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BAG, Urteil vom 27.11.2008, 2 AZR 98/07
Schlagworte: | Verdachtskündigung, Personalratsbeteiligung | |
Gericht: | Bundesarbeitsgericht | |
Aktenzeichen: | 2 AZR 98/07 | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 27.11.2008 | |
Leitsätze: | ||
Vorinstanzen: | Arbeitsgericht Brandenburg an der Havel, Urteil vom 20.04.2005, 4 Ca 891/04 Landesarbeitsgericht Brandenburg, Urteil vom 04.06.2006, 9 Sa 446/05 |
|
BUNDESARBEITSGERICHT
2 AZR 98/07
9 Sa 446/05
Landesarbeitsgericht
Brandenburg
Im Namen des Volkes!
Verkündet am
27. November 2008
URTEIL
Schmidt, Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
In Sachen
Kläger, Berufungskläger und Revisionskläger,
pp.
beklagtes, berufungsbeklagtes und revisionsbeklagtes Land,
hat der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 27. November 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Prof. Dr. Rost, den Richter am Bundesarbeitsgericht Schmitz-Scholemann, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Berger sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Bartz und Schierle für Recht erkannt:
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Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Brandenburg vom 4. Mai 2006 - 9 Sa 446/05 - aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten nur noch über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung und einen Auflösungsantrag des beklagten Landes.
Der, ledige Kläger war seit 2002 bei dem beklagten Land als angestellte Lehrkraft beschäftigt. Ab dem Schuljahr 2003/2004 war er am Oberstufenzentrum (OSZ) eingesetzt. Die dort unterrichteten Schüler gehören zum Kreis sog. „benachteiligter Jugendlicher“ und werden in Bildungsgängen der Berufsvorbereitung bzw. für behinderte Jugendliche auf die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit vorbereitet.
Am 4. März 2004 berichtete eine Mitarbeiterin des Jugendausbildungswerks (JAW) dem für den Kläger zuständigen Abteilungsleiter, der Kläger gebe Jugendlichen alkoholische Getränke aus, lasse Jugendliche ohne Fahrerlaubnis mit seinem Auto fahren, habe einem minderjährigen Mädchen mit den Worten „wie wär´s denn mit einem flotten Dreier?“ ein unmissverständliches sexuelles Angebot gemacht und reiche pornografische Fotos an Jugendliche weiter. Aufgrund dieser Mitteilungen sowie eines Beschwerdebriefs der Mutter eines Schülers über aufdringliches Verhalten des Klägers gegenüber ihrem Sohn führte das beklagte Land Befragungen von Schülern sowie einzelner Eltern durch. Ausweislich des Inhalts hierüber erstellter Gesprächsprotokolle gaben einzelne der Befragten an, der Kläger habe im Beisein minderjähriger Schüler
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sexuelle Handlungen an sich vorgenommen und sexuell anzügliche Bemerkungen gegenüber Schülerinnen gemacht, insbesondere gegenüber der Schülerin N geäußert, „er würde es gern mit der Schülerin E ‚französisch’ machen“. Ferner teilten einzelne Schüler mit, der Kläger habe Jugendlichen Alkohol angeboten, insbesondere minderjährigen Schülern im Alter von 16 und 17 Jahren am 5. März 2004 in der Diskothek, alkoholische Mixgetränke - ua. „Cola-Whisky“, „Wodka-Lemon“, sowie „Bier bis harte Getränke“ - ausgegeben sowie Jugendlichen mit seinem Pkw das Fahren ohne Fahrerlaubnis ermöglicht.
Der Kläger, dem mit Schreiben vom 2. April 2004 Gelegenheit gegeben worden war, sich zu den Behauptungen der Schüler zu äußern, wies nach Einsichtnahme in die Gesprächsprotokolle mit Schreiben vom 6. April 2004 die „nach bisher gewährter Akteneinsicht bekannt gewordenen Vorwürfe“ zurück. Weiter erklärte er sich, auch nach erneuter Aufforderung vom 20. April 2004, nicht. Ihm mitgeteilte Termine zu einer mündlichen Anhörung nahm er nicht wahr.
