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BAG, Ur­teil vom 15.09.2009, 9 AZR 757/08

   
Schlagworte: Arbeitszeit, Weisungsrecht
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 9 AZR 757/08
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 15.09.2009
   
Leitsätze: Wollen die Vertragsparteien das Weisungsrecht des Arbeitgebers für die Arbeitszeitverteilung durch eine konstitutive Regelung einschränken, müssen hierfür besondere Anhaltspunkte bestehen. Das gilt auch für den Ausschluss gesetzlich und kollektivrechtlich erlaubter Sonn- und Feiertagsarbeit.
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Freiburg (Breisgau), 19. Februar 2008, Az: 12 Ca 409/07, Urteil Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg 9. Kammer, 17. Juli 2008, Az: 9 Sa 20/08, Urteil
   


BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT


9 AZR 757/08
9 Sa 20/08
Lan­des­ar­beits­ge­richt

Ba­den-Würt­tem­berg

 

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am
15. Sep­tem­ber 2009

UR­TEIL

Brüne, Ur­kunds­be­am­tin

der Geschäfts­stel­le


In Sa­chen

Kläger, Be­ru­fungskläger und Re­vi­si­onskläger,

pp.

Be­klag­te, Be­ru­fungs­be­klag­te und Re­vi­si­ons­be­klag­te,

hat der Neun­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 15. Sep­tem­ber 2009 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Düwell, den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Krasshöfer, die Rich­te­rin am Bun­des­ar­beits­ge­richt Gall­ner so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­te­rin­nen Mer­te und Pie­lenz für Recht er­kannt:
 


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Die Re­vi­si­on des Klägers ge­gen das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Ba­den-Würt­tem­berg - Kam­mern Frei­burg - vom 17. Ju­li 2008 - 9 Sa 20/08 - wird zurück­ge­wie­sen.


Der Kläger hat die Kos­ten des Re­vi­si­ons­ver­fah­rens zu tra­gen.

Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten darüber, ob der Kläger ver­pflich­tet ist, an Sonn-und Fei­er­ta­gen zu ar­bei­ten.

Der Kläger steht seit 1977 in ei­nem Ar­beits­verhält­nis mit der Be­klag­ten und ih­ren Rechts­vorgänge­rin­nen. Die Be­klag­te ist ei­ne Zu­lie­fe­re­rin der Au­to­mo­bil­in­dus­trie. Sie ver­treibt ua. Schritt­mo­to­ren. In ih­rem Be­trieb be­steht kein Be­triebs­rat.

In ei­nem Ar­beits­ver­trag vom 6. Ju­li 1989 zwi­schen dem Kläger und ei­ner der Rechts­vorgänge­rin­nen der Be­klag­ten ist aus­zugs­wei­se ge­re­gelt:

2. Ar­beits­zeit
Die re­gelmäßige tägli­che Ar­beits­zeit beträgt grundsätz­lich 7,4 St­un­den, die wöchent­li­che Ar­beits­zeit 37 St­un­den in der Nor­mal­ar­beits­zeit. Ei­ne Ände­rung der Ar­beits­zeit ist möglich.“


In ei­nem wei­te­ren Ar­beits­ver­trag des Klägers mit ei­ner an­de­ren Rechts­vorgänge­rin der Be­klag­ten vom 27. Ju­ni 1991 heißt es ua.:

„Nor­mal-, Schicht- oder Teil­zeit­ar­beit

Der Ar­beit­neh­mer wird für 40 h/Wo­che Schicht­ar­beit ein­ge­stellt.“

Durch ei­ne Ver­tragsände­rung vom 13. März 2003 wur­de mit Wir­kung vom 1. März 2003 in Auszügen ge­re­gelt:

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Ar­beits­ein­satz:

3-schich­tig gemäß
Schicht­mo­dell B M

Ar­beits­zeit:

40 Std/Wo­che
...


Die wei­te­ren Ver­trags­be­stand­tei­le des Ar­beits­ver­tra­ges vom 27.06.1991 be­hal­ten wei­ter­hin ih­re Gültig­keit.“

Die Be­klag­te war auf­grund ei­ner Be­wil­li­gung des Land­rats­amts vom 19. Ju­li 2007 in der Zeit vom 1. Sep­tem­ber 2007 bis 31. Au­gust 2008 be­rech­tigt, bis zu 21 Ar­beit­neh­mer an Sonn- und Fei­er­ta­gen zu beschäfti­gen. Die Par­tei­en ha­ben in der Re­vi­si­ons­ver­hand­lung un­strei­tig ge­stellt, dass die Be­wil­li­gung der Sonn- und Fei­er­tags­ar­beit mit Be­scheid vom 11. Fe­bru­ar 2008 bis 14. Fe­bru­ar 2009 verlängert und in der Zeit vom 15. Fe­bru­ar 2008 bis 14. Fe­bru­ar 2009 auf 50 Ar­beit­neh­mer er­wei­tert wur­de. Der Kläger ar­bei­te­te je­den­falls bis zum Schluss der Be­ru­fungs­ver­hand­lung am 17. Ju­li 2008 teil­wei­se auch sonn­tags. Nach den übe­rein­stim­men­den Ausführun­gen der Par­tei­en in der Re­vi­si­ons­ver­hand­lung be­en­de­te die Be­klag­te die Sonn- und Fei­er­tags­ar­beit mit dem 19. Ok­to­ber 2008 und führ­te Kurz­ar­beit ein.


Der Kläger meint, für sei­ne Kla­ge be­ste­he nach wie vor ein Fest­stel­lungs­in­ter­es­se. Die Be­klag­te be­har­re auf ih­rem Recht, wie­der Sonn- und Fei­er­tags­ar­beit an­zu­ord­nen, wenn ei­ne Aus­nah­me­be­wil­li­gung er­teilt wer­de. Er sei oh­ne aus­drück­li­che ar­beits­ver­trag­li­che Re­ge­lung nicht ver­pflich­tet, an Sonn-und Fei­er­ta­gen zu ar­bei­ten. Auf­grund der langjähri­gen ab­wei­chen­den Übung ha­be er zu­dem dar­auf ver­trau­en dürfen, nur an Werk­ta­gen ar­bei­ten zu müssen. Würden die ver­trag­li­chen Re­ge­lun­gen an­ders aus­ge­legt, sei­en die Klau­seln über­ra­schend, un­klar und in­trans­pa­rent.


