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LAG Düsseldorf, Urteil vom 19.03.2010, 9 Sa 1138/09
Schlagworte: | Aufhebungsvertrag, Abfindung, Insolvenz des Arbeitgebers | |
Gericht: | Landesarbeitsgericht Düsseldorf | |
Aktenzeichen: | 9 Sa 1138/09 | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 19.03.2010 | |
Leitsätze: | 1. Ein Aufhebungsvertrag, in dem der Arbeitgeber sich zur Zahlung einer Abfindung verpflichtet, ist regelmäßig ein gegenseitiger Vertrag (im Anschluss an BAG vom 25.06.1987, NZA 1988, S. 466). 2. Der Rücktritt von einem Aufhebungsvertrag führt nicht zu dessen Unwirksamkeit, kann aber einen Wiedereinstellungsanspruch des Arbeitnehmers begründen. 3. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens kann der Arbeitnehmer nicht mehr von einem Aufhebungsvertrag zurücktreten. Dies ergibt sich aus einer analogen Anwendung des § 105 S. 2 InsO |
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Vorinstanzen: | Arbeitsgericht Solingen, Urteil vom 9.9.2009, 3 Ca 761/09 lev Nachgehend Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 10.11.2011, 6 AZR 342/10 |
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Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Solingen vom 09.09.2009 - 3 Ca 761/09 lev - wird zurückgewiesen soweit das Arbeitsgericht die Klage gegen den Beklagten zu 1) abgewiesen hat.
Der Hilfsantrag wird abgewiesen.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten. Die Revision wird für den Kläger zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1. aufgrund eines mit der Insolvenzschuldnerin abgeschlossenen Aufhebungsvertrages geendet hat oder im Anschluss an einen vom Kläger erklärten Rücktritt fortbestanden hat bzw. neu zu begründen ist und auf die Beklagte zu 2., später auf die Beklagte zu 3. übergegangen ist.
Der Kläger stand seit dem 02.01.1995 zu der U. G. GmbH bzw. ihrer Rechtsvorgängerin in einem Arbeitsverhältnis. Er schloss mit dieser am 05.08.2008 einen Aufhebungsvertrag. In § 1 des Aufhebungsvertrages vereinbarten die Vertragsparteien, dass das Arbeitsverhältnis auf Veranlassung des Arbeitgebers aus betriebsbedingten Gründen unter Einhaltung der tariflichen Kündigungsfristen mit Ablauf des 31.03.2009 seine Beendigung findet. Nach § 5 des Aufhebungsvertrages verpflichtete sich die Arbeitgeberin zur Zahlung einer Abfindung in Höhe von 23.900,00 € brutto. Die Vertragsparteien vereinbarten ferner, dass der Abfindungsanspruch zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 1 entsteht und mit der letzten Entgeltzahlung zur Zahlung fällig ist.
Am 01.03.2009 wurde über das Vermögen der Arbeitgeberin das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zu 1. zum Insolvenzverwalter bestellt. Die Insolvenzschuldnerin wurde in "T. 2 GmbH" umfirmiert.
Mit Anwaltsschreiben vom 01.04.2009 setzte der Kläger dem Beklagten eine Frist bis zum 08.04.2009 zur Zahlung der Abfindung und kündigte an, er werde von dem Aufhebungsvertrag zurücktreten, falls die Zahlung nicht fristgerecht bei ihm eingehe. Mit einem weiteren Anwaltsschreiben vom 08.04.2009 erklärte der Kläger, er trete von der Aufhebungsvereinbarung vom 05.08.2008 zurück, und forderte den Beklagten zu 1. auf, ihm zu bestätigen, dass das Arbeitsverhältnis ungekündigt fortbestehe.
Mit einer am 14.04.2009 bei dem Arbeitsgericht Solingen eingegangenen und dem Beklagten zu 1. am 20.04.2009 zugestellten Klage hat der Kläger geltend gemacht, dass die Aufhebungsvereinbarung vom 05.08.2008 sein Arbeitsverhältnis nicht beendet habe.
Mit einer weiteren Klage gegen die Beklagte zu 2., die am 03.07.2009 bei dem Arbeitsgericht Solingen eingegangen ist, hat der Kläger angekündigt, er werde zusätzlich die Feststellung beantragen, dass das Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum 22.04.2009 auf die Beklagte zu 2. übergegangen sei und mit dieser ungekündigt fortbestehe, sowie deren Verurteilung zu seiner Weiterbeschäftigung beantragen.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Aufhebungsvereinbarung vom 05.08.2008 nicht zum 31.03.2009 beendet worden ist, sondern über diesen Tag hinaus ungekündigt fortbesteht.
