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BAG, Ur­teil vom 13.11.2013, 10 AZR 848/12

   
Schlagworte: Weihnachtsgeld, Gratifikation, Allgemeine Geschäftsbedingungen, AGB
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 10 AZR 848/12
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 13.11.2013
   
Leitsätze: Eine Sonderzahlung, die auch Gegenleistung für im gesamten Kalenderjahr laufend erbrachte Arbeit darstellt, kann in Allgemeinen Geschäftsbedingungen regelmäßig nicht vom Bestand des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember des betreffenden Jahres abhängig gemacht werden.
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 6.7.2011 - 2 Ca 7935/10
Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 19.4.2012 - 7 Sa 1232/11
   


BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT


10 AZR 848/12
7 Sa 1232/11

Hes­si­sches
Lan­des­ar­beits­ge­richt

 

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am
13. No­vem­ber 2013

UR­TEIL

Brüne, Ur­kunds­be­am­tin

der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

Kläger, Be­ru­fungskläger und Re­vi­si­onskläger,

pp.

Be­klag­te, Be­ru­fungs­be­klag­te und Re­vi­si­ons­be­klag­te,

hat der Zehn­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 13. No­vem­ber 2013 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Prof. Dr. Mi­kosch, die Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Schmitz-Scho­le­mann und Mest­werdt so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Basch­na­gel und Pe­tri für Recht er­kannt:
 


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I. Auf die Re­vi­si­on des Klägers wird das Ur­teil des Hes­si­schen Lan­des­ar­beits­ge­richts vom 19. April 2012 - 7 Sa 1232/11 - auf­ge­ho­ben, so­weit es die Be­ru­fung des Klägers ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Frank­furt am Main vom 6. Ju­li 2011 - 2 Ca 7935/10 - hin­sicht­lich des An­trags zu 1. zurück­ge­wie­sen hat.

II. Auf die Be­ru­fung des Klägers wird das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Frank­furt am Main vom 6. Ju­li 2011 - 2 Ca 7935/11 - teil­wei­se ab­geändert und zur Klar­stel­lung wie folgt neu ge­fasst:


1. Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an den Kläger 2.299,50 Eu­ro brut­to nebst Zin­sen in Höhe von fünf Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 1. De­zem­ber 2010 zu zah­len.

2. Im Übri­gen wird die Kla­ge ab­ge­wie­sen.

III. Die Be­klag­te hat die Kos­ten der Re­vi­si­on zu tra­gen. Die Kos­ten der ers­ten und der zwei­ten In­stanz hat die Be­klag­te je­weils zu 2/5 und der Kläger je­weils zu 3/5 zu tra­gen.

Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten über ei­nen An­spruch auf Son­der­zah­lung für das Jahr 2010.


Der Kläger war nach sei­ner bei der Be­klag­ten ab­sol­vier­ten Be­rufs­aus­bil­dung ab Ja­nu­ar 2006 als Con­trol­ler auf der Grund­la­ge des schrift­li­chen Ar­beits­ver­trags von De­zem­ber 2005 beschäftigt.

Der Ar­beits­ver­trag ent­hielt un­ter § 3 (Bezüge) ua. fol­gen­de Re­ge­lung: 


„2. Die Zah­lung von Gra­ti­fi­ka­tio­nen und sons­ti­gen Leis­tun­gen liegt im frei­en Er­mes­sen des Ver­la­ges und be­gründet kei­nen Rechts­an­spruch, auch wenn die Zah­lung wie­der­holt oh­ne aus­drück­li­chen Vor­be­halt der Frei­wil­lig­keit er­folg­te. Et­was an­de­res gilt nur
 


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dann, wenn die Zah­lung durch gülti­gen Ta­rif­ver­trag ge­re­gelt ist.“

Gemäß § 11 des Ar­beits­ver­trags fan­den die Ta­rif­verträge für den Groß-und Außen­han­del in Hes­sen auf das Ar­beits­verhält­nis An­wen­dung. Der Man­tel­ta­rif­ver­trag für den Groß- und Außen­han­del Hes­sen vom 4. Ju­li 1997 (MTV) ist aus­weis­lich des vom Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Ar­beit und So­zia­les (BMAS) veröffent­lich­ten Ver­zeich­nis­ses der für all­ge­mein­ver­bind­lich erklärten Ta­rif­verträge (Stand 1. Ok­to­ber 2013) ab dem 1. Ja­nu­ar 1997 all­ge­mein­ver­bind­lich mit ei­ner hier nicht in­ter­es­sie­ren­den Ein­schränkung.


Im MTV fin­det sich un­ter § 14 (Son­der­zah­lun­gen) fol­gen­de Re­ge­lung:

„1. Ar­beit­neh­mer und Aus­zu­bil­den­de, die am 1.12. ei­nes Ka­len­der­jah­res dem Be­trieb/Un­ter­neh­men/Kon­zern un­un­ter­bro­chen min­des­tens 12 Mo­na­te an­gehören, ha­ben ka­len­derjähr­lich ei­nen An­spruch auf ei­ne Son­der­zah­lung in fol­gen­der Höhe:

1997 1998 1999 2000
1115,- 1130,- 1145,- 1160,- [DM]
...


3. Wird das Ar­beits­verhält­nis auf­grund grob treu­wid­ri­gen Ver­hal­tens oder Ver­trags­bru­ches des Ar­beit­neh­mers be­en­det, so entfällt der An­spruch auf die ta­rif­li­che Son­der­zah­lung. Ge­ge­be­nen­falls für das lau­fen­de Ka­len­der­jahr gewähr­te Son­der­zah­lun­gen sind als Vor­schuss zurück­zu­zah­len.


