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LAG Köln, Ur­teil vom 18.05.2010, 12 Sa 38/10

   
Schlagworte: Urlaub: Krankheit
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Aktenzeichen: 12 Sa 38/10
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 18.05.2010
   
Leitsätze: Kann Urlaub aufgrund einer Erkrankung des Arbeitnehmers bis zum Ablauf des Übertragungszeitraums nicht genommen werden und steht er deshalb dem Arbeitnehmer noch zum Zeitpunkt der Wiedergenesung zu, unterfällt er bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis gemeinsam mit dem Urlaub aus dem Jahr der Wiedergenesung der Verfallfrist des § 7 Abs. 3 BUrlG.(Rn.29) Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Zeitraum zwischen Wiedergenesung und Ende Urlaubsjahres zur vollständigen Inanspruchnahme des Urlaubs ausreicht.(Rn.30) Anders als beim Urlaubsabgeltungsanspruch greifen (allgemeine) vertragliche oder tarifvertragliche Verfallfristen nicht ein.(Rn.28)
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Aachen, Urteil vom 08.12.2009, 4 Ca 2559/09
   

12 Sa 38/10

4 Ca 2559/09

Ar­beits­ge­richt Aa­chen

Verkündet am 18. Mai 2010

His­mio­gul­la­ri,

Ur­kunds­be­am­tin der Geschäfts­stel­le

 

LAN­DES­AR­BEITS­GERICHT KÖLN

 

IM NA­MEN DES VOL­KES

 

UR­TEIL

In dem Rechts­streit

 

- Kläger und Be­ru­fungskläger -

Pro­zess­be­vollmäch­tig­te:

g e g e n

- Be­klag­te und Be­ru­fungs­be­klag­te -

Pro­zess­be­vollmäch­tig­te:

hat die 12. Kam­mer des Lan­des­ar­beits­ge­richts Köln auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 18.05.2010 durch den Rich­ter am Ar­beits­ge­richt Dr. Rech als Vor­sit­zen­den so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter St­ein­hil­per und Pal

für R e c h t er­kannt:

1. Die Be­ru­fung des Klägers ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Aa­chen vom 08.12.2009 (4 Ca 2559/09) wird zurück­ge­wie­sen.

2. Die Kos­ten des Be­ru­fungs­ver­fah­rens hat der Kläger zu tra­gen.

3. Die Re­vi­si­on wird zu­ge­las­sen.

T a t b e s t a n d

Die Par­tei­en strei­ten darüber, ob dem Kläger noch Ur­laubs­ansprüche für die Jah­re 2005 - 2007 zu­ste­hen. Der Kläger ist seit dem 01.01.1991 bei der


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Be­klag­ten, die un­ter an­de­rem ein Bus­un­ter­neh­men un­terhält, als Bus­fah­rer/Fahr­aus­weisprüfer beschäftigt. Kraft ar­beits­ver­trag­li­cher Ver­wei­sung fin­det auf das Ar­beits­verhält­nis seit dem 01.01.2007 der Spar­ten­ta­rif­ver­trag Nah­ver­kehrs­be­trie­be (TV–N NW) nebst Über­lei­tungs­ta­rif­ver­trag An­wen­dung. Die Ur­laubs­re­ge­lung fin­det sich in § 15 des Ta­rif­ver­tra­ges. In­so­weit wird auf die An­la­ge B 7 (Bl. 68 d. A.) Be­zug ge­nom­men. § 21 die­ses Ta­rif­ver­tra­ges lau­tet wie folgt:

„Ansprüche aus dem Ar­beits­verhält­nis ver­fal­len, wenn sie nicht in­ner­halb ei­ner Aus­schluss­frist von 6 Mo­na­ten nach Fällig­keit schrift­lich ge­genüber dem Ar­beits­ver­trags­part­ner gel­tend ge­macht wer­den. Für den­sel­ben Sach­ver­halt reicht die ein­ma­li­ge Gel­tend­ma­chung aus.“

In der Zeit vom 11.01.2005 bis Ju­ni 2008 war der Kläger durch­ge­hend ar­beits­unfähig er­krankt. Seit Ju­ni 2008 ar­bei­tet er wie­der als Fahr­aus­weisprüfer für die Be­klag­te. In den Jah­ren 2005 – 2007 er­hielt der Kläger kei­nen Ur­laub, wo­bei er ei­nen jähr­li­chen An­spruch auf 30 Ur­laubs­ta­ge hat. Nach­dem dem Kläger im Jahr 2008 30 Ur­laubs­ta­ge gewährt wor­den wa­ren, mach­te er mit Schrei­ben vom 22.04.2009 erst­mals sei­ne Ur­laubs­ansprüche aus den Jah­ren 2005 bis 2007 gel­tend.