Der Kläger hat be­an­tragt 


fest­zu­stel­len, dass er nicht ver­pflich­tet ist, sonn­tags und an Fei­er­ta­gen zu ar­bei­ten.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt, die Kla­ge ab­zu­wei­sen. Sie ist der An­sicht, sie dürfe auf der Grund­la­ge ei­ner künf­ti­gen Aus­nah­me­be­wil­li­gung und kraft ih­res Wei­sungs­rechts wie­der Sonn- und Fei­er­tags­ar­beit an­ord­nen. Da die
 


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Sonn- und Fei­er­tags­ar­beit nicht ver­trag­lich ge­re­gelt sei, ge­be es kei­ne Re­ge­lun­gen, die über­ra­schend, un­klar oder in­trans­pa­rent sein könn­ten.


Das Ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat die Be­ru­fung des Klägers zurück­ge­wie­sen. Mit sei­ner vom Be­ru­fungs­ge­richt zu­ge­las­se­nen Re­vi­si­on ver­folgt der Kläger sei­nen Fest­stel­lungs­an­trag wei­ter. Die Be­klag­te be­an­tragt, die Re­vi­si­on zurück­zu­wei­sen.


Ent­schei­dungs­gründe


A. Die Re­vi­si­on ist un­be­gründet. Die Kla­ge hat kei­nen Er­folg. 


I. Der Kläger will fest­ge­stellt wis­sen, dass er nicht ver­pflich­tet ist, sonn- und fei­er­tags zu ar­bei­ten.

1. Das Re­vi­si­ons­ge­richt hat die­sen An­trag als pro­zes­sua­le Wil­lens­erklärung selbst nach §§ 133, 157 BGB aus­zu­le­gen. Ent­schei­dend ist, wel­chen Sinn die Erklärung aus ob­jek­ti­ver Sicht nach dem tatsächli­chen Vor­brin­gen der kla­gen­den Par­tei hat (st. Rspr., vgl. nur Se­nat 21. Ju­li 2009 - 9 AZR 279/08 - Rn. 15).


2. Ge­gen­stand der Kla­ge ist der Um­fang des Di­rek­ti­ons­rechts der Be­klag­ten in Aus­le­gung des Ar­beits­ver­trags.

a) Der Fest­stel­lungs­an­trag ist so zu ver­ste­hen, dass der Kläger kei­ne be­stimm­te Wei­sung der Be­klag­ten an­greift. Es kommt ihm nach der Kla­ge­be­gründung nicht dar­auf an, ob ei­ne ein­zel­ne Maßnah­me der Be­klag­ten bil­li­gem Er­mes­sen iSv. § 106 Satz 1 Ge­wO iVm. § 315 BGB ent­spricht. Die Kla­ge­be­gründung be­han­delt nur die Fra­ge der all­ge­mei­nen Be­rech­ti­gung der Be­klag­ten, kraft ih­res Di­rek­ti­ons­rechts aus § 106 Satz 1 Ge­wO Sonn- und Fei­er­tags­ar­beit zu­zu­wei­sen, wenn ei­ne Aus­nah­me­be­wil­li­gung der Auf­sichts­behörde er­teilt ist. Die­ser Um­stand spricht dafür, dass der Kläger nicht fest­ge­stellt wis­sen will, auch vorüber­ge­hend in Notfällen oder an­de­ren außer­gewöhn­li­chen Fällen kei­ne
 


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Sonn- und Fei­er­tags­ar­beit leis­ten zu müssen. Der Kläger wen­det sich da­ge­gen, dass die Be­klag­te sich grundsätz­lich für be­rech­tigt hält, ihm Sonn- und Fei­er­tags­ar­beit zu­zu­wei­sen.


b) Der Kläger hat in der Re­vi­si­ons­ver­hand­lung bestätigt, dass der An­trag in die­ser Wei­se aus­zu­le­gen ist.

II. Die aus­ge­leg­te Fest­stel­lungs­kla­ge ist zulässig. 

1. Der An­trag ist hin­rei­chend be­stimmt. 

a) Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss der An­trag die Maßnah­me, für die ein Recht be­jaht oder ver­neint wird, so ge­nau be­zeich­nen, dass die ei­gent­li­che Streit­fra­ge zwi­schen den Par­tei­en oder Be­tei­lig­ten mit Rechts­kraft­wir­kung ent­schie­den wer­den kann (st. Rspr., vgl. für Mit­be­stim­mungs­rech­te zB BAG 10. März 2009 - 1 ABR 87/07 - Rn. 11).

b) Die­sem Er­for­der­nis wird die Kla­ge nach ge­bo­te­ner Aus­le­gung ge­recht. Der Kläger will fest­ge­stellt wis­sen, dass die Be­klag­te ihn nach den ge­trof­fe­nen ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­run­gen und auf­grund ih­res Di­rek­ti­ons­rechts mit Aus­nah­me von Notfällen und an­de­ren außer­gewöhn­li­chen Fällen nicht an­wei­sen darf, an Sonn- und Fei­er­ta­gen zu ar­bei­ten.


2. Der An­trag wahrt die Er­for­der­nis­se des § 256 Abs. 1 ZPO. 


a) Ei­ne all­ge­mei­ne Fest­stel­lungs­kla­ge muss sich nicht not­wen­dig auf das ge­sam­te Rechts­verhält­nis er­stre­cken. Sie kann sich auf ein­zel­ne Be­zie­hun­gen oder Fol­gen aus ei­nem Rechts­verhält­nis, auf be­stimm­te Ansprüche oder Ver­pflich­tun­gen oder auf den Um­fang ei­ner Leis­tungs­pflicht be­schränken (für die st. Rspr. Se­nat 21. Ju­li 2009 - 9 AZR 279/08 - Rn. 18).

b) Die Par­tei­en strei­ten hier über die Be­rech­ti­gung der Be­klag­ten, ei­ne be­stimm­te Ver­tei­lung der Ar­beits­zeit durch Sonn- und Fei­er­tags­ar­beit fest­zu­le­gen. Dem ent­spricht die Ver­pflich­tung des Klägers, zu die­sen Zei­ten zu ar­bei­ten. Für die be­gehr­te Fest­stel­lung be­steht ein ge­genwärti­ges be­rech­tig­tes In­ter­es­se, weil die Be­klag­te an­nimmt, dem Kläger im Fall ei­ner künf­tig wie­der

