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LAG Mün­chen, Ur­teil vom 11.02.2009, 11 Sa 381/08

   
Schlagworte: Betriebsübergang, Schadensersatz
   
Gericht: Landesarbeitsgericht München
Aktenzeichen: 11 Sa 381/08
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 11.02.2009
   
Leitsätze:

Die Entscheidung befasst sich mit dem behaupteten Schadensersatzanspruch eines Arbeitnehmers gegen den Betriebsveräußerer wegen unzureichender Unterrichtung im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang. Als Schadensersatz hat er die gerichtliche Feststellung des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses beim Betriebsveräußerer eingeklagt. Der Kläger hatte allerdings auch nach Kenntniserlangung der fehlerhaften Unterrichtung von der Möglichkeit, Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses einzulegen, keinen Gebrauch gemacht. Das Gericht kommt zu dem Ergebnis, dass der behauptete Schaden - Übergang des Arbeitsverhältnisses auf den inzwischen insolventen Erwerber - nicht kausal auf die fehlerhafte Information, sondern auf den Verzicht zur Einlegung des Widerspruchs zurückzuführen ist.

 

Vorinstanzen: Arbeitsgericht München
   

11 Sa 381/08

31 Ca 2418/07
(ArbG München) 

 

Verkündet am: 11.02.2009

He­ger, Reg. Ober­se­kretär
Ur­kunds­be­am­ter

der Geschäfts­stel­le

 

Lan­des­ar­beits­ge­richt München


Im Na­men des Vol­kes


UR­TEIL


In dem Rechts­streit


M.B.

 

- Kläger und Be­ru­fungskläger -


Pro­zess­be­vollmäch­tig­te:


ge­gen


Fir­ma S. AG


- Be­klag­te und Be­ru­fungs­be­klag­te -


Pro­zess­be­vollmäch­tig­te:

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hat die 11. Kam­mer des Lan­des­ar­beits­ge­richts München auf Grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 14. Ja­nu­ar 2009 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Lan­des­ar­beits­ge­richt Dr. Oben­aus und die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Schee­le und Jung

für Recht er­kannt:


1. Die Be­ru­fung des Klägers ge­gen das En­dur­teil des Ar­beits­ge­richts München vom 12. De­zem­ber 2007, Az.: 31 Ca 2418/07, wird auf Kos­ten des Klägers zurück­ge­wie­sen.


2. Die Re­vi­si­on wird zu­ge­las­sen.


Tat­be­stand:


Die Par­tei­en strei­ten über den Fort­be­stand ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses, hilfs­wei­se über ei­nen Scha­dens­er­satz­an­spruch des Klägers ge­gen die Be­klag­te.


Der Aus­ein­an­der­set­zung liegt im We­sent­li­chen fol­gen­der Sach­ver­halt zu Grun­de:


Der Kläger war seit 1. Sep­tem­ber 2000 bei der Be­klag­ten mit ei­ner Brut­to­mo­nats­vergütung von zu­letzt € 0,-- beschäftigt.


Die Be­klag­te schloss am 17. Au­gust 2005 anläss­lich der be­ab­sich­tig­ten Veräußerung des Be­reichs C. (M. D.) an die B. M. GmbH & Co. OHG (im Fol­gen­den: B. M.) mit dem bei der Be­klag­ten ge­bil­de­ten Ge­samt­be­triebs­rat ei­ne „Be­triebs­ver­ein­ba­rung zur Über­lei­tung der Beschäfti­gungs­be­din­gun­gen der von der S. AG, C. zur B. M. GmbH & Co. OHG über­ge­hen­den Mit­ar­bei­ter (Ta­rif­kreis)“ (Bl. 60 d. A.) samt Pro­to­koll­no­tiz (Bl. 58 d. A.). Un­ter Zif­fer 4. der Pro­to­koll­no­tiz „Nach­teils­aus­gleich bei be­triebs­be­ding­ter Kündi­gung“ war Fol­gen­des ge­re­gelt:
 

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„Aus heu­ti­ger Sicht sind kei­ne be­triebs­be­ding­ten Kündi­gun­gen vor­ge­se­hen.

