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LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 29.10.2014, 17 Sa 285/14
Schlagworte: | Annahmeverzug, Bewachungsgewerbe | |
Gericht: | Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg | |
Aktenzeichen: | 17 Sa 285/14 | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 29.10.2014 | |
Leitsätze: | Untersagt die Polizeibehörde dem Arbeitgeber die Beschäftigung eines Arbeitnehmers, trägt der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls, wenn der Arbeitnehmer keine Gründe für das Einsatzverbot gegeben hat und er auch nicht Adressat der behördlichen Anordnung ist. Der Arbeitgeber bleibt nach einem Arbeitskraftangebot zur Zahlung der Vergütung verpflichtet. | |
Vorinstanzen: | Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 29.11.2013 - 31 Ca 4554/1 | |
Landesarbeitsgericht
Berlin-Brandenburg
Verkündet
am 29.10.2014
Geschäftszeichen (bitte immer angeben)
17 Sa 285/14
31 Ca 4554/13
Arbeitsgericht Berlin
Z., JHS
als Urkundsbeamter/in
der Geschäftsstelle
Im Namen des Volkes
Urteil
In Sachen
pp
hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, 17. Kammer,
auf die mündliche Verhandlung vom 29. Oktober 2014
durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht D. als Vorsitzender
sowie die ehrenamtlichen Richter Herrn F. und Herrn S.
für Recht erkannt:
I.
Auf die Berufung des Klägers wird das Teilurteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 29.11.2013 – 31 Ca 4554/13 – teilweise geändert:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 26.612,80 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 2.029,84 EUR brutto seit dem 16.09.2012, aus 2.083,36 EUR brutto seit dem 16.10.2012, aus 2.180,36 EUR brutto seit dem 16.11.2012, aus 2.130,88 EUR brutto seit dem 16.12.2012, aus 2.465,36 EUR brutto seit dem 16.01.2013, aus 2.198,00 EUR brutto seit dem 16.02.2013, aus 2.394,00 EUR brutto seit dem 16.03.2013, aus 2.247,00 EUR brutto seit dem 16.04.2013, aus
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2.343,00 EUR brutto seit dem 16.05.2013, aus 2.247,00 EUR brutto seit dem 16.06.2013, aus 2.196,00 EUR brutto seit dem 16.07.2013 und aus 2.098,00 EUR brutto seit dem 16.08.2013 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 1.100 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 100,00 EUR seit dem 15.10., 15.11., 15.12.2012, 15.01., 15.02, 15.03., 15.04., 15.05., 15.06., 15.07. und 15.08.2013 zu zahlen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, dem Arbeitszeitkonto des Klägers 40 Stunden gutzuschreiben.
II.
Die Berufung wird im Übrigen zurückgewiesen.
III.
Die Kosten des ersten Rechtszugs haben der Kläger zu 24 v.H. und die Beklagte zu 76 v.H. zu tragen.
Von den Gerichtskosten des zweiten Rechtszugs haben der Kläger 11 v.H. und die Beklagte 89 v.H. zu tragen.
Von den außergerichtlichen Kosten des zweiten Rechtszugs haben der Kläger 15 v.H. und die Beklagte 85 v.H. zu tragen.
IV.
Die Revision des Klägers wird zugelassen. Die Revision der Beklagten wird zugelassen.
D.
F.
S.
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Tatbestand
Die Parteien streiten vor allem über die Verpflichtung der Beklagten, den Kläger für die Zeit einer Suspendierung zu vergüten.
Die Beklagte beschäftigt den Kläger seit dem 01.02.2005 auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages vom 24.01.2005 (Bl. 19 f. d.A.) als Sicherheitsmitarbeiter auf dem Flughafen Berlin-T.. Er nimmt in dieser Funktion als Beliehener der Luftsicherheitsbehörde Sicherungsaufgaben nach dem Luftsicherheitsgesetz (LuftSiG) wahr. Auf das Arbeitsverhältnis finden der „Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung vom 10.02.2012 (BTV)“ sowie der „Entgelttarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe Berlin und Brandenburg nebst Anhang vom 21.11.2010 (ETV)“ Anwendung. Danach wird die Tätigkeit des Klägers auf der Grundlage von 160 Arbeitsstunden im Monat vergütet. In Nr. 16 des Arbeitsvertrages heißt es:
„§ 16 Beschäftigungsvoraussetzung
16.1 Der Mitarbeiter ist verpflichtet Aufgaben gemäß § 29c des LuftSiG wahrzunehmen. Voraussetzung für die Erledigung dieser Tätigkeit ist eine Beleihung durch das Bundesministerium des Innern bzw. die zuständige Fachbehörde. Der Mitarbeiter stimmt einer solchen Bestellung zur Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben ausdrücklich zu. Im Rahmen der Bestellung unterliegt er neben dem Weisungsrecht durch die Vorgesetzten auch der Aufsicht des Bundesministeriums des Innern bzw. der zuständigen Fachbehörde.