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er­teil­ten Aus­nah­me­be­wil­li­gung kraft ih­res Di­rek­ti­ons­rechts er­neut Sonn- und Fei­er­tags­ar­beit zu­wei­sen zu dürfen.

aa) Der Se­nat hat im Rah­men des Fest­stel­lungs­in­ter­es­ses zu berück­sich­ti­gen, dass bei Schluss der Re­vi­si­ons­ver­hand­lung nicht länger ei­ne Aus­nah­me­be­wil­li­gung er­teilt war. Die­se Recht­stat­sa­che un­terfällt nicht dem grundsätz­li­chen Ver­bot, in der Re­vi­si­ons­in­stanz neu­es Tat­sa­chen­vor­brin­gen zu berück­sich­ti­gen (§ 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Durch behörd­li­che Be­wil­li­gun­gen wird nicht die Tat­sa­chen-, son­dern die Rechts­la­ge geändert (ErfK/Koch 9. Aufl. § 73 ArbGG Rn. 3). Das Re­vi­si­ons­ge­richt hat ent­schei­dungs­er­heb­li­che Ver­wal­tungs­ak­te, die nach Schluss der münd­li­chen Ver­hand­lung in der Be­ru­fungs­in­stanz bis zum En­de der Re­vi­si­ons­ver­hand­lung er­ge­hen oder en­den, zu berück­sich­ti­gen (vgl. GMP/Müller-Glöge ArbGG 7. Aufl. § 74 Rn. 118; Schwab/Weth/Ul­rich ArbGG 2. Aufl. § 73 Rn. 58).


bb) Das be­son­de­re Fest­stel­lungs­in­ter­es­se ist ei­ne in je­dem Sta­di­um des Rechts­streits von Amts we­gen zu prüfen­de Sa­chur­teils­vor­aus­set­zung. Es muss noch in der Re­vi­si­ons­in­stanz ge­ge­ben sein (vgl. nur Se­nat 21. Ju­li 2009 - 9 AZR 279/08 - Rn. 21 mwN).


(1) Wird ein zunächst ge­genwärti­ges Rechts­verhält­nis oder Teil­rechts­verhält­nis während des Rechts­streits durch Zeit­ab­lauf zu ei­nem ver­gan­ge­nen, bleibt die Fest­stel­lungs­kla­ge nur zulässig, wenn sich aus der be­an­trag­ten Fest­stel­lung noch Rechts­wir­kun­gen für die Zu­kunft er­ge­ben können. Feh­len sol­che künf­ti­gen Rechts­wir­kun­gen und trägt der Kläger der geänder­ten Pro­zess­si­tua­ti­on nicht durch ei­ne - auch ein­sei­tig mögli­che - Er­le­di­gungs­erklärung und ei­ne ent­spre­chen­de Ände­rung sei­nes An­trags Rech­nung, muss die Kla­ge als un­zulässig ab­ge­wie­sen wer­den (Se­nat 21. Ju­li 2009 - 9 AZR 279/08 - Rn. 22 mwN).

(2) Ei­ne Par­tei kann die ursprüng­lich auf Fest­stel­lung ei­nes ge­genwärti­gen Rechts­verhält­nis­ses auf­ge­wand­ten Mühen nur dann aus Gründen der Pro­zess­wirt­schaft­lich­keit für die Fest­stel­lung ei­nes ver­gan­ge­nen Rechts­verhält­nis­ses ver­wer­ten, so­weit ei­ne Fra­ge rechts­kräftig geklärt wird, die für künf­ti­ge
 


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Rechts­strei­tig­kei­ten er­heb­lich sein kann. Vor­aus­set­zung ist, dass der Kläger sein fort­be­ste­hen­des In­ter­es­se hin­rei­chend be­gründet (Se­nat 21. Ju­li 2009 - 9 AZR 279/08 - Rn. 25 mwN).


cc) Das Vor­brin­gen des Klägers genügt die­sen An­for­de­run­gen.

(1) Der Se­nat hat mit Ur­teil vom 21. Ju­li 2009 ent­schie­den, im Fall ei­ner Rück­ver­set­zung auf den frühe­ren Ar­beits­platz feh­le das nöti­ge ge­genwärti­ge Fest­stel­lungs­in­ter­es­se für ei­ne Kla­ge auf Fest­stel­lung der feh­len­den Ver­pflich­tung, auf dem mit der Ver­set­zung zu­ge­wie­se­nen Ar­beits­platz zu ar­bei­ten, wenn sich der Kläger nur auf die abs­trak­te Ge­fahr ei­ner er­neu­ten Ver­set­zung be­ru­fe (- 9 AZR 279/08 - Rn. 24 ff.). Im dor­ti­gen Fall be­stan­den nach dem Vor­trag des Klägers kei­ne An­halts­punk­te für das Be­stre­ben ei­ner wei­te­ren Ver­set­zung.


(2) Der Streit­fall ist an­ders ge­la­gert. Die Be­klag­te be­ruft sich aus­drück­lich auf ihr Recht, künf­tig - eben­so wie schon in der Ver­gan­gen­heit - Sonn- und Fei­er­tags­ar­beit an­zu­ord­nen, so­bald auf ih­ren An­trag wie­der ei­ne Aus­nah­me­be­wil­li­gung er­teilt wird. Nach die­sem Vor­brin­gen muss der Kläger je­der­zeit da­mit rech­nen, er­neut zur Sonn- und Fei­er­tags­ar­beit her­an­ge­zo­gen zu wer­den, so­bald die Aus­las­tung des Be­triebs wie­der auf ei­nen Stand steigt, der den Verhält­nis­sen bei Schluss der Be­ru­fungs­ver­hand­lung ent­spricht. Der Vor­trag der Be­klag­ten, den sich der Kläger zu ei­gen ge­macht hat, lässt dies er­war­ten. Da die er­streb­te Fest­stel­lung noch Rechts­wir­kun­gen für die Zu­kunft ha­ben kann, be­steht auch noch in der Re­vi­si­ons­in­stanz ein Fest­stel­lungs­in­ter­es­se. Der Se­nat er­stellt mit dem Über­gang in die Sach­prüfung kein abs­trak­tes Rechts­gut­ach­ten.


