Update Arbeitsrecht 10|2024 vom 15.05.2024
Leitsatzreport
LAG München: Verfall von bereits zugeteilten virtuellen Unternehmensanteilen nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses
Landesarbeitsgericht München, Urteil vom 07.02.2024, 5 Sa 98/23
§§ 305, 306, 307 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
Leitsatz des Gerichts:
Die Regelung eines sukzessiven Verfalls bereits ausübbar gewordener („gevesteter“) virtueller Optionen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist zulässig und benachteiligt den Kläger nicht unangemessen. Der Arbeitgeber ist berechtigt, die dem Arbeitnehmer mit den virtuellen Optionen zugewendete Gewinnchance nur befristet (hier auf einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses) einzuräumen. Der Grundsatz, dass bereits verdienter Lohn nicht mehr entzogen werden darf, wird dadurch nicht durchbrochen. Entzogen wird lediglich eine Verdienstchance: (virtuelle) Optionen bezwecken gerade nicht, dass die während des Arbeitsverhältnisses nicht eingetretene Realisierung eines Gewinns nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nachgeholt wird (im Anschluss an BAG 28.5.2008, 10 AZR 351/07).
Hintergrund:
Ein knapp zweieinhalb Jahre bei einem wachstumsorientierten Unternehmen im Bereich des Customer Success tätiger Angestellter erhielt im August 2019 ein Zuteilungsschreiben des Unternehmens („Allowance Letter“), mit dem ihm das Unternehmen 23 virtuelle Optionsrechte ohne Gegenleistung zuteilte. In dem Zuteilungsschreiben wurde auf die beiliegenden umfangreichen rechtlichen Rahmenbedingungen für die Optionsrechte verwiesen (ESOPs - Employee Stock Option Provisions). Darin war vorgesehen, dass die Optionsrechte nach und nach ausübbar werden sollten („vesting“), und dass sie im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, ungeachtet des Grundes für die Beendigung, verfallen sollten, und zwar ratierlich im Zeitraum von 24 Monaten nach der Beendigung. Der Angestellte kündigte im Mai 2020 zu Ende August 2020. Im Juni 2022 trat er an das Unternehmen heran und machte Ansprüche auf die virtuellen Optionen geltend, die das Unternehmen ablehnte. Daraufhin klagte der Ex-Angestellte auf die Feststellung, dass die ihm mit Schreiben vom August 2019 zugeteilten und bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses gevesteten Virtuellen Optionen nicht aufgrund seiner Eigenkündigung vom Mai 2020 verfallen sind. Das Arbeitsgericht München (Urteil vom 18.01.2023, 20 Ca 7325/22) und das Landesarbeitsgericht (LAG) München wiesen die Klage ab, wobei sie sich auf eine einschlägige Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts beriefen (BAG, Urteil vom 28.05.2008, 10 AZR 351/07). Das LAG ließ die Revision zum BAG zu, wo der Fall inzwischen liegt (Aktenzeichen des BAG: 10 AZR 67/24).
Landesarbeitsgericht München, Urteil vom 07.02.2024, 5 Sa 98/23
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