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Anhörung des Betriebsrats nach der Einstellung?
10.04.2017. In Unternehmen mit über zwanzig Arbeitnehmern braucht der Arbeitgeber für jede Einstellung die vorherige Zustimmung des Betriebsrats, die dieser aber nur verweigern kann, wenn einer der gesetzlichen Gründe für eine Zustimmungsverweigerung gemäß § 99 Abs.2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) vorliegt.
Die Einstellung eines Arbeitnehmers ohne vorherige Information und Zustimmung des Betriebsrats ist rechtswidrig und gibt dem Betriebsrat das Recht, den Arbeitgeber gerichtlich zur Aufhebung der Einstellung zu verpflichten (§ 101 Satz 1 BetrVG).
Aber kann der Arbeitgeber einer gerichtlichen Verpflichtung zur Aufhebung der Einstellung entgehen, indem er den Betriebsrat nachträglich anhört? Das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf meint ja: LAG Düsseldorf, Beschluss vom 20.12.2016, 14 TaBV 57/16.
- Kann der Arbeitgeber den Betriebsrat zu der bereits vorgenommenen Einstellung eines Arbeitnehmers „vorsorglich“ nachträglich anhören?
- Im Streit: Einstellung eines Managers ohne Zustimmung des Betriebsrats
- LAG Düsseldorf: Ist der Arbeitgeber noch nicht rechtskräftig zur Aufhebung einer Personalmaßnahme gemäß § 101 BetrVG verpflichtet worden, kann er den Betriebsrat noch nachträglich anhören
Kann der Arbeitgeber den Betriebsrat zu der bereits vorgenommenen Einstellung eines Arbeitnehmers „vorsorglich“ nachträglich anhören?
Gemäß § 99 Abs.1 Satz 1 BetrVG muss der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung informieren und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Einstellung einholen. Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung mit konkretem Verweis auf einen der in § 99 Abs.2 BetrVG genannten Gründe, kann der Arbeitgeber die verweigerte Zustimmung gerichtlich ersetzen lassen (§ 99 Abs.4 BetrVG). In einem solchen Prozess ist der Arbeitgeber erfolgreich, wenn der Betriebsrat bei gerichtlicher Überprüfung kein gesetzliches Zustimmungsverweigerungsrecht hatte.
Parallel zu einem solchen Prozess kann der Arbeitgeber die Einstellung (trotz verweigerter Zustimmung des Betriebsrats) als vorläufige Maßnahme durchführen, wenn sie seiner Meinung nach „aus sachlichen Gründen dringend erforderlich“ ist (§ 100 Satz 1 BetrVG). Auch über die dringende Erforderlichkeit der Einstellung entscheidet dann auf Antrag des Arbeitgebers das Arbeitsgericht, falls der Betriebsrat die Erforderlichkeit bestreitet (§ 100 Abs.2 Satz 3 BetrVG).
Der Arbeitgeber verstößt gegen diese Spielregeln,
- wenn er den Betriebsrat vor einer Einstellung entgegen § 99 Abs.1 Satz 1 BetrVG erst gar nicht informiert, oder
- wenn er eine konkret begründete Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats missachtet, ohne ein gerichtliches Zustimmungsersetzungsverfahren gemäß § 99 Abs.4 BetrVG einzuleiten, oder
- wenn er die Einstellung als vorläufige Maßnahme (trotz Bestreitens ihrer Erforderlichkeit durch den Betriebsrat) weiter durchführt, ohne eine gerichtliche Klärung gemäß § 100 Abs.2 Satz 3 BetrVG herbeizuführen, oder
- wenn er eine Gerichtsentscheidung, die zugunsten des Betriebsrats ergangen, missachtet und weiter an der Einstellung des Arbeitnehmers festhält (§ 100 Abs.3 BetrVG).
In diesen Fällen hat der Betriebsrat die Möglichkeit, den Arbeitgeber zur Aufhebung der Einstellung gerichtlich verpflichten zu lassen, wobei das Gericht auch ein Zwangsgeld gegen den Arbeitgeber verhängen kann (§ 101 BetrVG).
Gesetzlich nicht klar geregelt ist die Frage, ob der Arbeitgeber einem Antrag des Betriebsrats gemäß § 101 BetrVG den Wind aus den Segeln nehmen kann, indem er eine nicht oder nicht korrekt vorgenommene Anhörung des Betriebsrats (erneut) vornimmt.
