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Rückzahlungsklauseln mit überlanger Bindungsdauer sind insgesamt unwirksam
25.08.2009. Arbeitgeber übernehmen häufig die Kosten für Weiterbildungen eines Arbeitnehmers und stellen ihn für die Dauer der Bildungsmaßnahme unter Fortzahlung der Vergütung von der Arbeit frei.
Freilich sind sie dann nicht erfreut, wenn der Arbeitnehmer unmittelbar nach Abschluss der Weiterbildung dankend zur Konkurrenz abwandert.
Um unangenehmen Überraschungen dieser Art vorzubeugen, verpflichten viele Arbeitgeber vor Beginn einer von ihnen finanzierten Fortbildung den Arbeitnehmer vertraglich dazu, die Kosten zurückzuzahlen, falls dieser das Arbeitsverhältnis vor Ablauf einer bestimmten Bindungsfrist kündigt (oder Anlass für eine arbeitgeberseitige Kündigung gibt).
Es fragt sich dabei, wie hoch die Bindungsdauer sein darf, damit sie den Arbeitnehmer nicht unangemessen benachteiligt und somit unwirksam ist. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte jetzt die Möglichkeit letztinstanzlich darüber zu befinden: BAG, Urteil vom 14.01.2009, 3 AZR 900/07.
- Rückzahlungsklausel für Fortbildungskosten: Unwirksamkeit oder geltungserhaltende Reduktion bei überlanger Bindungsdauer?
- BAG: zu hohe Bindungsdauer führt zur Unwirksamkeit der gesamten Rückzahlungsvereinbarung
Rückzahlungsklausel für Fortbildungskosten: Unwirksamkeit oder geltungserhaltende Reduktion bei überlanger Bindungsdauer?
Arbeitsvertragliche Nebenabreden werden oft vom Arbeitgeber für eine Vielzahl von Verträgen einseitig vorformuliert und dem Arbeitnehmer zur Annahme gestellt, ohne dass der Arbeitnehmer durch Vertragsverhandlungen auf den Inhalt der Klauseln Einfluss nehmen kann. Solche Klauseln sind als Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) anzusehen. Sie werden von der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung seit jeher auf ihre inhaltliche Angemessenheit hin überprüft.
Seit der am 01.01.2002 in Kraft getretenen Schuldrechtsreform gelten die gesetzlichen Vorschriften über die AGB-Kontrolle auch für Arbeitsverhältnisse (zuvor war der gesamte Bereich des Arbeitsrechts von diesen Gesetzesvorschriften ausgenommen). Durch diese Gesetzesänderung kam es in den vergangenen Jahren zu zahlreichen Änderungen der Rechtsprechung des BAG zur AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht: Viele vom Arbeitgeber vorformulierte Vertragsbedingungen, die vor der Schuldrechtsreform als rechtens angesehen wurden, sind mittlerweile als unzulässig bewertet worden.
Eine der Rechtsänderungen betrifft die Frage, welche rechtlichen Folgen es hat, wenn eine als AGB anzusehende Vertragsklausel zu weitgehend bzw. unangemessen ist: Das BAG stutzte zu weitgehende Klauseln vor der Schuldrechtsreform in ständiger Rechtsprechung auf das rechtlich gerade noch zulässige Maß zurecht. Eine solche „geltungserhaltende Reduktion“ unzulässiger Vertragsklauseln begünstigt den AGB-Verwender bzw. den Arbeitgeber, da sie ihn von dem Risiko der völligen Unwirksamkeit seiner Klausel bewahrt.
Seit der Schuldrechtsreform ist diese Vorgehensweise (geltungserhaltende Reduktion) aber fragwürdig geworden, da im AGB-Recht immer schon der Grundsatz galt, dass AGB-Verwender das volle Risiko der rechtlichen Zulässigkeit ihrer Klauseln tragen müssen. Dementsprechend bestimmt § 306 Abs.2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) für den Fall der vollständigen oder teilweisen Unwirksamkeit von AGB, dass sich der Vertrag nach den gesetzlichen Vorschriften richtet (und nicht etwa nach der inhaltlich auf das gerade noch zulässige Maß reduzierten Vertragsklausel).
