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LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20.06.2017, 11 Sa 2068/16
Schlagworte: | Sonderurlaub, Erholungspause, Urlaubsanspruch | |
Gericht: | Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg | |
Aktenzeichen: | 11 Sa 2068/16 | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 20.06.2017 | |
Leitsätze: | ||
Vorinstanzen: | Arbeitsgericht Cottbus, Urteil vom 26.10.2016, 2 Ca 1516/15 nachgehend: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.03.2019, 9 AZR 315/17 |
|
Landesarbeitsgericht
Berlin-Brandenburg
Verkündet am
20. Juni 2017
Geschäftszeichen (bitte immer angeben)
11 Sa 2068/16
2 Ca 1516/15
Arbeitsgericht Cottbus
F., Gerichtsbeschäftigte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, 11. Kammer, auf die mündliche Verhandlung vom 2. Mai 2017 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht J. als Vorsitzender sowie die ehrenamtlichen Richter P. und S. für Recht erkannt:
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Cottbus vom 26.10.2016 - 2 Ca 1516/15 - teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, der Klägerin für das Kalenderjahr 2014 Ersatzurlaub im Umfang von 20 Tagen zu gewähren.
Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen
II. Die Kosten des Rechtsstreits in 1. Instanz tragen die Klägerin zu 2/3 und die Beklagte zu 1/3.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 6/10 und die Beklagte zu 4/10.
III. Die Revision wird für die Beklagte nicht aber für die Klägerin zugelassen.
(J.) (P.) (St.)
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Tatbestand
Die Parteien streiten über Urlaubsansprüche aus den Kalenderjahren 2013, 2014 und 2015.
Die Klägerin ist bei der beklagten Stadt seit dem 1. Juli 1991 als zunächst als vollbeschäftigte Angestellte und später mit unterschiedlichen Wochenarbeitszeiten beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme der BAT-O und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der für den Bereich der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände jeweils geltenden Fassung sowie die sonstigen für den Arbeitgeber jeweils geltenden Tarifverträge Anwendung.
Befristet für das Jahr 2013 hatten die Parteien eine wöchentliche Arbeitszeit von 28 Wochenstunden, verteilt auf vier Tage pro Woche vereinbart (Änderungsvertrag vom 18. Dezember 2012/9. Januar 2013, Anlage B 1, Bl. 35, 36 d. A.). Ab dem 1. Januar 2014 galt wieder eine Wochenarbeitszeit von 40 Stunden verteilt auf fünf Tage pro Woche.
Auf Antrag der Klägerin gewährt die Beklagte der Klägerin in der Zeit vom 1. September 2013 bis zum 31. August 2014 unbezahlten Sonderurlaub. Dieser wurde auf weiteren Antrag der Klägerin bis zum 31. August 2015 verlängert. Im Jahr 2013 wurde der Klägerin unstreitig Urlaub im Umfang von mindestens 16 Urlaubstagen gewährt. Für das Jahr 2015 gewährte die Beklagte der Klägerin insgesamt 23 Tage Urlaub.
Nach ihrer Rückkehr aus dem Sonderurlaub führten die Parteien Gespräche über Urlaubsansprüche der Klägerin, in denen die Beklagte die Auffassung vertrat, die Urlaubsansprüche seien verfallen. Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung mit Schreiben ihres jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 12. November 2015 hat die Klägerin mit ihrer am 24. Dezember 2015 beim Arbeitsgericht Cottbus eingegangenen und der Beklagten am 5. Januar 2016 zugestellten Klage die Gewährung weiteren Urlaubs für die Jahre 2013, 2014 und 2015 im Umfang von ursprünglich 90 Tagen geltend gemacht.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, Urlaubsansprüche entstünden auch im ruhenden Arbeitsverhältnis und eine Kürzung dieser Ansprüche sei unzulässig. Sie habe in den Jahren 2013, 2014 und 2015 jeweils einen vollen Jahresurlaubsanspruch von jeweils 30 Tagen pro Kalenderjahr erworben, sodass - unter Berücksichtigung des gewährten Urlaubs - noch 51 Tage Urlaub offen seien. Dies gelte auch für das Jahr 2013. Den Änderungsvertrag habe sie erst am 9. Januar 2013 unterzeichnet. Daher sei die nachträgliche Reduzierung der Arbeitszeit nicht geeignet, die Kürzung ihres Urlaubsanspruchs zu rechtfertigen. Darüber
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hinaus sei eine Aufspaltung des im Tarifvertrag vorgesehenen einheitlichen Urlaubsanspruchs in einen gesetzlichen und übergesetzlichen Urlaub sei nicht möglich. Weil sie wegen des Sonderurlaubs diese Urlaubsansprüche nicht habe realisieren können, müssten diese übertragen werden, wobei der Übertragungszeitraum ein Kalenderjahr deutlich überschreiten müsse. Ein Verfall sei nicht eingetreten, die von der Beklagten reklamierten Verfallfristen seien nicht europarechtskonform. Daher seien die allgemeinen Verjährungsfristen anzuwenden, die eingehalten seien.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für die Kalenderjahre 2013, 2014 und 2015 noch 51 Tage Urlaub zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags hat sie die Auffassung vertreten, die Kläger habe bereits mehr Urlaub erhalten, als ihr zustünde. Im Kalenderjahr 2013 sei wegen der Verkürzung der Arbeitszeit der Urlaubsanspruch anteilig auf 16 Tage zu kürzen. Der Klägerin seien aber sogar 20 Tage Urlaub gewährt worden. Urlaubsansprüche aus 2013 seien im Übrigen spätestens am 31. März 2014 verfallen. Während des Sonderurlaubs sei wegen der im TVöD enthaltenen Kürzungsregelung im Jahr 2014 nur der gesetzliche Mindesturlaub entstanden, der aber wiederum spätestens am 31. März 2015 verfallen sei. Auch für das Jahr 2015 sei wegen des Sonderurlaubs nur ein Anspruch auf 23 Tage Urlaub entstanden, der der Klägerin auch gewährt worden sei.