III. Die Kla­ge hat in der Sa­che kei­nen Er­folg. Wird wie­der ei­ne Aus­nah­me­be­wil­li­gung er­teilt, ist der Kläger nach dem Ar­beits­ver­trag ver­pflich­tet, auch sonn- und fei­er­tags zu ar­bei­ten.


1. Die Kla­ge ist nicht schon des­halb un­be­gründet, weil es sich um ei­nen sog. Glo­balan­trag han­delt (vgl. für Mit­be­stim­mungs­rech­te BAG 10. März 2009



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- 1 ABR 87/07 - Rn. 11, 14 ff.; im Be­reich der Ar­beits­zeit LAG Ber­lin-Bran­den­burg 19. Fe­bru­ar 2009 - 26 Sa 1991/08 - Rn. 50 ff.). Sie er­fasst nach not­wen­di­ger Aus­le­gung kei­ne Fall­ge­stal­tun­gen, in de­nen der Kläger un­abhängig von der Streit­fra­ge der ver­trag­li­chen Be­schränkung des Di­rek­ti­ons-rechts ver­pflich­tet ist, Sonn- und Fei­er­tags­ar­beit zu leis­ten. Die er­streb­te Fest­stel­lung be­zieht sich nach der Kla­ge­be­gründung nicht auch auf vorüber­ge­hen­de Ar­bei­ten in Notfällen und an­de­ren außer­gewöhn­li­chen Fällen, in de­nen der Kläger nach § 611 Abs. 1 BGB iVm. dem Ar­beits­ver­trag an Sonn- und Fei­er­ta­gen ar­bei­ten muss (vgl. zu der Ver­pflich­tung des Ar­beit­neh­mers, in Not- und Aus­nah­mefällen Ar­beit zu leis­ten, de­ren Zu­wei­sung nicht vom all­ge­mei­nen Wei­sungs­recht ge­deckt ist, BAG 3. De­zem­ber 1980 - 5 AZR 477/78 - zu II 2 der Gründe, AP BGB § 615 Böswil­lig­keit Nr. 4 = EzA BGB § 615 Nr. 39).


2. Die Be­klag­te ist grundsätz­lich be­rech­tigt, dem Kläger Sonn- und Fei­er­tags­ar­beit zu­zu­wei­sen, wenn die Auf­sichts­behörde künf­tig ei­ne Aus­nah­me­be­wil­li­gung nach § 13 Abs. 4 oder 5 Arb­ZG er­teilt. Ist das Recht des Ar­beit­ge­bers zur Ver­tei­lung der Ar­beits­zeit nicht ge­setz­lich, kol­lek­tiv­recht­lich oder ein­zel­ver­trag­lich be­schränkt, legt der Ar­beit­ge­ber die Ar­beits­zeit­ver­tei­lung durch Wei­sung kraft sei­nes Di­rek­ti­ons­rechts aus § 106 Satz 1 Ge­wO fest.


a) Ei­ner Ver­pflich­tung des Klägers, auch außer­halb von Notfällen und an­de­ren außer­gewöhn­li­chen Fällen sonn- und fei­er­tags zu ar­bei­ten, steht das ge­setz­li­che Ver­bot der Sonn- und Fei­er­tags­ar­beit in § 9 Abs. 1 Arb­ZG nicht ent­ge­gen, wenn die Auf­sichts­behörde künf­tig wie­der ei­ne Aus­nah­me­be­wil­li­gung er­teilt.


aa) Das Di­rek­ti­ons­recht des Ar­beit­ge­bers (§ 106 Satz 1 Ge­wO) und sei­ne Ausübung wer­den durch ge­setz­li­che Ver­bo­te be­schränkt. § 9 Abs. 1 Arb­ZG, wo­nach Ar­beit­neh­mer an Sonn- und Fei­er­ta­gen nicht beschäftigt wer­den dürfen, ist ein sol­ches Ver­bots­ge­setz iSv. § 134 BGB. Die Re­ge­lung ist ei­ne ein­fach-ge­setz­li­che Aus­prägung des in Art. 140 GG iVm. Art. 139 WRV ent­hal­te­nen ver­fas­sungs­recht­li­chen Grund­sat­zes, dass der Sonn­tag und die staat­lich an­er­kann­ten Fei­er­ta­ge als Ta­ge der Ar­beits­ru­he und der see­li­schen Er­he­bung geschützt sind (vgl. im Zu­sam­men­hang mit § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
 


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La­dSchlG aF näher BVerfG 9. Ju­ni 2004 - 1 BvR 636/02 - zu B II der Gründe, BVerfGE 111, 10).

bb) Von dem Ver­bot der Sonn- und Fei­er­tags­ar­beit in § 9 Abs. 1 Arb­ZG be­ste­hen je­doch Aus­nah­men in §§ 10 bis 14 Arb­ZG. Die­se Vor­schrif­ten die­nen dem Aus­gleich zwi­schen dem Ge­bot der Sonn- und Fei­er­tags­ru­he in Art. 140 GG iVm. Art. 139 WRV und der von Art. 12 Abs. 1 GG geschütz­ten Be­rufs­ausübungs­frei­heit des Ar­beit­ge­bers. Die In­sti­tu­ti­on des Sonn- und Fei­er­tags ist durch die Ver­fas­sung ga­ran­tiert. Art und Aus­maß des Schut­zes müssen ge­setz­lich aus­ge­stal­tet wer­den. Der Kern­be­stand an Sonn- und Fei­er­tags­ru­he ist un­an­tast­bar, im Übri­gen be­steht Ge­stal­tungs­frei­heit des Ge­setz­ge­bers (BVerfG 9. Ju­ni 2004 - 1 BvR 636/02 - zu B II 1 a der Gründe, BVerfGE 111, 10).