16.2 Dem Mitarbeiter ist bekannt, dass eine Beschäftigungsmöglichkeit besteht, so lange die Beleihung nicht zurückgenommen bzw. widerrufen ist. Die Beleihung kann durch das Bundesministerium des Innern bzw. die zuständige Fachbehörde zurückgenommen oder widerrufen werden, wenn
• nachträglich Umstände bekannt werden, bei deren Kenntnis eine Bestellung nicht vorgenommen wäre,
• die geforderten Voraussetzungen für die Bestellung in der Person des Mitarbeiters weggefallen sind oder wegfallen,
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• Tatsachen vorliegen, aus denen sich ergibt, das der Mitarbeiter für die Aufgabenstellung ungeeignet ist.
16.3 Wird die Beleihung durch das Bundesministerium des Innern bzw. die zuständige Fachbehörde zurückgenommen oder widerrufen, ist S. berechtigt, das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer Frist zu kündigen.“
Die B. Berlin wies die Beklagte mit Schreiben vom 29.06.2012 (Bl. 289 f.) an, den Kläger nicht mehr in der Fluggast- und Gepäckkontrolle einzusetzen. Gegen den Kläger seien schwerwiegende Vorwürfe erhoben worden, die den Verdacht von Straftaten begründeten. Er solle gegen die Zahlung von Geld die Mitnahme von Flüssigkeiten entgegen den Bestimmungen der Flüssigkeits- verordnung ermöglicht und Gegenstände, die nicht zur Beförderung im Luftverkehr zugelassen sind, aus den hierfür vorgesehenen Behältern in Zueignungsabsicht entnommen haben. Die Gemeinsame Obere Luftfahrtbehörde B.-B. versagte dem Kläger mit Bescheid vom 02.07.2012 (Bl. 38 ff.) nach einer Mitteilung der B. von dem Vorgang den Zugang zu den nicht allgemein zugänglichen Bereichen der Berliner Verkehrsflughäfen und ordnete eine Zuverlässigkeitsüberprüfung an. Die gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe beruhten auf der Anzeige einer Kollegin des Klägers.
Die Beklagte suspendierte den Kläger mit Schreiben vom 29.06.2012 (Bl. 36 d.A.) im Hinblick auf das Schreiben der B. und § 16 des Arbeitsvertrages bis auf weiteres ohne Fortzahlung der Bezüge.
Der Kläger legte Widerspruch gegen den Bescheid vom 02.07.2012 ein. Das Verwaltungsgericht Potsdam stellte die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs durch Beschluss vom 06.08.2012 (Bl. 41 ff.) wieder her. Der Kläger forderte die Beklagte daraufhin mit Schreiben vom 06.08.2012 (Bl. 47) auf, die Suspendierung aufzuheben und ihn wie zuvor zu beschäftigen. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 07.08.2012 ab, weil das Einsatzverbot der B. Berlin weiterhin bestehe.
Das gegen den Kläger wegen des Verdachts der Bestechlichkeit eingeleitete Ermittlungsverfahren wurde durch die Staatsanwaltschaft Berlin eingestellt, wovon der Kläger mit Schreiben vom 01.11.2012 unterrichtet wurde. Die B. Berlin hob die Anordnung, den Kläger nicht als Luftsicherheitsassistenten
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einzusetzen, mit Schreiben vom 26.07.2013 (Bl. 118) auf, wovon die Beklagte am 30.07.2013 Kenntnis erhielt. Die Beklagte beschäftigt den Kläger seit dem 10.08.2013 wieder als Sicherheitsmitarbeiter.