Mit seinem Urteil vom 26. Oktober 2016, auf das zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes ergänzend Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht Cottbus die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe keine weiteren Urlaubsansprüche; diese seien entweder erfüllt oder untergegangen. Zwar seien auch während des Sonderurlaubs Urlaubsansprüche entstanden. Diese seien aber - soweit sie den gesetzlichen Mindesturlaub überstiegen - nach § 26 TVöD anteilig zu kürzen. Die entstandenen Urlaubsansprüche unterlägen dem Fristenregime des § 7 BUrlG und des § 26 TVöD und seien - soweit nicht erfüllt - erloschen. Für 2013 sei wegen des Sonderurlaubs ein anteiliger Urlaubsanspruch von 24 Tagen entstanden, von dem 16 Tage gewährt worden seien. Die restlichen Urlaubstage seien, weil kein Übertragungstatbestand ersichtlich sei, am 31. Mai 2014 verfallen. Im Jahr 2014 habe die Klägerin wegen der Kürzung aufgrund des
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Sonderurlaubs nur den gesetzlichen Mindesturlaub erworben, der aber am 31. Mai 2015 verfallen sei. Für 2015 sei nur ein anteiliger Urlaubsanspruch im Umfang von 23 Tagen entstanden, der auch gewährt worden sei. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf das Urteil vom 26. Oktober 2016 (Bl. 73 - 81 d. A.) verwiesen.
Gegen das der Klägerin am 1. Dezember 2016 zugestellte Urteil hat sie mit dem am 21. Dezember 2016 eingegangenen Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 1. März 2017 mit dem am 28. Februar 2017 eingegangenen Schriftsatz begründet.
Die Klägerin hält die angefochtene Entscheidung für unzutreffend. Die Annahme des Arbeitsgerichts, der Urlaub könne während des Sonderurlaubs nach § 26 TVöD anteilig gekürzt werden, sei rechtlich nicht haltbar. Der TVöD regele einen einheitlichen Urlaubsanspruch und unterscheide nicht zwischen gesetzlichem und übergesetzlichem Urlaub. Auch die Annahme, der Urlaub unterläge dem Fristenregime der §§ 7 BUrlG, 26 TVöD sei falsch und bedeute einen Verstoß gegen EU-Recht. Insbesondere seien die dort geregelten Übertragungszeiträume zu kurz bemessen und daher nicht anzuwenden. Andere Verfallsfristen seien vorliegend nicht einschlägig. Insbesondere bestehe keine allgemeine Verfallsfristenregelung, die beispielsweise 15 Monate nach dem Ende des Kalenderjahres zu einem Verfall der Urlaubsansprüche führe. Es gälten vielmehr die allgemeinen Verjährungsregeln, die aber vorliegend nicht eingriffen. Das Arbeitsgericht sei für das Kalenderjahr 2013 fehlerhaft von einem anteiligen Urlaubsanspruch von 24 Tagen ausgegangen. Die Reduzierung der Arbeitszeit sei erst im Januar 2013 wirksam geworden. Daher sei zunächst zu Jahresbeginn der volle Urlaubsanspruch von 30 Tagen entstanden und habe nachträglich nicht mehr gekürzt werden können. Im Jahr 2014 sei die Inanspruchnahme von Urlaub wegen des Sonderurlaubs nicht möglich gewesen. Insoweit läge eine der Schultz-Hoff-Entscheidung vergleichbare Konstellation vor. Bei richtiger Rechtsanwendung hätte das Arbeitsgericht daher die Verfallsfristen nicht heranziehen dürfen. Auch für 2015 habe das Arbeitsgericht falsch entschieden. Da die Kürzungsregel nicht greife, sei der volle Urlaubsanspruch entstanden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Cottbus vom 26. Oktober 2016 - 2 Ca 1516/15 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für die Jahre 2013, 2014 und 2015 Ersatzurlaub im Umfang von 51 Tagen zu gewähren.