4. Die im lau­fen­den Ka­len­der­jahr er­brach­ten Son­der­zah­lun­gen des Ar­beit­ge­bers, wie Jah­res­ab­schluss­vergütun­gen, Weih­nachts­geld, Gra­ti­fi­ka­tio­nen, Jah­res­er­geb­nis­be­tei­li­gun­gen, Jah­res­prämi­en und ähn­li­ches, gel­ten als Son­der­zah­lun­gen im Sin­ne die­ser Ver­ein­ba­rung und erfüllen den ta­rif­li­chen An­spruch, so­weit sie zu­sam­men­ge­rech­net die Höhe der ta­rif­lich zu er­brin­gen­den Leis­tun­gen er­rei­chen.

...


5. Wenn dem An­spruchs­be­rech­tig­ten in dem Ka­len­der­jahr kei­ne Ansprüche auf Ent­gelt oder Zuschüsse zum Kran­ken­geld gemäß § 15 Zif­fer 2 - 4 oder zum Mut­ter­schafts­geld gemäß § 14 Mut­ter­schutz­ge­setz zu­ste­hen, entfällt der An­spruch auf die nach Zif­fer 1 ga­ran­tier­te Son­der­zah­lung. Wenn nur für ei­nen Teil
 


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des Ka­len­der­jah­res der­ar­ti­ge Ansprüche be­ste­hen, ermäßigt sich der An­spruch auf die Son­der­zah­lung für je­den Ka­len­der­mo­nat oh­ne der­ar­ti­ge Ansprüche um ein Zwölf­tel.


6. Ar­beit­neh­mer, die vor dem Stich­tag 1.12. we­gen Er­werbs- oder Be­rufs­unfähig­keit oder Er­rei­chung der Al­ters­gren­ze aus dem Be­trieb aus­schei­den, er­hal­ten ei­ne an­tei­li­ge Leis­tung.

...“

Der Kläger er­hielt jähr­lich mit dem No­vem­ber­ge­halt ei­ne je­weils als Gra­ti­fi­ka­ti­on, ab dem Jahr 2007 zusätz­lich auch als Weih­nachts­gra­ti­fi­ka­ti­on be­zeich­ne­te Son­der­zah­lung in Höhe des je­wei­li­gen No­vem­be­rent­gelts. Hier­zu über­sand­te die Be­klag­te je­weils im Herbst ein Schrei­ben an al­le Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter, in dem sie „Richt­li­ni­en“ für die Aus­zah­lung der Gra­ti­fi­ka­ti­on aufführ­te, die im We­sent­li­chen un­verändert blie­ben.


Im Schrei­ben vom 30. Sep­tem­ber 2010 hieß es ua.: 


„Als Dank für Ih­ren bis­he­ri­gen persönli­chen Ein­satz in die­sem Jahr und zu­gleich als ein Stück Mo­ti­va­ti­on für ei­ne wei­ter­hin loya­le und wir­kungs­vol­le Zu­sam­men­ar­beit zah­len wir Ih­nen ei­ne Weih­nachts­gra­ti­fi­ka­ti­on aus, de­ren Höhe im Ver­gleich zum letz­ten Jahr un­verändert bleibt. Sie wird mit dem No­vem­ber-Ge­halt 2010 ab­ge­rech­net und auf die Kon­ten über­wie­sen.


Die Gra­ti­fi­ka­ti­on wird nach fol­gen­den Richt­li­ni­en er­mit­telt:

1. Die Zah­lung er­folgt an Ver­lags­an­gehöri­ge, die sich am 31.12.2010 in ei­nem un­gekündig­ten Ar­beits­verhält­nis be­fin­den.


2. Die Gra­ti­fi­ka­ti­on beträgt 100 % des No­vem­ber-Brut­to­ge­hal­tes/-loh­nes bzw. der Aus­bil­dungs­vergütung, wenn das Ar­beits­verhält­nis seit 01.01.2010 be­steht und kei­ne un­be­zahl­ten Ar­beits­be­frei­un­gen zu ver­zeich­nen sind. Bei Ar­beits­zeit­verände­run­gen im Lau­fe des Jah­res er­rech­net sich die Gra­ti­fi­ka­ti­on an­tei­lig.


3. Ver­lags­an­gehöri­ge, die nach dem 01.01.2010 ein­ge­tre­ten sind oder ei­ne un­be­zahl­te Ar­beits­be­frei­ung auf­wei­sen, er­hal­ten für je­den Ka­len­der­mo­nat des
 


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be­ste­hen­den Ar­beits­verhält­nis­ses bzw. der be­zahl­ten Ar­beits­leis­tung 1/12 des Brut­to­mo­nats­ge­hal­tes/-loh­nes.

Da­bei wird ein an­ge­fan­ge­ner Mo­nat als vol­ler Mo­nat ge­rech­net, wenn die Be­triebs­zu­gehörig­keit/be­zahl­te Ar­beits­leis­tung 15 Ka­len­der­ta­ge über­steigt. Aus­zu­bil­den­de er­hal­ten in je­dem Fall 100 % der Aus­bil­dungs­vergütung.

4. Ta­rif­lich zu zah­len­de Jah­res­leis­tun­gen wer­den auf die­se Zah­lun­gen an­ge­rech­net.

Wir wei­sen aus­drück­lich dar­auf hin, dass die Zah­lung der Weih­nachts­gra­ti­fi­ka­ti­on ei­ne frei­wil­li­ge, je­der­zeit wi­der­ruf­li­che Leis­tung des Ver­la­ges ist. Auf die­se be­steht für die Zu­kunft auch durch wie­der­hol­te Zah­lung kein Rechts­an­spruch.“


Das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en en­de­te auf­grund ei­ner vom Kläger aus­ge­spro­che­nen Kündi­gung am 30. Sep­tem­ber 2010.