(1) Nach § 13 Abs. 4 Arb­ZG soll die Auf­sichts­behörde ab­wei­chend von § 9 Arb­ZG be­wil­li­gen, dass Ar­beit­neh­mer an Sonn- und Fei­er­ta­gen mit Ar­bei­ten beschäftigt wer­den, die aus che­mi­schen, bio­lo­gi­schen, tech­ni­schen oder phy­si­ka­li­schen Gründen ei­nen un­un­ter­bro­che­nen Fort­gang auch an Sonn- und Fei­er­ta­gen er­for­dern. § 13 Abs. 5 Arb­ZG sieht vor, dass die Auf­sichts­behörde ab­wei­chend von § 9 Arb­ZG die Beschäfti­gung von Ar­beit­neh­mern an Sonn- und Fei­er­ta­gen zu be­wil­li­gen hat, wenn bei ei­ner weit­ge­hen­den Aus­nut­zung der ge­setz­lich zulässi­gen wöchent­li­chen Be­triebs­zei­ten und bei länge­ren Be­triebs­zei­ten im Aus­land die Kon­kur­renzfähig­keit un­zu­mut­bar be­ein­träch­tigt ist und durch die Ge­neh­mi­gung von Sonn- und Fei­er­tags­ar­beit die Beschäfti­gung ge­si­chert wer­den kann.


(2) Der Se­nat hat kei­ne Zwei­fel an der Ver­fas­sungs­kon­for­mität der Aus­nah­me­be­stim­mun­gen in § 13 Abs. 4 und 5 Arb­ZG. Dem steht nicht ent­ge­gen, dass die Vor­schrif­ten nicht - je­den­falls nicht nur - die „Ar­beit für den Sonn- und Fei­er­tag“ schützen, son­dern vor al­lem die „Ar­beit trotz des Sonn- und Fei­er­tags“. „Ar­beit für den Sonn- und Fei­er­tag“ kommt den Frei­zeit­bedürf­nis­sen der Bevölke­rung zu­gu­te, während „Ar­beit trotz des Sonn- und Fei­er­tags“ nicht in Zu­sam­men­hang mit den Frei­zeit­bedürf­nis­sen steht (vgl. zu die­ser Un­ter­schei­dung BVerfG 9. Ju­ni 2004 - 1 BvR 636/02 - zu B II 1 b der Gründe, BVerfGE 111, 10). Ob­wohl die Abwägung zwi­schen den Frei­zeit­be­lan­gen der
 


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Bevölke­rung und der Be­las­tung der Ar­beit­neh­mer durch Ar­beit den Sonn- und Fei­er­tags­schutz im Fall der „Ar­beit für den Sonn- und Fei­er­tag“ eher zurück­tre­ten las­sen kann, be­steht auch für „Ar­beit trotz des Sonn- und Fei­er­tags“ ein er­heb­li­cher Ge­stal­tungs­spiel­raum des Ge­setz­ge­bers (vgl. BVerfG 9. Ju­ni 2004 - 1 BvR 636/02 - aaO). § 13 Abs. 4 und 5 Arb­ZG wahrt we­gen der dort be­gründe­ten en­gen Vor­aus­set­zun­gen die Gren­zen die­ses Ge­stal­tungs­raums zur Über­zeu­gung des Se­nats. Ei­ne Vor­la­ge an das BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG schei­det da­her aus.

(3) Er­teilt die Auf­sichts­behörde auf der Grund­la­ge von § 13 Abs. 4 oder 5 Arb­ZG er­neut ei­ne Aus­nah­me­be­wil­li­gung, steht ei­ner Wei­sung der Be­klag­ten ge­genüber dem Kläger, Sonn- und Fei­er­tags­ar­beit zu leis­ten, das ge­setz­li­che Ver­bot des § 9 Abs. 1 Arb­ZG nicht länger ent­ge­gen. Der Kläger will die er­streb­te Fest­stel­lung nach ge­bo­te­ner Aus­le­gung ge­ra­de für den Fall ge­trof­fen ha­ben, dass wie­der ei­ne Aus­nah­me­be­wil­li­gung er­teilt wird.


b) Der Pflicht des Klägers, auf Wei­sung der Be­klag­ten Sonn- und Fei­er­tags­ar­beit zu leis­ten, steht kei­ne Be­stim­mung des Kol­lek­tiv­rechts ent­ge­gen. Das Di­rek­ti­ons­recht der Be­klag­ten aus § 106 Satz 1 Ge­wO ist nicht durch Ta­rif­ver­trag ein­ge­schränkt. Die An­ord­nung von Sonn- und Fei­er­tags­ar­beit ist im be­triebs­rats­lo­sen Be­trieb der Be­klag­ten nicht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 Be­trVG mit­be­stim­mungs­pflich­tig.


c) Das Wei­sungs­recht der Be­klag­ten ist auch nicht durch den Ar­beits­ver­trag be­schränkt. Das hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt zu­tref­fend er­kannt.


aa) Die letz­ten drei Verträge zwi­schen dem Kläger und den Rechts­vorgänge­rin­nen der Be­klag­ten sind von den Ar­beit­ge­be­rin­nen vor­for­mu­lier­te Verträge, die sie nach dem Er­schei­nungs­bild mehr­fach ver­wen­det ha­ben. Die Verträge ent­hal­ten über die persönli­chen Da­ten des Klägers hin­aus kei­ne in­di­vi­du­el­len Be­son­der­hei­ten. Den In­halt sol­cher Mus­ter­verträge darf der Se­nat selbst un­ein­ge­schränkt nach §§ 133, 157 BGB aus­le­gen (für die st. Rspr. Se­nat 19. Mai 2009 - 9 AZR 145/08 - Rn. 42).
 


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bb) Verträge sind nach § 157 BGB so aus­zu­le­gen, wie Treu und Glau­ben mit Rück­sicht auf die Ver­kehrs­sit­te es er­for­dern. Da­bei ist nach § 133 BGB aus­ge­hend vom ob­jek­ti­ven Wort­laut der wirk­li­che Wil­le des Erklären­den zu er­for­schen und nicht am buchstäbli­chen Sinn des Aus­drucks zu haf­ten (zum Ver­bot der sog. Buch­sta­benin­ter­pre­ta­ti­on zB Pa­landt/El­len­ber­ger BGB 68. Aufl. § 133 Rn. 14). Bei der Aus­le­gung sind al­le tatsächli­chen Be­gleit­umstände der Erklärung zu berück­sich­ti­gen, die für die Fra­ge von Be­deu­tung sein können, wel­chen Wil­len der Erklären­de bei sei­ner Erklärung ge­habt hat und wie die Erklärung von ih­rem Empfänger zu ver­ste­hen war (st. Rspr., vgl. Se­nat 3. April 2007 - 9 AZR 283/06 - Rn. 48, BA­GE 122, 33).

cc) Die Par­tei­en woll­ten das Di­rek­ti­ons­recht der Be­klag­ten ge­mes­sen an die­sen Grundsätzen nicht da­hin be­schränken, dass Sonn- und Fei­er­tags­ar­beit aus­ge­schlos­sen sein soll­te.