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Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung nach Maßgabe ihrer Berufungsbeantwortung vom 24. April 2017 (Bl.128 - 131 d. A.) als richtig und meint, Ersatzurlaubsansprüche stünden der Klägerin nicht zu. Die tarifliche Kürzungsregel des § 26 TVöD sei nur insoweit unwirksam, als sie auch den gesetzlichen Mindesturlaub erfasse; hinsichtlich des tariflichen Mehrurlaubs dürfe jedoch eine Kürzung vorgenommen werden. Soweit die Klägerin sich auf eine erst nachträgliche Arbeitszeitreduzierung berufe, treffe dies nicht zu. Die Klägerin habe ab dem 1. Januar 2013 in einer vier-Tage-Woche gearbeitet, sodass der volle Urlaubsanspruch für 2013 nur 24 Tage betrage. Auch im Jahr 2012 sei die Arbeitszeit der Klägerin bereits auf vier Tage pro Woche verteilt gewesen. Die tarifliche Kürzungsregel sei nicht zu beanstanden. Für 2013 habe sie mehr Urlaub als geschuldet gewährt. Entgegen der Ansicht der Klägerin sei die Rechtsprechung des EuGH zum Verfall von Urlaubsansprüchen bei langandauernder Arbeitsunfähigkeit nicht entsprechend anzuwenden. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin zunächst bis zum 31. August 2014 Sonderurlaub gehabt habe, der dann auf ihren Antrag nochmals bis zum 31. August 2015 verlängert worden sei. Die Klägerin habe daher im Jahr 2014 ihren Urlaub noch realisieren können. Sämtliche Urlaubsansprüche seien für 2013 spätestens am 31. Mai 2014 und für 2014 am 31. Mai 2015 verfallen. Für 2015 sei die Berechnung des Arbeitsgerichts zutreffend; der entstandene Urlaub im Umfang von 23 Tagen sei von ihr unstreitig erfüllt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Parteien wird ergänzend auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze der Parteien, die - soweit entscheidungserheblich - Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig und teilweise begründet.
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I.
Sie ist nach §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und 2 Buchstabe b ArbGG statthaft sowie form- und fristgerecht im Sinne der §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 Satz 1, 2 und 5 ArbGG i. V. m. §§ 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO eingelegt und begründet worden.
II.
Die Berufung ist auch teilweise begründet. Denn die die Klage ist zulässig und teilweise begründet. Der auf Gewährung von jeweils 51 Tagen Urlaub aus den Jahren 2013, 2014 und 2015 gerichtete Leistungsantrag ist zulässig. Der Antrag ist hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Klagen, mit denen der Arbeitgeber zur Gewährung einer bestimmten Anzahl von Urlaubstagen ab einem in der Zukunft liegenden, nicht näher genannten Zeitpunkt verurteilt werden soll, sind zulässig (BAG, Urteile vom 18. März 2014 - 9 AZR 877/13 - juris und - 9 AZR 669/12 - AP Nr. 72 zu § 7 BUrlG; Gallner in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 17. Auflage 2017, § 7 BUrlG Rn. 31). Die Klägerin kann von der Beklagten Ersatzurlaub für das Jahr 2014 im Umfang von 20 Urlaubstagen verlangen. Im weitergehenden Umfang ist die Klage unbegründet.
1.
Für das Jahr 2013 steht der Klägerin kein Anspruch auf Ersatzurlaub zu. Dabei kann für die Entscheidung dahinstehen, in welchem Umfang der Urlaub für das Jahr 2013 entstanden ist. Denn ein etwaig nicht erfüllter Urlaubsanspruch der Klägerin wäre auch dann spätestens am 31. März 2015 und damit vor Eintritt eines Verzuges der Beklagten verfallen, wenn man aus europarechtlichen Gründen die Grundsätze über die Übertragbarkeit des Urlaubs bei langandauernder Arbeitsunfähigkeit auch auf Fälle des Ruhens des Arbeitsverhältnisses wegen Sonderurlaubs anwendet.
a)
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Ein Anspruch auf Ersatzurlaub nach §§ 275 Abs. 1 und 4, 289 Abs. 1 und 3, 283 Satz 1, 286 Abs. 1, 287 Satz 2, 249 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass die Ablehnung des Urlaubswunsches zu Unrecht erfolgte, weil im Zeitpunkt der Geltendmachung noch ein Urlaubsanspruch bestand und sich der Arbeitgeber deshalb im Verzug mit der Urlaubsgewährung befindet. Die Klägerin hat erstmals nach Rückkehr aus ihrem Erholungsurlaub, also nach dem 1. September 2015 mit der beklagten Gespräche über ihren Urlaub geführt und dann mit dem Schreiben ihres jetzigen Prozessbevollmächtigen vom 12. November 2015 Urlaub aus dem Jahr 2013 geltend gemacht. Selbst wenn eine Geltendmachung zu Gunsten der Klägerin bereits am 1. September 2015 angenommen würde, begründet dies keinen Verzug der Beklagten mit der Gewährung des Urlaubs aus dem Jahr 2013, weil ein Urlaubsanspruch zu diesem Zeitpunkt nicht mehr bestand. Er war bereits zuvor, nämlich spätestens am 31. März 2015 verfallen. Er war somit schon verfallen, bevor Verzug hätte eintreten können. Daher liegen die Voraussetzungen, unter denen ein Arbeitgeber, der sich im Verzug mit der Urlaubsgewährung befindet, dem Arbeitnehmer Schadensersatz in Form von Ersatzurlaub zu leisten hat, nicht vor (BAG, Urteil vom 14. Februar 2017 - 9 AZR 386/16 - DB 2017, 975).