Mit der Kla­ge hat der Kläger - so­weit noch von In­ter­es­se - un­ter Be­ru­fung auf die Richt­li­ni­en Zah­lung der an­tei­li­gen (9/12 ei­nes Mo­nats­ge­halts) Son­der­zah­lung für das Jahr 2010 ver­langt. Er hat ge­meint, sein An­spruch er­ge­be sich aus der Ge­samt­zu­sa­ge vom 30. Sep­tem­ber 2010. Die­se stel­le ge­genüber § 14 MTV ei­ne ei­ge­ne Rechts­grund­la­ge für sei­nen An­spruch dar. Die Stich­tags­re­ge­lung in der Zu­sa­ge sei un­wirk­sam. Es han­de­le sich um ei­ne die Kündi­gung der Ar­beit­neh­mer er­schwe­ren­de Be­din­gung. Die Re­ge­lung sei so­wohl in sich als auch ge­genüber der ta­rif­ver­trag­li­chen Stich­tags­re­ge­lung wi­dersprüchlich.


Der Kläger hat be­an­tragt, 


die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an ihn 2.299,50 Eu­ro brut­to nebst Zin­sen in Höhe von fünf Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 1. De­zem­ber 2010 zu zah­len.


Die Be­klag­te hat be­an­tragt, die Kla­ge ab­zu­wei­sen. Der Kläger ha­be das Schrei­ben vom 30. Sep­tem­ber 2010 nicht er­hal­ten. Im Übri­gen erfülle er we­gen sei­nes Aus­schei­dens zum 30. Sep­tem­ber 2010 we­der die Vor­aus­set­zun­gen der ta­rif­ver­trag­li­chen Re­ge­lung noch die der Richt­li­ni­en. Die dort ge­re­gel­te An­for­de-


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rung, dass am 31. De­zem­ber 2010 noch ein un­gekündig­tes Ar­beits­verhält­nis be­stan­den ha­ben müsse, sei wirk­sam.

Das Ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat die Be­ru­fung des Klägers zurück­ge­wie­sen. Mit der vom Bun­des­ar­beits­ge­richt zu­ge­las­se­nen Re­vi­si­on ver­folgt der Kläger sein Zah­lungs­be­geh­ren wei­ter.

Ent­schei­dungs­gründe


Die Re­vi­si­on hat Er­folg. Die Kla­ge ist be­gründet. Der Kläger hat An­spruch auf die von ihm be­gehr­te Zah­lung in Höhe von 9/12 ei­nes Mo­nats­ge­halts (zu I). Grund­la­ge des An­spruchs ist die von der Be­klag­ten in Ge­stalt der Richt­li­ni­en er­teil­te Ge­samt­zu­sa­ge für das Jahr 2010 (zu I 1). Bei der in den Richt­li­ni­en vor­ge­se­he­nen Leis­tung han­delt es sich um ei­ne Son­der­zah­lung, die so­wohl Ge­gen­leis­tung für er­brach­te Ar­beit ist als auch An­reiz zu künf­ti­ger Be­triebs­treue des Ar­beit­neh­mers sein soll („Misch­cha­rak­ter“, zu I 2). Die in den Richt­li­ni­en vor­ge­se­he­ne Klau­sel, nach der am 31. De­zem­ber des Be­zugs­jah­res ein un­gekündig­tes Ar­beits­verhält­nis be­ste­hen muss, ist un­wirk­sam. Sie kann nicht in dem Sin­ne teil­wei­se auf­recht­er­hal­ten wer­den, dass sie le­dig­lich den Be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses am 31. De­zem­ber ver­langt (zu I 3). Im Übri­gen kann ei­ne Son­der­zah­lung, die je­den­falls auch Ge­gen­leis­tung für lau­fend er­brach­te Ar­beits­leis­tung dar­stellt, in All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen re­gelmäßig nicht vom Be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses am 31. De­zem­ber des Jah­res abhängig ge­macht wer­den, in dem die Ar­beits­leis­tung er­bracht wur­de (zu I 4). Der im Ar­beits­ver­trag ent­hal­te­ne Frei­wil­lig­keits­vor­be­halt steht dem An­spruch nicht ent­ge­gen (zu I 5).


I. Die Kla­ge ist be­gründet. Dem Kläger steht der von ihm er­ho­be­ne und der Höhe nach außer Streit ste­hen­de An­spruch zu.


1. Rechts­grund­la­ge des An­spruchs ist die von der Be­klag­ten am 30. Sep­tem­ber 2010 er­teil­te Ge­samt­zu­sa­ge.
 


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a) Ei­ne Ge­samt­zu­sa­ge liegt vor, wenn ein Ar­beit­ge­ber ein­sei­tig be­kannt gibt, dass er je­dem Ar­beit­neh­mer, der die von ihm abs­trakt fest­ge­leg­ten Vor­aus­set­zun­gen erfüllt, ei­ne be­stimm­te Leis­tung gewährt. Der Ar­beit­neh­mer er­wirbt ei­nen ein­zel­ver­trag­li­chen An­spruch auf die­se Leis­tung, wenn er die vom Ar­beit­ge­ber ge­nann­ten An­spruchs­vor­aus­set­zun­gen erfüllt, oh­ne dass es ei­ner ge­son­der­ten Erklärung der An­nah­me des in der Zu­sa­ge ent­hal­te­nen An­ge­bots be­darf. Ge­samt­zu­sa­gen wer­den be­reits dann wirk­sam, wenn sie ge­genüber den Ar­beit­neh­mern in ei­ner Form ver­laut­bart wer­den, die den ein­zel­nen Ar­beit­neh­mer ty­pi­scher­wei­se in die La­ge ver­setzt, von der Erklärung Kennt­nis zu neh­men (BAG 13. De­zem­ber 2011 - 3 AZR 852/09 - Rn. 17).


b) Die­sen An­for­de­run­gen ent­spra­chen die Richt­li­ni­en der Be­klag­ten. Da­von ist das Lan­des­ar­beits­ge­richt zu Recht aus­ge­gan­gen. Die Richt­li­ni­en rich­te­ten sich an al­le Ar­beit­neh­mer der Be­klag­ten und leg­ten die recht­li­chen Re­geln fest, nach de­nen Zah­lungs­ansprüche der Ar­beit­neh­mer ge­gen die Be­klag­te be­gründet wer­den soll­ten. Auf die Fra­ge, wie die Richt­li­ni­en dem Kläger im Jahr 2010 zu­ge­gan­gen sind, kommt es nicht an, weil das Zu­stan­de­kom­men ei­nes ver­trag­li­chen An­spruchs auf­grund ei­ner Ge­samt­zu­sa­ge nicht vom kon­kret nach­ge­wie­se­nen Zu­gang der Zu­sa­ge an den ein­zel­nen Ar­beit­neh­mer abhängig ist (BAG 28. Ju­ni 2006 - 10 AZR 385/05 - Rn. 31, BA­GE 118, 360).


