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Bundesrat legt Gesetzentwurf für Frauenquote vor
01.10.2012. Dass Männer und Frauen gleichberechtigt sind, ist heutzutage eine Selbstverständlichkeit und auch seit jeher im Grundgesetz (GG) festgeschrieben (Art. 3 Abs.2 Satz 1 GG). Darüber hinaus verpflichtet das GG den Staat seit 1994 auch dazu, die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern zu fördern und auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinzuwirken (Art. 3 Abs.2 Satz 2 GG).
Mit dieser Pflicht zur Beseitigung faktischer Benachteiligungen wäre es nicht vereinbar, wenn sich die Politik mit der traditionell sehr geringen Frauenquote im Management von großen Privatunternehmen einfach abfinden würde. Dementsprechend ist es - jedenfalls offiziell - politischer Konsens, dass der Anteil von Frauen in den Chefetagen von Großunternehmen erhöht werden muss.
Die bestehenden gesetzlichen Regelungen, die diesem Ziel dienen, sind allerdings kaum ausreichend. Jetzt hat sich der Bundesrat ein Herz gefasst und einen Gesetzentwurf vorgelegt, um die Frauenquote in den Führungsetagen großer Unternehmen zu erhöhen: Entwurf eines Gesetzes zur Förderung gleichberechtigter Teilhabe von Frauen und Männern in Führungsgremien (GlTeilhG), Gesetzentwurf des Bundesrates vom 21.09.2012, Bundesrat Drucks. 330/12.
- Bestehende gesetzliche Regelungen zur Verbesserung der Chancen von Frauen im Erwerbsleben
- Zählebigkeit bestehender Benachteiligungen von Frauen im Erwerbsleben
- Freiwillige und rechtlich zwingende Frauenquoten haben unterschiedliche Wirkungen
- Gesetzesentwurf des Bundesrates
- Fazit und Ausblick
Bestehende gesetzliche Regelungen zur Verbesserung der Chancen von Frauen im Erwerbsleben
Immerhin verbietet das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) Diskriminierungen wegen des Geschlechts im Arbeitsleben. Und erlaubt ausdrücklich sog. positive Maßnahmen, d.h. die gezielte Bevorzugung von Frauen zu dem Zweck, bestehende Benachteiligungen abzubauen (§ 5 AGG).
Darüber hinaus muss gemäß das Geschlecht, das in der Belegschaft in der Minderheit ist, gemäß § 15 Abs.2 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) im Betriebsrat mindestens entsprechend seinem zahlenmäßigen Verhältnis vertreten sein, wenn der Betriebsrat aus drei oder mehr Mitgliedern besteht.
Auch das sog. Bundesgremienbesetzungsgesetz (BGremBG) enthält einen Schritt in die richtige Richtung. Es schreibt dem Bund vor, seine Berufungs- und Entsenderechte so auszuüben, dass Männer und Frauen in Vorständen, Aufsichtsräten und ähnlichen Gremien möglichst gleichberechtigt vertreten sind. Dazu werden für jeden betroffenen Sitz jeweils eine Frau und ein Mann vorgeschlagen oder benannt (sog. Doppelbenennung).
Abgesehen von diesen wenigen gesetzlichen Regelungen gibt es für Aufsichtsräte, Vorstände u.ä. Organe privater Unternehmen keine verbindlichen Geschlechterquoten, sondern nur die rechtlich unverbindliche Empfehlung des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK), bei der Besetzung von Aufsichtsräten und Vorständen auf eine „angemessene Beteiligung von Frauen“ zu achten.
Zählebigkeit bestehender Benachteiligungen von Frauen im Erwerbsleben
Vergleicht man den in Art. 3 Abs.2 Satz 2 GG enthaltenen Auftrag mit der Wirklichkeit, zeigt sich, dass die Politik hier noch eine ganze Menge zu tun hat.
Vollzeitbeschäftigte Frauen verdienen nach Berechnungen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) durchschnittlich 21,6 Prozent weniger als männliche Arbeitnehmer. Damit ist Deutschland in Europa „Spitzenreiter“ im Lohngefälle zwischen den Geschlechtern, das europaweit durchschnittlich 16 Prozent beträgt.
„Auch was die Anzahl der Frauen in Führungspositionen angeht, ist Deutschland im internationalen Vergleich weit abgeschlagen: Auf kaum vier von hundert Vorstandsposten findet sich hierzulande eine Frau. Dagegen mutet der OECD-Durchschnitt beinahe fortschrittlich an, hier liegt die Frauenquote in den Aufsichtsräten bei immerhin zehn Prozent.“ So eine Mitteilung der OECD Mitte März 2012 auf der Grundlage von Daten aus dem Jahr 2009.