b)
Mangels abweichender arbeits- oder tarifvertraglicher Regelungen ist der Anspruch des Arbeitnehmers auf Erholungsurlaub befristet. Sofern kein Übertragungsgrund nach § 7 Abs. 3 BUrlG gegeben ist, verfällt der am Ende des Urlaubsjahres nicht genommene Urlaub. Dies gilt jedenfalls in den Fällen, in denen der Arbeitnehmer nicht aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen an der Urlaubsnahme gehindert ist. Die tarifvertragliche Regelung des § 26 Abs. 2 Buchstabe a TVöD enthält zwar eine von § 7 Abs. 3 BUrlG abweichende Regelung (BAG, Urteil vom 22. Mai 2012 - 9 AZR 575/10 - AP Nr. 3 zu § 26 TVöD = NZA-RR 2013, 48), regelt aber gleichwohl den Verfall von Urlaub spätestens am 31. Mai des Folgejahres. Nimmt man - wie die Klägerin - an, dass auch im Falle des Sonderurlaubs diese Verfallsfristen nicht anwendbar sind, weil während des Sonderurlaubs kein bezahlter Urlaub genommen werden kann (BAG, Urteil vom 18. März 2014 - 9 AZR 669/12 - AP Nr. 72 zu § 7 BUrlG) und das Erlöschen des in Art 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG (Arbeitszeitrichtlinie) garantierte Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub europarechtswidrig ist, folgt daraus aber nicht, dass er unbefristet übertragen würde. Der EuGH hat festgestellt, dass Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie grundsätzlich einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, die für den Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub Regelungen vorsieht, die sogar zum Verlust dieses Anspruchs am Ende eines Bezugszeitraums oder eines Übertragungszeitraums führen können. Allerdings hat er die Voraussetzung aufgestellt, dass
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der Arbeitnehmer, dessen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub erloschen ist, tatsächlich die Möglichkeit gehabt haben muss, den ihm mit der Richtlinie verliehenen Anspruch auszuüben (EuGH, Urteil vom 20. Januar 2009 - C-350/06 und C-520/06 - [Schultz-Hoff] Slg. 2009, I-179). Der EuGH hat später ergänzend festgestellt, dass ein Recht auf ein unbegrenztes Ansammeln von Ansprüchen auf bezahlten Jahresurlaub aus mehreren Bezugszeiträumen, die während eines solchen Zeitraums der Arbeitsunfähigkeit erworben wurden, nicht mehr dem Zweck des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub entsprechen würde (EuGH, Urteil vom 22. November 2011 - C-214/10 - [KHS] - AP Nr. 6 zu Richtlinie 2003/88/EG). Der Anspruch eines während mehrerer Bezugszeiträume in Folge arbeitsunfähigen Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub könne den Zweckbestimmungen des Urlaubs nur insoweit entsprechen, als der Übertrag eine gewisse zeitliche Grenze nicht überschreite. Das nationale Recht könne daher Übertragungszeiträume vorsehen, an deren Ende auch bei fortbestehender Arbeitsunfähigkeit der Urlaubsanspruch entfalle. Ein solcher Übertragungszeitraum müsse die Dauer des Bezugszeitraums, für den er gewährt werde, deutlich überschreiten (EuGH, Urteil vom 22. November 2011 - C-214/10 - [KHS], a. a. O.). Diesem Fall lag eine tarifliche Regelung mit einem Übertragungszeitraum von 15 Monaten zugrunde. Soweit die Klägerin meint, eine solche Frist sei vorliegend nicht einschlägig und deshalb gölten die allgemeinen Verjährungsregelungen, übersieht sie, dass das Bundesarbeitsgericht aufgrund der Rechtsprechung des EuGH und der der Vorgaben des Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG seitdem § 7 Abs. 3 BUrlG unionsrechtskonform dahin gehend auslegt, dass der gesetzliche Mindesturlaub nicht vor Ablauf von 15 Monaten nach dem Ende des Urlaubsjahres erlischt, wenn der Arbeitnehmer bis zum Ende des Urlaubsjahres aus nicht von ihm zu vertretenden Gründen an der Urlaubsnahme gehindert war (BAG, Urteil vom 7. August 2012 - 9 AZR 353/10 - BAGE 142, 371 = AP Nr. 61 zu § 7 BUrlG = NZA 2012, 1216). Der aus dem Jahr 2013 stammende Urlaub hätte unbeschadet des Umstands, dass der Übertragungszeitraum grundsätzlich am 31. März 2014 bzw. 31. Mai 2014 endete (§ 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG, § 26 Abs. 2 Buchstabe a TVöD), bei Anwendung der für langandauernden Erkrankung entwickelten Grundsätze fortbestanden, ist aber mit Ablauf des 31. März des zweiten Folgejahres am 31. März 2015 erloschen.