2. Nach den Richt­li­ni­en dient die Son­der­zah­lung ei­ner­seits der Vergütung er­brach­ter Ar­beits­leis­tung, an­de­rer­seits auch dem An­reiz zur Be­triebs­treue. An­spruchs­vor­aus­set­zung soll der un­gekündig­te Be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses am 31. De­zem­ber 2010 sein. Dies er­gibt die Aus­le­gung der Richt­li­ni­en, die ein an ei­ne Viel­zahl von Ar­beit­neh­mern ge­rich­te­tes Ver­trags­an­ge­bot iSd. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB dar­stel­len (vgl. BAG 29. Sep­tem­ber 2010 - 3 AZR 557/08 - Rn. 24 ff., BA­GE 135, 334) und den für All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen gel­ten­den Re­geln un­ter­lie­gen.


a) All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen sind nach ih­rem ob­jek­ti­ven In­halt und ty­pi­schen Sinn ein­heit­lich so aus­zu­le­gen, wie sie von verständi­gen und red­li­chen Ver­trags­part­nern un­ter Abwägung der In­ter­es­sen der nor­ma­ler­wei­se be­tei­lig­ten Ver­kehrs­krei­se ver­stan­den wer­den, wo­bei nicht die Verständ­nismög-
 


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lich­kei­ten des kon­kre­ten, son­dern die des durch­schnitt­li­chen Ver­trags­part­ners des Ver­wen­ders zu­grun­de zu le­gen sind. An­satz­punkt für die nicht am Wil­len der je­wei­li­gen Ver­trags­part­ner zu ori­en­tie­ren­de Aus­le­gung All­ge­mei­ner Geschäfts­be­din­gun­gen ist in ers­ter Li­nie der Ver­trags­wort­laut. Ist die­ser nicht ein­deu­tig, kommt es für die Aus­le­gung ent­schei­dend dar­auf an, wie der Ver­trags­text aus Sicht der ty­pi­scher­wei­se an Geschäften die­ser Art be­tei­lig­ten Ver­kehrs­krei­se zu ver­ste­hen ist, wo­bei der Ver­trags­wil­le verständi­ger und red­li­cher Ver­trags­part­ner be­ach­tet wer­den muss. So­weit auch der mit dem Ver­trag ver­folg­te Zweck ein­zu­be­zie­hen ist, kann das nur in Be­zug auf ty­pi­sche und von red­li­chen Geschäfts­part­nern ver­folg­te Zie­le gel­ten (st. Rspr., zB BAG 20. März 2013 - 10 AZR 636/11 - Rn. 20).

b) Die Richt­li­ni­en gewähren dem Ar­beit­neh­mer die Son­der­zah­lung ei­ner­seits als Ge­gen­leis­tung für er­brach­te Ar­beit. Es han­delt sich nicht um ei­ne rei­ne Gra­ti­fi­ka­ti­on, de­ren Zweck al­lein in der Zu­wen­dung von Geld aus An­lass des Weih­nachts­fes­tes läge. Zwar könn­te die in den Richt­li­ni­en ver­wen­de­te Be­zeich­nung „Weih­nachts­gra­ti­fi­ka­ti­on“ in die­se Rich­tung wei­sen. Je­doch soll die Zah­lung aus­drück­lich auch „Dank für ... persönli­chen Ein­satz“ sein. Außer­dem zei­gen die An­spruchs­vor­aus­set­zun­gen in Ziff. 2 und Ziff. 3, dass die Zah­lung je­den­falls auch ei­ne Ge­gen­leis­tung für er­brach­te Ar­beit dar­stellt. Die Zah­lung knüpft nicht an das bloße Be­ste­hen des Ar­beits­verhält­nis­ses im Be­zugs­jahr an. Sie ist abhängig da­von, dass ent­we­der Ar­beits­leis­tung er­bracht wur­de oder doch kei­ne un­be­zahl­ten Ar­beits­be­frei­un­gen vor­la­gen. Wie aus Ziff. 3 her­vor­geht, er­hal­ten un­terjährig ein­tre­ten­de Mit­ar­bei­ter und sol­che mit ei­ner un­be­zahl­ten Ar­beits­be­frei­ung ei­ne an­tei­li­ge Son­der­zah­lung, und zwar ent­spre­chend der An­zahl der Mo­na­te, in de­nen sie ge­ar­bei­tet ha­ben.


c) An­de­rer­seits ver­lan­gen die Richt­li­ni­en Be­triebs­treue über das Be­zugs­jahr hin­aus. Die Stich­tags­klau­sel be­nennt zwar den letz­ten Tag des Be­zugs­jah­res als den Tag, an dem das Ar­beits­verhält­nis noch be­ste­hen muss. Da­mit liegt der Stich­tag für den Be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses aber nur schein­bar in­ner­halb des Jah­res, in dem die Ar­beits­leis­tung, die mit der Son­der­zah­lung ent­gol­ten wird, er­bracht wird. In Wahr­heit macht die Klau­sel ent­ge­gen der Auf­fas-

