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LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20.11.2011, 7 Sa 1318/11
Schlagworte: | CGZP, Equal pay, Ausschlussfrist | |
Gericht: | Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg | |
Aktenzeichen: | 7 Sa 1318/11 | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 20.11.2011 | |
Leitsätze: | ||
Vorinstanzen: | Arbeitsgericht Frankfurt (Oder), Urteil vom 09.06.2011, 3 Ca 422/11 Nachfolgend Bundesarbeitgsericht, Urteil vom 13.03.2013, 5 AZR 954/11 |
|
Im Namen des Volkes
Urteil
In Sachen
pp
hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, 7. Kammer,
auf die mündliche Verhandlung vom 20. September 2011
durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht R. als Vorsitzende
sowie die ehrenamtlichen Richter Frau O. und Herr Sch.
für Recht erkannt:
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt (Oder) vom 09. Juni 2011 - 3 Ca 422/11 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten – soweit für das Berufungsverfahren relevant - über Vergütungsansprüche aus einem beendeten Arbeitsverhältnis für den Zeitraum vom 15. Juni 2009 bis zum 30. Juni 2010.
Die Klägerin war auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 30. April 2009 (Bl. 11-14 d.A.) nebst Änderungsvereinbarung vom 6. April 2010 (Bl. 15 d.A.) bei der Beklagten in der Zeit vom 4. Mai 2009 bis zum 30. Juni 2010 als Leiharbeitnehmerin für Montagearbeiten mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von 35 Stunden zu einem Bruttostundenlohn von zunächst 6,00 EUR, ab 1. Juli 2009 von 6,15 EUR beschäftigt. Außerdem erhielt die Klägerin 2009 Fahrtkosten und 2010 vermögenswirksame Leistungen. Für die Beträge im Einzelnen wird auf die der Klägerin erteilten Abrechnungen (Bl. 19 – 33 d.A.) Bezug genommen.
Der Arbeitsvertrag vom 30. April 2009 nahm in seinem § 1 die Regelungen der zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) und der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP) geschlossenen Tarifverträge, bestehend aus Mantel-, Entgeltrahmen-, Entgelt- und Beschäftigungssicherungstarifverträge sowie etwaige ergänzende oder ersetzende Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung in Bezug. Weiterhin enthält der Arbeitsvertrag unter § 14 die Vereinbarung einzelvertraglicher Ausschlussfristen. Es heißt dort:
Die Parteien vereinbaren hiermit ausdrücklich einzelvertraglich unabhängig von der Geltung eines Tarifvertrages und der einzelvertraglichen Bezugnahme eines Tarifvertrages im Rahmen dieses Arbeitsverhältnisses folgendes:
Ansprüche der Vertragsparteien aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, sind ausgeschlossen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden. Satz 1 gilt nicht für Ansprüche, die auf eine unerlaubte Handlung gestützt werden.
Lehnt die andere Vertragspartei die Erfüllung des Anspruchs schriftlich ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von einem Monat nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Ablehnung oder Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.
Mit Änderungsvereinbarung vom 6. April 2010 änderten die Parteien rückwirkend ab dem 1. Januar 2010 u.a. die tarifliche Bezugnahmeklausel wie folgt ab:
§ 1 Tarifliche Bestimmungen
Die Rechte und Pflichten dieses Arbeitsvertrages bestimmen sich nach den zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP) und der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP), der Christlichen Gewerkschaft Metall (CGM), der DHV- die Berufsgewerkschaft e.V. (DHV), dem Beschäftigtenverband Industrie, Gewerbe, Dienstleistung (BGID), dem Arbeitnehmerverband land- und ernährungswirtschaftlicher Berufe (ALEB) sowie medsonet. Die Gesundheitsgewerkschaft (medsonet) geschlossenen Tarifverträgen, derzeit bestehend aus Mantel-, Entgeltrahmen-, Entgelt- und Beschäftigungssicherungstarifverträgen sowie etwaigen ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträgen, in ihrer jeweils gültigen Fassung. Dies gilt auch, wenn der Mitarbeiter nicht Mitglied einer der in Satz 1 genannten Gewerkschaften oder der Tarifgemeinschaft ist.“
Die Klägerin war während ihres Arbeitsverhältnisses bei der Firma B. SE & Co.KG Berlin eingesetzt, die sie mit Arbeitsvertrag vom 25. Mai 2010 (Bl. 15 – 18 d.A.) zum 1. Juli 2010 einstellte und dort mit den gleichen Arbeiten zu einem Bruttomonatsverdienst von 1.948,00 EUR unter Anwendung der Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg beauftragte.
Nachdem das Bundesarbeitsgericht mit Beschluss vom 14.12.2010 – 1 ABR 19/10 (NZA 2011, 289 ff.) entschieden hat, dass die CGZP weder als Einzelgewerkschaft noch als Spitzenorganisation tariffähig ist, hat die Klägerin mit der vorliegenden, beim Arbeitsgericht Frankfurt (Oder) am 8. März 2011 eingegangenen und der Beklagten am 11. März 2011 zugestellten Klage die Differenz zwischen der ihr von der Beklagten gezahlten Vergütung zu der ihr bei dem Entleiher zustehenden Vergütung für die Monate Mai 2009 bis Juni 2010 in Höhe von insgesamt 16.285,05 EUR brutto geltend gemacht. Wegen der Berechnung im Einzelnen wird auf die Klageschrift Bl. 8-10 d.A. Bezug genommen.
