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Rechtswidriger Streik - Schadensersatz
20.06.2012. Streiks sollen den bestreikten Arbeitgeber wirtschaftlich schädigen, sonst wären sie sinnlos.
Dass solche zielgerichteten schädigenden "Eingriffe in den Gewerbetrieb" nicht schrankenlos möglich sind, versteht sich daher von selbst.
Mit dem Streikrecht der Gewerkschaften ist daher die Pflicht verbunden, die rechtlichen Grenzen des Streikrechts einzuhalten.
Eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom gestrigen Tag zeigt, dass Gewerkschaften in Ausnahmefällen zum Schadensersatz wegen der Organisation rechtswidriger Streiks verpflichtet sein können: BAG, Urteil vom 19.06.2012, 1 AZR 775/10.
- Dürfen Arbeitgeber, die bei laufender Tarifverhandlungen in eine OT-Mitgliedschaft wechseln, trotzdem zur Durchsetzung eines Verbandstarifs bestreikt werden?
- Der Berliner Streitfall: Arbeitgeber wechselt in OT-Mitgliedschaft seines bisherigen Verbandes und wird Vollmitglied eines anderen Verbandes
- BAG: Wechselt ein Arbeitgeber in eine OT-Mitgliedschaft und informiert die Gewerkschaft rechtzeitig darüber, kann er später nicht mehr zum Abschluss eines Verbandstarifvertrags bestreikt werden
Dürfen Arbeitgeber, die bei laufender Tarifverhandlungen in eine OT-Mitgliedschaft wechseln, trotzdem zur Durchsetzung eines Verbandstarifs bestreikt werden?
Eine Schranke des Streikrechts besteht darin, dass Gewerkschaften im Allgemeinen nur solche Arbeitgeber bestreiken dürfen, die auch dazu in der Lage sind, die mit dem Streik erhobene Tarifforderung zu erfüllen.
Das ist zum einen der Fall, wenn dem Arbeitgeber ein Firmentarifvertrag bzw. Haustarif abgetrotzt werden soll, denn dann ist der bestreikte Arbeitgeber Tarifpartei, wenn er auf die Streikforderungen eingeht.
Zum anderen kann der bestreikte Arbeitgeber auch auf die streikende Gewerkschaft zugehen, wenn er Mitglied eines Arbeitgeberverbandes ist, von dem die Gewerkschaft etwas haben will, denn dann kann er seinen Einfluss im Verband nutzen, um der Gewerkschaft zu dem gewünschten Flächentarifvertrag ("Verbandstarif") zu verhelfen.
Aber kann man auch Arbeitgeberverbandsmitglieder bestreiken, die als Mitglieder ohne Tarifbindung dem Verband angehören? Das BAG hat dazu vor einigen Jahren klargestellt, dass das jedenfalls dann nicht geht, wenn der Arbeitgeber die Gewerkschaft so rechtzeitig über seinen Status als "OT-Mitglied" informiert hat, dass sich die Gewerkschaft in bevorstehenden oder bereits laufenden Tarifverhandlungen darauf einstellen kann (BAG, Urteil vom 04.06.2008, 4 AZR 419/07).
Bislang nicht klar entschieden hat das BAG allerdings, ob es nicht vielleicht möglich ist, einen Sympathiestreik ("Unterstützungsstreik", "Solidaritätsstreik") gegen OT-Mitglieder zu führen. Solche Streiks sind eine Ausnahme von dem Prinzip, dass der bestreikte Arbeitgeber zur Erfüllung oder Unterstützung der gewerkschaftlichen Tarifforderungen in der Lage sein muss. Daher dürfen Sympathiestreiks auch nur "maßvoll" eingesetzt werden.
Die Satzungen der meisten Arbeitgeberverbände sehen die Möglichkeit vor, Mitglied ohne Tarifbindung ("OT-Mitglied") zu sein. OT-Mitglieder können die Serviceleistungen des Verbandes nutzen, sind aber an die Verbandstarife nicht gebunden. Allerdings muss die Satzung sicherstellen, dass OT-Mitglieder keinen Einfluss auf die Tarifpolitik des Verbandes nehmen können, d.h. die Rechte von Vollmitgliedern und OT-Mitgliedern müssen klar getrennt sein.
Viele Satzungen erlauben weiterhin einen raschen Wechsel von einer regulären Mitgliedschaft zur OT-Mitgliedschaft. Oft ist sogar ein fristloser Wechsel ("Blitzwechsel") möglich. Machen Arbeitgeber davon bei laufenden Tarifverhandlungen Gebrauch und vollziehen ein Blitzwechsel, um nicht mehr an den "drohenden" Verbandstarif gebunden zu sein, müssen sie diesen Statuswechsel aber wie erwähnt der Gewerkschaft so rechtzeitig mitteilen, dass sie sich darauf bei den Tarifverhandlungen noch einstellenkann.
Hält sich der "tarifflüchtige" Arbeitgeber an diese Regeln, ist er infolge seines Wechsels in die OT-Mitgliedschaft nicht mehr an den neuen Verbandstarif gebunden. Aber damit ist die Frage noch nicht beantwortet, ob der rechtzeitige bzw. tarifrechtlich wirksame Statuswechsel auch zwingend bedeutet, dass der OT-Arbeitgeber im Rahmen des Verbandstarifkonflikts nicht mehr bestreikt werden kann.
