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LAG Düsseldorf, Beschluss vom 20.12.2016, 14 TaBV 57/16
Schlagworte: | Betriebsrat | |
Gericht: | Landesarbeitsgericht Düsseldorf | |
Aktenzeichen: | 14 TaBV 57/16 | |
Typ: | Beschluss | |
Entscheidungsdatum: | 20.12.2016 | |
Leitsätze: | 1. Die nachträgliche und vorsorgliche Unterrichtung des Betriebsrates nach § 99 Abs. 1 BetrVG während eines Verfahrens nach § 101 Satz 1 BetrVG ist rechtlich zulässig, ohne dass eine bereits vorgenommene Einstellung vor der Unterrichtung erst aufgehoben werden müsste. Dies gilt auch dann, wenn zunächst ein betriebsverfassungswidriger Zustand vorgelegen hat. Die in § 99 BetrVG geregelte Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen ist erst dann beendet, wenn ein betriebsverfassungsgemäßer Zustand eingetreten ist. 2. Eine faktisch rechtswidrige Durchführung der Maßnahme in der Vergangenheit hindert den Arbeitgeber aufgrund des zukunftsgerichteten Charakters des Verfahrens nach § 99 BetrVG nicht daran, die Maßnahme zukünftig auf betriebsverfassungsrechtlich ordnungsgemäßer Grundlage durchzuführen. 3. Für die Entscheidung des Gerichts über einen Antrag nach § 101 Satz 1 BetrVG kommt es auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Anhörung der Beteiligten an. Ein möglicher Beteiligungsmangel kann bis dahin geheilt werden. |
|
Vorinstanzen: | Arbeitsgericht Essen, Beschluss vom 04.05.2016, 4 BV 4/16 | |
Landesarbeitsgericht Düsseldorf, 14 TaBV 57/16
Tenor:
1.Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Essen vom 04.05.2016 (4 BV 4/16) abgeändert und der Antrag des Antragstellers zurückgewiesen.
2.Die Rechtsbeschwerde wird für den Antragsteller zugelassen.
G r ü n d e :
I.
Die Beteiligten streiten über die Aufhebung einer Einstellung als personelle Einzelmaßnahme.
Die zu 2) beteiligte Arbeitgeberin gehört zum globalen Konzern K. Controls und bietet Equipment, Steuerungssysteme und Dienstleistungen für Heizungs-, Lüftungs-, Klimatisierungs- und Kühlsysteme an. Sie unterhält bundesweit 14 Betriebe. Der zu 1) beteiligte Antragsteller ist der für den Betrieb "F.-G." gebildete Betriebsrat mit sieben ordentlichen Mitgliedern.
Die Arbeitgeberin stellte zum 01.10.2015 Herrn V. N. als "Branch Manager" im Betrieb F.-G. für den Bereich Service ein und hatte den Betriebsrat vor der Einstellung am 20.08.2015 nach § 105 BetrVG unterrichtet.
Mit seinem am 11.01.2016 bei dem Arbeitsgericht Essen eingegangenen und der Arbeitgeberin am 19.01.2016 zugestellten Antrag hat der Betriebsrat die Aufhebung der Einstellung des Herrn N. begehrt.
Im Anschluss an den Gütetermin vor dem Arbeitsgericht vom 15.02.2016 hörte die Arbeitgeberin den Betriebsrat am 22.02.2016 vorsorglich gem. § 99 BetrVG zur Einstellung des Herrn N. wie folgt an:
"Vorsorgliche Anhörung zur Einstellung gem. § 99 Abs. 1 BetrVG
Sehr geehrter Herr P., sehr geehrtes Gremium,
wir beabsichtigen, rückwirkend zum 01.10.2015, die nachfolgende Person als Branch Manager in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis einzustellen.
Unserer Auffassung nach ist ein Branch Manager leitender Angestellter im Sinne von § 5 Abs. 3 und 4 BetrVG. Daher haben wir sie unter dem Datum des 20.08.2015 nach Maßgabe des § 105 BetrVG ordnungsgemäß über die Einstellung von Herrn N. unterrichtet.
Da sich der Betriebsrat jedoch auf den Standpunkt stellt, dass die Branch Manager im Unternehmen keine leitende Angestellten im vorgenannten Sinne darstellen, hören wir Sie vorsorglich und unter Aufrechterhaltung unserer Rechtsauffassung zusätzlich gem. § 99 BetrVG zur beabsichtigten Einstellung von Herrn N. an."
Es folgen Angaben zu den persönlichen Daten des Herrn N., zum Arbeitsplatz, zum Gehalt sowie zur Arbeitszeit. Im Anschluss daran enthält das Schreiben vom 22.02.2016 folgende Ausführungen der Arbeitgeberin:
"Da sie bereits in der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht Essen vom 15.02.2016 ausgeführt haben, dass gegen die Einstellung von Herrn N. - bis auf die unterschiedliche Rechtsauffassung der Betriebsparteien in Bezug auf die Qualifizierung der Branch Manager - keinerlei Bedenken bestehen, gehen wir davon aus, dass der Betriebsrat der Einstellung nicht widersprechen wird.
Wir bitten um Zustimmung."
Der Betriebsrat antwortete mit Schreiben vom 25.02.2016 wie folgt:
" Vorsorgliche Anhörung zur Einstellung gemäß § 99 Abs. 1 BetrVG
Einstellung von Herrn V. N. zum 01.10.2015
Sehr gehrte Damen und Herren,
sehr geehrte Frau T.,
am 22.02.2016 erhielt der Betriebsrat Ihr Schreiben betitelt mit "Vorsorgliche Anhörung zur Einstellung von Herrn V. N. als Branch-Manager per 01.10.2015.