2.
Für das Kalenderjahr 2014 steht der Klägerin hingegen noch ein Anspruch auf 20 Tage Ersatzurlaub zu. Dieser Ersatzurlaubsanspruch von 20 Tagen für das Urlaubsjahr 2014 folgt aus §§ 275 Abs. 1 und Abs. 4, 280 Abs. 1 und Abs. 3, 283 Satz 1, 286 Abs. 1, 287 Satz 2,
- 9 -
249 Abs. 1 BGB. Die Klägerin hat - spätestens - mit Schreiben vom 12. November 2015 die Gewährung von 30 Urlaubstagen aus dem Jahr 2014 verlangt. Diesen Urlaub hat die Beklagte abgelehnt. Die Ablehnung erfolgte im Umfang von 20 Tagen zu Unrecht. Diese Urlaubstage sind zwar mittlerweile nach § 26 Abs. 2 TVöD i. V. m. § 7 Abs. 3 BUrlG untergegangen. Nachdem jedoch die Beklagte den Anspruch der Klägerin zu Unrecht abgelehnt hat, steht der Klägerin gemäß ein Schadensersatzanspruch in Umfang von 20 Urlaubstagen zu. Die Beklagte befand sich im Zeitpunkt des Untergangs des Urlaubsanspruchs mit der Gewährung des Urlaubs in Verzug. Hat der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer rechtzeitig beantragten Urlaub nicht gewährt, wandelt sich der im Verzugszeitraum verfallene Urlaubsanspruch in einen auf Gewährung von Ersatzurlaub als Naturalrestitution gerichteten Schadensersatzanspruch um (BAG, Urteil vom 03. Juni 2014 - 9 AZR 944/12 - NZA 2015, 123).
a)
Die Klägerin hatte im Jahr 2014 den vollen Urlaubsanspruch für 2014 im Umfang von 30 Tagen erworben. Zu Beginn des Urlaubsjahres 2014 hatte die Klägerin die sechsmonatige Wartezeit gemäß § 26 Abs. 2 des zwischenzeitlich als Nachfolger des BAT anwendbar gewordenen TVöD (BAG, Beschluss vom 22. April 2009 - 4 ABR 14/098 - BAGE 130, 286 = NZA 2009, 1286) in Verbindung mit § 4 BUrlG bereits erfüllt. Der Urlaubsanspruch war somit zu Beginn des Urlaubsjahres 2014 in voller Höhe entstanden. Die Arbeitszeit war nicht mehr reduziert - die Reduzierung war bis zum 31. Dezember 2013 befristet -, so dass grundsätzlich ein Urlaubsanspruch von 30 Tagen entstanden war. Der Urlaubsanspruch betrug aufgrund der unstreitigen Verteilung der Arbeitszeit auf fünf Tage pro Woche zu Beginn des Jahres 2014 unter Berücksichtigung von § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD 30 Tage. Die Arbeitszeitverteilung auf 5 Wochentage bestand fort. Der Urlaubsanspruch entstand auch trotz des bestehenden Sonderurlaubs. Für die Entstehung des Urlaubsanspruchs ist allein das Bestehen des Arbeitsverhältnisses Voraussetzung. Auf die Erbringung von Arbeitsleistungen kommt es dafür nicht an. Auch ein Ruhen des Arbeitsverhältnisses ändert daran nichts (BAG, Urteil vom 6. Mai 2014 - 9 AZR 678/12 - BAGE 148, 115 = AP Nr. 24 zu § 1 BUrlG = NZA 2014, 959).
