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LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.11.2012, 11 Sa 84/12
Schlagworte: | Arbeitnehmerüberlassung | |
Gericht: | Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg | |
Aktenzeichen: | 11 Sa 84/12 | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 22.11.2012 | |
Leitsätze: | ||
Vorinstanzen: | Arbeitsgericht Lörrach, Urteil vom 24.04.2012, 2 Ca 384/11 | |
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
- Kammern Freiburg -
Aktenzeichen:
11 Sa 84/12
2 Ca 384/11 (ArbG Lörrach)
Verkündet am 22.11.2012
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
- Kläger/Berufungskläger -
Proz.-Bev.:
gegen
1.
- Beklagte/Berufungsbeklagte -
Proz.-Bev.:
2.
- Beklagte/Berufungsbeklagte -
Proz.-Bev.:
hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - 11. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Bernhard, den ehrenamtlichen Richter Isele und den ehrenamtlichen Richter Pohnke auf die mündliche Verhandlung vom 22.11.2012
für Recht erkannt:
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Lörrach vom 24.04.2012 - Az. 2 Ca 384/11 - abgeändert.
2. Es wird festgestellt, dass zwischen dem Berufungskläger und der Berufungsbeklagten zu 1 ein Arbeitsverhältnis mit einer Beschäftigung des Klägers als IT-Sachbearbeiter besteht.
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3. Die Berufungsbeklagte zu 1 wird verurteilt, an den Kläger für November 2011 die Differenzvergütung i. H. von 192,46 € brutto zu zahlen zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16.12.2011.
4. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
5. Der Kläger trägt 1/4, die Beklagte 3/4 der Kosten des Verfahrens.
6. Die Revision wird zugelassen.
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Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der als Leiharbeiter von der Zweitbeklagten eingestellte und bei der Erstbeklagten eingesetzte Kläger im Arbeitsverhältnis zur Erstbeklagten steht und wie er zu vergüten ist.
Die Erstbeklagte betreibt mehrere Krankenhäuser im Landkreis L., die Zweitbeklagte als 100%ige Tochter der Erstbeklagten unterhält Arbeitsverhältnisse mit knapp 450 Mitarbeitern von denen etwa 10 % als Stammbelegschaft in der Gebäudereinigung eingesetzt sind, alle anderen aber auf der Grundlage von Arbeitnehmerüberlassungsverträgen in den drei Kliniken der Erstbeklagten sowie in drei Heimen in Trägerschaft des Landkreises L., der wiederum alleiniger Gesellschafter der Erstbeklagten ist. Der Geschäftsführer der Zweitbeklagten ist zugleich Geschäftsbereichsleiter Personal und Finanzen der Beklagten zu 1 und deren Prokurist. Die Zweitbeklagte verfügt über eine Erlaubnis gemäß § 1 AÜG.
Der Kläger wurde mit Arbeitsvertrag vom 25.02.2008 von der Zweitbeklagten eingestellt und aus-schließlich in Einrichtungen der Erstbeklagten eingesetzt. In § 1 (1) des Arbeitsvertrags heißt es insoweit
„Der Arbeitgeber überlässt als Personaldienstleistungsunternehmen seinen Kundenbetrieben Beschäftigte im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung. ...
§ 1 (2) lautet:
Die Rechte und Pflichten der Arbeitsvertragsparteien bestimmen sich nach den zwischen dem Arbeitgeberverband IGZ und den DGB Gewerkschaften geschlossenen Tarifverträge für die Zeitarbeitsbranche, ...In § 2 (1) heißt es:
Der Mitarbeiter wird entsprechend der Tätigkeit im Einsatzbetrieb eingestellt als IT-Sachbearbeiter.§ 3 (1a) liest sich folgendermaßen:
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Die tariflich mindestens garantierte individuelle wöchentliche Arbeitszeit des Mitarbeiters beträgt 35 Stunden. Gemäß § 3.1.3 des Manteltarifvertrages wird die Arbeitszeit an die des Entleihers angepasst.
und § 3 (1 b) wie nachstehend):
Die tatsächliche Arbeitszeit beim Entleiher (Kliniken des Landkreises L. GmbH) oder Eigenbetrieb Heime des Landkreises L.) beträgt als individuelle wöchentliche Arbeitszeit 39 Stunden.
Der ursprünglich bis 30.09.2008 befristete Arbeitsvertrag wurde am 21.11.2008 bis 31.10.2009 verlängert und am 09.11.2009 in einen unbefristeten Arbeitsvertrag umgewandelt. Seit 15.09.2010 ist der Kläger ordentliches Betriebsratsmitglied, seit März 2011 sein Vorsitzender, aufgrund Beschlusses vom 15.12.2011 ist er mit 40 % der Arbeitszeit freigestellt.
Der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zwischen der Beklagten zu 1 und der Beklagten zu 2 bezüglich des Klägers lief zum 31.08.2012 aus. Die Anfrage der Zweitbeklagten an die Erstbeklagte bezüglich einer Verlängerung beantwortete Letztere am 02.08.2012 ablehnend. Unter dem 06.09.2011 richtete die Zweitbeklagte darauf hin ein Schreiben nachstehenden Inhalts an den Kläger:
„Kündigung des Arbeitnehmerüberlassungsvertrages
Sehr geehrter Herr H.,
am 02.08.2011 habe ich Sie darüber informiert, dass die Kliniken des Landkreises L. GmbH den Arbeitnehmerüberlassungsvertrag (Gestellung Ihrer Person) unter Einhaltung der vertraglichen Kündigungsfrist auf den 31.10.2011 gekündigt haben. Die Kündigung betrifft die Teilzeitstelle als IT-Sachbearbeiter.