(1) Die Ver­ein­ba­rung, an wel­chen Wo­chen­ta­gen die Ar­beits­leis­tung zu er­brin­gen ist, kann aus­drück­lich oder kon­klu­dent ge­schlos­sen wer­den. Wird kei­ne be­stimm­te Fest­le­gung ge­trof­fen, ge­hen die Ver­trags­par­tei­en von der Ar­beits­zeit­ver­tei­lung aus, die zur Zeit des Ab­schlus­ses des Ar­beits­ver­trags im Be­trieb be­steht (vgl. BAG 23. Ju­ni 1992 - 1 AZR 57/92 - zu II 2 der Gründe, AP BGB § 611 Ar­beits­zeit Nr. 1 = EzA BGB § 611 Di­rek­ti­ons­recht Nr. 12; da­zu kri­tisch, aber im Er­geb­nis zu­stim­mend Hromad­ka DB 1995, 2601, 2603 f.).


(a) Der letz­te zwi­schen dem Kläger und ei­ner der Rechts­vorgänge­rin­nen der Be­klag­ten ge­schlos­se­ne Ände­rungs­ver­trag vom 13. März 2003 sieht ei­nen drei­schich­ti­gen Ar­beits­ein­satz in ei­nem be­stimm­ten Schicht­mo­dell in der 40-St­un­den-Wo­che vor. Im Übri­gen soll­ten die Re­ge­lun­gen des Ver­trags vom 27. Ju­ni 1991 auf­recht­er­hal­ten blei­ben. Die Ver­trags­par­tei­en hat­ten schon in die­sem Ver­trag Schicht­ar­beit in der 40-St­un­den-Wo­che ver­ein­bart.


(b) Mit dem letz­ten Ver­trag vom 13. März 2003 schlos­sen die Ver­trags­par­tei­en die An­ord­nung von Sonn- und Fei­er­tags­ar­beit nicht aus. Sie gin­gen im vor­letz­ten Ver­trag vom 27. Ju­ni 1991 viel­mehr nur von der im Ver­trag vom 6. Ju­li 1989 ver­ein­bar­ten sog. Nor­mal­ar­beits­zeit in der 37-St­un­den-Wo­che auf
 


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Schicht­ar­beit in der 40-St­un­den-Wo­che über. Im letz­ten Ände­rungs­ver­trag vom 13. März 2003 präzi­sier­ten sie die Schicht­ar­beits­zeit auf ein drei­schich­ti­ges Ar­beits­zeit­mo­dell.


(2) Der Kläger kann sich nicht mit Er­folg dar­auf be­ru­fen, dass im Be­trieb bei Ab­schluss der letz­ten Ände­rungs­ver­ein­ba­rung vom 13. März 2003 noch kei­ne Sonn- und Fei­er­tags­ar­beit ge­leis­tet wur­de.


(a) Tref­fen die Ver­trags­par­tei­en kei­ne aus­drück­li­che Re­ge­lung über die Ver­tei­lung der Ar­beits­zeit oder erwähnen sie die Ar­beits­zeit­ver­tei­lung - wie hier - nur in Tei­len, gilt zwar zunächst die bei Ver­trags­schluss be­triebsübli­che Ar­beits­zeit. Ei­ner Ände­rungskündi­gung be­darf es den­noch nicht. In­halt ei­ner sol­chen Ab­re­de ist le­dig­lich, dass die ver­ein­bar­te Ar­beits­leis­tung zu den je­weils wirk­sam be­stimm­ten be­trieb­li­chen Ar­beits­zei­ten zu er­brin­gen ist. Der Ar­beit­ge­ber ist in den Gren­zen des Ge­set­zes-, Kol­lek­tiv- und In­di­vi­du­al­ver­trags­rechts durch sein Wei­sungs­recht be­rech­tigt, die im Ar­beits­ver­trag ver­ein­bar­te Ar­beits­pflicht ua. hin­sicht­lich der Ver­tei­lung der Ar­beits­zeit näher fest­zu­le­gen (vgl. BAG 23. Ju­ni 1992 - 1 AZR 57/92 - zu II 2 der Gründe, AP BGB § 611 Ar­beits­zeit Nr. 1 = EzA BGB § 611 Di­rek­ti­ons­recht Nr. 12).


(b) Ein ent­spre­chen­der Wil­le des Ar­beit­ge­bers ist für den Ar­beit­neh­mer re­gelmäßig - auch im Fall der nicht bran­chenübli­chen Sonn- und Fei­er­tags­ar­beit - er­kenn­bar. Die Ar­beits­leis­tung muss im Be­trieb zu­min­dest in Teil­be­rei­chen zu glei­chen Zei­ten er­bracht wer­den. Das spricht ge­gen ei­nen Wil­len des Ar­beit­ge­bers, mit je­dem Ar­beit­neh­mer in­di­vi­du­ell ei­ne un­veränder­li­che La­ge der Ar­beits­zeit zu ver­ein­ba­ren. Ein Wech­sel der La­ge der Ar­beits­zeit kann aus ver­schie­de­nen Gründen er­for­der­lich wer­den. Zu den­ken ist zB an wirt­schaft­li­che oder tech­ni­sche Gründe. Der­ar­ti­ge Gründe lie­gen häufig auch Re­ge­lun­gen der Ver­tei­lung der Ar­beits­zeit zu­grun­de, die nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 Be­trVG mit­be­stimmt sind, wenn ab­wei­chend vom Streit­fall ein Be­triebs­rat ge­bil­det ist. Ein Ar­beit­neh­mer, der aus persönli­chen Gründen an ei­ner be­stimm­ten Ver­tei­lung der Ar­beits­zeit in­ter­es­siert ist, muss da­her mit dem Ar­beit­ge­ber ver­ein­ba­ren, dass sei­ne Ar­beits­zeit nicht von der be­triebsübli­chen Ar­beits­zeit abhängen soll und nur ein­ver­nehm­lich geändert wer­den kann. Das


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gilt auch dann, wenn die bei Ver­trags­schluss gel­ten­de be­triebsübli­che Ar­beits­zeit den Wünschen des Ar­beit­neh­mers ent­spricht (vgl. BAG 23. Ju­ni 1992 - 1 AZR 57/92 - zu II 2 der Gründe, AP BGB § 611 Ar­beits­zeit Nr. 1 = EzA BGB § 611 Di­rek­ti­ons­recht Nr. 12).


