung von Ok­to­ber 2007 mit ei­ner so­for­ti­gen Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses re­agie­ren dürfen.


Das Ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Auf die Be­ru­fung des Klägers hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt der Kla­ge in vol­lem Um­fang statt­ge­ge­ben. Mit der Re­vi­si­on be­gehrt die Be­klag­te die Wie­der­her­stel­lung der erst­in­stanz­li­chen Ent­schei­dung.

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Ent­schei­dungs­gründe


Die Re­vi­si­on ist be­gründet. Dies führt zur Auf­he­bung des Be­ru­fungs­ur­teils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Wie­der­her­stel­lung der erst­in­stanz­li­chen Ent­schei­dung. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat zu Un­recht an­ge­nom­men, es feh­le an ei­nem wich­ti­gen Grund für die außer­or­dent­li­che Kündi­gung (I.). Die Ent­schei­dung stellt sich nicht aus an­de­ren Gründen als rich­tig dar (§ 561 ZPO). Dies kann der Se­nat selbst ent­schei­den, da die maßgeb­li­chen Tat­sa­chen fest­ste­hen (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Be­klag­te hat die außer­or­dent­li­che Kündi­gung in­ner­halb der Frist des § 626 Abs. 2 BGB erklärt (II.). Die Kündi­gung ist nicht man­gels ord­nungs­gemäßer Anhörung des Be­triebs­rats un­wirk­sam (III.). Die Kla­ge ge­gen die nur hilfs­wei­se aus­ge­spro­che­ne or­dent­li­che Kündi­gung bleibt da­mit eben­falls oh­ne Er­folg (IV.).


I. Die Kündi­gung vom 11. Ju­li 2008 be­ruht auf ei­nem wich­ti­gen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB.

1. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Ar­beits­verhält­nis aus wich­ti­gem Grund oh­ne Ein­hal­tung ei­ner Kündi­gungs­frist gekündigt wer­den, wenn Tat­sa­chen vor­lie­gen, auf­grund de­rer dem Kündi­gen­den un­ter Berück­sich­ti­gung al­ler Umstände des Ein­zel­falls und un­ter Abwägung der In­ter­es­sen bei­der Ver­trags­tei­le die Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses bis zum Ab­lauf der Kündi­gungs­frist oder bis zu der ver­ein­bar­ten Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses nicht zu­ge­mu­tet wer­den kann. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sach­ver­halt oh­ne sei­ne be­son­de­ren Umstände „an sich“, dh. ty­pi­scher­wei­se als wich­ti­ger Grund ge­eig­net ist. Als­dann be­darf es der wei­te­ren Prüfung, ob dem Kündi­gen­den die Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses un­ter Berück­sich­ti­gung der kon­kre­ten Umstände des Falls und un­ter Abwägung der In­ter­es­sen bei­der Ver­trags­tei­le - je­den­falls bis zum Ab­lauf der Kündi­gungs­frist - zu­mut­bar ist oder nicht (BAG 10. Ju­ni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 16, AP BGB § 626 Nr. 229 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 32; 26. März 2009 - 2 AZR 953/07 - Rn. 21, AP BGB § 626 Nr. 220).


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2. Das Ver­hal­ten des Klägers recht­fer­tigt „an sich“ ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung. Er hat ei­ne Mit­ar­bei­te­rin se­xu­ell belästigt.

a) Ei­ne se­xu­el­le Belästi­gung iSv. § 3 Abs. 4 AGG stellt nach § 7 Abs. 3 AGG ei­ne Ver­let­zung ver­trag­li­cher Pflich­ten dar. Sie ist „an sich“ als wich­ti­ger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB ge­eig­net (vgl. BAG 25. März 2004 - 2 AZR 341/03 - zu B I 2 a der Gründe, AP BGB § 626 Nr. 189 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 6). Ob die se­xu­el­le Belästi­gung im Ein­zel­fall zur außer­or­dent­li­chen Kündi­gung be­rech­tigt, ist abhängig von den Umständen des Ein­zel­falls, ua. von ih­rem Um­fang und ih­rer In­ten­sität (vgl. BAG 25. März 2004 - 2 AZR 341/03 - aaO mwN).


b) Der Kläger hat mit den vom Lan­des­ar­beits­ge­richt fest­ge­stell­ten Äußerun­gen am 25. und 26. Ju­ni 2008 ei­ne Mit­ar­bei­te­rin der Be­klag­ten an ih­rem Ar­beits­platz wie­der­holt se­xu­ell belästigt. Ge­gen die Fest­stel­lun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts hat der Kläger kei­ne be­acht­li­chen Ver­fah­rensrügen er­ho­ben. Sie sind da­mit für den Se­nat bin­dend (§ 559 Abs. 2 ZPO). Die Be­wer­tung des Lan­des­ar­beits­ge­richts, bei den Be­mer­kun­gen des Klägers ha­be es sich um se­xu­el­le Belästi­gun­gen iSv. § 3 Abs. 4 AGG ge­han­delt, lässt kei­nen Rechts­feh­ler er­ken­nen.