Mit Schreiben vom 28. April 2004 beteiligte das beklagte Land den beim Staatlichen Schulamt gebildeten Personalrat und erbat die „Äußerung des Personalrats“ zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung und Zustimmung zur beabsichtigten hilfsweisen ordentlichen Kündigung des Klägers. In dem Anschreiben, dem als Anlage die erstellten Gesprächsprotokolle, der diesbezügliche Schriftverkehr mit dem Kläger und eine Zusammenstellung von Rechtsvorschriften beigefügt waren, heißt es ua. wie folgt:
„...
Aufgrund dieser Befragungen hat sich der Verdacht eines Fehlverhaltens des Herrn L verstärkt. Insbesondere haben sich Anhaltspunkte dafür ergeben, dass Herr L
- sexuelle Handlungen vor den Augen von Schülern vorgenommen hat,
- jugendgefährdende Schriften verteilt hat,
- minderjährige Schüler zum Genuss alkoholischer Getränke aufgefordert hat,
- sich mit minderjährigen Schülern ohne Begleitung von Personensorgeberechtigten nach 24 Uhr in Gaststätten aufgehalten und
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- minderjährige Schüler ohne Fahrerlaubnis sein Fahrzeug führen ließ.
Auf Grund der o. a. Vorwürfe sollte Herr L im staatlichen Schulamt bereits mehrfach angehört werden, erschien aber bisher nicht:
...
Bewertung des Sachverhaltes:
...“
Der Personalrat hörte den Kläger persönlich an und stimmte am 6. Mai 2004 den beabsichtigten Kündigungen zu. Mit Schreiben vom 11. Mai 2004 kündigte das beklagte Land das Arbeitsverhältnis außerordentlich, hilfsweise ordentlich zum 30. Juni 2004.
Ein gegen den Kläger eingeleitetes Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Potsdam wegen des Verdachts exhibitionistischer Handlungen wurde im Februar 2005 gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Danach hat das beklagte Land den Kündigungsvorwurf bezüglich „sexueller Handlungen an sich im Beisein von Schülern“ unter Einbeziehung eines dahingehenden Verdachts fallen lassen.
Der Kläger hat mit seiner fristgerecht erhobenen Kündigungsschutzklage geltend gemacht, die verbliebenen Vorwürfe seien unbegründet. Er habe lediglich bei einem zufälligen Zusammentreffen anlässlich eines Diskothekenbesuchs am 5. März 2004 dem Schüler S ein Bier ausgegeben, ohne zu diesem Zeitpunkt zu wissen, dass dieser minderjährig gewesen sei. Darin liege keine Pflichtverletzung. Zu keiner Zeit habe er wegen außerschulischer Kontakte zu Schülern im Kollegenkreis oder seitens des Schulrats Kritik erfahren. Jedenfalls sei vorrangig eine Versetzung vorzunehmen gewesen. Darüber hinaus fehle es an einer ordnungsgemäßen Beteiligung des Personalrats. Der angerufene Personalrat sei unzuständig. Hinsichtlich der Sozialdaten sei die Unterrichtung unvollständig. Das beklagte Land habe den Personalrat ua. durch die Nennung nicht einschlägiger Gesetzesvorschriften unzulässig beeinflusst. Es fehle zudem an einem unvoreingenommenen Mitbestimmungsverfahren, da die Sekretärin des Schulrats auch für den Personalrat tätig geworden sei.
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Jedenfalls könne, nachdem das beklagte Land wesentliche Kündigungsvorwürfe fallen gelassen habe, nicht mehr von einer ordnungsgemäßen Personalratsbeteiligung ausgegangen werden.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 11. Mai 2004 weder fristlos noch fristgemäß aufgelöst worden ist.
Das beklagte Land hat Klageabweisung und - erstmals zweitinstanzlich - hilfsweise beantragt,
das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, die aber 3.000,00 Euro nicht übersteigen sollte, aufzulösen.
Das beklagte Land hat geltend gemacht, die Kündigung sei als Verdachtskündigung, hilfsweise auch als Tatkündigung wirksam. Aufgrund der vor der Kündigung durchgeführten Befragungen habe sich der Verdacht schwerwiegender Verfehlungen des Klägers ergeben. Dies betreffe ua. die noch verbliebenen Vorwürfe wie das Animieren zum Trinken von Alkohol, das Gestatten des Fahrens ohne Fahrerlaubnis sowie anzügliche Äußerungen gegenüber der Schülerin N. Die Pflichtverletzungen wögen umso schwerer, als es sich bei den Schülern um Jugendliche handele, die teilweise ohnehin starke Defizite, beispielsweise in ihrer Fachkompetenz, Sozialkompetenz und im Lernwillen aufwiesen. Eine Abmahnung sei entbehrlich gewesen. Aufgrund der zur Kündigung führenden Umstände und einer anzunehmenden Zeugenbeeinflussung im Verlauf des Rechtsstreits sei das Vertrauensverhältnis zum Kläger zerstört, was jedenfalls die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung rechtfertige.