Die Klägerin hat ihre Klage damit begründet, aus der vom Bundesarbeitsgericht festgestellten Tarifunfähigkeit der CGZP folge die Nichtigkeit der in Bezug genommenen Tarifverträge. Ohne Vereinbarung eines wirksamen Tarifvertrages habe sie Anspruch auf die im Entleiherbetrieb vergleichbaren Arbeitnehmern gezahlte Vergütung. Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts betreffe auch die Tariffähigkeit der CGZP für die Vergangenheit. Einer erneuten Entscheidung über die Tariffähigkeit der CGZP für einen früheren Zeitraum bedürfe es nicht. Auf Vertrauensschutz könne sich die Beklagte nicht berufen. Die Verweisung im Änderungsvertrag sei ebenfalls unwirksam. Ihre Ansprüche seien nicht verfallen. Es wäre ihr nicht zumutbar gewesen, ihre Ansprüche vor der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts geltend zu machen.
Die Klägerin hat beantragt,
1. Die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 16.285,05 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen.
2. hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag von 27.272,00 Euro brutto abzüglich darauf durch die Beklagte geleistete Zahlungen in Höhe von 14.750,33 Euro netto nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts habe keine Auswirkungen auf den hier streitigen Zeitraum. Sie entfalte keine Rückwirkungen, sondern sei allein gegenwartsbezogen. Die im Änderungsvertrag vereinbarte Bezugnahme sei wirksam. Jedenfalls aber genieße sie Vertrauensschutz. Außerdem seien Ansprüche der Klägerin aufgrund der vereinbarten Ausschlussfristen verfallen. Jedenfalls aber müsse sich die Klägerin die gezahlten Fahrtkosten und vermögenswirksamen Leistungen auf ihren Anspruch anrechnen lassen.
Das Arbeitsgericht Frankfurt (Oder) hat mit Urteil vom 9. Juni 2011, auf dessen Tatbestand wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien Bezug genommen wird, die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 14.809,29 Euro brutto nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.03.2011 zu zahlen, im Übrigen die Klage abgewiesen und der Beklagten 91 %, der Klägerin 9% der Kosten auferlegt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe einen Anspruch aus §§ 9 Ziffer 2, 10 Abs. 4 AÜG auf die Differenz zwischen dem von der Beklagten gezahlten Stundenlohn und einem Stundenlohn in Höhe von 12,84 EUR auf der Basis der sich aus den Abrechnungen ergebenden Stunden. Die im Vertrag vom 30. April 2009 vereinbarten Tarifverträge seien unwirksam, weil der CGZP die Tariffähigkeit gefehlt habe, wie das Bundesarbeitsgericht dies in seiner Entscheidung schon festgestellt habe. Diese Entscheidung entfalte Wirkungen auch für die Vergangenheit, insbesondere dann, wenn sich – wie hier – keine Umstände ergeben würde, die die Tariffähigkeit entgegen der gerichtlichen Entscheidung bestätigen würde. Außerdem habe das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung inzident auch die Satzung von 2005 überprüft, so dass für die Tariffähigkeit der CGZP ab 2005 nichts anderes gelten könne. Jedenfalls aber wirke der vom BAG entschiedene Feststellungsantrag auf den Zeitpunkt der Antragsstellung beim Arbeitsgericht, also auf Herbst 2008 zurück. Einer Aussetzung des Verfahrens bedürfe es daher nicht. Für die Zeit ab dem 1. Januar 2010 seien Tarifverträge nicht wirksam vereinbart worden. Die Bezugnahme auf die von der CGZP und fünf Einzelgewerkschaften abgeschlossenen Tarifverträge halte einer Inhaltskontrolle nicht stand. Für die Klägerin sei nicht erkennbar, welche tarifvertraglichen Regelungen für sie gelten würden. Auf Vertrauensschutz könne sich die Beklagte nicht berufen. Die Ansprüche seien nicht verfallen, da unter Berücksichtigung der Regelungen im Verjährungsrecht die Ausschlussfristen frühestens mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts beginnen würden. Der Höhe nach seien nur die Bruttozahlungen zu vergleichen. Die Klägerin müsse sich die von der Beklagten gezahlten Fahrtkosten nicht anrechnen lassen. Dies seien Sachleistungen, die unabhängig von der Zahl der geleisteten Stunden und der Dauer der täglichen Arbeitszeit anfallen würden. Allerdings könne die Klägerin für die Zeit vom 4.5.2009 bis zum 14.6.2009 keine Ansprüche geltend machen, da die Beklagte mit der vor Beginn des Arbeitsverhältnisses arbeitslosen Klägerin nach § 9 Nr 2 AÜG für 6 Wochen ein geringeres Arbeitsentgelt habe vereinbaren dürfen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidung wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Gegen dieses der Beklagten am 21. Juni 21011 zugestellte Urteil richtet sich ihre Berufung, die sie mit einem beim Landesarbeitsgericht am 23.06.2011 eingegangenen Schriftsatz eingelegt und mit einem beim Landesarbeitsgericht am 11.08.2011 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.
Die Beklagte wendet sich mit Rechtsausführungen gegen die arbeitsgerichtliche Entscheidung.
Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt (Oder) vom 09.06.2011 3 Ca 422/11 – abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Klägerin und Berufungsklägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil mit Rechtsausführungen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Vorbringen in den mündlichen Verhandlungsterminen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
1. Die gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist von ihr fristgemäß und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO, § 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG).
Die Berufung der Beklagten ist daher zulässig.