aa) Ei­ne se­xu­el­le Belästi­gung iSv. § 3 Abs. 4 AGG liegt vor, wenn ein un­erwünsch­tes, se­xu­ell be­stimm­tes Ver­hal­ten, wo­zu auch un­erwünsch­te se­xu­el­le Hand­lun­gen und Auf­for­de­run­gen zu die­sen, se­xu­ell be­stimm­te körper­li­che Berührun­gen, Be­mer­kun­gen se­xu­el­len In­halts so­wie un­erwünsch­tes Zei­gen und sicht­ba­res An­brin­gen von por­no­gra­phi­schen Dar­stel­lun­gen gehören, be­zweckt oder be­wirkt, dass die Würde der be­tref­fen­den Per­son ver­letzt wird, ins­be­son­de­re wenn ein von Einschüchte­run­gen, An­fein­dun­gen, Er­nied­ri­gun­gen, Entwürdi­gun­gen oder Be­lei­di­gun­gen ge­kenn­zeich­ne­tes Um­feld ge­schaf­fen wird. Im Un­ter­schied zu § 3 Abs. 3 AGG können da­nach auch ein­ma­li­ge se­xu­ell be­stimm­te Ver­hal­tens­wei­sen den Tat­be­stand ei­ner se­xu­el­len Belästi­gung erfüllen (Bau­er/Göpfert/Krie­ger AGG 3. Aufl. § 3 Rn. 60; Ka­man­ab­rou RdA 2006, 321, 326; Kock MDR 2006, 1088, 1089; v. Ro­et­te­ken AGG § 3 Rn. 375; Däubler/Bertz­bach-Schra­der/Schu­bert AGG 2. Aufl. § 3 Rn. 77).

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Das je­wei­li­ge Ver­hal­ten muss be­wir­ken oder be­zwe­cken, dass die Würde der be­tref­fen­den Per­son ver­letzt wird. Re­le­vant ist ent­we­der das Er­geb­nis oder die Ab­sicht (Nol­lert-Bo­ra­sio/Per­reng AGG 3. Aufl. § 3 Rn. 39). Für das „Be­wir­ken“ genügt der bloße Ein­tritt der Belästi­gung. Ge­gen­tei­li­ge Ab­sich­ten oder Vor­stel­lun­gen der für die­ses Er­geb­nis auf­grund ih­res Ver­hal­tens ob­jek­tiv ver­ant­wort­li­chen Per­son spie­len kei­ne Rol­le (v. Ro­et­te­ken AGG § 3 Rn. 352, 383). Auf vorsätz­li­ches Ver­hal­ten kommt es nicht an (ErfK/Schlach­ter 11. Aufl. § 3 AGG Rn. 14). Im Ver­gleich zu § 2 Abs. 2 des mit In­kraft­tre­ten des AGG am 18. Au­gust 2006 außer Kraft ge­tre­te­nen Beschäftig­ten­schutz­ge­set­zes (BSchG) ist der Be­griff der se­xu­el­len Belästi­gung in § 3 Abs. 4 AGG in Um­set­zung von Art. 2 Abs. 2 der Richt­li­nie 76/207/EWG vom 9. Fe­bru­ar 1976 (ABl. EG L 39 vom 14. Fe­bru­ar 1976 S. 40) idF der Richt­li­nie 2002/73/EG vom 23. Sep­tem­ber 2002 (ABl. EG L 269 vom 5. Ok­to­ber 2002 S. 15) wei­ter ge­fasst (vgl. Ent­wurfs­be­gründung BR-Drucks. 329/06 S. 34; BT-Drucks. 16/1780 S. 33; Nol­lert-Bo­ra­sio/Per­reng aaO Rn. 36; Däubler/Bertz­bach-Schra­der/Schu­bert AGG 2. Aufl. § 3 Rn. 76; v. Ro­et­te­ken aaO Rn. 375). Das Tat­be­stands­merk­mal der Un­erwünscht­heit er­for­dert - an­ders als noch § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BSchG (vgl. BAG 25. März 2004 - 2 AZR 341/03 - AP BGB § 626 Nr. 189 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 6) - nicht mehr, dass die Be­trof­fe­nen ih­re ab­leh­nen­de Ein­stel­lung zu den frag­li­chen Ver­hal­tens­wei­sen ak­tiv ver­deut­licht ha­ben (v. Ro­et­te­ken aaO Rn. 360; ErfK/Schlach­ter aaO Rn. 12; AGG/Schleu­se­ner 3. Aufl. § 3 Rn. 157; Däubler/Bertz­bach-Schra­der/Schu­bert aaO Rn. 77a). Maßgeb­lich ist al­lein, ob die Un­erwünscht­heit der Ver­hal­tens­wei­se ob­jek­tiv er­kenn­bar war (v. Ro­et­te­ken aaO Rn. 360; ErfK/Schlach­ter aaO; Wen­de­ling-Schröder in Wen­de­ling-Schröder/St­ein AGG § 3 Rn. 41).


bb) Da­nach lässt die Be­wer­tung der Be­mer­kun­gen des Klägers als se­xu­el­le Belästi­gun­gen durch das Lan­des­ar­beits­ge­richt kei­nen Rechts­feh­ler er­ken­nen.