Soll­te es je­doch vor dem 31.09.2008 zu be­triebs­be­ding­ten Kündi­gun­gen / Auf­he­bungs­verträgen zur Ver­mei­dung ei­ner be­triebs­be­ding­ten Kündi­gung bei B. M. kom­men, er­hal­ten Mit­ar­bei­ter, die aus B. M. aus­schei­den, oh­ne gleich­zei­tig in den Ru­he­stand zu ge­hen, von B. M. ei­ne Ab­fin­dung auf Ba­sis des Brut­to­mo­nats­ein­kom­mens im Über­tritts­zeit­punkt nach der am je­wei­li­gen Stand­ort der­zeit (Stand 16.08.2005) be­ste­hen­den / letztgülti­gen S.-So­zi­al­plan­re­ge­lung.


Es gilt fol­gen­de Re­ge­lung, so­fern nichts Ab­wei­chen­des zwi­schen B. M. und dem (Ge­samt-)Be­triebs­rat ver­ein­bart wird:


• Bei ei­nem Aus­schei­den nach bis zu 1 Jahr ab Über­gang 100 %
• Bei ei­nem Aus­schei­den nach bis zu 2 Jah­ren ab Über­gang 80 %
• Bei ei­nem Aus­schei­den nach bis zu 3 Jah­ren ab Über­gang 60 %


der Ab­fin­dungs­sum­me gemäß der am je­wei­li­gen Stand­ort gel­ten­den S.-Re­ge­lung.


Vor­aus­set­zung ist, dass un­mit­tel­bar nach dem be­triebs­be­ding­ten Aus­schei­den aus B. M. kei­ne Tätig­keit bei ei­nem ver­bun­de­nen Un­ter­neh­men der B. M. oder der S. AG auf­ge­nom­men wird.


Wird in­ner­halb von drei Jah­ren nach dem Aus­schei­den ei­ne Beschäfti­gung bei B. M., der S. AG oder bei ei­nem ver­bun­de­nen Un­ter­neh­men auf­ge­nom­men, be­steht ei­ne Rück­zah­lungs­ver­pflich­tung für den zu 3 Jah­ren feh­len­den Zeit­raum in Höhe von 1/36 der Ab­fin­dungs­sum­me je Mo­nat.“


Mit Schrei­ben vom 29. Au­gust 2005 (Bl. 50 d. A.) teil­te die Be­klag­te dem Kläger wie auch den an­de­ren Mit­ar­bei­tern der Spar­te C. mit, dass der Be­reich C. zum 1. Ok­to­ber 2005 auf die B. M. über­ge­he.


Mit Da­tum vom 9. Au­gust 2006 un­ter­zeich­ne­ten der Kläger so­wie die B. M. ei­nen Auflösungs­ver­trag, dem­zu­fol­ge das Ar­beits­verhält­nis zum Ab­lauf des 31. Ok­to­ber 2006 ge­gen Zah­lung ei­ner Ab­fin­dung von 42.500,-- € sein En­de fin­den soll­te. Der Kläger hat dem Be­triebsüber­gang auf B. M. nicht wi­der­spro­chen.


B. M. be­an­trag­te am 28. Sep­tem­ber 2006 die Eröff­nung des In­sol­venz­ver­fah­rens, wel­che zum 1. Ja­nu­ar 2007 er­folg­te. Die ver­ein­bar­te Ab­fin­dung ist im Hin­blick auf die In­sol­venz bis­her nicht zur Aus­zah­lung ge­langt.

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Mit sei­ner beim Ar­beits­ge­richt am 16. Fe­bru­ar 2007 ein­ge­gan­ge­nen Kla­ge vom sel­ben Tag hat der Kläger - un­ter Berück­sich­ti­gung späte­rer Kla­geände­rung - die Ver­ur­tei­lung der Be­klag­ten zur Zah­lung von 42.500,-- €, hilfs­wei­se die Zah­lung ei­ner an­ge­mes­se­nen Ab­fin­dung be­gehrt.


Zur Be­gründung hat er aus­geführt, er ha­be ei­nen An­spruch auf Scha­dens­er­satz in Höhe der ent­gan­ge­nen Ab­fin­dung ge­gen die Be­klag­te. Da­bei könne sich die Haf­tung der Be­klag­ten u. a. aus dem Ge­sichts­punkt der Haf­tung als Ver­tre­ter mit bzw. oh­ne Ver­tre­tungs­macht, aus Ga­ran­tie­erklärung oder aus der Be­triebs­ver­ein­ba­rung vom 17. Au­gust 2005 er­ge­ben. Sch­ließlich könne sie sich auch dar­aus er­ge­ben, dass die Be­klag­te ih­re In­for­ma­ti­ons­pflicht gemäß § 613 a BGB nicht erfüllt ha­be. In je­dem Fal­le ha­be er ei­nen An­spruch auf Ab­fin­dung gemäß § 113 Be­trVG, da die Be­klag­te über die ei­gent­lich durch­geführ­te Maßnah­me kei­nen In­ter­es­sen­aus­gleich ver­sucht ha­be.