In der Praxis oft umstritten sind vorformulierte Vertragsklauseln, die denen der Arbeitnehmer für den Fall der Eigenkündigung des Arbeitsverhältnisses zur Rückzahlung der vom Arbeitgeber getragenen Fortbildungskosten verpflichtet wird. In der Regel überzieht der Arbeitgeber mit seiner Rückzahlungsklausel bzw. mit der darin vereinbarten Dauer der Vertragsbindung des Arbeitnehmers die von der Rechtsprechung gezogenen Höchstgrenzen. Diese sind seit Jahrzehnten bereits schematisch festgelegt, indem je nach Dauer der vom Arbeitgeber finanzierten Freistellung zum Zwecke der Fortbildung eine mehr oder weniger lange Vertragsbindung des Arbeitnehmers zulässig ist.
Mit Urteil vom 14.01.2009 (3 AZR 900/07) hatte das BAG über eine vorformulierte Rückzahlungsklausel zu entscheiden, die nach den Maßstäben der Rechtsprechung unangemessen war, da die Bindungsdauer von fünf Jahren offensichtlich viel zu lang war. Hier hatte der Arbeitgeber einer Arbeitnehmerin einen von der Handwerkskammer angebotenen betriebswirtschaftlichen Lehrgang finanziert. Die Lehrgangsdauer betrug etwa drei Monate, von denen die Hälfte vom Arbeiteber bezahlt und die andere Hälfte von der Arbeitnehmerin durch Verwendung ihres Urlaubsanspruchs beigesteuert wurde. Nach den Maßstäben der Rechtsprechung hätte hier eine höchstens zwei Jahre dauernde Vertragsbindung vereinbart werden können.
Der Arbeitgeber verlangte von der vorzeitig ausgeschiedenen Arbeitnehmerin Rückzahlung eines Teils der Lehrgangskosten und berief sich darauf, dass jedenfalls ein Teil seiner Forderung berechtigt sei, da eine zweijährige Bindung rechtlich zulässig gewesen wäre und die Arbeitnehmerin bereits vor diesem Zeitpunkt ausgeschieden war. Das Arbeitsgericht Dessau (Urteil vom 25.01.2007, 10 Ca 150/06), das Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt (Urteil vom 06.09.2007, 10 Sa 142/07) und zuletzt das BAG gaben der Klägerin recht, da sie eine geltungserhaltende Reduktion der Rückzahlungsklausel für unzulässig hielten.
BAG: zu hohe Bindungsdauer führt zur Unwirksamkeit der gesamten Rückzahlungsvereinbarung
Das BAG stellt in den Urteilsgründen klar, dass rechtlich unzulässige Rückzahlungsklauseln insgesamt unwirksam sind. Damit gibt das BAG seine bisherige Rechtsprechung ausdrücklich auf. Hierzu heißt es in einem der Leitsätze der Entscheidung (Leitsatz 3.)):
„Gibt der Arbeitgeber eine zu lange Bindungsdauer vor, ist die daran geknüpfte Rückzahlungsklausel grundsätzlich insgesamt unwirksam. Ein Rückzahlungsanspruch besteht nicht.“
Darüber hinaus wird in den Urteilsgründen die bisherige Rechtsprechung, nach der die Dauer der formularvertraglich möglichen Bindungsdauer von der Dauer der vom Arbeitgeber finanzierten Freistellung des Arbeitnehmers abhängig ist, nochmals bestätigt. Diese „Regelwerte“ lauten: Bei einer Fortbildungs- bzw. Freistellungsdauer von bis zu einem Monat ist eine Bindungsdauer bis zu sechs Monaten zulässig, bei einer Fortbildungs- bzw. Freistellungsdauer von bis zu zwei Monaten eine einjährige Bindung, bei einer Fortbildungs- bzw. Freistellungsdauer von drei bis vier Monaten eine zweijährige Bindung usw.