2. Die Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat mit zutreffender Begründung die Beklagte verurteilt, an die Klägerin restliches Arbeitsentgelt für die Zeit vom 15.06.2009 bis zum 30.06.2010 in Höhe von 14.809,29 Euro brutto nebst Zinsen zu zahlen. Der Anspruch der Klägerin ergibt sich aus § 10 Abs. 4 AÜG. Die arbeitsvertragliche Vereinbarung tariflicher Regelungen zur Abweichung von den im Betrieb des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen erweist sich als unwirksam. Ansprüche der Klägerin sind auch nicht aufgrund tariflicher oder vertraglicher Ausschlussfristen verfallen.
2.1 Nach § 9 Nr. 2 AÜG ist der Verleiher grundsätzlich verpflichtet mit seinem Arbeitnehmer die wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu vereinbaren, die für einen vergleichbaren Arbeitnehmer im Entleiherbetrieb gelten. Allerdings kann ein Tarifvertrag abweichende Regelungen vorsehen. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren (§ 9 Nr. 2 a.E. AÜG). Im Falle der Unwirksamkeit der Vereinbarung mit dem Verleiher nach § 9 Nr. 2 AÜG kann der Leiharbeitnehmer von seinem Arbeitgeber die Gewährung der im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts verlangen (§ 10 Abs. 4 AÜG).
2.2 Auch im vorliegenden Fall haben die Parteien in ihren Arbeitsverträgen die Geltung von Tarifverträgen vereinbart, die ein niedrigeres Arbeitsentgelt vorsahen, als vergleichbare Arbeitnehmer beim Entleiher erzielten. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Klägerin beim Entleiher einen Stundenlohn von 12,84 € erzielt hätte. Die Vereinbarung dieser Tarifverträge erweist sich indes als unwirksam. Für die Zeit bis zum 31.12.2009 konnten die Vertragsparteien nicht vom equal-pay-Gebot abweichen, weil der vereinbarte Tarifvertrag nichtig ist. Für die Zeit ab dem 01.01.2010 ist die vertragliche Bezugnahme unwirksam, so dass auch insoweit eine Abweichung nicht in Betracht kam.
2.2.1 Für die Zeit vom 15. Juni 2009 bis zum 31.12.2009 ist die Vereinbarung eines niedrigeren Entgelts als es vergleichbaren Arbeitnehmern im Entleiherbetrieb gezahlt wird durch den in Bezug genommenen Entgelttarifvertrag vom 9.7.2008 abgeschlossen zwischen der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (im folgenden CGZP) und dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (APM), der in der maßgeblichen Entgeltgruppe bis zum 1.Juli 2009 einen Stundenlohn von 6,00 € und danach von 6,15 € vorsieht, schon deshalb unwirksam, weil die CGZP zum damaligen Zeitpunkt nicht tariffähig war. Die CGZP ist keine tariffähige Arbeitnehmervereinigung iSd. § 2 Abs. 1 TVG und auch keine tariffähige Spitzenorganisation (BAG vom 14.12.2010 – 1 ABR 19/10 - AP Nr 6 zu § 2 TVG Tariffähigkeit).
Einer Aussetzung des Rechtsstreits nach § 97 Abs. 5 ArbGG bis zu einer Erledigung des Beschlussverfahrens über die Tariffähigkeit der CGZP bei Abschluss des Entgelttarifvertrages am 9.7.2008 bedurfte es nicht. Auch wenn das Bundesarbeitsgericht mit seiner Entscheidung vom 14.12.2010 (1 ABR 19/10 – NZA 2011, 289) eine rechtskräftige Entscheidung über die fehlende Tariffähigkeit der CGZP nur gegenwartsbezogen getroffen hat, mit der Folge, dass die Frage der Tariffähigkeit im Jahr 2008, dem Jahr, in dem der maßgebliche Tarifvertrag abgeschlossen wurde, von der Rechtskraft der Entscheidung nicht erfasst wird, folgt daraus in Übereinstimmung mit dem LAG Hamm (Urteil v. 30.6.2011 8 Sa 387/11 – veröffentlicht in juris) keine Notwendigkeit zur Aussetzung des vorliegenden Rechtsstreits. Wurde die Tarifunfähigkeit nämlich bereits einmal festgestellt, bedarf es auch dann keiner Aussetzung des Rechtsstreits, wenn keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Tariffähigkeit vorher bestanden haben könnte (BAG v. 15.11.2006 – 10 AZR 665/05 - AP Nr 34 zu § 4 TVG Tarifkonkurrenz; Brors in JurisPR-ArbR 18/2011 Anm. 1). Solche Anhaltspunke lagen hier unter Berücksichtigung der Begründung der fehlenden Tariffähigkeit der CGZP in den vorangegangenen Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts und des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg nicht vor. Vielmehr folgt aus den Gründen der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts, nach welchen die fehlende Tariffähigkeit der CGZP auf entsprechenden Satzungsmängeln beruht, zweifelsfrei, dass sämtliche im zeitlichen Geltungsbereich der für unwirksam erachteten Verbandssatzung abgeschlossenen Tarifverträge unwirksam sind und diesbezüglich keine Unsicherheit besteht, welche Anlass zur Durchführung eines eigenständigen Verfahrens gemäß § 97 ArbGG für jeden einzelnen Tarifvertrag bietet. Die im Tatbestand der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zitierten, für die Tariffähigkeit maßgeblichen Passagen der Satzung der CGZP vom 05.12.2005 sind durch die nachfolgenden Satzungsänderungen unberührt geblieben. Weder wurde der Kreis der Mitglieder der CGZP anders bestimmt, noch der fachliche Organisationsbereich der CGZP verändert. Dieser erstreckte sich nach beiden Fassungen auf den gesamten Bereich der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung, nicht aber auf den Organisationsbereich ihrer Mitglieder (BAG v. 14.12.2010 – 1 ABR 19/10 a.a.O.Rz. 110; LAG Berlin-Brandenburg v. 7.12.2009 – 23 TaBV 1016/09 LAGE § 2 TVG Nr 8). Dementsprechend beziehen sich die tragenden Erwägungen des Bundesarbeitsgerichts, mit welchen die fehlende Gewerkschaftseigenschaft der CGZP und ihre mangelnde Tariffähigkeit begründet worden sind, in inhaltlicher und zeitlicher Hinsicht auf die Rechtslage, wie sie seit dem 05.12.2005 bestanden hat (LAG Hamm v. 30.06.2011 – 8 Sa 387/11 a.a.O.). Insofern bestehen nicht nur keine Anhaltspunkte dafür, dass die Tariffähigkeit zu einem früheren Zeitpunkt bestanden haben könnte, sondern es steht im Gegenteil fest, dass die CGZP bei Abschluss des Tarifvertrages nicht tariffähig war. Einer Aussetzung des Rechtsstreits bedarf es dann nicht mehr.