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sung des Lan­des­ar­beits­ge­richts den An­spruch auf die Son­der­zah­lung in al­ler Re­gel vom Fort­be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses über das Jahr 2010 hin­aus abhängig. Dies wird da­durch be­wirkt, dass nach der Klau­sel das Ar­beits­verhält-nis am 31. De­zem­ber „un­gekündigt“ be­ste­hen muss. Ein Ar­beit­neh­mer, der sich den An­spruch er­hal­ten will, darf dem­nach frühes­tens am 1. Ja­nu­ar des Fol­ge­jah­res kündi­gen. Je­de Kündi­gung vor dem 1. Ja­nu­ar 2011 soll dem An­spruch ent­ge­gen­ste­hen. Dies kann den Ar­beit­neh­mer, je nach Dau­er der Kündi­gungs­frist, zum Ver­bleib im Ar­beits­verhält­nis bis weit in das Fol­ge­jahr hin­aus zwin­gen. Ent­spre­chen­des gilt für Ar­beit­ge­berkündi­gun­gen. Kei­ne über das Jahr 2010 hin­aus­ge­hen­de Bin­dung wur­de als An­spruchs­vor­aus­set­zung nur für die Fälle ei­ner Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses am oder zum 31. De­zem­ber 2010 oh­ne Aus­spruch ei­ner Kündi­gung ver­langt, was ins­be­son­de­re bei Be­fris­tung, Auf­he­bungs­ver­trag oder Be­triebsüber­gang in Be­tracht kommt.

3. Mit die­sem In­halt hält die Stich­tags­re­ge­lung der In­halts­kon­trol­le nicht stand. Sie ist ins­ge­samt un­wirk­sam mit der Fol­ge, dass die Richt­li­ni­en oh­ne die Stich­tags­klau­sel gel­ten (§ 306 Abs. 1 BGB).


a) Ei­ne Son­der­zah­lung, die je­den­falls auch Vergütung für be­reits er­brach­te Ar­beits­leis­tung dar­stellt, kann in All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen nicht vom un­gekündig­ten Be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses zu ei­nem Zeit­punkt außer­halb des Jah­res abhängig ge­macht wer­den, in dem die Ar­beits­leis­tung er­bracht wur­de. Ei­ne der­ar­ti­ge Klau­sel be­nach­tei­ligt den Ar­beit­neh­mer un­an­ge­mes­sen iSd. § 307 Abs. 1 BGB (vgl. ausführ­lich BAG 18. Ja­nu­ar 2012 - 10 AZR 612/10 - BA­GE 140, 231). Wie aus­geführt, er­streckt sich die hier durch die Stich­tags­klau­sel ver­mit­tel­te Bin­dung des Ar­beit­neh­mers auf ei­nen Zeit­raum außer­halb des Be­zugs­jah­res. Dar­an ändern auch die erwähn­ten, in der Klau­sel aber nicht ge­nann­ten Fall­ge­stal­tun­gen ei­ner Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses oh­ne Kündi­gung nichts.


b) Die Klau­sel kann nicht mit dem In­halt auf­recht­er­hal­ten wer­den, dass die Ent­ste­hung des An­spruchs auf die Son­der­zah­lung le­dig­lich den - sei es auch gekündig­ten - Be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses am 31. De­zem­ber vor­aus­setzt. Die Klau­sel ist nicht teil­bar.
 


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aa) Han­delt es sich um ei­ne teil­ba­re Klau­sel, ist die In­halts­kon­trol­le je­weils für die ver­schie­de­nen, nur for­mal ver­bun­de­nen Be­stim­mun­gen vor­zu­neh­men (BAG 11. April 2006 - 9 AZR 610/05 - Rn. 32, BA­GE 118, 36). Maßgeb­lich ist, ob die Klau­sel meh­re­re sach­li­che Re­ge­lun­gen enthält und der un­zulässi­ge Teil sprach­lich ein­deu­tig ab­trenn­bar ist. Ist die ver­blei­ben­de Re­ge­lung wei­ter­hin verständ­lich, bleibt sie be­ste­hen. Die Teil­bar­keit ei­ner Klau­sel ist durch Strei­chung des un­wirk­sa­men Teils zu er­mit­teln (vgl. BAG 14. Sep­tem­ber 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 27, BA­GE 139, 156).


bb) Der Se­nat hat für ei­ne ähn­lich lau­ten­de Klau­sel die Teil­bar­keit be­jaht (BAG 6. Mai 2009 - 10 AZR 443/08 - Rn. 11). Er hat an­ge­nom­men, ei­ne der­ar­ti­ge Klau­sel sei sprach­lich ab­trenn­bar; bei Strei­chung des Wor­tes „unkünd­bar“ blei­be als verständ­li­che Re­ge­lung im­mer noch die Be­stim­mung ei­nes Stich­tags übrig (kri­tisch ErfK/Preis 14. Aufl. §§ 305 - 310 BGB Rn. 103a; wohl zwei­felnd Lüders GwR 2009, 206; dif­fe­ren­zie­rend Sa­l­a­mon NZA 2010, 314 ff., 317).