Der Kläger hat die An­sicht ver­tre­ten, der Ur­laub der Jah­re 2005 bis 2007 sei ihm nach der Recht­spre­chung des eu­ropäischen Ge­richts­hofs nach­zu­gewähren. Ei­ne Ver­fall­klau­sel könne nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts nicht ein­grei­fen. Zu­dem sei ei­ne Be­ru­fung auf den Ver­fall auch treu­wid­rig, da die Ent­schei­dung des eu­ropäischen Ge­richts­hofs erst im Ja­nu­ar 2009 er­gan­gen und ihm zur Kennt­nis ge­langt sei.


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Der Kläger hat be­an­tragt,

die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, ihm Er­ho­lungs­ur­laub für die Jah­re 2005 – 2007 von ins­ge­samt 90 Ur­laubs­ta­gen zu gewähren.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt,

die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Sie hat die An­sicht ver­tre­ten, der An­spruch des Klägers sei nach der Aus­schluss­klau­sel des Ta­rif­ver­trags ver­fal­len, da er nicht bin­nen 6 Mo­na­ten nach Wie­der­ge­ne­sung gel­tend ge­macht wor­den sei. Zu­min­dest der über den ge­setz­li­chen Min­des­t­ur­laub hin­aus­ge­hen­de ta­rif­li­che Ur­laub sei nach den ta­rif­li­chen Re­ge­lun­gen ver­fal­len. Sch­ließlich könne sie sich hin­sicht­lich des Ur­laubs für das Jahr 2005 auf Ver­trau­ens­schutz be­ru­fen.

Das Ar­beits­ge­richt Aa­chen hat mit Ur­teil vom 08.12.2009 (4 Ca 2559/09) die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Es hat sei­ne Ent­schei­dung im We­sent­li­chen da­mit be­gründet, dass da­hin­ste­hen könne, ob die Ur­laubs­ansprüche gemäß § 21 TV-N NW er­lo­schen sei­en; der An­spruch sei je­den­falls nach § 7 Abs. 3 BUrlG er­lo­schen, da ein Grund für die Über­tra­gung auf das Ur­laubs­jahr 2009 nicht er­sicht­lich sei. § 15 Abs. 2 TV-N NW ent­hal­te in­so­weit kei­ne an­de­re Re­ge­lung.

Der Kläger hat ge­gen die­ses, ihm am 06.01.2010 zu­ge­stell­te Ur­teil am 08.01.2010 Be­ru­fung ein­ge­legt und die­se am 25.02.2010 be­gründet. Mit sei­ner Be­ru­fung ver­folgt er sei­nen An­spruch wei­ter, wo­bei er dies auf­grund von Zulässig­keits­be­den­ken der Kam­mer im Hin­blick auf den ge­stell­ten Leis­tungs­an­trag im We­ge der Fest­stel­lungs­kla­ge tut.

Er ver­tritt die An­sicht, § 7 Abs. 3 BUrlG be­zie­he sich nur auf den Ur­laub aus dem je­wei­li­gen Ka­len­der­jahr. Zu­dem ha­be er die Aus­schluss­frist ein­ge­hal­ten.


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Der Kläger be­an­tragt,

das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Aa­chen ab­zuändern und fest­zu­stel­len, dass ihm für die Jah­re 2005 bis 2007 ein Er­ho­lungs­ur­laub in Höhe von ins­ge­samt 90 Ur­laubs­ta­gen zu­steht.

Die Be­klag­te be­an­tragt,

die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.

