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Keine fristlose Kündigung wegen Entwendung von Sperrmüll (Kinderreisebett)
27.08.2009. Das Arbeitsgericht (ArbG) Mannheim hatte zu entscheiden, ob eine außerordentliche Kündigung als Reaktion auf die Entwendung einer praktisch wertlosen Sache möglich ist. Konkret hatte ein Arbeitnehmer ein auf dem Sperrmüll ausgesondertes Kinderreisebett entwendet.
Fraglich war hier vor allem, ob und inwieweit dem Arbeitnehmer eine Schädigungsabsicht vorgeworfen werden kann: ArbG Mannheim, Urteil vom 30.07.2009, 15 Ca 278/08.
- Außerodentliche Kündigung als Reaktion auf die Entwendung einer völlig wertlosen Sache
- Der Fall: Entwendung eines Kinderreisebetts aus dem Müllcontainer
- Das ArbG Mannheim sieht nur ein geringes Verschulden des Entlassenen
Außerodentliche Kündigung als Reaktion auf die Entwendung einer völlig wertlosen Sache
Verstößt ein Arbeitnehmer in erheblicher Weise gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten, indem er den Arbeitgeber bestiehlt oder betrügt, riskiert er eine außerordentliche fristlose Kündigung. Rechtsgrundlage für das Kündigungsrecht ist in solchen Fällen § 626 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), d.h. der Arbeitgeber kann sich auf einen wichtigen Grund im Sinne dieser Vorschrift berufen.
Für eine außerordentliche fristlose Kündigung genügt nach der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte auch der dringende, auf Tatsachen beruhenden Verdacht, dass der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber bestohlen oder betrogen hat. Die Möglichkeit einer solchen Verdachtskündigung folgt daraus, dass von einem Arbeitgeber nicht wie vom Staat im Rahmen der Strafverfolgung verlangt werden kann, die Schuld des unter Verdacht stehenden „möglichen Missetäters“ vor Gericht zu beweisen, da ein Arbeitgeber nicht über die faktischen und rechtlichen Möglichkeiten verfügt, die der Staat bei der Strafverfolgung einsetzen kann.
Weiterhin entspricht es der ganz herrschenden Meinung, dass eine außerordentliche Kündigung wegen einer zulasten des Arbeitgebers verübten Straftat (bzw. des Verdachts einer solchen Straftat) auch dann zulässig ist, wenn der Schaden sehr gering ist. Auf den Wert der vom Arbeitnehmer gestohlenen Sache kommt es daher nicht an. Aus diesem Grunde half es der fristlos gekündigten Kaiser´s-Kassiererin Barbara Emme („Emmely“) vor Gericht auch nicht, dass Kaiser´s ihr „nur“ zum Vorwurf machte, sie habe Leergutbons im Gesamtwert von 1,30 EUR entwendet (wir berichteten darüber in: Arbeitsrecht aktuell: 09/066 Urteilsgründe im Fall "Emmely" - fristlose Kündigung wegen 1,30 EUR).
Auch wenn man diese rechtlichen Grundsätze unterschreibt, ist eine außerordentliche Kündigung als Reaktion auf die Entwendung einer praktisch wertlosen Sache oft völlig überzogen. Fraglich ist nämlich in solchen Fällen, ob dem Arbeitnehmer überhaupt eine Schädigungsabsicht vorgeworfen werden kann. Und dementsprechend ist unverständlich, warum sich der Arbeitgeber über eine Zerstörung seines Vertrauens in die Redlichkeit des Arbeitnehmers beklagen kann.
Über einen solchen Fall hatte Ende Juli 2009 das Arbeitsgericht Mannheim zu entscheiden (Urteil vom 30.07.2009, 15 Ca 278/08).
Der Fall: Entwendung eines Kinderreisebetts aus dem Müllcontainer
Geklagt hatte der gewerbliche Arbeitnehmer Mehmet Güler, der bei dem beklagten Mannheimer Abfallentsorgungs- und Städtereinigungsunternehmen, der G.A.S. GmbH & Co KG, seit über acht Jahren beschäftigt ist und vor allem bei der Altpapiersortierung eingesetzt wird.
Am 05.12.2008 entnahm er ein Kinderreisebett aus dem Inhalt eines Altpapiercontainers, der zum Verarbeiten am Zuführband zur Altpapierpresse abgeladen worden war. Er nahm das Bett vor den Augen seiner Kollegen und verstaute es im Kofferraum seines Wagens, um es gegebenenfalls für sein Kind zu nutzen. Die Beklagte kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis fristlos wegen eines von dem Arbeitnehmer angeblich begangenen Diebstahls, hilfsweise fristgerecht.