b)
Aufgrund des von der Klägerin beantragten und von der Beklagten gewährten Sonderurlaubs ruhte das Arbeitsverhältnis, weil die wechselseitigen Hauptleistungspflichten suspendiert sind (BAG, Urteil vom 9. August 1995 - 10 AZR 944/94 - juris). Der Urlaubsanspruch war
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daher gemäß § 26 Abs. 2 Buchstabe c TVöD anteilig für jeden Monat um 1/12 zu kürzen. Wegen der Unabdingbarkeit des gesetzlichen Mindesturlaubsanspruchs (§ 13 BUrlG) wirkt sich die die Kürzungsregelung nur auf den über den gesetzlichen Urlaubsanspruch hinausgehenden tariflichen Urlaubsanspruch aus (BAG, Urteil vom 6. Mai 2014 - 9 AZR 678/12 - BAGE 148, 115 = AP Nr. 24 zu § 1 BUrlG = NZA 2014, 959). Sie ist daher nicht insgesamt, sondern nur insoweit unwirksam, als sie den gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch betrifft. Entgegen der Ansicht der Klägerin kann - auch wenn der TVöD insoweit nicht ausdrücklich unterscheidet - zwischen gesetzlichen Urlaub und tariflichem Mehrurlaub unterschieden werden. Denn der TVöD trifft in seinem § 26 vom Bundesurlaubsgesetz abweichende, eigenständige Regelungen getroffen und geht mit dem Urlaubsanspruch von 30 Tagen bezogen auf eine fünf-Tage-Woche über den gesetzlichen Mindesturlaub von 20 Tagen in der fünf-Tage-Woche hinaus. Der tarifliche Mehrurlaub ist als Teil der einheitlich geregelten Gesamturlaubsdauer abtrennbar (BAG, Urteil vom 22. Mai 2012 - 9 AZR 618/10 - BAGE 141, 374 = AP Nr. 59 zu § 7 BUrlG = NZA 2012, 987; Urteil vom 12. April 2011 - 9 AZR 80/10 - BAGE 137, 328 = AP Nr. 50 zu § 7 BUrlG = NZA 2011, 1050). Die Kürzungsregelung in § 26 Abs. 2 Buchstabe c TVöD gilt deshalb nur für den tariflichen Mehrurlaub und erfasst den gesetzlichen Mindesturlaub nicht. Die Tarifvertragsparteien sind bei der Regelung tariflichen Mehrurlaubs nicht durch europarechtliche Vorgaben gebunden; sie können diesen frei regeln. Daher war der tarifliche Mehrurlaub gemäß § 26 Abs. 2 Buchstabe c TVöD für jeden Monat um 1/12, mithin im Jahr 2014 in vollem Umfang von 10 Tagen zu kürzen. Der verbleibende gesetzliche Urlaubsanspruch betrug aufgrund der unstreitigen Verteilung der Arbeitszeit auf 5 Tage pro Woche unter Berücksichtigung von § 3 Abs. 1 BUrlG 20 Tage.
c)
Dieser entstandene Mindesturlaubsanspruch ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht gemäß § 26 Abs. 2 Buchstabe a TVöD am 31. März 2015 oder dem 31. Mai 2015 erloschen.
aa)
Zwar ist danach der Erholungsurlaub im Falle der Übertragung in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres und, wenn er aus betrieblichen/dienstlichen Gründen nicht bis zum 31. März angetreten werden kann, bis zum 31. Mai anzutreten.
bb)
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Allerdings beeinträchtigen Regelungen, die das Erlöschen des in Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88 garantierten Anspruchs des Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub vorsehen, das jedem Arbeitnehmer durch Art. 7 der genannten Richtlinie unmittelbar gewährte soziale Recht, den ihm durch diese Richtlinie gewährten Anspruch auszuüben wenn der Arbeitnehmer tatsächlich nicht die Möglichkeit hatte, (EuGH, Urteil vom 20. Januar 2009 - C-350/06 und C-520/06 [Schultz-Hoff], Slg. 2009, I-179). Sie sind dann auf den gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch aus unionsrechtlichen Gründen nicht anzuwenden (BAG, Urteil vom 07. August 2012 - 9 AZR 353/10 - BAGE 142, 371 = AP Nr. 61 zu § 7 BUrlG = NZA 2012, 1216; BAG, Urteil vom 22. Mai 2012 - 9 AZR 618/10 - BAGE 141, 374 = AP Nr. 59 zu § 7 BUrlG = NZA 2012, 987). Vielmehr tritt an ihre Stelle in diesem Falle § 7 Abs. 3 BUrlG in seiner unionsrechtskonformen Auslegung, wonach gesetzliche Urlaubsansprüche vor Ablauf eines Zeitraums von 15 Monaten nach dem Ende des Urlaubsjahres nicht erlöschen, wenn der Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen an seiner Arbeitsleistung gehindert war. Sie gehen aber spätestens mit Ablauf des 31. März des zweiten Folgejahres unter (BAG, Urteil vom 07. August 2012 - 9 AZR 353/10,- a. a. O.).
(1)
Diese Grundsätze müssen nach Ansicht der Kammer im Hinblick auf den garantierten Anspruch des Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub auch im Falle eines vereinbarten unbezahlten Sonderurlaubs gelten. Denn auch während eines Sonderurlaubs hat der Arbeitnehmer keine Möglichkeit, bezahlten Urlaub zu nehmen, weil sein Arbeitsverhältnis wegen des Sonderurlaubs ruht und daher keine Arbeitspflicht besteht. Urlaub als Freistellungserklärung des Arbeitgebers kann nur gewährt werden, soweit für den Freistellungszeitraum eine Arbeitspflicht des Arbeitnehmers besteht (BAG, Urteil vom 18. März 2014 - 9 AZR 669/12 - AP Nr. 72 zu § 7 BUrlG).