Der Kläger hat erst­in­stanz­lich be­an­tragt:

Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an die Kla­ge­par­tei 42.500,-- € brut­to nebst Zin­sen hier­aus in Höhe von 5 % über dem Ba­sis­zins­satz seit 31. Ok­to­ber 2006 zu zah­len.


Hilfs­wei­se:


Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an die Kla­ge­par­tei ei­ne Ab­fin­dung für den Ver­lust des Ar­beits­plat­zes, de­ren Höhe in das Er­mes­sen des Ge­richts ge­stellt wird, zu be­zah­len.


Die Be­klag­te hat Kla­ge­ab­wei­sung be­an­tragt und zur Be­gründung aus­geführt, der An­trag auf Zah­lung ei­ner Ab­fin­dung sei schon nicht schlüssig. Ein An­spruch aus der Pro­to­koll­no­tiz zur Über­lei­tungs-Ver­ein­ba­rung sei nicht denk­bar, da die Pro­to­koll­no­tiz als Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung auf die B. M. über­ge­gan­gen sei. Wei­te­re An­spruchs­grund­la­gen sei­en nicht er­kenn­bar. Zu­dem könne der Be­klag­ten kein Fehl­ver­hal­ten vor­ge­wor­fen wer­den.

Hin­sicht­lich des wei­te­ren Sach- und Rechts­vor­trags ers­ter In­stanz wird auf die von den Par­tei­en ge­wech­sel­ten Schriftsätze so­wie auf die zu Pro­to­koll ge­ge­be­nen Erklärun­gen Be­zug ge­nom­men.


Das Ar­beits­ge­richt München hat mit En­dur­teil vom 12. De­zem­ber 2007, das dem Kläger am 25. März 2008 zu­ge­stellt wor­den ist, die Kla­ge ab­ge­wie­sen.