Wie Ihnen bekannt ist und auch besprochen wurde, hat die Fa. D. außer dem Bereich Gebäudereinigung selbst keine Stammbelegschaft, für die Mitarbeiter in der Arbeitnehmerüberlassung sind wir darauf angewiesen, dass die Kundenunternehmen entsprechenden Bedarf haben und die von uns gestellte Person auch beschäftigen wollen.
Im IT-Bereich gibt es momentan und wahrscheinlich auch auf absehbare Zeit keinen erkennbaren Bedarf, aus meiner Sicht ist daher eine Vermittlung Ihrer Person ab 01.11.2011 sehr fraglich.
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Es wäre sehr hilfreich wenn Sie mir mitteilen würden, in welchen Bereichen Sie sich wiederfinden würden und was Sie sich als weitere Beschäftigungsmöglichkeit vorstellen.
Mit freundlichen Grüßen“
Ab 01.11.2011 erfolgte kein Einsatz des Klägers mehr. Anders als während der bisherigen Beschäftigung bei der Erstbeklagten im dortigen Umfang von 39 Wochenstunden wurde er nunmehr nur noch für 35 Wochenstunden vergütet.
Die Erstbeklagte schaltete im Internet in den Monaten November und Dezember 2011 mehrfach Stellenangebote für IT-System-Administratoren für den Bereich EDV/IT mit Sitz im Kreiskranken-haus L., bot ein unbefristetes Arbeitsverhältnis in Vollzeitbeschäftigung mit leistungsgerechter Vergütung, wies darauf hin, dass ihr Klinikverbund mit drei Häusern zu den größten Arbeitgebern im südwestlichen Dreiländereck gehöre, gab als Bewerbungsanschrift ihren Personalservice und als Anspruchspartner ihren Leiter EDV/IT an, wies allerdings auch darauf hin, dass die Einstellung in ihrem Tochterunternehmen, der Beklagten zu 2, erfolge.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Zweitbeklagte betreibe verbotene Arbeitsvermittlung und werde lediglich als Strohmann für die Erstbeklagte tätig, weil sie ansonsten keinerlei Marktaktivitäten entfalte. Im Hinblick auf die Scheinverleihereigenschaft der Zweitbeklagten sei von einem Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Erstbeklagten wegen verdeckter Arbeitsvermittlung auszugehen. Ein solches sei deshalb gerichtlich festzustellen. Im Rahmen des bestehenden Arbeitsverhältnisses zur Erstbeklagten müsse diese ihn wie die dort beschäftigten vergleichbaren Arbeitnehmer in Entgeltgruppe E 9 TVÖD vergüten und zwar auf der Grundlage einer wöchentlichen Arbeitszeit von 39 Stunden unter Berücksichtigung einer tariflichen Zulage von 59,35 €. Für November 2011 jedenfalls habe er eine Differenzvergütung im Hinblick auf die nur abgerechnete 35 Stundenwoche von 192,46 € zu beanspruchen.
Der Kläger hat beantragt:
1. Es wird festgestellt, dass zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) ein Arbeitsverhältnis
mit einer Beschäftigung des Klägers als IT-Sachbearbeiter besteht, das nicht zum 31.10.2011 beendet wurde;
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2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, den Kläger seit 01.03.2008 entsprechend der Entgeltgruppe E 9 TVöD zu vergüten, Abrechnungen hierüber abzüglich der von der Beklagten zu 2) geleisteten Vergütung zu erteilen sowie die monatlich angefallenen Differenzbeträge nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 01. des jeweiligen Folgemonats auszuzahlen hat.
Hilfsweise:
3.a) Es wird festgestellt, dass die monatliche Vergütung des Klägers durch die Beklagte zu 2) auf Grundlage einer wöchentlichen Arbeitszeit von 39 Stunden und unter Berücksichtigung der tariflichen einsatzbezogenen Zulage in Höhe von monatlich € 59,35 (brutto) zu berechnen ist.
b) Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, an den Kläger für November 2011 die Differenzvergütung in Höhe von € 192,46 (brutto) zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16.12.2011 zu zahlen.
Die Beklagten haben Klagabweisung beantragt und bestritten, dass die Zweitbeklagte lediglich Strohmann für die Erstbeklagte sei und unzulässige Arbeitsvermittlung betreibe. Der Kläger sei wie die weiteren Leiharbeitnehmer auf der Grundlage eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrages bei ihr beschäftigt, alle Arbeitnehmer würden besser bezahlt als im IGZ-Tarifvertrag vorgeschrieben, sie hätten Kündigungsschutz und einen Betriebsrat gewählt, eine Beschäftigung zu Billigtarifen liege nicht vor. Die Konstruktion der Zweitbeklagten als Personaldienstleistungsgesellschaft entspreche geltendem Recht. Anspruch auf Vergütung nach Entgeltgruppe E 9 TVÖD habe der Kläger gegen keine der Beklagten die vereinbarte Arbeitszeit betrage auf der Grundlage des vereinbarten Tarifvertrages 35 Stunden. Da ein Einsatz bei der Erstbeklagten auf der Basis einer 39 Stundenwoche nicht mehr möglich sei, könne er auch nur für 35 Stunden vergütet werden.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Es kam zum Ergebnis, ein Arbeitsverhältnis sei aufgrund des schriftlichen Arbeitsvertrags vom 25.02.2008 mit einer individuellen wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden alleine zur Zweitbeklagten zustande gekommen, nicht aber zur Erstbeklagten. Zwar sei davon auszugehen, dass die von den Beklagten gewählte rechtliche Konstruktion überwiegend der Kostensenkung dienen dürfte, dies stelle aber keine unzulässige Ver-
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meidungsstrategie bzw. Umgehung des Gesetzes dar. Dagegen spreche, dass die Zweitbeklagte nicht nur mit Arbeitnehmerverleihung an ihre Muttergesellschaft beschäftigt sei, sondern, wenn auch im geringen Umfang, Arbeitnehmer auch an Dritte verleihe und auch einen weiteren Geschäftszweck habe, nämlich Dienstleistungen anzubieten. Da der Kläger nicht Arbeitnehmer der Erstbeklagten sei, müsse er von dieser auch nicht in irgendeiner Form eingruppiert werden, bei der Zweitbeklagten aber sei er richtig vergütet. Insbesondere gelte auch die wöchentliche Arbeitszeit von 35 Stunden, weil er nicht mehr bei der Erstbeklagten eingesetzt werden könne.