(c) Die Ver­trags­par­tei­en be­schrei­ben die Ver­tei­lung der Ar­beits­zeit re­gelmäßig nur, wenn sie ein be­stimm­tes Ar­beits­zeit­ver­tei­lungs­mo­dell - et­wa Schicht­ar­beit - im Ver­trag an­spre­chen. Die Be­fug­nis des Ar­beit­ge­bers, die Ar­beits­zeit zu ver­tei­len, ist Kern­ge­gen­stand des Di­rek­ti­ons­rechts aus § 106 Satz 1 Ge­wO (AnwK-ArbR/Boecken § 106 Ge­wO Rn. 25). Wol­len die Ver­trags­par­tei­en das Wei­sungs­recht des Ar­beit­ge­bers für die Ar­beits­zeit­ver­tei­lung durch ei­ne kon­sti­tu­ti­ve Re­ge­lung ein­schränken, müssen hierfür kon­kre­te An­halts­punk­te be­ste­hen (zu­min­dest im Er­geb­nis eben­so DFL/Kle­beck 2. Aufl. § 106 Ge­wO Rn. 23; HWK/Lembke 3. Aufl. § 106 Ge­wO Rn. 38; Schaub/Linck ArbR-Hdb. 13. Aufl. § 45 Rn. 67, 68). Das gilt auch für den Aus­schluss von Sonn- und Fei­er­tags­ar­beit (ähn­lich Kütt­ner/Rei­ne­cke Per­so­nal­buch 2009 Sonn- und Fei­er­tags­ar­beit Rn. 11; aA in der Ten­denz wohl Preis/Lin­de­mann in Preis Der Ar­beits­ver­trag 3. Aufl. II A 90 Rn. 38; of­fen­ge­las­sen von ErfK/Preis § 106 Ge­wO Rn. 19). Der ver­fas­sungs­recht­lich geschütz­te Grund­satz der Sonn- und Fei­er­tags­ru­he lässt Aus­nah­men zu, wie sie in §§ 10 bis 14 Arb­ZG ent­hal­ten sind. Die­sen Um­stand und den idR an­zu­neh­men­den Wil­len des Ar­beit­ge­bers, von den be­ste­hen­den öffent­lich-recht­li­chen Aus­nah­men Ge­brauch zu ma­chen und ih­nen durch Wei­sung ver­trags­recht­lich Gel­tung zu ver­schaf­fen, muss der Ar­beit­neh­mer bei Ver­trags­schluss in Rech­nung stel­len.


(d) Die Ver­trags­par­tei­en schlos­sen Sonn- und Fei­er­tags­ar­beit hier bei der letz­ten Ver­tragsände­rung vom 13. März 2003 nicht aus. Auf ei­nen sol­chen Aus­schluss deu­ten kei­ne be­son­de­ren Umstände hin. Die Ver­trags­par­tei­en be­gnügten sich viel­mehr mit ei­ner be­schrei­ben­den Re­ge­lung der Ar­beits­zeit­ver­tei­lung in Form von Schicht­ar­beit. Da­mit über­ließen sie die nähe­re Fest­le­gung der Ar­beits­zeit­ver­tei­lung dem Di­rek­ti­ons­recht der Rechts­vorgänge­rin der Be­klag­ten. Der Ar­beit­ge­ber darf grundsätz­lich in Ausübung sei­nes Wei­sungs­rechts be­stim­men, wel­che Art von Leis­tun­gen der Ar­beit­neh­mer zu wel­chen Zei­ten zu

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er­brin­gen hat (vgl. BAG 25. April 2007 - 6 AZR 799/06 - Rn. 16, BA­GE 122, 225). Das Di­rek­ti­ons­recht ermöglicht es dem Ar­beit­ge­ber, die im Ar­beits­ver­trag nur rah­menmäßig um­schrie­be­ne Leis­tungs­pflicht im Ein­zel­nen nach zeit­li­cher Ver­tei­lung, Art und Ort zu be­stim­men (vgl. BAG 23. Sep­tem­ber 2004 - 6 AZR 567/03 - zu IV 1 der Gründe, BA­GE 112, 80).

dd) Der Um­stand, dass die Be­klag­te und ih­re Rechts­vorgänge­rin­nen von 1977 bis 2007 und da­mit während der Dau­er von 30 Jah­ren kei­ne Sonn- und Fei­er­tags­ar­beit an­ord­ne­ten, schließt die Be­rech­ti­gung der Be­klag­ten hier­zu nach § 106 Satz 1 Ge­wO nicht aus.


(1) Ei­ne Ände­rung der ursprüng­lich ver­ein­bar­ten Rech­te und Pflich­ten durch sog. Kon­kre­ti­sie­rung in ei­nen ein­sei­tig nicht veränder­li­chen Ver­trags­in­halt tritt nicht al­lein da­durch ein, dass der Ar­beit­neh­mer länge­re Zeit in der­sel­ben Wei­se ein­ge­setzt wur­de, zB bis­her kei­ne Sonn- und Fei­er­tags­ar­beit zu leis­ten hat­te. Zum rei­nen Zeit­ab­lauf müssen be­son­de­re Umstände hin­zu­tre­ten, die er­ken­nen las­sen, dass der Ar­beit­neh­mer nur noch ver­pflich­tet sein soll, sei­ne Ar­beit un­verändert zu er­brin­gen (vgl. BAG 11. Fe­bru­ar 1998 - 5 AZR 472/97 - zu II 1 c der Gründe, AP BGB § 611 Di­rek­ti­ons­recht Nr. 54 = EzA BGB § 315 Nr. 48; vgl. für die st. Rspr. auch BAG 23. Sep­tem­ber 2004 - 6 AZR 567/03 - zu III der Gründe, BA­GE 112, 80; 23. Ju­ni 1992 - 1 AZR 57/92 - zu II 3 der Gründe, AP BGB § 611 Ar­beits­zeit Nr. 1 = EzA BGB § 611 Di­rek­ti­ons­recht Nr. 12).

