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Festsetzung der Bonushöhe durch das Gericht
05.08.2016. Muss der Arbeitgeber entsprechend einer arbeitsvertraglichen Bonusvereinbarung die Höhe eines Bonus nach seinem Ermessen festsetzen, ist eine einseitig zu seinen Gunsten ausfallende Festsetzung unverbindlich. Dann entscheidet das Arbeitsgericht über die Bonushöhe.
In einem solchen Prozess hilft es dem Arbeitgeber nicht, sich über nur ihm bekannte Tatsachen auszuschweigen, die für die Bonushöhe entscheidend sind, d.h. über das im Bonustopf vorhandene Geld, über wirtschaftliche Kennzahlen, über Bewertungskriterien usw.
Da ein solches Mauern nicht zulasten des Arbeitnehmers gehen kann, muss das Gericht in solchen Fällen die Bonushöhe nach Aktenlage schätzen, so das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem vorgestern ergangenen Urteil: BAG, Urteil vom 03.08.2016, 10 AZR 710/14 (Pressemeldung des Gerichts).
- Auf welcher Tatsachengrundlage können die Arbeitsgerichte die Höhe eines Bonus festsetzen, wenn der Arbeitgeber mauert?
- Bankangestellter klagt auf Zahlung eines Bonus, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der aber mindestens 52.480,00 EUR betragen soll
- BAG: Legt das Gericht einen Bonus anstelle des Arbeitgebers gemäß § 315 Abs.3 BGB fest und schweigt der Arbeitgeber zu maßgeblichen Faktoren, geht das nicht zu Lasten des Arbeitnehmers
Auf welcher Tatsachengrundlage können die Arbeitsgerichte die Höhe eines Bonus festsetzen, wenn der Arbeitgeber mauert?
Variable Vergütungsbestandteile wie Boni, Provisionen, Tantiemen oder Zielvereinbarungsprämien sind weit verbreitet. Ob sie gezahlt werden und wenn ja in welcher Höhe, hängt je nach Vereinbarung
- von den Leistungen und dem Verhalten des einzelnen Arbeitnehmers ab, und/oder
- von den Erfolgen seines Teams oder Betriebs und/oder
- vom Unternehmenserfolg.
Da diese Faktoren kaum "objektiv" zu messen sind, sehen viele Arbeitsverträge vor, dass der Arbeitgeber die Höhe des Bonus nach "billigem Ermessen" festzulegen hat.
Dann muss der Arbeitgeber als Schuldner des Zahlungsanspruchs eine rechtsverbindliche Bestimmung darüber treffen, wie hoch seine eigene Zahlungspflicht sein soll. Hier gilt § 315 Abs.3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), der folgende Regelung enthält:
"Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird."
Im Klartext heißt das: Der Arbeitgeber muss die wesentlichen Umstände im konkreten Fall abwägen und die Interessen des Arbeitnehmers angemessen berücksichtigen (BAG, Urteil vom 12.10.2011, 10 AZR 756/10, S.8). Legt er den Bonus einseitig nach seinen Interessen fest, also z.B. auf null, ist die Festlegung unfair ("unbillig") und daher unverbindlich. Dann muss das Arbeitsgericht die Bonushöhe bestimmen.
An dieser Stelle hat das Gericht aber oft das Problem, dass es die Faktoren nicht kennt, von denen die Höhe des Bonus entsprechend den Bonusregelungen abhängt. Und der Arbeitgeber schweigt sich dazu aus oder macht Angaben, die nicht weiterhelfen:
Der zur Verfügung stehende Bonuspool war zum Zeitpunkt der Ermessensentscheidung leer (obwohl andere Arbeitnehmer Boni erhalten haben). Die begünstigten Arbeitnehmer waren mit dem Kläger nicht vergleichbar (obwohl sie ähnliche Aufgaben hatten). Und schließlich waren die Leistungen des Arbeitnehmers im Abrechnungsjahr grottenschlecht (obwohl sie noch im Jahr zuvor als gut oder sehr gut bewertet wurden).
Hier stellt sich die Frage, ob das Gericht aufgrund der notgedrungen recht ungenauen Angaben des klagenden Arbeitnehmers eine Schätzung der Bonushöhe unter Berufung auf § 287 Abs.2 Zivilprozessordnung (ZPO) vornehmen kann. Diese Vorschrift wird aber bisher von den Zivilgerichten sehr vorsichtig ("restriktiv") ausgelegt bzw. angewendet.
Bankangestellter klagt auf Zahlung eines Bonus, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der aber mindestens 52.480,00 EUR betragen soll
Im Streitfall hatte ein Managing Director einer internationalen Großbank geklagt, dem vertraglich zugesagt worden war, dass er am Bonussystem und/oder am Deferral Plan teilnehmen würde. Für das Geschäftsjahr 2009 bekam er einen garantierten Bonus von 200.000,00 EUR, für das nächste Jahr entweder 209.920,00 EUR (so der Kläger) oder nur 9.920,00 EUR. Da es für 2011 nichts gab, zog er vor Gericht.
Andere Arbeitnehmer hatten Boni erhalten, die sich überwiegend zwischen 25 Prozent und 50 Prozent der Vorjahres-Boni bewegten, so jedenfalls der Kläger. Auf dieser Grundlage verurteilte das Arbeitsgericht Frankfurt am Main (Urteil vom 21.08.2013, 14 Ca 4283/12) die Bank zur Zahlung von 78.720,00 EUR. Dabei legte es die rechnerische Mitte von 25 und 50 Prozent zugrunde, d.h. 37,5 Prozent, bezogen auf den Vorjahresbonus des Klägers von 209.920,00 EUR (den der Kläger behauptet, die Bank allerdings bestritten hatte).