Der Kläger hat beantragt, den Auflösungsantrag zurückzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage - nach Beweisaufnahme - hinsichtlich der fristlosen Kündigung stattgegeben, bezüglich der ordentlichen Kündigung hat es sie abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen nur von
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dem Kläger eingelegte Berufung - nach weiterer Beweisaufnahme - zurückgewiesen. Mit der vom Bundesarbeitsgericht (- 3 AZN 660/06 -) zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Kündigungsschutzklage betreffend die ordentliche Kündigung weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers hat Erfolg. Es steht noch nicht fest, ob die vom beklagten Land erklärte ordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis wirksam aufgelöst hat.
A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die ordentliche Kündigung sei sozial gerechtfertigt. Die Voraussetzungen einer Verdachtskündigung lägen vor. Aufgrund der durchgeführten Befragungen habe sich der begründete Verdacht ergeben, dass der Kläger minderjährigen Schülern den Konsum alkoholischer Getränke ermöglicht habe, insbesondere am 5. März 2004 eigenen Schülern Getränke ausgegeben habe, die hochprozentige Alkoholika wie Whisky und Wodka enthielten. Der durch die Beweisaufnahme nicht entkräftete Verdacht berühre, ungeachtet dessen, dass es sich um ein außerdienstliches Verhalten gehandelt habe, den Kern der arbeitsvertraglichen Pflichtenstellung des Klägers. Das dem Kläger vorgeworfene Verhalten begründe durchgreifende Zweifel an seinem pädagogischen Verantwortungsbewusstsein. Einer Abmahnung habe es nicht bedurft. Die Interessenabwägung falle zu Lasten des Klägers aus. Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass das in Rede stehende Verhalten Jugendliche betreffe, die einer besonders intensiven Betreuung durch verantwortungsvolle Pädagogen bedürften. Der Personalrat sei unter Berücksichtigung der bei Einleitung des Verfahrens bestehenden Verdachtsmomente ordnungsgemäß beteiligt worden. Unerheblich sei, dass das beklagte Land den Vorwurf sexueller Verfehlungen fallen gelassen habe.
B. Dem stimmt der Senat nur in einem Teil der Begründung zu.
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I. Die von Amts wegen zu beachtenden Prozessfortsetzungsvoraussetzungen liegen vor. Das Landesarbeitsgericht hat - ohne dies näher zu vertiefen - die Berufung des Klägers für zulässig erachtet. Dies ist nicht zu beanstanden. Das beklagte Land erhebt insoweit in der Revision auch keine Einwände mehr.
II. Die Begründung, mit der das Landesarbeitsgericht die Kündigung vom 10. Mai 2004 für wirksam erachtet hat, hält der Überprüfung an § 1 Abs. 2 KSchG nicht stand. Die tatrichterliche Würdigung des festgestellten Kündigungssachverhalts wird den strengen, an eine Verdachtskündigung zu stellenden Maßstäben nicht gerecht. Das Landesarbeitsgericht hat nicht berücksichtigt, dass sich das dem Verdacht zugrundeliegende Fehlverhalten des Klägers auf eine erhebliche Verfehlung des Arbeitnehmers - strafbare Handlung oder schwerwiegende Vertragsverletzung - beziehen muss. Ob das beklagte Land hinreichende Umstände dargetan hat, die den dringenden Verdacht eines entsprechenden Fehlverhaltens des Klägers begründen können, kann der Senat mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht abschließend beurteilen. Da der Wirksamkeit der Kündigung keine sonstigen Gründe entgegenstehen, ist der Rechtsstreit zur weiteren Aufklärung und Würdigung der vom beklagten Land zur Rechtfertigung der Kündigung vorgetragenen Umstände an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
1. Die Anwendung des § 1 Abs. 2 KSchG ist in der Revision nur beschränkt nachprüfbar. Bei der Frage der Sozialwidrigkeit handelt es sich um die Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs, die vom Revisionsgericht nur darauf überprüft werden kann, ob das Landesarbeitsgericht in dem angefochtenen Urteil den Rechtsbegriff selbst verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnormen des § 1 KSchG Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat, ob es bei der gebotenen Interessenabwägung, bei der dem Tatsachenrichter ein Beurteilungsspielraum zusteht, alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat und ob das Urteil in sich widerspruchsfrei ist (vgl. etwa Senat 24. Juni 2004 - 2 AZR 63/03 - AP KSchG
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1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 49 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 65). Diesem Überprüfungsmaßstab wird das Berufungsurteil nicht gerecht.