Hierzu gibt der Betriebsrat folgende Stellungnahme ab:
Ihre Bitte, der Betriebsrat möge der Einstellung von Herrn V. N. als Branch-Manager rückwirkend zum 01.10.2015 nach § 99 BetrVG zustimmen, kann vom Betriebsrat nicht mit JA beantwortet werden.
1.
Aufgrund des Umstandes, dass sie Herrn N. weiterhin als leitenden Angestellten im Sinne von § 5 Abs. 3 und 4 BetrVG betrachten und damit das Bestehen des Mitbestimmungsrechts nach § 99 BetrVG in Bezug auf die Einstellung von Herrn N. verneinen, entbehrt Ihre Anfrage jeglicher (rechtlichen) Grundlage und ist rechtlich unzulässig.
Außerdem begehren Sie im Rahmen ihrer Unterrichtung die nachträgliche Genehmigung der Einstellung von Herrn N. durch den Betriebsrat, nämlich zum 1.10.2015. § 99 BertVG kennt nicht die nachträgliche Unterrichtung und auch nicht die Einholung einer nachträglichen Genehmigung zu einer personellen Einzelmaßnahme, erst recht nicht zu einer personellen Einzelmaßnahme, die nahezu fünf Monate zurückliegt. Auch von daher ist Ihr jetziges Vorgehen auf Basis Ihres Schreibens vom 22.02.2016 rechtlich unzulässig.
2. ....
3.
In Anbetracht des Umstandes, dass sie - wie oben ausgeführt - in rechtlich unzulässiger Weise die Unterrichtung nach § 99 Abs. 1 BetrVG vorgenommen haben, hält der Betriebsrat an seinem Verfahren nach § 101 Satz 1 BetrVG vor dem Arbeitsgericht Essen fest und wird über seine Verfahrensbevollmächtigte beantragen, einen Kammertermin zu bestimmen."
Auf den weiteren Inhalt des Schreibens vom 25.02.2016 (Bl. 29 f. d. A) wird verwiesen.
Der Betriebsrat hat behauptet, Herr N. dürfe nicht alleine Einstellungen und Entlassungen vornehmen und nehme in dem zentralistisch geführten Unternehmen keine bedeutenden Aufgaben wahr. Die für ihn vorgesehene aber noch nicht erteilte Prokura habe keine wesentliche Bedeutung. Umsatzzahlen und Margengewinne würden den Branch Managern vorgegeben. Auch die übrigen Branch Manager des Unternehmens würden ebenso wie der Vorgänger des Herrn N. nicht als leitende Angestellte geführt.
Der Betriebsrat hat dazu die Ansicht vertreten, Herr N. erfülle nicht die Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 BetrVG. Die Branch Manager und damit auch Herr N. seien keine leitenden Angestellten. Daher habe die Arbeitgeberin die Zustimmung nach § 99 BetrVG einholen müssen und sei nun verpflichtet, die mitbestimmungswidrige Maßnahme aufheben. Die vorsorgliche Anhörung vom 22.02.2016 sei unzulässig gewesen. Da die Arbeitgeberin erkennbar Herrn N. weiterhin für einen leitenden Angestellten halte, sei es ihr verwehrt, sich gleichzeitig auf eine korrekte Anhörung nach § 99 BetrVG zu berufen und deren Anwendbarkeit zu bestreiten. Die vorsorgliche Unterrichtung beruhe entgegen der Darstellung der Arbeitgeberin nicht auf einer vorherigen Absprache. Die Unterrichtung nach § 99 BetrVG habe zudem vor der Einstellung zu erfolgen.
Der Betriebsrat hat beantragt,
der Arbeitgeberin aufzugeben, die Einstellung von Herrn V. N. aufzuheben.
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Die Arbeitgeberin hat behauptet, Herr N. sei der einzige Branch Manager im Betrieb F.. Er berichte an den Leiter des Servicebereichs für Deutschland, Österreich und die Schweiz. Er habe Gewinn- und Verlustverantwortung für die gesamte Region Germany West, leite die Geschäfte in Umsetzung der vereinbarten Strategien und Zielsetzungen. Er habe Wachstum und Profitabilität sicherzustellen und sei verantwortlich für Vertriebsplanung und Entwicklung. Er erstelle Budget- und Geschäftspläne und überwache deren Einhaltung ebenso wie interne Unternehmensrichtlinien und Rechts- wie Qualitätsnormen.
Herr N. erhalte - wie auch die anderen Branch Manager mit einer Ausnahme - noch Prokura unmittelbar nach seiner Probezeit. Diese berechtige ihn zu umfangreichen Verträgen mit Kunden und Lieferanten. Es sei bei der Arbeitgeberin üblich, Prokura erst nach Ablauf der Probezeit zu erteilen. Er habe Führungsverantwortung für 85 Mitarbeiter. Die Branch Manager nähmen in nicht unerheblicher Weise Einstellungen und Entlassungen vor. Herr N. werde voraussichtlich ca. 5 Mitarbeiter pro Jahr einstellen und entlassen. In den von der Arbeitgeberin vorbereiteten Wählerlisten zu den Betriebsratswahlen verschiedener Betriebe seien die jeweiligen Branch Manager nicht aufgeführt.
Die Arbeitgeberin hat die Ansicht vertreten, bei Herrn N. handele es sich um einen leitenden Angestellten i.S.d. § 5 Abs. 3 und 4 BetrVG. Für einen Antrag nach § 101 Satz 1 BetrVG fehle dem Betriebsrat das Rechtsschutzbedürfnis, weil er am 22.02.2016 nachträglich ordnungsgemäß beteiligt worden sei. Dass sie an ihrer Rechtsauffassung hinsichtlich der Einordnung des Herrn N. als leitender Angestellter festhalte und vorsorglich eine Anhörung nach § 99 BetrVG durchgeführt habe, mache die Anhörung nicht unzulässig. Die Rückwirkung habe sich auf den Zeitpunkt der Einstellung bezogen. Das Antwortschreiben des Betriebsrates enthalte keine Zustimmungsverweigerung.
Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 04.05.2016 der Arbeitgeberin aufgegeben, die Einstellung von Herrn V. N. aufzuheben. Zur Begründung führt das Arbeitsgericht aus, dass der Betriebsrat seine Zustimmung zur Einstellung des Herrn N. weder ausdrücklich erteilt habe noch die Zustimmung nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt gelte. Die Arbeitgeberin habe den Betriebsrat vor der Einstellung gar nicht nach § 99 Abs. 1 BetrVG beteiligt. Im Februar 2016 habe eine Beteiligung für eine zum 01.10.2015 erfolgte Einstellung nicht mehr wirksam erfolgen können. Dies sei jedoch erforderlich gewesen, da eine Bewertung der Tätigkeit des Herrn N. ergebe, dass er kein leitender Angestellter nach § 5 Abs. 3 und 4 BetrVG sei.
Die Arbeitgeberin hat gegen den am 01.06.2016 zugestellten Beschluss am 22.06.2016 Beschwerde eingelegt und diese - nach Verlängerung der Frist zur Begründung der Beschwerde bis zum 15.08.2016 - am 12.08.2016 begründet.
Sie ist der Auffassung, bei der von Herrn N. auf der Position "Branch Manager West" durchgeführten Tätigkeit ergebe eine längerfristige tätigkeitsbezogene Betrachtung, dass er kein leitender Angestellter sei und daher eine Beteiligung des Betriebsrates nach § 99 BetrVG gar nicht erforderlich sei. Zur Begründung der Rechtsansicht, dass Herr N. bei seiner Einstellung am 01.10.2015 leitender Angestellter gewesen sei, trägt die Arbeitgeberin - teilweise streitig - zum Inhalt seiner Tätigkeit sowie zu seinen Befugnissen im Innen- und Außenverhältnis seit seiner Einstellung ergänzend vor.
Die Arbeitgeberin beantragt zuletzt,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Essen vom 04.05.2016 (4 BV 4/16) abzuändern und den Antrag zurückzuweisen.
Der Betriebsrat beantragt nach Rücknahme einer nach Ablauf der vom Gericht gesetzten und verlängerten Beschwerdeerwiderungsfrist eingereichten Anschlussbeschwerde zuletzt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Betriebsrat verteidigt zur Begründung seines Zurückweisungsantrages die Würdigung des Arbeitsgerichts und trägt - bei teilweisem Bestreiten des Vortrages der Arbeitgeberin - zur Tätigkeit des Herrn N. und zu seinen Befugnissen ergänzend vor.
Das Beschwerdegericht hat die Beteiligten mit Hinweisbeschluss vom 06.12.2016 darauf hingewiesen, dass in dem Schreiben der Arbeitgeberin vom 22.02.2016 eine für die Zukunft wirksame Unterrichtung des Betriebsrates nach § 99 Abs. 1 BetrVG liegen dürfte und die Zustimmung des Betriebsrates nachträglich gem. § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt gelten dürfte.
Der Betriebsrat vertritt in seiner Stellungnahme vom 13.12.2016 die Auffassung, das Schreiben vom 22.02.2016 beziehe sich nicht auf eine beabsichtigte und bevorstehende Einstellung und ersetze daher nicht die nach § 99 BetrVG erforderliche Beteiligung. Die Arbeitgeberin hätte die Einstellung zuvor aufheben und erneut eine neue personelle Einzelmaßnahme nach der vorherigen Beteiligung des Betriebsrates durchführen müssen. Eine nachträgliche Zustimmung sehe das BetrVG nicht vor.
Ergänzend wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen sowie auf den Hinweisbeschluss der Beschwerdekammer vom 06.12.2016 und das Protokoll zur Anhörung der Beteiligten vom 20.12.2016 verwiesen.
II.
Die Beschwerde der Arbeitgeberin ist zulässig und begründet.
1.
Gegen die Zulässigkeit der Beschwerde bestehen keine Bedenken. Sie ist statthaft gemäß § 87 Abs. 1 ArbGG. Sie ist zudem form- und fristgerecht im Sinne von § 87 Abs. 2 i.V.m. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 520 ZPO eingelegt und begründet worden.
Über einen Antrag nach § 101 Satz 1 BetrVG ist im Beschlussverfahren zu entscheiden (§ 2a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 i.?V.?mit §§ 80?ff. ArbGG).
Beteiligter i.?S. des § 83 Abs. 3 ArbGG ist neben dem Betriebsrat nur der Arbeitgeber, nicht der von der personellen Maßnahme betroffene Arbeitnehmer (BAG 22.3.1983 AP BetrVG 1972 § 101 Nr. 6; 31.5.1983 AP BetrVG 1972 § 118 Nr. 27; Richardi /Thüsing BetrVG § 101, Rn. 14).
2.
Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Der Antrag des Betriebsrates, der Arbeitgeberin aufzugeben, die Einstellung von Herrn V. N. aufzuheben, ist zurückzuweisen. Der zulässige Antrag des Betriebsrates ist unbegründet.
a)Der Antrag nach § 101 Satz 1 BetrVG ist zulässig. Der Betriebsrat hat insbesondere das für einen Antrag nach § 101 Satz 1 BetrVG erforderliche Rechtsschutzinteresse.
Der Betriebsrat verfolgt mit seinem Antrag nach § 101 Satz 1 BetrVG die Aufhebung einer Einstellung und damit einer personellen Maßnahme nach § 99 Abs. 1 BetrVG, weil er der Ansicht ist, der Einstellung nicht zugestimmt zu haben. Er hat daher ein fortbestehendes Interesse an der Klärung der Frage, ob die Arbeitgeberin die personelle Einzelmaßnahme der Einstellung von Herrn N. aufrechterhalten darf.
Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausführt, fehlt das Rechtsschutzinteresse nicht deshalb, weil der Betriebsrat gegen die personelle Maßnahme an sich keine Einwände hat, sondern lediglich sein Mitbestimmungsrecht gesichert wissen will. Er kann im Hinblick auf die Beseitigung eines behaupteten gegenwärtigen betriebsverfassungswidrigen Zustandes nicht auf ein Vorgehen nach § 23 Abs. 3 BetrVG oder auf einen Feststellungsantrag nach § 5 BetrVG verwiesen werden. Denn das Verfahren nach § 101 BetrVG zielt gerade auf die Beseitigung eines betriebsverfassungswidrigen Zustands ab und gibt dem Betriebsrat einen Aufhebungsanspruch, wenn der Arbeitgeber eine personelle Einzelmaßnahme unter Verletzung des Mitbestimmungsverfahrens durchführt (ebenso BAG 17.3.1987 AP BetrVG 1972 § 23 Nr. 7; Matthes, MHdBArbR § 265, Rn. 1). Bei ihm handelt es sich daher rechtsdogmatisch um einen negatorischen Anspruch (vgl. Richardi, FS Wlotzke, S. 407, 410?f.). Durch die Rückgängigmachung der personellen Maßnahme soll die Beeinträchtigung des dem Betriebsrat eingeräumten Rechts beseitigt werden.
Die Vorschriften der §§ 101 und 23 Abs. 3 BetrVG finden dabei nebeneinander Anwendung. Sie überschneiden sich in ihrem Anwendungsbereich nicht, denn § 23 Abs. 3 BetrVG gibt dem Betriebsrat einen Anspruch auf künftige Beachtung seiner Mitbestimmungsrechte, das Verfahren nach § 101 BetrVG hat die vergangene mitbestimmungswidrige Maßnahme zum Gegenstand (vgl. Fitting, § 101, Rn. 12; GK/Raab, § 101 Rn. 21). Der hier geltend gemachte Anspruch des Betriebsrates ist primär ein Beseitigungsanspruch, für den das Verfahren nach § 23 Abs. 3 BetrVG ausscheidet.
Wenn der Betriebsrat außerdem die Feststellung begehrt, dass Herr N. kein leitender Angestellter ist, kann er alternativ oder zusätzlich zu dem Antrag nach § 101 Satz 1 BetrVG auch ein Feststellungsverfahren nach § 5 BetrVG einleiten (vgl. Richardi-Richardi, BertVG, Rn. 299 - 305).
b)Der Antrag ist jedoch unbegründet. Der Betriebsrat kann nicht von der Arbeitgeberin verlangen, die Einstellung des Herrn V. N. aufzuheben.
Dabei kann es für die Beschwerdeentscheidung dahinstehen, ob es sich bei Herrn N. um einen leitenden Angestellten gem. § 5 Abs. 3 und 4 BetrVG handelt und der Betriebsrat nach § 99 Abs. 1 BetrVG überhaupt zu beteiligen war. Denn die Arbeitgeberin hat den Betriebsrat jedenfalls am 22.02.2016 wirksam nach § 99 Abs. 1 BetrVG unterrichtet (dazu aa). Die Stellungnahme des Betriebsrates vom 25.02.2016 bezieht sich nicht auf einen der Zustimmungsverweigerungsgründe nach § 99 Abs. 2 BetrVG und ist unbeachtlich (dazu bb). Die Zustimmung des Betriebsrates zur Einstellung des Herrn V. N. galt zum Zeitpunkt der Entscheidung der Beschwerdekammer am 20.12.2016 daher gem. § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt (dazu cc).
aa)Die Arbeitgeberin hat den Betriebsrat am 22.02.2016 wirksam nach § 99 Abs. 1 BetrVG unterrichtet.
aaa) Das Unterrichtungsschreiben vom 22.02.2016 enthält alle nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG erforderlichen Angaben.
Nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber den Betriebsrat über die beabsichtigte personelle Einzelmaßnahme unter Vorlage der erforderlichen Urkunden zu unterrichten. Erforderlich und ausreichend ist eine Unterrichtung, die es dem Betriebsrat ermöglicht, aufgrund der mitgeteilten Tatsachen zu prüfen, ob einer der in § 99 Abs. 2 BetrVG genannten Zustimmungsverweigerungsgründe vorliegt (BAG 29.06.2011 - 7 ABR 24/10 -, AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 137; BAG 10.10.2012 - 7 ABR 42/11 -, BeckRS 2013, 66464). Die Einstellung liegt dabei in der Zuweisung eines Arbeitsbereichs, durch die ein Arbeitnehmer in den Betrieb eingegliedert wird. Es handelt sich insoweit um dasselbe Kriterium wie beim Versetzungsbegriff, der die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs erfasst (Richardi/Thüsing BetrVG § 99, Rn. 32).
Die Arbeitgeberin hat dabei dem Betriebsrat mit Schreiben vom 22.02.2016, soweit ihm diese Angaben aus der vorangegangenen Unterrichtung nach § 105 BetrVG nicht ohnehin bekannt waren, alle Informationen zur Person, zum Arbeitsplatz, zur Arbeitszeit und zum Gehalt des Herrn N. mitgeteilt. Dass diese Angaben es dem Betriebsrat nicht ermöglichen würden, das Vorliegen eines der in § 99 Abs. 2 BetrVG genannten Zustimmungsverweigerungsgründe zu prüfen, ist nicht ersichtlich und hat der Betriebsrat auch nicht behauptet.
bbb)Die nachträgliche und vorsorgliche Unterrichtung des Betriebsrates am 22.02.2016 war rechtlich zulässig, ohne dass die Einstellung von Herrn N. vor der Unterrichtung erst aufgehoben werden musste. Dies gilt auch dann, wenn zunächst seit dem 01.10.2015 ein betriebsverfassungswidriger Zustand vorgelegen hat. Die in § 99 BetrVG geregelte Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen ist erst dann beendet, wenn ein betriebsverfassungsgemäßer Zustand eingetreten ist.