Die Beklagten zu 1. und 2. haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht Solingen hat durch Urteil vom 09.09.2009, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen.
Gegen das ihm am 01.10.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 20.10.2009 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am Montag, den 02.11.2009, bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.
Mit einem am 26.02.2010 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz, 14 der der Beklagten zu 3. am 16.03.2010 zugestellt wurde, hat der Kläger geltend gemacht, seit dem 01.01.2010 bestehe sein Arbeitsverhältnis nunmehr mit der Beklagten zu 3. fort.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Solingen vom 09.09.2009 - 3 Ca 761/09 lev - abzuändern und
1. festzustellen, dass das zwischen dem Kläger und der T. 2 begründet Arbeitsverhältnis, das seit Insolvenzeröffnung am 01.03.2009 mit dem Beklagten zu 1. bestanden hat, durch die Aufhebungsvereinbarung vom 05.08.2008 nicht zum 31.03.2009 beendet worden ist;
hilfsweise den Beklagten zu 1) zu verurteilen, das Angebot des Klägers, ihn mit Wirkung vom 01.04.2009 unter Anerkennung der bisherigen Betriebszugehörigkeit wieder einzustellen, anzunehmen;
2. festzustellen, dass das zwischen dem Kläger und der T. 2 begründete Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum 22.04.2009 vom Beklagten zu 1. auf die Beklagte zu 2. übergegangen ist und mit dieser ungekündigt fortbesteht;
3. festzustellen, dass das zwischen dem Kläger und der T. 2 GmbH begründete Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum 01.01.2010 von der Beklagten zu 2. auf die neue Beklagte zu 3. übergegangen ist und mit dieser ungekündigt fortbesteht;
4. die Beklagte zu 3. zu verurteilen, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits vorläufig zu den Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 30.08.1996 weiterzubeschäftigen.
Der Beklagte zu 1. beantragt,
die Berufung und den Hilfsantrag zurückzuweisen.
Die Beklagte zu 2. beantragt,
die Berufung zurückweisen.
Die Beklagte zu 3. beantragt,
die Klage gegen die Beklagte zu 3. abzuweisen.
Der Beklagte zu 1. ist der Auffassung, dass sich aus den Vorschriften der Insolvenzordnung, insbesondere der §§ 103 ff. InsO, ergibt, dass der Rücktritt des Klägers von der Aufhebungsvereinbarung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr in Betracht kam.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze und den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Nach § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 525, 301 Abs. 1 Satz 1 ZPO war über die Berufung des Klägers gegen das die Klage gegen den Beklagten zu 1. abweisende Urteil des Arbeitsgerichts durch Teilurteil zu entscheiden, da nur die gegen diesen erhobene Klage zur Endentscheidung reif ist. Die Voraussetzungen des § 301 Abs. 1 Satz 1 ZPO sind erfüllt.
Ein Teilurteil allein über die Klage gegen den Beklagten zu 1. ist nicht unzulässig. Die Beklagten sind keine notwendigen Streitgenossen im Sinne von § 62 ZPO. Die Streitgegenstände der Klagen gegen den Beklagten zu 1., die Beklagte zu 2. und die Beklagte zu 3. sind nicht identisch, denn mit der Klage gegen den Beklagten zu 1. will der Kläger festgestellt wissen, dass das Arbeitsverhältnis mit diesem trotz des Aufhebungsvertrages über den 31.03.2009 hinaus fortbestanden hat oder jedenfalls ein Wiedereinstellungsanspruch besteht, während er mit seinen Klagen gegen die Beklagte zu 2. und die Beklagte zu 3. festgestellt wissen will, dass zu diesen seit einem späteren Zeitpunkt ein Arbeitsverhältnis besteht bzw. bestanden hat (vgl. für den Fall der Kündigung durch den Betriebsveräußerer: BAG vom 04.09.1993, AP Nr. 101 zu § 613 a BGB). Einer einheitlichen Feststellung des streitigen Rechtsverhältnisses gegenüber allen Streitgenossen bedarf es damit nicht. Die Beklagten stehen zueinander vielmehr in einer einfachen Streitgenossenschaft (BAG vom 24.06.2004, AP Nr. 278 zu § 613 a BGB; BAG vom 04.09.1993, a.a.O.). In einem solchen Fall ist der Erlass eines Teilurteils zulässig (Vollkommer in Zöllner, ZPO, 10. Aufl., § 301 Rdn. 3).