Gegen das ihm am 09.05.2012 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat der Kläger am 08.06.2012 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist vor deren Ablauf am 01.08.2012 begründet. Mit ihr verfolgt er sein erstinstanzliches Begehren weiter, verweist darauf, dass die Erstbeklagte das erste und einzige Unternehmen sei, bei dem er bereits seit 01.03.2008 als IT-Sachbearbeiter zum Einsatz gekommen sei, weshalb eine vorübergehende Überlassung zur Arbeitsleistung durch die Beklagte zu 2 an die Beklagte zu 1 nicht vorliege, sondern vielmehr eine verdeckte Arbeitsvermittlung im Sinne des § 1 Abs. 2 AÜG mit der Rechtsfolge, dass tatsächlich ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Erstbeklagten bestehe. Das Arbeitsgericht habe bei der Rechtsfindung die nötige Sorgfalt vermissen lassen, die bei der Abgrenzung von verdeckter Arbeitsvermittlung und Arbeitnehmerüberlassung erforderlich sei. So habe das Arbeitsgericht unbeachtet gelassen, dass die Zweitbeklagte weder die üblichen Arbeitsgeberpflichten noch das uneingeschränkte Arbeitgeberrisiko als Verleiher übernommen habe, was sich aus der engen persönlichen Verflechtung der Leitungsebene der beiden Beklagten ebenso ergebe, wie aus der fehlenden ernsthaften Marktaktivität der Beklagten zu 2, die allein eine realistische Chance mit sich bringen würde, den Klägern anderen Entleihern zu überlassen. Tatsächlich sei von vornherein beabsichtigt gewesen, den Kläger nicht über das Ende der Überlassung an die Beklagte zu 1 hinaus zu beschäftigten. Da ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 1 geschlossen worden sei, folge auch der Vergütungsanspruch des Klägers dieser gegenüber in der Entgeltgruppe E 9 wie der eines jeden anderen direkt bei der Beklagten zu 1 Beschäftigten auch und auf Auszahlung der Vergütungsdifferenz. Schließlich folge daraus ein Weiterbeschäftigungsanspruch des Klägers gegenüber der Beklagten zu 1 als IT-Sachbearbeiter und ein Anspruch darauf nicht nur 35, sondern 39 Wochenstunden beschäftigt zu werden.
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Der Kläger stellt die Anträge:
Es wird beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Lörrach vom 24.04.2012 zu Az. 2 Ca 384/11 abzuändern und
1. festzustellen, dass zwischen dem Berufungskläger und der Berufungsbeklagten zu 1) ein Arbeitsverhältnis mit einer Beschäftigung des Klägers als IT-Sachbearbeiter besteht, das nicht zum 31.10.2011 beendet wurde.
2. festzustellen, dass die Berufungsbeklagte zu 1) verpflichtet ist, den Berufungskläger seit 01.03.2008 entsprechend der Entgeltgruppe E 9 TVöD zu vergüten, Abrechnung hierüber abzüglich der von der Beklagten zu 2) geleisteten Vergütung zu erteilen sowie die monatlich angefallenen Differenzbeträge nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten jeweiligen über dem Basiszinssatz ab dem 01. des jeweiligen Folgemonats auszuzahlen.
Hilfsweise:
3. festzustellen, dass die monatliche Vergütung des Berufungsklägers durch die Berufungsbeklagte zu 2) auf Grundlage einer wöchentlichen Arbeitszeit von 39 Stunden und unter Berücksichtigung der tariflichen einsatzbezogenen Zulage in Höhe von monatlich € 59,35 (brutto) zu berechnen ist.
4. Die Berufungsbeklagte zu verurteilen, an den Berufungskläger für November 2011 die Differenzvergütung in Höhe von € 192,46 (brutto) zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.12.2011 zu zahlen.
Außerdem wird beantragt,
den Zeugen N. zu vernehmen mit dem Ziel, festzustellen, dass der Arbeitsplatz des Klägers bei der Beklagten zu 1) nicht wegfiel, sondern auch weiterhin ein Bedarf der Beklagten zu 1) an Arbeitskräften im Bereich IT besteht.
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Unrichtig sei die Unterstellung des Klägers, der Geschäftsführer der Beklagten zu 2 habe in seiner Doppelrolle auch als Geschäftsbereichsleiter Personal und Finanzen der Beklagten zu 1 die angebliche Kündigung des Entleihervertrages in Reaktion darauf ausgesprochen, dass bei der Beklagten zu 2 ein Betriebsrat gebildet worden sei. Die Kündigung des Entleihervertrages habe vielmehr Herr L. ausgesprochen, weil die Beklagte zu 1 mit den Leistungen des Klägers nicht zufrieden gewesen sei. Die gesellschaftsrechtliche Verbindung zwischen Verleihbetrieb und Entleihbetrieb sei nicht zu beanstanden, der Kläger werde u. a. der Beklagten zu 1 von der Beklagten zu 2 im Rahmen der vorliegenden Genehmigung nach AÜG überlassen und im Betrieb des Krankenhauses vollständig eingegliedert, was kein Zeichen der Arbeitsvermittlung, sondern prägender Ausdruck der für ein Entleiharbeitsverhältnis typischen Konstellation sei. Dass die Beklagte zu 2 als Arbeitgeberin des Klägers das typische Arbeitgeberrisiko trage, zeige das übernommene Entgeltfortzahlungsrisiko was sich gerade beim Kläger zeige und die Tatsache, dass es bei der Zweitbeklagten einen agilen Betriebsrat gebe. Der Kläger übersehe, dass es selbst in den Fällen der nach § 1 Abs. 2 AÜG vermuteten Arbeitsvermittlung keine gesetzliche Grundlage mehr für die Begründung eines Arbeitsverhältnisses zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher gebe. Da deshalb kein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 1 zustande gekommen sei, habe das Arbeitsgericht die Folgeansprüche zu Recht als unbegründet zurückgewiesen. Nichts Anderes gelte hinsichtlich der hilfsweise geltend gemachten Ansprüche aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 2.