War die CGZP aber bei Abschluss des Tarifvertrages nicht tariffähig, ist der Tarifvertrag auf den im Arbeitsvertrag vom 30. April 2009 Bezug genommen wurde, unwirksam. Ein unwirksamer Tarifvertrag kann nicht zu einer Abweichung vom gesetzlichen Anspruch auf „equal pay“ führen.
Auf Vertrauensschutz kann sich die Beklagte nicht berufen. Der gute Glaube auf die Tariffähigkeit einer Vereinigung wird nicht geschützt (BAG v. 15.11.2006 – 10 AZR 665/05 – AP Nr. 34 zu § 4 TVG Tarifkonkurrenz). Die Beklagte konnte bei Abschluss des Arbeitsvertrages vom 30.04.2009 auch schon deshalb nicht in die Wirksamkeit des Tarifvertrages vertrauen, weil zu diesem Zeitpunkt das Arbeitsgericht Berlin (Beschluss vom 01.04.2009 – 35 BV 17008/08) die Tariffähigkeit der CGZP verneint hat. Die Regelungen des Arbeitsvertrages zur einzelvertraglichen Ausschlussfrist zeigen zudem deutlich, dass der Beklagten die Problematik dieser Tarifverträge bei Abschluss des Vertrages bekannt war.
2.2.2 Mit der Änderung des Arbeitsvertrages mit Wirkung vom 1.1.2010 haben die Parteien ebenfalls keine wirksame Vereinbarung über die Geltung eines Tarifvertrages geschlossen. Die arbeitsvertragliche Bezugnahme auf die mit dem Arbeitgeberverband APM abgeschlossenen Tarifverträge erweist sich wegen fehlender Transparenz als unwirksam (§307 BGB).
2.2.2.1 Die Bezugnahmeklausel in § 1 des Änderungsvertrages vom 6. April 2010 ist eine für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingung, die die Beklagte der Klägerin bei Vertragsschluss stellte. Sie ist damit eine Allgemeine Geschäftsbedingung i.S. von § 305 BGB. Dies hat das Arbeitsgericht bereits so seiner Entscheidung zugrunde gelegt, ohne dass dies von der Beklagten im Berufungsverfahren angegriffen worden wäre. Als allgemeine Geschäftsbedingung unterliegt sie gemäß § 307 Abs. 2 i.V.m § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB jedenfalls einer Kontrolle anhand des Transparenzgebots, auch wenn die Bezugnahme auf einen Tarifvertrag, mit dem von dem gesetzlich normierten equal pay Anspruch abgewichen wird, nicht der vollen Inhaltskontrolle nach § 307 BGB unterworfen würde.
2.2.2.2 Nach § 307 Abs. 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen dem Gebot von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Diese unangemessene Benachteiligung kann sich daraus ergeben, dass die Bedingung nicht klar und verständlich ist (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB). Das Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Danach müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird (vgl. BAG v. 01.09.2010 – 5 AZR 517/09 – NZA 2011, 575 f.; BAG v. 24.03.2009 – 9 AZR 983/07 – NZA 2009, 538 ff.; v. 10.12.2008 – 4 AZR 801/07 – NZA-RR 2010, 7 ff.). Allerdings ist nicht schon die Verweisung auf die Vorschriften eines Gesetzes oder eines anderen Regelungswerkes für sich genommen intransparent. Auch ist eine Regelung nicht bereits deshalb unverständlich, weil sie dynamisch ausgestaltet ist. Dynamische Bezugnahmeklauseln entsprechen einer üblichen Regelungstechnik und dienen den Interessen beider Parteien. Es ist ausreichend, wenn die im Zeitpunkt der jeweiligen Anwendungen in Bezug genommenen Regelungen bestimmbar sind (BAG v. 10.12.2008 – 4 AZR 801/07 – a.a.O.) Bergen jedoch unklar abgefasste Allgemeiner Vertragsbedingungen die Gefahr in sich, dass der Arbeitnehmer seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 BGB vor (BAG v. 10.12.2008 – 4 AZR 801/07 – a.a.O.; BAG v. 14.3.2007 – 5 AZR 630/06 – BAGE 122, 12 ff.).