Diese Argumente wären für eine Urteilsbegründung eigentlich ausreichend: Der Arbeitgeber hatte die Bindungsdauer überzogen, daher war die Rückzahlungsklausel insgesamt unwirksam und somit auch die (rechtlich mögliche, hier aber nicht vereinbarte) Bindungsdauer für eine Zeit von bis zu zwei Jahren, folglich musste die Arbeitnehmerin gar nichts zurückzahlen.
Über diese Überlegungen hinaus weist das BAG allerdings darauf hin, dass je nach den Umständen des Einzelfalls auch eine „ergänzende Vertragsauslegung“ in Betracht kommen kann, wenn der totale Wegfall der Rückzahlungsklausel für den Arbeitgeber eine „unzumutbare Härte“ darstellen würde. Das wiederum kann nach Ansicht des BAG ausnahmsweise dann der Fall sein, wenn der Arbeitgeber die Dauer der im konkreten Fall zulässigen Vertragsbindung nicht hat erkennen können. „Es wäre unangemessen und würde den Interessen beider Parteien nicht gerecht“, so das BAG, „das sich daraus ergebende Prognoserisiko dem Arbeitgeber aufzuerlegen, wenn es für ihn objektiv schwierig war, die zulässige Bindungsdauer zu bestimmen.“ Da im vorliegenden Fall die Dauer der zulässigen Höchstbindung allerdings deutlich überzogen war, konnte sich der Arbeitgeber hier nicht auf eine Schwierigkeit bei der „Prognose“ berufen.
Kritisch ist anzumerken, dass es für die hier vom BAG angenommene Ausnahme (Prognoseproblemfall) von der Regel (keine geltungserhaltende Reduktion) aller Voraussicht nach kaum Anwendungsfälle geben wird, da der Arbeitgeber die Dauer der zulässigen Vertragsbindung auf der Grundlage der von der Rechtsprechung entwickelten „Regelwerte“ deutlich erkennen kann. Zumindest besteht darin der Sinn und Zweck der Regelwerte. Von daher fragt sich auch, welchen Wert die schematische Zuordnung von Lehrgangsdauer (Tatbestand) und Bindungsdauer (Rechtsfolge) eigentlich hat, wenn das vom Arbeitgeber zu tragende „Prognoserisiko“ dadurch nicht deutlich verringert wird.
Fazit: Die Rechtmäßigkeit einer Rückzahlungsklausel in Fällen der vom Arbeitgeber bezahlten Weiterbildung ist nach denselben Regeln zu beurteilen wie bisher. Im „Normalfall“ kommt es daher entscheidend auf die Dauer der vom Arbeitnehmer finanzierten Freistellung an. Anders sind allerdings die Rechtsfolgen einer rechtlich nicht zulässigen Dauer der Vertragsbindung.
Überzieht der Arbeitgeber an dieser Stelle, hat er von seiner Klausel nichts, da sie insgesamt wegfällt. Die vom BAG angesprochene Möglichkeit einer ergänzenden Vertragsauslegung in den Fällen, in denen der Arbeitgeber die rechtliche Höchstdauer der Vertragsbindung nicht hat erkennen können, wird demgegenüber voraussichtlich keine große Bedeutung bei der Rechtsanwendung haben.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14.01.2009, 3 AZR 900/07
- Bundesarbeitsgericht (Website)
- Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 06.09.2007, 10 Sa 142/07
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag und allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB)
- Handbuch Arbeitsrecht: Fortbildung
- Handbuch Arbeitsrecht: Rückzahlungsklausel
- Arbeitsrecht aktuell: 20/075 Eigenkündigung und Rückzahlung von Fortbildungskosten
- Arbeitsrecht aktuell: 11/134 Rückzahlung von Fortbildungskosten bei vorzeitiger Kündigung
- Arbeitsrecht aktuell: 09/019 Fortbildungskosten: Unwirksamkeit von Rückzahlungsklauseln bei überlanger Bindungsdauer
Letzte Überarbeitung: 16. Juli 2020
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