Der Kläger hat mit seiner Klage die Verurteilung der Beklagten zur tatsächlichen Beschäftigung gefordert sowie seine Vergütungsansprüche für die Monate August 2012 bis August 2013, eine Gratifikation für die Monate Juli 2012 bis Juli 2013, Zeitgutschriften sowie Schadensersatz für die vorzeitige Auflösung zweier Lebensversicherungen gefordert. Die Suspendierung sei zu Unrecht erfolgt, weshalb die Beklagte die durch sie entstandenen finanziellen Nachteile ausgleichen müsse. Die Beklagte hätte ihn – was der Kläger mit Schriftsatz vom 29.10.2013 erstmals geltend gemacht hat – zu veränderten Arbeitsbedingungen als Personen- und Warenkontrolleur weiterbeschäftigen können. Die Beklagte ist der Klage vor allem mit der Auffassung entgegengetreten, sie habe den Kläger wegen der Anordnung der Bundespolizei nicht beschäftigen dürfen und sei deshalb zur Suspendierung ohne Entgeltfortzahlungsverpflichtung berechtigt gewesen; Schadensersatz schulde sie nicht.
Das Arbeitsgericht hat die Beklagte durch ein am 29.11.2013 verkündetes Teilurteil zur Zahlung der geltend gemachten Vergütung für den Monat August 2013 verurteilt und die Klage auf Beschäftigung, auf Zahlung einer Vergütung für die Monate Juli 2012 bis Juli 2013, auf Gratifikation, auf Zeitgutschrift und auf Schadensersatz in Höhe von 958,89 EUR nebst Zinsen abgewiesen. Die Beklagte habe den Kläger infolge des von der B. verhängten Beschäftigungsverbots nicht einsetzen können und sei deshalb für dessen Dauer zu Leistungen an den Kläger nicht verpflichtet; auch müsse sie nicht für die Folgen der vorzeitigen Auflösung eines Versicherungsvertrages einstehen. Die Beklagte schulde demgegenüber die geforderte Vergütung für den Monat August 2013, weil die Beschäftigung des Klägers nunmehr wieder möglich gewesen sei. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Teilurteils vom 29.11.2013 verwiesen.
Das Arbeitsgericht hat die Beklagte durch ein am 26.02.2014 verkündetes Schlussurteil verurteilt, an den Kläger für den Monat August 2013 eine
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Gratifikation von 100,00 EUR nebst Zinsen zu zahlen, während es einen Teil der Zinsklage sowie die weitere Schadensersatzklage abgewiesen hat. Das Schlussurteil ist nach Rücknahme einer zunächst vom Kläger eingelegten Berufung rechtskräftig.
Gegen das ihm am 30.01.2014 zugestellte Teilurteil richtet sich die am 04.02.2014 eingelegte Berufung des Klägers, die er mit einem am 28.03.2014 eingegangenen Schriftsatz begründet hat und mit der er zuletzt seine Vergütungsansprüche für die Monate August 2012 bis Juli 2013, seine Gratifikationsansprüche für die Monate Juli 2012 bis Juli 2013 sowie seinen Anspruch auf Arbeitszeitgutschrift weiter verfolgt. Der Kläger hält die Beklagte unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens weiterhin für verpflichtet, die durch seine Suspendierung entstandenen Einkommensverluste auszugleichen. Die Beklagte hätte seit der Kenntnis von dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 06.08.2012 für möglich halten müssen, dass die Suspendierung zu Unrecht erfolgt sei; sie habe sich gleichwohl nicht für ihn bei der Bundespolizei verwendet. Die Beklagte müsse für das Verhalten ihrer Mitarbeiterin, die ihn zu Unrecht angezeigt habe, einstehen. Im Übrigen habe die Möglichkeit bestanden, ihn auf andere Weise einzusetzen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter teilweiser Änderung des Teilurteils des Arbeitsgerichts Berlin vom 29.11.2013 zu verurteilen,
1. an ihn 26.620,80 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 2.037,84 EUR brutto seit dem 01.09.2012, aus 2.083,36 EUR brutto seit dem 01.10.2012, aus 2.180,36 EUR brutto seit dem 01.11.2012, aus 2.130,88 EUR brutto seit dem 01.12.2012, aus 2.465,36 EUR brutto seit dem 01.01.2013, aus 2.198,00 EUR brutto seit dem 01.02.2013, aus 2.394,00 EUR brutto seit dem 01.03.2013, aus 2.247,00 EUR
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brutto seit dem 01.04.2013, aus 2.343,00 EUR brutto seit dem 01.05.2013, aus 2.247,00 EUR brutto seit dem 15.06.2013, aus 2.196,00 EUR brutto seit dem 15.07.2013 und aus 2.098,00 EUR brutto seit dem 15.08.2013 zu zahlen,
2. an ihn weitere 1.300,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 100,00 EUR seit dem 15.08., 15.09., 15.10., 15.11., 15.12.2012, 15.01., 15.02, 15.03., 15.04., 15.05., 15.06., 15.07. und 15.08.2013 zu zahlen,
3. seinem Arbeitszeitkonto 48 Stunden gutzuschreiben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Dem Kläger sei eine Arbeitsleistung aufgrund des von der B. erlassenen Beschäftigungsverbotes und der Regelung in § 16 des Arbeitsvertrags unmöglich gewesen, was sie – die Beklagte – nicht zu vertreten habe; sie habe auch nicht für das Verhalten ihrer Mitarbeiterin einzustehen, die den Kläger angezeigt habe. Das Risiko des Arbeitsausfalls müsse im vorliegenden Fall der Kläger tragen.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze vom 28.03., 07.05., 30.06., 18.07. und 30.07.2014 nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist überwiegend begründet.