2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats kann nicht nur eine erwiesene Pflichtverletzung, sondern bereits der Verdacht einer strafbaren Handlung mit Bezug zum Arbeitsverhältnis oder einer erheblichen Vertragsverletzung geeignet sein, eine ordentliche Kündigung nach § 1 Abs. 2 KSchG sozial zu rechtfertigen (vgl. 10. Februar 2005 - 2 AZR 189/04 - AP KSchG 1969 § 1 Nr. 79 = EzA KSchG § 1 Verdachtskündigung Nr. 3; 3. Juli 2003 - 2 AZR 437/02 - AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 38 = EzA KSchG § 1 Verdachtskündigung Nr. 2). Der Verdacht einer derartigen Handlung stellt gegenüber dem Tatvorwurf einen eigenständigen Kündigungsgrund dar. Eine Verdachtskündigung kommt aber nur in Betracht, wenn dringende, auf objektiven Tatsachen beruhende schwerwiegende Verdachtsmomente vorliegen und diese geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen bei einem verständigen und gerecht abwägenden Arbeitgeber zu zerstören und der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen hat, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat (st. Rspr., etwa Senat 29. November 2007 - 2 AZR 724/06 - AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 5; 6. November 2003 - 2 AZR 631/02 - AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 39 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 2, jeweils mwN).
3. Bezieht sich der Verdacht auf ein außerdienstliches Verhalten des Arbeitnehmers, ist dies selbst bei strafbaren Handlungen nicht stets kündigungsrelevant. Vielmehr muss das dem Verdacht zugrundeliegende Fehlverhalten einen Bezug zum Arbeitsverhältnis und dessen Vertrauensgrundlage haben (Senat 6. November 2003 - 2 AZR 631/02 - AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 39 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 2; zuletzt etwa 29. November 2007 - 2 AZR 724/06 - AP BGB § 626
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Verdacht strafbarer Handlung Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 5; BAG 28. November 2007 - 5 AZR 952/06 - EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 4).
4. Die Verdachtskündigung kann grundsätzlich auch als ordentliche Kündigung erklärt werden (vgl. bspw. Senat 10. Februar 2005 - 2 AZR 189/04 - AP KSchG 1969 § 1 Nr. 79 = EzA KSchG § 1 Verdachtskündigung Nr. 3; 3. Juli 2003 - 2 AZR 437/02 - AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 38 = EzA KSchG § 1 Verdachtskündigung Nr. 2). Auch insoweit unterliegt sie aber strengen Anforderungen (v. Hoyningen-Huene/Linck KSchG 14. Aufl. § 1 Rn. 443; Löwisch/Spinner KSchG 9. Aufl. § 1 Rn. 232). Eine Verdachtskündigung kommt - schon wegen der in besonderem Maße bestehenden Gefahr, dass ein Unschuldiger getroffen wird - auch als ordentliche Kündigung nur in Betracht, wenn das Arbeitsverhältnis bereits durch den Verdacht so gravierend beeinträchtigt wird, dass dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann. Dies setzt voraus, dass nicht nur der Verdacht als solcher schwerwiegend ist. Vielmehr muss ihm ein erhebliches Fehlverhalten des Arbeitnehmers - strafbare Handlung oder schwerwiegende Pflichtverletzung (Tat) - zugrunde liegen, da nur in einem solchen Fall bereits der Verdacht geeignet sein kann, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen des Arbeitgebers unter angemessener Berücksichtigung der Interessen des Arbeitnehmers irreparabel zu zerstören (vgl. Senat 29. November 2007 - 2 AZR 724/06 - AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 5; 5. April 2001 - 2 AZR 217/00 - AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 34 = EzA BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 10; KR/Fischermeier 8. Aufl. § 626 BGB Rn. 213, 229; KR/Griebeling 8. Aufl. § 1 KSchG Rn. 393d; Löwisch/Spinner KSchG 9. Aufl. § 1 Rn. 232; Stahlhacke/Preis 9. Aufl. Rn. 760). Die Verdachtsmomente müssen daher auch im Fall einer ordentlichen Kündigung regelmäßig ein solches Gewicht erreichen, dass dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses überhaupt nicht mehr zugemutet werden kann, hierauf also grundsätzlich eine außerordentliche
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Kündigung gestützt werden könnte (v. Hoyningen-Huene/Linck aaO; Lö-wisch/Spinner aaO).