2.2.2.3 Gemessen an diesen Grundsätzen hält die hier zu prüfende arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel der eingeschränkten Inhaltskontrolle anhand des Transparenzgebots nicht stand. Die von der Beklagten verwendete Bezugnahmeklausel ist unklar und unbestimmt und benachteiligt dadurch die Klägerin in unangemessener Weise.
2.2.2.3.1 Mit der nach Satzbau und Zeichensetzung missglückten Bezugnahmeklausel in § 1 der Änderungsvereinbarung vom 6.4.2010 hat die Beklagte die Anwendung mehrerer Tarifverträge gleichzeitig vereinbart. Die Bezugnahmeklausel verweist nicht nur auf ein Tarifwerk, sondern auf insgesamt sechs Mantel-, Entgeltrahmen- und Entgelttarifverträge, abgeschlossen zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. auf der einen Seite und der CGZP, der CGM, der DHV, dem BIGD, dem ALEB sowie der medsonet jeweils auf der anderen Seite. Auch wenn diese Tarifverträge in einem Vertragstext zusammengefasst sind, macht die Präambel deutlich, dass es sich bei dem Manteltarifvertrag, dem Entgeltrahmentarifvertrag, dem Entgelttarifverträgen Ost und West, dem Manteltarifvertrag für Auszubildende sowie dem Beschäftigungssicherungstarifvertrag um „einen mehrgliedrigen Tarifvertrag im engeren Sinn“ handeln soll. Bei einem solchen mehrgliedrigen Tarifvertrag werden mehrere selbstständige Tarifverträge nur in einer Urkunde zusammengefasst (BAG v. 8.11.2006 – 4 AZR 590/05 – NZA 2007 576). Gegenstand der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel sind damit die verschiedenen Tarifverträge zwischen dem AMP auf der einen Seite und den benannten Tarifvertragspartnern auf der anderen Seite.
2.2.2.3.2 Der Arbeitsvertrag enthält keine Regelung dazu, welche der möglichen tariflichen Regelungen unter welchen Voraussetzungen Anwendung finden soll. Dies wäre hier aber erforderlich gewesen. Die verschiedenen in Bezug genommenen Tarifverträge können unabhängig voneinander zu unterschiedlichen Zeitpunkten gekündigt, neu abgeschlossen oder anderen Regelungen zugänglich sein. Diese sich dann möglicherweise widersprechende Tarifverträge fänden ungeachtet dessen alle aufgrund der dynamischen Bezugnahmeklausel auf das Arbeitsverhältnis Anwendung, ohne dass sich im Konfliktfall bestimmen ließe, welcher Tarifvertrag der maßgebliche sein solle. Mit der Bezugnahme auf die verschiedenen Tarifverträge soll aber der gesetzlich geregelte Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt, wie es im Entleiherbetrieb gezahlt wird, ausgeschlossen werden. Dies setzt eine klare und bestimmte Festlegung der anwendbaren Tarifverträge, durch die vom gesetzlichen Anspruch abgewichen werden soll und deren Wirksamkeit ggf. überprüft werden muss, voraus. Insoweit unterscheidet sich die vorliegende Bezugnahmeklausel nach ihrem Ziel auch von z.B. üblichen Bezugnahmeklauseln auf den BAT bzw. den TVöD. Eine Festlegung nach dem Geltungsbereich ist nicht möglich, da der Geltungsbereich der verschiedenen in einer Urkunde zusammengefassten Tarifverträge identisch ist. Auch lässt sich der maßgebliche Tarifvertrag nicht nach Sinn und Zweck der Bezugnahmeklausel bestimmen. Für die Klägerin ist damit nicht vorhersehbar, welche tarifliche Regelung maßgebend für ihr Arbeitsverhältnis sein soll. Eine solche Regelung erweist sich als intransparent (so zu einer identischen Klausel ArbG Lübeck v. 15.3.2011 – 3 Ca 3147/10 – in juris; zum Änderungsangebot BAG v. 15.01.2009 – 2 AZR 641/07 – ZTR 2009, 445). Dass die sich daraus ergebende Unklarheit über die bestehenden Ansprüche deren Geltendmachung erschwert, liegt auf der Hand.
2.2.2.3.3 Die Klausel ist auch nicht etwa zwischen Bezugnahme und dynamischer Bezugnahme im Rahmen des sog. „blue-pencil-test“ teilbar. Zwar würde die verbleibende Regelung auch ohne die dynamische Bezugnahme verständlich bleiben und dann eine Verweisung auf 6 gleichlautende Tarifverträge beinhalten. Dies hilft hier indes nicht weiter, da mit einer rein statischen Bezugnahme auf einen Entgelttarifvertrag der gesetzliche Anspruch des Leiharbeitnehmers auf „equal pay“ nicht abbedungen werden könnte. § 9 Nr. 2 AÜG sieht hier nämlich vor, dass im Geltungsbereich, d. h. auch im zeitlichen Geltungsbereich, die Anwendung tariflicher Regelungen zur Abweichung vereinbart werden kann. Der Gesetzgeber wollte erkennbar nicht noch zusätzlich die Möglichkeit schaffen, durch die Vereinbarung alter Tarifverträge das Lohnniveau der Leiharbeitnehmer weitergehend abzusenken.