Die Zulässigkeit des Teilurteils scheitert auch nicht daran, dass in dem Verfahren gegen den Beklagten zu 1. über eine Vorfrage zu entscheiden ist, über die in den Verfahren gegen die Beklagte zu 2. oder die Beklagte zu 3. noch einmal zu entscheiden ist (BGH vom 28.11.2002, DB 2003, S. 553). Wird auf die Klage gegen den Beklagten zu 1. rechtskräftig festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1. über den 31.03.2009 hinaus fortbestanden hat, ist hierüber nicht noch einmal im Verfahren gegen die Beklagten zu 2. und 3. zu entscheiden. Das wäre mit § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB unvereinbar (Preis in ErfK, 8. Aufl., § 613 a BGB, Rdn. 180). Da die Streitgegenstände der Verfahren
unterschiedlich sind, finden trotz Veräußerung des Betriebes nach Eintritt der Rechtshängigkeit der Klage gegen den Beklagten zu 1. §§ 265 Abs. 2, 325 Abs. 1 ZPO keine Anwendung.
Der Erlass eines Teilurteils über die Klage gegen den Beklagten zu 1. ist geboten, da nur diese zur Endentscheidung reif ist. Die Berufungskammer hatte über den Hilfsantrag zu entscheiden, mit dem der Kläger seine Wiedereinstellung durch den Beklagten zu 1. mit Wirkung vom 01.04.2009 begehrt. Mit diesem Antrag will der Kläger die Annahme eines Vertragsangebotes auf Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages durch den Beklagten zu 1. und damit die Abgabe einer Willenserklärung erreichen (BAG vom 08.05.2008, AP Nr. 40 zu § 620 BGB Aufhebungsvertrag). Nach § 894 Satz 1 ZPO gilt eine Willenserklärung, zu deren Abgabe der Schuldner verurteilt ist, als abgegeben, sobald das Urteil die Rechtskraft erlangt hat. Für die gegen die Beklagten zu 2. und 3. gerichteten Klagen folgt daraus, dass auch im Falle einer Verurteilung des Beklagten zu 1. zur Wiedereinstellung des Klägers durch das Berufungsgericht ein neuer Arbeitsvertrag (noch) nicht als zustande gekommen gilt, solange das Urteil (noch) nicht rechtskräftig ist. Ist aber (noch) kein neues Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1. begründet worden, ist die Beklagte zu 2. (noch) nicht nach § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB in die Rechte und Pflichten aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis eingetreten. Vor Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung über die Klage gegen den Beklagten zu 1. kann das Berufungsgericht daher nicht feststellen, dass der Kläger seit dem 22.04.2009 zu der Beklagten zu 2. in einem Arbeitsverhältnis gestanden hat, das zum 01.01.2010 auf die Beklagte zu 3. übergegangen ist. Auch eine Verurteilung der Beklagten zu 3. zur Weiterbeschäftigung des Klägers ist zurzeit nicht möglich.
II.
Die Berufung gegen das die Klage gegen den Beklagten zu 1. abweisende arbeitsgerichtliche Urteil ist zulässig (§§ 64 Abs. 1, Abs. 2 b und c, 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 Abs. 3, 222 Abs. 2 ZPO), jedoch unbegründet. Auch der in der Berufungsverhandlung erstmals gestellte Hilfsantrag ist, soweit er zulässig ist, unbegründet.
1. a) Der Hauptantrag ist zulässig, bedarf allerdings der Auslegung. Der Feststellungsantrag ist dem Kündigungsschutzantrag nach § 4 Satz 1 KSchG nachgebildet und hat einen punktuellen Streitgegenstand. Eine solche Antragstellung ist nur bei einer Kündigungsschutzklage im Anwendungsbereich des § 4 bzw. § 13 Abs. 1 KSchG zulässig. Der Antrag kann jedoch dahin ausgelegt werden, dass nach § 256 ZPO die zulässige Feststellung begehrt wird, das Arbeitsverhältnis habe über den 31.03.2009 hinaus fortbestanden (BAG vom 08.05.2008, a.a.O.). Soweit in dem Antrag ausgeführt wird, das Arbeitsverhältnis sei mit der T. 2 GmbH begründet worden und habe seit der Insolvenzeröffnung mit dem Beklagten zu 1. bestanden, handelt es sich um überflüssige Begründungselemente.