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Zur Be­gründung hat das Ar­beits­ge­richt aus­geführt, der An­spruch des Klägers ge­gen die Be­klag­te auf Be­zah­lung von 42.500,-- € Scha­dens­er­satz sei aus kei­nem recht­li­chen Ge­sichts­punkt denk­bar. Da­bei sei zunächst da­von aus­zu­ge­hen, dass das Ar­beits­verhält­nis des Klägers gemäß § 613 a BGB auf die B. M. über­ge­gan­gen sei. Da­mit könne sich ein An­spruch ge­gen die Be­klag­te nur aus de­ren Hand­lun­gen vor dem Be­triebsüber­gang oder anläss­lich des Be­triebsüber­gangs er­ge­ben. Ei­ne An­spruchs­grund­la­ge er­ge­be sich nicht aus der zwi­schen der Be­klag­ten und de­ren Ge­samt­be­triebs­rat am 7. Au­gust 2005 ge­schlos­se­nen Über­lei­tungs­ver­ein­ba­rung nebst Pro­to­koll­no­tiz. Die­se Ver­ein­ba­rung sei als Ver­trag zu­las­ten Drit­ter un­wirk­sam und im Übri­gen durch die zwi­schen B. M. und de­ren Be­triebs­rat ab­ge­schlos­se­nen So­zi­alpläne er­setzt. Sch­ließlich sei die B. M. der Ver­pflich­tung auch nach­ge­kom­men und ha­be mit dem Kläger die Zah­lung ei­ner Ab­fin­dung ver­ein­bart. Ei­ne Haf­tung der Be­klag­ten für den Fall, dass B. M. die ver­ein­bar­te Ab­fin­dung letzt­lich nicht be­zah­le, sei nicht er­kenn­bar. Ein Scha­dens­er­satz­an­spruch er­ge­be sich auch nicht aus dem Ge­sichts­punkt, dass die Be­klag­te dem Kläger anläss­lich des Be­triebsüber­gangs nicht aus­rei­chen­de oder gar fal­sche In­for­ma­tio­nen ge­ge­ben ha­be. Es sei zunächst frag­lich, ob sich aus der Ver­let­zung der Ver­pflich­tun­gen zur In­for­ma­ti­on gemäß § 613 a BGB über­haupt ein Scha­dens­er­satz­an­spruch er­ge­ben könne. In je­dem Fall schei­de ein Scha­dens­er­satz­an­spruch schon des­halb aus, weil der Kläger das scha­dens­auslösen­de Er­eig­nis sel­ber ge­setzt ha­be. Er ha­be nämlich dem Über­gang sei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses im Zu­sam­men­hang mit dem Be­triebsüber­gang un­strei­tig nicht wi­der­spro­chen. Un­ter­stellt, er hätte wi­der­spro­chen, verböte sich im Fall der dor­ti­gen Wei­ter­beschäfti­gung ein Ab­fin­dungs­an­spruch we­gen Aus­schei­dens von selbst. Im Fall des dor­ti­gen Aus­schei­dens hätte der Kläger nach den Re­ge­lun­gen bei der Be­klag­ten und sei­nem Ver­kaufs­ge­schick ei­ne Ab­fin­dung er­hal­ten oder auch nicht. Dies hätte - so das Ar­beits­ge­richt - mit dem Be­triebsüber­gang an sich nichts zu tun. Im Fall ei­nes wirk­sa­men Wi­der­spruchs wäre es nach des­sen Auf­fas­sung zu kei­nem Scha­dens­er­eig­nis ge­kom­men. Im Fall ei­nes un­wirk­sa­men Wi­der­spruchs wäre ein Scha­dens­er­satz­an­spruch ge­gen die Be­klag­te eben­falls aus­ge­schlos­sen ge­we­sen, weil sie in die­sem Fall ei­ner­seits kei­nen Pflicht­ver­s­toß be­gan­gen hätte und an­de­rer­seits sich der Kläger die Un­wirk­sam­keit des Wi­der­spruchs sel­ber zu­zu­schrei­ben hätte. Wenn er aber im Fall des Wi­der­spruchs kei­nen An­spruch auf Scha­dens­er­satz ha­be, so könne er die­sen erst recht nicht ha­ben, wenn er den Wi­der­spruch aus­drück­lich nicht erklärt ha­be. Würde man ihm in die­sem Fall ei­nen Scha­dens­er­satz­an-

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spruch zu­spre­chen, sei er bes­ser ge­stellt als ein Mit­ar­bei­ter, der den Wi­der­spruch erklärt und da­mit al­le Unwägbar­kei­ten, die sich aus dem Wi­der­spruch er­ge­ben, auf sich ge­nom­men hätte.
Der Hilfs­an­trag sei un­be­gründet, weil ein In­ter­es­sen­aus­gleich nicht nur ver­sucht, son­dern auch ab­ge­schlos­sen wor­den sei. Der In­ter­es­sen­aus­gleich gemäß § 111 Be­trVG be­schrei­be die vom Ar­beit­ge­ber ge­plan­te Maßnah­me. Die ge­plan­te und durch­geführ­te Maßnah­me sei der Be­triebsüber­gang des Be­reichs C. auf die B. M. Die­se Maßnah­me sei un­strei­tig durch­geführt wor­den.


Ge­gen die Kla­ge­ab­wei­sung wen­det sich der Kläger mit sei­ner am 21. April 2008 beim Lan­des­ar­beits­ge­richt München ein­ge­gan­ge­nen Be­ru­fung vom sel­ben Tag, die er mit Schrift­satz vom 25. Ju­ni 2008, der am sel­ben Tag beim Lan­des­ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­gen ist, be­gründet hat.