(1)Für die Entscheidung des Gerichts über einen Antrag nach § 101 Satz 1 BetrVG kommt es auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Anhörung der Beteiligten an. Ein möglicher Beteiligungsmangel kann bis dahin geheilt werden.
Das ergibt sich aus der Systematik der §§ 99 ff. BetrVG und dem Streitgegenstand eines Antrages nach § 101 Satz 1 BetrVG in zeitlicher Hinsicht.
Für die geplante Einstellung eines bestimmten Arbeitnehmers handelt es sich bei jedem Antrag des Arbeitgebers nach § 99 Abs. 1 BetrVG auf Zustimmung des Betriebsrates bzw. auf Zustimmungsersetzung nach § 99 Abs. 4 BetrVG um einen eigenständigen Streitgegenstand (BAG 28.02.2006 - 1 ABR 1/05 -, EzA BetrVG 2001 § 99 Nr. 10). Ein Arbeitgeber kann daher sogar nacheinander mehrere auf dieselbe personelle Maßnahme gerichtete Beteiligungsverfahren gemäß §§ 99, 100 BetrVG durchführen, und zwar auch zeitlich parallel (BAG 28.02.2006 - 1 ABR 1/05 -, AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 51; BAG 16.01.2007 - 1 ABR 16/06 -, AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 52; LAG Hessen 02.12.2008 - 4 TaBV 193/08 -, BeckRS 2011, 71515). Der Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens nach § 101 BertVG betrifft in zeitlicher Hinsicht ebenso wie das Zustimmungsersetzungsverfahren gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG grundsätzlich die Frage, ob die personelle Maßnahme gegenwärtig und zukünftig zulässig ist. Verfahrensgegenstand ist dagegen nicht, ob die Maßnahme im Zeitpunkt der Antragstellung oder zu einem früheren Zeitpunkt zulässig war. Maßgeblich für die Begründetheit des Antrags ist daher grundsätzlich die Sachlage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Anhörung (BAG 25.01.2005 - 1 ABR 61/03 -, BAGE 113/218; BAG 16.01.2007 - 1 ABR 16/06 -).
Aus diesem Verständnis folgt, dass der Arbeitgeber eventuelle Beteiligungsmängel bis zum Schluss der mündlichen Anhörung beseitigen kann. So ist für das Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG auch anerkannt, dass der Arbeitgeber bis zu diesem Zeitpunkt eine unzureichende Unterrichtung des Betriebsrats ergänzen kann (BAG 29.06.2011 - 7 ABR 24/10 -).
Nichts anderes gilt, wenn der Arbeitgeber - etwa aufgrund der Verkennung des Vorliegens des Mitbestimmungsrechts nach § 99 BetrVG - eine personelle Maßnahme ganz ohne Beteiligung des Betriebsrats durchgeführt hat. Auch hier kann er den Beteiligungsmangel durch eine nachträgliche Unterrichtung des Betriebsrats heilen. Eine faktisch rechtswidrige Durchführung der Maßnahme in der Vergangenheit hindert den Arbeitgeber daher aufgrund des zukunftsgerichteten Charakters des Verfahrens nach § 99 BetrVG nicht daran, die Maßnahme zukünftig auf betriebsverfassungsrechtlich ordnungsgemäßer Grundlage durchzuführen.
(2)Durch die konkrete Unterrichtung vom 22.02.2016 bringt die Arbeitgeberin für den Betriebsrat deutlich zum Ausdruck, dass sie jedenfalls vorsorglich für den Fall einer fehlerhaften Rechtsauffassung auch eine nachholende Unterrichtung nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG durchführen wollte, um einen möglichen betriebsverfassungswidrigen Zustand für die Zukunft zu beseitigen.
Die ergibt die Auslegung der Unterrichtung vom 22.02.2016 unter Berücksichtigung der Begründung der Arbeitgeberin und des Gesamtzusammenhangs.
Erklärungen der Arbeitgeberin gemäß § 99 Abs. 1 Satz 1, Satz 2, 100 Abs. 2 Satz 1 BetrVG sind rechtsgeschäftsähnliche Handlungen (vgl. BAG 09.12.2008 - 1 ABR 79/07 -, AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 36; entsprechend zum Widerspruch des Betriebsrats: BAG 11.06.2002 - 1 ABR 43/01 - BAGE 101/298). Daher sind sie nach § 133 BGB auszulegen (vgl. LAG Düsseldorf 01.02.2002 - 10 Sa 1628/01 - LAGE BGB § 620 Personalrat Nr. 6). Nach dieser Vorschrift ist der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Es ist zwar vom Wortlaut der Erklärung auszugehen. Zu berücksichtigen sind jedoch die für den Erklärungsempfänger nach dessen Horizont erkennbaren Gesamtumstände (vgl. etwa BAG 14.07.2005 - 8 AZR 392/02 -, AP BGB § 611 Ruhen des Arbeitsverhältnisses Nr. 4; BAG 12.09.2006 - 9 AZR 686/05 -, AP TzBfG § 8 Nr. 17).
