HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

 

EuGH, Ur­teil vom 26.11.2014, C-22/13 C-61/13 C‑62/13 C‑63/13 C-418/13 - Mas­co­lo

   
Schlagworte: Befristung: EU-Recht, Befristung: Missbrauch
   
Gericht: Europäischer Gerichtshof
Aktenzeichen: C-22/13
C-61/13
C‑62/13
C‑63/13
C-418/13
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 26.11.2014
   
Leitsätze: Paragraf 5 Abs. 1 der am 18. März 1999 geschlossenen Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der in den Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, die bis zum Abschluss von Auswahlverfahren zur Einstellung von planmäßigem Personal der staatlichen Schulen die Verlängerung befristeter Arbeitsverträge zur Besetzung freier und verfügbarer Planstellen für Lehrkräfte sowie Verwaltungs-, technisches und Hilfspersonal zulässt, ohne einen genauen Zeitplan für den Abschluss dieser Auswahlverfahren anzugeben und unter Ausschluss jeder Möglichkeit für diese Lehrkräfte und dieses Personal, Ersatz für den ihnen durch eine solche Vertragsverlängerung möglicherweise entstandenen Schaden zu erhalten. Dieser Regelung lassen sich nämlich, vorbehaltlich der von den vorlegenden Gerichten vorzunehmenden Prüfungen, keine objektiven und transparenten Kriterien für die Prüfung entnehmen, ob die Verlängerung dieser Verträge tatsächlich einem echten Bedarf entspricht und zur Erreichung des verfolgten Ziels geeignet und erforderlich ist, und sie enthält auch keine andere Maßnahme zur Vermeidung und Ahndung eines missbräuchlichen Rückgriffs auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge.
Vorinstanzen: Tribunale di Napoli (Italien)
Corte costituzionale (Italien)
   

UR­TEIL DES GERICH­TSHOFS (Drit­te Kam­mer)

26. No­vem­ber 2014(*)

„Vor­la­ge zur Vor­ab­ent­schei­dung - So­zi­al­po­li­tik - EGB-UN­ICE-CEEP-Rah­men­ver­ein­ba­rung über be­fris­te­te Ar­beits­verträge - Auf­ein­an­der­fol­gen­de be­fris­te­te Verträge - Un­ter­richts­we­sen - Öffent­li­cher Sek­tor - Ver­tre­tun­gen bei verfügba­ren frei­en Stel­len bis zum Ab­schluss von Aus­wahl­ver­fah­ren - Pa­ra­graf 5 Nr. 1 - Maßnah­men zur Ver­mei­dung von Miss­brauch durch be­fris­te­te Ar­beits­verträge - Be­griff ‚sach­li­che Gründe‘, die sol­che Verträge recht­fer­ti­gen - Sank­tio­nen - Ver­bot der Um­wand­lung in ein un­be­fris­te­tes Ar­beits­verhält­nis - Feh­len ei­nes Scha­dens­er­satz­an­spruchs“

In den ver­bun­de­nen Rechts­sa­chen C-22/13, C-61/13 bis C-63/13 und C-418/13

be­tref­fend Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chen nach Art. 267 AEUV, ein­ge­reicht zum ei­nen vom Tri­bu­na­le di Na­po­li (Ita­li­en) mit Ent­schei­dun­gen vom 2., 15. und 29. Ja­nu­ar 2013, beim Ge­richts­hof ein­ge­gan­gen am 17. Ja­nu­ar (C-22/13) und am 7. Fe­bru­ar 2013 (C-61/13 bis C-63/13), und zum an­de­ren von der Cor­te co­sti­tu­zio­na­le (Ita­li­en) mit Ent­schei­dung vom 3. Ju­li 2013, beim Ge­richts­hof ein­ge­gan­gen am 23. Ju­li 2013 (C-418/13), in den Ver­fah­ren

Raf­fa­el­la Mas­co­lo (C-22/13),

Al­ba For­ni (C-61/13),

Im­ma­co­la­ta Rac­ca (C-62/13)

ge­gen

Mi­nis­te­ro dell’Istru­zio­ne, dell’Uni­ver­sità e del­la Ri­cer­ca,

Be­tei­lig­te:

Fe­dera­zio­ne Gil­da-Un­ams,

Fe­dera­zio­ne La­vora­to­ri del­la Co­no­s­cen­za (FLC CGIL),

Con­fe­dera­zio­ne Ge­ne­ra­le Ita­lia­na del La­voro (CGIL),

und

For­tu­na Rus­so

ge­gen

Co­mu­ne di Na­po­li (C-63/13)

und

Car­la Na­po­li­ta­no,

Sal­va­to­re Per­rel­la,

Gae­ta­no Ro­ma­no,

Do­na­tel­la Citta­di­no,

Gem­ma Zan­ga­ri

ge­gen

Mi­nis­te­ro dell’Istru­zio­ne, dell’Uni­ver­sità e del­la Ri­cer­ca (C-418/13)

erlässt

DER GERICH­TSHOF (Drit­te Kam­mer)

un­ter Mit­wir­kung des Kam­mer­präsi­den­ten M. Ilešič, des Rich­ters A. Ó Cao­imh (Be­richt­er­stat­ter), der Rich­te­rin C. Toa­der so­wie der Rich­ter E. Ja­rašiūnas und C. G. Fern­lund,

Ge­ne­ral­an­walt: M. Sz­pu­nar,

Kanz­ler: L. Car­ras­co Mar­co, Ver­wal­tungsrätin,

auf­grund des schrift­li­chen Ver­fah­rens und auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 27. März 2014,

un­ter Berück­sich­ti­gung der Erklärun­gen

- von Frau Mas­co­lo, ver­tre­ten durch M. Am­bron, P. Am­bron, L. Mar­ti­no, V. De Mi­che­le, S. Gal­lea­no und N. Zam­pie­ri, av­vo­ca­ti (C-22/13),

- von Frau For­ni, ver­tre­ten durch M. Am­bron, P. Am­bron, L. Mar­ti­no, M. Mi­scio­ne, F. Vis­co und R. Ga­ro­fa­lo, av­vo­ca­ti (C-61/13),

- von Frau Rac­ca, ver­tre­ten durch M. Am­bron, P. Am­bron, L. Mar­ti­no, R. Co­sio, R. Ruoc­co und F. Chie­te­ra, av­vo­ca­ti (C-62/13),

- von Frau Rus­so, ver­tre­ten durch P. Es­po­si­to, av­vo­ca­tes­sa (C-63/13),

- von Frau Na­po­li­ta­no, Herrn Per­rel­la und Herrn Ro­ma­no, ver­tre­ten durch D. Bal­bi und A. Cop­po­la, av­vo­ca­ti (C-418/13),

- von Frau Citta­di­no und Frau Zan­ga­ri, ver­tre­ten durch T. de Gran­dis und E. Squil­la­ci, av­vo­ca­ti (C-418/13),

- der Fe­dera­zio­ne Gil­da-Un­ams, ver­tre­ten durch T. de Gran­dis, av­vo­ca­to (C-62/13),

- der Fe­dera­zio­ne La­vora­to­ri del­la Co­no­s­cen­za (FLC CGIL), ver­tre­ten durch V. An­gio­li­ni, F. Ame­ri­co und I. Bar­s­an­ti Mau­ce­ri, av­vo­ca­ti (C-62/13),

- der Con­fe­dera­zio­ne Ge­ne­ra­le Ita­lia­na del La­voro (CGIL), ver­tre­ten durch A. An­d­reo­ni, av­vo­ca­to (C-62/13),

- der Co­mu­ne di Na­po­li, ver­tre­ten durch F. M. Fer­ra­ri und R. Sque­glia, av­vo­ca­ti (C-63/13),

- der ita­lie­ni­schen Re­gie­rung, ver­tre­ten durch G. Pal­mie­ri als Be­vollmäch­tig­te im Bei­stand von C. Ge­rar­dis und S. Va­ro­ne, av­vo­ca­ti del­lo Sta­to,

- der grie­chi­schen Re­gie­rung, ver­tre­ten durch D. Tsa­g­a­ra­ki und M. Tasso­pou­lou als Be­vollmäch­tig­te (C-418/13),

- der pol­ni­schen Re­gie­rung, ver­tre­ten durch B. Ma­jc­zy­na als Be­vollmäch­tig­ten (C-22/13 und C-61/13 bis C-63/13),

- der Eu­ropäischen Kom­mis­si­on, ver­tre­ten durch C. Cat­t­ab­ri­ga, D. Mar­tin und J. En­e­gren als Be­vollmäch­tig­te,

nach Anhörung der Schluss­anträge des Ge­ne­ral­an­walts in der Sit­zung vom 17. Ju­li 2014

fol­gen­des

Ur­teil

1 Die Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chen be­tref­fen die Aus­le­gung der Pa­ra­gra­fen 4 und 5 Nr. 1 der am 18. März 1999 ge­schlos­se­nen Rah­men­ver­ein­ba­rung über be­fris­te­te Ar­beits­verträge (im Fol­gen­den: Rah­men­ver­ein­ba­rung) im An­hang der Richt­li­nie 1999/70/EG des Ra­tes vom 28. Ju­ni 1999 zu der EGB-UN­ICE-CEEP-Rah­men­ver­ein­ba­rung über be­fris­te­te Ar­beits­verträge (ABl. L 175, S. 43), des Art. 2 Abs. 1 und 2 der Richt­li­nie 91/533/EWG des Ra­tes vom 14. Ok­to­ber 1991 über die Pflicht des Ar­beit­ge­bers zur Un­ter­rich­tung des Ar­beit­neh­mers über die für sei­nen Ar­beits­ver­trag oder sein Ar­beits­verhält­nis gel­ten­den Be­din­gun­gen (ABl. L 288, S. 32), des Grund­sat­zes der loya­len Zu­sam­men­ar­beit gemäß Art. 4 Abs. 3 EUV so­wie der all­ge­mei­nen uni­ons­recht­li­chen Grundsätze der Rechts­si­cher­heit, des Ver­trau­ens­schut­zes, der pro­zes­sua­len Waf­fen­gleich­heit, des ef­fek­ti­ven ge­richt­li­chen Rechts­schut­zes, des Rechts auf ein un­abhängi­ges Ge­richt und des Rechts auf ein fai­res Ver­fah­ren, die in Art. 6 Abs. 2 EUV in Ver­bin­dung mit Art. 6 der am 4. No­vem­ber 1950 in Rom un­ter­zeich­ne­ten Eu­ropäischen Kon­ven­ti­on zum Schutz der Men­schen­rech­te und Grund­frei­hei­ten (im Fol­gen­den: EM­RK) und den Art. 46, 47 und 52 Abs. 3 der Char­ta der Grund­rech­te der Eu­ropäischen Uni­on nie­der­ge­legt sind.
2 Die­se Er­su­chen er­ge­hen im Rah­men von Rechts­strei­tig­kei­ten zwi­schen ei­ner­seits Frau Mas­co­lo und acht wei­te­ren Ar­beit­neh­mern, die sämt­lich zum Per­so­nal öffent­li­cher Schu­len gehören, und an­de­rer­seits ih­ren je­wei­li­gen Ar­beit­ge­bern, bei de­nen es sich im Fall von acht die­ser Ar­beit­neh­mer um das Mi­nis­te­ro dell’Istru­zio­ne, dell’Uni­ver­sità e del­la Ri­cer­ca (Mi­nis­te­ri­um für Bil­dung, Hoch­schu­len und For­schung, im Fol­gen­den: Mi­nis­te­ri­um) und im Fall des neun­ten Ar­beit­neh­mers um die Co­mu­ne di Na­po­li (Ge­mein­de Nea­pel) han­delt, we­gen der Qua­li­fi­ka­ti­on der zwi­schen den Be­tei­lig­ten ge­schlos­se­nen Ar­beits­verträge.

Recht­li­cher Rah­men

Ge­mein­schafts­recht

Richt­li­nie 1999/70

3 Mit der auf Art. 139 Abs. 2 EG gestütz­ten Richt­li­nie 1999/70 soll gemäß de­ren Art. 1 „die zwi­schen den all­ge­mei­nen bran­chenüberg­rei­fen­den Or­ga­ni­sa­tio­nen [Eu­ropäischer Ge­werk­schafts­bund (EGB), Uni­on der In­dus­trie- und Ar­beit­ge­ber­verbände Eu­ro­pas (UN­ICE) und Eu­ropäischer Zen­tral­ver­band der öffent­li­chen Wirt­schaft (CEEP)] ge­schlos­se­ne Rah­men­ver­ein­ba­rung …, die im An­hang ent­hal­ten ist, durch­geführt wer­den“.
4 Pa­ra­graf 1 der Rah­men­ver­ein­ba­rung lau­tet:

„Die­se Rah­men­ver­ein­ba­rung soll:

a) durch An­wen­dung des Grund­sat­zes der Nicht­dis­kri­mi­nie­rung die Qua­lität be­fris­te­ter Ar­beits­verhält­nis­se ver­bes­sern;

b) ei­nen Rah­men schaf­fen, der den Miss­brauch durch auf­ein­an­der­fol­gen­de be­fris­te­te Ar­beits­verträge oder -verhält­nis­se ver­hin­dert.“

5 Pa­ra­graf 2 („An­wen­dungs­be­reich“) der Rah­men­ver­ein­ba­rung sieht vor:

„1. Die­se Ver­ein­ba­rung gilt für be­fris­tet beschäftig­te Ar­beit­neh­mer mit ei­nem Ar­beits­ver­trag oder -verhält­nis gemäß der ge­setz­lich, ta­rif­ver­trag­lich oder nach den Ge­pflo­gen­hei­ten in je­dem Mit­glied­staat gel­ten­den De­fi­ni­ti­on.

2. Die Mit­glied­staa­ten, nach Anhörung der So­zi­al­part­ner, und/oder die So­zi­al­part­ner können vor­se­hen, dass die­se Ver­ein­ba­rung nicht gilt für:

a) Be­rufs­aus­bil­dungs­verhält­nis­se und Aus­zu­bil­den­den­sys­te­me/Lehr­lings­aus­bil­dungs­sys­te­me;

b) Ar­beits­verträge und -verhält­nis­se, die im Rah­men ei­nes be­son­de­ren öffent­li­chen oder von der öffent­li­chen Hand un­terstütz­ten be­ruf­li­chen Aus­bil­dungs-, Ein­glie­de­rungs- oder Um­schu­lungs­pro­gramms ab­ge­schlos­sen wur­den.“

6 In Pa­ra­graf 3 („De­fi­ni­tio­nen“) der Rah­men­ver­ein­ba­rung heißt es:

„Im Sin­ne die­ser Ver­ein­ba­rung ist:

1. ,be­fris­tet beschäftig­ter Ar­beit­neh­merʻ ei­ne Per­son mit ei­nem di­rekt zwi­schen dem Ar­beit­ge­ber und dem Ar­beit­neh­mer ge­schlos­se­nen Ar­beits­ver­trag oder -verhält­nis, des­sen En­de durch ob­jek­ti­ve Be­din­gun­gen wie das Er­rei­chen ei­nes be­stimm­ten Da­tums, die Erfüllung ei­ner be­stimm­ten Auf­ga­be oder das Ein­tre­ten ei­nes be­stimm­ten Er­eig­nis­ses be­stimmt wird.

…“

7 Pa­ra­graf 4 („Grund­satz der Nicht­dis­kri­mi­nie­rung“) be­stimmt in Nr. 1:

„Be­fris­tet beschäftig[t]e Ar­beit­neh­mer dürfen in ih­ren Beschäfti­gungs­be­din­gun­gen nur des­we­gen, weil für sie ein be­fris­te­ter Ar­beits­ver­trag oder ein be­fris­te­tes Ar­beits­verhält­nis gilt, ge­genüber ver­gleich­ba­ren Dau­er­beschäftig­ten nicht schlech­ter be­han­delt wer­den, es sei denn, die un­ter­schied­li­che Be­hand­lung ist aus sach­li­chen Gründen ge­recht­fer­tigt.“

8 Pa­ra­graf 5 („Maßnah­men zur Ver­mei­dung von Miss­brauch“) der Rah­men­ver­ein­ba­rung lau­tet:

„1. Um Miss­brauch durch auf­ein­an­der­fol­gen­de be­fris­te­te Ar­beits­verträge oder -verhält­nis­se zu ver­mei­den, er­grei­fen die Mit­glied­staa­ten nach der ge­setz­lich oder ta­rif­ver­trag­lich vor­ge­schrie­be­nen oder in dem Mit­glied­staat übli­chen Anhörung der So­zi­al­part­ner und/oder die So­zi­al­part­ner, wenn kei­ne gleich­wer­ti­gen ge­setz­li­chen Maßnah­men zur Miss­brauchs­ver­hin­de­rung be­ste­hen, un­ter Berück­sich­ti­gung der An­for­de­run­gen be­stimm­ter Bran­chen und/oder Ar­beit­neh­mer­ka­te­go­ri­en ei­ne oder meh­re­re der fol­gen­den Maßnah­men:

a) sach­li­che Gründe, die die Verlänge­rung sol­cher Verträge oder Verhält­nis­se recht­fer­ti­gen;

b) die ins­ge­samt ma­xi­mal zulässi­ge Dau­er auf­ein­an­der­fol­gen­der Ar­beits­verträge oder -verhält­nis­se;

c) die zulässi­ge Zahl der Verlänge­run­gen sol­cher Verträge oder Verhält­nis­se.

2. Die Mit­glied­staa­ten, nach Anhörung der So­zi­al­part­ner, und/oder die So­zi­al­part­ner le­gen ge­ge­be­nen­falls fest, un­ter wel­chen Be­din­gun­gen be­fris­te­te Ar­beits­verträge oder Beschäfti­gungs­verhält­nis­se:

a) als, auf­ein­an­der­fol­gendʻ zu be­trach­ten sind;

b) als un­be­fris­te­te Verträge oder Verhält­nis­se zu gel­ten ha­ben.“

Richt­li­nie 91/533

9 Art. 2 Abs. 1 der Richt­li­nie 91/533 lau­tet:

„Der Ar­beit­ge­ber ist ver­pflich­tet, den un­ter die­se Richt­li­nie fal­len­den Ar­beit­neh­mer (im Fol­gen­den ‚Ar­beit­neh­mer‘ ge­nannt) über die we­sent­li­chen Punk­te des Ar­beits­ver­trags oder des Ar­beits­verhält­nis­ses in Kennt­nis zu set­zen.“

10 Nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. e die­ser Richt­li­nie be­trifft die Un­ter­rich­tung des Ar­beit­neh­mers, wenn der Ar­beits­ver­trag oder das Ar­beits­verhält­nis be­fris­tet ist, u. a. die „vor­her­seh­ba­re Dau­er des Ar­beits­ver­trags oder des Ar­beits­verhält­nis­ses“.