Diese und ähnliche Prozentangaben schwanken ein wenig von Studie zu Studie, doch ist die Tendenz deutlich zu erkennen: Die Benachteiligung von Frauen beim Arbeitseinkommen und bei der Besetzung von Führungspositionen ist zählebig.
Freiwillige und rechtlich zwingende Frauenquoten haben unterschiedliche Wirkungen
Ein Blick nach Norwegen zeigt, dass es auch anders geht. Der Frauenanteil in den Verwaltungsräten norwegischer Aktiengesellschaften stieg innerhalb von vier Jahren auf das Sechsfache. Grund hierfür war nach allgemeiner Einschätzung ein „knackiges“, d.h. mit Sanktionen bewehrtes Gesetz, das je nach Größe des Verwaltungsrates eine verbindliche Mindestquote für Frauen vorsieht. Verstöße gegen diese Quoten werden zwar in erster Linie mit finanziellen Strafen geahndet. Bei hartnäckiger Nichterfüllung ist aber sogar eine Zwangsliquidation der Gesellschaft möglich.
Demgegenüber gibt es in Deutschland bislang nur eine rechtlich unverbindliche Vereinbarung zur Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern, die 2001 von der damaligen rot-grünen Bundesregierung mit den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft getroffen worden war und die nur geringfügige Resultate brachte.
Auch die vor kurzem eingegangene Selbstverpflichtung der 30 DAX-Unternehmen ist eher von einer Abwehrhaltung gegenüber möglichen gesetzlichen Regelungen geprägt als von dem ernsthaften Bestreben, mehr Frauen in Chefetagen hineinzubringen (wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 11/209a Gesetzliche Frauenquote in DAX-Unternehmen).
Kein Wunder also, dass Frauen in Deutschland beim beruflichen Aufstieg immer noch an „gläserne Decken“ stoßen (über einen typischen Fall berichteten wir in Arbeitsrecht aktuell: 11/127 Frauendiskriminierung: Geldentschädigung im Berliner Sony-Fall).
Die derzeitige Bundesregierung hat in dieser Frage keine einheitliche Position. Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) ist gegen eine gesetzliche Frauenquote in den Führungsetagen von Großunternehmen und erhält dabei Unterstützung von CSU-Chef Horst Seehofer. Aber auch innerhalb der CDU bestehen Meinungsverschiedenheiten. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) ist für eine gesetzliche Quote, Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) dagegen. Sie hat sich für eine sog. Flexiquote stark gemacht, d.h. sie möchte es den Unternehmen überlassen, eine eigene Quote festzulegen und diese dann umzusetzen.
Vor dem Hintergrund dieses politischen Durcheinanders ist nun der Bundesrat aktiv geworden und hat einen Gesetzesentwurf beschlossen, der Grundlage für ein Gesetzgebungsverfahren werden soll.
Der Entwurf geht auf Anträge der SPD-geführten Länder Hamburg und Brandenburg zurück und konnte letztlich mit den Stimmen der von CDU-Ministerpräsidenten regierten Länder Saarland und Sachsen-Anhalt beschlossen werden.
Gesetzesentwurf des Bundesrates
Der Entwurf „eines Gesetzes zur Förderung der gleichberechtigten Teilhabe von Frauen und Männern in Führungsgremien (GlTeilhG)“, vom 21.09.2012 sieht gesetzliche Mindestquoten für die Besetzung der Aufsichtsräte von Großunternehmen vor. Diese Quoten sollen in zwei Schritten bzw. zeitlichen Etappen eingeführt werden: Die „milderen“ Quoten sollen ab 2018 gelten, die „härteren“ in einem nächsten Schritt, d.h. ab 2023. Betroffen sind börsennotierte Unternehmen und für Großunternehmen, die der sog. Unternehmensmitbestimmung unterliegen.
Der Aufsichtsrat hat zwar nicht die Unternehmensleitung in der Hand, aber er überwacht die Geschäftsführung des Unternehmens, d.h. bei einer Aktiengesellschaft (AG) den Vorstand. Der Aufsichtsrat ist auch für dessen Ernennung und Abberufung verantwortlich. Seine Größe und personelle Zusammensetzung hängen von der Mitarbeiterzahl und dem Grundkapital ab. Als Faustformel gilt, dass in Unternehmen mit mehr als 500 Arbeitnehmern neben Vertretern der Anteilseigner immer auch Arbeitnehmervertreter Mitglied des Aufsichtsrates sind.