2.2.2.3.4 Die Bezugnahme auf 6 gleichlautende Tarifverträge benachteiligt die Klägerin aber auch deshalb in besonderer Weise, weil die Beklagte nach der Entscheidung des Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg vom 7.12.2009 über die fehlende Tariffähigkeit der CGZP allein ihr Risiko hinsichtlich einer Bezugnahme von unwirksamen Tarifverträgen minimieren wollte (ArbG Lübeck v. 15.3.2011 – 3 Ca 3147/10 – in juris). Der mit der CGZP abgeschlossene Tarifvertrag erweist sich schon mangels deren Tariffähigkeit als unwirksam. Dies ergibt sich aus der Rechtskraft des Beschlussverfahrens, die auch bei einer gegenwartsbezogenen Antragstellung jedenfalls für die Zeit ab Verkündung der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts wirkt. Ungeachtet dessen hat die Beklagte zur Abweichung vom equal pay Gebot diesen Tarifvertrag sowie zusätzlich weitere 5 Tarifverträge mit unterschiedlichen Tarifvertragsparteien vereinbart, um so möglicherweise zu einem wirksamen Tarifvertrag zu gelangen. Demgegenüber müsste die Klägerin das Prüfverfahren gemäß § 97 Abs. 1 ArbGG gegen mehrere Tarifvertragsparteien gleichzeitig führen. Dass dies von der Geltendmachung berechtigter Ansprüche abhält und diese erschwert, liegt ebenfalls auf der Hand (Arbeitsgericht Lübeck v. 15.3.2011 – 3 Ca 3147/10 – a.a.O.).
2.2.2.3.5 Auf die Frage, ob das in Bezug genommene Tarifwerk auch deshalb nicht wirksam den Anspruch der Klägerin auf „Equal-pay“ abbedingen konnte, weil es wegen Überschreitung der satzungsgemäßen Zuständigkeit der auf Arbeitnehmerseite auftretenden Parteien nichtig wäre (so Arbeitsgericht Herford 04.05.2011 - 2 Ca 144/11 – in juris), kam es nicht mehr an.
2.2.3 Das Arbeitsgericht hat der Klage in zutreffender Höhe stattgegeben. Entgegen der Auffassung der Beklagten waren weder die der Klägerin gezahlten Fahrtkosten noch die vermögenswirksamen Leistungen auf ihren Anspruch nach § 10 Abs. 4 AÜG anzurechnen. Nach § 10 Abs. 4 AÜG kann der Leiharbeitnehmer vom Verleiher das für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltende Arbeitsentgelt verlangen. Dies ist bei der Klägerin ein Bruttomonatslohn von 1.984,00 €, was einem Bruttostundenlohn von 12,84 € entspricht. Für die Erfüllung dieses Anspruchs kann sich die Beklagte auf den der Klägerin gezahlten Stundenlohn in Höhe von 6,00 € für die Monate Mai und Juni 2009 sowie von 6,15 € für die Zeit danach berufen. Demgegenüber stellt die Zahlung von Fahrtkosten und vermögenswirksamen Leistungen keine Erfüllung des Anspruchs nach § 10 Abs. 4 AÜG dar. Bei den Fahrtkosten handelt sich um einen mit dem „equal pay Anspruch“ nicht vergleichbaren Aufwendungsersatz nach § 670 BGB. Fahrtkosten werden unabhängig von den geleisteten Stunden und der Dauer der Arbeitszeit für entstandene Aufwendungen gezahlt. Für sie werden Sozialversicherungsbeiträge nicht gezahlt, mit der Folge, dass sie auch auf Sozialleistungen keinen Einfluss haben. Die vermögenswirksamen Leistungen sind steuerbegünstigte zusätzliche Leistungen zugunsten eines vom Arbeitnehmer abgeschlossenen Vertrags. Auch hier fallen Sozialversicherungsbeiträge nicht an. Beide Leistungen sind nicht deckungsgleich zum Arbeitsentgelt und können damit auch nicht auf das einem vergleichbaren Arbeitnehmer gezahlte Arbeitsentgelt angerechnet werden. Die Berechnung des Klagebetrages im Übrigen ist zwischen den Parteien unstreitig und wurde von der Beklagten im Berufungsverfahren nicht weiter angegriffen.
2.3 Die Ansprüche der Klägerin sind nicht verfallen. Die Klägerin hat ihre Ansprüche rechtzeitig innerhalb der vertraglichen Ausschlussfrist geltend gemacht.
2.3.1 Die tariflichen Ausschlussfristen finden schon deshalb keine Anwendung, weil der mit Arbeitsvertrag vom 30.04.2009 in Bezug genommene Tarifvertrag und die nachfolgende Bezugnahmeklausel wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam sind. Auf die obigen Ausführungen wird Bezug genommen. Die Unwirksamkeit der Regelungen schlägt auf die tariflichen Ausschlussfristen durch.
Aber auch wenn die tariflichen Ausschlussfristen als Allgemeine Geschäftsbedingungen Bestandteil des Arbeitsvertrages würden, wäre die dort enthaltene Regelung unwirksam (vgl. unten 2.3.2.1) bzw. hätte die Klägerin ihre Ansprüche rechtzeitig geltend gemacht, da der Begriff der Fälligkeit dann nicht anders auszulegen wäre als bei den vertraglichen Ausschlussfristen (vgl. unten die Ausführungen zu 2.3.2.2).
2.3.2 Die Ansprüche der Klägerin sind nicht aufgrund der vertraglich vereinbarten zweistufigen Ausschlussfrist verfallen. Zum einen erweist sich diese Klausel ebenfalls als intransparent und damit unwirksam. Zum anderen hat die Klägerin auch bei Anwendung der Ausschlussfrist ihre Ansprüche rechtzeitig mit ihrer Klage geltend gemacht. Das Arbeitsgericht ist hier zu Recht davon ausgegangen, dass die Ausschlussfrist frühestens mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 zu laufen beginnt. Erst von diesem Zeitpunkt an kann von der Klägerin zur Vermeidung des Rechtsverlustes auf Grund der Verfallfrist erwartet werden, dass sie ihre Ansprüche geltend macht.