Ita­lie­ni­sches Recht

11 Art. 117 Abs. 1 der Ver­fas­sung der Ita­lie­ni­schen Re­pu­blik sieht vor, dass „[d]ie ge­setz­ge­ben­de Ge­walt … vom Staat und den Re­gio­nen un­ter Be­ach­tung der Ver­fas­sung wie auch den sich aus dem [Uni­ons­recht] und den in­ter­na­tio­na­len Ver­pflich­tun­gen er­ge­ben­den Bin­dun­gen aus­geübt [wird]“.
12 In Ita­li­en ist der Rück­griff auf be­fris­te­te Verträge im öffent­li­chen Sek­tor im De­cre­to le­gis­la­tivo n. 165 - Nor­me ge­ne­ra­li sull’or­di­na­men­to del la­voro al­le di­pen­den­ze del­le ammi­nis­tra­zio­ni pubb­li­che (De­cre­to le­gis­la­tivo Nr. 165 über all­ge­mei­ne Vor­schrif­ten be­tref­fend die Re­ge­lung der Ar­beit in öffent­li­chen Ver­wal­tun­gen) vom 30. März 2001 (GURI Nr. 106, Supple­men­to or­di­na­rio, vom 9. Mai 2001, im Fol­gen­den: De­cre­to le­gis­la­tivo Nr. 165/2001) ge­re­gelt.
13 Art. 36 Abs. 5 die­ses De­cre­to le­gis­la­tivo in der durch die Leg­ge n. 102 - Con­ver­sio­ne in leg­ge, con mo­di­fi­ca­zio­ni, del de­cre­to-leg­ge 1° lug­lio 2009, n. 78, re­can­te prov­ve­di­men­ti an­ti­cri­si, nonché proro­ga di ter­mi­ni e del­la par­te­ci­pa­zio­ne ita­lia­na a mis­sio­ni in­ter­na­zio­na­li (Ge­setz Nr. 102 über die Ände­rung und Um­wand­lung des De­cre­to-leg­ge Nr. 78 vom 1. Ju­li 2009 über Maßnah­men zur Bekämp­fung der Kri­se so­wie die Verlänge­rung von Fris­ten und der ita­lie­ni­schen Teil­nah­me an in­ter­na­tio­na­len Mis­sio­nen) vom 3. Au­gust 2009 (GURI Nr. 179, Supple­men­to or­di­na­rio, vom 4. Au­gust 2009) geänder­ten Fas­sung sieht un­ter der Über­schrift „Fle­xi­ble ver­trag­li­che For­men der Ein­stel­lung und der Beschäfti­gung von Per­so­nal“ vor:

„Auf kei­nen Fall darf die Ver­let­zung zwin­gen­der Vor­schrif­ten über die Ein­stel­lung oder die Beschäfti­gung von Ar­beit­neh­mern durch die öffent­li­che Ver­wal­tung zur Be­gründung un­be­fris­te­ter Ar­beits­verhält­nis­se mit ihr führen, un­be­scha­det je­der Haf­tung oder Sank­ti­on. Der be­trof­fe­ne Ar­beit­neh­mer hat An­spruch auf Er­satz der Schäden, die sich aus der un­ter Ver­s­toß ge­gen zwin­gen­de Vor­schrif­ten er­brach­ten Ar­beits­leis­tung er­ge­ben …“

14 Den Vor­la­ge­ent­schei­dun­gen zu­fol­ge un­ter­lie­gen be­fris­te­te Ar­beits­verhält­nis­se in der öffent­li­chen Ver­wal­tung auch dem De­cre­to le­gis­la­tivo n. 368 - At­tua­zio­ne del­la di­ret­ti­va 1999/70/CE re­la­ti­va all’ac­cor­do qua­dro sul la­voro a tem­po de­ter­mi­na­to con­clu­so dall’UN­ICE, dal CEEP e dal CES (De­cre­to le­gis­la­tivo Nr. 368 zur Um­set­zung der Richt­li­nie 1999/70/EG zu der EGB-UN­ICE-CEEP-Rah­men­ver­ein­ba­rung über be­fris­te­te Ar­beits­verträge) vom 6. Sep­tem­ber 2001 (GURI Nr. 235 vom 9. Ok­to­ber 2001, im Fol­gen­den: De­cre­to le­gis­la­tivo Nr. 368/2001).
15 Art. 5 Abs. 4 bis die­ses De­cre­to le­gis­la­tivo lau­tet:

„Un­be­scha­det der Re­ge­lung für die Auf­ein­an­der­fol­ge von Verträgen nach den vor­ste­hen­den Absätzen und vor­be­halt­lich ab­wei­chen­der Be­stim­mun­gen in Ta­rif­verträgen, die auf lan­des­wei­ter, re­gio­na­ler oder be­trieb­li­cher Ebe­ne mit den im lan­des­wei­ten Ver­gleich re­präsen­ta­tivs­ten Ge­werk­schafts­or­ga­ni­sa­tio­nen ge­schlos­sen wur­den, gilt das Ar­beits­verhält­nis als un­be­fris­tet …, wenn auf­grund auf­ein­an­der­fol­gen­der be­fris­te­ter Verträge zur Ausübung ver­gleich­ba­rer Auf­ga­ben das Ar­beits­verhält­nis zwi­schen dem­sel­ben Ar­beit­ge­ber und dem­sel­ben Ar­beit­neh­mer ins­ge­samt die Dau­er von 36 Mo­na­ten ein­sch­ließlich Verlänge­run­gen und Er­neue­run­gen, un­abhängig von den Un­ter­bre­chungs­zeiträum­en zwi­schen den Verträgen, über­schrei­tet.“

16 Art. 10 Abs. 4 bis des De­cre­to le­gis­la­tivo Nr. 368/2001 in der durch Art. 9 Abs. 18 des De­cre­to-leg­ge Nr. 70 vom 13. Mai 2011 (im Fol­gen­den: De­cre­to-leg­ge Nr. 70/2011) geänder­ten Fas­sung, um­ge­wan­delt in das Ge­setz Nr. 106 vom 12. Ju­li 2011 (GURI Nr. 160 vom 12. Ju­li 2011), be­stimmt:

„[V]on der An­wen­dung des vor­lie­gen­den De­krets [sind] an­ge­sichts der Not­wen­dig­keit, die Kon­ti­nuität des Schul- und Er­zie­hungs­be­triebs auch bei vorüber­ge­hen­der Ab­we­sen­heit von Lehr­kräften so­wie von Hilfs-, von tech­ni­schem oder von Ver­wal­tungs­per­so­nal mit un­be­fris­te­tem oder be­fris­te­tem Ar­beits­verhält­nis zu gewähr­leis­ten, auch be­fris­te­te Verträge zur Zu­wei­sung von Ver­tre­tun­gen für Lehr­kräfte so­wie das Hilfs-, das tech­ni­sche und das Ver­wal­tungs­per­so­nal aus­ge­schlos­sen. Kei­nes­falls ist Art. 5 Abs. 4 bis des vor­lie­gen­den De­krets an­wend­bar.“

17 Hin­sicht­lich der Lehr­kräfte so­wie des Hilfs-, des tech­ni­schen und des Ver­wal­tungs­per­so­nals ist das be­fris­te­te Ar­beits­verhält­nis in Art. 4 der Leg­ge n. 124 - Dis­po­si­zio­ni ur­gen­ti in ma­te­ria di per­so­na­le sco­las­ti­co (Ge­setz Nr. 124 zur An­nah­me von Eil­be­stim­mun­gen im Be­reich des Schul­per­so­nals) vom 3. Mai 1999 (GURI Nr. 107 vom 10. Mai 1999) in der durch das De­cre­to-leg­ge Nr. 134 vom 25. Sep­tem­ber 2009 geänder­ten Fas­sung, mit Ände­run­gen um­ge­wan­delt in das Ge­setz Nr. 167 vom 24. No­vem­ber 2009 (GURI Nr. 274 vom 24. No­vem­ber 1999), ge­re­gelt (im Fol­gen­den: Ge­setz Nr. 124/1999). Nach den An­ga­ben des vor­le­gen­den Ge­richts in den Rechts­sa­chen C-22/13 und C-61/13 bis C-63/13 ist die­ses Ge­setz un­strei­tig nur auf vom Zen­tral­staat ver­wal­te­te Schu­len (im Fol­gen­den: staat­li­che Schu­len) an­wend­bar. Hin­ge­gen fin­det es kei­ne An­wen­dung auf ge­meind­li­che Schu­len, die wei­ter­hin dem De­cre­to le­gis­la­tivo Nr. 165/2001 und dem De­cre­to le­gis­la­tivo Nr. 368/2001 un­ter­lie­gen.
18 In Art. 4 des Ge­set­zes Nr. 124/1999 heißt es:

„1. Die Stel­len für Leh­rer und Un­ter­rich­ten­de, die tatsächlich bis zum 31. De­zem­ber frei und verfügbar sind und dies vor­aus­sicht­lich für das ge­sam­te Schul­jahr blei­ben wer­den, wer­den, falls ih­re Be­set­zung durch in Plan­stel­len ein­ge­wie­se­ne Lehr­kräfte des Per­so­nal­be­stands der Pro­vinz oder durch die Ver­wen­dung überzähli­gen Per­so­nals nicht möglich ist und so­fern die­se Stel­len nicht be­reits, aus wel­chem Rechts­grund auch im­mer, Dau­er­per­so­nal des Stel­len­plans zu­ge­wie­sen wur­den, bis zum Ab­schluss der Aus­wahl­ver­fah­ren zur Ein­stel­lung planmäßiger Lehr­kräfte durch die Zu­wei­sung von Jah­res­ver­tre­tun­gen ab­ge­deckt.

2. Be­setz­te Stel­len für Leh­rer und Un­ter­rich­ten­de, die zwi­schen dem 31. De­zem­ber und dem En­de des Schul­jahrs tatsächlich verfügbar wer­den, wer­den durch die Zu­wei­sung von be­fris­te­ten Ver­tre­tun­gen bis zum Schluss der Un­ter­richtstätig­kei­ten ab­ge­deckt. Un­ter­richts­stun­den, die zu­sam­men­ge­nom­men nicht zur Schaf­fung von Leh­rer- oder von Zeit­stel­len aus­rei­chen, wer­den in glei­cher Wei­se durch die Zu­wei­sung von be­fris­te­ten Ver­tre­tun­gen bis zum Schluss der Un­ter­richtstätig­kei­ten ab­ge­deckt.

3. In an­de­ren als den in den Abs. 1 und 2 vor­ge­se­he­nen Fällen wird mit­tels be­fris­te­ter Ver­tre­tun­gen vor­ge­gan­gen.

6. Bei der Zu­wei­sung von Jah­res- und von be­fris­te­ten Ver­tre­tun­gen bis zum Schluss der Un­ter­richtstätig­kei­ten ist die ständi­ge Rang­lis­te nach dem durch Art. 1 Abs. 6 des vor­lie­gen­den Ge­set­zes er­setz­ten Art. 401 des Tes­to uni­co [Ein­heits­text] her­an­zu­zie­hen.

11. Die Be­stim­mun­gen der vor­ste­hen­den Absätze sind auch auf das Hilfs-, das tech­ni­sche und das Ver­wal­tungs­per­so­nal an­zu­wen­den …

14 bis. Be­fris­te­te Verträge, die im Hin­blick auf die Zu­wei­sung der in den Abs. 1, 2 und 3 vor­ge­se­he­nen und zur Gewähr­leis­tung des kon­ti­nu­ier­li­chen Schul- und Er­zie­hungs­be­triebs er­for­der­li­chen Ver­tre­tun­gen ge­schlos­sen wer­den, können nur im Fall der Ein­wei­sung in ei­ne Plan­stel­le im Sin­ne der gel­ten­den Be­stim­mun­gen und auf der Grund­la­ge der Rang­lis­ten … in un­be­fris­te­te Ar­beits­verhält­nis­se um­ge­wan­delt wer­den.“

19 Nach Art. 1 des De­cre­to del Mi­nis­te­ro del­la pubb­li­ca is­tru­zio­ne, n. 131 (De­kret Nr. 131 des Bil­dungs­mi­nis­te­ri­ums), vom 13. Ju­ni 2007 (im Fol­gen­den: De­kret Nr. 131/2007) ob­lie­gen dem Lehr-, dem Ver­wal­tungs-, dem tech­ni­schen und dem Hilfs­per­so­nal staat­li­cher Schu­len dem­gemäß drei Auf­ga­ben:

- Jah­res­ver­tre­tun­gen für freie und verfügba­re Stel­len, so­weit die­se nicht be­setzt sind,

- be­fris­te­te Ver­tre­tun­gen bis zum En­de der Un­ter­richtstätig­keit für Stel­len, die nicht frei, aber doch verfügbar sind, und

- be­fris­te­te Ver­tre­tun­gen, so­weit sonst not­wen­dig, so­wie Kurz­zeit­ver­tre­tun­gen.

20 Die in Art. 4 Abs. 14 bis des Ge­set­zes Nr. 124/1999 ge­nann­te Ein­wei­sung in ei­ne Plan­stel­le ist in den Art. 399 und 401 des De­cre­to le­gis­la­tivo n. 297 - Tes­to uni­co del­le dis­po­si­zio­ni le­gis­la­ti­ve in ma­te­ria di is­tru­zio­ne (De­cre­to le­gis­la­tivo Nr. 297 über den Ein­heits­text der für das Un­ter­richts­we­sen gel­ten­den Rechts­vor­schrif­ten) vom 16. April 1994 (GURI Nr. 115, Supple­men­to or­di­na­rio, vom 19. Mai 1994, im Fol­gen­den: De­cre­to le­gis­la­tivo Nr. 297/1994) ge­re­gelt.
21 Art. 399 Abs. 1 die­ses De­cre­to le­gis­la­tivo be­stimmt:

„Die Lehr­kräfte in Kin­dergärten, Grund- und Se­kun­dar­schu­len, ein­sch­ließlich Kunst­gym­na­si­en und Kunst­schu­len, wer­den zu 50 % der je Schul­jahr verfügba­ren Stel­len im We­ge von Aus­wahl­ver­fah­ren auf­grund von Befähi­gungs­nach­wei­sen und Prüfun­gen und zu den übri­gen 50 % nach den ständi­gen Rang­lis­ten gemäß Art. 401 ein­ge­stellt.“

22 Art. 401 Abs. 1 und 2 des De­cre­to le­gis­la­tivo Nr. 297/1994 sieht vor:

„1. Die Rang­lis­ten zu Aus­wahl­ver­fah­ren, die für die Lehr­kräfte der Kin­dergärten, Grund- und Se­kun­dar­schu­len ein­sch­ließlich der Kunst­gym­na­si­en und Kunst­schu­len al­lein auf­grund von Befähi­gungs­nach­wei­sen durch­geführt wer­den, wer­den in ständi­ge Rang­lis­ten um­ge­wan­delt, die für die Ein­wei­sun­gen in ei­ne Plan­stel­le nach Art. 399 Abs. 1 her­an­zu­zie­hen sind.

2. Die ständi­gen Rang­lis­ten nach Abs. 1 wer­den in re­gelmäßigen Zeitabständen ver­vollständigt durch Ein­tra­gung der Leh­rer, die die Prüfun­gen des letz­ten re­gio­na­len Aus­wahl­ver­fah­rens auf­grund von Befähi­gungs­nach­wei­sen und Prüfun­gen für die­sel­be Ka­te­go­rie von Aus­wahl­ver­fah­ren und die­sel­be Stel­le be­stan­den ha­ben, so­wie der Leh­rer, die ih­re Ver­set­zung von der ent­spre­chen­den ständi­gen Rang­lis­te ei­ner an­de­ren Pro­vinz be­an­tragt ha­ben. Mit der Ein­tra­gung der neu­en Be­wer­ber wird gleich­zei­tig die Rang­fol­ge der be­reits in die ständi­ge Rang­lis­te auf­ge­nom­me­nen Be­wer­ber ak­tua­li­siert.“

Aus­gangs­ver­fah­ren und Vor­la­ge­fra­gen

Rechts­sa­chen C-2/13 und C-61/13 bis C-63/13

23 Frau Mas­co­lo, Frau For­ni, Frau Rac­ca und Frau Rus­so wur­den auf­grund auf­ein­an­der­fol­gen­der be­fris­te­ter Ar­beits­verträge ein­ge­stellt, die drei Erst­ge­nann­ten als Leh­re­rin­nen im Dienst des Mi­nis­te­ri­ums und die Letzt­ge­nann­te als Er­zie­he­rin für Kin­der­krip­pen und Kin­dergärten im Dienst der Co­mu­ne di Na­po­li. Auf­grund die­ser Verträge ar­bei­te­ten sie während fol­gen­der Zeiträume für ih­ren je­wei­li­gen Ar­beit­ge­ber: Frau Mas­co­lo 71 Mo­na­te über ei­nen Zeit­raum von neun Jah­ren (zwi­schen 2003 und 2012), Frau For­ni 50 Mo­na­te und 27 Ta­ge über ei­nen Zeit­raum von fünf Jah­ren (zwi­schen 2006 und 2011), Frau Rac­ca 60 Mo­na­te über ei­nen Zeit­raum von fünf Jah­ren (zwi­schen 2007 und 2012) und Frau Rus­so 45 Mo­na­te und 15 Ta­ge über ei­nen Zeit­raum von fünf Jah­ren (zwi­schen 2006 und 2011).
24

Da sie die­se auf­ein­an­der­fol­gen­den be­fris­te­ten Ar­beits­verträge als rechts­wid­rig an­sa­hen, wand­ten sich die Kläge­rin­nen der Aus­gangs­ver­fah­ren an das Tri­bu­na­le di Na­po­li mit dem Be­geh­ren, die­se Verträge in un­be­fris­te­te Ar­beits­verhält­nis­se um­zu­wan­deln und sie dem­gemäß in ei­ne Plan­stel­le ein­zu­wei­sen so­wie ih­nen die den Un­ter­bre­chungs­zeiträum­en zwi­schen dem Ab­lauf ei­nes Ver­trags und dem In­kraft­tre­ten des je­weils fol­gen­den Ver­trags ent­spre­chen­den Gehälter zu zah­len. Hilfs­wei­se be­an­trag­ten sie, den ent­stan­de­nen Scha­den zu er­set­zen.