Bezüglich weiterer Einzelheiten des Parteienvorbringens in der Berufung wird auf deren Begründung die Erwiderung der Beklagten hierauf und den weiteren Schriftsatz des Klägers vom 30.10.2012 verwiesen.
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Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht eingelegte und ausgeführte, sich auch in hinreichendem Umfang mit den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils auseinandersetzende und damit insgesamt zulässige Berufung des Klägers ist zum größeren Teil begründet, im Übrigen unbegründet. Anders als das Arbeitsgericht geht das Berufungsgericht davon aus, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht mit der Zweitbeklagten sondern der Erstbeklagten besteht, was dementsprechend festzustellen war. Anders als das Arbeitsgericht sieht das Berufungsgericht einen Differenzvergütungsanspruch des Klägers für den November 2011 insoweit als ihm 39 und nicht nur 35 Stunden zu entgelten sind. Mit dem Arbeitsgericht dagegen kommt auch das Berufungsgericht zu dem Ergebnis, dass keine Feststellung dahingehend getroffen werden konnte, wonach der Kläger nach Entgeltgruppe E 9 TVÖD zu vergüten sei. Über den hilfsweise gestellten Feststellungsantrag Ziffer 3 dagegen war angesichts des festgestellten Bestands seines Arbeitsverhältnisses zur Beklagten zu 1 nicht zu befinden.
I.
Die Klage auf Feststellung, dass zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1 ein Arbeitsverhältnis mit einer Beschäftigung des Klägers als IT-Sachbearbeiter besteht ist zulässig und begründet, weshalb das auch insoweit klagabweise Urteil des Arbeitsgerichts abzuändern war. Soweit der Kläger die Feststellung begehrte, dass dieses Arbeitsverhältnis nicht zum 31.10.2011 beendet wurde, fehlt es allerdings an der Zulässigkeit der Klage.
1. Die Feststellungsklage bezüglich des Bestands des Arbeitsverhältnisses zur Beklagten zu 1 ist zulässig, für sie besteht ein Rechtsschutzbedürfnis, weil die Beklagten den Bestand eines solchen Arbeitsverhältnisses bestreiten und statt dessen davon ausgehen, der Kläger sei arbeitsvertraglich ausschließlich an die Beklagte zu 2 gebunden. An der gegenteiligen Feststellung hat der Kläger deshalb ein rechtliches Interesse. Soweit der Kläger dagegen festgestellt haben will, dass das Arbeitsverhältnis zur Beklagten zu 1 nicht zum 31.10.2011 beendet wurde, besteht ein solches rechtliches Interesse nicht. Von einer Beendigung eines Arbeitsverhältnisses des Klägers zur Beklagten zu 1 geht diese schon deshalb nicht aus, weil sie der Auffassung ist, ein solches Arbeitsverhältnis habe nie bestanden. Weder die Beklagte zu 1 noch die Be-
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klagte zu 2 berühmt sich eines ein Arbeitsverhältnis beendenden Gestaltungsaktes, soweit überhaupt die Beendigung eines Rechtsverhältnisses seitens der Beklagten thematisiert wurde, bezieht sich diese ausschließlich auf ein solches zwischen der Beklagten zu 1 und der Beklagten zu 2, nicht aber auf ein solches zwischen dem Kläger und einer der Beklagten.
2. Im Umfang seiner Zulässigkeit ist der Feststellungsantrag des Klägers begründet. Zwischen dem Kläger und der Erstbeklagten besteht ein Arbeitsverhältnis. Zwar wurde der Kläger von der Beklagten zu 2 als Leiharbeitnehmer eingestellt, das sich daraus ergebende Vertragsverhältnis ist aber unwirksam, weil es nicht auf eine vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung ausgerichtet und als solche gelebt war, was in der Konsequenz dazu führen musste, dass vom Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem Kläger und der Erstbeklagten auszugehen ist.
a) Mit Arbeitsvertrag vom 25.02.2008 stellte die Beklagte zu 2, eine Dienstleistungsgesellschaft mit erteilter Erlaubnis gemäß § 1 AÜG vom 23.01.2007, den Kläger als IT-Sachbearbeiter in Zeitarbeit zur Überlassung an ihre Entleiher (Kliniken des Landkreises L. GmbH oder Eigenbetrieb Heime des Landkreises L.) ein (§ 1 (1), § 2 (1), § 3 (1b) des Arbeitsvertrags, Bl. 19 und 20 der Akte des Arbeitsgerichts). Der somit von Anfang an geplante und tatsächlich bis 30.11.2011 auch praktizierte Einsatz des Klägers durch die Zweitbeklagte bei der Erstbeklagten stellte damit eine Arbeitnehmerüberlassung dar, die den gesetzlichen Regelungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes unterfiel.