Gegen eine solche Möglichkeit spricht § 99 Abs.1 Satz 1 BetrVG, denn hier heißt es klipp und klar, dass die Anhörung vor der Einstellung vorzunehmen ist.
Andererseits ist die Pflicht zur vorherigen Anhörung kein Selbstzweck, sondern sichert das Recht des Betriebsrats zur Zustimmungsverweigerung, das wiederum nur in engen gesetzlichen Grenzen gegeben ist (§ 99 Abs.2 BetrVG). Zeigt sich bei der nachträglichen Anhörung des Betriebsrats zu einer (bereits vorgenommenen) Einstellung, dass der Betriebsrat kein Recht zur Zustimmungsverweigerung hat und dies noch nicht einmal behauptet, wäre es wenig sinnvoll, wenn der Arbeitgeber zur (vorübergehenden) Aufhebung der Einstellung verpflichtet wäre. Denn dann könnte er sofort erneut die Zustimmung des Betriebsrats beantragen und die Einstellung zugleich als vorläufige Maßnahme durchführen, falls der Betriebsrat ihr widersprechen sollte.
Im Streit: Einstellung eines Managers ohne Zustimmung des Betriebsrats
Im Streitfall ging es um die Einstellung eines "Branch Managers", der nach Ansicht des Arbeitgebers ein leitender Angestellter im Sinne von § 5 Abs.3 BetrVG war. Dementsprechend hielt der Arbeitgeber eine Zustimmung des Betriebsrats gemäß § 99 BetrVG nicht für erforderlich und ließ es damit bewenden, den Betriebsrat gemäß § 105 BetrVG über die geplante Einstellung zu informieren.
Aus Sicht des Betriebsrats war der Manager kein leitender Angestellter. Er beantragte daher nach dessen Einstellung beim Arbeitsgericht, den Arbeitgeber zur Aufhebung der Einstellung zu verpflichten.
Während dieses Prozesses holte der Arbeitgeber die Information des Betriebsrats vorsorglich nach, wobei an seiner Rechtsauffassung festhielt, dass der eingestellte Manager ein leitender Angestellter sei. Die nachträgliche Unterrichtung des Betriebsrats beantwortete dieser etwas hochnäsig mit dem Hinweis, dass die Unterrichtung „rechtlich unzulässig“ sei. Auf einen der gesetzlichen Gründe für eine Zustimmungsverweigerung gemäß § 99 Abs.2 BetrVG berief sich der Betriebsrat dagegen nicht.
Das Arbeitsgericht Essen gab dem Betriebsrat Recht und verpflichtete den Arbeitgeber dementsprechend dazu, die umstrittene Einstellung des Managers aufzuheben (Beschluss vom 04.05.2016, 4 BV 4/16).
LAG Düsseldorf: Ist der Arbeitgeber noch nicht rechtskräftig zur Aufhebung einer Personalmaßnahme gemäß § 101 BetrVG verpflichtet worden, kann er den Betriebsrat noch nachträglich anhören
Das LAG Düsseldorf entschied andersherum und hob daher die Verpflichtung zur Beendigung der Einstellung wieder auf. Die Kernaussage der Entscheidung lautet (Leitsatz 1):
„Die nachträgliche und vorsorgliche Unterrichtung des Betriebsrates nach § 99 Abs.1 BetrVG während eines Verfahrens nach § 101 Satz 1 BetrVG ist rechtlich zulässig, ohne dass eine bereits vorgenommene Einstellung vor der Unterrichtung erst aufgehoben werden müsste. Dies gilt auch dann, wenn zunächst ein betriebsverfassungswidriger Zustand vorgelegen hat.“
Zur Begründung beruft sich das LAG auf den „zukunftsgerichteten Charakters des Verfahrens nach § 99 BetrVG“ (Leitsatz 2). Eine solche Wirkung für die Zukunft hat auch das Aufhebungsverfahren gemäß § 101 BetrVG, so die Düsseldorfer Richter. Daher können Anträge des Betriebsrats gemäß § 101 Satz 1 BetrVG, die ursprünglich begründet waren, im Laufe des Prozesses unbegründet werden, wenn der zunächst gegebene betriebsverfassungswidrige Zustand zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts nicht mehr vorliegt.