(1) Al­le vier Be­mer­kun­gen hat­ten ei­nen se­xu­el­len In­halt. Mit der ers­ten Be­mer­kung gab der Kläger in anzügli­cher Wei­se der Er­war­tung Aus­druck, die Mit­ar­bei­te­rin würde für ihn ih­re körper­li­chen Rei­ze zur Schau stel­len. In Be­zug auf den Zoll­stock stell­te er ei­nen anzügli­chen Ver­gleich an. Beim Mit­tag­es­sen
 


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sprach er die Mit­ar­bei­te­rin auf ihr Se­xu­al­le­ben an. Sch­ließlich mach­te er ihr ex­pli­zit ein anzügli­ches An­ge­bot.

(2) Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat fest­ge­stellt, dass die Un­erwünscht­heit die­ser Be­mer­kun­gen ob­jek­tiv und im Übri­gen auch für den Kläger er­kenn­bar ge­we­sen sei. Das hat die­ser nicht mit be­acht­li­chen Ver­fah­rensrügen an­ge­grif­fen.

(3) Mit den wie­der­hol­ten Be­mer­kun­gen se­xu­el­len In­halts hat der Kläger iSv. § 3 Abs. 4 AGG die Würde der Mit­ar­bei­te­rin ver­letzt. Er hat die­se an zwei auf­ein­an­der fol­gen­den Ar­beits­ta­gen gleich mehr­fach mit anzügli­chen Be­mer­kun­gen ver­bal se­xu­ell belästigt und da­mit zum Se­xu­al­ob­jekt er­nied­rigt. Da­durch ent­stand für die be­trof­fe­ne Mit­ar­bei­te­rin zu­dem ein Ar­beits­um­feld, in wel­chem sie je­der­zeit mit wei­te­ren entwürdi­gen­den Anzüglich­kei­ten sei­tens des Klägers rech­nen muss­te.


(4) Der Kläger hat die se­xu­el­le Belästi­gung der Mit­ar­bei­te­rin iSv. § 3 Abs. 4 AGG „be­wirkt“. Un­maßgeb­lich ist, wie er selbst sein Ver­hal­ten ein­geschätzt und emp­fun­den hat oder ver­stan­den wis­sen woll­te.


3. Die außer­or­dent­li­che Kündi­gung ist un­ter Berück­sich­ti­gung der Umstände des Ein­zel­falls und un­ter Abwägung der bei­der­sei­ti­gen In­ter­es­sen ge­recht­fer­tigt.


a) Bei der Prüfung, ob dem Ar­beit­ge­ber ei­ne Wei­ter­beschäfti­gung des Ar­beit­neh­mers trotz Vor­lie­gens ei­ner er­heb­li­chen Pflicht­ver­let­zung je­den­falls bis zum Ab­lauf der Kündi­gungs­frist zu­mut­bar ist, ist in ei­ner Ge­samtwürdi­gung das In­ter­es­se des Ar­beit­ge­bers an der so­for­ti­gen Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses ge­gen das In­ter­es­se des Ar­beit­neh­mers an des­sen Fort­be­stand ab­zuwägen. Es hat ei­ne Be­wer­tung des Ein­zel­falls un­ter Be­ach­tung des Verhält­nismäßig­keits­grund­sat­zes zu er­fol­gen (BAG 10. Ju­ni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 34, AP BGB § 626 Nr. 229 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 32).
 


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aa) Die Umstände, an­hand de­rer zu be­ur­tei­len ist, ob dem Ar­beit­ge­ber die Wei­ter­beschäfti­gung zu­mut­bar ist oder nicht, las­sen sich nicht ab­sch­ließend fest­le­gen. Zu berück­sich­ti­gen sind aber re­gelmäßig das Ge­wicht und die Aus­wir­kun­gen ei­ner Ver­trags­pflicht­ver­let­zung, der Grad des Ver­schul­dens des Ar­beit­neh­mers, ei­ne mögli­che Wie­der­ho­lungs­ge­fahr so­wie die Dau­er des Ar­beits­verhält­nis­ses und des­sen störungs­frei­er Ver­lauf (BAG 10. Ju­ni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 34, AP BGB § 626 Nr. 229 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 32; 28. Ja­nu­ar 2010 - 2 AZR 1008/08 - Rn. 26, AP BGB § 626 Nr. 227 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 30). Auch Un­ter­halts­pflich­ten und der Fa­mi­li­en­stand können - je nach La­ge des Falls - Be­deu­tung ge­win­nen. Sie sind je­den­falls bei der In­ter­es­sen­abwägung nicht ge­ne­rell aus­ge­schlos­sen und können berück­sich­tigt wer­den (BAG 16. De­zem­ber 2004 - 2 ABR 7/04 - zu B II 3 b aa der Gründe, AP BGB § 626 Nr. 191 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 7). Ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung kommt nur in Be­tracht, wenn es kei­nen an­ge­mes­se­nen Weg gibt, das Ar­beits­verhält­nis fort­zu­set­zen, weil dem Ar­beit­ge­ber sämt­li­che mil­de­ren Re­ak­ti­onsmöglich­kei­ten un­zu­mut­bar sind (BAG 16. De­zem­ber 2010 - 2 AZR 485/08 - Rn. 24, AP BGB § 626 Nr. 232 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 33; 10. Ju­ni 2010 - 2 AZR 541/09 - aaO).