(2)
Dem steht nicht entgegen, dass der Sonderurlaub aufgrund eines Antrags der Klägerin bewilligt wurde und auf vertraglicher Vereinbarung beruht. Soweit die Beklagte meint, im Falle eines vereinbarten Sonderurlaubs verfalle der Urlaub am Ende des Kalenderjahres und es komme nicht zu einer Verlängerung des Übertragungszeitraums, weil der Hinderungsgrund wegen der vertraglichen Vereinbarung nicht unabhängig vom Willen der Klägerin eingetreten ist (so Schönhoft/Oelze, NZA 2016, 868 [871]; ähnlich Burger, Tarifverträge für den öffentlichen Dienst, 3. Auflage 2015, § 26 TVöD Rn. 26 ), überzeugt dies nicht. Dieser Umstand erfordert keine abweichende Beurteilung, weil sowohl der
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Umfang des Mindesturlaubs als auch die Definition des Geltungsbereichs des Bundesurlaubsgesetzes nach § 13 Abs. 1 BurlG der Disposition der Arbeitsvertragsparteien entzogen sind (BAG, Urteil vom 6. Mai 2014 - 9 AZR 678/12 - BAGE 148, 115 = AP Nr. 24 zu § 1 BUrlG = NZA 2014, 959; BAG, Urteil vom 7. August 2012 - 9 AZR 353/10 - BAGE 142, 371 = AP Nr. 61 zu § 7 BUrlG = NZA 2012, 1216). Nähme man an, die Übertragungsregelungen fänden im wegen Sonderurlaubs ruhendem Arbeitsverhältnis keine Anwendung, wären Arbeitnehmer, die sich im Sonderurlaub befinden, während des Ruhens des Arbeitsverhältnisses im Ergebnis aus dem Anwendungsbereich des BUrlG ausgenommen. Dies lässt § 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlG nicht zu. Im Übrigen lässt sich auch mit der Prämisse, dass der Urlaub nur dann nicht verfällt, wenn der Arbeitnehmer aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen an der Urlaubsaufnahme gehindert wurde, nicht ableiten, dass etwas anders gilt, wenn der Arbeitnehmer aus von ihm mit zu vertretenen Gründen an der Urlaubsaufnahme gehindert war. Unabhängig vom Beitrag des Arbeitgebers ist nicht ersichtlich, dass der Arbeitnehmer den Grund für das Urlaubshindernis zu vertreten hätte. Im Hinblick auf die Berechnung des Urlaubsentgelts nach § 11 BUrlG hat das Bundesarbeitsgericht einen vereinbarten Sonderurlaub als unverschuldete Arbeitsversäumnis des Arbeitnehmers, also als nicht von ihm zu vertretenen Umstand, angesehen (BAG, Urteil vom 21. Mai 1970 - 5 AZR 421/69 - AP Nr. 1 zu § 11 BUrlG).
(3)
Auch der Einwand der Beklagten, die Klägerin habe ihren Urlaub vor der Verlängerung des Sonderurlaubs realisieren können, führt zu keinem anderen Ergebnis. Zum einen ist nicht ersichtlich, dass nach Ablauf der ersten Befristung ein etwaiger Urlaubswunsch der Klägerin von der Beklagten freiwillig erfüllt worden wäre. Denn die Beklagte hat ursprünglich nach der Geltendmachung der Urlaubsansprüche für Zeiten des Sonderurlaubs nach dem insoweit nicht bestrittenen Vortrag der Klägerin die Entstehung von Urlaubsansprüchen während des Sonderurlaubs in Abrede gestellt und sich später auf den Verfall etwaiger Urlaubsansprüche zum 31. März bzw. 31. Mai des Folgejahres berufen. Im Übrigen besteht keine Pflicht, vor einer Veränderung der Arbeitszeit und deren Verteilung auf die Wochentage zunächst seinen „Urlaub zu nehmen“ (BAG, Urteil vom 10. Februar 2015 - 9 AZR 53/14 (F) - BAGE 150, 345 = AP Nr. 6 zu § 26 TVöD = NZA 2015, 1005). Gleiches gilt nach Auffassung der Kammer auch vor einer Verlängerung des Sonderurlaubs.