b) Der Hilfsantrag ist teilweise zulässig und teilweise unzulässig. Er ist zulässig, soweit der Kläger beantragt, den Beklagten zu 1. zu verurteilen, das Angebot des Klägers, ihn mit Wirkung vom 01.04.2009 wieder einzustellen, anzunehmen, bedarf allerdings der Auslegung. Mit dem Begehren der Wiedereinstellung geht es dem Kläger um den Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages (BAG vom 08.05.2008, a.a.O.). Es handelt sich um einen Hilfsantrag, der für den Fall gestellt ist, dass das Arbeitsverhältnis durch den Aufhebungsvertrag beendet wurde und deshalb der Hauptantrag abgewiesen wird. Er ist hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Zulässigkeit steht nicht entgegen, dass der Kläger die Wiedereinstellung zum 01.04.2009 begehrt und die Beklagte damit zum rückwirkenden Abschluss eines Arbeitsvertrages verurteilt werden soll. Seit Inkrafttreten des § 311 a Abs. 1 BGB ist auch eine Verurteilung zur Eingehung eines rückwirkenden Vertragsverhältnisses möglich (BAG vom 08.05.2008, a.a.O.).
Unzulässig ist der Hilfsantrag, soweit der Kläger mit ihm erreichen will, dass der Beklagte seine bisherige Betriebszugehörigkeit anerkennt. Dieser Teil des Antrags ist nicht hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, da aus ihm nicht deutlich wird, welche Handlung von dem Beklagten verlangt wird. Es fehlt insoweit auch ein Rechtsschutzbedürfnis. Die Dauer der bisherigen Betriebszugehörigkeit des Klägers ist zwischen den Parteien nicht streitig.
c) Die Klageerweiterung mit dem Hilfsantrag in der Berufungsinstanz ist zulässig. Nach § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 533 ZPO ist eine Klageänderung, zu der auch die Klageerweiterung rechnet, im Berufungsverfahren zulässig, wenn der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und sie auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Einwilligung des Beklagten zu 1. gilt nach § 267 ZPO als erteilt; im Übrigen ist die Stellung des Hilfsantrags sachdienlich. Auf neue Tatsachen wird der Hilfsantrag nicht gestützt. Eine Verzögerung des Rechtsstreits nach § 67 Abs. 2 bis 4 ArbGG ist daher nicht zu besorgen (vgl. BAG vom 25.01.2005, AP Nr. 22 zu § 1 AEntG).
2. Der Hauptantrag ist unbegründet.
Erbringt bei einem gegenseitigen Vertrag der Schuldner eine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß, kann der Gläubiger nach § 323 Abs. 1 BGB, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat, vom Vertrag zurücktreten. Bei dem vom Kläger mit der Insolvenzschuldnerin abgeschlossenen Aufhebungsvertrag handelt es sich um einen gegenseitigen Vertrag im Sinne von § 323 Abs. 1 BGB. Die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zum 31.03.2009 und die Vereinbarung einer Abfindung in Höhe von 23.900,00 € stehen in einem Gegenseitigkeitsverhältnis. Eine Abfindung, die nach Maßgabe der §§ 9, 10 KSchG durch Gerichtsurteil zuerkannt wird, ist nach der Entscheidung des BAG vom 25.06.1987 (NZA 1988, S. 466) ein vermögensrechtliches Äquivalent für den Verlust des Arbeitsplatzes und hat somit Entschädigungsfunktion. Im Falle eines Vergleichs über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses verliert sie, wie das BAG in der Entscheidung zutreffend ausführt, diesen Charakter nicht und stellt zugleich auch eine Gegenleistung des Arbeitgebers für die Einwilligung des Arbeitnehmers in die Auflösung des Arbeitsverhältnisses dar, durch die eine gerichtliche Auseinandersetzung über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses vermieden bzw. (beim Prozessvergleich) beendet wird. Seine frühere, entgegenstehende Rechtsprechung hat das BAG mit der Entscheidung vom 25.06.1987 aufgegeben. Die Überlegungen des BAG im Anschluss an die Kritik von G. Hueck an der früheren Rechtsprechung (Anm. zu AP § 794 ZPO Nr. 20) sind auch zutreffend, wenn sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die Auflösung des Arbeitsverhältnisses und Zahlung einer Abfindung einigen, ohne dass eine gerichtliche Auseinandersetzung zu besorgen ist. Denn aus der Sicht beider Vertragsparteien ist in einem solchen Fall die Abfindung regelmäßig die Gegenleistung für die Einwilligung des Arbeitnehmers in die Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Tatsachen, dass im vorliegenden Streitfall die Abfindung aus anderen Gründen vereinbart wurde, hat der Beklagte zu 1. nicht vorgetragen.