Da die arbeitsvertraglichen Beziehungen aufgrund des Arbeitsvertrags vom 25.02.2008 in der Gestalt der Zusatzvereinbarung vom 09.11.2009, als das ursprünglich befristete Arbeitsverhältnis in ein unbefristetes umgewandelt wurde, unabhängig davon, ob das Arbeitsverhältnis wie in der Ursprungsvereinbarung vorgesehen mit der Beklagten zu 2 oder aufgrund der Rechtslage mit der Beklagten zu 1 bestand, jedenfalls völlig unstreitig zu keiner Zeit beendet wurde und deshalb derzeit fortbesteht, gilt insoweit das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz in der zum 01.12.2011 in Kraft getretenen Fassung. Zwar haben die Vertragsparteien den Arbeitsvertrag vom 25.02.2008 und auch seine Zusatzvereinbarungen noch unter Geltung der alten Fassung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes geschlossen, die neue Fassung des AÜG wurde jedoch schon am 24.03.2011 beschlossen und trat erst am 01.12.2011 in Kraft, wobei die lange Übergangsfrist gewählt wurde um den Verleihern und
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Entleihern ausreichend Zeit einzuräumen, ihre vertraglichen Vereinbarungen an die neue Rechtslage anzupassen (vgl. Düwell „Die vorübergehende Überlassung im ersten AÜG-Änderungsgesetz“ ZESAR 2011, 449).
Die Anwendbarkeit des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes ist nicht nach § 1 Abs. 3 durch die praktizierte konzerninterne Arbeitnehmerüberlassung ausgeschlossen, für die es ausreicht dass Kapitalgesellschaften unter der Leitung eines herrschenden Unternehmens verbunden sind. Nach der ab 01.12.2011 geltenden Fassung des Gesetzes greift das Konzernprivileg nur dann ein, wenn der Arbeitnehmer nicht zum Zwecke der Überlassung eingestellt und beschäftigt wird. Genau diesen Überlassungszweck aber haben die Parteien des Arbeitsvertrags vom 25.02.2008 in der Fassung vom 09.11.2009 vereinbart und praktiziert.
b) Im Hinblick auf § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG n.F. ist der Arbeitsvertrag vom 25.02.2008 in seiner Fassung vom 09.11.2009 zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2 unwirksam. Nach der genannten Vorschrift erfolgt die Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher vorübergehend. Wovon im Rahmen des Arbeitsvertrags zwischen Kläger und Beklagter zu 2 nicht ausgegangen werden kann.
(1) Als Tatbestandsmerkmal einer Arbeitnehmerüberlassung schränkt das Erfordernis der vorübergehenden Überlassung die Zulässigkeit der Arbeitnehmerüberlassung ein (Preis Rechtsgutachten 2010, 8, 10; Ulber AuR 2010, 10). Das Tatbestandsmerkmal „vorübergehend“ stellt klar, dass bei einer nicht nur vorübergehenden Überlassung an einen Dritten die Voraussetzungen einer Arbeitsvermittlung erfüllt sind und stellt daher ein Kriterium bei der Abgrenzung von Arbeitnehmerüberlassung und Arbeitsvermittlung zur Verfügung. Eine Arbeitnehmerüberlassung ist bei bestehendem Dauerbeschäftigungsbedarf des Entleihers ausgeschlossen (Ulber, § 1 AÜG, Rz. 230e m.w.N.). Besteht beim Entleiher ein dauerhafter Beschäftigungsbedarf ist Arbeitnehmerüberlassung unzulässig (Preis Rechtsgutachten 2010, 12; Ulber AuR 2010, 10; Rosenauer-Mosch, NJW Spezial 2011, 242).
Eine vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung setzt voraus, dass der Schwerpunkt
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den Arbeitgeberbetrieb verbleibt. Dies ist nicht der Fall, wenn die beim Entleiher wahrgenommenen Arbeiten bei einer direkten Einstellung durch den Entleiher eine Befristung des Arbeitsverhältnisses nicht rechtfertigen würde (Ulber, § 1 AÜG, Rz. 230 f). Voraussetzung für die Erfüllung des Begriffs „vorübergehend“ ist also, dass der überlassene Arbeitnehmer nach Beendigung seines Einsatzes seine Arbeitsleistung bei dem überlassenden Konzernunternehmen wieder aufnehmen kann also keine endgültig geplante Überlassung vorliegt. Deshalb muss im Zeitpunkt der Überlassung bereits feststehen, dass der Einsatz im fremden Unternehmen befristet ist, wenn auch der genaue Rückkehrzeit noch offen bleiben kann (LAG Hamm, 06.05.2011 - 7 Sa 15(3/10 EzA SD 2011, Nr. 19,11). „Vorübergehende“ Überlassung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung „normalerweise“ gegenüber seinem Vertragsarbeitgeber erbringt und dass er lediglich anlassbezogen einer anderen Konzerngesellschaft zur Arbeitsleistung überlassen wird. (BAG 18.07.2012, 7 AZR 451/11).
Die zitierte Rechtsprechung, die noch zur Konzernleihe nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG a.F. und dem dortigen Begriff der vorübergehenden Überlassung erging, ist auf den Begriff „vorübergehend“ in § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG n.F. zu übertragen. Auch hier kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an. Denn nach dem gesetzlichen Leitbild setzt eine vorübergehende Überlassung nicht nur im Konzern zumindest voraus, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung normalerweise gegenüber seinem Vertragsarbeitgeber erbringt und lediglich anlassbezogen einem anderen Unternehmen zur Arbeitsleistung überlassen wird. Nur unter dieser Voraussetzung ist sichergestellt, dass der Schutzzweck des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes nicht berührt wird. Denn wenn der Arbeitnehmer keinen echten „Stammarbeitsplatz“ hat unterscheidet sich Arbeitnehmerüberlassung im Konzern letztlich nicht von einer Arbeitnehmerüberlassung außerhalb des Konzerns.
