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Bevorzugung von Gewerkschaftsmitgliedern durch Erholungsbeihilfen
27.05.2014. Von tariflich festgelegten Leistungen profitieren meist nicht nur Gewerkschaftsmitglieder, sondern auch Außenseiter, weil Arbeitgeber bei der Anwendung von Tarifverträgen in der Regel nicht danach unterscheiden, wer in der Gewerkschaft ist und wer nicht.
Zu einer solchen Differenzierung bei der Tarifanwendung zugunsten von Gewerkschaftsmitgliedern können Arbeitgeber auch nicht per Tarifvertrag gezwungen werden.
Allerdings können Arbeitgeber "freiwillig" etwas dafür tun, dass Sonderzahlungen wie eine Erholungsbeihilfe von 200,00 EUR allein Gewerkschaftsmitgliedern zugute kommen: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.05.2014, 4 AZR 50/13.
- Bevorzugung von Gewerkschaftsmitgliedern bei der Tarifanwendung - was geht, was geht nicht?
- Außenseiter verklagen Opel auf 200,00 EUR netto Erholungsbeihilfe
- BAG: Die Besserstellung von Gewerkschaftsmitgliedern aufgrund von Tarifverträgen verstößt nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz
Bevorzugung von Gewerkschaftsmitgliedern bei der Tarifanwendung - was geht, was geht nicht?
Eigentlich stehen tarifliche Leistungen nur Gewerkschaftsmitgliedern zu, denn Tarifverträge gelten nur dann unmittelbar und zwingend für ein Arbeitsverhältnis, wenn der Arbeitnehmer Mitglied der Gewerkschaft ist und wenn der Arbeitgeber ebenfalls tarifgebunden ist, d.h. wenn er Mitglied im Arbeitgeberverband ist oder einen Firmentarifvertrag selbst abgeschlossen hat, § 4 Abs.1 Tarifvertragsgesetz (TVG) in Verbindung mit § 3 Abs.1 TVG.
Auf diese gesetzliche Tarifbindung kommt es aber in den meisten Fällen gar nicht an, denn tarifgebundene Arbeitgeber schreiben in ihre Arbeitsverträgen meist hinein, dass sich das Arbeitsverhältnis nach Tarif richtet, und dann können auch Nichtgewerkschaftsmitglieder ("Außenseiter") tarifliche Bezahlung verlangen. Anspruchsgrundlage ist dann zwar nicht der Tarifvertrag in Verbindung mit dem TVG, sondern die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel, aber das ist im Ergebnis egal.
Für die Gewerkschaften ist diese Gleichmacherei ärgerlich, denn wozu noch der Gewerkschaft beitreten und Beiträge zahlen, wenn die tariflichen Leistungen eh allen zugute kommen?
Abhilfe schaffen hier tarifliche Differenzierungsklauseln, die bestimmte Tarifleistungen ausdrücklich Gewerkschaftsmitgliedern vorbehalten. In einem solchen Fall haben Außenseiter erst einmal keinen Anspruch auf die Leistung. Auch dann ist es dem Arbeitgeber aber nicht verboten, sie gleichwohl, d.h. freiwillig zu gewähren.
Erst dann, wenn ein Tarifvertrag es dem Arbeitgeber ausdrücklich verbietet, tarifliche Leistung Außenseitern zukommen zu lassen, wäre aus gewerkschaftlicher Sicht eine effektive Differenzierung abgesichert. Der Schönheitsfehler solcher "qualifizierten Differenzierungsklauseln" besteht allerdings darin, dass sie nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) rechtlich unzulässig sind (BAG, Urteil vom 23.03.2011, 4 AZR 366/09, wir berichteten in: Arbeitsrecht aktuell: 11/075 Kein tarifvertraglicher Zwang zur Besserstellung von Gewerkschaftsmitgliedern).
Vor diesem Hintergrund versuchen Gewerkschaften manchmal, Arbeitgebern die Gleichbehandlung von Außenseitern praktisch so schwer wie möglich zu machen, indem sie trickreiche Auszahlungsumwege beschreiten. Ein solcher Umweg ist der Beitritt des Arbeitgebers zu einem gewerkschaftsnahen Verein, der dann bestimmte Einmalzahlungen wie zum Beispiel Urlaubsbeihilfen an Gewerkschaftsangehörige auszahlt.
Fraglich ist, ob so etwas gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verstößt.
Außenseiter verklagen Opel auf 200,00 EUR netto Erholungsbeihilfe
Im Streitfall hatte die Industriegewerkschaft (IG) Metall 2010 mit Opel einen Sanierungstarifvertrag vereinbart, der eine vorübergehende Aussetzung von Tariflohnerhöhungen und eine vorübergehende Halbierung des Urlaubsgeldes und des Weihnachtsgeldes vorsah.
Im Zuge dieser erheblichen Zugeständnisse der Arbeitnehmerseite handelte die IG Metall ein kleines Bonbon für ihre Mitglieder aus, nämlich eine Erholungsbeihilfe von etwa 200,00 EUR netto, die ein ihr nahestehender Verein, der Saarverein, ausschließlich an IG-Metall-Mitglieder auszahlen sollte. Das dazu nötige Geld, 8,5 Mio. Euro, bekam der Verein als einmaligen Mitgliedsbeitrag von Opel.