bb) Den Verhält­nismäßig­keits­grund­satz kon­kre­ti­siert auch § 12 Abs. 3 AGG (vgl. BAG 25. Ok­to­ber 2007 - 8 AZR 593/06 - Rn. 68, BA­GE 124, 295; noch zu § 4 Abs. 1 BSchG: BAG 25. März 2004 - 2 AZR 341/03 - zu B II 2 der Gründe, AP BGB § 626 Nr. 189 = BGB 2002 § 626 Nr. 6). Da­nach hat der Ar­beit­ge­ber bei Verstößen ge­gen das Be­nach­tei­li­gungs­ver­bot des § 7 Abs. 1 AGG, zu de­nen auch se­xu­el­le Belästi­gun­gen iSv. § 3 Abs. 4 AGG gehören, im Ein­zel­fall die ge­eig­ne­ten, er­for­der­li­chen und an­ge­mes­se­nen ar­beits­recht­li­chen Maßnah­men wie Ab­mah­nung, Um­set­zung, Ver­set­zung oder Kündi­gung zu er­grei­fen. Wel­che Maßnah­men er als verhält­nismäßig an­se­hen darf, hängt von den kon­kre­ten Umständen des Ein­zel­falls ab. § 12 Abs. 3 AGG schränkt das Aus-wahler­mes­sen je­doch in­so­weit ein, als der Ar­beit­ge­ber die Be­nach­tei­li­gung zu „un­ter­bin­den“ hat. Ge­eig­net im Sin­ne der Verhält­nismäßig­keit sind da­her nur sol­che Maßnah­men, von de­nen der Ar­beit­ge­ber an­neh­men darf, dass sie die Be­nach­tei­li­gung für die Zu­kunft ab­stel­len, dh. ei­ne Wie­der­ho­lung aus­sch­ließen


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(Bau­er/Göpfert/Krie­ger AGG 3. Aufl. § 12 Rn. 32; ErfK/Schlach­ter 11. Aufl. § 12 AGG Rn. 3).

b) Dem Be­ru­fungs­ge­richt kommt bei der im Rah­men von § 626 Abs. 1 BGB vor­zu­neh­men­den In­ter­es­sen­abwägung ein Be­ur­tei­lungs­spiel­raum zu. Ei­ne ei­ge­ne Abwägung durch das Re­vi­si­ons­ge­richt ist aber möglich, wenn die des Be­ru­fungs­ge­richts feh­ler­haft oder un­vollständig ist und sämt­li­che re­le­van­ten Tat­sa­chen fest­ste­hen (BAG 10. Ju­ni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 33, AP BGB § 626 Nr. 229 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 32; 13. März 2008 - 2 AZR 88/07 - Rn. 25, AP KSchG 1969 § 1 Nr. 87 = EzA KSchG § 1 Ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gung Nr. 73). Die Würdi­gung des Be­ru­fungs­ge­richts wird in der Re­vi­si­ons­in­stanz dar­auf­hin über­prüft, ob es den an­zu­wen­den­den Rechts­be­griff in sei­ner all­ge­mei­nen Be­deu­tung ver­kannt hat, ob es bei der Un­ter­ord­nung des Sach­ver­halts un­ter die Rechts­nor­men Denk­ge­set­ze oder all­ge­mei­ne Er­fah­rungssätze ver­letzt und ob es al­le vernünf­ti­ger­wei­se in Be­tracht zu zie­hen­den Umstände wi­der­spruchs­frei berück­sich­tigt hat (BAG 10. Ju­ni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 17, aaO; 27. No­vem­ber 2008 - 2 AZR 193/07 - Rn. 22, AP BGB § 626 Nr. 219).