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Die Beklagte hat an den Kläger eine Vergütung für die Monate August 2012 bis Juli 2013 sowie eine Gratifikation für die Monate September 2012 bis Juli 2013 nebst Zinsen in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang zu zahlen. Sie ist ferner verpflichtet, dem Arbeitszeitkonto des Klägers für die Monate Oktober und Dezember 2012 sowie Januar, März und Mai 2013 insgesamt 40 Stunden gutzuschreiben.
Das Arbeitsgericht hat demgegenüber die Klage auf Zahlung einer weiteren Vergütung sowie einer Gratifikation für den Monat August 2012 und der weitergehend verlangten Zinsen sowie einer Zeitgutschrift von weiteren acht Stunden zu Recht abgewiesen; die Berufung erweist sich daher insoweit als unbegründet.
I.
1. Der Kläger hat gegen die Beklagte gemäß § 611 Abs. 1, § 615 Sätze 1 und 3 BGB Anspruch auf Zahlung der Vergütung für die Monate September 2012 bis Juli 2013.
a) Kommt der Arbeitgeber mit der Annahme der der Arbeitsleistung in Verzug, kann der Arbeitnehmer für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein (§ 615 Satz 1 BGB); gleiches gilt in Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt (§ 615 Satz 3 BGB). Wegen des Fixschuldcharakters der Arbeitsleistung regelt § 615 BGB auch die Fälle der so genannten „Annahmeunmöglichkeit“ (BAG, Urteil vom 15.09.2011 – 8 AZR 846/09 – NZA 2012, 377), die sowohl die Annahmeunwilligkeit als auch die Annahmeunfähigkeit des Arbeitgebers einschließt (ErfK/Preis, 15. Auflage 2015, § 615 BGB Rn. 7 m.w.N.). Ein Annahmeverzug des Arbeitgebers ist ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer nicht leistungswillig und leistungsfähig ist (§ 297 BGB).
b) Die Beklagte befand sich in der Zeit von September 2012 bis Juli 2013 hinsichtlich der Arbeitsleistung des Klägers in Annahmeverzug. Der Kläger
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hatte seine Arbeitsleistung mit Schreiben vom 06.08.2012 wörtlich angeboten, was angesichts der zuvor ausgesprochenen Suspendierung ausreichend war (§ 295 BGB). Die Beklagte hat den Kläger am 10.08.2013 wieder beschäftigt und erst damit ihren Annahmeverzug beendet. Die Arbeitsleistung war dem Kläger auch möglich, nachdem das Verwaltungsgericht Potsdam die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid der Gemeinsamen Oberen Luftverkehrsbehörde Berlin-Brandenburg wieder hergestellt hatte; denn dem Kläger war es nun nicht mehr behördlich untersagt, die nicht öffentlichen Bereiche des Flughafens zu betreten. Die Anweisung der Bundespolizeidirektion Berlin vom 29.06.2012 richtete sich nicht an den Kläger und hinderte ihn persönlich daher nicht an einer Arbeitsleistung.