Die Auszahlung der Erholungsbeihilfe sollte für die begünstigten IG-Metaller gemäß § 40 Abs.2 Satz 1 Nr.3 Einkommensteuergesetz (EStG) steuerfrei sein, d.h. die Steuern sollte der Verein drauflegen. Bei einem solchen Vorgehen fallen auch keine Sozialabgaben an, d.h. eine solche Erholungsbeihilfe ist für die Arbeitnehmer "brutto gleich netto" (§ 1 Abs.1 Satz 1 Nr.3 Verordnung über die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von Zuwendungen des Arbeitgebers als Arbeitsentgelt - SvEV).
Einige Außenseiter fühlten sich grundlos benachteiligt und verklagen Opel auf Zahlung der 200,00 EUR netto Erholungsbeihilfe, wobei sie sich auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz beriefen.
Das Arbeitsgericht Darmstadt gab den Klägern Recht (unter anderem mit Urteil vom 08.12.2011, 10 Ca 217/11), weil es den Gleichbehandlungsgrundsatz als verletzt ansah. Dagegen hob das Hessische Landesarbeitsgericht (LAG) die Urteile auf und wies die Klagen ab (unter anderem mit Urteil vom 19.11.2012, 17 Sa 285/12).
BAG: Die Besserstellung von Gewerkschaftsmitgliedern aufgrund von Tarifverträgen verstößt nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz
Auch in Erfurt hatten die klagenden Nichtgewerkschaftsmitglieder kein Glück, denn nach Ansicht des BAG war die Bevorzugung der IG-Metaller bei der Urlaubsbeihilfe rechtens. Zur Begründung heißt es in der derzeit allein vorliegenden BAG-Pressemeldung:
Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz findet von vornherein keine Anwendung, wenn ein Arbeitgeber mit einer Gewerkschaft vereinbart, für deren Mitglieder bestimmte Zusatzleistungen zu erbringen, so das BAG. Denn aufgrund der "Angemessenheitsvermutung von Verträgen tariffähiger Vereinigungen" dürfen Gerichte die Vereinbarungen nicht auf der Grundlage des Gleichbehandlungsgrundsatzes überprüfen.
Die Entscheidung konnte kaum anders ausfallen, da es Opel auf der Grundlage der hier mit der IG Metall getroffenen Vereinbarungen rechtlich nicht verboten war, auch die Außenseiter zu begünstigen. Faktisch wäre das aber nur schwer möglich gewesen, denn sobald der Arbeitgeber die Verteilung einer Sonderzahlung einem Verein oder (was auch zulässig wäre) der Gewerkschaft überlässt, müsste er die Belegschaft gezielt danach fragen, wer in der Gewerkschaft ist und wer nicht. Und genau das wollen Arbeitgeber vermeiden.
Fazit: Wenn es die Gewerkschaft darauf anlegt sicherzustellen, dass bestimmte Sonderzahlungen allein ihren Mitgliedern zugute kommen, bietet sich bei größeren Arbeitgebern der Umweg über einen Verein an. Praktisch wird so etwas allerdings nur bei Großunternehmen in Betracht kommen, denn ansonsten lohnt sich der Verwaltungsaufwand kaum.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.05.2014, 4 AZR 50/13 (BAG-Pressemeldung)
- Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 19.11.2012, 17 Sa 285/12
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.03.2011, 4 AZR 366/09
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag und allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) - Bezugnahmeklausel
- Handbuch Arbeitsrecht: Gleichbehandlungsgrundsatz
- Handbuch Arbeitsrecht: Lohn und Gehalt
- Handbuch Arbeitsrecht: Tarifvertrag
- Arbeitsrecht aktuell: 18/199 Streikprämien sind rechtmäßig
- Arbeitsrecht aktuell: 15/098 Bevorzugung von Gewerkschaftsmitgliedern durch Stichtagsregelungen
- Arbeitsrecht aktuell: 11/075 Kein tarifvertraglicher Zwang zur Besserstellung von Gewerkschaftsmitgliedern
- Arbeitsrecht aktuell: 11/039 Kontrolle arbeitsvertraglicher Bestimmungen bei Verweis auf einen Tarifvertrag
- Arbeitsrecht aktuell: 10/188 Bezugnahmeklauseln beenden Nachwirkung eines Tarifvertrages
- Arbeitsrecht aktuell: 09/177 Bindung an alternativ geltenden Tarifvertrag nach Austritt des Arbeitgebers aus dem Verband
- Arbeitsrecht aktuell: 09/120 Keine Vereinbarung zulasten des Arbeitnehmers vor Ablauf des Tarifvertrages
- Arbeitsrecht aktuell: 09/076 Besserstellung von Gewerkschaftsmitgliedern durch tarifliche Differenzierungsklauseln
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das BAG seine Entscheidungsgründe veröffentlicht. Das vollständig begründete Urteil des BAG finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 15. August 2018
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