cc) Dar­an hält der Se­nat nicht fest. Die sprach­li­che Teil­bar­keit ei­ner Klau­sel ist nur ein In­diz für die - ent­schei­den­de - in­halt­li­che Teil­bar­keit (ErfK/Preis §§ 305 - 310 BGB Rn. 103). Die hier frag­li­che Re­ge­lung ver­folgt mit dem Zu­sam­men­spiel von Be­stand und be­son­de­rer Qua­lität („un­gekündigt“) des Ar­beits­verhält­nis­ses als An­spruchs­vor­aus­set­zung ein Zielbündel von Be­triebs­treue und Mo­ti­va­ti­on des Ar­beit­neh­mers, das sich nicht sinn­voll auf­spal­ten lässt. Es geht nicht um meh­re­re un­ter­schied­li­che sach­li­che Re­ge­lun­gen der Be­klag­ten, die un­abhängig von­ein­an­der be­ur­teilt wer­den könn­ten. Viel­mehr ver­langt die Klau­sel das Be­ste­hen des Ar­beits­verhält­nis­ses am En­de des Be­zugs­zeit­raums ge­ra­de mit der Be­son­der­heit, es dürfe we­der der Ar­beit­neh­mer noch der Ar­beit­ge­ber das Ar­beits­verhält­nis gekündigt ha­ben; da­mit geht ei­ne Er­wei­te­rung der Be­stands­vor­aus­set­zung ein­her, die sich im Ein­zel­fall un­ter­schied­lich aus­wirkt. Für den Ar­beit­neh­mer stellt sie sich als Ob­lie­gen­heit dar, auf ei­ne Ei­genkündi­gung zu ver­zich­ten, was als Ein­for­de­rung ei­ner wei­te­ren Be­triebs­treue ver­stan­den wer­den kann; im Fall der Ar­beit­ge­berkündi­gung geht es eher um das In­ter­es­se des Ar­beit­ge­bers, ei­nem Ar­beit­neh­mer, der in ab­seh­ba­rer Zeit aus dem Ar­beits­verhält­nis aus­schei­det, kei­ne auch der Mo­ti­va­ti­on für die künf­ti-

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ge Ar­beit die­nen­de Son­der­zah­lung mehr leis­ten zu wol­len. Die­se durch die All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen be­stimm­ten An­spruchs­vor­aus­set­zun­gen hängen so eng mit­ein­an­der zu­sam­men, dass es auf ei­ne im Rah­men von § 306 BGB un­zulässi­ge Neu­be­stim­mung des Ver­trags­in­halts hin­aus­lau­fen würde, woll­te man aus Ziff. 1 der Richt­li­ni­en das Wort „un­gekündigt“ her­aus­strei­chen.


4. Im Übri­gen kann ei­ne Son­der­zah­lung, die (auch) Vergütung für be­reits er­brach­te Ar­beits­leis­tung dar­stellt, in All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen re­gelmäßig nicht vom Be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses am 31. De­zem­ber des Jah­res abhängig ge­macht wer­den, in dem die Ar­beits­leis­tung er­bracht wur­de. Die Klau­sel be­nach­tei­ligt den Ar­beit­neh­mer un­an­ge­mes­sen und ist des­halb nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB un­zulässig.

a) Der Se­nat hat die Un­zulässig­keit ei­nes Stich­tags außer­halb des Be­zugs­zeit­raums da­mit be­gründet, dass die Stich­tags­klau­sel im Wi­der­spruch zum Grund­ge­dan­ken des § 611 Abs. 1 BGB ste­he, in­dem sie dem Ar­beit­neh­mer be­reits er­ar­bei­te­ten Lohn ent­zie­he. Ein be­rech­tig­tes In­ter­es­se des Ar­beit­ge­bers, dem Ar­beit­neh­mer Lohn für ge­leis­te­te Ar­beit ge­ge­be­nen­falls vor­ent­hal­ten zu können, sei nicht er­sicht­lich (BAG 18. Ja­nu­ar 2012 - 10 AZR 612/10 - BA­GE 140, 231; zu­stim­mend ErfK/Preis § 611 BGB Rn. 534a - 534f; Bar­tho­lomä BB 2012, 2250; Sch­mitt-Rol­fes AuA 2012, 455; Rei­ne­cke BB 2013, 437; Beitz SAE 2013, 17; ab­leh­nend: ju­risPK-BGB/Lapp/Sa­l­a­mon 6. Aufl. § 310 Rn. 104; vgl. auch Sa­l­a­mon NZA 2011, 1328). Die­se Über­le­gun­gen gel­ten auch dann, wenn der Stich­tag in­ner­halb des Be­zugs­jah­res liegt und die Son­der­zah­lung - auch - Ar­beits­leis­tung ab­gel­ten soll, die in dem Zeit­raum vor dem Stich­tag er­bracht wur­de.


b) Auch in die­sem Fall ist die Son­der­zah­lung zum Teil Ge­gen­leis­tung für er­brach­te Ar­beit. Ein im Aus­tausch von Ar­beit und Vergütung lie­gen­der Grund für die Kürzung der Vergütung be­steht nicht. Die Kürzung er­folgt viel­mehr auf­grund ei­ner aus Sicht des Ar­beit­ge­bers nicht hin­rei­chend er­wie­se­nen Be­triebs­treue. Die­ser Ge­sichts­punkt ändert aber nichts dar­an, dass der Ar­beit­neh­mer die nach dem Ver­trag ge­schul­de­te Leis­tung er­bracht hat. Ir­gend­ei­ne Störung des Aus­tausch­verhält­nis­ses ist nicht ge­ge­ben.



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c) Auch ein Stich­tag in­ner­halb des Be­zugs­jah­res er­schwert dem Ar­beit­neh­mer die Ausübung des Kündi­gungs­rechts, ob­wohl er sei­ne Ar­beits­leis­tung je­den­falls teil­wei­se er­bracht hat. Er er­lei­det ei­nen un­ge­recht­fer­tig­ten Nach­teil. Der Wert der Ar­beits­leis­tung für den Ar­beit­ge­ber hängt von ih­rer Qua­lität und vom Ar­beits­er­folg ab, re­gelmäßig je­doch nicht von der rei­nen Ver­weil­dau­er des Ar­beit­neh­mers im Ar­beits­verhält­nis. Die Be­loh­nung zu­neh­men­der Beschäfti­gungs­dau­er als sol­cher steht nicht in ei­nem Verhält­nis zur Qua­lität und zum Er­folg der Ar­beits­leis­tung. Die ein­mal er­brach­te Ar­beits­leis­tung ge­winnt auch re­gelmäßig nicht durch bloßes Ver­har­ren des Ar­beit­neh­mers im Ar­beits­verhält­nis nachträglich an Wert (BAG 18. Ja­nu­ar 2012 - 10 AZR 612/10 - Rn. 25, BA­GE 140, 231).