5. Von diesen Grundsätzen ausgehend ist zunächst die Würdigung des Landesarbeitsgerichts nicht zu beanstanden, das beklagte Land habe, soweit es sich im Prozess auf den Verdacht einzelner Verfehlungen des Klägers in seinem Verhalten gegenüber Schülern stützt, vor Ausspruch der Kündigung alles ihm Zumutbare zur Aufklärung des Sachverhalts getan. Das beklagte Land ist, nachdem es von nicht unmittelbar beteiligten Personen (Mitarbeitern des JAW, Eltern) auf vermeintliche Verfehlungen des Klägers im außerschulischen Umgang mit Schülern aufmerksam gemacht worden ist, diesen Behauptungen durch Befragung der betreffenden Schüler nachgegangen. Es hat dem Kläger, der unstreitig die Möglichkeit hatte, die hierüber gefertigten Protokolle einzusehen, Gelegenheit gegeben, sich sowohl schriftlich wie auch mündlich zu hieraus abgeleiteten Verdachtsmomenten zu äußern. Soweit der Kläger diese Möglichkeit nicht genutzt und keine inhaltlich relevante Stellungnahme abgegeben hat, geht dies nicht zu Lasten des beklagten Landes. Dieses war - anders als der Kläger meint - nicht gehalten, ihn mit den Belastungszeugen zu konfrontieren oder ihm Gelegenheit zu geben, an den Befragungen teilzunehmen (vgl. Senat 18. September 1997 - 2 AZR 36/97 - AP BGB § 626 Nr. 138 = EzA BGB § 626 nF Nr. 169).
6. Im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend ist ferner die Annahme des Landesarbeitsgerichts, das Verhalten einer Lehrkraft gegenüber Schülern im Freizeitbereich könne sich - ebenso wie ein dahingehender Verdacht - auch außerhalb strafrechtlich relevanter Verfehlungen belastend auf das Arbeitsverhältnis auswirken. Dabei geht es nicht allein um Fragen der Eignung der Lehrkraft. Vielmehr kommt, insbesondere soweit das Verhalten Schüler betrifft, die am Unterricht der Lehrkraft teilnehmen, auch die Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten in Betracht. Im Arbeitsverhältnis besteht, wie aus § 241 Abs. 2 BGB hervorgeht, die Verpflichtung zur Rücksichtnahme auf die gegenseitigen Interessen und zum Schutz bzw. zur Förderung des Vertragszwecks (vgl. Senat 12. Januar 2006 - 2 AZR 21/05 - AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte
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Kündigung Nr. 53 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 67). Auf dieser Grundlage hat eine Lehrkraft auch im Rahmen zufälliger Begegnungen mit Schülern in der Freizeit ihr Verhalten so einzurichten, dass die Verwirklichung eines ihr aufgrund des bestehenden Arbeitsverhältnisses zukommenden Erziehungsauftrags jedenfalls nicht ernsthaft gefährdet wird.