c) Auch un­ter Be­ach­tung ei­nes in die­sem Sin­ne ein­ge­schränk­ten Maßstabs hält die vom Lan­des­ar­beits­ge­richt vor­ge­nom­me­ne ein­zel­fall­be­zo­ge­ne In­ter­es­sen­abwägung ei­ner re­vi­si­ons­recht­li­chen Prüfung nicht stand. Die Würdi­gung des Lan­des­ar­beits­ge­richts, trotz der Ab­mah­nung vom 18. Ok­to­ber 2007 recht­fer­ti­ge das Fehl­ver­hal­ten des Klägers kei­ne ne­ga­ti­ve Pro­gno­se, ist rechts­feh­ler­haft.

aa) Die an­zu­stel­len­de Pro­gno­se fällt ne­ga­tiv aus, wenn aus der kon­kre­ten Ver­trags­pflicht­ver­let­zung und der dar­aus re­sul­tie­ren­den Ver­tragsstörung ge­schlos­sen wer­den muss, der Ar­beit­neh­mer wer­de den Ar­beits­ver­trag in Zu­kunft er­neut und in glei­cher oder ähn­li­cher Wei­se ver­let­zen. Ist der Ar­beit­neh­mer we­gen gleich­ar­ti­ger Pflicht­ver­let­zun­gen schon ein­mal ab­ge­mahnt wor­den und ver­letzt er sei­ne ver­trag­li­chen Pflich­ten gleich­wohl er­neut, kann re­gelmäßig da­von aus­ge­gan­gen wer­den, es wer­de auch wei­ter­hin zu Ver­tragsstörun­gen kom­men (BAG 13. De­zem­ber 2007 - 2 AZR 818/06 - Rn. 38, AP KSchG 1969
 


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§ 4 Nr. 64 = EzA KSchG § 4 nF Nr. 82). Da­bei ist nicht er­for­der­lich, dass es sich um iden­ti­sche Pflicht­ver­let­zun­gen han­delt (vgl. BAG 13. De­zem­ber 2007 - 2 AZR 818/06 - Rn. 40, aaO). Es reicht aus, dass die je­wei­li­gen Pflicht­wid­rig-kei­ten aus dem­sel­ben Be­reich stam­men und so­mit Ab­mah­nungs- und Kündi­gungs­gründe in ei­nem in­ne­ren Zu­sam­men­hang ste­hen (BAG 13. De­zem­ber 2007 - 2 AZR 818/06 - Rn. 41, aaO; 16. Ja­nu­ar 1992 - 2 AZR 412/91 - zu B I 2 b bb der Gründe, EzA BGB § 123 Nr. 36). Ent­schei­dend ist letzt­lich, ob der Ar­beit­neh­mer auf­grund der Ab­mah­nung er­ken­nen konn­te, der Ar­beit­ge­ber wer­de wei­te­res Fehl­ver­hal­ten nicht hin­neh­men, son­dern ggf. mit ei­ner Kündi­gung re­agie­ren (Ha­Ko-Fie­big 3. Aufl. § 1 Rn. 233; KR/Fi­scher­mei­er 9. Aufl. § 626 BGB Rn. 281).


bb) Nach die­sen Grundsätzen be­stand zwi­schen der der Ab­mah­nung vom 18. Ok­to­ber 2007 zu­grun­de lie­gen­den Pflicht­ver­let­zung und den zur Kündi­gung führen­den Pflicht­verstößen ein aus­rei­chen­der in­ne­rer Zu­sam­men­hang.

(1) Der Kläger war nach den Fest­stel­lun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts mit Schrei­ben vom 18. Ok­to­ber 2007 we­gen der Belästi­gung ei­ner Mit­ar­bei­te­rin durch ei­nen Schlag auf das Gesäß ab­ge­mahnt wor­den. Die Be­wer­tung die­ses Ver­hal­tens als se­xu­el­le Belästi­gung iSd. § 3 Abs. 4 AGG durch das Lan­des­ar­beits­ge­richt ist re­vi­si­ons­recht­lich nicht zu be­an­stan­den. Bei ei­nem Schlag auf das Gesäß han­delt es sich um ei­nen Ein­griff in die körper­li­che In­tim­sphäre, der ob­jek­tiv als se­xu­ell be­stimmt iSv. § 3 Abs. 4 AGG an­zu­se­hen ist (vgl. Bau­er/Göpfert/Krie­ger AGG 3. Aufl. § 3 Rn. 55; v. Ro­et­te­ken AGG § 3 Rn. 378; AGG/Schleu­se­ner 3. Aufl. § 3 Rn. 153; Däubler/Bertz­bach-Schra­der/Schu­bert AGG 2. Aufl. § 3 Rn. 77a; Wen­de­ling-Schröder in Wen­de­ling-Schröder/St­ein AGG § 3 Rn. 45). Auf die Mo­ti­va­ti­on des Klägers kam es nicht an.