Der Berliner Streitfall: Arbeitgeber wechselt in OT-Mitgliedschaft seines bisherigen Verbandes und wird Vollmitglied eines anderen Verbandes
Im Streitfall wandelte ein Arbeitgeber seine Vollmitgliedschaft in eine OT-Mitgliedschaft um, nachdem die Gewerkschaft ver.di den Verbandstarif gekündigt hatte. Außerdem wurde er Vollmitglied in einem anderen Arbeitgeberverband.
Das teilten der Arbeitgeber und sein neuer Verband der ver.di auch rasch mit, doch ließ sich der "alte" Arbeitgeberverband einige Monate Zeit, bis auch er der ver.di mitteilte, dass der Arbeitgeber in eine OT-Mitgliedschaft gewechselt war.
In der Zwischenzeit war es zu einem eintägigen Warnstreik bei dem Arbeitgeber gekommen. Die Produktion fiel aus und der Arbeitgeber verklagte die ver.di auf Schadensersatz in Höhe von knapp 35.000 EUR. Er meinte, der Streik sei wegen seiner weggefallenen Bindung an den Verbandstarif rechtswidrig, auch weil er ja seinen Statuswechsels der Gewerkschaft mitgeteilt hatte.
Das Arbeitsgericht Berlin (Urteil vom 07.01.2010, 33 Ca 14015/09) und das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg wiesen die Klage ab (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26.11.2010, 8 Sa 446/10 - wir berichteten darüber in: Arbeitsrecht aktuell: 11/050 OT-Mitgliedschaft: Streik trotz fehlender Tarifbindung möglich). Das LAG meinte, der eintätige Streik sei jedenfalls als Sympathie- bzw. Solidaritätsstreik in Ordnung gewesen. Daher hatte sich die Gewerkschaft nicht rechtswidrig verhalten, so das LAG.
BAG: Wechselt ein Arbeitgeber in eine OT-Mitgliedschaft und informiert die Gewerkschaft rechtzeitig darüber, kann er später nicht mehr zum Abschluss eines Verbandstarifvertrags bestreikt werden
Gestern hat das BAG den Fall anders entschieden, nämlich zugunsten des klagenden Arbeitgebers. Der Warnstreik war rechtswidrig und verpflichtet ver.di nach § 823 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zum Schadensersatz, so das BAG.
Der Arbeitgeber gehörte seinem ursprünglichen Verband zum Zeitpunkt des Streiks nur noch als OT-Mitglied an. Der Wechsel in diese OT-Mitgliedschaft war für die ver.di "hinreichend transparent und damit tarifrechtlich wirksam".
Auch eine "Umdeutung des Warnstreiks in einen Unterstützungsstreik" wollte das BAG nicht mitmachen. Die Gründe hierfür sind allerdings der derzeit allein vorliegenden BAG-Pressemitteilung nicht zu entnehmen und werden sich erst aus den Urteilsgründen ergeben.
Da noch weitere Feststellungen zur Schadenshöhe zu treffen waren, hob das BAG die LAG-Entscheidung auf und verwies den Rechtsstreit an das LAG zurück.
Fazit: Wechselt ein Arbeitgeber von einer Vollmitgliedschaft in eine OT-Mitgliedschaft und informiert er die Gewerkschaft rechtzeitig über diesen Statuswechsel, kann er später nicht mehr zum Abschluss eines Verbandstarifvertrags bestreikt werden. Ein solcher Streik ist im Allgemeinen rechtswidrig. Möglicherweise ist dann aber trotzdem ein Sympathie- bzw. Solidaritätsstreik zulässig.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.06.2012, 1 AZR 775/10 (Pressemitteilung)
- Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26.11.2010, 8 Sa 446/10
- Handbuch Arbeitsrecht: Streik und Streikrecht
- Handbuch Arbeitsrecht: Tarifvertrag
- Arbeitsrecht aktuell: 16/235 Gewerkschaft haftet auf Schadensersatz wegen Streik
- Arbeitsrecht aktuell: 15/239 Kein Schadensersatz für Streikfolgen
- Arbeitsrecht aktuell: 12/237 Rechtswidriger Streik - Schadensersatz
- Arbeitsrecht aktuell: 11/050 OT-Mitgliedschaft: Streik trotz fehlender Tarifbindung möglich
- Arbeitsrecht aktuell: 11/120 Austritt aus dem Arbeitgeberverband ohne Einhaltung von Fristen
- Arbeitsrecht aktuell: 11/110 Streik beamteter Lehrer rechtfertigt keine Disziplinarstrafe
- Arbeitsrecht aktuell: 11/033 OT-Mitgliedschaft: BVerfG entscheidet zur Mitgliedschaft ohne Tarifbindung
- Arbeitsrecht aktuell: 09/144 Arbeitsgericht untersagt Kita-Streik
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das Gericht seine Urteilsgründe veröffentlicht. Das vollständig begründete Urteil finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 16. November 2020
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