Der Gesetzgeber hat, als er in § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG neuer Fassung den Satz einfügte, dass die Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher vorübergehend erfolgt, die Vorgaben der Leiharbeitsrichtlinie 2008/104/EG aufgenommen, die ebenfalls an einer Reihe von Stellen hervorhebt, dass es bei der Leiharbeit um eine vorübergehende Überlassung geht ( z. B. Art. 1 I, 3 I lit. b - e Richtlinie 2008/104/EG). Es wird nicht übersehen, dass die Deutung dieser Formulierung umstritten ist. Während ein
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Teil des Schrifttums annimmt, dass es sich insoweit lediglich um eine Beschreibung ohne eigenen Regelungsgehalt handelt und die dauerhafte Überlassung von Arbeitnehmern an einen Entleiher von den Richtlinien bzw. vom AÜG von vornherein gar nicht erfasst, jedenfalls aber nicht für unzulässig erklärt worden sei (vgl. Lembke DB 2011, 411; Rieble-Vielmeier, EuZA 2011, 474; Thüssing-Stiebert, DB 2012, 632) entnehmen andere der Leiharbeitsrichtlinie bzw. der deutschen Neuregelung dagegen ein klares Verbot der Dauerüberlassung (Düwell ZESAR 2011, 449; Hamann EuZA 2009, 287; Sansone Gleichstellung von Leiharbeitnehmer nach deutschem und Unionsrecht 2011 S. 460 ff.; Schüren/Wank RdA 2011, 1; Ulber AuR 2010, 10).
Berücksichtigt man die Vorgaben der Richtlinie 2008/104/EG, so ist die nicht vorübergehende Überlassung von Leiharbeitnehmern mit der Richtlinie nicht vereinbar. Leiharbeit soll nach der Wertung der Richtliniengeber nur noch vorübergehend stattfinden. Die gegenteiligen Positionen, die davon ausgehen, aufgrund des Schutzzwecks der Norm sei dauerhafte Arbeitnehmerüberlassung erst recht vom Anwendungsbereich der Richtlinien erfasst, sind angesichts des klaren Wortlauts und auch aufgrund der Entstehungsgeschichte der Richtlinie nicht vertretbar. Denn der Terminus „vorübergehend“ wurde erst nach entsprechenden Debatten im Rahmen des europäischen Gesetzgebungsverfahrens eingefügt, nachdem der erste Richtlinienentwurf vom 20.03.2002 noch keinerlei Begrenzung für Leiharbeit vorgesehen hatte. Die Richtlinie basiert insgesamt auf dem Kompromiss, einerseits den Unternehmern Flexibilisierungsoptionen mittels Leiharbeit zu eröffnen, den beschäftigten Leiharbeitnehmern jedoch im Gegenzug stärkere Beschäftigungssicherheit zu gewährleisten, so das in Art. 2 der Richtlinien formulierte Ziel, welches durch die Erwägungsgründe 8 und 9 verstärkt wird. Diese Zielsetzung verdeutlicht, dass der Schutz der Leiharbeitnehmer verstärkt werden soll.
Hauptanliegen der Leiharbeitsrichtlinie ist gemäß Art. 2 der Schutz der Leiharbeitnehmer. (Erwägungsgründe 12, 17 und 23). Der Verleiharbeitnehmern zu gewährende Schutz wird jedoch nicht nur von Art. 2, sondern an verschiedenen Stellen betont (Art. 4 Abs. 1, Art. 5 Abs. 3, 4 Richtlinie). Nicht nur die Betonung des vorübergehenden Charakters von Leiharbeit, sondern insbesondere auch die Verpflichtung der Mitgliedstaaten gemäß Art. 10 Abs. 2 Satz 2 der Richtlinie, für Verstöße gegen die Richt-
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linie wirksame, abschreckende und verhältnismäßige Sanktionen vorzusehen, zeigt, dass Schutzbestimmungen wie die vorübergehende Leiharbeit keinesfalls lediglich als Programmsatz von rein deskriptiver Natur zu verstehen sind, dass vielmehr die Union als Richtliniengeber sicher stellen wollte, dass Leiharbeit nur noch vorübergehend stattfindet. Durch die Begrenzung auf vorübergehende Leiharbeit will die Richtlinie verhindern, dass Beschäftigungsbedarf, der dauerhaft besteht, mit Leiharbeitnehmern gedeckt wird. Unter richtlinienkonformer Auslegung des Merkmals vorübergehend ist es somit nicht zulässig, Stammbeschäftigte durch Leiharbeitnehmer zu ersetzen (Zimmer Vorübergehender Einsatz von Leiharbeitnehmer/innen AuR 2012, 422 (423).
Wenn also auch der deutsche Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung keine Anhaltspunkte dafür gegeben hat, wie der unbestimmte Rechtsbegriff „vorübergehend“ des § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG auszulegen ist, so müssen doch im Rahmen richtlinienkonformer Auslegung die Ziele der Richtlinie erreicht werden. Ziel der Leiharbeitsrichtlinie ist es, wie dargelegt, den Schutz des Leiharbeitnehmers zu gewährleisten und zu verbessern sowie darüber hinaus insbesondere aufeinanderfolgende Überlassungen zu verhindern (Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie). Die Mitgliedstaaten sind deshalb aufgerufen, entsprechenden Missbrauch zu verhindern. Die Richtlinie trifft insofern sehr wohl Aussagen zur dauerhaften Leiharbeit, in dem sie diese untersagt. Dies führt zwingend zur entsprechenden Auslegung auch des § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG.
(2) Schon nach dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 25.02.2008 in Verbindung mit der Zusatzvereinbarung vom 09.11.2009 war und ist die Überlassung des Klägers an die Beklagte zu 1 nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft konzipiert. Zwar war der Ursprungsarbeitsvertrag zunächst befristet, wurde jedoch durch Zusatzvereinbarung vom 09.11.2009 umgewandelt in einen unbefristeten Vertrag. In § 3 (1 b) ist der Entleiher ausdrücklich beschrieben. Bei ihm handelt es sich um die Beklagte zu 1, die anders als offenbar der dort auch noch genannte Eigenbetrieb Heime des Landkreises L. Bedarf an IT-Sachbearbeitern hat. Als IT-Sachbearbeiter aber ist der Kläger ausdrücklich eingestellt.