(2) Der Kläger hat sol­che be­son­de­ren Umstände, die ihn be­rech­tigt hätten, dar­auf zu ver­trau­en, dass er fort­dau­ernd nicht sonn- und fei­er­tags ar­bei­ten muss, nicht be­haup­tet. Sie sind auch nicht er­sicht­lich.

ee) Der Kläger wen­det sich nicht ge­gen die Wie­der­ho­lung be­stimm­ter Wei­sun­gen der Be­klag­ten, mit de­nen sie an ein­zel­nen Ta­gen Sonn- oder Fei­er­tags­ar­beit an­ord­ne­te. Er nimmt viel­mehr an, Sonn- und Fei­er­tags­ar­beit sei grundsätz­lich aus­ge­schlos­sen, weil sie ver­trag­lich nicht aus­drück­lich vor-ge­se­hen sei. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat zu­dem kei­nen be­stimm­ten Schicht-plan fest­ge­stellt (vgl. da­ge­gen die Schicht­pläne, die den Ent­schei­dun­gen des
 


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BAG vom 23. Sep­tem­ber 2004 - 6 AZR 567/03 - zu IV 2 der Gründe, BA­GE 112, 80 und 11. Fe­bru­ar 1998 - 5 AZR 472/97 - zu II 2 der Gründe, AP BGB § 611 Di­rek­ti­ons­recht Nr. 54 = EzA BGB § 315 Nr. 48 zu­grun­de la­gen). Der Se­nat hat des­halb nicht zu über­prüfen, ob künf­tig ein­zel­ne An­ord­nun­gen von Sonn- und Fei­er­tags­ar­beit durch die Be­klag­te ge­genüber dem Kläger bil­li­gem Er­mes­sen iSv. § 106 Satz 1 Ge­wO iVm. § 315 BGB ent­spre­chen und da­mit ei­ner sog. Ausübungs­kon­trol­le stand­hal­ten. Die Be­fug­nis der Be­klag­ten zu ein­zel­nen Wei­sun­gen und die Fra­ge mögli­cher ent­ge­gen­ste­hen­der be­rech­tig­ter In­ter­es­sen des Klägers zB aus persönli­chen oder fa­mi­liären Gründen sind nicht Ge­gen­stand der Kla­ge und die­ser Ent­schei­dung.


3. Das Aus­le­gungs­er­geb­nis der nach dem Ar­beits­ver­trag nicht aus­ge­schlos­se­nen Sonn- und Fei­er­tags­ar­beit und des da­mit un­be­schränk­ten Di­rek­ti­ons­rechts der Be­klag­ten hält ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Re­vi­si­on auch ei­ner Kon­trol­le nach dem Recht der All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen stand.


a) Die Teil­re­ge­lung der Ver­tei­lung der Ar­beits­zeit in der Ände­rungs­ver­ein­ba­rung vom 13. März 2003 ist nach dem äußeren Er­schei­nungs­bild des Ver­trags ei­ne für ei­ne Viel­zahl von Verträgen vor­for­mu­lier­te Ver­trags­be­din­gung und da­mit ei­ne All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gung iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB.


b) Der wirk­li­che Wil­le der Par­tei­en, der auf kei­nen Aus­schluss von Sonn- und Fei­er­tags­ar­beit ge­rich­tet ist, ist nach ge­bo­te­ner Aus­le­gung un­zwei­fel­haft. Das in die­sem Zu­sam­men­hang un­ein­ge­schränk­te Wei­sungs­recht der Be­klag­ten lässt sich mit­hil­fe der herkömmli­chen Aus­le­gungs­me­tho­den er­mit­teln. Auf die Un­klar­hei­ten­re­gel des § 305c Abs. 2 BGB kann dem­ge­genüber nur zurück­ge­grif­fen wer­den, wenn nach Ausschöpfung der an­er­kann­ten Aus­le­gungs­me­tho­den nicht be­heb­ba­re Zwei­fel blei­ben (Se­nat 15. April 2008 - 9 AZR 159/07 - Rn. 71, AP TVG § 1 Al­ters­teil­zeit Nr. 38 = EzA TVG § 4 Ta­rif­kon­kur­renz Nr. 21; BAG 17. Ok­to­ber 2007 - 4 AZR 812/06 - Rn. 23, AP BAT § 53 Nr. 9). Für ei­ne An­wen­dung der Un­klar­hei­ten­re­gel ist an­ge­sichts des - für ei­nen durch­schnitt­li­chen Ver­trags­part­ner der ver­wen­den­den Rechts­vorgänge­rin der Be­klag­ten - ein­deu­ti­gen Aus­le­gungs­er­geb­nis­ses kein Raum (vgl. Se­nat
 


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19. Mai 2009 - 9 AZR 145/08 - Rn. 49; BAG 24. Sep­tem­ber 2008 - 6 AZR 76/07 - Rn. 27, AP BGB § 305c Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 15).


c) Der Re­ge­lungs­ge­halt des Ände­rungs­ver­trags vom 13. März 2003 ist we­der über­ra­schend iSv. § 305c Abs. 1 BGB noch un­klar iSv. § 307 Abs. 3 Satz 2, Abs. 1 Satz 2 iVm. Abs. 1 Satz 1 BGB (zu der bloßen Trans­pa­renz­kon­trol­le von Klau­seln, die nicht von Rechts­vor­schrif­ten ab­wei­chen oder die­se ergänzen, näher Se­nat 15. April 2008 - 9 AZR 159/07 - Rn. 78, AP TVG § 1 Al­ters­teil­zeit Nr. 38 = EzA TVG § 4 Ta­rif­kon­kur­renz Nr. 21). Ver­trags­be­stim­mun­gen, die aus­drück­lich nur ei­nen Teil des Sach­ver­halts re­geln und im Übri­gen kon­klu­dent auf das Ge­set­zes­recht - hier § 106 Satz 1 Ge­wO - ver-wei­sen, ent­spre­chen ei­ner nicht nur im Ar­beits­recht gebräuch­li­chen und durch­schau­ba­ren Re­ge­lungs­tech­nik (vgl. BAG 14. März 2007 - 5 AZR 630/06 - Rn. 28 f., BA­GE 122, 12).


B. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kos­ten sei­ner er­folg­lo­sen Re­vi­si­on zu tra­gen.

Düwell 

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