Gemessen an diesem Maßstab sollte die Einstellung des Herrn N. erkennbar mit der Unterrichtung vom 22.02.2016 vorsorglich auf eine betriebsverfassungsrechtlich neue Grundlage gestellt werden. Das "Vorsorgliche" bezieht sich dabei ausweislich des eindeutigen Wortlautes der Unterrichtung vom 22.02.2016 auf die Rechtsauffassung der Arbeitgeberin hinsichtlich der Stellung des Herrn N. als leitender Angestellter. Entgegen der Auffassung des Betriebsrates bedarf es auch keiner vorherigen Aufgabe einer Rechtsansicht durch die Arbeitgeberin. Solange betriebsverfassungsrechtliche Beteiligungsrechte eingehalten werden, gehört es zu der verfassungsrechtlich geschützten Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG, gleichwohl eine andere Rechtsauffassung zu den Mitbestimmungsvorschriften vertreten und kommunizieren zu dürfen.
Der Betriebsrat weist zwar zutreffend darauf hin, dass sich das Anliegen einer Unterrichtung nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG für die Zukunft aus der Formulierung "rückwirkend zum 01.10.2015" nicht eindeutig ergibt. Die Arbeitgeberin hat jedoch hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie vorsorglich für den Fall einer fehlerhaften Rechtsauffassung einen möglichen betriebsverfassungswidrigen Zustand wenigstens für die Zukunft beseitigen wollte. Dem Betriebsrat musste klar sein, dass die Arbeitgeberin für den Fall einer in der Vergangenheit getätigten falschen rechtlichen Einschätzung nunmehr vorsorglich die personelle Einzelmaßnahme auf einer neuen Grundlage durchführen wollte. Entsprechend wies die Arbeitgeberin in dem Schreiben vom 22.02.2016 darauf hin, dass die Unterrichtung nach § 99 BetrVG "zusätzlich" zu der Unterrichtung nach § 105 BetrVG erfolge. Die Zeitangabe einer rückwirkenden Einstellung zum 01.10.2015 verweist nur auf das Datum des tatsächlichen Arbeitsbeginns und impliziert damit, dass die Einstellung seit diesem Zeitpunkt für den Fall, dass es sich bei Herrn N. nicht um einen leitenden Angestellten handelt, zuletzt ohne betriebsverfassungsrechtliche Grundlage faktisch durchgeführt wurde. Dieser mögliche Zustand sollte erkennbar durch die "vorsorgliche" und "zusätzliche" Beteiligung nach § 99 BetrVG beendet werden. Dass der Betriebsrat dies auch so verstanden hat, belegt der Inhalt seiner Stellungnahme vom 25.02.2016. Denn darin hat der Betriebsrat klar zum Ausdruck gebracht, dass er auf eine Unterrichtung nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG antworten wolle. Es ist dabei als bloßer Rechtsirrtum unbeachtlich, dass der Betriebsrat eine vorsorgliche und zusätzliche Unterrichtung für rechtlich unzulässig hielt.
(3)Entgegen der Auffassung des Betriebsrates musste - sofern davon ausgegangen wird, dass Herr N. kein leitender Angestellter nach § 5 Abs. 3 und 4 BetrVG ist - die Einstellung vor der Unterrichtung vom 22.02.2016 auch nicht zuvor erst aufgehoben werden.
Auch eine tatsächliche Beschäftigung seit dem 01.10.2015 ohne Beteiligung des Betriebsrates nach § 99 BetrVG erfordert nach Auffassung der Kammer keine nach außen erkennbare tatsächliche Aufhebung der Einstellung, bevor die Beteiligung nachgeholt wird.
Eine nachträgliche Beteiligung des Betriebsrats zu einer zunächst ohne Beteiligung durchgeführten Maßnahme zur Heilung der ursprünglichen Rechtswidrigkeit ist nach Auffassung der Kammer möglich und führt so zum vollständigen Wegfall eines Aufhebungsanspruchs nach § 101 Satz 1 BetrVG (dies verneinend LAG Bremen 20.07.2005 - 2 TaBV 4/05 - EzA-SD 11/06 Nr. 16). Der vom Betriebsrat in Bezug genommenen Entscheidung des LAG Bremen vom 20.07.2005 lag ein Antrag der Arbeitgeberin auf Zustimmungsersetzung zu verschiedenen Versetzungen nach § 99 Abs. 4 BetrVG trotz rechtskräftiger Verpflichtung zur Aufhebung der Versetzungen nach § 101 Satz 1 BetrVG zugrunde. Das LAG Bremen hat dazu entschieden, dass die Unwirksamkeit einer nicht betriebsverfassungsgemäßen Maßnahme nicht durch die nachträgliche Durchführung des in § 99 BetrVG vorgesehenen Verfahrens geheilt werden könne. Zur Begründung hat es angeführt, dass der Zweck der Sicherung der Mitbestimmung nur erfüllt werden könne, wenn "rein tatsächlich" keine Beschäftigung mehr unter Missachtung des personellen Mitbestimmungsrechts erfolge. Solange ein Verfahren nach § 101 BetrVG anhängig sei, könne - wenn dessen Grund in der Nichtbeteiligung des Betriebsrates liege - ein stattgebender Beschluss nicht dadurch verhindert werden, dass die unterlassene Beteiligung des Betriebsrates nachgeholt werde.