An dieser Stelle setzt der Entwurf an.
Er räumt den Unternehmen zunächst eine sechsjährige „Gewöhnungsphase“ für die Nachwuchsförderung ein, in der keine verbindlichen Quoten, sondern lediglich erweiterte Berichtspflichten zur Zusammensetzung von Aufsichtsräten, Vorständen und sonstigen Leitungs- bzw. Aufsichtsorganen gelten sollen. Ein spezielles Teilhabestatistikgesetz ist dabei als rechtlicher Rahmen für eine Auswertung der gewonnen Daten angedacht.
Anschließend wird es ernst: In Gremien mit neun oder mehr Mitgliedern müssen ab 2018 Frauen und Männer jeweils zu mindestens 20 Prozent vertreten sein. Fünf Jahre später, d.h. ab 2023, wird die Quote dann auf 40 Prozent erhöht. Auch innerhalb der „Teilgremien“, also auf der Arbeitnehmer- und auf der Anteilseignerbank im Aufsichtsrat, müssen diese Quoten erfüllt sein.
Für (Teil-)Gremien mit weniger als neun Mitgliedern sieht der Entwurf zur Vermeidung rechnerischer Probleme keine Quote, sondern eine feststehende Anzahl von Frauen vor. In einem nur aus drei Personen bestehenden Aufsichtsrat wäre z.B. einer der drei Posten zwingend mit dem Minderheitengeschlecht zu besetzen.
Ausnahmen von diesem Grundsatz sind nur noch in Sonderfällen vorgesehen, z.B. wenn mehr als 90 Prozent der Mitarbeiter des Unternehmens dem selben Geschlecht angehören oder trotz intensiver und vom Unternehmen nachzuweisender Bemühungen keine geeigneten Personen zu finden sind.
Werden die Quoten auf der Anteilseignerbank im Aufsichtsrat nicht eingehalten, drohen eher milde Steuernachteile für das Unternehmen. Konkret sieht der Entwurf vor, dass die Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder nicht mehr steuerlich geltend gemacht werden kann.
Da die Anteilseigner keinen Einfluss auf die Erfüllung der Quoten auf seiten der Arbeitnehmerbank haben, soll die Einhaltung der Frauenquoten dort nicht durch eine finanzielle Bestrafung des Unternehmens sichergestellt werden, sondern durch eine Verschärfung der gesetzlichen Regelungen, die bei der Wahl der Mitglieder der Arbeitnehmerbank gelten.
Fazit und Ausblick
Der vom Bundesrat vorgeschlagene „doppelte Fünfjahresplan“ ist alles andere als rabiat, sowohl in zeitlicher Hinsicht als auch hinsichtlich der vorgesehenen Sanktionen, die Quotenmuffeln drohen.
Denn würde der Entwurf zum Gesetz, hätten die betroffenen Unternehmen mehr als genug Zeit, sich auf die neue Rechtslage einzustellen.
Und auch die für den Fall des Gesetzesverstoßes „drohenden“ finanziellen Strafen sind für Großunternehmen eher symbolisch: Die steuerlichen Nachteile, die in der wegfallenden Abzugsfähigkeit der Aufsichtsratsgehälter liegen, sind sehr gering und könnten von den betroffenen Unternehmen ohne weiteres verkraftet werden. Immerhin sieht der Entwurf vor, dass die Unternehmen öffentlich machen müssen, in welchem Grad sie die gesetzliche Quote umgesetzt haben, so dass sie schlechte Presse befürchten müssen.
An dieser Stelle könnte man dem Entwurf Halbherzigkeit vorwerfen. Das wäre aber angesichts der gegebenen politischen Kräfteverhältnisse und der derzeitigen rechtlichen Ausgangslage unrealistisch. Denn immerhin würden mit dem vom Bundesrat vorgeschlagenen Gesetz nach jahrelangen Diskussionen endlich einmal gesetzlich festgeschriebene Frauenquoten auch in Deutschland eingeführt.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierungsverbote - Geschlecht
- Arbeitsrecht aktuell: 20/099 Gender Lifetime Earnings Gap
- Arbeitsrecht aktuell: 13/277 Bleibt die Steuerklasse V?
- Arbeitsrecht aktuell: 11/209a Gesetzliche Frauenquote in DAX-Unternehmen
- Arbeitsrecht aktuell: 11/127 Frauendiskriminierung: Geldentschädigung im Berliner Sony-Fall
Letzte Überarbeitung: 4. Januar 2021
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