25 Da Frau Rac­ca während des Ver­fah­rens auf­grund ih­res Vorrückens auf der ständi­gen Rang­lis­te in ei­ne Plan­stel­le ein­ge­wie­sen wur­de, änder­te sie ihr ursprüng­li­ches Kla­ge­be­geh­ren in ei­nen An­trag auf vol­le An­er­ken­nung ih­res Dienst­al­ters und auf Leis­tung von Scha­dens­er­satz.
26 Das Mi­nis­te­ri­um und die Co­mu­ne di Na­po­li ver­tre­ten hin­ge­gen die Auf­fas­sung, Art. 36 Abs. 5 des De­cre­to le­gis­la­tivo Nr. 165/2001 ver­bie­te je­de Um­wand­lung des Ar­beits­verhält­nis­ses. Art. 5 Abs. 4 bis des De­cre­to le­gis­la­tivo Nr. 368/2001 sei un­ter Berück­sich­ti­gung von des­sen Art. 10 Abs. 4 bis, der durch Art. 9 Abs. 18 des De­cre­to-leg­ge Nr. 70/2011 ein­geführt wor­den sei, nicht an­wend­bar. Die Kläge­rin­nen der Aus­gangs­ver­fah­ren hätten auch kei­nen An­spruch auf Scha­dens­er­satz, da das Ein­stel­lungs­ver­fah­ren rechtmäßig ge­we­sen sei und die Vor­aus­set­zun­gen für ei­ne rechts­wid­ri­ge Hand­lung je­den­falls nicht erfüllt sei­en. Sch­ließlich lie­ge auch kein Miss­brauch vor, da die be­fris­te­ten Ar­beits­verträge nicht mit­ein­an­der ver­bun­den ge­we­sen sei­en und da­her we­der ei­ne Fort­set­zung noch ei­ne Verlänge­rung der je­weils vo­ri­gen Verträge dar­stell­ten.
27 Das mit die­ser Kla­ge be­fass­te Tri­bu­na­le di Na­po­li weist ers­tens dar­auf hin, dass die in den Aus­gangs­ver­fah­ren frag­li­che na­tio­na­le Re­ge­lung ent­ge­gen der von der Cor­te su­pre­ma di cas­sa­zio­ne in ih­rem Ur­teil Nr. 10127/12 geäußer­ten Auf­fas­sung ge­gen Pa­ra­graf 5 der Rah­men­ver­ein­ba­rung ver­s­toße.
28 Die­se Re­ge­lung ent­hal­te nämlich kei­ne Ver­mei­dungs­maßnah­me im Sin­ne von Pa­ra­graf 5 Nr. 1 Buchst. a der Rah­men­ver­ein­ba­rung, da sie es nicht ermögli­che, kon­kret auf ob­jek­ti­ve und trans­pa­ren­te Wei­se zu prüfen, ob an ei­ner vorüber­ge­hen­den Ver­tre­tung ein ech­ter Be­darf be­ste­he, und es ent­spre­chend der aus­drück­li­chen Re­ge­lung des Art. 4 Abs. 1 des Ge­set­zes Nr. 124/1999 zu­las­se, be­fris­te­te Ar­beits­verträge zu verlängern, um ech­te freie Stel­len zu be­set­zen. Die Re­ge­lung ent­hal­te aber auch kei­ne Ver­mei­dungs­maßnah­me im Sin­ne von Nr. 1 Buchst. b die­ses Pa­ra­gra­fen. Art. 10 Abs. 4 bis des De­cre­to le­gis­la­tivo Nr. 368/2001 schließe nämlich nun­mehr die An­wen­dung von Art. 5 Abs. 4 bis die­ses De­cre­to le­gis­la­tivo, der ei­ne Um­wand­lung be­fris­te­ter Ar­beits­verträge, die ei­ne Ge­samt­dau­er von 36 Mo­na­ten über­schrit­ten, in un­be­fris­te­te Ar­beits­verträge vor­se­he, auf staat­li­che Schu­len aus. Zu­dem ent­hal­te die ge­nann­te Re­ge­lung kei­ne Ver­mei­dungs­maßnah­me im Sin­ne von Pa­ra­graf 5 Nr. 1 Buchst. c der Rah­men­ver­ein­ba­rung.
29 Über­dies sei­en kei­ne Sank­ti­ons­maßnah­men vor­ge­se­hen, da ei­ne Um­wand­lung be­fris­te­ter in un­be­fris­te­te Ar­beits­verträge nach Art. 4 Abs. 14 bis des Ge­set­zes Nr. 124/1999 nur in dem Fall möglich sei, dass ei­ne Ein­wei­sung in ei­ne Plan­stel­le auf­grund von Rang­lis­ten er­fol­ge. Außer­dem sei ein An­spruch auf Er­satz des durch die Auf­ein­an­der­fol­ge be­fris­te­ter Ar­beits­verträge ent­stan­de­nen Scha­dens eben­falls aus­ge­schlos­sen. Dem Ur­teil Nr. 10127/12 der Cor­te su­pre­ma di cas­sa­zio­ne zu­fol­ge sei Art. 36 Abs. 5 des De­cre­to le­gis­la­tivo Nr. 165/2001, der ei­nen sol­chen An­spruch im öffent­li­chen Sek­tor grundsätz­lich vor­se­he, dann nicht an­wend­bar, wenn die auf­ein­an­der­fol­gen­den be­fris­te­ten Ar­beits­verträge die in Art. 5 Abs. 4 bis des De­cre­to le­gis­la­tivo Nr. 368/2001 vor­ge­se­he­ne Höchst­dau­er von 36 Mo­na­ten über­stie­gen hätten.
30 Das vor­le­gen­de Ge­richt, das zu be­den­ken gibt, dass nur staat­li­che Schu­len be­rech­tigt sei­en, Per­so­nal be­fris­tet ein­zu­stel­len, oh­ne den Be­schränkun­gen des De­cre­to le­gis­la­tivo Nr. 368/2001 zu un­ter­lie­gen, was zu ei­ner Wett­be­werbs­ver­zer­rung zum Nach­teil der Pri­vat­schu­len führe, fragt sich zwei­tens, ob staat­li­che Schu­len un­ter den Be­griff „be­stimm­te Bran­chen und/oder Ar­beit­neh­mer­ka­te­go­ri­en“ im Sin­ne von Pa­ra­graf 5 der Rah­men­ver­ein­ba­rung fal­len, was ei­ne an­de­re Ver­mei­dungs- und Sank­ti­ons­re­ge­lung im Fall des miss­bräuch­li­chen Ein­sat­zes auf­ein­an­der­fol­gen­der be­fris­te­ter Ar­beits­verträge recht­fer­ti­gen würde.
31 Drit­tens hält das vor­le­gen­de Ge­richt die Ver­ein­bar­keit der frag­li­chen na­tio­na­len Re­ge­lung mit Pa­ra­graf 4 der Rah­men­ver­ein­ba­rung für frag­lich, da die Re­ge­lung vor­se­he, dass ein im öffent­li­chen Sek­tor täti­ger Ar­beit­neh­mer, der wi­der­recht­lich be­fris­tet ein­ge­stellt wor­den sei, im Un­ter­schied zu ei­nem un­be­fris­tet ein­ge­stell­ten Ar­beit­neh­mer, der wi­der­recht­lich ent­las­sen wor­den sei, kei­nen An­spruch auf Er­satz des er­lit­te­nen Scha­dens ha­be.
32 In der Erwägung, dass die ita­lie­ni­sche Re­gie­rung in der dem Be­schluss Af­f­a­ta­to (C-3/10, EU:C:2010:574) zu­grun­de lie­gen­den Rechts­sa­che die Auf­fas­sung ver­tre­ten ha­be, Art. 5 Abs. 4 bis des De­cre­to le­gis­la­tivo Nr. 368/2001 sei auf den öffent­li­chen Sek­tor an­wend­bar, während die Cor­te su­pre­ma di cas­sa­zio­ne in ih­rem Ur­teil Nr. 10127/12 die ge­gen­tei­li­ge An­sicht ver­tre­ten ha­be, fragt sich das vor­le­gen­de Ge­richt vier­tens, ob sich die­se ir­ri­ge Aus­le­gung des na­tio­na­len Rechts durch die Re­gie­rung nicht in An­be­tracht des Grund­sat­zes der loya­len Zu­sam­men­ar­beit nun­mehr bei den na­tio­na­len Ge­rich­ten durch­set­zen dürf­te, wo­durch de­ren Ver­pflich­tung verstärkt wer­de, das na­tio­na­le Recht uni­ons­rechts­kon­form aus­zu­le­gen.
33 Fünf­tens fragt sich das Tri­bu­na­le di Na­po­li, ob die in Art. 5 Abs. 4 bis des De­cre­to le­gis­la­tivo Nr. 368/2001 vor­ge­se­he­ne Möglich­keit der Um­wand­lung ei­nes be­fris­te­ten in ei­nen un­be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trag zu den in Art. 2 Abs. 1 und 2 Buchst. e der Richt­li­nie 91/533 ge­nann­ten In­for­ma­tio­nen gehört, die der Ar­beit­ge­ber dem Ar­beit­neh­mer zur Kennt­nis brin­gen muss, und, wenn ja, ob der rück­wir­ken­de Aus­schluss der An­wen­dung des Art. 5 Abs. 4 bis auf staat­li­che Schu­len durch das De­cre­to-leg­ge Nr. 70/2011 mit die­ser Richt­li­nie im Ein­klang steht.
34 Sechs­tens fragt sich das vor­le­gen­de Ge­richt schließlich, ob ei­ne sol­che rück­wir­ken­de Ände­rung der na­tio­na­len Re­ge­lung, die zur Fol­ge ge­habt ha­be, dass dem Per­so­nal staat­li­cher Schu­len ein Recht, das ih­nen zum Zeit­punkt ih­rer Ein­stel­lung zu­ge­stan­den ha­be, ent­zo­gen wor­den sei, mit den all­ge­mei­nen Rechts­grundsätzen der Uni­on ver­ein­bar sei.
35 Un­ter die­sen Umständen hat das Tri­bu­na­le di Na­po­li das Ver­fah­ren aus­ge­setzt und dem Ge­richts­hof fol­gen­de Fra­gen zur Vor­ab­ent­schei­dung vor­ge­legt, wo­bei es die sieb­te Fra­ge nur in den Rechts­sa­chen C-61/13 und C-62/13 vor­ge­legt hat, während es in der Rechts­sa­che C-63/13 nur die zwei­te, die drit­te und die vier­te Fra­ge vor­ge­legt hat, die in die­ser Rechts­sa­che die ers­te, die zwei­te und die drit­te Fra­ge dar­stel­len:

1. Stel­len die dar­ge­leg­ten Rechts­vor­schrif­ten im Schul­be­reich ei­ne gleich­wer­ti­ge Maßnah­me im Sin­ne von Pa­ra­graf 5 der Richt­li­nie 1999/70 dar?

2. Wann ist ein Ar­beits­verhält­nis als Beschäfti­gung beim „Staat“ im Sin­ne von Pa­ra­graf 5 der Richt­li­nie 1999/70, ins­be­son­de­re auch im Hin­blick auf die Wen­dung „be­stimm­te Bran­chen und/oder Ar­beit­neh­mer­ka­te­go­ri­en“, an­zu­se­hen und da­her ge­eig­net, an­de­re Rechts­fol­gen als pri­va­te Ar­beits­verhält­nis­se zu recht­fer­ti­gen?

3. Um­fasst an­ge­sichts der Hin­wei­se in Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Richt­li­nie 2000/78/EG des Ra­tes vom 27. No­vem­ber 2000 zur Fest­le­gung ei­nes all­ge­mei­nen Rah­mens für die Ver­wirk­li­chung der Gleich­be­hand­lung in Beschäfti­gung und Be­ruf (ABl. L 303, S. 16) und in Art. 14 Abs. 1 Buchst. c der Richt­li­nie 2006/54/EG des Eu­ropäischen Par­la­ments und des Ra­tes vom 5. Ju­li 2006 zur Ver­wirk­li­chung des Grund­sat­zes der Chan­cen­gleich­heit und Gleich­be­hand­lung von Männern und Frau­en in Ar­beits- und Beschäfti­gungs­fra­gen (ABl. L 204, S. 23) der Be­griff „Beschäfti­gungs­be­din­gun­gen“ im Sin­ne von Pa­ra­graf 4 der Richt­li­nie 1999/70 auch die Fol­gen der rechts­wid­ri­gen Un­ter­bre­chung des Ar­beits­verhält­nis­ses, und ist es für den Fall der Be­ja­hung die­ser Fra­ge im Sin­ne die­ses Pa­ra­gra­fen 4 zu recht­fer­ti­gen, dass das in­ner­staat­li­che Recht für die rechts­wid­ri­ge Un­ter­bre­chung un­be­fris­te­ter und be­fris­te­ter Ar­beits­verhält­nis­se gewöhn­lich un­ter­schied­li­che Fol­gen vor­sieht?

4. Ver­bie­tet der Grund­satz der loya­len Zu­sam­men­ar­beit ei­nem Staat, in ei­nem die Aus­le­gung be­tref­fen­den Vor­ab­ent­schei­dungs­ver­fah­ren vor dem Ge­richts­hof in­ner­staat­li­che Rechts­vor­schrif­ten be­wusst un­rich­tig dar­zu­stel­len, und ist das Ge­richt in Er­man­ge­lung ei­ner ab­wei­chen­den Aus­le­gung des in­ner­staat­li­chen Rechts, die auch den aus der Uni­ons­zu­gehörig­keit re­sul­tie­ren­den Ver­pflich­tun­gen ent­spricht, ver­pflich­tet, die­ses Recht, so­fern möglich, im Ein­klang mit der vom Staat vor­ge­tra­ge­nen Aus­le­gung aus­zu­le­gen?

5. Um­fas­sen die nach der Richt­li­nie 91/533, ins­be­son­de­re ih­rem Art. 2 Abs. 1 und 2 Buchst. e, für ei­nen Ar­beits­ver­trag oder ein Ar­beits­verhält­nis gel­ten­den Be­din­gun­gen die An­ga­be, in wel­chen Fällen sich ein be­fris­te­ter Ar­beits­ver­trag in ei­nen un­be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trag um­wan­deln kann?

6. Für den Fall der Be­ja­hung der vor­ste­hen­den Fra­ge: Wi­der­spricht ei­ne rück­wir­ken­de Ände­rung des recht­li­chen Rah­mens, nach der nicht gewähr­leis­tet ist, dass der Ar­beit­neh­mer sei­ne Rech­te aus der Richt­li­nie 91/533 gel­tend ma­chen oder die Ein­hal­tung der in sei­nem Ein­stel­lungs­do­ku­ment an­geführ­ten Ar­beits­be­din­gun­gen ver­lan­gen kann, Art. 8 Abs. 1 die­ser Richt­li­nie so­wie den in ihr und ins­be­son­de­re ih­rem zwei­ten Erwägungs­grund erwähn­ten Zie­len?

7. Sind die gel­ten­den all­ge­mei­nen uni­ons­recht­li­chen Grundsätze der Rechts­si­cher­heit, des Ver­trau­ens­schut­zes, der pro­zes­sua­len Waf­fen­gleich­heit und des ef­fek­ti­ven ge­richt­li­chen Rechts­schut­zes so­wie des Rechts auf ein un­abhängi­ges Ge­richt und, all­ge­mei­ner, auf ein fai­res Ver­fah­ren, die in Art. 6 EUV in Ver­bin­dung mit Art. 6 EM­RK und den Art. 46, 47 und 52 Abs. 3 der Char­ta der Grund­rech­te der Uni­on verbürgt sind, da­hin aus­zu­le­gen, dass sie im An­wen­dungs­be­reich der Richt­li­nie 1999/70 dem ent­ge­gen­ste­hen, dass der ita­lie­ni­sche Staat nach ei­ner er­heb­li­chen Zeit­span­ne (drei Jah­re und sechs Mo­na­te) ei­ne Rechts­vor­schrift wie Art. 9 des durch das Ge­setz Nr. 106 vom 12. Ju­li 2011 in ein Ge­setz um­ge­wan­del­ten De­cre­to-leg­ge Nr. 70/2011 erlässt, die Abs. 4 bis in Art. 10 des De­cre­to le­gis­la­tivo Nr. 368/2001 ein­gefügt hat und ge­eig­net ist, die Fol­gen anhängi­ger Ge­richts­ver­fah­ren zu verändern, wo­durch der Ar­beit­neh­mer zum Vor­teil des Staa­tes als Ar­beit­ge­ber un­mit­tel­bar geschädigt und die im in­ner­staat­li­chen Recht vor­ge­se­he­ne Möglich­keit, ei­ne miss­bräuch­li­che Auf­ein­an­der­fol­ge be­fris­te­ter Verträge zu ahn­den, aus­ge­schlos­sen wird?

36 Durch Be­schluss des Präsi­den­ten des Ge­richts­hofs vom 8. März 2013 sind die Rechts­sa­chen C-22/13 und C-61/13 bis C-63/13 zu ge­mein­sa­mem schrift­li­chen und münd­li­chen Ver­fah­ren und zu ge­mein­sa­mem Ur­teil ver­bun­den wor­den.