7. Es entspricht aber nicht den an eine Verdachtskündigung zu stellenden, strengen Anforderungen, soweit das Landesarbeitsgericht die Kündigung mit der Begründung für sozial gerechtfertigt iSd. § 1 Abs. 2 KSchG angesehen hat, der Kläger stehe in dem durch objektive Tatsachen begründeten Verdacht, am 5. März 2004 seinerzeit minderjährigen Schülern alkoholische Getränke ausgegeben zu haben. Ob der Verdacht eine erhebliche Pflichtverletzung des Klägers zum Gegenstand hat, steht noch nicht fest. Für die rechtliche Beurteilung bedeutet es einen wesentlichen Unterschied, ob der Kläger verdächtig ist, im Rahmen des sozial Üblichen einem fast 18-jährigen Schüler ein Glas Bier oä. ausgegeben zu haben - was der Kläger im Grunde sogar eingeräumt hat - oder ob er im dringenden Verdacht steht, Schüler betrunken gemacht oder sonstige unlautere Absichten verfolgt zu haben. Im einen Fall würde es sich allenfalls um eine gewisse Leichtfertigkeit handeln, im anderen aber um eine schwerwiegende Pflichtverletzung.
8. Der Senat kann nicht abschließend beurteilen, ob ein Grund zur Kündigung iSd. § 1 Abs. 2 KSchG vorliegt. Eine eigene Sachentscheidung des Senats scheidet schon deshalb aus, weil dem Landesarbeitsgericht die Würdigung, ob der mitgeteilte Kündigungssachverhalt die Kündigung sozial rechtfertigt, wegen des ihm dabei zukommenden Beurteilungsspielraums nicht entzogen werden darf (vgl. Müller-Glöge in Germelmann/Matthes/Prütting/ Müller-Glöge ArbGG 6. Aufl. § 74 Rn. 136).
a) Das beklagte Land hat sich zur Rechtfertigung der Kündigung nicht nur auf die Vorfälle vom 5. März 2004, sondern noch auf weitere Verdachtsmomente, insbesondere darauf berufen, der Kläger stehe im dringenden Verdacht, Schülern, die nicht über die erforderliche Fahrerlaubnis verfügten, gestattet zu haben, seinen Pkw zu führen und sich damit einer Straftat nach § 21
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Abs. 1 StVG schuldig gemacht bzw. sich an einer solchen beteiligt zu haben. Das Landesarbeitsgericht hat das dahingehende Vorbringen des beklagten Landes, auch soweit es bereits Gegenstand durchgeführter Beweisaufnahmen war, bisher in tatsächlicher Hinsicht nicht gewürdigt.
b) Ferner hat das Landesarbeitsgericht sich nicht mit der Behauptung auseinander gesetzt, der Kläger stehe im dringenden Verdacht, sich minder-jährigen Schülerinnen gegenüber in „sexuell anzüglicher Weise genähert“, insbesondere gegenüber der Schülerin N geäußert zu haben, „er würde es gern mit der Schülerin E ‚französisch’ machen“. Diese äußerst schwerwiegenden Vorwürfe hat das beklagte Land zu keinem Zeitpunkt zurückgenommen. Stellt das Landesarbeitsgericht fest, dass insoweit ein dringender Verdacht besteht, liegt die Annahme eines wichtigen Grundes gewiss nahe.
9. Die danach gebotene Zurückverweisung des Rechtsstreits erweist sich nicht aus anderen Gründen als entbehrlich. Das beklagte Land hat den Personalrat vor Ausspruch der Kündigung ordnungsgemäß beteiligt. Das Fallenlassen des Vorwurfs exhibitionistischer Handlungen und eines entsprechenden Verdachts als Kündigungsgrund hat auf die Wirksamkeit der Personalratsbeteiligung keinen Einfluss. Dem beklagten Land war es, anders als die Revision meint, auch nicht verwehrt, sich auf die verbliebenen Verdachtsmomente zur Rechtfertigung der Kündigung zu berufen, ohne den Personalrat erneut zu beteiligen.
a) Nach § 63 Abs. 1 Nr. 17 Personalvertretungsgesetz für das Land Brandenburg (PersVG Bbg) bestimmt der Personalrat bei einer ordentlichen Kündigung mit. Eine der Mitbestimmung des Personalrats unterliegende Maßnahme kann gemäß § 61 Abs. 1 PersVG Bbg nur mit seiner vorherigen Zustimmung getroffen werden. Nach § 61 Abs. 3 Satz 1 PersVG Bbg unterrichtet der Leiter der Dienststelle den Personalrat von der beabsichtigten Maßnahme und beantragt seine Zustimmung. Nach § 61 Abs. 3 Satz 3 PersVG Bbg ist der Beschluss des Personalrats über die beantragte Zustimmung dem Leiter der Dienststelle innerhalb von zehn Arbeitstagen mitzuteilen.