Die erkennende Kammer hält eine nachträgliche Unterrichtung des Betriebsrates nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ohne vorherige Aufhebung der Maßnahme jedenfalls solange für zulässig, solange noch keine rechtskräftige Entscheidung über den Antrag des Betriebsrates nach § 101 BetrVG ergangen ist. Denn Gegenstand des gerichtlichen Aufhebungsverfahrens nach § 101 Satz 1 BetrVG ist die Frage, ob eine konkrete personelle Einzelmaßnahme gegenwärtig und zukünftig als endgültige Maßnahme zulässig ist (Fitting BetrVG, 28. Auflage, § 101 BetrVG, Rn. 4a). Verfahrensgegenstand ist dagegen nicht, ob die Maßnahme im Zeitpunkt der Antragstellung oder zu einem früheren Zeitpunkt zulässig war (LAG Hessen 05.11.2013 - 4 TaBV 18/13 -). Erst mit der Rechtskraft des dem Antrag nach § 101 Satz 1 BetrVG stattgebenden Beschlusses wird die Arbeitgeberin verpflichtet, einen betriebsverfassungswidrigen Zustand durch Aufhebung der personellen Einzelmaßnahme zu beseitigen. Entscheidungen im Aufhebungsverfahren haben daher nur Wirkung für die Zukunft, so dass auch zunächst begründete Anträge nach § 101 Satz 1 BetrVG im Laufe des Verfahrens unbegründet werden können, wenn kein betriebsverfassungswidriger Zustand mehr vorliegt (vgl. BAG 14.04.2015 - 1 ABR 66/13 -, NZA 2015, 1077 zum Zeitablauf der Maßnahme). Das LAG Hessen führt dazu im Leitsatz der Entscheidung vom 02.12.2008 ( - 4 TaBV 193/08, BeckRS 2011, 71515) zu der ebenfalls in § 99 Abs. 1 Satz 1 geregelten Versetzung folgendes zutreffend aus:
"Eine Mitbestimmungsrechte gemäß §§ 99, 100 BetrVG verletzende faktische Durchführung einer Versetzung steht einer späteren ordnungsgemäßen Durchführung des Beteiligungsverfahrens nicht entgegen. Der Arbeitgeber ist insbesondere nicht verpflichtet, die Maßnahme vorher tatsächlich aufzuheben. Solange die rechtswidrige Durchführung der Versetzung andauert, kann der Betriebsrat sich hiergegen mit einem Antrag gemäß § 101 BetrVG wehren."
So ist auch anerkannt, dass die Arbeitgeberin bis zum Schluss der mündlichen Anhörung im Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG eine unzureichende Unterrichtung des Betriebsrats ergänzen kann (vgl. nur BAG 29.06.2011 - 7 ABR 24/10 -). Nichts anderes gilt, wenn die Arbeitgeberin - etwa aufgrund der Verkennung des Vorliegens des Mitbestimmungsrechts nach § 99 BetrVG - eine personelle Maßnahme ohne Beteiligung des Betriebsrats durchgeführt hat. Auch hier kann sie den Beteiligungsmangel durch eine nachträgliche Unterrichtung des Betriebsrats heilen.
Eine faktisch rechtswidrige Durchführung der Maßnahme in der Vergangenheit hindert den Arbeitgeber daher aufgrund des zukunftsgerichteten Charakters des Verfahrens nach § 99 BetrVG nicht daran, die Maßnahme zukünftig auf betriebsverfassungsrechtlich ordnungsgemäßer Grundlage durchzuführen (vgl. LAG Hessen 05.11.2013 - 4 TaBV 18/13 -, BeckRS 2015, 70497).
Die §§ 99 ff. BetrVG enthalten keine Rechtsgrundlage, trotz der nachgeholten ordnungsgemäßen Unterrichtung des Betriebsrates nebst (fingierter) Zustimmung, die Aufhebung der tatsächlichen Einstellung des Arbeitnehmers auf dem neuen Arbeitsplatz für einen bestimmten, wie auch immer zu bemessenden Zeitraum, zu verlangen. Dabei würde es sich ohnehin nur um eine symbolische Geste oder die Dokumentation eines Unrechtsbewusstseins des Arbeitgebers hinsichtlich seines Verhaltens in der Vergangenheit handeln. Die Einhaltung der Formalien der Mitbestimmungsvorschriften des BetrVG hat keinen Selbstzweck. Die Mitbestimmung soll vielmehr eine ausgewogene Beteiligung der Arbeitnehmerinteressen an dem unternehmerischen Handeln der Arbeitgeberin gewährleisten und sicherstellen. Vor diesem Hintergrund kann sich aus § 101 Satz 1 BetrVG auch nur eine durch das Gericht auszusprechende Sanktion herleiten lassen, die sich auf einen betriebsverfassungswidrigen Zustand zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts bezieht.
Es ist daher rechtlich legitim, sich trotz entgegenstehender Rechtsauffassung vorsorglich und zusätzlich die Rechtsauffassung des anderen Betriebspartners zu eigen und zum Gegenstand der eigenen betriebsverfassungsrechtlichen Handlungen zu machen.
bb)Die Stellungnahme des Betriebsrates vom 25.02.2016 bezieht sich nicht auf einen der Zustimmungsverweigerungsgründe nach § 99 Abs. 2 BetrVG und ist daher unbeachtlich.
aaa)Der Betriebsrat genügt der gesetzlichen Begründungspflicht, wenn es als möglich erscheint, dass mit seiner schriftlich gegebenen Begründung einer der in § 99 Abs. 2 BetrVG aufgeführten Verweigerungsgründe geltend gemacht wird (BAG 10.10.2012 - 7 ABR 42/11 -, BeckRS 2013, 66464). Eine Begründung, die offensichtlich auf keinen der gesetzlichen Verweigerungsgründe Bezug nimmt, ist dagegen unbeachtlich. Die Begründung des Betriebsrats braucht nicht schlüssig zu sein. Konkrete Tatsachen und Gründe müssen nur für die auf § 99 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 6 BetrVG gestützte Verweigerung angegeben werden (vgl. BAG 19.04.2012 - 7 ABR 52/10 -; 16.03.2010 - 3 AZR 31/09 -; 9.12.2008 - 1 ABR 79/07 -; BAG 10.10.2012 - 7 ABR 42/11 -).
