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Geschäftsgeheimnisgesetz und Arbeitsrecht
29.04.2019. Das Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG) wurde am 21.03.2019 vom Bundestag verabschiedet und am 12.04.2019 vom Bundesrat abgesegnet. Am 25.04.2019 wurde es im Bundesgesetzblatt verkündet und ist ab dem 26.04.2019 in Kraft.
Das Gesetz dient der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/943 vom 08.06.2016 über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung. Das GeschGehG ist daher Bestandteil eines Artikelgesetzes, das die o.g. EU-Richtlinie 2016/943 umsetzen soll.
Das neue Gesetz fasst die bislang in verschiedenen Gesetzen enthaltenen Vorschriften zum Geheimnisschutz zusammen und bringt einige inhaltliche Neuerungen, vor allem beim Begriff des Geschäftsgeheimnisses und bei den - erstmals ausdrücklich im Gesetz aufgeführten - Erlaubnissen zur Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen zur Aufdeckung rechtswidriger Handlungen durch Hinweisgeber („Whistleblower“):
- Begriff des Geschäftsgeheimnisses
- Vorbehalte zugunsten der Tarifautonomie, der Betriebsverfassung und des Arbeitsvertragsrechts
- Absicherung der Tätigkeit von Hinweisgebern bzw. „Whistleblowern“
- Fazit
Begriff des Geschäftsgeheimnisses
Nach der gesetzlichen Definition ist ein „Geschäftsgeheimnis“ eine Information, wenn sie folgende Bedingungen erfüllt (§ 2 Nr.1 GEschGehG):
- Die Information ist „den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen“ weder „insgesamt noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung“ „allgemein bekannt oder ohne weiteres zugänglich“, § 2 Nr.1 Buchstabe a) GeschGehG.
- Die Information ist aus diesem Grund „von wirtschaftlichem Wert“, § 2 Nr.1 Buchstabe a) GeschGehG.
- Die Information ist „Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen durch ihren rechtmäßigen Inhaber“, § 2 Nr.1 Buchstabe b) GeschGehG.
- Es besteht bei der Information ein „berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung“, § 2 Nr.1 Buchstabe c) GeschGehG.
Die von der gesetzlichen Definition verlangten „angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen“ weichen von der bisherigen gesetzlichen Regelung ab (§ 17 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG), nach der ein (erkennbarer) subjektiver Geheimhaltungswille ausreichend war, damit von einem Geschäftsgeheimnis gesprochen werden konnte (Gesetzentwurf der Bundesregierung, vom 04.10.2018, Begründung, S.24, Bundestag Drucks.19/4724).
Das von § 2 Nr.1 Buchstabe c) GeschGehG verlangte „berechtigte Interesse an der Geheimhaltung“ war im ursprünglichen Regierungsentwurf vom 04.10.2018 noch nicht als Definitionsmerkmal enthalten.
An diesem ersten Definitions-Entwurf kritisierte der DGB, dass dann die Unternehmen allein entscheiden könnten, was als Geschäftsgeheimnis anzusehen wäre und was nicht. Das wäre, so der DGB, „einem Maulkorb für Beschäftigte und ihre Interessenvertretungen gleichgekommen“. Die jetzige Fassung kommt dieser Kritik entgegen (Beschlussempfehlung und Bericht, vom 13.03.2019, S. 4, S.13 f. Bundestag Drucks.19/8300).
Vorbehalte zugunsten der Tarifautonomie, der Betriebsverfassung und des Arbeitsvertragsrechts
Im Gesetzgebungsverfahren umstritten war auch die Frage, ob der durch das GeschGehG geregelte Schutz von Geschäftsgeheimnissen möglicherweise dazu führt, dass das Verhältnis von Arbeitnehmern und betrieblichen Interessenvertretungen sowie deren Arbeit beeinträchtigt wird.
Dazu sagt die Richtlinie 2016/943 in ihrem Erwägungsgrund Nr. (18), dass Erwerb, Nutzung oder Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen als rechtmäßig im Sinne der Richtlinie angesehen werden sollten, wenn es um die „Inanspruchnahme des Rechts der Arbeitnehmervertreter auf Information, Anhörung und Mitwirkung“ geht.