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b) Gemäß § 74 Abs. 3 Satz 1 PersVG Bbg ist die Durchführung einer Maßnahme, die ohne die gesetzlich vorgeschriebene Beteiligung oder unter Verstoß gegen die Verfahrensvorschriften erfolgt ist, unzulässig. § 108 Abs. 2 BPersVG, der unmittelbar in den Ländern anwendbar ist, bestimmt, dass eine durch den Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Beschäftigten unwirksam ist, wenn die Personalvertretung nicht beteiligt worden ist. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (zuletzt etwa 13. März 2008 - 2 AZR 88/07 - AP KSchG 1969 § 1 Nr. 87 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 73; 27. April 2006 - 2 AZR 426/05 - AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 5) und der einhelligen Auffassung in der Literatur (statt vieler: KR/Etzel 8. Aufl. §§ 72, 79, 108 Abs. 2 BPersVG Rn. 53 ff.; Benecke in Richardi/Dörner/Weber Personalvertretungsrecht 3. Aufl. § 79 Rn. 119 mwN), dass eine Kündigung nicht nur unwirksam ist, wenn der Arbeitgeber gekündigt hat, ohne den Personalrat überhaupt zu beteiligen, sondern auch dann, wenn er ihn nicht richtig beteiligt hat (Senat 13. März 2008 - 2 AZR 88/07 - aaO; 27. November 2003 - 2 AZR 654/02 - AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 136 = EzA BetrVG 2001 § 102 Nr. 6).
c) Hiervon ausgehend hat das Landesarbeitsgericht die Beteiligung des Personalrats rechtsfehlerfrei für wirksam erachtet. Das Mitbestimmungsverfahren wurde hinsichtlich der allein noch im Streit stehenden ordentlichen Kündigung ordnungsgemäß eingeleitet und durchgeführt. Der Personalrat hat die nach § 63 Abs. 1 Nr. 17 iVm. § 61 Abs. 1 PersVG Bbg erforderliche Zustimmung vor Ausspruch der Kündigung erteilt.
aa) Das beklagte Land hat den Personalrat mit dem Anhörungsschreiben vom 28. April 2004 über das Ergebnis der von ihm durchgeführten Ermittlungen umfassend unterrichtet und deutlich gemacht, dass die Kündigung wegen des Verdachts eines im Anhörungsschreiben näher dargestellten Fehlverhaltens des Klägers gegenüber Schülern erfolgen soll. Unter Berücksichtigung der dem Anhörungsschreiben beigefügten Schriftstücke, insbesondere der Protokolle über die durchgeführten Befragungen von Schülern sowie einzelner Eltern und
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des gesamten, diesbezüglich mit dem Kläger geführten Schriftverkehrs hatte das beklagte Land dem Personalrat die den Verdacht aus seiner damaligen Sicht stützenden Kündigungstatsachen umfassend mitgeteilt. Das genaue Alter des Klägers spielt insoweit ersichtlich keine Rolle.
bb) Die Unterrichtung des Personalrats ist auch nicht deshalb fehlerhaft, weil das beklagte Land noch im Anhörungsschreiben auf den Sachverhalt „Verbreitung jugendgefährdender Schriften“ abgestellt hat, ohne diesen Vorwurf später zum Gegenstand der Kündigung und des Kündigungsrechtsstreits zu machen. Zwar ist nach Sinn und Zweck des Anhörungsverfahrens eine bewusst und gewollt unrichtige oder unvollständige Mitteilung der für den Kündigungsentschluss des Arbeitgebers maßgebenden Kündigungsgründe wie eine Nichtinformation zu behandeln (st. Rspr., vgl. bspw. Senat 6. Oktober 2005 - 2 AZR 316/04 - AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 150 = EzA BetrVG 2001 § 102 Nr. 16; 13. Mai 2004 - 2 AZR 329/03 - BAGE 110, 331; 22. September 1994 - 2 AZR 31/94 - BAGE 78, 39). Von einer bewussten Falschinformation des Personalrats ist aber im Entscheidungsfall nicht auszugehen. Die Mitteilung bezog sich ersichtlich auf die Angabe einer Mitarbeiterin des JAW, der Kläger überlasse Schülern pornografische Fotos. Es handelte sich zudem um einen Gesichtspunkt, der vom Kern des im Anhörungsschreiben unter „Bewertung des Sachverhaltes“ mitgeteilten Vorwurfs einer Annäherung an Schüler in „anzüglicher und sexueller Weise“ nicht abwich. Entsprechendes gilt für die beigefügten Gesetzesvorschriften. Der Personalrat war aufgrund des ihm unterbreiteten Sachverhalts und der zur Verfügung gestellten Gesprächsprotokolle in die Lage versetzt, selbst die Rechtfertigung der beabsichtigten Kündigung ua. dahin zu überprüfen, ob ein Verstoß gegen die vom Arbeitgeber angeführten Rechtsvorschriften in Betracht zu ziehen war.