Da der Beklagte zu 1. die Abfindung zum Fälligkeitszeitpunkt nicht gezahlt hat, konnte der Kläger für den Fall, dass § 323 Abs. 1 BGB Anwendung findet, vom Aufhebungsvertrag zurücktreten, was tatsächlich auch geschehen ist. Der Rücktritt führt aber nicht zur Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrages. Nach § 346 Abs. 1 BGB sind im Fall des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben. Daraus folgt, dass der Rücktritt - anders als die Anfechtung oder der Eintritt einer auflösenden Bedingung - den Vertrag nicht beseitigt, sondern ihn mit Wirkung ex nunc in ein Abwicklungsverhältnis umwandelt. Dies gilt auch für das gesetzliche Rücktrittsrecht (BGH vom 24.06.1983, BGHZ 88, S. 46, 48; Gaier in MüKo BGB, 5. Aufl., vor § 346 Rdn. 35). Das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1. ist daher trotz des Rücktritts infolge des Aufhebungsvertrages zum 31.03.2009 aufgelöst worden. Der Rücktritt nach § 323 BGB kann nur dazu führen, dass der Beklagte zu 1. verpflichtet ist, einen neuen Arbeitsvertrag mit dem Kläger abzuschließen.
3. Aber auch der Hilfsantrag ist, soweit er zulässig ist, unbegründet. Der Kläger hat den Rücktritt nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin erklärt. Damit finden die Regelungen der §§ 103 ff. InsO über die Rechtsfolgen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens für gegenseitige Verträge des Insolvenzschuldners Anwendung. Eine direkte Geltung dieser Regelungen scheidet allerdings aus. Jedoch ist § 105 Satz 2 InsO entsprechend anzuwenden.
Für den Fall, dass ein gegenseitiger Vertrag zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner und vom anderen Teil nicht oder nicht
vollständig erfüllt ist, kann der Insolvenzverwalter nach § 103 Abs. 1 InsO den Vertrag anstelle des Schuldners erfüllen und die Erfüllung vom anderen Teil verlangen. Lehnt der Insolvenzverwalter die Erfüllung ab, kann der andere Teil nach § 103 Abs. 2 Satz 1 InsO eine Forderung wegen der Nichterfüllung nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Diese Bestimmung findet im vorliegenden Streitfall keine Anwendung. Denn der vom Kläger und der Insolvenzschuldnerin abgeschlossene Aufhebungsvertrag war vom Kläger schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vollständig erfüllt. Die vom Kläger zu erbringende Leistung war seine Einwilligung in die Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Diese Willenserklärung hat er schon mit Abschluss des Aufhebungsvertrages abgegeben. Demgegenüber war die Gegenleistung, die von der Insolvenzschuldnerin versprochene Abfindung, erst mit der letzten Entgeltzahlung, also nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig. Der Kläger hat mithin eine vollständige Vorleistung erbracht. § 103 InsO findet jedoch nur Anwendung, wenn beide Vertragspartner den gegenseitigen Vertrag zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht oder nicht vollständig erfüllt haben.
§ 105 InsO enthält ergänzende Regelungen für den Fall, dass die geschuldeten Leistungen teilbar sind und der andere Teil die ihm obliegende Leistung zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits teilweise erbracht hat. In diesem Fall ist er mit dem der Teilleistung entsprechenden Betrag seines Anspruchs auf die Gegenleistung Insolvenzgläubiger, auch wenn der Insolvenzverwalter wegen der noch ausstehenden Leistung Erfüllung verlangt(§ 105 Satz 1 InsO). Der andere Teil ist ferner nicht berechtigt, wegen der Nichterfüllung seines Anspruchs auf die Gegenleistung die Rückgabe einer vor der Eröffnung des Verfahrens in das Vermögen des Schuldners übergegangenen Teilleistung aus der Insolvenzmasse zu verlangen (§ 105 Satz 2 InsO). Diese Bestimmungen setzen voraus, dass die geschuldeten Leistungen teilbar sind und vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Teilleistung erbracht wurde. Eine Einverständniserklärung mit der Auflösung des Arbeitsverhältnisses kann nur entweder ganz oder gar nicht abgegeben werden, so dass eine Teilbarkeit dieser Leistung nicht bejaht werden kann.