c) Die Beklagte kann nicht mit Erfolg geltend machen, sie habe den Kläger allein wegen der polizeilichen Anordnung nicht als Sicherheitsmitarbeiter eingesetzt. Die Beklagte hat die vertraglichen Grundlagen, auf die die Bundespolizeidirektion Berlin ihre Anordnung vom 29.06.2012 gestützt hat, trotz einer gerichtlichen Auflage nicht offenbart. Es kann daher im Grunde nicht festgestellt werden, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen sich die Beklagte der Anweisung widersetzen konnte. Doch selbst wenn man zugunsten der Beklagten annehmen wollte, sie habe den Kläger nicht einsetzen dürfen, berührt dies den Anspruch des Klägers auf Zahlung der Annahmeverzugsvergütung nicht. Denn die Beklagte hatte nach § 615 Satz 3 BGB das Risiko zu tragen, dass sie den Kläger aufgrund der polizeilichen Anordnung nicht mehr beschäftigen konnte.
aa) Die unternehmerische Tätigkeit der Beklagten auf Flughäfen bringt es mit sich, dass die von ihr beschäftigten Sicherheitsmitarbeiter als Beliehene eingesetzt werden und insoweit behördlicher Aufsicht unterliegen. Es gehört daher zu dem unternehmerischen Risiko der Beklagten, dass die zuständige Behörde einen ihrer Mitarbeiter, den sie – ob zu Recht oder zu Unrecht – für unzuverlässig hält, überprüfen will und seinen Einsatz bis zum Abschluss der Untersuchungen untersagt. Dies gilt jedenfalls in Fällen, in denen der betroffene Arbeitnehmer nichts zu der entstandenen Situation beigetragen hat und er auch nicht Adressat der behördlichen Anordnung ist. Das Einsatzverbot stammt dann
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ausschließlich aus der Sphäre der Beklagten, die sich vertraglich zur Beachtung der behördlichen Anweisung verpflichtet hat oder die aus sonstigen Gründen gehalten ist, der Anweisung zur Sicherung der eigenen unternehmerischen Tätigkeit Folge zu leisten. Der Arbeitnehmer hat demgegenüber in einer derartigen Sachverhaltsgestaltung weder Veranlassung zu dem Einsatzverbot gegeben noch hat er die Möglichkeit, gegen die behördliche Maßnahme vorzugehen. Die Störung des Vertragsverhältnisses stammt nicht aus seiner Sphäre und er kann ihr auch nicht entgegenwirken; er hat deshalb auch nicht das Risiko zu tragen, dass er aufgrund der behördlichen Anweisung nicht beschäftigt werden kann.
bb) Im vorliegenden Fall hat der Kläger keine Veranlassung zu der polizeilichen Anweisung, ihn zunächst nicht mehr als Sicherheitsmitarbeiter zu beschäftigen, gegeben. Der gegen ihn gerichtete Verdacht, er habe es Passagieren gegen Zahlung gestattet, unerlaubte Flüssigkeiten an Bord des Flugzeuges zu bringen und zudem sichergestellte Gegenstände entwendet, beruhte auf unberechtigten Anschuldigungen einer Kollegin und war letztlich haltlos. Dass der Kläger das Verhalten seiner Kollegin in irgendeiner Weise herbeigeführt hat, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Der Kläger hatte die eingetretene Situation nicht zu verantworten und es stand auch nicht in seiner Rechtsmacht, das polizeiliche Einsatzverbot zu beseitigen. Damit musste die Beklagte aus den genannten Gründen das Risiko tragen, dass eine Beschäftigung des Klägers wegen der polizeilichen Anordnung nicht möglich ist; dies gilt umso mehr als die Beklagte die den Kläger denunzierende Kollegin eingestellt und in dienstlichen Kontakt zu dem Kläger gebracht hat. Es war nun Sache der Beklagten, zur Vermeidung eines Annahmeverzugs auf eine Beseitigung des Einsatzverbotes hinzuwirken bzw. den Kläger in anderer Weise zu beschäftigen oder – sofern eine Weiterbeschäftigung nicht möglich war – das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen zu kündigen. Die bloße Nichtbeschäftigung des Klägers beeinträchtigte den Anspruch des Klägers auf Zahlung der vereinbarten Vergütung hingegen nicht.
d) Die Parteien haben die Anwendbarkeit des § 615 Satz 3 BGB vertraglich nicht ausgeschlossen. Der Arbeitsvertrag vom 24.01.2005 enthält in § 16 Nr. 2
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und 3 lediglich Regelungen für den Fall, dass die Beleihung des Klägers zurückgenommen oder widerrufen wird. Welche Auswirkungen ein polizeiliches Einsatzverbot auf die Vergütungsansprüche haben soll, haben die Parteien demgegenüber nicht vertraglich festgelegt; es bleibt daher insoweit bei den gesetzlichen Regelungen.