Der Betriebsrat beruft sich vorliegend zur Begründung seiner Zustimmungsverweigerung auf eine Unzulässigkeit einer vorsorglichen und rückwirkenden Unterrichtung nach § 99 Abs. 1 BetrVG im Hinblick auf die Einstellung des Herrn N.. Damit bezieht er sich auf den Zustimmungsverweigerungsgrund des Verstoßes gegen ein Gesetz i.S. des § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG. Ein anderer Zustimmungsverweigerungsgrund aus dem Katalog des Abs. 2 kommt nach dem Inhalt der maßgeblichen Erklärung vom 25.02.2016 erkennbar nicht in Betracht.
bbb)Die Rüge des Gesetzesverstoßes nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG ist gemessen an der konkreten Begründung des Widerspruchs vom 25.02.2016 unbeachtlich.
Ein Gesetzesverstoß als Zustimmungsverweigerungsgrund setzt voraus, dass die personelle Maßnahme als solche gesetzeswidrig ist. Es kommen also insbesondere Verletzungen von Einstellungsnormen und Beschäftigungsverbote in Betracht, die eine Beschäftigung mit bestimmten Inhalt oder unter bestimmten Voraussetzungen untersagen. Insoweit steht dem Betriebsrat die Rolle eines "Hüters des zwingenden Rechts" zu (BAG 10.08.1993 - 1 ABR 22/93 -, BeckRS 9998, 22109).
Nicht als Gesetzesverstoß i.?S. dieser Bestimmung ist es dagegen anzusehen, wenn der Arbeitgeber bei einer geplanten Einstellung oder Versetzung den Betriebsrat nicht ordnungsgemäß unterrichtet (ebenso BAG 01.06.2011, AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 139; BAG 12.01.2010, AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 50; BAG 28.01.1986 AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 34; GK/Raab, § 99, Rn. 174; Richardi/Thüsing BetrVG § 99, Rn. 223). Denn der Zustimmungsverweigerungsgrund liegt nur vor, wenn zwingende Rechtsvorschriften der personellen Maßnahme selbst entgegenstehen. Zu den Gesetzesbestimmungen i.?S. der Nr. 1 gehören daher nicht Vorschriften, die alleine das Mitbestimmungsverfahren bei der personellen Maßnahme betreffen.
Es bedarf auch nicht der Annahme eines Gesetzesverstoßes, um eine Lücke im Gesetz zu schließen. Solange der Arbeitgeber den Betriebsrat nicht oder nicht ordnungsgemäß unterrichtet hat, wird die Wochenfrist nicht in Lauf gesetzt, die der Betriebsrat wahren muss, wenn er seine Zustimmung zu der geplanten Personalmaßnahme verweigern will (BAG 28.01.1986 AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 34). Eine dem Gesetz nicht entsprechende und damit unzureichende Unterrichtung des Betriebsrates führt zudem dazu, dass auch ein Antrag der Arbeitgeberin auf Feststellung, die Zustimmung gelte als erteilt, als unbegründet abgewiesen werden muss. Was ein Arbeitgeber zu tun hat, ist in § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG geregelt. Erst wenn er diesen Verpflichtungen nachgekommen ist, ist der Betriebsrat zu einer Stellungnahme aufgerufen.
Begründet der Betriebsrat seine Zustimmungsverweigerung daher wie hier damit, dass der Arbeitgeber ihn nicht ordnungsgemäß unterrichtet habe, so übt er nicht sein Mitbestimmungsrecht aus, sondern macht lediglich geltend, dass der Arbeitgeber ihn nicht ordnungsgemäß beteiligt hat. Die Beteiligung der Arbeitgeberin vom 22.02.2016 war jedoch ordnungsgemäß (siehe oben aa).
cc)Die - unterstellt notwendige - Zustimmung des Betriebsrats zu der Einstellung des Herrn N. gilt jedenfalls nachträglich gemäß § 99 Abs. 3 S. 2 BetrVG als erteilt.
Nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG gilt die Zustimmung des Betriebsrats zu einer personellen Einzelmaßnahme als erteilt, wenn er seine Zustimmungsverweigerung dem Arbeitgeber nicht innerhalb einer Woche nach ordnungsgemäßer Unterrichtung unter Angaben von Gründen schriftlich mitteilt.
Die Frist beginnt nach § 187 Abs. 1 BGB mit dem Tag, an dem der Arbeitgeber dem Betriebsrat von der beabsichtigten personellen Einzelmaßnahme Mitteilung gemacht hat, diesen Tag nicht mitgerechnet (ebenso BAG 12.10.1955 AP BetrVG § 61 Nr. 1; BAG 05.02.1971 AP BetrVG § 61 Nr. 6). Die Frist zur Zustimmungsverweigerung des Betriebsrates endete daher im Hinblick auf die Unterrichtung vom 22.02.2016 gemäß § 188 Abs. 2 1. Alt. BGB mit Ablauf des 29.02.206.
Bis zu diesem Zeitpunkt ist keine ordnungsgemäße Zustimmungsverweigerung bei der Arbeitgeberin eingegangen. Insbesondere enthielt das Schreiben vom 25.02.2016 keine beachtliche Zustimmungsverweigerung (siehe bb), so dass mit Ablauf des 29.02.2016 die Zustimmung des Betriebsrates zur Einstellung des Herrn N. als erteilt galt.
3.
Die Rechtsbeschwerde war gem. §§ 72 Abs. 2 Nr. 1 und 2, 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG zuzulassen, da die entscheidungserhebliche Frage, ob eine bereits durchgeführte personelle Einzelmaßnahme vor einer (erneuten) Unterrichtung nach § 99 Abs. 1 BetrVG zuvor aufgehoben werden muss, grundsätzliche Bedeutung hat und die Entscheidung von der Entscheidung des LAG Bremen vom 20.07.2005 (2 TaBV 4/05) abweicht und auf dieser Abweichung beruht.
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