d) An­ders mag es lie­gen, wenn die Ar­beits­leis­tung ge­ra­de in ei­nem be­stimm­ten Zeit­raum vor dem Stich­tag be­son­de­ren Wert hat. Das kann bei Sai­son­be­trie­ben der Fall sein, aber auch auf an­de­ren bran­chen- oder be­triebs­be­zo­ge­nen Be­son­der­hei­ten be­ru­hen. Möglich ist auch, dass ei­ne Son­der­zah­lung an bis zu be­stimm­ten Zeit­punk­ten ein­tre­ten­de Un­ter­neh­mens­er­fol­ge an­knüpft; in die­sen Fällen ist ei­ne zu be­stimm­ten Stich­ta­gen er­fol­gen­de Be­trach­tung oft­mals zweckmäßig und nicht zu be­an­stan­den (BAG 6. Mai 2009 - 10 AZR 443/08 - Rn. 15). Für sol­che be­son­de­ren Ein­flüsse ist hier je­doch nichts er­sicht­lich. Im Ge­gen­teil spricht die Zu­wen­dung von - be­zo­gen auf die zurück­ge­leg­ten Beschäfti­gungs­mo­na­te - an­tei­li­gen Son­der­zah­lun­gen an un­terjährig ein­tre­ten­de Ar­beit­neh­mer dafür, dass den Richt­li­ni­en die Vor­stel­lung zu­grun­de liegt, die Son­der­zah­lung wer­de gleichmäßig im Lauf des Jah­res als zusätz­li­ches Ent­gelt für die lau­fen­de Ar­beits­leis­tung ver­dient.


e) Die­sen Über­le­gun­gen ent­spricht die in­sol­venz­recht­li­che Ein­ord­nung von leis­tungs­be­zo­ge­nen Son­der­zah­lun­gen durch den Se­nat. Der An­spruch auf ei­ne sol­che Son­der­zu­wen­dung ent­steht da­nach re­gelmäßig während des Be­zugs­zeit­raums ent­spre­chend der zurück­ge­leg­ten Dau­er („pro ra­ta tem­po­ris“) und wird nur zu ei­nem an­de­ren Zeit­punkt ins­ge­samt fällig. In­sol­venz­recht­lich sind ar­beits­leis­tungs­be­zo­ge­ne Son­der­zu­wen­dun­gen dem Zeit­raum zu­zu­ord­nen, für den sie als Ge­gen­leis­tung ge­schul­det sind: So­weit mit ih­nen Ar­beits­leis­tun-
 


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gen vergütet wer­den, die nach der Eröff­nung des In­sol­venz­ver­fah­rens er­bracht wur­den, han­delt es sich um Mas­se­for­de­run­gen. So­weit durch sie vor Ver­fah­ren­seröff­nung er­brach­te Ar­beits­leis­tun­gen ho­no­riert wer­den, lie­gen In­sol­venz­for­de­run­gen vor (BAG 14. No­vem­ber 2012 - 10 AZR 793/11 - Rn. 14, 20).

f) An die­sem Er­geb­nis ändert auch der Um­stand nichts, dass § 14 MTV für die dort ge­re­gel­ten Ansprüche auf Son­der­zah­lung zulässi­ger­wei­se ei­nen un­terjähri­gen Stich­tag vor­sieht, nämlich den 1. De­zem­ber des Be­zugs­jah­res.

aa) Die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en über­schrei­ten den ih­nen zu­ste­hen­den Ge­stal­tungs­spiel­raum nicht, wenn sie Son­der­zah­lun­gen, die so­wohl ei­ne Ge­gen­leis­tung für die er­brach­te Ar­beits­leis­tung dar­stel­len als auch der Ho­no­rie­rung von Be­triebs­treue die­nen, vom Be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses an ei­nem be­stimm­ten Stich­tag im Be­zugs­zeit­raum abhängig ma­chen (vgl. zum TV Zu­wen­dung: BAG 18. Au­gust 1999 - 10 AZR 424/98 - BA­GE 92, 218). Ihr Ge­stal­tungs­spiel­raum ist da­bei so­wohl ge­genüber den Be­triebs­par­tei­en (vgl. zu Stich­tags­re­ge­lun­gen außer­halb des Be­zugs­zeit­raums in Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen: BAG 12. April 2011 - 1 AZR 412/09 - BA­GE 137, 300; 7. Ju­ni 2011 - 1 AZR 807/09 -; 5. Ju­li 2011 - 1 AZR 94/10 -) als auch ge­genüber den ein­sei­ti­gen Ge­stal­tungsmöglich­kei­ten des Ar­beit­ge­bers in All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen (vgl. da­zu BAG 18. Ja­nu­ar 2012 - 10 AZR 612/10 - BA­GE 140, 231) er­wei­tert (BAG 12. De­zem­ber 2012 - 10 AZR 718/11 - Rn. 39 - 41).


bb) Ta­rif­ver­trag­li­che Re­ge­lun­gen sind zwar kein Maßstab für die In­halts­kon­trol­le (MüKoBGB/Ba­se­dow 6. Aufl. § 310 Rn. 104; Lin­ge­mann NZA 2002, 181, 188; Thüsing BB 2002, 2666, 2674; aA Däubler NZA 2001, 1329, 1334). All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen un­ter­lie­gen der In­halts­kon­trol­le nach § 307 ff. BGB je­doch nicht, so­weit sie kei­ne von den Ta­rif­verträgen, Be­triebs- und Dienst­ver­ein­ba­run­gen ab­wei­chen­den Re­ge­lun­gen oder die­se Kol­lek­tiv­verträge le­dig­lich ergänzen­de Re­ge­lun­gen ver­ein­ba­ren (§ 310 Abs. 4 Satz 3 iVm. § 307 Abs. 3 BGB; vgl. Be­ckOK BGB/Be­cker Stand 1. No­vem­ber 2013 § 310 BGB Rn. 42). Im Streit­fall wei­chen die Richt­li­ni­en zu­las­ten der Ar­beit­neh­mer von den Re­ge­lun­gen des Ta­rif­ver­trags ab und un­ter­lie­gen des­halb als ei­genständi­ge All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen der un­ein­ge­schränk­ten In­halts­kon­trol­le.
 