2.3.2.1 Die einzelvertragliche Ausschlussfrist stellt eine von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelung iSd. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB dar. Gesetzlich bleiben Ansprüche - abgesehen von einer Verwirkung (§ 242 BGB) - erhalten und unterliegen nur den Verjährungsvorschriften. Die Klausel entspricht auch nicht einer tariflichen Bestimmung oder anderen Norm iSd. § 310 Abs. 4 Satz 3 BGB, die auf das Arbeitsverhältnis der Parteien unmittelbar Anwendung findet.
Die Klausel ist intransparent, da der Arbeitsvertrag mit der Bezugnahme auf tarifliche Bestimmungen in § 1 unterschiedliche Ausschlussfristen vorsieht. Während der Vertrag auf beiden Stufen eine Frist von drei Monaten vorsieht, enthält der im Vertrag vom 30.04.2009 in Bezug genommene Tarifvertrag in der ersten Stufe eine Frist von nur zwei Monaten, das aufgrund der Änderungsvereinbarung vom 6.4.2010 in Bezug genommene Tarifwerk in der zweiten Stufe eine Ausschlussfrist von einem Monat. Dieser Konflikt lässt sich nicht durch das Günstigkeitsprinzip auflösen. Die Verlängerung von Ausschlussfristen ist nicht günstiger, da sie für beide Seiten wirkt und eine Trennung für die Ansprüche der einen Seite und die Ansprüche der anderen Seite nicht vorgenommen werden kann (a.A. Sächsisches Landesarbeitsgericht v. 23.08.2011 - 1 Sa 322/11 - ArbR 2011, 544). Widersprüchliche Ausschlussfristen benachteiligen die Klägerin aber unangemessen, da sie in der Vorstellung, die Ausschlussfrist sei bereits abgelaufen, die Geltendmachung von Ansprüchen unterlassen könnte.
2.3.2.2 Ungeachtet dessen hat die Klägerin mit ihrer Klage die Ausschlussfrist gewahrt. Die Frist zur Geltendmachung der Ansprüche im Sinne der vertraglichen Ausschlussfrist begann nämlich erst mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010. Dies ergibt eine Auslegung des Begriffs der „Fälligkeit“ im Sinne der vertraglich vereinbarten Ausschlussfrist.
2.3.2.2.1 Arbeitsvertragliche Ausschlussfristen, die wie hier Bestandteil vom Arbeitgeber vorgegebener allgemeiner Geschäftsbedingungen sind, müssen sich mit ihrem Inhalt an § 307 BGB messen lassen. Nach § 307 Abs. 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine solche unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB).
Da Ausschlussfristen vom gesetzlichen Verjährungsrecht abweichen, dürfen sie nach ihrer Ausgestaltung nicht den wesentlichen Grundgedanken des Verjährungsrechts widersprechen, andernfalls sind sie unwirksam (BAG v. 01.03.2005 – 5 AZR 511/05 - AP Nr 10 zu § 307 BGB; v.: 28.09.2005 5 AZR 52/05 BAGE 116, 66-77). Das Verjährungsrecht ist Ausdruck des vom Gesetzgeber verfolgten Ziels, Rechtsfrieden herzustellen. Es bezweckt einen angemessenen Ausgleich zwischen dem Schutz des Schuldners vor einer drohenden Beweisnot und möglichem Verlust von Regressansprüchen gegen Dritte einerseits und der Notwendigkeit, den Gläubiger vor einem ungerechtfertigten Anspruchsverlust zu bewahren, andererseits. Diese Überlegungen treffen ebenso auf den Regelungsgegenstand der Ausschlussfristen zu. Auch hier soll das im Interesse des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit anzuerkennende Klarstellungsinteresse des Schuldners in Einklang gebracht werden mit dem berechtigten Anliegen des Vertragspartners, vor einem Tätigwerden die Sach- und Rechtslage abschließend prüfen zu können und nicht zu voreiliger (förmlicher) Geltendmachung gezwungen zu sein.
Maßgeblicher Grundgedanke des Verjährungsrechts ist nach § 199 Abs. 1 Satz 2 BGB, dass der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Diesem Grundgedanken wird bei Ausschlussfristen durch das Merkmal der „Fälligkeit“ Rechnung getragen (BAG v. 01.03.2005 – 5 AZR 511/05 – a.a.O). Der Begriff der Fälligkeit wird dabei von den Gerichten für Arbeitssachen unter Einbeziehung des Kenntnisstandes des Gläubigers und subjektiver Zurechnungsgesichtspunkte interessengerecht ausgelegt (vgl. BAG v. 09.02.2005 - 5 AZR 175/04 - AP BGB § 611 Lohnrückzahlung Nr. 12 mwN). Ein Anspruch ist regelmäßig erst dann im Sinne der Ausschlussfrist fällig, wenn der Gläubiger ihn annähernd beziffern kann (BAG v. 28. 09.2005 - 5 AZR 52/05 - NZA 2006, 149, 152). Dem Gläubiger muss die Geltendmachung aber auch zumutbar sein, was unter Umständen eine rechtskräftige Entscheidung über Vorfragen voraussetzen kann (vgl. BAG vom 09.02.2005 – 5 AZR 175/04 – a.a.O.). Fälligkeit in diesem Sinne liegt nicht vor, wenn es dem Gläubiger praktisch unmöglich ist, den Anspruch mit seinem Entstehen geltend zu machen. Das ist insbesondere der Fall, wenn die rechtsbegründenden Tatsachen in der Sphäre des Schuldners liegen und der Gläubiger es nicht durch schuldhaftes Zögern versäumt hat, sich Kenntnis von den Voraussetzungen zu verschaffen, die er für die Geltendmachung benötigt (BAG v. 19. Februar 2004 - 6 AZR 664/02 - AP BAT-O § 70 Nr. 3). Im Rahmen des Verjährungsrechts ist anerkannt, dass der Verjährungsbeginn auch wegen Rechtsunkenntnis hinausgeschoben sein kann, wenn die Rechtslage unübersichtlich oder zweifelhaft ist, so dass sie selbst ein rechtskundiger Dritter nicht einzuschätzen vermag, weil es an der Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifender Voraussetzung für den Verjährungsbeginn fehlt (BGH 25.2.1999 IX ZR 30/98 - NJW 1999, 2041-2043 mwN).