Der Arbeitnehmer erhob dagegen Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Mannheim. Er verteidigte sich damit, dass ihm nicht bewusst gewesen sei, durch die Wegnahme von Sperrmüll einen Straftatbestand zu erfüllen. Vielmehr habe er in der Annahme gehandelt, das Kinderbett sei Abfall und werde ohnehin entsorgt.
Das ArbG Mannheim sieht nur ein geringes Verschulden des Entlassenen
Das Arbeitsgericht Mannheim erklärte sowohl die fristlose als auch die ordentliche Kündigung für unwirksam.
Soweit ersichtlich, hat das Gericht zwar einen Kündigungsgrund „an sich“ bejaht, da die Wegnahme des Kinderreisebetts nach seiner Ansicht den objektiven Tatbestand eines Diebstahls (§ 242 Strafgesetzbuch - StGB) erfüllt, doch ging die Abwägung der beiderseitigen Interessen zugunsten des Klägers aus.
Dabei unterstellte das Gericht zugunsten der Beklagten, dass der Kläger etwa ein Jahr vor dem streitigen Vorfall wegen der verbotenen Wegnahme von Toilettenpapier bereits einschlägig abgemahnt worden war. Außerdem wurde zugunsten der Arbeitgeberin das Interesse an einer möglichst straffen „Betriebsdisziplin“ berücksichtigt.
Auf der anderen Seite bewertete das Gericht das Ausmaß des Verschuldens des Klägers als gering, so dass sein Interesse an einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses überwog.
Dabei ging das Gericht unter Berücksichtigung der im Betrieb herrschenden Praxis davon aus, dass der Kläger das Reisebett hätte an sich nehmen dürfen, falls er vorher um Erlaubnis gefragt hätte. Außerdem hatte das Kinderreisebett für die Beklagte keinen Wert mehr, sondern stand unmittelbar zur Entsorgung an. Schließlich sprachen für das Fortsetzungsinteresse auf seiten des Klägers, dass er gegenüber seinen beiden minderjährigen Kindern und seiner Ehefrau zum Unterhalt verpflichtet war und bereits mehr als acht Jahre beschäftigt war.
Dem Urteil des Arbeitsgerichts Mannheim ist zuzustimmen, da eine außerordentliche fristlose Kündigung keine Sanktion für ein in der Vergangenheit liegendes Fehlverhalten ist, sondern eine Weichenstellung für die Zukunft (Prognoseprinzip). Es kommt daher bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer außerordentlichen fristlosen Kündigung allein darauf an, ob zum Zeitpunkt der Kündigung mit einer für beide Parteien zumutbaren Vertragsdurchführung gerechnet werden kann. Wenn das Geschehen, das Grund für die Kündigung war, das Vertrauensverhältnis zwischen den Vertragsparteien belastet hat, müssen die Gerichte prüfen, wie stark diese Belastung ist und ob mit einer Wiederherstellung des Vertrauens gerechnet werden kann.
Im vorliegenden Fall kann angesichts der Tatsache, dass der Arbeitnehmer aus nachvollziehbaren Gründen (Wertlosigkeit der entwendeten Sache) offenbar gar kein Unrechtsbewusstsein hatte, von einem Vertrauensverlust nicht Rede sein, geschweige denn davon, dass das erforderliche Vertrauen des Arbeitgebers in die Redlichkeit des Arbeitnehmers durch dessen rechtswidrige Vorgehensweise zerstört wäre. Daher wäre der Vorfall höchstens Grund für eine Abmahnung des Klägers gewesen.
Nähere Informationen zu dem Vorgang finden Sie hier:
- Arbeitsgericht Mannheim, Urteil vom 30.07.2009, 15 Ca 278/08
- Arbeitsgericht Mannheim (Website)
- Handbuch Arbeitsrecht: Abmahnung
- Handbuch Arbeitsrecht: Abmahnung und Diebstahl
- Handbuch Arbeitsrecht: Abmahnung und Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Außerordentliche Kündigung
- Arbeitsrecht aktuell: 09/202 Fristlose Kündigung wegen Diebstahls von sechs Maultaschen
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das Gericht seine Entscheidungsgründe schriftlich abgefasst und veröffentlicht. Die Entscheidungsgründe im Volltext finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 18. Dezember 2017
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