(2) Mit den zur Kündi­gung führen­den ver­ba­len se­xu­el­len Belästi­gun­gen trat ei­ne der körper­li­chen Belästi­gung gleich­ar­ti­ge Un­zu­verlässig­keit und Grenzüber­schrei­tung des Klägers zu Ta­ge. Es geht in bei­den Fällen um ein die In­te­grität der Be­trof­fe­nen miss­ach­ten­des, er­nied­ri­gen­des Ver­hal­ten. Un­er­heb­lich ist, in wel­cher Form sich die Belästi­gun­gen äußer­ten.
 


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(3) Die Warn­funk­ti­on der Ab­mah­nung vom 18. Ok­to­ber 2007 war nicht et­wa auf körper­lich belästi­gen­des Ver­hal­ten be­schränkt. Die Be­klag­te hat­te zum Aus­druck ge­bracht, dass sie bei ei­ner er­neu­ten Pflicht­ver­let­zung die Kündi­gung erklären wer­de. Der Kläger konn­te oh­ne Wei­te­res er­ken­nen, dass die Be­klag­te die aber­ma­li­ge Belästi­gung ei­ner Mit­ar­bei­te­rin - un­abhängig da­von, ob die­se ver­bal oder durch körper­li­che Berührung stattfände - nicht hin­neh­men und zum An­lass für ei­ne Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses neh­men würde.


d) Im Hin­blick dar­auf war der Be­klag­ten bei Abwägung der bei­der­sei­ti­gen In­ter­es­sen ei­ne Wei­ter­beschäfti­gung des Klägers auch nur bis zum Ab­lauf der Kündi­gungs­frist nicht zu­mut­bar. Ei­ne sol­che Abwägung durch den Se­nat selbst ist möglich, weil die des Be­ru­fungs­ge­richts rechts­feh­ler­haft ist und al­le re­le­van­ten Tat­sa­chen fest­ste­hen.

aa) Die Pflicht­ver­let­zung des Klägers wiegt schwer. Er hat ei­ne Mit­ar­bei­te­rin an zwei Ar­beits­ta­gen hin­ter­ein­an­der mehr­mals se­xu­ell belästigt. Ver­ba­le Belästi­gun­gen be­we­gen sich ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Lan­des­ar­beits­ge­richts nicht ge­ne­rell in ei­nem „we­ni­ger gra­vie­ren­den Be­reich“ des durch § 3 Abs. 4 AGG auf­ge­zeig­ten Spek­trums. Auch die In­ten­sität ver­ba­ler Belästi­gun­gen kann viel­mehr er­heb­lich sein. So liegt es im Streit­fall. Der Kläger hat der Mit­ar­bei­te­rin mit im­mer neu­en Va­ri­an­ten ver­ba­ler Anzüglich­kei­ten zu­ge­setzt. Die Äußerun­gen fie­len bei un­ter­schied­lichs­ten Ge­le­gen­hei­ten. Es han­del­te sich nicht et­wa um ei­ne ein­ma­li­ge „Ent­glei­sung“. Die Belästi­gun­gen er­folg­ten fort­ge­setzt und hartnäckig. Der auf ei­ge­ne körper­li­che Merk­ma­le an­spie­len­de anzügli­che Ver­gleich hat­te zu­dem, eben­so wie das an die Mit­ar­bei­te­rin ge­rich­te­te anzügli­che An­ge­bot, be­drängen­den Cha­rak­ter.


bb) Der Kläger kann sich nicht auf ei­nen Irr­tum über die Un­erwünscht­heit sei­ner Ver­hal­tens­wei­se be­ru­fen. Se­xu­el­le Belästi­gun­gen iSv. § 3 Abs. 4 AGG er­for­dern tat­be­stand­lich kein vorsätz­li­ches Ver­hal­ten. Zwar wird es zu­guns­ten des Ar­beit­neh­mers zu berück­sich­ti­gen sein, wenn er sich nach­voll­zieh­bar in ei­nem sol­chen Irr­tum be­fand. Der Kläger setz­te aber nach den Fest­stel­lun­gen

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des Lan­des­ar­beits­ge­richts die Belästi­gun­gen trotz ei­ner für ihn er­kenn­bar ab­leh­nen­den Hal­tung der Mit­ar­bei­te­rin fort.

cc) Der noch­ma­li­ge Aus­spruch nur ei­ner Ab­mah­nung war kein der Be­klag­ten zu­mut­ba­res mil­de­res Mit­tel. Nach­dem sich der Kläger die vor­her­ge­gan­ge­ne Ab­mah­nung nicht zur War­nung hat­te ge­rei­chen las­sen, war da­von aus­zu­ge­hen, dass die­ses Mit­tel zukünf­ti­ge Pflicht­ver­let­zun­gen nicht würde ver­hin­dern können. Schon auf­grund der Ab­mah­nung vom 18. Ok­to­ber 2007 muss­te der Kläger für den Fall der er­neu­ten se­xu­el­len Belästi­gung mit ei­ner Kündi­gung rech­nen. Auch sei­ne langjähri­ge Be­triebs­zu­gehörig­keit war an­ge­sichts des­sen nicht mehr ge­eig­net, Er­war­tun­gen in sei­ne künf­ti­ge Zu­verlässig­keit zu be­gründen. Der Um­stand, dass sich der Kläger noch vor Aus­spruch der Kündi­gung bei der be­trof­fe­nen Mit­ar­bei­te­rin ent­schul­digt hat­te, recht­fer­tigt kei­ne an­de­re Be­wer­tung. Der Kläger hat­te sich da­zu erst nach dem Per­so­nal­gespräch am 4. Ju­li 2008 und da­mit un­ter dem Ein­druck ei­ner be­reits dro­hen­den Kündi­gung ent­schlos­sen.