Sie be­haup­tet ei­ne Gel­tend­ma­chung des Ur­laubs­an­spruchs für die Jah­re 2005 bis 2007 sei im Jahr 2008 nicht er­folgt.

Hin­sicht­lich der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten des Sach- und Streit­stan­des wird auf den Ak­ten­in­halt Be­zug ge­nom­men.

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die zulässi­ge, ins­be­son­de­re statt­haf­te so­wie form- und frist­ge­recht ein­ge­leg­te Be­ru­fung (§§ 64 Abs. 1, Abs. 2 lit. b, 66 Abs. 1 S. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 ZPO) des Klägers hat in der Sa­che kei­nen Er­folg.

I. Die Kla­ge ist als Fest­stel­lungs­kla­ge zulässig. Die Um­stel­lung des An­trags auf ei­ne Fest­stel­lungs­kla­ge war gemäß § 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO zulässig. § 533 ZPO kommt nicht zur An­wen­dung, da es sich nach § 264 Nr. 2 ZPO um kei­ne Kla­geände­rung im Sin­ne die­ser Vor­schrift han­delt.

Auch das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO er­for­der­li­che Fest­stel­lungs­in­ter­es­se ist ge­ge­ben. Der Kläger hat ein recht­li­ches In­ter­es­se an der als­bal­di­gen Fest-


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stel­lung, ob ihm noch Ur­laubs­ansprüche aus den Jah­ren 2005 bis 2007 zu­ste­hen.

Der an sich gel­ten­de Vor­rang der Leis­tungs­kla­ge steht der Fest­stel­lungs­kla­ge nicht ent­ge­gen. Der Vor­rang der Leis­tungs­kla­ge gilt nicht un­ein­ge­schränkt. Ei­ne Fest­stel­lungs­kla­ge ist zulässig, wenn mit ihr ei­ne sach­ge­rech­te, ein­fa­che Er­le­di­gung der auf­ge­tre­te­nen Streit­punk­te zu er­rei­chen ist und pro­zess­wirt­schaft­li­che Über­le­gun­gen ge­gen ei­nen Zwang zur Leis­tungs­kla­ge spre­chen (BAG, Ur­teil vom 19.05.2009 – 9 AZR 145/08 – ju­ris Rn. 38). Es be­ste­hen Be­den­ken da­ge­gen, den Kläger auf ei­nen Leis­tungs­an­trag zu ver­wei­sen, da bei die­sem, an­ders als beim Ur­laubs­ab­gel­tungs­an­spruch nach Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses (vgl. da­zu LAG Rhein­land-Pfalz, Ur­teil v. 18.02.2010 – 10 Sa 570/09) die Ge­fahr bestünde, dass er sich durch Zeit­ab­lauf er­le­digt. Zu­dem strei­ten sich die Par­tei­en le­dig­lich darüber, ob dem Kläger der Ur­laubs­an­spruch aus der Ver­gan­gen­heit heu­te noch zu­steht und nicht über den Zeit­punkt der Ur­laubs­gewährung. An­halts­punk­te dafür, dass die Be­klag­te bei Un­ter­lie­gen mit dem Fest­stel­lungs­an­trag wei­ter­hin die Ur­laubs­gewährung ver­wei­gern würde, sind nicht er­sicht­lich. Wenn aber zu er­war­ten ist, dass der Streit zwi­schen den Par­tei­en durch ein Fest­stel­lungs­ur­teil endgültig bei­ge­legt wird, ist auch ei­ne Kla­ge auf Fest­stel­lung des zu­ste­hen­den Ur­laubs­an­spruchs zulässig (BAG, Urt. v. 07.11.2007 – 7 AZR 820/06 – ju­ris Rn. 14). Da­nach be­ste­hen ge­gen die Fest­stel­lung­kla­ge kei­ne Be­den­ken.

II. Die Kla­ge ist je­doch un­be­gründet, da die vom Kläger gel­tend ge­mach­ten Ur­laubs­ansprüche zum 31.12.2008 ver­fal­len sind.

a) Es kann un­ter­stellt wer­den, dass dem Kläger bei der Wie­der­auf­nah­me sei­ner Tätig­keit im Ju­ni 2008 120 Ta­ge Ur­laub für die Jah­re 2005 bis 2008 zu­stan­den.