Da das LAG Bremen vor einigen Jahren diese Frage einmal anders entschieden hat (LAG Bremen, Beschluss vom 20.07.2005, 2 TaBV 4/05), ließ das LAG Düsseldorf die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht (BAG) zu. Dort liegt der Fall inzwischen, so dass voraussichtlich das BAG demnächst über diese Fragen entscheiden wird (Aktenz. des BAG: 7 ABR 16/17).
Bei den Aussagen des LAG Düsseldorf sind zwei Einschränkungen wichtig:
Erstens ist auch nach Ansicht des LAG Düsseldorf eine nachträgliche Unterrichtung des Betriebsrats über eine schon vorgenommene (und mangels Zustimmung rechtswidrige) Einstellung während eines Verfahrens gemäß § 101 BetrVG nur möglich, solange dieses Gerichtsverfahren noch nicht rechtskräftig zugunsten des Betriebsrats entschieden ist.
Zweitens war der hier zu entscheidende Fall etwas speziell, weil der Betriebsrat offenkundig kein Recht zur Zustimmungsverweigerung hatte und dies in seiner Stellungnahme zu der nachträglichen Unterrichtung auch gar nicht erst behauptete. Daher konnte der Arbeitgeber keinen Antrag auf Zustimmungsersetzung gemäß § 99 Abs.4 BetrVG stellen, denn ein solcher Antrag setzt eine wirksame (= schriftliche und konkret begründete Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats binnen Wochenfrist) voraus.
Hätte sich der Betriebsrat hier im Streitfall auf einen konkreten gesetzlichen Grund zur Zustimmungsverweigerung berufen (können), hätte das LAG Düsseldorf wohl anders entschieden. Denn dann hätte der Arbeitgeber nicht nur einen Antrag auf gerichtliche Zustimmungsersetzung gemäß § 99 Abs.4 BetrVG stellen müssen, sondern er hätte dieses Verfahren auch gewinnen müssen. Bis dahin hätte der Antrag des Betriebsrats auf Aufhebung der Einstellung gemäß § 101 BetrVG wohl auch vor dem LAG Düsseldorf Erfolg gehabt.
Fazit: Die meisten Führungskräfte sind keine leitenden Angestellten im Sinne von § 5 Abs.3 BetrVG, denn die Voraussetzungen dieser Ausnahmevorschrift werden von der Rechtsprechung (zurecht) sehr eng interpretiert. Das führt immer wieder dazu, dass die „gefühlte“ Anzahl leitender Angestellter ihre tatsächliche Anzahl bei weitem übersteigt. Arbeitgeber sollten daher bei der Einstellung von Führungskräften den Betriebsrat nicht nur gemäß § 105 BetrVG informieren, sondern vorsorglich gemäß § 99 BetrVG beteiligen.
Für Betriebsräte gilt die Empfehlung, einer Einstellung oder Versetzung möglichst nie ohne jede Begründung zu widersprechen, denn eine solche Zustimmungsverweigerung ist rechtlich wertlos. Das gilt auch für Zustimmungsverweigerungen, die nur textbausteinmäßig „begründet“ sind.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 20.12.2016, 14 TaBV 57/16
- Landesarbeitsgericht Bremen, Beschluss vom 20.07.2005, 2 TaBV 4/05
- Handbuch Arbeitsrecht: Anhörung des Betriebsrats
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsrat
- Handbuch Arbeitsrecht: Leitender Angestellter
- Handbuch Arbeitsrecht: Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten
- Arbeitsrecht Aktuell: 20/081 Übertragung von Führungsaufgaben in Matrixorganisationen
- Arbeitsrecht aktuell: 20/050 Ernennung zum Vorgesetzten als Einstellung
- Arbeitsrecht aktuell: 17/125 Pflicht des Arbeitgebers zum Zustimmungsersetzungsverfahren?
- Arbeitsrecht aktuell: 17/081 Führungskräfteentwicklung und Mitbestimmung
- Arbeitsrecht aktuell: 14/080 Personalleiter sind nicht immer leitende Angestellte
- Arbeitsrecht aktuell: 11/096 Betriebsrat: Mitbestimmung bei Einstellung
- Arbeitsrecht aktuell: 09/162 Leiter einer Stabsabteilung kein leitender Angestellter
Letzte Überarbeitung: 6. Oktober 2020
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