Dementsprechend sah der Regierungsentwurf einen Vorbehalt zugunsten der Tarifautonomie vor, dem zufolge die „Autonomie der Sozialpartner“ unberührt bleiben sollte (§ 1 Abs.3 Nr.3 GeschGehG). Außerdem sollte es bereits gemäß dem Regierungsentwurf erlaubt sein, ein Geschäftsgeheimnis zu erlangen durch
„ein Ausüben von Informations- und Anhörungsrechten der Arbeitnehmer oder Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechten der Arbeitnehmervertretung“ (§ 3 Abs.1 Nr.3 GeschGehG).
In der Endfassung des GeschGehG wurde darüber hinaus klargestellt, dass auch „die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis und die Rechte der Arbeitnehmervertretungen“ vom Gesetz „unberührt“ bleiben sollten (§ 1 Abs.3 Nr.4 GeschGehG).
Zur Begründung dieses weiteren arbeitsrechtlichen Vorbehalts heißt es in der Beschlussempfehlung vom 13.03.2019 (Bundestag Drucks.19/8300, S.13), dass damit u.a. die betriebliche Mitbestimmung geschützt werden soll. Arbeitnehmer können sich demzufolge auch künftig mit ihren Anliegen an den Betriebsrat wenden, ohne befürchten zu müssen, gegen das GeschGehG zu verstoßen, und auch die Arbeit betrieblicher Arbeitnehmervertretungen selbst soll durch das GeschGehG ausdrücklich nicht beeinträchtigt werden.
Außerdem soll mit dieser Klarstellung (entsprechend Art.1 Abs.3 Richtlinie 2016/943) die berufliche Mobilität der Arbeitnehmer abgesichert werden. An dieser Stelle geht es darum, dass Arbeitnehmer nach Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses ihr berufliches Wissen nach geltendem Recht im Allgemeinen ohne Zustimmung ihres Ex-Arbeitgebers weiterverwenden dürfen, und zwar auch bei Unternehmen, die in Konkurrenz zum Ex-Arbeitgeber stehen.
Wollen Unternehmen dies verhindern, müssen sie auf der Grundlage der §§ 74 ff. Handelsgesetzbuch (HGB) ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot mit ihren Arbeitnehmern vereinbaren. Dies setzt die Bereitschaft zur Zahlung einer Karenzentschädigung voraus und ist höchstens für zwei Jahre möglich. An diesen gesetzlichen Regelungen und der darauf beruhenden arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung ändert das GeschGehG nichts (Beschlussempfehlung vom 13.03.2019, Bundestag Drucks. 19/8300, S.13).
Absicherung der Tätigkeit von Hinweisgebern bzw. „Whistleblowern“
Ein weiterer für das Arbeitsrecht wichtiger Streitpunkt im Gesetzgebungsverfahren war die Frage, wie das Verhältnis von Geschäftsgeheimnisschutz und Schutz von Hinweisgebern ausgestaltet werden sollte. Hierzu sah der Gesetzentwurf der Regierung zunächst in § 5 GeschGehG drei „Rechtfertigungsgründe“ vor, die in der Endfassung zu „Ausnahmen“ wurden.
Durch die Umwandlung einer Rechtfertigung in eine Ausnahme soll - zugunsten von Hinweisgebern - deutlich gemacht werden, dass die hier genannten Handlungen von vornherein nicht gegen das GeschGehG verstoßen.
Bei der Umschreibung der eigentlichen Tätigkeit von Hinweisgebern (§ 5 Nr.2 GeschGehG) wurde darüber hinaus zunächst auf deren „Absicht“ abgestellt, d.h. die Erlangung, Nutzung und Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen sollte erlaubt sein, falls sie erfolgte
„2. zur Aufdeckung einer rechtswidrigen Handlung oder eines beruflichen oder sonstigen Fehlverhaltens, wenn die das Geschäftsgeheimnis erlangende, nutzende oder offenlegen der Person in der Absicht handelt, das allgemeine öffentliche Interesse zu schützen“.
Im Unterschied zu dieser ersten Fassung ist die Erlangung, Nutzung und Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen nun von vornherein nicht mehr verboten, falls dies geschieht
„2. zur Aufdeckung einer rechtswidrigen Handlung oder eines beruflichen oder sonstigen Fehlverhaltens, wenn die Erlangung, Nutzung oder Offenlegung geeignet ist, das allgemeine öffentliche Interesse zu schützen“.