Un­ter Ver­tie­fung und teil­wei­se Wie­der­ho­lung sei­nes erst­in­stanz­li­chen Vor­trags macht der Kläger gel­tend, das Ar­beits­ge­richt ver­ken­ne den recht­li­chen Cha­rak­ter ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung im Be­triebsüber­gang völlig. In ei­ner sol­chen Si­tua­ti­on sei nämlich jeg­li­che Be­triebs­ver­ein­ba­rung im Be­trieb des Veräußerers ein Ver­trag zu­las­ten ei­nes Drit­ten, nämlich des Er­wer­bers. Im Übri­gen könne die Pro­to­koll­no­tiz zur Über­lei­tungs­ver­ein­ba­rung als Ver­trag mit Schutz­wir­kung für Drit­te, nämlich für die be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mer ge­wer­tet wer­den. Die Be­klag­te ha­be als ver­trags­sch­ließen­de Par­tei den Ein­druck er­weckt, als würden die über­ge­hen­den Ar­beit­neh­mer bei be­triebs­be­ding­ten Kündi­gun­gen oder Auf­he­bungs­verträgen in je­dem Fall ei­nen Aus­gleich für den Ver­lust des Ar­beits­plat­zes er­hal­ten. Aus die­sem Ver­trau­en­stat­be­stand, den sie ge­schaf­fen ha­be, haf­te sie nun­mehr. Hierfür neh­me der Kläger sie in An­spruch. Er trägt wei­ter vor, das Ar­beits­ge­richt sei zu Un­recht da­von aus­ge­gan­gen, dass die B. M. ih­rer Ab­fin­dungs­ver­pflich­tung aus der Pro­to­koll­no­tiz nach­ge­kom­men sei. Das Ar­beits­ge­richt ha­be auch über­se­hen, dass aus ei­ner Ver­let­zung der Vor­schrift des § 613 a BGB Scha­dens­er­satz­ansprüche fol­gen könn­ten. Es ha­be sich auch nicht mit der Ar­gu­men­ta­ti­on des Klägers, die Be­klag­te ha­be als Ver­tre­te­rin oh­ne Ver­tre­tungs­macht für die B. M. ge­han­delt und haf­te des­halb hierfür, aus­ein­an­der­ge­setzt. Auch ha­be es den Hilfs­an­trag zu Un­recht ab­ge­wie­sen und sei da­von aus­ge­gan­gen, dass der zwi­schen dem Ge­samt­be­triebs­rat und der Be­klag­ten ge­schlos­se­ne In­ter­es­sen­aus­gleich die Maßnah­me zu­tref­fend be­schrei­be. Wenn die Be­klag­te ge­wusst ha­be bzw. ha­be

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wis­sen müssen, dass zu­min­dest mit­tel­fris­tig ei­ne Fortführung des Geschäfts­be­triebs des Geschäfts­be­reichs C. we­gen der kon­kre­ten wirt­schaft­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen unmöglich ge­we­sen sei, dann sei der ei­gent­li­che Maßnah­me­zweck nicht der Über­gang ei­nes Geschäfts­be­reichs mit meh­re­ren Be­trie­ben ge­we­sen, son­dern die Ent­sor­gung der dort beschäftig­ten Mit­ar­bei­ter.

Der Kläger be­an­tragt zu­letzt:


1. Das En­dur­teil des Ar­beits­ge­richts München vom 12. De­zem­ber 2007, Az. 31 Ca 2418/07, wird ab­geändert.
2. Es wird fest­ge­stellt, dass das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en vom 1. Sep­tem­ber 2000 fort­be­steht.


Hilfs­wei­se:


Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an die Kla­ge­par­tei 42.500,-- € brut­to nebst Zin­sen hier­aus in Höhe von 5 % über dem Ba­sis­zins­satz seit 31. Ok­to­ber 2006 zu zah­len.

Hilfs­wei­se:

Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an die Kla­ge­par­tei ei­ne Ab­fin­dung für den Ver­lust des Ar­beits­plat­zes, de­ren Höhe in das Er­mes­sen des Ge­richts ge­stellt wird, zu be­zah­len.


Die Be­klag­te be­an­tragt,


die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.


Zur Be­gründung führt sie aus, der Kläger könne sei­ne Ansprüche nicht auf die Pro­to­koll­no­tiz vom 7. Au­gust 2005 stützen. So­weit er nun­mehr ausführe, es sei dies ein Ver­trag mit Schutz­wir­kung zu Guns­ten Drit­ter, so sei dies schon des­halb feh­ler­haft, weil sie, die Be­klag­te, in der Pro­to­koll­no­tiz we­der aus­drück­lich noch kon­klu­dent ei­ne Ein­stands­pflicht für die Leis­tun­gen der Ab­fin­dun­gen erklärt ha­be. Es hand­le sich bei der Pro­to­koll­no­tiz um ei­ne Be­triebs­ver­ein­ba­rung zwi­schen der Be­klag­ten und dem Ge­samt­be­triebs­rat, die nach § 613 a BGB auf den Be­triebs­er­wer­ber B. M. über­ge­gan­gen sei. Nach der Ar­gu­men­ta­ti­on des Klägers könne ein Be­triebs­veräußerer stets auf der Grund­la­ge der über­ge­gan­ge­nen Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen in An­spruch ge­nom­men wer­den. Im Übri­gen wer­de be­strit­ten, dass die Be­klag­te ge­wusst ha­be oder ha­be wis­sen müssen, dass B. M. mehr als ein Jahr nach dem Be­triebsüber­gang In­sol­venz an­mel­den würde. Selbst wenn man mit dem Klä-