Dass der Kläger als IT-Sachbearbeiter ausschließlich bei der Beklagten zu 1 einge-
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Beklagten zu 2 vom 06.09.2011, wonach es im IT-Bereich momentan und wahrscheinlich auch auf absehbare Zeit keinen erkennbaren Bedarf gebe und daher eine Vermittlung des Klägers ab 01.11.2011 sehr fraglich sei.
Der dauerhaft geplante Arbeitseinsatz bei der Beklagten zu 1 ergibt sich auch daraus, dass der Kläger länger als dreieinhalb Jahre keine anderen Einsatzstellen zugewiesen bekam und stets bei der Beklagten zu 1 eingesetzt wurde.
Dass es sich um einen Dauerarbeitsplatz bei der Beklagten zu 1 handelte, der über die Beklagte zu 2 abgedeckt werden sollte, wird nicht zuletzt ersichtlich dadurch, dass die Beklagte zu 2 nach mehr als dreieinhalb Jahren des klägerischen Einsatzes bei der Beklagten zu 1 anfragte, ob der Einsatz verlängert werde, was sodann nur aus persönlichen nicht aus Bedarfsgründen abgelehnt wurde. Tatsächlich wurde die Stelle statt mit dem Kläger mit einem von der Beklagten zu 2 neu eingestellten IT-Sachbearbeiter aufgrund weiterer Arbeitnehmerüberlassung besetzt. Der nicht nur vorübergehende Bedarf der Beklagten zu 1 an der Beschäftigung des Klägers oder eines anderen IT-Sachbearbeiters auf ein und demselben Dauerarbeitsplatz wird dadurch offenkundig.
Für die nicht nur vorübergehende Überlassung spricht des weiteren insbesondere die Stellenausschreibungspraxis der Beklagten zu 1 selbst, die gerade IT-Sachbearbeitern auf ihrer Homepage Stellenangebote unterbreitet und dort unbefristete Arbeitsverhältnisse in Vollzeitbeschäftigung mit leistungsgerechter Vergütung anbietet, Bewerbungen an ihre eigene Anschrift erbittet, eigene Ansprechpartner für Bewerbungen benennt, um dann allerdings auch anzugeben, dass die Einstellung in ihrem Tochterunternehmen D., der Zweitbeklagten, erfolgt. Sucht aber die Erstbeklagte IT-Sachbearbeiter. verspricht sie unbefristete Arbeitsverhältnisse für den Bereich EDV/IT mit Sitz im Krankenhaus L., bietet sie eigenverantwortliches Arbeiten in einem jungen, hoch motivierten Team, gute Weiterbildungsmöglichkeiten mit finanzieller Unterstützung und Entwicklungsmöglichkeiten an, so kann dies, auch wenn die Einstellung im Unternehmern der Beklagten zu 2 erfolgen soll, nur bedeuten, dass eine dauerhafte Tätigkeit im Klinikverbund erfolgen soll, insbesondere wenn zu berücksichtigen ist, dass die Beklagte zu 2 nicht über weitere Kunden verfügt, ausweislich des
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Schreibens vom 06.09.2011 außer dem Bereich Gebäudereinigung selbst keine Stammbelegschaft hat und im IT-Bereich momentan und wahrscheinlich auch auf absehbare Zeit keinen erkennbaren Bedarf sieht, obwohl die Beklagte zu 1 kurze Zeit später intensiv und mehrfach auf ihrer Home-Page genau solche Stellenangebote unterbreitet. Besteht aber bei der Beklagten zu 1 ein Dauerbeschäftigungsbedarf für IT-Sachbearbeiter, so ist schon aus diesem Grunde eine Arbeitnehmerüberlassung unzulässig ist, weil eine Schwerpunktverlagerung des Arbeitsverhältnisses vom überlassenden Arbeitgeber zum Entleiher erfolgt.
Da mithin der Kläger keineswegs normalerweise seine Arbeitsleistung gegenüber der Beklagten zu 2 erbringen musste, keineswegs lediglich anlassbezogen der Beklagten zu 1 zur Arbeitsleistung überlassen wurde, bei der Überlassung nicht fest stand, dass der Einsatz bei der Beklagten zu 1 nur befristet erfolgen sollte, zumindest nicht mehr, nachdem der Kläger selbst aufgrund Zusatzvereinbarung vom 09.11.2009 unbefristet angestellt war, eine Rückkehr zur Stammbelegschaft mangels Bestehens einer solchen ins Gewicht fallenden nicht in Betracht kam und eine Verleihung an weitere nicht vorhandene Kunden für IT-Sachbearbeiter ausschied, lag eine vorübergehende Überlassung des Klägers nicht vor, weshalb von einer unzulässigen Arbeitnehmerüberlassung ausgegangen werden muss.