e) Die Höhe der Vergütungsansprüche für die Monate September 2012 bis Juli 2013 ist zwischen den Parteien nicht streitig. Die jeweilige Monatsvergütung ergibt sich aus einer monatlichen Arbeitszeit von 160 Stunden (§ 4 Abs. 1 BTV) und dem Stundenlohn von 11,88 EUR bzw. – ab dem 01.01.2013 – 12,25 EUR (§ 2 ETV), den jeweils anfallenden Sonn- und Feiertagszuschlägen von 50 v.H. bzw. 100 v.H. sowie einer Prämie von 2,00 EUR je Anwesenheitstag (§ 9 BTV). Der Kläger hat die sich danach ergebenden monatlichen Vergütungsansprüche im Einzelnen berechnet, die Beklagte ist diesem Vorbringen nicht entgegengetreten.
2. Dem Kläger steht für den Monat August 2012 gemäß § 611 Abs. 1, § 615 Sätze 1 und 3 BGB lediglich eine Annahmeverzugsvergütung in Höhe von 2.029,84 EUR zu. Der Annahmeverzug der Beklagten begann erst ab dem 07.08.2012, nachdem der Kläger seine Arbeitskraft mit Schreiben vom 06.08.2012 wörtlich angeboten hatte; ein derartiges Arbeitskraftangebot war auch nach der Suspendierung vom 29.06.2012 gemäß § 295 BGB erforderlich. Da nach § 4 Abs. 4 BTV das monatliche Regelentgelt für 160 Monatsarbeitsstunden unabhängig von der tatsächlichen Stundenleistung des Beschäftigten gezahlt wird, kann der Kläger für den Monat August gleichwohl eine Vergütung von 1.900,80 EUR (160 Stunden zu je 11,88 EUR) fordern; ferner wurden dem Kläger die geltend gemachten Sonntagszuschläge von 95,04 EUR sowie eine Anwesenheitsprämie für 17 Tage von 34,00 EUR zugesprochen.
3. Für die Zeit vom 01. bis 06.08.2012 kann der Kläger hingegen Vergütungsansprüche nicht geltend machen. Dem Kläger war eine Arbeitsleistung in dieser Zeit rechtlich unmöglich (§ 275 Abs. 1 BGB), so dass sein diesbezüglicher Vergütungsanspruch gemäß § 326 Abs. 1 Satz 1 BGB
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entfiel. Es war ihm in der genannten Zeit aufgrund des Bescheides der Gemeinsamen Oberen Luftfahrtbehörde B.-B. vom 02.07.2012 untersagt, die nicht öffentlich zugänglichen Bereiche des Flughafens zu betreten; er konnte deshalb seiner vertraglich geschuldeten Tätigkeit nicht nachgehen. Die Beklagte war nicht nach § 326 Abs. 2 BGB zur Leistung verpflichtet. Sie war für den genannten Bescheid nicht verantwortlich und befand sich bei seinem Erlass auch nicht im Verzug der Annahme der Arbeitsleistung, der – wie ausgeführt – erst mit dem 07.08.2012 begann. Auch war die Beklagte nicht verpflichtet, dem Kläger einen anderen Arbeitsplatz zuzuweisen, der dem Einsatzverbot nicht unterlag, so dass auch ein Schadensersatzanspruch (§ 280 Abs. 1 BGB) wegen der entgangenen Vergütung nicht besteht. Der Kläger hat eine anderweitige Beschäftigung erst mit Schriftsatz vom 29.10.2014 und damit nach Ablauf des genannten Zeitraums gefordert; dies steht einer Schadensersatzverpflichtung der Beklagten entgegen (vgl. BAG, Urteil vom 19.05.2010 – 5 AZR 162/09 – AP Nr. 10 zu § 106 GewO).
4. Die Vergütungsansprüche waren gemäß § 4 Abs. 5 BTV, § 3 Nr. 3.3 des Arbeitsvertrags am 15. des jeweiligen Folgemonats fällig, so dass die Beklagte gemäß §§ 286, 288 BGB ab dem 16. des Folgemonats zur Zahlung von Verzugszinsen in der aus dem Urteilstenor ersichtlichen Weise verpflichtet ist.
II.