In sei­nem Ur­teil vom 20.01.2009 hat der Eu­ropäische Ge­richts­hof in den Rechts­sa­chen C-350/06 und C-520/06 ent­schie­den, dass Art. 7 Abs. 1 der Richt­li­nie 2003/88/EG da­hin aus­zu­le­gen sei, dass er ein­zel­staat­li­chen Rechts­vor­schrif­ten und Ge­pflo­gen­hei­ten ent­ge­gen ste­he, nach de­nen der An­spruch


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auf be­zahl­ten Jah­res­ur­laub nach Ab­lauf des Be­zugs­raums und/oder im na­tio­na­len Recht fest­ge­leg­ten Über­tra­gungs­zeit­raums auch dann erlösche, wenn der Ar­beit­neh­mer während des ge­sam­ten Be­zugs­zeit­raums oder ei­nes Teils da­von krank­ge­schrie­ben ge­we­sen sei und sei­ne Ar­beits­unfähig­keit bis zum En­de sei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses fort­ge­dau­ert ha­be, wes­halb er sei­nen An­spruch auf be­zahl­ten Jah­res­ur­laub nicht ha­be ausüben können. Art. 7 Abs. 1 der Ar­beits­zeit­richt­li­nie ste­he ei­ner na­tio­na­len Re­ge­lung, die für die Ausübung des mit der Richt­li­nie aus­drück­lich ver­lie­he­nen An­spruchs auf be­zahl­ten Jah­res­ur­laub Mo­da­litäten vor­se­he, nicht ent­ge­gen. Die­se Mo­da­litäten könn­ten so­gar den Ver­lust des An­spruchs am En­de des Be­zugs­zeit­raums oder ei­nes Über­tra­gungs­zeit­raums be­inhal­ten. Das gel­te al­ler­dings nur un­ter der Vor­aus­set­zung, dass der Ar­beit­neh­mer tatsächlich die Möglich­keit ha­be, den ihm von der Richt­li­nie ver­lie­he­nen Ur­laubs­an­spruch aus­zuüben. Art. 7 Abs. 2 der Richt­li­nie 2003/88 sei da­hin­ge­hend aus­zu­le­gen, dass er ein­zel­staat­li­chen Rechts­vor­schrif­ten oder Ge­pflo­gen­hei­ten ent­ge­gen ste­he, nach de­nen für nicht ge­nom­me­nen Jah­res­ur­laub am En­de des Ar­beits­verhält­nis­ses kei­ne fi­nan­zi­el­le Vergütung ge­zahlt wer­de, wenn der Ar­beit­neh­mer während des ge­sam­ten Be­zugs­zeit­raums und/oder Über­tra­gungs­zeit­raums oder ei­nes Teils da­von krank­ge­schrie­ben bzw. im Krank­heits­ur­laub ge­we­sen sei und des­halb sei­nen An­spruch auf be­zahl­ten Jah­res­ur­laub nicht ha­be ausüben können (EuGH, Ur­teil vom 20.01.2009 – C-350/06 – C-520/06 – Rn. 52, 43, 62).

Das Bun­des­ar­beits­ge­richt hat auf­grund die­ser Ent­schei­dung des Eu­ropäischen Ge­richts­hofs sei­ne bis­he­ri­ge Recht­spre­chung mit Ur­teil vom 24.03.2009 (9 AZR 983/07) da­hin­ge­hend geändert, dass § 7 Abs. 3 und 4 BUrlG so zu ver­ste­hen sei, dass ge­setz­li­che Ur­laubs­ab­gel­tungs­ansprüche nicht erlöschen, wenn Ar­beit­neh­mer bis zum En­de des Ur­laubs­jah­res und/oder des Über­tra­gungs­zeit­raums er­krankt und des­we­gen ar­beits­unfähig sei­en. Zur Be­gründung hat es an­geführt, dass es of­fen blei­ben könne, ob die­ses Er­geb­nis durch ei­ne richt­li­ni­en­kon­for­me Aus­le­gung zu ge­win­nen sei, wofür spre­chen könne, dass das Er­for­der­nis der Erfüll­bar­keit der Frei­stel­lung, der Ver­fall des Ur­laubs­an­spruchs und der Sur­ro­ga­ti­ons­cha­rak­ter des Ab­gel­tungs­an­spruchs nicht aus­drück­lich im Ge­set­zes­wort­laut an­ge­legt und dem Ge­set­zes­zu­sam­men­hang nicht in ei­ner Wei­se zu ent­neh­men sei­en, die je­de an­de­re Aus­le­gung aus-