cc) Auch im Hinblick auf den mitgeteilten Verdacht der „Vornahme sexueller Handlungen an sich“ liegen keine Anhaltspunkte für eine bewusst irreführende Unterrichtung des Personalrats vor. Dann ist es aber unschädlich, dass das beklagte Land im Verlauf des Kündigungsschutzprozesses den Vorwurf exhibitionistischer Handlungen des Klägers einschließlich eines ent-
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sprechenden Verdachts hat fallen lassen. Dieser Umstand berührt auch die materiellrechtliche Wirksamkeit der Kündigung nicht. Der Auffassung der Revision, es liege hier ein „umgekehrter Fall des Nachschiebens von Kündigungsgründen“ vor mit der Folge, dass es dem beklagten Land verwehrt wäre, sich auf die verbliebenen Vorwürfe zu berufen, ohne den Personalrat erneut zu beteiligen, kann nicht gefolgt werden.
(1) Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats, dass eine ordnungsgemäße Mitteilung der Kündigungsgründe auch dann vorliegt, wenn die mitgeteilten Gründe die Kündigung objektiv nicht rechtfertigen, nicht bewiesen werden können oder unwahr sind. Entscheidend ist nur, ob der Arbeitgeber seine subjektiven Kündigungsgründe mitgeteilt hat (vgl. bereits Senat 24. März 1977 - 2 AZR 289/76 - AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 12 = EzA BetrVG 1972 § 102 Nr. 28; Fitting 24. Aufl. § 102 Rn. 47; KR/Etzel 8. Aufl. § 102 BetrVG Rn. 66). Nichts anderes kann gelten, wenn der Arbeitgeber von sich aus die Kündigung auf einzelne, dem Personalrat bereits mitgeteilte Tatsachen be¬schränkt. Dem Sinn und Zweck des Beteiligungsverfahrens, den Personalrat an den subjektiven Überlegungen des Arbeitgebers hinsichtlich der Rechtfertigung der Kündigung zu beteiligen, um auf den Kündigungsentschluss einwirken zu können, ist bei nachträglicher Beschränkung des Kündigungssachverhalts auf einzelne, dem Personalrat mitgeteilte Kündigungstatsachen regelmäßig Genüge getan. Der Personalrat hatte dann bereits aufgrund des durchgeführten Mitbestimmungsverfahrens hinreichend Gelegenheit und Veranlassung, sich mit dem vom Arbeitgeber unterbreiteten Kündigungssachverhalt umfassend zu befassen.
(2) Der Hinweis der Revision auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur sog. „Sammelabmahnung“ überzeugt nicht. Zwar muss der Arbeitgeber ein Abmahnungsschreiben, in dem mehrere Pflichtverletzungen gleichzeitig gerügt werden, von denen nur einige (aber nicht alle) zutreffen, auf Verlangen des Arbeitnehmers aus der Personalakte entfernen. Das Ab-mahnungsschreiben kann dann nicht teilweise aufrechterhalten bleiben (BAG 13. März 1991 - 5 AZR 133/90 - BAGE 67, 311, 313 ff.). Die Abmahnung hat
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jedoch mit dem Vorgang der Unterrichtung des Personalrats ersichtlich nichts zu tun.
III. Sollte das Landesarbeitsgericht die ordentliche Kündigung nach erneuter rechtlicher Prüfung für sozial ungerechtfertigt erachten, wird es noch über den Auflösungsantrag des beklagten Landes zu entscheiden haben.
Rost
Schmitz-Scholemann
Berger
Bartz K.
Schierle
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