§ 105 Satz 2 InsO ist jedoch entsprechend anzuwenden, wenn bei einem gegenseitigen Vertrag der Insolvenzschuldner die ihm obliegende Leistung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht oder nicht vollständig erbracht hat, während der andere Teil seine nicht teilbare Leistung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vollständig erbracht hat. Die entsprechende Anwendung einer gesetzlichen Bestimmung setzt voraus, dass die gesetzliche Regelung planwidrig lückenhaft erscheint und zur Ausfüllung der Lücke die Übertragung der Rechtsfolge eines gesetzlichen Tatbestandes auf einen vergleichbaren, aber im Gesetz nicht geregelten Tatbestand erforderlich ist. Dabei muss eine dem Plan des Gesetzgebers widersprechende Lücke entstehen oder sich jedenfalls später durch eine Veränderung der Lebensverhältnisse ergeben haben. Der dem Gesetz zugrunde liegende Regelungsplan ist aus ihm selbst im Wege der historischen und teleologischen Auslegung zu schließen und es ist zu fragen, ob das Gesetz, gemessen an seiner eigenen Regelungsabsicht, unvollständig ist (BAG vom 13.02.2003, AP Nr. 24 zu § 611 BGB Organvertreter m.w.N.).
Nach diesen Grundsätzen gilt § 105 Satz 2 InsO für den vorliegenden Streitfall entsprechend. Der Gesetzgeber der Insolvenzordnung wollte mit dem Rückforderungsverbot des § 105 Satz 2 InsO an § 26 KO anknüpfen (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs zur Insolvenzordnung, BT-Drucksache 12/2443, S. 145, zit. nach Andres in Andres/Leithaus, InsO, § 105 Rdn. 8). § 26 Satz 1 KO lautete: Wenn infolge der Eröffnung des Konkursverfahrens die Nichterfüllung einer Verbindlichkeit oder die Aufhebung eines Rechtsverhältnisses des Gemeinschuldners eintritt, so ist der andere Teil nicht berechtigt, die Rückgabe seiner in das Eigentum des Gemeinschuldners übergegangenen Leistung aus der Konkursmasse zu verlangen. Schon das Reichsgericht hat entschieden, dass ein Fall der Nichterfüllung im Sinne von § 26 KO auch vorliegt, wenn der Vertragspartner des nachmaligen Gemeinschuldners vor Konkurseröffnung vollständig erfüllt hatte, seinerseits aber nicht oder nicht voll befriedigt war (RG 84, S. 234, zit. nach Kilger/Schmidt, Insolvenzgesetze, 17. Aufl., § 26 KO Rdn. 234). Damit führt die historische Auslegung zu dem Ergebnis, dass § 105 Satz 2 InsO trotz seiner systematischen Anknüpfung an § 105 Satz 1 InsO auch angewendet werden kann, wenn die geschuldete Leistung nicht teilbar ist und der Vertragspartner des Insolvenzschuldners vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vollständig vorgeleistet hat.
Dieses Ergebnis entspricht auch dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung. Es ist kein vernünftiger Gesichtspunkt erkennbar, der dafür spricht, dem Vertragspartner, der seine nicht teilbare Leistung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbracht hat, die Rückforderung zu ermöglichen, während dies gesetzlich ausgeschlossen ist, wenn eine Teilleistung nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch aussteht. Sinn und Zweck des § 105 Satz 2 InsO ist es, zu verhindern, dass der Vertragspartner des Insolvenzschuldners die insolvenzbedingte Nichterfüllung seines Gegenanspruchs dadurch kompensiert, dass er seine eigene Leistung herausverlangt. Soweit diese nämlich bereits zur Masse gehört, dient sie der Befriedigung aller Gläubiger (vgl. Andres in An-dres/Leithaus, a.a.O., Rdn. 9). Für die in vollem Umfang vorgeleistete Leistung kann nichts anderes gelten. Auch sie ist bereits zur Masse gelangt und dient damit der Befriedigung aller Gläubiger (ebenso Andres in Andres/Leithaus, a.a.O., Rdn. 8; Kreft in MüKo InsO, 2. Aufl., § 105 Rdn. 38; Huber in MüKo InsO, 2. Aufl., § 103 Rdn. 60, Kroth in Braun, InsO, 4. Aufl., § 105 Rdn. 4).
Damit konnte der Kläger nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr von dem Aufhebungsvertrag zurücktreten. Ein Anspruch auf Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages nach § 346 BGB ist somit durch die spezielle Regelung des § 105 Satz 2 InsO ausgeschlossen.
III.
Da ein Teilurteil erlassen wurde, war die Kostenentscheidung dem Schlussurteil vorzubehalten.
Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.
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