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(4)
Vorliegend konnte die Klägerin Mindesturlaub des Jahres 2014 von 20 Arbeitstagen bis zum Ende ihres Sonderurlaubs am 31. August 2015 nicht nehmen. Der nach § 26 Abs. 2 Buchstabe a TVöD i. V. m. § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG aufgrund auf die ersten drei Monate des Jahres 2015 übertragene Urlaubsanspruch konnte daher von der Klägerin wegen des Ruhens des Arbeitsverhältnisses der Parteien auch nicht bis zum 31. März 2015 genommen werden. Ginge man davon aus, dass das Ruhen des Arbeitsverhältnisses einen betrieblichen oder dienstlichen Grund i. S. d. § 26 Abs. 2 a) TVöD darstellt, so wäre zwar eine weitere Übertragung des Urlaubsanspruches aus 2014 in den Zeitraum bis zum 31. Mai 2015 anzunehmen, aber auch in diesem Zeitraum ruhte das Arbeitsverhältnis. Weil die Klägerin weder bis zum 31. März 2015 noch bis zum 31. Mai 2015 aufgrund des Ruhens ihres Arbeitsverhältnisses die Möglichkeit hatte, den durch Art. 7 der Richtlinie 2003/88 garantierten Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub zu verwirklichen, konnte der Ablauf der in § 26 Abs. 2 Buchstabe a TV-L vorgesehenen Übertragungszeiträume nicht zum Erlöschen dieses Anspruches führen. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts führt die fortdauernde Arbeitsunfähigkeit zur weiteren automatischen Übertragung des gesetzlichen Mindesturlaubs und hindert so dessen Verfall (BAG, Urteil vom 4. Mai 2010 - 9 AZR 183/09 - BAGE 134, 196 = AP Nr. 49 zu § 7 BUrlG = NZA 2010, 1011; BAG, Urteil vom 12. April 2011 - 9 AZR 80/10 - BAGE 137, 328 = AP Nr. 50 zu § 7 BUrlG = NZA 2011, 1050; BAG, Urteil vom 9. August 2011 - 9 AZR 425/10 - AP Nr. 52 zu § 7 BUrlG = NZA 2012, 29). Der im Vorjahr nicht erfüllbare Urlaubsanspruch wird nach § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG bei einem in der Person des Arbeitnehmers liegenden Grund automatisch übertragen. Er tritt dem am 1. Januar des Folgejahres nach § 4 BUrlG entstehenden neuen Urlaubsanspruch mit der Maßgabe hinzu, dass er nach § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG bis zum 31. März des Folgejahres gewährt und genommen werden muss. Ist ein Urlaubsanspruch bis zum Ende des Übertragungszeitraums nicht erfüllbar, kann zwar nach der - unionsrechtlich bedingten - neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts der Verfall des Urlaubsanspruchs nicht eintreten. Sowohl für den übertragenen als auch für den neu entstandenen Urlaubsteilanspruch gelten dann aber die in § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG bestimmte Bezugsdauer bis zum 31. Dezember als auch die Übertragungsregeln aus § 7 Abs. 3 Satz 2 und Satz 3 BUrlG. Die kumulierten Urlaubsansprüche werden also übertragen, so lange das Urlaubshindernis besteht. Entfällt das Urlaubshindernis im Laufe eine Kalenderjahres und kann der Urlaubsanspruch in diesem Kalenderjahr noch realisiert werden, tritt der Verfall am 31. Dezember dieses Jahres ein (BAG, Urteil vom 9. August 2011 - 9 AZR 425/10 - a. a. O.). Zum Erlöschen dieses Anspruches konnte es somit erst nach Ablauf der Frist des § 7 Abs. 3 BUrlG in seiner unionsrechtskonformen Auslegung, mithin am 31. Dezember 2015 kommen.
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Daher bestand der unionsrechtlich garantierte Mindesturlaubsanspruch auch am 12. November 2015 noch. Unter Berücksichtigung einer fünf-Tage-Woche und der in Brandenburg geltenden Feiertage wäre eine Urlaubsaufnahme hinsichtlich des Urlaubs aus dem Jahr 2014 im Jahr 2015 noch möglich gewesen. Infolge des durch die unberechtigte Ablehnung des Urlaubs eingetretenen Verzuges ist der gesetzliche Urlaubsanspruch gemäß § 26 Abs. 2 TV-L in Verbindung mit § 7 Abs. 3 BUrlG mit Ablauf des Jahres 2015, jedenfalls aber mit Ablauf des Übertragungszeitraums gemäß § 26 Abs. 2 a) TV-L erloschen.
Daher besteht für die 20 im Jahr 2014 entstandenen Urlaubstage ein Anspruch auf Ersatzurlaub.
3.
Für das Jahr 2015 ist der Urlaubsanspruch der Klägerin vollständig von der Beklagten erfüllt und damit nach § 362 Abs. 1 BGB erloschen. Aufgrund des bis zum 31. August 2015 währenden Sonderurlaubs war der tarifliche Mehrurlaub von 10 Tagen nach § 26 Abs. 2 Buchstabe c TVöD um 8/12 zu kürzen. Mit dem gesetzlichen Mindesturlaub von 20 Tagen standen der Klägerin für 2015 insgesamt 23, 34 Tage Urlaub zu, die gemäß § 26 Abs. 1 Satz 4, 2. HS TVöD auf 23 Urlaubstage abzurunden waren. In diesem Umfang wurde der Klägerin unstreitig Urlaub gewährt.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus folgt aus § 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. §§ 92 Abs. 2, 97 Abs. 1 ZPO.
IV.
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der entscheidungserheblichen Rechtsfrage zur Auswirkung des Ruhens des Arbeitsverhältnisses auf den Urlaubsanspruch gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen.
(Janzen) (Pigulla) (Steger)
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