2.3.2.2.2 Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist das Arbeitsgericht zu Recht von einer Fälligkeit der Ansprüche der Klägerin auf „equal pay“ im Sinne der Ausschlussfrist erst mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts über die fehlende Tariffähigkeit der CGZP ausgegangen. Erst zu diesem Zeitpunkt hat die Klägerin positive Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen erhalten, die ihr die Geltendmachung ihrer Ansprüche möglich und zumutbar machen. Die Ansprüche der Klägerin waren abhängig von der Wirksamkeit des im Arbeitsvertrag in Bezug genommenen Tarifvertrages mit der CGZP. Diese Frage war zwingend nach den Regelungen in § 97 ArbGG in dem beim Arbeitsgericht Berlin anhängigen Beschlussverfahren zu klären. Erst mit einem rechtskräftigen Abschluss dieses Beschlussverfahrens konnte die Klägerin hinreichend feststellen, ob ihr die Ansprüche zustanden oder nicht. Hinzu kommt, dass es sich um eine komplizierte, umstrittene Rechtsfrage handelt, die es der Klägerin in beiden Vertragsgestaltungen unzumutbar machte, zumal im bestehenden Rechtsverhältnis, ohne Klärung der entscheidenden Vorfrage, die Ansprüche geltend zu machen (Schüren Arbeitnehmerüberlassungsgesetz 4. Aufl. 2010 § 10 Rz. 257; Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven v. 12.05.2011- 5 Ca 5129/10; a.A. Sächsisches Landesarbeitsgericht v. 23.08.2011 - 1 Sa 322/11 - ArbR 2011, 544: ArbG Köln v. 07.09.2011 - 20 Ca 4254/11 in juris). Diese Unsicherheit erfasste auch die erste Stufe der Ausschlussfrist, da eine Klärung ohne gerichtliches Verfahren offensichtlich aussichtslos war. Dies zeigen auch die beim Arbeitsgericht Berlin und Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg zahlreichen Klagen, bei denen es noch nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts um die Fragen der Aussetzung, der Wirksamkeit der Tarifverträge und der Ausschlussfristen geht.
Interessen der Beklagten erfordern einen früheren Fristbeginn für beide Vertragsgestaltungen nicht. Die Beklagte hat mit ihren Bezugnahmeklauseln auf Tarifverträge der Klägerin gegenüber eine zulässige Abweichung von dem gesetzlich geregelten equal-pay-Anspruch vorgegeben. Tarifverträgen wird im Rechtsverkehr ein großes Maß an Richtigkeitsgewähr eingeräumt, wie die zahlreichen gesetzlichen Regelungen zu möglichen Abweichungen durch Tarifverträge zeigen. Unsicherheiten und Zweifel, die zwischen den Parteien eine zügige Klärung erfordert hätten, mussten bei dieser Sachlage zunächst nicht aufkommen. Die Beklagte, die sich nun mit diesen Wirkungen auf einen solchen Tarifvertrag stützt, konnte sich nicht vor der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in berechtigter Weise darauf einstellen, die Klägerin werde – bei festgestellter Unwirksamkeit der tariflichen Regelung – keine Ansprüche geltend machen. Erst ein Nichtstun der Klägerin nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts durfte bei ihr die Annahme rechtfertigen, sie werde Ansprüchen nicht mehr ausgesetzt. Erst ab diesem Zeitpunkt besteht aber überhaupt ein im Interesse des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit anzuerkennendes Klarstellungsinteresse des Schuldners, dem Ausschlussfristen und Verjährung dienen.
2.3.2.2.3 Das Verfahren nach § 97 Abs. 5 ArbGG steht einer solchen Auslegung der Ausschlussfristen nicht entgegen. Der Zeitpunkt der „Fälligkeit“ im Sinne von Ausschlussfristen kann vom Zeitpunkt der Entstehung und Einklagbarkeit von Ansprüchen abweichen, wie die für die Auslegung herangezogenen Regelungen des Verjährungsrechts zeigen.
3. Aus diesen Gründen war der Zahlungsanspruch einschließlich der Zinsen– soweit für das Berufungsverfahren noch relevant – gegeben. Die Berufung der Beklagten war zurückzuweisen, mit der Folge, dass sie gemäß § 97 ZPO die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen hat.
4. Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG im Hinblick auf die Vielzahl der Rechtsstreitigkeiten und die unterschiedlichen Entscheidungen in den maßgeblichen Rechtsfragen zuzulassen.
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