Rechts­sa­che C-418/13

37 Frau Na­po­li­ta­no, Frau Citta­di­no, Frau Zan­ga­ri, Herr Per­rel­la und Herr Ro­ma­no wur­den vom Mi­nis­te­ri­um mit auf­ein­an­der­fol­gen­den be­fris­te­ten Ar­beits­verträgen ein­ge­stellt, die vier Erst­ge­nann­ten als Leh­rer und der Letzt­ge­nann­te als Ver­wal­tungs­mit­ar­bei­ter. Aus den dem Ge­richts­hof un­ter­brei­te­ten An­ga­ben geht her­vor, dass sie für ih­re je­wei­li­gen Ar­beit­ge­ber während fol­gen­der Zeiträume ar­bei­te­ten: Herr Na­po­li­ta­no 55 Mo­na­te über ei­nen Zeit­raum von sechs Jah­ren (zwi­schen 2005 und 2010), Frau Citta­di­no 100 Mo­na­te über ei­nen Zeit­raum von zehn Jah­ren (zwi­schen 2002 und 2012), Frau Zan­ga­ri 113 Mo­na­te über ei­nen Zeit­raum von elf Jah­ren (zwi­schen 2001 und 2012), Herr Per­rel­la 81 Mo­na­te über ei­nen Zeit­raum von sie­ben Jah­ren (zwi­schen 2003 und 2010) und Herr Ro­ma­no 47 Mo­na­te über ei­nen Zeit­raum von vier Jah­ren.
38 Da sie die­se auf­ein­an­der­fol­gen­den be­fris­te­ten Ein­stel­lun­gen als rechts­wid­rig an­sa­hen, rie­fen die Kläger der Aus­gangs­ver­fah­ren das Tri­bu­na­le di Ro­ma bzw. das Tri­bu­na­le di La­me­zia Ter­me an und be­an­trag­ten, ih­re je­wei­li­gen Verträge in un­be­fris­te­te Ar­beits­verträge um­zu­wan­deln und sie dem­gemäß fest ein­zu­stel­len und ih­nen die den Un­ter­bre­chungs­zeiträum­en zwi­schen dem Ab­lauf ei­nes Ver­trags und dem In­kraft­tre­ten des je­weils fol­gen­den Ver­trags ent­spre­chen­den Gehälter zu zah­len. Hilfs­wei­se be­an­trag­ten auch sie den Er­satz des ent­stan­de­nen Scha­dens.
39 Das Tri­bu­na­le di Ro­ma und das Tri­bu­na­le di La­me­zia Ter­me ha­ben im Rah­men der bei ih­nen anhängi­gen Rechts­strei­tig­kei­ten die Fra­ge der Ver­ein­bar­keit von Art. 4 Abs. 1 und 11 des Ge­set­zes Nr. 124/1999 mit Pa­ra­graf 5 der Rah­men­ver­ein­ba­rung auf­ge­wor­fen, so­weit die­se na­tio­na­le Be­stim­mung der Ver­wal­tung un­be­grenzt er­lau­be, Lehr-, tech­ni­sches oder Ver­wal­tungs­per­so­nal zur Be­set­zung frei­er Stel­len im Stel­len­plan ei­ner Schu­le auf be­stimm­te Dau­er ein­zu­stel­len. Da die­se Fra­ge nach ih­rer An­sicht we­der im We­ge der uni­ons­rechts­kon­for­men Aus­le­gung be­ant­wor­tet wer­den konn­te, weil die ge­nann­te Be­stim­mung un­miss­verständ­lich for­mu­liert sei, noch im Sin­ne ih­rer Nicht­an­wen­dung, weil Pa­ra­graf 5 der Rah­men­ver­ein­ba­rung kei­ne un­mit­tel­ba­re Wir­kung ha­be, be­fass­ten sie im We­ge ei­nes Zwi­schen­ver­fah­rens die Cor­te co­sti­tu­zio­na­le (Ver­fas­sungs­ge­richts­hof) mit ei­nem Ver­fah­ren auf Über­prüfung der Ver­fas­sungsmäßig­keit des Art. 4 Abs. 1 und 11 des Ge­set­zes Nr. 124/1999 we­gen Ver­s­toßes ge­gen Art. 117 Abs. 1 der Ver­fas­sung der Ita­lie­ni­schen Re­pu­blik in Ver­bin­dung mit Pa­ra­graf 5 der Rah­men­ver­ein­ba­rung.
40 In ih­rer Vor­la­ge­ent­schei­dung stellt die Cor­te co­sti­tu­zio­na­le fest, dass die auf staat­li­che Schu­len an­wend­ba­re na­tio­na­le Re­ge­lung für be­fris­tet ein­ge­stell­tes Per­so­nal we­der ei­ne Ge­samthöchst­dau­er der auf­ein­an­der­fol­gen­den be­fris­te­ten Ar­beits­verträge noch ei­ne An­ga­be der höchst­zulässi­gen Zahl der Verlänge­run­gen im Sin­ne von Pa­ra­graf 5 Nr. 1 Buchst. b und c der Rah­men­ver­ein­ba­rung vor­se­he. Frag­lich sei in­des­sen, ob die­se Re­ge­lung nicht durch „sach­li­che Gründe“ im Sin­ne von Nr. 1 Buchst. a die­ses Pa­ra­gra­fen ge­recht­fer­tigt sein könn­te.
41 Die in den Aus­gangs­ver­fah­ren in Re­de ste­hen­de na­tio­na­le Re­ge­lung sei zu­min­dest im Grund­satz so struk­tu­riert, dass die Ein­stel­lung von Per­so­nal mit be­fris­te­ten Verträgen ei­nem sol­chen sach­li­chen Grund ent­spre­chen könne. Der Schul­dienst sei nämlich in­so­weit „auf Nach­fra­ge“ er­bring­bar, als das in der Ver­fas­sung der Ita­lie­ni­schen Re­pu­blik vor­ge­se­he­ne Grund­recht auf Bil­dung vor­aus­set­ze, dass der Staat die Er­brin­gung des Schul­diensts nicht ver­wei­gern könne und er die­sen des­halb so ein­zu­rich­ten ha­be, dass er der Ent­wick­lung der Schüler­zahl ständig an­ge­passt wer­den könne. Auf­grund die­ses grund­le­gen­den Fle­xi­bi­litätser­for­der­nis­ses sei die Ein­stel­lung zahl­rei­cher Lehr­kräfte und An­gehöri­ger des Per­so­nals staat­li­cher Schu­len auf­grund be­fris­te­ter Ar­beits­verträge un­ver­zicht­bar. Das Sys­tem der ständi­gen Rang­lis­ten stel­le ne­ben dem der öffent­li­chen Aus­wahl­ver­fah­ren zu­dem si­cher, dass bei der auf­grund sol­cher be­fris­te­ter Ar­beits­verträge er­folg­ten Per­so­nal­ein­stel­lung ob­jek­ti­ve Kri­te­ri­en be­ach­tet würden, und ver­schaf­fe die­sem Per­so­nal ei­ne re­el­le Aus­sicht auf Ein­wei­sung in ei­ne Dau­er­plan­stel­le.
42 Art. 4 Abs. 1 des Ge­set­zes Nr. 124/1999 se­he zwar kei­ne wie­der­hol­te Verlänge­rung be­fris­te­ter Ar­beits­verträge vor und schließe Scha­dens­er­satz­ansprüche nicht aus, las­se je­doch Jah­res­ver­tre­tun­gen für freie und verfügba­re Stel­len „bis zum Ab­schluss der Aus­wahl­ver­fah­ren zur Ein­stel­lung planmäßiger Lehr­kräfte“ zu. Die Aus­wahl­ver­fah­ren sei­en je­doch zwi­schen 2000 und 2011 un­ter­bro­chen ge­we­sen. Die ge­nann­te Be­stim­mung las­se so­mit er­ken­nen, dass ei­ne Verlänge­rung der be­fris­te­ten Ar­beits­verträge oh­ne vor­he­ri­ge Fest­le­gung ei­nes ge­nau­en Zeit­plans für den Ab­lauf der Aus­wahl­ver­fah­ren möglich sei. Die­ser Um­stand in Ver­bin­dung mit dem Feh­len ei­ner Be­stim­mung, die den Mit­ar­bei­tern staat­li­cher Schu­len, die wi­der­recht­lich auf­ein­an­der­fol­gen­den be­fris­te­ten Ar­beits­verträgen un­ter­wor­fen wor­den sei­en, ei­nen An­spruch auf Scha­dens­er­satz zu­er­ken­ne, könne ei­nen Ver­s­toß der Be­stim­mung ge­gen Pa­ra­graf 5 Abs. 1 der Rah­men­ver­ein­ba­rung be­gründen.
43 Un­ter die­sen Umständen hat die Cor­te co­sti­tu­zio­na­le das Ver­fah­ren aus­ge­setzt und dem Ge­richts­hof fol­gen­de Fra­gen zur Vor­ab­ent­schei­dung vor­ge­legt:

1. Ist Pa­ra­graf 5 Nr. 1 der Rah­men­ver­ein­ba­rung da­hin aus­zu­le­gen, dass er der An­wen­dung von Art. 4 Abs. 1 letz­ter Halb­satz und Abs. 11 des Ge­set­zes Nr. 124/1999 ent­ge­gen­steht, der die Zu­wei­sung von Jah­res­ver­tre­tun­gen auf Stel­len re­gelt, „die tatsächlich bis zum 31. De­zem­ber frei und verfügbar sind“, und so­dann be­stimmt, dass die­se Zu­wei­sung von Jah­res­ver­tre­tun­gen „bis zum Ab­schluss der Aus­wahl­ver­fah­ren zur Ein­stel­lung planmäßiger Lehr­kräfte“ er­folgt, wenn die­se Vor­schrift den Rück­griff auf be­fris­te­te Verträge ermöglicht, oh­ne dass ein ge­nau­er Zeit­plan für die Durchführung der Aus­wahl­ver­fah­ren an­ge­ge­ben und ein An­spruch auf Scha­dens­er­satz vor­ge­se­hen wird?

2. Han­delt es sich bei den dar­ge­leg­ten Er­for­der­nis­sen im Zu­sam­men­hang mit der Or­ga­ni­sa­ti­on des ita­lie­ni­schen Schul­sys­tems um sach­li­che Gründe im Sin­ne von Pa­ra­graf 5 Nr. 1 der Rah­men­ver­ein­ba­rung, die ge­eig­net sind, ei­ne Re­ge­lung wie die ita­lie­ni­sche, die für ei­ne be­fris­te­te Ein­stel­lung von Schul­per­so­nal kei­nen An­spruch auf Scha­dens­er­satz vor­sieht, mit dem Uni­ons­recht in Ein­klang zu brin­gen?

44 Durch Be­schluss des Ge­richts­hofs vom 11. Fe­bru­ar 2014 sind die Rechts­sa­chen C-22/13 und C-61/13 bis C-63/13 so­wie C-418/13 zu ge­mein­sa­mem schrift­li­chen und münd­li­chen Ver­fah­ren und zu ge­mein­sa­mem Ur­teil ver­bun­den wor­den.

Zu den Vor­la­ge­fra­gen

45 Mit ih­ren Fra­gen be­geh­ren die vor­le­gen­den Ge­rich­te vom Ge­richts­hof Auf­schluss über die Aus­le­gung von Pa­ra­graf 5 Nr. 1 der Rah­men­ver­ein­ba­rung (ers­te und zwei­te Fra­ge in den Rechts­sa­chen C-22/13, C-61/13 und C-62/13, ers­te Fra­ge in der Rechts­sa­che C-63/13 so­wie ers­te und zwei­te Fra­ge in der Rechts­sa­che C-418/13), von Pa­ra­graf 4 der Rah­men­ver­ein­ba­rung (drit­te Fra­ge in den Rechts­sa­chen C-22/13, C-61/13 und C-62/13 so­wie zwei­te Fra­ge in der Rechts­sa­che C-63/13), des Grund­sat­zes der loya­len Zu­sam­men­ar­beit (vier­te Fra­ge in den Rechts­sa­chen C-22/13, C-61/13 und C-62/13 so­wie drit­te Fra­ge in der Rechts­sa­che C-63/13), der Richt­li­nie 91/533 (fünf­te und sechs­te Fra­ge in den Rechts­sa­chen C-22/13, C-61/13 und C-62/13) und meh­re­rer all­ge­mei­ner uni­ons­recht­li­cher Grundsätze (sieb­te Fra­ge in den Rechts­sa­chen C-61/13 und C-62/13).