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schließe; je­den­falls sei aber ei­ne richt­li­ni­en­kon­for­me Rechts­fort­bil­dung durch theo­lo­gi­sche Re­duk­ti­on der zeit­li­chen Gren­zen der §§ 7 Abs. 3 S. 1, 3 und 4 BUrlG in Fällen krank­heits­be­ding­ter Ar­beits­unfähig­keit bis zum En­de des Ur­laubs­jah­res und/oder des je­wei­li­gen Über­tra­gungs­zeit­raums ge­bo­ten und vor­zu­neh­men (BAG, Ur­teil vom 24.03.2009 – 9 AZR 983/07 – zi­tiert nach ju­ris, Rn. 59, 62 und 64).

Hier­aus kann, un­abhängig da­von, ob ein Ur­laubs­an­spruch oder Ur­lau­b­ab­gel­tungs­an­spruch gel­tend ge­macht wird, ge­fol­gert wer­den, dass Ur­laub grundsätz­lich dann nicht gemäß § 7 Abs. 3 BUrlG verfällt, wenn er auf­grund krank­heits­be­ding­ter Ar­beits­unfähig­keit nicht ge­nom­men wer­den kann. In sei­nem Be­schluss vom 15.04.2010 hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt Hamm Zwei­fel dar­an geäußert, dass sich hier­durch während der Krank­heits­zeit des Ar­beit­neh­mers Ur­laubs­ansprüche für meh­re­re Jah­re anhäufen können (16 Sa 1176/09). Könn­te nur der Ur­laubs­an­spruch ei­nes Jah­res über­tra­gen wer­den, schie­de ein An­spruch des Klägers für die Jah­re 2005 und 2006 aus. Die Fra­ge kann je­doch of­fen blei­ben, da die Ur­laubs­ansprüche des Klägers für die Ver­gan­gen­heit ins­ge­samt ver­fal­len sind.

b) Der Ver­fall der Ansprüche folgt je­doch nicht schon aus der all­ge­mei­nen
Ver­fall­frist des § 15 TV-N NW. In der Li­te­ra­tur nicht ein­heit­lich be­ant­wor­tet wird die Fra­ge, ob der nach der Recht­spre­chung des EuGH über­tra­ge­ne Ur­laubs­an­spruch nach Wie­der­ge­ne­sung des Ar­beit­neh­mers ta­rif­li­chen Ver­fall­fris­ten un­ter­liegt (befürwor­tend Gaul/Jos­ten/Strauf BB 2009, 479 [499]; Schlach­ter, RdA Bei­la­ge 2009, 36; Bau­er, NJW 2009, 631 [635]; zum Ein­grei­fen von Ver­fall­fris­ten beim Ur­laubs­ab­gel­tungs­an­spruch: LAG Köln, Ur­teil v. 20.04.2010 – 12 Sa 1448/09). Un­abhängig da­von, ob dem Ein­grei­fen ei­ner Aus­schluss­frist schon der Um­stand ent­ge­gen steht, dass je­den­falls der ge­setz­li­che Ur­laubs­an­spruch un­ab­ding­bar ist, kommt ei­ne An­wen­dung auf den über­tra­ge­nen Ur­laubs­an­spruch nur dann in Be­tracht, wenn die­ser nicht ei­ner ei­genständi­gen, spe­zi­el­le­ren ge­setz­li­chen Ver­fall­frist, hier der Vor­schrift des § 7 Abs. 3 BUrlG un­ter­liegt (vgl. BAG, Ur­teil vom 20.01.2009 – 9 AZR 650/07 – zi­tiert nach ju­ris, Rn. 27; BAG, Ur­teil vom 24.11.1992 – 9 AZR 549/91).