In der Begründung dazu heißt es, es solle nicht allein auf die Absicht des Hinweisgebers ankommen. Vielmehr sollen auch „Mischmotivationen erfasst werden“ (Beschlussempfehlung vom 13.03.2019, Bundestag Drucks. 19/8300, S.14).
Außerdem muss es sich bei den von Hinweisgebern erlangten, genutzten oder offengelegten Geheimnissen, so die Vorstellung des Gesetzgebers, „um ein regelwidriges Verhalten, ein Fehlverhalten oder eine illegale Tätigkeit von einigem Ausmaß und Gewicht handeln“. Zwar definiert das Gesetz nicht, was unter einem „sonstigen Fehlverhalten“ zu verstehen sein soll, gegen das sich der Whistleblower wendet, doch soll sich die Rechtsprechung dabei „nach dem allgemeinen, objektivierbaren Rechtsverständnis“ richten (Beschlussempfehlung vom 13.03.2019, Bundestag Drucks. 19/8300, S.14).
Kritisch ist an dieser Stelle anzumerken, dass mit dieser kompromisshaften Gesetzesfassung das Spannungsverhältnis zwischen Geschäftsgeheimnis und Whistleblowing nicht wirklich klar gelöst ist.
Insbesondere ist nicht recht verständlich, wie ein Geschäftsgeheimnis, das ja nach der Endfassung des Gesetzes per Definition nur dann vorliegt, wenn „ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung besteht“ (§ 2 Nr.1 Buchstabe c) GeschGehG), gleichzeitig Anlass dafür sein kann, dass ein Hinweisgeber das Geheimnis erlangt, nutzt oder sogar offenlegt, um das allgemeine öffentliche Interesse zu schützen (§ 5 Nr.2 GeschGehG).
Wie dem auch sei: Wer sich als Hinweisgeber auf die Erlaubnisregelung des § 5 Nr.2 GeschGehG berufen kann, verstößt nicht gegen die Handlungsverbote des § 4 GeschGehG und handelt daher nicht rechtswidrig (§ 2 Nr.3 GeschGehG).
Fazit
Die Entscheidung des Gesetzgebers, die Richtlinie (EU) 2016/943 in Form eines eigenständigen neuen Gesetzes umzusetzen, ist richtig, da die bisherigen Regelungen auf verschiedene Gesetze verteilt und daher unübersichtlich waren. Daher dient das GeschGehG jedenfalls der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit.
Arbeitnehmerrechte sowie Rechte von Gewerkschaften und von betrieblichen Arbeitnehmervertretungen werden durch das Gesetz nicht eingeschränkt. Wie das Verhältnis zwischen dem gesetzlich gewollten Schutz von Geschäftsgeheimnissen einerseits und den Rechten von Hinweisgebern andererseits von den Arbeitsgerichten in den nächsten Jahren konkretisiert wird, lässt sich allerdings auf der Grundlage von § 5 Nr.2 GeschGehG noch nicht genau absehen.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/943 zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung, vom 18.04.2019, BGBl I, S.466
- Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/943 zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung, Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 04.10.2018, Bundestag Drucks.19/4724
- Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (sechster Ausschuss), vom 13.03.2019, Bundestag Drucks.19/8300
- Richtlinie (EU) 2016/943 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung (Amtsblatt der EU, L 157, 15.06.2016)
- Deutscher Bundestag, 19. Wahlperiode, Sten. Bericht, 89. Sitzung vom 21.03.2019, S.10656
- Bundesrat, Sten. Bericht, 976. Sitzung vom 12.04.2019 (S.161)
- Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB), 21.03.2019, Bundestag beschließt Geschäftsgeheimnisgesetz: Erfolg auch für die Gewerkschaften
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsrat
- Handbuch Arbeitsrecht: Haftung des Arbeitgebers
- Handbuch Arbeitsrecht: Haftung des Arbeitnehmers
- Handbuch Arbeitsrecht: Wettbewerbsverbot
- Handbuch Arbeitsrecht: Whistleblowing, Anzeige gegen den Arbeitgeber
- Update Arbeitsrecht 16|2020 LAG Köln: Keine unbeschränkte nachvertragliche Pflicht zur Geheimhaltung
- Arbeitsrecht aktuell: 19/082 EU-Richtlinie zum Schutz von Whistleblowern
Letzte Überarbeitung: 12. Oktober 2021
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