Zur Zulässig­keit

46 Die Co­mu­ne di Na­po­li macht gel­tend, der vom Tri­bu­na­le di Na­po­li in der Rechts­sa­che C-63/13 gewünsch­ten Aus­le­gung des Uni­ons­rechts bedürfe es zur Ent­schei­dung des Aus­gangs­rechts­streits nicht, wes­halb das Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chen in die­ser Rechts­sa­che ins­ge­samt un­zulässig sei. Die­ses Ge­richt wei­se in sei­ner Vor­la­ge­ent­schei­dung selbst dar­auf hin, dass sei­ner An­sicht nach un­ter Berück­sich­ti­gung der Recht­spre­chung des Ge­richts­hofs zur Rah­men­ver­ein­ba­rung die vom na­tio­na­len Ge­setz­ge­ber zur Um­set­zung die­ser Ver­ein­ba­rung ge­trof­fe­nen Maßnah­men un­zu­rei­chend sei­en. Es sei da­her Sa­che die­ses Ge­richts, bei der Ent­schei­dung des Aus­gangs­rechts­streits das na­tio­na­le Recht im Ein­klang mit dem Uni­ons­recht aus­zu­le­gen.
47 Zu be­ach­ten ist aber, dass nach ständi­ger Recht­spre­chung im Rah­men der Zu­sam­men­ar­beit zwi­schen dem Ge­richts­hof und den na­tio­na­len Ge­rich­ten gemäß Art. 267 AEUV nur das na­tio­na­le Ge­richt, das mit dem Rechts­streit be­fasst ist und in des­sen Ver­ant­wor­tungs­be­reich die zu er­las­sen­de Ent­schei­dung fällt, im Hin­blick auf die Be­son­der­hei­ten der Rechts­sa­che so­wohl die Er­for­der­lich­keit ei­ner Vor­ab­ent­schei­dung für den Er­lass sei­nes Ur­teils als auch die Er­heb­lich­keit der dem Ge­richts­hof von ihm vor­ge­leg­ten Fra­gen zu be­ur­tei­len hat (Ur­teil Ro­s­a­do San­ta­na, C-177/10, EU:C:2011:557, Rn. 32 und die dort an­geführ­te Recht­spre­chung).
48 Wie der Ge­richts­hof wie­der­holt fest­ge­stellt hat, ha­ben die na­tio­na­len Ge­rich­te in­so­weit ein un­be­schränk­tes Recht zur Be­fas­sung des Ge­richts­hofs, wenn sie der Auf­fas­sung sind, dass ei­ne bei ih­nen anhängi­ge Rechts­sa­che Fra­gen auf­wirft, die ei­ne Aus­le­gung der uni­ons­recht­li­chen Be­stim­mun­gen er­for­der­lich ma­chen (vgl. ins­be­son­de­re Ur­tei­le Križan u. a., C-416/10, EU:C:2013:8, Rn. 64, und Ogie­riakhi, C-244/13, EU:C:2014:2068, Rn. 52).
49 Folg­lich kann das Vor­lie­gen ei­ner ge­fes­tig­ten Recht­spre­chung zu ei­ner uni­ons­recht­li­chen Fra­ge zwar den Ge­richts­hof zum Er­lass ei­nes Be­schlus­ses nach Art. 99 sei­ner Ver­fah­rens­ord­nung ver­an­las­sen, ver­mag je­doch die Zulässig­keit ei­ner Vor­la­ge in Fällen, in de­nen ein na­tio­na­les Ge­richt im Rah­men die­ses Er­mes­sens be­sch­ließt, den Ge­richts­hof nach Art. 267 AEUV an­zu­ru­fen, in kei­ner Wei­se ein­zu­schränken.
50 Da­bei ist auch zu be­ach­ten, dass der Ge­richts­hof nach ständi­ger Recht­spre­chung die Ent­schei­dung über ei­ne Vor­la­ge­fra­ge ei­nes na­tio­na­len Ge­richts ab­leh­nen kann, wenn die er­be­te­ne Aus­le­gung des Uni­ons­rechts of­fen­sicht­lich in kei­nem Zu­sam­men­hang mit der Rea­lität oder dem Ge­gen­stand des Aus­gangs­rechts­streits steht, wenn das Pro­blem hy­po­the­ti­scher Na­tur ist oder wenn der Ge­richts­hof nicht über die tatsächli­chen und recht­li­chen An­ga­ben verfügt, die für ei­ne sach­dien­li­che Be­ant­wor­tung der ihm vor­ge­leg­ten Fra­gen er­for­der­lich sind (vgl. u. a. Ur­teil Érsek­c­sanádi Mezőgaz­dasági, C-56/13, EU:C:2014:352, Rn. 36 und die dort an­geführ­te Recht­spre­chung).
51 Im vor­lie­gen­den Fall ist fest­zu­stel­len, dass in der Rechts­sa­che C-63/13 das vor­le­gen­de Ge­richt den Ge­richts­hof mit drei Vor­la­ge­fra­gen be­fasst hat, die mit der zwei­ten, der drit­ten und der vier­ten be­reits in den Rechts­sa­chen C-22/13, C-61/13 und C-62/13 ge­stell­ten Fra­ge iden­tisch sind.
52 Der Vor­la­ge­ent­schei­dung in der Rechts­sa­che C-63/13 ist je­doch zu ent­neh­men, dass sich in die­ser Rechts­sa­che so­wohl der Sach­ver­halt als auch der recht­li­che Rah­men von de­nen un­ter­schei­den, um die es in die­sen drei an­de­ren Sa­chen geht. Denn Frau Rus­so fällt nach den An­ga­ben des vor­le­gen­den Ge­richts in ih­rer Ei­gen­schaft als ei­ne in ei­ner ge­meind­li­chen Kin­der­krip­pe und ei­nem ge­meind­li­chen Kin­der­gar­ten an­ge­stell­te Er­zie­he­rin im Ge­gen­satz zu Frau Mas­co­lo, Frau For­ni und Frau Rac­ca, wie auch den Klägern in der Rechts­sa­che C-418/13, nicht un­ter die sich aus dem Ge­setz Nr. 124/1999 er­ge­ben­de na­tio­na­le Re­ge­lung für staat­li­che Schu­len, son­dern bleibt der all­ge­mei­nen, ins­be­son­de­re im De­cre­to le­gis­la­tivo Nr. 368/2001 vor­ge­se­he­nen Re­ge­lung un­ter­wor­fen.
53 Da­mit ist die ers­te in der Rechts­sa­che C-63/13 vor­ge­leg­te Fra­ge, mit der wie in den Rechts­sa­chen C-22/13, C-61/13 und C-62/13 geklärt wer­den soll, ob die im Ge­setz Nr. 124/1999 vor­ge­se­he­ne na­tio­na­le Re­ge­lung mit Pa­ra­graf 5 der Rah­men­ver­ein­ba­rung ver­ein­bar ist, so­weit die­ses Ge­setz dem Staat bei den Schu­len in sei­ner Träger­schaft er­laubt, Mit­ar­bei­ter mit be­fris­te­ten Ar­beits­verträgen ein­zu­stel­len, oh­ne im Ge­gen­satz zu Pri­vat­schu­len den Be­schränkun­gen durch das De­cre­to le­gis­la­tivo Nr. 368/2001 un­ter­wor­fen zu sein, für die Ent­schei­dung des Aus­gangs­rechts­streits in der Rechts­sa­che C-63/13 nicht er­heb­lich und hat mit­hin hy­po­the­ti­schen Cha­rak­ter.
54 Glei­ches gilt für die in die­ser Rechts­sa­che vor­ge­leg­te zwei­te Fra­ge, die im We­sent­li­chen dar­auf ab­zielt, ob die frag­li­che na­tio­na­le Re­ge­lung, wie sie sich ins­be­son­de­re aus Art. 36 Abs. 5 des De­cre­to le­gis­la­tivo Nr. 165/2001 er­gibt, mit Pa­ra­graf 4 der Rah­men­ver­ein­ba­rung ver­ein­bar ist, so­weit sie im öffent­li­chen Sek­tor Scha­dens­er­satz­ansprüche bei miss­bräuch­li­chem Rück­griff auf auf­ein­an­der­fol­gen­de be­fris­te­te Ar­beits­verträge aus­sch­ließt.
55 Das Tri­bu­na­le di Na­po­li stellt nämlich in sei­ner Vor­la­ge­ent­schei­dung in der Rechts­sa­che C-63/13 selbst fest, dass für die Kläge­rin des Aus­gangs­ver­fah­rens im Ge­gen­satz zu den Kläge­rin­nen der Aus­gangs­ver­fah­ren in den Rechts­sa­chen C-22/13, C-61/13 und C-62/13 Art. 5 Abs. 4 bis des De­cre­to le­gis­la­tivo Nr. 368/2001 zur An­wen­dung kommt, der die Um­wand­lung von auf­ein­an­der­fol­gen­den be­fris­te­ten Verträgen, die ei­ne Dau­er von 36 Mo­na­ten über­stei­gen, in un­be­fris­te­te Ar­beits­verträge vor­sieht. Da­zu stellt die­ses Ge­richt zu­tref­fend fest, dass es sich um ei­ne Maßnah­me han­delt, die in­so­fern, als sie den miss­bräuch­li­chen Rück­griff auf sol­che Verträge ver­hin­dert und zu ei­ner endgülti­gen Be­sei­ti­gung der Miss­brauchs­fol­gen führt, die An­for­de­run­gen des Uni­ons­rechts erfüllt (vgl. u. a. Ur­teil Fia­min­go u. a., C-362/13, C-363/13 und C-407/13, EU:C:2014:2044, Rn. 69 und 70 so­wie die dort an­geführ­te Recht­spre­chung).
56 Es ist fest­zu­stel­len, dass die­ses Ge­richt nicht erläutert, in­wie­fern un­ter die­sen Umständen sei­ne zwei­te Fra­ge in der Rechts­sa­che C-63/13 für die im Aus­gangs­ver­fah­ren zu tref­fen­de Ent­schei­dung über die Ver­ein­bar­keit der frag­li­chen na­tio­na­len Re­ge­lung mit dem Uni­ons­recht er­heb­lich blei­ben soll.
57 Je­den­falls geht aus der Vor­la­ge­ent­schei­dung nicht her­vor, in­wie­fern ei­nem Ar­beit­neh­mer, der in den Ge­nuss ei­ner sol­chen Ver­trags­um­wand­lung kommt und des­sen Scha­dens­er­satz­an­trag im Übri­gen hilfs­wei­se ge­stellt wor­den ist, wie den Ar­beit­neh­mern in der La­ge der Kläge­rin­nen der Aus­gangs­ver­fah­ren in den Rechts­sa­chen C-22/13, C-61/13 und C-62/13, die von der An­wen­dung des Art. 5 Abs. 4 bis aus­ge­schlos­sen sind, ein Scha­den ent­stan­den sein soll, der ei­nen Er­satz­an­spruch be­gründet.
58 Da­her ist da­von aus­zu­ge­hen, dass auch die zwei­te in der Rechts­sa­che C-63/13 vor­ge­leg­te Fra­ge hy­po­the­ti­schen Cha­rak­ter hat.
59 Des Wei­te­ren stel­len die Co­mu­ne di Na­po­li, die ita­lie­ni­sche Re­gie­rung und die Eu­ropäische Kom­mis­si­on die Zulässig­keit der vier­ten Fra­ge in den Rechts­sa­chen C-22/13, C-61/13 und C-62/13 so­wie der drit­ten Fra­ge in der Rechts­sa­che C-63/13 im We­sent­li­chen mit der Be­gründung in Fra­ge, dass die Ant­wort auf die­se Fra­gen für die Aus­gangs­strei­tig­kei­ten ganz oder teil­wei­se un­er­heb­lich sei.
60 Es ist fest­zu­stel­len, dass die­se gleich­lau­ten­den Fra­gen, wie be­reits in Rn. 32 des vor­lie­gen­den Ur­teils fest­ge­stellt wor­den ist, auf der Prämis­se be­ru­hen, dass die von der ita­lie­ni­schen Re­gie­rung in der Rechts­sa­che, die zum Be­schluss Af­f­a­ta­to (EU:C:2010:574, Rn. 48) geführt hat, vor­ge­nom­me­ne Aus­le­gung des na­tio­na­len Rechts, wo­nach Art. 5 Abs. 4 bis des De­cre­to le­gis­la­tivo Nr. 368/2001 auf den öffent­li­chen Sek­tor an­wend­bar ist, ir­rig sei und so­mit ei­nen Ver­s­toß des be­tref­fen­den Mit­glied­staats ge­gen den Grund­satz der loya­len Zu­sam­men­ar­beit be­gründe.
61 Die­se Aus­le­gung ent­spricht je­doch, wie sich aus den Rn. 14 und 15 des vor­lie­gen­den Ur­teils er­gibt, in al­len Punk­ten der Aus­le­gung, die im vor­lie­gen­den Fall vom Tri­bu­na­le di Na­po­li vor­ge­nom­men wor­den ist und an­hand der der Ge­richts­hof nach ständi­ger Recht­spre­chung die vor­lie­gen­den Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chen prüfen muss (vgl. u. a. Ur­teil Pon­tin, C-63/08, EU:C:2009:666, Rn. 38). Die­ses Ge­richt weist nämlich in sei­nen Vor­la­ge­ent­schei­dun­gen aus­drück­lich dar­auf hin, dass sei­ner An­sicht nach der na­tio­na­le Ge­setz­ge­ber den öffent­li­chen Sek­tor nicht von der An­wen­dung des Art. 5 Abs. 4 bis ha­be aus­sch­ließen wol­len.
62 Wie zu­dem Rn. 28 des vor­lie­gen­den Ur­teils zu ent­neh­men ist, ver­tritt das - hierfür aus­sch­ließlich zuständi­ge - vor­le­gen­de Ge­richt selbst die Auf­fas­sung, dass Art. 5 Abs. 4 bis des De­cre­to le­gis­la­tivo Nr. 368/2001, auch wenn er auf den öffent­li­chen Sek­tor An­wen­dung fin­de, nicht für staat­li­che Schu­len gel­te, so dass die­se Be­stim­mung für den Aus­gang der Rechts­strei­tig­kei­ten in den Rechts­sa­chen C-22/13, C-61/13 und C-62/13 un­er­heb­lich ist.
63 Dar­aus folgt, dass die vier­te Fra­ge in den Rechts­sa­chen C-22/13, C-61/13 und C-62/13 so­wie die drit­te Fra­ge in der Rechts­sa­che C-63/13 hy­po­the­ti­schen Cha­rak­ter ha­ben.
64 Nach al­le­dem ist fest­zu­stel­len, dass nach der in Rn. 50 des vor­lie­gen­den Ur­teils an­geführ­ten Recht­spre­chung das Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chen in der Rechts­sa­che C-63/13 ins­ge­samt so­wie die vier­te Fra­ge in den Rechts­sa­chen C-22/13, C-61/13 und C-62/13 un­zulässig sind.

Zur Be­ant­wor­tung der Fra­gen

65 Mit ih­rer ers­ten Fra­ge in den Rechts­sa­chen C-22/13, C-61/13 und C-62/13 so­wie ih­ren bei­den Fra­gen in der Rechts­sa­che C-418/13, die zu­sam­men zu prüfen sind, möch­ten die vor­le­gen­den Ge­rich­te wis­sen, ob Pa­ra­graf 5 Nr. 1 der Rah­men­ver­ein­ba­rung da­hin aus­zu­le­gen ist, dass er ei­ner na­tio­na­len Re­ge­lung wie der in den Aus­gangs­ver­fah­ren frag­li­chen ent­ge­gen­steht, die bis zum Ab­schluss von Aus­wahl­ver­fah­ren zur Ein­stel­lung von planmäßigem Per­so­nal der staat­li­chen Schu­len die Verlänge­rung be­fris­te­ter Ar­beits­verträge zur Be­set­zung frei­er und verfügba­rer Plan­stel­len für Lehr­kräfte so­wie Ver­wal­tungs-, tech­ni­sches und Hilfs­per­so­nal zulässt, oh­ne ei­nen ge­nau­en Zeit­plan für den Ab­schluss die­ser Aus­wahl­ver­fah­ren an­zu­ge­ben und un­ter Aus­schluss je­der Möglich­keit für die­se Lehr­kräfte und die­ses Per­so­nal, Er­satz für den ih­nen durch ei­ne sol­che Ver­trags­verlänge­rung mögli­cher­wei­se ent­stan­de­nen Scha­den zu er­hal­ten.

Zum An­wen­dungs­be­reich der Rah­men­ver­ein­ba­rung

66 Die grie­chi­sche Re­gie­rung macht gel­tend, es sei nicht zweckmäßig, den Sek­tor des Un­ter­richts­we­sens den Be­stim­mun­gen der Rah­men­ver­ein­ba­rung über den miss­bräuch­li­chen Rück­griff auf auf­ein­an­der­fol­gen­de be­fris­te­te Ar­beits­verträge zu un­ter­wer­fen. Die­ser Be­reich sei nämlich durch „be­stimm­te An­for­de­run­gen“ im Sin­ne von Pa­ra­graf 5 Nr. 1 der Rah­men­ver­ein­ba­rung ge­kenn­zeich­net, da das Un­ter­richts­we­sen die Be­ach­tung des Rechts auf Bil­dung gewähr­leis­ten sol­le und für das ein­wand­freie Funk­tio­nie­ren des Bil­dungs­sys­tems un­ver­zicht­bar sei.
67 Hier­zu ist dar­auf hin­zu­wei­sen, dass schon nach dem Wort­laut von Pa­ra­graf 2 Nr. 1 der Rah­men­ver­ein­ba­rung de­ren An­wen­dungs­be­reich weit ge­fasst ist, da sie all­ge­mein „be­fris­tet beschäftig­te Ar­beit­neh­mer mit ei­nem Ar­beits­ver­trag oder -verhält­nis gemäß der ge­setz­lich, ta­rif­ver­trag­lich oder nach den Ge­pflo­gen­hei­ten in je­dem Mit­glied­staat gel­ten­den De­fi­ni­ti­on“ er­fasst. Zu­dem fal­len nach der De­fi­ni­ti­on des Be­griffs „be­fris­tet beschäftig­te Ar­beit­neh­mer“ im Sin­ne der Rah­men­ver­ein­ba­rung, die in de­ren Pa­ra­graf 3 Nr. 1 ent­hal­ten ist, dar­un­ter al­le Ar­beit­neh­mer, oh­ne Un­ter­schei­dung da­nach, ob sie an ei­nen öffent­li­chen oder an ei­nen pri­va­ten Ar­beit­ge­ber ge­bun­den sind, und un­abhängig da­von, wie ihr Ver­trag nach dem in­ner­staat­li­chen Recht zu qua­li­fi­zie­ren ist (vgl. Ur­teil Fia­min­go u. a., EU:C:2014:2044, Rn. 28 und 29 so­wie die dort an­geführ­te Recht­spre­chung).
68 Die Rah­men­ver­ein­ba­rung ist mit­hin auf al­le Ar­beit­neh­mer an­wend­bar, die ent­gelt­li­che Ar­beits­leis­tun­gen im Rah­men ei­nes mit ih­rem Ar­beit­ge­ber be­ste­hen­den be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis­ses er­brin­gen, vor­aus­ge­setzt, sie un­ter­lie­gen ei­nem Ar­beits­ver­trag nach na­tio­na­lem Recht, und vor­be­halt­lich al­lein des den Mit­glied­staa­ten in Pa­ra­graf 2 Nr. 2 der Rah­men­ver­ein­ba­rung ein­geräum­ten Er­mes­sens hin­sicht­lich ih­rer An­wen­dung auf be­stimm­te Ka­te­go­ri­en von Ar­beits­verträgen oder -verhält­nis­sen so­wie des Aus­schlus­ses von Leih­ar­beit­neh­mern nach dem vier­ten Ab­satz der Präam­bel der Rah­men­ver­ein­ba­rung (vgl. Ur­teil Fia­min­go u. a., EU:C:2014:2044, Rn. 30 bis 33 so­wie die dort an­geführ­te Recht­spre­chung).
69 In­fol­ge­des­sen nimmt die Rah­men­ver­ein­ba­rung kei­ne be­stimm­te Bran­che von ih­rem An­wen­dungs­be­reich aus und ist da­mit auch auf das im Un­ter­richts­we­sen ein­ge­stell­te Per­so­nal an­wend­bar (vgl. in die­sem Sin­ne Ur­teil Fia­min­go u. a., EU:C:2014:2044, Rn. 38).
70 Die­se Schluss­fol­ge­rung wird durch den In­halt von Pa­ra­graf 5 Nr. 1 der Rah­men­ver­ein­ba­rung bestätigt, aus dem her­vor­geht, dass die Mit­glied­staa­ten im Ein­klang mit dem drit­ten Ab­satz der Präam­bel der Rah­men­ver­ein­ba­rung so­wie den Nrn. 8 und 10 ih­rer All­ge­mei­nen Erwägun­gen im Rah­men der Durchführung der Rah­men­ver­ein­ba­rung die Möglich­keit ha­ben, die be­son­de­ren An­for­de­run­gen der in Re­de ste­hen­den Bran­chen und/oder Ar­beit­neh­mer­ka­te­go­ri­en zu berück­sich­ti­gen, so­fern dies ob­jek­tiv ge­recht­fer­tigt ist (Ur­teil Fia­min­go u. a., EU:C:2014:2044, Rn. 39).
71 Dar­aus folgt, dass Ar­beit­neh­mer in der Si­tua­ti­on der Kläger der Aus­gangs­ver­fah­ren, die in ih­rer Ei­gen­schaft als Lehr­kräfte oder Ver­wal­tungs­mit­ar­bei­ter ein­ge­stellt wur­den, um Jah­res­ver­tre­tun­gen in staat­li­chen Schu­len im Rah­men von Ar­beits­verträgen im Sin­ne des na­tio­na­len Rechts wahr­zu­neh­men, bei de­nen es sich un­strei­tig nicht um Ar­beits­verhält­nis­se han­delt, die vom An­wen­dungs­be­reich der Rah­men­ver­ein­ba­rung aus­ge­schlos­sen sein können, un­ter die Be­stim­mun­gen der Rah­men­ver­ein­ba­rung und ins­be­son­de­re ih­res Pa­ra­gra­fen 5 fal­len (vgl. ent­spre­chend Ur­teil Márquez Sa­mo­ha­no, C-190/13, EU:C:2014:146, Rn. 39).