(3) Die Rechtsfolge der unzulässigen Arbeitnehmerüberlassung kann nach Überzeugung des Berufungsgerichts nur darin bestehen, dass in richtlinienkonformer Auslegung des Gesetzes über eine analoge Anwendung des § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG die für den Fall der Überlassung ohne Erlaubnis vorgesehene Rechtsfolge der Fiktion eines Arbeitsverhältnisses zum Entleiher zur Anwendung kommt. Deshalb ist von einem Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Beklagten zu 1 auszugehen. Für eine solche Rechtsfolge spricht, dass nach dem erklärten Willen des parlamentarischen Gesetzgebers die dauerhafte Überlassung nicht von der Verleihererlaubnis erfasst sein soll. Es bietet sich deshalb an, diesen Fall der rechtswidrigen Überlassung für den Fall der fehlenden Erlaubnis wertungsmäßig gleichzusetzen (Düwell ZESAR 2011, 449). Auch wenn eine gesetzliche Grundlage für die Fiktion eines Beschäftigungsverhältnisses mit dem Entleihunternehmer in der aktuellen Fassung des AÜG nicht existiert, ist seit dem 01.12.2011 nicht nur die dauerhafte Überlassung untersagt, die Leiharbeitrichtli-
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nie verpflichtet vielmehr auch dazu Kettenüberlassungen wirksam zu verhindern und effektive Sanktionen zu gewährleisten. Dies ist zu berücksichtigen, da die Auslegung mitgliedstaatlichen Rechts durch die nationalen Gerichte nach Wortlaut und Zweck der Richtlinien vorzunehmen ist. Die Fiktion eines Arbeitsverhältnisses stellt zwar einen starken Eingriff in die Vertragsautonomie der Parteien dar, ist aber die wirksamste Sanktion und deshalb vorzugswürdig.
Zusammengefasst schließt sich das Berufungsgericht der Auffassung Ulbers an, bei dem es heißt: Liegt keine vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung vor, fehlt es an einem Begriffsmerkmal der Arbeitnehmerüberlassung so dass die Vertragsbeziehung nicht auf den Abschluss eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrags, sondern eine Arbeitsvermittlung gerichtet ist. Auch bezogen auf die arbeitsvertraglichen Beziehungen liegt infolge der Schwerpunktsverlagerung des Arbeitsverhältnisses auf den Entleiher Arbeitsvermittlung vor. Artikel 10 Abs. 2 der Richtlinie 2008/104/EG fordert, dass bei Verstößen wirksame angemessene und abschreckende Sanktionen festgelegt werden müssen. Soweit der Entleiher gegen das Verbot einer nicht nur vorübergehenden Überlassung verstößt, sieht das Gesetz keine derartigen Sanktionen vor. Einer richtlinienkonforme Auslegung entspricht es insoweit, bei Verstößen des Entleihers ein Arbeitsverhältnis mit dem Leiharbeitnehmer zu fingieren (Ulber § 1 AÜG, 231 d).
II.
Der Kläger hat Anspruch auf Differenzvergütung für den Monat November 2011 in Höhe von 192,46 gegen die Beklagte zu 1. Den diesbezüglichen Antrag hat das Berufungsgericht nicht mehr nur als Hilfsantrag gerichtet gegen die Beklagte zu 2 für den Fall des Unterliegens mit der Feststellungsklage gegen die Erstbeklagte gesehen sondern als unbedingten Hauptantrag. Dafür sprach, dass der Antrag entgegen der Antragstellung in erster Instanz nicht mehr als Antrag 3b sondern als Antrag 4 nummeriert war und dass anders als in erster Instanz nicht mehr nur die Verurteilung ausdrücklich der Beklagten zu 2 begehrt wurde. Unter dieser Prämisse gilt folgendes:
Dem Kläger wurde für November 2011 von der Beklagten zu 2 lediglich Lohn auf der Basis einer 35 Stundenwoche bezahlt. Ausgehend von einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 1 aber kann er ausweislich des Arbeitsvertrags vom 25.02.2008 eine wöchentliche Arbeitszeit von 39
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Stunden einfordern. Als freigestellter Betriebsrat hat er Anspruch auf entsprechende Vergütung und soweit er darüber hinaus nicht beschäftigt wurde auf Annahmeverzugslohn. Der eingeklagte und zugesprochene Betrag ergibt sich aus der Differenz der für November 2011 gezahlten Vergütung für 35 Stunden und der entsprechenden für 39 Stunden hochgerechneten Vergütung.
III.
Dem Antrag auf Feststellung, dass die Berufungsbeklagte zu 1 verpflichtet wäre, den Berufungskläger seit 01.03.2008 entsprechend der Entgeltgruppe E 9 TVÖD zu vergüten, hierüber Abrechnung abzüglich der von der Beklagten zu 2 geleisteten Vergütung zu erteilen und die monatlich angefallenen Differenzbeträge nebst Zinsen auszuzahlen konnte dagegen nicht entsprochen werden insoweit war die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hat bestritten, dass die Tätigkeit des Klägers den Anforderungen der Entgeltgruppe E 9 TVöD entspricht. Der Kläger hat keine Tätigkeitsbeschreibung vorgelegt, aus der zeitlich zuordenbar hätte festgestellt werden können, dass die Eingruppierungsvoraussetzungen für die Entgeltgruppe E 9 im Tatsächlichen vorliegen. Der Hinweis auf die Vergütung anderer Mitarbeiter insoweit ist ebenso wenig substantiiert wie maßgeblich und rechtfertigt nicht die Feststellung eines konkreten Vergütungsanspruchs.
IV.
Der Hilfsantrag zu 3, gerichtet gegen die Beklagte, fiel dem Berufungsgericht nicht zur Entscheidung an, da er erkennbar nur für den Fall gestellt wurde, dass die Klage auf Feststellung des Bestands eines Arbeitsverhältnisses zur Beklagten zu 1 abgewiesen worden wäre, dem ist aber nicht so.
V.
Der Antrag auf Vernehmung des Zeugen N. ist kein Sachantrag, über ihn war nicht durch Urteil zu entscheiden.
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Da die Parteien teils obsiegten, teils unterlagen hatten sie die Kosten der Berufung anteilig zu tragen. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Auslegung des Begriffs „vorübergehend“ in § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG n.F. und auch der Frage der Rechtsfolgen einer dem Gesetz widersprechenden Arbeitnehmerüberlassung hat das Berufungsgericht die Revision zugelassen.
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