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Während nach den Richt­li­ni­en ei­ne Bin­dung ggf. bis weit in das auf das Be­zugs­jahr fol­gen­de Jahr vor­ge­se­hen ist, bin­det der Ta­rif­ver­trag den Ar­beit­neh­mer nur bis zum 1. De­zem­ber des lau­fen­den Jah­res. An­de­rer­seits gewährt der Ta­rif­ver­trag ei­nen An­spruch le­dig­lich bei min­des­tens einjähri­gem Be­ste­hen des Ar­beits­verhält­nis­ses am 1. De­zem­ber ei­nes Jah­res. Das Ar­beits­verhält­nis muss al­so spätes­tens am 1. De­zem­ber des Vor­jah­res be­gon­nen ha­ben. Ei­nen an­tei­li­gen Zah­lungs­an­spruch bei un­terjähri­gem Ein­tritt ins Ar­beits­verhält­nis gewährt der Ta­rif­ver­trag nicht, er sieht aber Aus­nah­men von der Stich­tags­re­ge­lung bei Ver­ren­tung vor. Der Ta­rif­ver­trag be­tont ins­ge­samt we­sent­lich stärker den Ge­sichts­punkt der Be­triebs­treue, als es die Richt­li­ni­en tun: Während nach den Richt­li­ni­en ein Ar­beit­neh­mer, der am 1. De­zem­ber ein­tritt, ei­nen An­spruch auf 1/12 des No­vem­ber­ge­hal­tes für das lau­fen­de Jahr er­wirbt, be­steht nach dem Ta­rif­ver­trag für ei­nen sol­chen Ar­beit­neh­mer selbst dann kein An­spruch, wenn er ein Jahr ar­bei­tet und dann am 30. No­vem­ber des Fol­ge­jah­res aus­schei­det.


5. Der An­spruch ist nicht durch den ar­beits­ver­trag­li­chen Frei­wil­lig­keits­vor­be­halt aus­ge­schlos­sen. Die­ser Vor­be­halt ist un­wirk­sam.


a) Nach § 3 Ziff. 2 des Ar­beits­ver­trags, der als All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gung an­zu­se­hen ist, be­zieht sich der Frei­wil­lig­keits­vor­be­halt nicht nur auf Gra­ti­fi­ka­tio­nen, son­dern auf al­le Leis­tun­gen, die nicht im Ar­beits­ver­trag oder durch „gülti­gen Ta­rif­ver­trag“ ge­re­gelt sind. Die Ent­ste­hung von Rechts­ansprüchen soll ge­ne­rell aus­ge­schlos­sen sein. „Frei­es Er­mes­sen“ be­deu­tet, dass der es Ausüben­de le­dig­lich die - stets gel­ten­den - all­ge­mei­nen Schran­ken der Rechts­ausübung, ins­be­son­de­re den ar­beits­recht­li­chen Gleich­be­hand­lungs­grund­satz, die Willkür- und Maßre­ge­lungs­ver­bo­te so­wie den Grund­satz von Treu und Glau­ben zu be­ach­ten hat. Die Ent­schei­dung muss sich nicht am Maßstab der Bil­lig­keit aus­rich­ten (vgl. BAG 4. Ja­nu­ar 2009 - 5 AZR 75/08 - Rn. 14, 17).

b) Mit die­sem In­halt hält die Ver­trags­klau­sel der In­halts­kon­trol­le nicht stand. Ein Frei­wil­lig­keits­vor­be­halt, der al­le zukünf­ti­gen Leis­tun­gen un­abhängig von ih­rer Art und ih­rem Ent­ste­hungs­grund er­fasst, be­nach­tei­ligt den Ar­beit­neh­mer un­an­ge­mes­sen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB und ist des­halb un-
 


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wirk­sam. Ein sol­cher Frei­wil­lig­keits­vor­be­halt be­zieht un­zulässi­ger­wei­se lau­fen­de Leis­tun­gen ein und verstößt so­wohl ge­gen den in § 305b BGB be­stimm­ten Vor­rang der In­di­vi­dua­la­b­re­de als auch ge­gen den all­ge­mei­nen Rechts­grund­satz, dass ver­trag­li­che Re­ge­lun­gen ein­zu­hal­ten sind (BAG 14. Sep­tem­ber 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 36 - 41, BA­GE 139, 156; 16. Ja­nu­ar 2013 - 10 AZR 26/12 - Rn. 22; zu­stim­mend Worz­al­la SAE 2012, 92; Preis/Sa­gan NZA 2012, 1077; kri­tisch Bau­er/von Me­dem NZA 2012, 894; Nie­b­ling NJW 2013, 3011).

c) So­weit die Gra­ti­fi­ka­ti­on in der Ge­samt­zu­sa­ge vom 30. Sep­tem­ber 2010 als „frei­wil­li­ge, je­der­zeit wi­der­ruf­li­che Leis­tung“ be­zeich­net wird, ändert das eben­falls nichts an der Ver­pflich­tung der Be­klag­ten.

II. Der Zins­an­spruch folgt aus § 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 iVm. § 288 Abs. 1 BGB.

III. Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf §§ 92, 97 ZPO. 


Mi­kosch 

Mest­werdt 

Schmitz-Scho­le­mann

R. Basch­na­gel 

Pe­tri

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