Zur Aus­le­gung von Pa­ra­graf 5 Nr. 1 der Rah­men­ver­ein­ba­rung

72 Es ist dar­auf hin­zu­wei­sen, dass Pa­ra­graf 5 Nr. 1 der Rah­men­ver­ein­ba­rung zur Um­set­zung ei­nes ih­rer Zie­le dient, nämlich den wie­der­hol­ten Rück­griff auf be­fris­te­te Ar­beits­verträge oder -verhält­nis­se, die als Quel­le po­ten­zi­el­len Miss­brauchs zu­las­ten der Ar­beit­neh­mer an­ge­se­hen wer­den, ein­zu­gren­zen, in­dem ei­ne Rei­he von Min­dest­schutz­be­stim­mun­gen vor­ge­se­hen wird, die die Pre­ka­ri­sie­rung der La­ge der Beschäftig­ten ver­hin­dern sol­len (vgl. ins­be­son­de­re Ur­tei­le Aden­eler u. a., C-212/04, EU:C:2006:443, Rn. 63, Kücük, C-586/10, EU:C:2012:39, Rn. 25, so­wie Fia­min­go u. a., EU:C:2014:2044, Rn. 54).
73 Wie nämlich aus dem zwei­ten Ab­satz der Präam­bel der Rah­men­ver­ein­ba­rung so­wie aus den Nrn. 6 und 8 ih­rer All­ge­mei­nen Erwägun­gen her­vor­geht, stel­len fes­te Beschäfti­gungs­verhält­nis­se ei­nen wich­ti­gen As­pekt des Ar­beit­neh­mer­schut­zes dar, während be­fris­te­te Ar­beits­verträge nur un­ter be­stimm­ten Umständen den Bedürf­nis­sen so­wohl der Ar­beit­ge­ber als auch der Ar­beit­neh­mer ent­spre­chen können (Ur­tei­le Aden­eler u. a., EU:C:2006:443, Rn. 62, so­wie Fia­min­go u. a., EU:C:2014:2044, Rn. 55).
74 So­mit ver­pflich­tet Pa­ra­graf 5 Nr. 1 der Rah­men­ver­ein­ba­rung die Mit­glied­staa­ten im Hin­blick auf die Ver­mei­dung des miss­bräuch­li­chen Ein­sat­zes auf­ein­an­der­fol­gen­der be­fris­te­ter Ar­beits­verträge oder -verhält­nis­se da­zu, ef­fek­tiv und mit ver­bind­li­cher Wir­kung min­des­tens ei­ne der dort auf­geführ­ten Maßnah­men zu er­grei­fen, wenn ihr in­ner­staat­li­ches Recht kei­ne gleich­wer­ti­gen ge­setz­li­chen Maßnah­men enthält. Die hierfür in Pa­ra­graf 5 Nr. 1 Buchst. a bis c auf­geführ­ten drei Maßnah­men be­tref­fen im Ein­zel­nen sach­li­che Gründe, die die Verlänge­rung sol­cher Ar­beits­verträge oder -verhält­nis­se recht­fer­ti­gen, die ins­ge­samt ma­xi­mal zulässi­ge Dau­er die­ser auf­ein­an­der­fol­gen­den Ar­beits­verträge oder -verhält­nis­se und die zulässi­ge Zahl ih­rer Verlänge­run­gen (vgl. ins­be­son­de­re Ur­tei­le Kücük, EU:C:2012:39, Rn. 26, so­wie Fia­min­go u. a., EU:C:2014:2044, Rn. 56).
75 Die Mit­glied­staa­ten verfügen in­so­weit über ein Er­mes­sen, da sie die Wahl ha­ben, auf ei­ne oder meh­re­re der in Pa­ra­graf 5 Nr. 1 Buchst. a bis c der Rah­men­ver­ein­ba­rung ge­nann­ten Maßnah­men oder aber auf be­ste­hen­de gleich­wer­ti­ge ge­setz­li­che Maßnah­men zurück­zu­grei­fen, und zwar un­ter Berück­sich­ti­gung der An­for­de­run­gen be­stimm­ter Bran­chen und/oder Ar­beit­neh­mer­ka­te­go­ri­en (vgl. Ur­teil Fia­min­go u. a., EU:C:2014:2044, Rn. 59 und die dort an­geführ­te Recht­spre­chung).
76 Da­mit gibt Pa­ra­graf 5 Nr. 1 der Rah­men­ver­ein­ba­rung den Mit­glied­staa­ten ein all­ge­mei­nes Ziel - Ver­hin­de­rung sol­cher Miss­bräuche - vor, lässt ih­nen je­doch zu­gleich die Wahl der Mit­tel zu sei­ner Er­rei­chung, so­lan­ge sie nicht das Ziel oder die prak­ti­sche Wirk­sam­keit der Rah­men­ver­ein­ba­rung in Fra­ge stel­len (Ur­teil Fia­min­go u. a., EU:C:2014:2044, Rn. 60).
77 Wenn das Uni­ons­recht, wie im vor­lie­gen­den Fall, kei­ne spe­zi­fi­schen Sank­tio­nen für den Fall vor­sieht, dass den­noch Miss­bräuche fest­ge­stellt wor­den sind, ob­liegt es außer­dem den na­tio­na­len Stel­len, Maßnah­men zu er­grei­fen, die nicht nur verhält­nismäßig, son­dern auch hin­rei­chend ef­fek­tiv und ab­schre­ckend sein müssen, um die vol­le Wirk­sam­keit der zur Durchführung der Rah­men­ver­ein­ba­rung er­las­se­nen Nor­men si­cher­zu­stel­len (vgl. u. a. Ur­teil Fia­min­go u. a., EU:C:2014:2044, Rn. 62 und die dort an­geführ­te Recht­spre­chung).
78 Zwar wer­den in Er­man­ge­lung ei­ner ein­schlägi­gen Uni­ons­re­ge­lung die Ein­zel­hei­ten der Durchführung sol­cher Nor­men nach dem Grund­satz der Ver­fah­rens­au­to­no­mie der Mit­glied­staa­ten durch ihr je­wei­li­ges in­ner­staat­li­ches Recht ge­re­gelt, doch dürfen sie nicht we­ni­ger güns­tig sein als bei ent­spre­chen­den Sach­ver­hal­ten, die nur in­ner­staat­li­ches Recht be­tref­fen (Äqui­va­lenz­grund­satz), und sie dürfen die Ausübung der durch die Uni­ons­rechts­ord­nung ver­lie­he­nen Rech­te nicht prak­tisch unmöglich ma­chen oder übermäßig er­schwe­ren (Ef­fek­ti­vitäts­grund­satz) (vgl. u. a. Ur­teil Fia­min­go u. a., EU:C:2014:2044, Rn. 63 und die dort an­geführ­te Recht­spre­chung).
79 In­fol­ge­des­sen muss, wenn es zu ei­nem miss­bräuch­li­chen Ein­satz auf­ein­an­der­fol­gen­der be­fris­te­ter Ar­beits­verträge ge­kom­men ist, die Möglich­keit be­ste­hen, ei­ne Maßnah­me an­zu­wen­den, die ef­fek­ti­ve und äqui­va­len­te Ga­ran­ti­en für den Schutz der Ar­beit­neh­mer bie­tet, um die­sen Miss­brauch an­ge­mes­sen zu ahn­den und die Fol­gen des Ver­s­toßes ge­gen das Uni­ons­recht zu be­sei­ti­gen (Ur­teil Fia­min­go u. a., EU:C:2014:2044, Rn. 64 und die dort an­geführ­te Recht­spre­chung).
80 In die­sem Zu­sam­men­hang ist dar­auf hin­zu­wei­sen, dass, wie der Ge­richts­hof wie­der­holt her­vor­ge­ho­ben hat, die Rah­men­ver­ein­ba­rung kei­ne all­ge­mei­ne Ver­pflich­tung der Mit­glied­staa­ten auf­stellt, die Um­wand­lung be­fris­te­ter in un­be­fris­te­te Ar­beits­verträge vor­zu­se­hen. Ihr Pa­ra­graf 5 Nr. 2 überlässt es nämlich grundsätz­lich den Mit­glied­staa­ten, zu be­stim­men, un­ter wel­chen Be­din­gun­gen be­fris­te­te Ar­beits­verträge oder -verhält­nis­se als un­be­fris­tet zu be­trach­ten sind. Dar­aus er­gibt sich, dass die Rah­men­ver­ein­ba­rung nicht vor­schreibt, un­ter wel­chen Be­din­gun­gen von un­be­fris­te­ten Verträgen Ge­brauch ge­macht wer­den darf (vgl. u. a. Ur­teil Fia­min­go u. a., EU:C:2014:2044, Rn. 65 und die dort an­geführ­te Recht­spre­chung).
81 Hin­sicht­lich der im vor­lie­gen­den Fall in den Aus­gangs­ver­fah­ren in Re­de ste­hen­den na­tio­na­len Re­ge­lung ist dar­auf hin­zu­wei­sen, dass es nicht Sa­che des Ge­richts­hofs ist, sich zur Aus­le­gung der Be­stim­mun­gen des na­tio­na­len Rechts zu äußern, da die­se Auf­ga­be al­lein dem vor­le­gen­den Ge­richt oder ge­ge­be­nen­falls den zuständi­gen na­tio­na­len Ge­rich­ten zu­kommt, die fest­zu­stel­len ha­ben, ob die Be­stim­mun­gen der an­wend­ba­ren na­tio­na­len Re­ge­lung die in den Rn. 74 bis 79 des vor­lie­gen­den Ur­teils ge­nann­ten Vor­aus­set­zun­gen erfüllen (vgl. ins­be­son­de­re Ur­teil Fia­min­go u. a., EU:C:2014:2044, Rn. 66 und die dort an­geführ­te Recht­spre­chung).
82 So­mit ob­liegt es dem vor­le­gen­den Ge­richt, zu be­ur­tei­len, in­wie­weit die ein­schlägi­gen Be­stim­mun­gen des in­ner­staat­li­chen Rechts un­ter Berück­sich­ti­gung ih­rer An­wen­dungs­vor­aus­set­zun­gen und ih­rer tatsächli­chen An­wen­dung ei­ne an­ge­mes­se­ne Maßnah­me dar­stel­len, um den miss­bräuch­li­chen Ein­satz auf­ein­an­der­fol­gen­der be­fris­te­ter Ar­beits­verträge oder -verhält­nis­se zu ver­hin­dern und ge­ge­be­nen­falls zu ahn­den (vgl. Ur­teil Fia­min­go u. a., EU:C:2014:2044, Rn. 67 und die dort an­geführ­te Recht­spre­chung).
83

Der Ge­richts­hof kann je­doch, wenn er im Rah­men ei­nes Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chens ent­schei­det, ge­ge­be­nen­falls Klar­stel­lun­gen vor­neh­men, um dem na­tio­na­len Ge­richt ei­ne Richt­schnur für sei­ne Aus­le­gung zu ge­ben (vgl. ins­be­son­de­re Ur­teil Fia­min­go u. a., EU:C:2014:2044, Rn. 68 und die dort an­geführ­te Recht­spre­chung).

- Zum Vor­lie­gen von Maßnah­men zur Ver­mei­dung ei­nes miss­bräuch­li­chen Rück­griffs auf auf­ein­an­der­fol­gen­de be­fris­te­te Ar­beits­verträge