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c) Nach An­sicht der Kam­mer ist dies je­doch der Fall. § 7 Abs. 3 BUrlG ist
auch auf den Ur­laub an­zu­wen­den, der aus Krank­heits­gründen aus den Jah­ren 2005 – 2007 ins Jah­re 2008 über­tra­gen wur­de. Zwar ist dem Kläger zu­zu­ge­ste­hen, dass sich die Vor­schrift an sich auf den Ur­laub des je­wei­li­gen Ka­len­der­jah­res be­zieht. Dies folgt aus Wort­laut, Sys­te­ma­tik und Ge­set­zes­zu­sam­men­hang der hier­zu in §§ 1, 3 Abs. 1, 7 Abs. 1 - 3 BUrlG ge­trof­fe­nen Re­ge­lun­gen (vgl. Gaul/Bo­nan­ni/Lud­wig, DB 2009, 1013 [1015]). Zu berück­sich­ti­gen ist je­doch, dass der aus krank­heits­be­ding­ten Gründen über­tra­ge­ne Ur­laub auch nach der neu­en Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts ge­setz­li­cher Min­des­t­ur­laub im Sin­ne von § 3 Abs. 1 BUrlG ist. Dies spricht dafür, ihn eben­so wie den ge­setz­li­chen Min­des­t­ur­laub zu be­han­deln, der erst im lau­fen­den Ka­len­der­jahr ent­stan­den ist (Gaul/Bo­nan­ni/Lud­wig a. a. O.). Dass § 7 Abs. 3 BUrlG sich an sich nur den Ur­laub aus dem lau­fen­den Ka­len­der­jahr be­zieht, ist al­lein da­durch zu erklären, dass nach des­sen ge­setz­li­cher Kon­zep­ti­on Ur­laubs­ansprüche aus Vor­jah­ren, sieht man von den Son­der­re­ge­lun­gen in § 7 Abs. 3 S. 2 und 4 BUrlG und § 17 BEEG ab, nicht exis­tie­ren können. Erst durch die richt­li­ni­en­kon­for­me Aus­le­gung bzw. te­le­lo­gi­sche Re­duk­ti­on der Vor­schrift ist ei­ne wei­ter­ge­hen­de Über­tra­gung möglich ge­wor­den. Da nach der Kon­zep­ti­on des § 7 Abs. 3 BUrlG je­doch der vor­han­de­ne ge­setz­li­che Ur­laub verfällt, wenn er nicht in­ner­halb der dar­in vor­ge­se­he­nen Fris­ten ge­nom­men wird, ist zu­min­dest ei­ne ana­lo­ge An­wen­dung der Vor­schrift vor­zu­neh­men. Der Wort­laut der Vor­schrift steht dem je­den­falls nicht ent­ge­gen. Glei­ches gilt für die Recht­spre­chung des eu­ropäischen Ge­richts­hofs, da der na­tio­na­le Ge­setz­ge­ber le­dig­lich die Möglich­keit der In­an­spruch­nah­me des Ur­laubs einräum­en muss, während grundsätz­lich je­doch Ver­fall­fris­ten vor­ge­se­hen wer­den können. Die ein­schränken­de Aus­le­gung bzw. te­le­lo­gi­sche Re­duk­ti­on des § 7 Abs. 3 BUrlG während der Ar­beits­unfähig­keit des Ar­beit­neh­mers steht nach Wie­der­ge­ne­sung ei­ner An­wen­dung auf den er­hal­ten ge­blie­be­nen Ur­laub nicht ent­ge­gen. Pro­ble­me können sich nur dann er­ge­ben, wenn die Ge­ne­sung des Ar­beit­neh­mers so spät im Ka­len­der­jahr er­folgt, dass die ver­blie­be­ne Zeit nicht zur vollständi­gen In­an­spruch­nah­me des Ur­laubs reicht (vgl. hier­zu Gaul/Bo­nan­ni/Lud­wig a. a. O., S. 1015 - 1016).