Das Hessische Landesarbeitsgericht (LAG) als Berufungsgericht gab dann aber der Bank recht (Urteil vom 10.04.2014, 19 Sa 1266/13). Denn aus Sicht des LAG gab es keine ausreichende Tatsachengrundlage für eine Schätzung des Bonus gemäß § 287 Abs.2 ZPO. Es fehlten nämlich, so das LAG,
- Informationen über die maßgeblichen Bonuskriterien und deren Gewichtung zueinander,
- Informationen zu Geschäftsdaten,
- Informationen zu dem Bonusrahmen, der für den Kläger bzw. für dessen Abteilung zur Verfügung gestellt worden war,
- Informationen über die Höhe des Bonuspools, der zur Ausschüttung gelangen konnte.
Besonders bitter für den Banker: Er hatte in der ersten Instanz nicht nur auf Zahlung, sondern auch auf Auskunft über einige dieser Umstände geklagt, war mit dieser Klage aber abgewiesen worden. Diese Klagabweisung hatte er nicht mit der Berufung angegriffen und damit rechtskräftig werden lassen, wohl deshalb, weil das Arbeitsgericht ihm die eigentliche Bonuszahlung ja eh zugesprochen hatte.
BAG: Legt das Gericht einen Bonus anstelle des Arbeitgebers gemäß § 315 Abs.3 BGB fest und schweigt der Arbeitgeber zu maßgeblichen Faktoren, geht das nicht zu Lasten des Arbeitnehmers
Das BAG hob das LAG-Urteil auf und verwies die Sache zurück. Denn im Prinzip besteht der Bonusanspruch, so die Erfurter Richter. In der derzeit allein vorliegenden BAG-Pressemeldung heißt es dazu:
Da die Bank nicht begründet hatte, warum sie den Bonus für 2011 auf null festgesetzt hatte, war diese Festsetzung unverbindlich. Daher ist gemäß § 315 Abs.3 Satz 2 BGB das Gericht am Zuge, das sich dabei auf den Sachvortrag der Parteien zu stützen hat.
Schweigt der Arbeitgeber im Prozess zu maßgeblichen Faktoren, geht dies nicht zu Lasten des Arbeitnehmers, obwohl es bei diesen Fragen keine "Darlegungs- und Beweislast im prozessualen Sinn" gibt, so das BAG. Der Arbeitnehmer ist nicht gehalten, etwas zu der (ihm unbekannten) Höhe des Bonustopfes zu sagen oder den Arbeitgeber auf Auskunft zu verklagen.
Stattdessen haben die Gerichte die Bonushöhe "aufgrund der aktenkundig gewordenen Umstände (zB Höhe der Leistung in den Vorjahren, wirtschaftliche Kennzahlen, Ergebnis einer Leistungsbeurteilung) festzusetzen." Hier im Streitfall lagen dazu, anders als das LAG meinte, auch ausreichende Anhaltspunkte vor.
Ob es in Frankfurt ein happy end für den Banker gibt, ist noch offen, denn anscheinend geht das BAG davon aus, dass er für 2010 "nur" 9.920,00 EUR erhalten hatte. Das wäre keine besonders gute Ausgangslage für die gerichtliche Festsetzung des Bonus, die jetzt das LAG vornehmen muss.
Fazit: Das BAG hat mit dieser Entscheidung die Chancen von Arbeitnehmern, ihre Bonusansprüche gerichtlich durchzusetzen, deutlich verbessert, und zwar zurecht.
Denn dass der Arbeitgeber zur Festsetzung eines Jahresbonus nach Ermessen berechtigt ist, gibt ihm nicht das Recht zur willkürlichen Leistungsverweigerung. Sollen die Gerichte auf eine solche Verweigerungshaltung mit einer eigenen Bonusfestsetzung gemäß § 315 Abs.3 Satz 2 BGB reagieren, darf die Anwendung dieser Vorschrift nicht daran scheitern, dass sich der verklagte Arbeitgeber zu bonusrelevanten Tatsachen, die in seiner Sphäre liegen, ausschweigt.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 03.08.2016, 10 AZR 710/14 (Pressemeldung des Gerichts)
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 03.08.2016, 10 AZR 710/14
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12.10.2011, 10 AZR 756/10 (Bonusstreit in der Bankenkrise)
- Handbuch Arbeitsrecht: Bonus
- Handbuch Arbeitsrecht: Gratifikation
- Handbuch Arbeitsrecht: Provision
- Handbuch Arbeitsrecht: Tantieme
- Handbuch Arbeitsrecht: Zielvereinbarung
- Arbeitsrecht aktuell: 13/027 Anspruch auf Bonus bei Insolvenz
- Arbeitsrecht aktuell: 11/200 Bonus für Banker: BAG urteilt über Bonusstreit bei der ehemaligen Dresdner Bank
- Arbeitsrecht aktuell: 08/008 Bonuszahlung bei unterlassener Zielvereinbarung
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das BAG seine Entscheidungsgründe veröffentlicht. Das vollständig begründete Urteil des BAG finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 23. November 2017
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