84 In Be­zug auf das Vor­lie­gen von Maßnah­men zur Ver­mei­dung der miss­bräuch­li­chen Ver­wen­dung auf­ein­an­der­fol­gen­der be­fris­te­ter Verträge im Sin­ne von Pa­ra­graf 5 Nr. 1 der Rah­men­ver­ein­ba­rung steht fest, dass die in den Aus­gangs­ver­fah­ren frag­li­che na­tio­na­le Re­ge­lung es er­laubt, Lehr­kräfte im Rah­men auf­ein­an­der­fol­gen­der be­fris­te­ter Ar­beits­verträge zur Wahr­neh­mung von Ver­tre­tun­gen ein­zu­stel­len, oh­ne dass sie Maßnah­men zur Be­gren­zung der ins­ge­samt zulässi­gen Dau­er die­ser Verträge oder der zulässi­gen Zahl ih­rer Verlänge­run­gen im Sin­ne von Nr. 1 Buchst. b und c die­ses Pa­ra­gra­fen vor­sieht. Das Tri­bu­na­le di Na­po­li weist hier­zu, wie sich aus Rn. 28 des vor­lie­gen­den Ur­teils er­gibt, ins­be­son­de­re dar­auf hin, dass Art. 10 Abs. 4 bis des De­cre­to le­gis­la­tivo Nr. 368/2001 die An­wen­dung von des­sen Art. 5 Abs. 4 bis, der ei­ne Um­wand­lung be­fris­te­ter Ar­beits­verträge, die ei­ne Ge­samt­dau­er von 36 Mo­na­ten über­schrit­ten, in un­be­fris­te­te Ar­beits­verträge vor­se­he, auf staat­li­che Schu­len aus­sch­ließe, wo­durch es ermöglicht wer­de, sol­che Verträge un­be­grenzt zu verlängern. Auch enthält die in den Aus­gangs­ver­fah­ren frag­li­che na­tio­na­le Re­ge­lung un­strei­tig kei­ne Maßnah­me, die den in Pa­ra­graf 5 Nr. 1 der Rah­men­ver­ein­ba­rung auf­geführ­ten gleich­wer­tig wäre.
85 Die Verlänge­rung sol­cher Ar­beits­verträge muss da­her durch ei­nen „sach­li­chen Grund“ im Sin­ne von Pa­ra­graf 5 Nr. 1 Buchst. a der Rah­men­ver­ein­ba­rung ge­recht­fer­tigt sein.
86 Wie es in Nr. 7 der All­ge­mei­nen Erwägun­gen der Rah­men­ver­ein­ba­rung heißt und wie sich aus Rn. 74 des vor­lie­gen­den Ur­teils er­gibt, wa­ren die Un­ter­zeich­ner­par­tei­en der Rah­men­ver­ein­ba­rung nämlich der Auf­fas­sung, dass die aus ob­jek­ti­ven Gründen er­fol­gen­de In­an­spruch­nah­me be­fris­te­ter Ar­beits­verträge hel­fe, Miss­brauch zu ver­mei­den (vgl. Ur­tei­le Aden­eler u. a., EU:C:2006:443, Rn. 67, so­wie Fia­min­go u. a., EU:C:2014:2044, Rn. 58).
87 Der Be­griff „sach­li­che Gründe“ in Pa­ra­graf 5 Nr. 1 Buchst. a der Rah­men­ver­ein­ba­rung ist, wie der Ge­richts­hof be­reits ent­schie­den hat, da­hin zu ver­ste­hen, dass er ge­nau be­zeich­ne­te, kon­kre­te Umstände meint, die ei­ne be­stimm­te Tätig­keit kenn­zeich­nen und da­her in die­sem spe­zi­el­len Zu­sam­men­hang den Ein­satz auf­ein­an­der­fol­gen­der be­fris­te­ter Ar­beits­verträge recht­fer­ti­gen können. Die­se Umstände können sich et­wa aus der be­son­de­ren Art der Auf­ga­ben, zu de­ren Erfüllung die Verträge ge­schlos­sen wor­den sind, und de­ren We­sens­merk­ma­len oder ge­ge­be­nen­falls aus der Ver­fol­gung ei­nes le­gi­ti­men so­zi­al­po­li­ti­schen Ziels durch ei­nen Mit­glied­staat er­ge­ben (Ur­teil Kücük, EU:C:2012:39, Rn. 27 und die dort an­geführ­te Recht­spre­chung).
88 Hin­ge­gen entspräche ei­ne na­tio­na­le Vor­schrift, die sich dar­auf be­schränk­te, den Rück­griff auf auf­ein­an­der­fol­gen­de be­fris­te­te Ar­beits­verträge all­ge­mein und abs­trakt durch Ge­setz oder Ver­ord­nung zu­zu­las­sen, nicht den in der vor­ste­hen­den Rand­num­mer dar­ge­leg­ten Er­for­der­nis­sen. Ei­ner sol­chen rein for­ma­len Vor­schrift las­sen sich nämlich kei­ne ob­jek­ti­ven und trans­pa­ren­ten Kri­te­ri­en für die Prüfung ent­neh­men, ob die Verlänge­rung der­ar­ti­ger Verträge tatsächlich ei­nem ech­ten Be­darf ent­spricht und zur Er­rei­chung des ver­folg­ten Ziels ge­eig­net und er­for­der­lich ist. Ei­ne sol­che Vor­schrift birgt so­mit die kon­kre­te Ge­fahr ei­nes miss­bräuch­li­chen Rück­griffs auf der­ar­ti­ge Verträge und ist da­her mit dem Ziel und der prak­ti­schen Wirk­sam­keit der Rah­men­ver­ein­ba­rung un­ver­ein­bar (Ur­teil Kücük, EU:C:2012:39, Rn. 28 und 29 so­wie die dort an­geführ­te Recht­spre­chung).
89 Im vor­lie­gen­den Fall ist zunächst fest­zu­stel­len, dass den Vor­la­ge­ent­schei­dun­gen und den in der münd­li­chen Ver­hand­lung vor­ge­tra­ge­nen Erläute­run­gen zu­fol­ge die Ein­stel­lung von Per­so­nal in staat­li­chen Schu­len nach der in den Aus­gangs­ver­fah­ren frag­li­chen na­tio­na­len Re­ge­lung, wie sie im Ge­setz Nr. 124/1999 vor­ge­se­hen ist, ent­we­der un­be­fris­tet durch Ein­wei­sung in ei­ne Plan­stel­le oder be­fris­tet im Rah­men von Ver­tre­tun­gen er­folgt. Ein­wei­sun­gen in ei­ne Plan­stel­le wer­den nach ei­nem zwei­glei­si­gen Sys­tem („sis­te­ma del dop­pio ca­na­le“) vor­ge­nom­men, d. h., die Hälf­te der frei­en Stel­len in ei­nem be­stimm­ten Schul­jahr wird im We­ge von Aus­wahl­ver­fah­ren auf­grund von Befähi­gungs­nach­wei­sen und Prüfun­gen be­setzt und die an­de­re Hälf­te durch Rück­griff auf die ständi­gen Rang­lis­ten, in die zum ei­nen Lehr­kräfte auf­ge­nom­men wur­den, die ein sol­ches Aus­wahl­ver­fah­ren be­stan­den ha­ben, oh­ne je­doch ei­ne Fest­an­stel­lung er­hal­ten zu ha­ben, und zum an­de­ren Lehr­kräfte, die von Wei­ter­bil­dungs­schu­len für den Un­ter­richt ver­an­stal­te­te Lehrgänge be­sucht ha­ben. Bei Ver­tre­tun­gen wer­den die­sel­ben Lis­ten her­an­ge­zo­gen, wo­bei ei­ne Auf­ein­an­der­fol­ge von Ver­tre­tun­gen durch die­sel­be Lehr­kraft de­ren Vorrücken auf der Lis­te mit sich bringt und zu ih­rer Ein­wei­sung in ei­ne Plan­stel­le führen kann.
90 Aus den Vor­la­ge­ent­schei­dun­gen geht wei­ter her­vor, dass die frag­li­che na­tio­na­le Re­ge­lung, wie sie sich aus Art. 4 des Ge­set­zes Nr. 124/1999 in Ver­bin­dung mit Art. 1 des De­krets Nr. 131/2007 er­gibt, drei Ar­ten von Ver­tre­tun­gen vor­sieht: ers­tens Jah­res­ver­tre­tun­gen bis zum En­de des Schul­jahrs, d. h. bis 31. Au­gust, auf verfügba­re und freie Stel­len des „recht­li­chen“ Stel­len­plans - wenn al­so ei­ne Plan­stel­le nicht be­setzt ist -, so­lan­ge Aus­wahl­ver­fah­ren zur Ein­stel­lung von planmäßigem Per­so­nal nicht ab­ge­schlos­sen sind, zwei­tens be­fris­te­te Ver­tre­tun­gen bis zum En­de der Lehrtätig­keit, d. h. bis 30. Ju­ni, auf Stel­len des „fak­ti­schen“ Stel­len­plans bei Stel­len, die nicht frei, aber verfügbar sind, und drit­tens be­fris­te­te oder Kurz­zeit­ver­tre­tun­gen in den übri­gen Fällen, die dann en­den, wenn die Not­wen­dig­keit für ih­re Vor­nah­me entfällt.
91 Her­vor­zu­he­ben ist, dass ei­ne na­tio­na­le Re­ge­lung, die die Verlänge­rung be­fris­te­ter Ar­beits­verträge zu dem Zweck er­laubt, Mit­ar­bei­ter der staat­li­chen Schu­len bis zum Ab­schluss von Aus­wahl­ver­fah­ren zur Ein­stel­lung von planmäßigem Per­so­nal oder aber Mit­ar­bei­ter die­ser Schu­len, die ih­re Auf­ga­ben zeit­wei­se nicht wahr­neh­men können, zu ver­tre­ten, als sol­che nicht ge­gen die Rah­men­ver­ein­ba­rung verstößt. Die vorüber­ge­hen­de Ver­tre­tung ei­nes Ar­beit­neh­mers, um im We­sent­li­chen ei­nen zeit­wei­li­gen Ar­beits­kräfte­be­darf des Ar­beit­ge­bers zu de­cken, kann nämlich grundsätz­lich ei­nen „sach­li­chen Grund“ im Sin­ne von Pa­ra­graf 5 Nr. 1 Buchst. a der Rah­men­ver­ein­ba­rung dar­stel­len (vgl. in die­sem Sin­ne Ur­tei­le An­gel­i­da­ki u. a., C-378/07 bis C-380/07, EU:C:2009:250, Rn. 101 und 102, so­wie Kücük, EU:C:2012:39, Rn. 30).
92 Hier­zu ist zunächst dar­auf hin­zu­wei­sen, dass in ei­ner Ver­wal­tung, die, wie das Un­ter­richts­we­sen, über ei­ne große Zahl von Mit­ar­bei­tern verfügt, es un­ver­meid­lich ist, dass ins­be­son­de­re auf­grund des Aus­falls von Beschäftig­ten, die Krank­heits-, Mut­ter­schafts-, El­tern- oder an­de­ren Ur­laub in An­spruch neh­men, häufig vorüber­ge­hen­de Ver­tre­tun­gen er­for­der­lich sind. Un­ter die­sen Umständen kann die vorüber­ge­hen­de Ver­tre­tung von Ar­beit­neh­mern ei­nen sach­li­chen Grund im Sin­ne von Pa­ra­graf 5 Nr. 1 Buchst. a der Rah­men­ver­ein­ba­rung bil­den, der so­wohl die Be­fris­tung der mit den Ver­tre­tungs­kräften ge­schlos­se­nen Verträge als auch, bei Be­darf, de­ren Verlänge­rung recht­fer­tigt, so­fern die in­so­weit in der Rah­men­ver­ein­ba­rung auf­ge­stell­ten An­for­de­run­gen be­ach­tet wer­den (vgl. in die­sem Sin­ne Ur­teil Kücük, EU:C:2012:39, Rn. 31).
93 Dies gilt um­so mehr, wenn mit der na­tio­na­len Re­ge­lung, die die Verlänge­rung be­fris­te­ter Ar­beits­verträge im Fall der vorüber­ge­hen­den Ver­tre­tung recht­fer­tigt, zu­gleich Zie­le ver­folgt wer­den, die als le­gi­ti­me so­zi­al­po­li­ti­sche Zie­le an­er­kannt sind. Wie nämlich aus Rn. 87 des vor­lie­gen­den Ur­teils her­vor­geht, fällt die Ver­fol­gung sol­cher Zie­le un­ter den Be­griff des „sach­li­chen Grun­des“ in Pa­ra­graf 5 Nr. 1 Buchst. a der Rah­men­ver­ein­ba­rung. Mit Maßnah­men, die et­wa dem Schutz bei Schwan­ger­schaft und Mut­ter­schaft die­nen und es Männern und Frau­en ermögli­chen sol­len, ih­ren be­ruf­li­chen und fa­mi­liären Ver­pflich­tun­gen glei­cher­maßen nach­zu­kom­men, wer­den aber le­gi­ti­me so­zi­al­po­li­ti­sche Zie­le ver­folgt (vgl. Ur­teil Kücük, EU:C:2012:39, Rn. 32 und 33 und die dort an­geführ­te Recht­spre­chung).
94 So­dann ist fest­zu­stel­len, dass, wie sich ins­be­son­de­re aus der Vor­la­ge­ent­schei­dung in der Rechts­sa­che C-418/13 er­gibt, das Recht auf Bil­dung ein durch die Ver­fas­sung der Ita­lie­ni­schen Re­pu­blik ga­ran­tier­tes Grund­recht ist, das die­sen Staat zwingt, den Schul­dienst so ein­zu­rich­ten, dass zwi­schen der Zahl der Lehr­kräfte und der Zahl der Schüler ein stets an­ge­mes­se­nes Verhält­nis be­steht. Un­be­streit­bar hängt die­ses Verhält­nis je­doch von ei­ner Viel­zahl von Fak­to­ren ab, von de­nen ei­ni­ge in ge­wis­sem Um­fang schwer zu kon­trol­lie­ren oder vor­her­zu­se­hen sind, wie et­wa ex­ter­ne und in­ter­ne Mi­gra­ti­ons­ströme oder die Wahl von Fach­rich­tun­gen durch die Schüler.
95 Es ist ein­zuräum­en, dass sol­che Fak­to­ren in dem im Aus­gangs­ver­fah­ren be­trof­fe­nen Sek­tor des Un­ter­richts­we­sens von der Not­wen­dig­keit be­son­de­rer Fle­xi­bi­lität zeu­gen, die im Ein­klang mit der in Rn. 70 des vor­lie­gen­den Ur­teils an­geführ­ten Recht­spre­chung den Rück­griff auf auf­ein­an­der­fol­gen­de be­fris­te­te Ar­beits­verträge in die­ser spe­zi­el­len Bran­che gemäß Pa­ra­graf 5 Nr. 1 Buchst. a der Rah­men­ver­ein­ba­rung ob­jek­tiv recht­fer­ti­gen kann, um dem Be­darf der Schu­len an­ge­mes­sen ge­recht zu wer­den und zu ver­hin­dern, dass der Staat als Ar­beit­ge­ber in die­ser Bran­che dem Ri­si­ko aus­ge­setzt wird, er­heb­lich mehr fes­te Lehr­kräfte an­zu­stel­len, als es zur Erfüllung sei­ner Ver­pflich­tun­gen auf die­sem Ge­biet tatsächlich not­wen­dig wäre.
96 Sch­ließlich ist fest­zu­stel­len, dass es, wenn ein Mit­glied­staat in den von ihm ver­wal­te­ten Schu­len den Zu­gang zu Dau­er­plan­stel­len den­je­ni­gen Mit­ar­bei­tern, die ein Aus­wahl­ver­fah­ren be­stan­den ha­ben, durch Ein­wei­sung in ei­ne Plan­stel­le vor­behält, nach der ge­nann­ten Be­stim­mung auch ob­jek­tiv ge­recht­fer­tigt sein kann, die zu be­set­zen­den Stel­len bis zum Ab­schluss die­ser Aus­wahl­ver­fah­ren mit­tels auf­ein­an­der­fol­gen­der be­fris­te­ter Ar­beits­verträge zu be­set­zen.
97 Die Kläger der Aus­gangs­ver­fah­ren ma­chen je­doch gel­tend, die in den Aus­gangs­ver­fah­ren frag­li­che, sich aus Art. 4 Abs. 1 des Ge­set­zes Nr. 124/1999 er­ge­ben­de na­tio­na­le Re­ge­lung, die ge­ra­de die Verlänge­rung be­fris­te­ter Ar­beits­verträge ermögli­che, um freie und verfügba­re Stel­len „bis zum Ab­schluss der Aus­wahl­ver­fah­ren zur Ein­stel­lung planmäßiger Lehr­kräfte“ durch Jah­res­ver­tre­tun­gen zu be­set­zen, führe in der Pra­xis zu ei­nem miss­bräuch­li­chen Rück­griff auf auf­ein­an­der­fol­gen­de be­fris­te­te Ar­beits­verträge, da über den Zeit­punkt, zu dem die­se Aus­wahl­ver­fah­ren durch­zuführen sei­en, kei­ner­lei Ge­wiss­heit be­ste­he. Durch die Verlänge­rung sol­cher be­fris­te­ter Ar­beits­verträge wer­de es so­mit ermöglicht, ei­nen ständi­gen und dau­er­haf­ten Per­so­nal­be­darf in den staat­li­chen Schu­len zu de­cken, der sich aus ei­nem struk­tu­rel­len Man­gel an fest an­ge­stell­tem Per­so­nal er­ge­be.
98 Die ita­lie­ni­sche Re­gie­rung macht ih­rer­seits gel­tend, das in Rn. 89 des vor­lie­gen­den Ur­teils be­schrie­be­ne zwei­glei­si­ge Sys­tem ermögli­che es, be­fris­tet ein­ge­stell­te Mit­ar­bei­ter staat­li­cher Schu­len ei­ner Schie­ne zu­zuführen, die zu ih­rer Ein­wei­sung in ei­ne Plan­stel­le führe, da die Be­trof­fe­nen nicht nur an öffent­li­chen Aus­wahl­ver­fah­ren teil­neh­men könn­ten, son­dern durch das sich aus der Auf­ein­an­der­fol­ge von Ver­tre­tun­gen er­ge­ben­de Vorrücken auf der Rang­lis­te ei­ne be­stimm­te Zahl be­fris­te­ter Tätig­keits­zeiträume nach­wei­sen könn­ten, die für ei­ne Ein­wei­sung in ei­ne Plan­stel­le aus­reich­ten. Die­se Lis­ten müss­ten je­doch in dem Sin­ne „aus­geschöpft“ wer­den, dass nach Auf­nah­me ei­ner be­stimm­ten Zahl von Lehr­kräften kei­ne wei­te­ren hin­zu­gefügt wer­den dürf­ten. Die Lis­ten stell­ten so­mit ein In­stru­ment dar, das prekären Beschäfti­gungs­verhält­nis­sen ent­ge­gen­wir­ke. Un­abhängig von be­son­de­ren tatsächli­chen Umständen sei die frag­li­che na­tio­na­le Re­ge­lung da­her als mit Pa­ra­graf 5 Nr. 1 Buchst. a der Rah­men­ver­ein­ba­rung im Ein­klang ste­hend an­zu­se­hen.
99 Hier­zu ist dar­auf hin­zu­wei­sen, dass ei­ne na­tio­na­le Re­ge­lung, die die Verlänge­rung auf­ein­an­der­fol­gen­der be­fris­te­ter Ar­beits­verträge zum Zweck der Ver­tre­tung von Per­so­nal bis zum Ab­schluss von Aus­wahl­ver­fah­ren zulässt, zwar durch ei­nen sach­li­chen Grund ge­recht­fer­tigt sein kann, doch muss die kon­kre­te An­wen­dung die­ses Grun­des un­ter Berück­sich­ti­gung der Be­son­der­hei­ten der be­tref­fen­den Tätig­keit und der Be­din­gun­gen ih­rer Ausübung den An­for­de­run­gen der Rah­men­ver­ein­ba­rung ent­spre­chen. Bei der An­wen­dung der be­tref­fen­den na­tio­na­len Be­stim­mung müssen die zuständi­gen Stel­len des­halb in der La­ge sein, ob­jek­ti­ve und trans­pa­ren­te Kri­te­ri­en für die Prüfung her­aus­zu­ar­bei­ten, ob die Verlänge­rung der­ar­ti­ger Verträge tatsächlich ei­nem ech­ten Be­darf ent­spricht und ob sie zur Er­rei­chung des ver­folg­ten Ziels ge­eig­net und er­for­der­lich ist (vgl. in die­sem Sin­ne Ur­teil Kücük, EU:C:2012:39, Rn. 34 und die dort an­geführ­te Recht­spre­chung).
100 Wie der Ge­richts­hof je­doch schon wie­der­holt ent­schie­den hat, ist die Verlänge­rung be­fris­te­ter Ar­beits­verträge oder -verhält­nis­se zur De­ckung ei­nes Be­darfs, der in Wirk­lich­keit kein zeit­wei­li­ger, son­dern ein ständi­ger und dau­er­haf­ter ist, nicht im Sin­ne von Pa­ra­graf 5 Nr. 1 Buchst. a der Rah­men­ver­ein­ba­rung ge­recht­fer­tigt. Ein sol­cher Ein­satz be­fris­te­ter Ar­beits­verträge oder -verhält­nis­se läuft nämlich der Prämis­se der Rah­men­ver­ein­ba­rung un­mit­tel­bar zu­wi­der, dass un­be­fris­te­te Ar­beits­verträge die übli­che Form der Beschäfti­gungs­verhält­nis­se sind, auch wenn be­fris­te­te Ar­beits­verträge für die Beschäfti­gung in be­stimm­ten Bran­chen oder für be­stimm­te Be­ru­fe und Tätig­kei­ten cha­rak­te­ris­tisch sind (Ur­teil Kücük, EU:C:2012:39, Rn. 36 und 37 so­wie die dort an­geführ­te Recht­spre­chung).
101 Zur Be­ach­tung von Pa­ra­graf 5 Nr. 1 Buchst. a der Rah­men­ver­ein­ba­rung ist es so­mit er­for­der­lich, dass kon­kret ge­prüft wird, ob die Verlänge­rung auf­ein­an­der­fol­gen­der be­fris­te­ter Ar­beits­verträge oder -verhält­nis­se zur De­ckung ei­nes zeit­wei­li­gen Be­darfs dient und ob ei­ne na­tio­na­le Be­stim­mung wie Art. 4 Abs. 1 des Ge­set­zes Nr. 124/1999 in Ver­bin­dung mit Art. 1 des De­krets Nr. 131/2007 nicht in Wirk­lich­keit ein­ge­setzt wird, um ei­nen ständi­gen und dau­er­haf­ten Ar­beits­kräfte­be­darf des Ar­beit­ge­bers zu de­cken (vgl. in die­sem Sin­ne Ur­teil Kücük, EU:C:2012:39, Rn. 39 und die dort an­geführ­te Recht­spre­chung).
102 Da­zu sind stets al­le Umstände des Ein­zel­falls zu prüfen und da­bei na­ment­lich die Zahl der mit der­sel­ben Per­son oder zur Ver­rich­tung der glei­chen Ar­beit ge­schlos­se­nen auf­ein­an­der­fol­gen­den be­fris­te­ten Verträge zu berück­sich­ti­gen, um aus­zu­sch­ließen, dass Ar­beit­ge­ber miss­bräuch­lich auf be­fris­te­te Ar­beits­verträge oder -verhält­nis­se zurück­grei­fen, mögen die­se auch dem An­schein nach zur De­ckung ei­nes Ver­tre­tungs­be­darfs ge­schlos­sen wor­den sein (vgl. in die­sem Sin­ne Ur­teil Kücük, EU:C:2012:39, Rn. 40 so­wie die dort an­geführ­te Recht­spre­chung).
103 Das Vor­lie­gen ei­nes „sach­li­chen Grun­des“ im Sin­ne von Pa­ra­graf 5 Nr. 1 Buchst. a der Rah­men­ver­ein­ba­rung schließt da­her ei­nen Miss­brauch grundsätz­lich aus, es sei denn, ei­ne um­fas­sen­de Prüfung der mit der Verlänge­rung der be­tref­fen­den be­fris­te­ten Ar­beits­verträge oder -verhält­nis­se ver­bun­de­nen Umstände zeigt, dass die vom Ar­beit­neh­mer zu er­brin­gen­den Leis­tun­gen ei­nem nicht nur vorüber­ge­hen­den Be­darf ent­spre­chen (Ur­teil Kücük, EU:C:2012:39, Rn. 51).
104 In­fol­ge­des­sen kann der bloße Um­stand, dass die in den Aus­gangs­ver­fah­ren frag­li­che na­tio­na­le Re­ge­lung mögli­cher­wei­se durch ei­nen „sach­li­chen Grund“ im Sin­ne die­ser Be­stim­mung ge­recht­fer­tigt ist, ent­ge­gen der Auf­fas­sung der ita­lie­ni­schen Re­gie­rung nicht genügen, um sie mit die­ser Be­stim­mung in Ein­klang zu brin­gen, wenn sich zeigt, dass ih­re kon­kre­te An­wen­dung tatsächlich zu ei­nem miss­bräuch­li­chen Rück­griff auf auf­ein­an­der­fol­gen­de be­fris­te­te Ar­beits­verträge führt.
105 Zwar ist in­so­weit zu be­ach­ten, dass nach der in den Rn. 81 und 82 des vor­lie­gen­den Ur­teils an­geführ­ten Recht­spre­chung je­de Be­ur­tei­lung der Tat­sa­chen im Rah­men des Ver­fah­rens des Art. 267 AEUV in die Zuständig­keit der na­tio­na­len Ge­rich­te fällt, doch ist den dem Ge­richts­hof in den vor­lie­gen­den Rechts­sa­chen un­ter­brei­te­ten An­ga­ben zu ent­neh­men, dass, wie im Übri­gen die ita­lie­ni­sche Re­gie­rung selbst einräumt, die Zeit­span­ne bis zur Ein­wei­sung der Lehr­kräfte in ei­ne Plan­stel­le im Rah­men die­ser Re­ge­lung eben­so va­ria­bel wie un­ge­wiss ist.
106 Zum ei­nen ist nämlich, wie schon aus dem Wort­laut der ers­ten Fra­ge in der Rechts­sa­che C-418/13 her­vor­geht, un­strei­tig, dass die in den Aus­gangs­ver­fah­ren frag­li­che na­tio­na­le Re­ge­lung kei­ne kon­kre­te Frist für die Durchführung der Aus­wahl­ver­fah­ren be­stimmt, die von den fi­nan­zi­el­len Möglich­kei­ten des Staa­tes und dem Er­mes­sen der Ver­wal­tung abhängt. So sind nach den von der Cor­te co­sti­tu­zio­na­le in der Vor­la­ge­ent­schei­dung in die­ser Rechts­sa­che selbst ge­trof­fe­nen Fest­stel­lun­gen in den Jah­ren 2000 bis 2011 kei­ne Aus­wahl­ver­fah­ren durch­geführt wor­den.
107 Zum an­de­ren ist den Erläute­run­gen der ita­lie­ni­schen Re­gie­rung zu ent­neh­men, dass ei­ne durch das Vorrücken der Lehr­kräfte auf der Rang­lis­te be­wirk­te Ein­wei­sung in ei­ne Plan­stel­le, wie die Kom­mis­si­on zu Recht her­vor­ge­ho­ben hat, von zufälli­gen und un­vor­her­seh­ba­ren Umständen abhängt, da sie sich nach der Ge­samt­dau­er der be­fris­te­ten Ar­beits­verträge so­wie da­nach rich­tet, wel­che Stel­len in der Zwi­schen­zeit frei ge­wor­den sind.
108 Folg­lich kann mit ei­ner na­tio­na­len Re­ge­lung wie der in den Aus­gangs­ver­fah­ren frag­li­chen, ob­wohl sie den Rück­griff auf be­fris­te­te Ar­beits­verträge für Jah­res­ver­tre­tun­gen bei frei­en und verfügba­ren Stel­len in staat­li­chen Schu­len for­mal nur für ei­nen be­grenz­ten Zeit­raum zulässt, der mit dem Ab­schluss von Aus­wahl­ver­fah­ren en­det, nicht gewähr­leis­tet wer­den, dass die kon­kre­te An­wen­dung die­ses sach­li­chen Grun­des in An­be­tracht der Be­son­der­hei­ten der be­tref­fen­den Tätig­keit und der Be­din­gun­gen ih­rer Ausübung den An­for­de­run­gen der Rah­men­ver­ein­ba­rung ent­spricht.
109 Da nämlich ein ge­nau­er Zeit­punkt für die Durchführung und den Ab­schluss der Aus­wahl­ver­fah­ren, nach de­ren Maßga­be die Ver­tre­tung en­det, und da­mit ei­ne wirk­li­che Be­gren­zung der Zahl der von ein und dem­sel­ben Ar­beit­neh­mer wahr­ge­nom­me­nen Jah­res­ver­tre­tun­gen im Hin­blick auf die Be­set­zung der be­tref­fen­den frei­en Stel­le fehlt, lässt ei­ne sol­che Re­ge­lung es un­ter Ver­s­toß ge­gen Pa­ra­graf 5 Nr. 1 Buchst. a der Rah­men­ver­ein­ba­rung zu, dass be­fris­te­te Ar­beits­verträge verlängert wer­den, um ei­nen Be­darf zu de­cken, der tatsächlich nicht vorläufi­ger, son­dern we­gen des struk­tu­rel­len Man­gels an Plan­stel­len für fest an­ge­stell­te Mit­ar­bei­ter in dem be­tref­fen­den Mit­glied­staat ständi­ger und dau­er­haf­ter Na­tur ist. Die­se Fest­stel­lung wird nicht nur durch die in den Rn. 23 und 37 des vor­lie­gen­den Ur­teils be­schrie­be­ne Si­tua­ti­on der Kläger der Aus­gangs­ver­fah­ren bestätigt, son­dern auch - all­ge­mei­ner - durch die An­ga­ben, die dem Ge­richts­hof im Rah­men der vor­lie­gen­den Rechts­sa­chen un­ter­brei­tet wor­den sind. So zeigt sich, dass je nach den Be­zugs­jah­ren und Quel­len et­wa 30 %, wenn nicht so­gar - so die An­ga­ben des Tri­bu­na­le di Na­po­li - 61 % des Ver­wal­tungs-, des tech­ni­schen und des Hilfs­per­so­nals staat­li­cher Schu­len im Rah­men be­fris­te­ter Ar­beits­verträge beschäftigt wer­den und dass zwi­schen 2006 und 2011 die auf­grund sol­cher Verträge täti­gen Lehr­kräfte die­ser Schu­len 13 % bis 18 % al­ler ih­rer Lehr­kräfte aus­mach­ten.
110 In die­sem Zu­sam­men­hang ist dar­auf hin­zu­wei­sen, dass Haus­halts­erwägun­gen zwar den so­zi­al­po­li­ti­schen Ent­schei­dun­gen ei­nes Mit­glied­staats zu­grun­de lie­gen und Art oder Aus­maß der Maßnah­men, die er zu tref­fen ge­denkt, be­ein­flus­sen können, aber für sich ge­nom­men kein so­zi­al­po­li­ti­sches Ziel dar­stel­len. Sol­che Erwägun­gen können da­her nicht das Feh­len von Maßnah­men zur Ver­mei­dung ei­nes miss­bräuch­li­chen Rück­griffs auf auf­ein­an­der­fol­gen­de be­fris­te­te Ar­beits­verträge im Sin­ne von Pa­ra­graf 5 Nr. 1 der Rah­men­ver­ein­ba­rung recht­fer­ti­gen (vgl. ent­spre­chend Ur­teil Thie­le Me­ne­ses, C-220/12, EU:C:2013:683, Rn. 43 und die dort an­geführ­te Recht­spre­chung).
111 Je­den­falls ist fest­zu­stel­len, dass, wie aus Rn. 89 des vor­lie­gen­den Ur­teils her­vor­geht, ei­ne na­tio­na­le Re­ge­lung wie die in den Aus­gangs­ver­fah­ren frag­li­che den Zu­gang zu Dau­er­plan­stel­len in staat­li­chen Schu­len dann nicht den Mit­ar­bei­tern, die ein Aus­wahl­ver­fah­ren be­stan­den ha­ben, vor­behält, wenn sie da­ne­ben im Rah­men des zwei­glei­si­gen Sys­tems auch den­je­ni­gen Lehr­kräften die Ein­wei­sung in ei­ne Plan­stel­le ermöglicht, die le­dig­lich Lehrgänge be­sucht ha­ben. Wie die Kom­mis­si­on in der münd­li­chen Ver­hand­lung gel­tend ge­macht hat, kann es un­ter die­sen Umständen - was je­doch von den vor­le­gen­den Ge­rich­ten zu prüfen ist - kei­nes­wegs oh­ne Wei­te­res als ob­jek­tiv ge­recht­fer­tigt im Sin­ne von Pa­ra­graf 5 Nr. 1 Buchst. a der Rah­men­ver­ein­ba­rung an­ge­se­hen wer­den, dass im vor­lie­gen­den Fall auf auf­ein­an­der­fol­gen­de be­fris­te­te Ar­beits­verträge zurück­ge­grif­fen wird, um bis zum Ab­schluss der Aus­wahl­ver­fah­ren freie und verfügba­re Stel­len in die­sen Schu­len zu be­set­zen.
112 In­so­weit ist der Kom­mis­si­on bei­zu­pflich­ten, dass ein Mit­glied­staat be­rech­tigt ist, bei der Um­set­zung von Pa­ra­graf 5 Nr. 1 der Rah­men­ver­ein­ba­rung nicht die Maßnah­me nach Nr. 1 Buchst. a die­ses Pa­ra­gra­fen zu er­grei­fen. Statt­des­sen kann er ei­ner oder bei­den der in Pa­ra­graf 5 Nr. 1 Buchst. b und c vor­ge­se­he­nen Maßnah­men den Vor­zug ge­ben, die die Ge­samthöchst­dau­er und die Zahl der Verlänge­run­gen sol­cher auf­ein­an­der­fol­gen­der Ar­beits­verträge oder -verhält­nis­se be­tref­fen, so­fern - un­abhängig da­von, wel­che Maßnah­me gewählt wird – ei­ne wirk­sa­me Ver­mei­dung des miss­bräuch­li­chen Ein­sat­zes be­fris­te­ter Ar­beits­verträge oder -verhält­nis­se si­cher­ge­stellt ist (vgl. in die­sem Sin­ne Ur­teil Fia­min­go u. a., EU:C:2014:2044, Rn. 61).
113 Mit­hin ist fest­zu­stel­len, dass nach den dem Ge­richts­hof im Rah­men der vor­lie­gen­den Rechts­sa­chen un­ter­brei­te­ten An­ga­ben ei­ne na­tio­na­le Re­ge­lung, wie sie in den Aus­gangs­ver­fah­ren in Re­de steht, vor­be­halt­lich der von den vor­le­gen­den Ge­rich­ten vor­zu­neh­men­den Prüfun­gen ent­ge­gen den in den Rn. 74 und 76 des vor­lie­gen­den Ur­teils an­geführ­ten Er­for­der­nis­sen kei­ne Maßnah­men zur Ver­mei­dung des miss­bräuch­li­chen Rück­griffs auf auf­ein­an­der­fol­gen­de be­fris­te­te Ar­beits­verträge im Sin­ne von Pa­ra­graf 5 Nr. 1 der Rah­men­ver­ein­ba­rung zu ent­hal­ten scheint.