Ist aber § 7 Abs. 3 BUrlG auch auf die we­gen Krank­heit über­tra­ge­nen Ur­laubs­an­spruch des Klägers aus den Jah­ren 2005 bis 2007 an­zu­wen­den, ist er


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wie das Ar­beits­ge­richt zu­tref­fend er­kannt hat, mit Ab­lauf des 31.12.2008 ver­fal­len, so­weit er nicht ge­nom­men wur­de, da Gründe für ei­ne Über­tra­gung in das Jahr 2009 nicht er­sicht­lich sind. Auch hat der Kläger sei­nen Ur­laubs­an­spruch nicht schon im Jahr 2008 gel­tend ge­macht. Ein Vor­trag hier­zu fehlt, zu­mal auch der Kläger er­ken­nen lässt, dass erst die Ent­schei­dung des EuGH aus dem Jahr 2009 ihn ver­an­lasst hat, den Ur­laub für die Jah­re 2005 bis 2007 zu ver­lan­gen.

III. Die Kos­ten­ent­schei­dung er­geht gemäß § 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG in Ver­bin­dung mit § 97 Abs. 1 ZPO.

IV. Die Re­vi­si­on war gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zu­zu­las­sen, da die Rechts­fra­ge, ob der we­gen Krank­heit nach der Recht­spre­chung des eu­ropäischen Ge­richts­hofs fort­be­ste­hen­de Ur­laub im Ka­len­der­jahr der Wie­der­ge­ne­sung der Ver­fall­frist des § 7 Abs. 3 BUrlG un­ter­liegt, grundsätz­li­che Be­deu­tung hat.

 

RECH­TSMIT­TEL­BE­LEH­RUNG

Ge­gen die­ses Ur­teil kann von der kla­gen­den Par­tei

R E V I S I O N

ein­ge­legt wer­den.

Die Re­vi­si­on muss in­ner­halb ei­ner Not­frist* von ei­nem Mo­nat schrift­lich beim

Bun­des­ar­beits­ge­richt

Hu­go-Preuß-Platz 1

99084 Er­furt

Fax: 0361 2636 2000

ein­ge­legt wer­den.

Die Not­frist be­ginnt mit der Zu­stel­lung des in vollständi­ger Form ab­ge­fass­ten Ur­teils, spätes­tens mit Ab­lauf von fünf Mo­na­ten nach der Verkündung.

Die Re­vi­si­ons­schrift muss von ei­nem Be­vollmäch­tig­ten un­ter­zeich­net seit. Als Be­vollmäch­tig­te sind nur zu­ge­las­sen:

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1. Rechts­anwälte,
2. Ge­werk­schaf­ten und Ver­ei­ni­gun­gen von Ar­beit­ge­bern so­wie Zu­sam­men­schlüsse sol­cher Verbände für ih­re Mit­glie­der oder für an­de­re Verbände oder Zu­sam­men­schlüsse mit ver­gleich­ba­rer Aus­rich­tung und de­ren Mit­glie­der,
3. ju­ris­ti­sche Per­so­nen, de­ren An­tei­le sämt­lich im wirt­schaft­li­chen Ei­gen­tum ei­ner der in Nr. 2 be­zeich­ne­ten Or­ga­ni­sa­tio­nen ste­hen, wenn die ju­ris­ti­sche Per­son aus­sch­ließlich die Rechts­be­ra­tung und Pro­zess­ver­tre­tung der Mit­glie­der die­ser Or­ga­ni­sa­ti­on oder ei­nes an­de­ren Ver­ban­des oder Zu­sam­men­schlus­ses mit ver­gleich­ba­rer Aus­rich­tung ent­spre­chend de­ren Sat­zung durchführt und wenn die Or­ga­ni­sa­ti­on für die Tätig­keit der Be­vollmäch­tig­ten haf­tet.

In den Fällen der Zif­fern 2 und 3 müssen die Per­so­nen, die die Re­vi­si­ons­schrift un­ter­zeich­nen, die Befähi­gung zum Rich­ter­amt ha­ben.

Ei­ne Par­tei die als Be­vollmäch­tig­ter zu­ge­las­sen ist, kann sich selbst ver­tre­ten.

* ei­ne Not­frist ist un­abänder­lich und kann nicht verlängert wer­den.

 

Dr. Rech

St­ein­hil­per

Pal
 

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