1. Der Kläger kann gemäß § 611 Abs.1, § 615 Sätze 1 und 3 BGB i.V.m. § 10 BTV eine Gratifikation für die Monate September 2012 bis Juli 2013 fordern. Die Beklagte befand sich – wie ausgeführt – in der genannten Zeit in Annahmeverzug. Sie hat an den Kläger die Vergütung zu zahlen, die bei einer tatsächlichen Beschäftigung zu leisten gewesen wäre; hierzu gehört die genannte Gratifikation in Höhe von monatlich 100,00 EUR, die bei einem Einsatz an allen Soll-Arbeitstagen zu leisten ist. Die Gratifikationen waren ebenso wie das Regelentgelt am 15. des Folgemonats fällig, was gemäß §§ 286, 288 BGB zu der getroffenen Zinsentscheidung führt.
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2. Für die Monate Juli und August 2012 kann der Kläger eine Gratifikation hingegen nicht fordern, weil er insoweit die Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllt. Der Kläger konnte eine Arbeitsleistung bis einschließlich 06.08.2012 wegen des Bescheides der Gemeinsamen Oberen Luftfahrtbehörde B.-B. nicht erbringen. Dies fiel nicht in den Risikobereich der Beklagten, die daher auch nicht zur Zahlung der Gratifikation verpflichtet ist; auch eine Schadensersatzpflicht der Beklagten bestand – wie ausgeführt – nicht.
III.
Der Kläger kann schließlich gemäß § 611 Abs.1, § 615 Sätze 1 und 3 BGB i.V.m. § 6 Abs. 1 a) BTV für die Monate Oktober und Dezember 2012, Januar, März und Mai 2013 eine Zeitgutschrift von jeweils acht Stunden verlangen, weil er bei einer planmäßigen Beschäftigung in diesen Monaten die für das Regelentgelt maßgebliche Arbeitszeit von 160 Stunden überschritten hätte. Im Monat August 2012 hätte der Kläger die monatliche Arbeitszeit von 160 Stunden jedoch auch dann nicht überschritten, wenn ihn die Beklagte ab dem 07.08.2012 wieder beschäftigt hätte. Die vorherige Nichtbeschäftigung beruht – wie ausgeführt – auf Gründen, die in seiner Risikosphäre liegen und die die Beklagte auch nicht zum Schadensersatz verpflichteten.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO. Dabei wurde einheitlich über die Kosten beider Berufungsverfahren entschieden und die jeweils vor und nach der Verbindung der Verfahren entstandenen gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten ins Verhältnis gesetzt.
Die Berufungskammer hat die Revision beider Parteien gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen. Der Rechtssache kommt in Bezug auf die Anwendung des § 615 Satz 3 BGB grundsätzliche Bedeutung zu.
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Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil kann von beiden Parteien bei dem
Bundesarbeitsgericht,
Hugo-Preuß-Platz 1, 99084 Erfurt
(Postadresse: 99113 Erfurt),
Revision eingelegt werden.
Die Revision muss innerhalb
einer Notfrist von einem Monat
schriftlich beim Bundesarbeitsgericht eingelegt werden.
Sie ist gleichzeitig oder innerhalb
einer Frist von zwei Monaten
schriftlich zu begründen.
Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgesetzten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
Die Revisionsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Revision gerichtet wird und die Erklärung enthalten, dass gegen dieses Urteil Revision eingelegt werde.
Die Revisionsschrift und die Revisionsbegründung müssen von einem Prozessbevollmächtigten unterzeichnet sein. Als solche sind außer Rechtsanwälten nur folgende Stellen zugelassen, die zudem durch Personen mit Befähigung zum Richteramt handeln müssen:
• Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
• juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der vorgenannten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Der Schriftform wird auch durch Einreichung eines elektronischen Dokuments i. S. d. § 46 c ArbGG genügt. Nähere Informationen dazu finden sich auf der Internetseite des Bundesarbeitsgerichts unter www.bundesarbeitsgericht.de.
D.
F.
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Hinweis der Geschäftsstelle
Das Bundesarbeitsgericht bittet, sämtliche Schriftsätze in siebenfacher Ausfertigung einzureichen.
Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gern:
Dr. Martin Hensche Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Kontakt: 030 / 26 39 620 hensche@hensche.de | |
Christoph Hildebrandt Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Kontakt: 030 / 26 39 620 hildebrandt@hensche.de | |
Nina Wesemann Rechtsanwältin Fachanwältin für Arbeitsrecht Kontakt: 040 / 69 20 68 04 wesemann@hensche.de |