- Zum Vor­lie­gen von Maßnah­men zur Ahn­dung des miss­bräuch­li­chen Rück­griffs auf auf­ein­an­der­fol­gen­de be­fris­te­te Ar­beits­verträge

114 Zum Vor­lie­gen von Maßnah­men zur Ahn­dung des miss­bräuch­li­chen Ein­sat­zes auf­ein­an­der­fol­gen­der be­fris­te­ter Ar­beits­verträge oder -verhält­nis­se ist zunächst fest­zu­stel­len, dass den Vor­la­ge­ent­schei­dun­gen zu­fol­ge die in den Aus­gangs­ver­fah­ren frag­li­che na­tio­na­le Re­ge­lung, wie die Cor­te co­sti­tu­zio­na­le aus­drück­lich in ih­rer zwei­ten Vor­la­ge­fra­ge in der Rechts­sa­che C-418/13 an­gibt, Ansprüche auf Er­satz des Scha­dens aus­sch­ließt, der durch den miss­bräuch­li­chen Rück­griff auf auf­ein­an­der­fol­gen­de be­fris­te­te Ar­beits­verträge im Sek­tor des Un­ter­richts­we­sens ent­stan­den ist. Ins­be­son­de­re ver­leiht die in Art. 36 Abs. 5 des De­cre­to le­gis­la­tivo Nr. 165/2001 für den Fall des miss­bräuch­li­chen Rück­griffs auf be­fris­te­te Ar­beits­verträge im öffent­li­chen Sek­tor vor­ge­se­he­ne Re­ge­lung un­strei­tig kei­nen sol­chen Scha­dens­er­satz­an­spruch in den Aus­gangs­ver­fah­ren.
115 Wie sich aus den Rn. 28 und 84 des vor­lie­gen­den Ur­teils er­gibt, ist fer­ner un­strei­tig, dass die in den Aus­gangs­ver­fah­ren frag­li­che Re­ge­lung auch kei­ne Um­wand­lung der auf­ein­an­der­fol­gen­den be­fris­te­ten Ar­beits­verträge in un­be­fris­te­te Ar­beits­verträge oder -verhält­nis­se zulässt, da die An­wen­dung von Art. 5 Abs. 4 bis des De­cre­to le­gis­la­tivo Nr. 368/2001 auf staat­li­che Schu­len aus­ge­schlos­sen ist.
116 Wie sich aus den Vor­la­ge­ent­schei­dun­gen und den Erklärun­gen der ita­lie­ni­schen Re­gie­rung er­gibt, be­steht da­her für ei­nen Ar­beit­neh­mer, der Ver­tre­tun­gen im Sin­ne von Art. 4 des Ge­set­zes Nr. 124/1999 in ei­ner staat­li­chen Schu­le wahr­ge­nom­men hat, die ein­zi­ge Möglich­keit, die Um­wand­lung sei­ner auf­ein­an­der­fol­gen­den be­fris­te­ten Ar­beits­verträge in ei­nen un­be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trag oder ein un­be­fris­te­tes Ar­beits­verhält­nis zu er­rei­chen, dar­in, in­fol­ge des Vorrückens auf der Rang­lis­te in ei­ne Plan­stel­le ein­ge­wie­sen zu wer­den.
117 Da ei­ne sol­che Möglich­keit, wie sich aus den Rn. 105 bis 107 des vor­lie­gen­den Ur­teils er­gibt, je­doch von Zufällen abhängt, kann sie nicht als Sank­ti­on an­ge­se­hen wer­den, die hin­rei­chend wirk­sam und ab­schre­ckend ist, um die vol­le Wirk­sam­keit der zur Durchführung der Rah­men­ver­ein­ba­rung er­las­se­nen Vor­schrif­ten zu gewähr­leis­ten.
118 Zwar ist ein Mit­glied­staat, wie be­reits in den Rn. 70 und 95 des vor­lie­gen­den Ur­teils her­vor­ge­ho­ben wor­den ist, bei der Um­set­zung von Pa­ra­graf 5 Nr. 1 der Rah­men­ver­ein­ba­rung be­rech­tigt, die An­for­de­run­gen be­stimm­ter Bran­chen wie der­je­ni­gen des Un­ter­richts­we­sens zu berück­sich­ti­gen, doch ist die­ses Recht nicht so zu ver­ste­hen, dass es ihn der Erfüllung der Ver­pflich­tung ent­hebt, an­ge­mes­se­ne Maßnah­men vor­zu­se­hen, um den miss­bräuch­li­chen Rück­griff auf auf­ein­an­der­fol­gen­de be­fris­te­te Ar­beits­verträge gebührend zu ahn­den.
119 So­mit ist fest­zu­stel­len, dass nach den dem Ge­richts­hof im Rah­men der vor­lie­gen­den Rechts­sa­chen un­ter­brei­te­ten An­ga­ben ei­ne na­tio­na­le Re­ge­lung wie die in den Aus­gangs­ver­fah­ren frag­li­che vor­be­halt­lich der von den vor­le­gen­den Ge­rich­ten vor­zu­neh­men­den Prüfun­gen nicht den An­for­de­run­gen zu ent­spre­chen scheint, die sich aus der in den Rn. 77 bis 80 des vor­lie­gen­den Ur­teils an­geführ­ten Recht­spre­chung er­ge­ben.
120 Dem­gemäß ist den vor­le­gen­den Ge­rich­ten zu ant­wor­ten, dass Pa­ra­graf 5 Nr. 1 der Rah­men­ver­ein­ba­rung da­hin aus­zu­le­gen ist, dass er ei­ner na­tio­na­len Re­ge­lung wie der in den Aus­gangs­ver­fah­ren frag­li­chen ent­ge­gen­steht, die bis zum Ab­schluss von Aus­wahl­ver­fah­ren zur Ein­stel­lung von planmäßigem Per­so­nal der staat­li­chen Schu­len die Verlänge­rung be­fris­te­ter Ar­beits­verträge zur Be­set­zung frei­er und verfügba­rer Plan­stel­len für Lehr­kräfte so­wie Ver­wal­tungs-, tech­ni­sches und Hilfs­per­so­nal zulässt, oh­ne ei­nen ge­nau­en Zeit­plan für den Ab­schluss die­ser Aus­wahl­ver­fah­ren an­zu­ge­ben und un­ter Aus­schluss je­der Möglich­keit für die­se Lehr­kräfte und die­ses Per­so­nal, Er­satz für den ih­nen durch ei­ne sol­che Ver­trags­verlänge­rung mögli­cher­wei­se ent­stan­de­nen Scha­den zu er­hal­ten. Die­ser Re­ge­lung las­sen sich nämlich, vor­be­halt­lich der von den vor­le­gen­den Ge­rich­ten vor­zu­neh­men­den Prüfun­gen, kei­ne ob­jek­ti­ven und trans­pa­ren­ten Kri­te­ri­en für die Prüfung ent­neh­men, ob die Verlänge­rung die­ser Verträge tatsächlich ei­nem ech­ten Be­darf ent­spricht und zur Er­rei­chung des ver­folg­ten Ziels ge­eig­net und er­for­der­lich ist, und sie enthält auch kei­ne an­de­re Maßnah­me zur Ver­mei­dung und Ahn­dung ei­nes miss­bräuch­li­chen Rück­griffs auf auf­ein­an­der­fol­gen­de be­fris­te­te Ar­beits­verträge.
121 Un­ter die­sen Umständen sind die wei­te­ren vom Tri­bu­na­le di Na­po­li in den Rechts­sa­chen C-22/13, C-61/13 und C-62/13 vor­ge­leg­ten Fra­gen nicht zu be­ant­wor­ten.

Kos­ten

122 Für die Par­tei­en der Aus­gangs­ver­fah­ren ist das Ver­fah­ren ein Zwi­schen­streit in den bei den vor­le­gen­den Ge­rich­ten anhängi­gen Rechts­strei­tig­kei­ten; die Kos­ten­ent­schei­dung ist da­her Sa­che die­ser Ge­rich­te. Die Aus­la­gen an­de­rer Be­tei­lig­ter für die Ab­ga­be von Erklärun­gen vor dem Ge­richts­hof sind nicht er­stat­tungsfähig.

Aus die­sen Gründen hat der Ge­richts­hof (Drit­te Kam­mer) für Recht er­kannt:

Pa­ra­graf 5 Abs. 1 der am 18. März 1999 ge­schlos­se­nen Rah­men­ver­ein­ba­rung über be­fris­te­te Ar­beits­verträge im An­hang der Richt­li­nie 1999/70/EG des Ra­tes vom 28. Ju­ni 1999 zu der EGB-UN­ICE-CEEP-Rah­men­ver­ein­ba­rung über be­fris­te­te Ar­beits­verträge ist da­hin aus­zu­le­gen, dass er ei­ner na­tio­na­len Re­ge­lung wie der in den Aus­gangs­ver­fah­ren frag­li­chen ent­ge­gen­steht, die bis zum Ab­schluss von Aus­wahl­ver­fah­ren zur Ein­stel­lung von planmäßigem Per­so­nal der staat­li­chen Schu­len die Verlänge­rung be­fris­te­ter Ar­beits­verträge zur Be­set­zung frei­er und verfügba­rer Plan­stel­len für Lehr­kräfte so­wie Ver­wal­tungs-, tech­ni­sches und Hilfs­per­so­nal zulässt, oh­ne ei­nen ge­nau­en Zeit­plan für den Ab­schluss die­ser Aus­wahl­ver­fah­ren an­zu­ge­ben und un­ter Aus­schluss je­der Möglich­keit für die­se Lehr­kräfte und die­ses Per­so­nal, Er­satz für den ih­nen durch ei­ne sol­che Ver­trags­verlänge­rung mögli­cher­wei­se ent­stan­de­nen Scha­den zu er­hal­ten. Die­ser Re­ge­lung las­sen sich nämlich, vor­be­halt­lich der von den vor­le­gen­den Ge­rich­ten vor­zu­neh­men­den Prüfun­gen, kei­ne ob­jek­ti­ven und trans­pa­ren­ten Kri­te­ri­en für die Prüfung ent­neh­men, ob die Verlänge­rung die­ser Verträge tatsächlich ei­nem ech­ten Be­darf ent­spricht und zur Er­rei­chung des ver­folg­ten Ziels ge­eig­net und er­for­der­lich ist, und sie enthält auch kei­ne an­de­re Maßnah­me zur Ver­mei­dung und Ahn­dung ei­nes miss­bräuch­li­chen Rück­griffs auf auf­ein­an­der­fol­gen­de be­fris­te­te Ar­beits­verträge.

Un­ter­schrif­ten

* Ver­fah­rens­spra­che: Ita­lie­nisch.

Quel­le: Ge­richts­hof der Eu­ropäischen Uni­on (EuGH), http://cu­ria.eu­ro­pa.eu

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