dd) Der Be­klag­ten war auch die Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses bis zum Ab­lauf der or­dent­li­chen Kündi­gungs­frist nicht zu­zu­mu­ten. Die Be­klag­te hat­te gem. § 12 Abs. 1 Satz 1 AGG die Pflicht, ihr weib­li­ches Per­so­nal ef­fek­tiv vor wei­te­ren se­xu­el­len Belästi­gun­gen durch den Kläger zu schützen. Dies konn­te sie durch den Aus­spruch ei­ner nur or­dent­li­chen Kündi­gung nicht gewähr­leis­ten. Für den Lauf der Kündi­gungs­frist von sie­ben Mo­na­ten zum En­de ei­nes Ka­len­der­mo­nats hätte viel­mehr die Ge­fahr ei­ner Belästi­gung durch den Kläger - mögli­cher­wei­se ge­ra­de verstärkt durch das ab­seh­ba­re En­de des Ar­beits­verhält­nis­ses - fort­be­stan­den. Des­sen erst nach dem Per­so­nal­gespräch er­folg­ter Ent­schul­di­gung kommt auch in­so­weit kein be­son­de­res Ge­wicht zu. Trotz sei­ner langjähri­gen Be­triebs­zu­gehörig­keit und des re­la­tiv ho­hen Al­ters des Klägers über­wog da­mit das In­ter­es­se der Be­klag­ten an ei­ner so­for­ti­gen Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses des­sen In­ter­es­se an ei­ner Fort­set­zung zu­min­dest für die Dau­er der Kündi­gungs­frist.
 


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II. Die Kündi­gung vom 11. Ju­li 2008 ist nicht nach § 626 Abs. 2 BGB un­wirk­sam.

1. Nach § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB kann die außer­or­dent­li­che Kündi­gung nur in­ner­halb von zwei Wo­chen er­fol­gen. Die Frist be­ginnt nach § 626 Abs. 2 Satz 2 BGB in dem Zeit­punkt, in dem der Kündi­gungs­be­rech­tig­te von den für die Kündi­gung maßge­ben­den Tat­sa­chen Kennt­nis er­langt. Dies ist dann der Fall, wenn der Kündi­gungs­be­rech­tig­te ei­ne zu­verlässi­ge und möglichst vollständi­ge po­si­ti­ve Kennt­nis der für die Kündi­gung maßge­ben­den Tat­sa­chen hat, die ihm die Ent­schei­dung ermögli­chen, ob die Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses zu­mut­bar ist oder nicht (BAG 25. No­vem­ber 2010 - 2 AZR 171/09 - Rn. 15, AP BGB § 626 Nr. 231 = EzA BPers­VG § 108 Nr. 5; 5. Ju­ni 2008 - 2 AZR 234/07 - Rn. 18, AP BGB § 626 Ver­dacht straf­ba­rer Hand­lung Nr. 44 = EzA BGB 2002 § 626 Ver­dacht straf­ba­rer Hand­lung Nr. 7).


2. Da­nach hat die Be­klag­te die Frist gem. § 626 Abs. 2 BGB ge­wahrt. Die Frist be­gann am 4. Ju­li 2008 zu lau­fen. Nach ih­rem vom Kläger nicht be­strit­te­nen Vor­brin­gen hat­te die Be­klag­te an die­sem Tag erst­mals Kennt­nis von den Vorwürfen er­langt. Die Kündi­gung vom 11. Ju­li 2008 ist dem Kläger nach dem un­be­strit­te­nen Vor­trag der Be­klag­ten noch an die­sem Tag zu­ge­gan­gen.

III. Die außer­or­dent­li­che Kündi­gung ist nicht we­gen feh­ler­haf­ter Anhörung des Be­triebs­rats un­wirk­sam.

1. Ei­ne Kündi­gung ist gem. § 102 Abs. 1 Satz 3 Be­trVG nicht nur un­wirk­sam, wenn der Ar­beit­ge­ber gekündigt hat, oh­ne den Be­triebs­rat über­haupt zu be­tei­li­gen, son­dern auch dann, wenn er ihn nicht rich­tig be­tei­ligt hat, vor al­lem sei­ner Un­ter­rich­tungs­pflicht nach Satz 2 der Vor­schrift nicht aus­rei­chend nach­ge­kom­men ist. An die Mit­tei­lungs­pflicht im Anhörungs­ver­fah­ren sind da­bei nicht die­sel­ben An­for­de­run­gen zu stel­len wie an die Dar­le­gun­gen des Ar­beit­ge­bers im Pro­zess. Es gilt der Grund­satz der „sub­jek­ti­ven De­ter­mi­nie­rung“. Der Be­triebs­rat ist ord­nungs­gemäß an­gehört, wenn ihm der Ar­beit­ge­ber die aus sei­ner Sicht tra­gen­den Umstände und Gründe für die Kündi­gung un­ter­brei­tet hat (BAG 22. April 2010 - 2 AZR 991/08 - Rn. 13, AP Be­trVG 1972 § 102 Nr. 163 = EzA



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Be­trVG 2001 § 102 Nr. 26; 23. Ok­to­ber 2008 - 2 AZR 163/07 - Rn. 18, AP KSchG 1969 § 1 Na­mens­lis­te Nr. 18 = EzA KSchG § 1 In­ter­es­sen­aus­gleich Nr. 16). Da­ge­gen führt ei­ne be­wusst un­rich­ti­ge oder un­vollständi­ge und da­mit ir­reführen­de Dar­stel­lung zu ei­ner feh­ler­haf­ten Anhörung des Be­triebs­rats (BAG 5. No­vem­ber 2009 - 2 AZR 676/08 - Rn. 40, AP KSchG 1969 § 1 Be­triebs­be­ding­te Kündi­gung Nr. 183 = EzA KSchG § 1 In­ter­es­sen­aus­gleich Nr. 20; 23. Ok­to­ber 2008 - 2 AZR 163/07 - aaO).


2. Da­nach hat die Be­klag­te den Be­triebs­rat mit ih­rem Schrei­ben vom 7. Ju­li 2008 aus­rei­chend in­for­miert. Sie hat ihm mit der Schil­de­rung des belästi­gen­den Ver­hal­tens des Klägers am 25. und 26. Ju­ni 2008 die aus ih­rer Sicht tra­gen­den Gründe für die be­ab­sich­tig­te Kündi­gung un­ter­brei­tet. Darüber­hin­aus hat sie den Be­triebs­rat an „die ein­schlägi­ge Ab­mah­nung vom 18. Ok­to­ber 2007 und an die an­de­ren ein­schlägi­gen Hin­wei­se und Ab­mah­nun­gen aus den letz­ten Jah­ren (...) er­in­nert“. Aus ih­rer Sicht ent­hielt dies auch an­ge­sichts des Um­stands, dass die frühe­ren Ab­mah­nun­gen aus der Per­so­nal­ak­te des Klägers be­reits ent­fernt wa­ren, kei­ne un­rich­ti­ge In­for­ma­ti­on.


3. Die Be­klag­te brauch­te nicht den Ab­lauf der Frist von drei Ta­gen ab­zu­war­ten, die dem Be­triebs­rat gem. § 102 Abs. 2 Satz 3 Be­trVG zur Stel­lung­nah­me ein­geräumt ist. Der Ar­beit­ge­ber kann ei­ne Kündi­gung auch schon vor Frist­ab­lauf aus­spre­chen, wenn der Be­triebs­rat er­kenn­bar ab­sch­ließend zu der Kündi­gungs­ab­sicht Stel­lung ge­nom­men hat. Das Anhörungs­ver­fah­ren ist dann be­en­det (vgl. BAG 24. Ju­ni 2004 - 2 AZR 461/03 - zu B II 2 b bb der Gründe, AP BGB § 620 Kündi­gungs­erklärung Nr. 22 = EzA Be­trVG 2001 § 102 Nr. 9; 15. No­vem­ber 1995 - 2 AZR 974/94 - zu II 2 a der Gründe, AP Be­trVG 1972 § 102 Nr. 73 = EzA Be­trVG 1972 § 102 Nr. 89). So liegt der Fall hier. Der Be­triebs­rat hat­te mit Schrei­ben vom 10. Ju­li 2008, un­ter­zeich­net vom Be­triebs­rats­vor­sit­zen­den, der Kündi­gung aus­drück­lich und vor­be­halt­los zu­ge­stimmt.


IV. Da die außer­or­dent­li­che Kündi­gung das Ar­beits­verhält­nis mit ih­rem Zu­gang am 11. Ju­li 2008 be­en­det hat, bleibt die Kla­ge ge­gen die or­dent­li­che Kündi­gung zum 28. Fe­bru­ar 2009 schon des­halb oh­ne Er­folg.
 


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V. Als un­ter­le­ge­ne Par­tei hat der Kläger gem. § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO die Kos­ten von Be­ru­fung und Re­vi­si­on zu tra­gen.

Kreft 

Koch 

Ra­chor

Tors­ten Fal­ke 

Dr. Ro­eckl

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