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ger die An­sicht ver­tre­te, dass das In­for­ma­ti­ons­schrei­ben nicht ord­nungs­gemäß i.S.d. § 613 a Abs. 5 BGB ge­we­sen sei, feh­le es an ei­nem Kau­sal­zu­sam­men­hang zwi­schen dem Zu­gang des In­for­ma­ti­ons­schrei­bens und dem Ver­lust des Ar­beits­plat­zes des Klägers, weil er dem Be­triebsüber­gang nicht nur nicht wi­der­spro­chen ha­be, son­dern auch, weil die In­sol­venz von B. M. die Ur­sa­che für den Ver­lust des Ar­beits­plat­zes ge­we­sen sei. Die­se sei der Be­klag­ten nicht zu­zu­rech­nen. Der Um­stand, dass der Kläger selbst nach Kennt­nis­nah­me der In­sol­venz des Be­triebs­er­wer­bers B. und der Tat­sa­che, dass ei­ne Viel­zahl an­de­rer ehe­ma­li­ger B.-Mit­ar­bei­ter dem Be­triebsüber­gang wi­der­spro­chen hätten, spre­che da­ge­gen, dass er bei ord­nungs­gemäßer Un­ter­rich­tung dem Be­triebsüber­gang in­ner­halb der Mo­nats­frist wi­der­spro­chen hätte. Selbst wenn er ei­nen An­spruch auf Scha­dens­er­satz ge­genüber der Be­klag­ten hätte, könne er auf die­sem We­ge nicht - wie er im Lau­fe des Be­ru­fungs­ver­fah­rens durch ent­spre­chen­de Kla­geände­rung gel­tend macht - ei­nen Ar­beits­platz bei der Be­klag­ten durch­set­zen. Das Rechts­in­sti­tut des Wi­der­spruchs und die Sys­te­ma­tik des § 613 a BGB würden kon­ter­ka­riert, würde man dem Ar­beit­neh­mer im We­ge des Scha­dens­er­sat­zes ei­nen An­spruch auf Beschäfti­gung bei dem Be­triebs­veräußerer einräum­en. Würde man dem Ar­beit­neh­mer ne­ben dem Wi­der­spruchs­recht ei­nen auf Beschäfti­gung bei dem Be­triebs­veräußerer ge­rich­te­ten Scha­dens­er­satz­an­spruch einräum­en, könne ei­ne Si­tua­ti­on ent­ste­hen, in der der Ar­beit­neh­mer in zwei Ar­beits­verhält­nis­sen ste­he, so­wohl mit dem Be­triebs­er­wer­ber, weil er dem Be­triebsüber­gang nicht wi­der­spro­chen ha­be, wie auch mit dem Über­neh­mer, weil er we­gen Fehl­in­for­ma­ti­on ei­nen An­spruch auf Beschäfti­gung im We­ge des Scha­dens­er­sat­zes ha­be. Dies sei nach­tei­lig für den Ar­beit­neh­mer, weil bei­de Ar­beit­ge­ber ei­nen An­spruch auf Ar­beits­leis­tung auf der Grund­la­ge iden­ti­scher Ar­beits­be­din­gun­gen gel­tend ma­chen könn­ten.


Der Kläger er­wi­dert, ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Be­klag­ten sei ei­ne un­mit­tel­ba­re und al­lei­ni­ge Kau­sa­lität zwi­schen Falsch­in­for­ma­ti­on und Ver­lust des Ar­beits­plat­zes nicht er­for­der­lich. Wenn er aus An­lass des Über­gangs des Ar­beits­verhält­nis­ses im Jah­re 2005 kor­rekt in­for­miert wor­den wäre, so hätte er be­reits da­mals wi­der­spro­chen. Hätte er wi­der­spro­chen, dann bestünde sein Ar­beits­verhält­nis mit der Be­klag­ten bis heu­te fort. Nach­dem mit der In­sol­venz die Feh­ler­haf­tig­keit der In­for­ma­ti­on of­fen­bar ge­wor­den sei, ha­be er dem Über­gang des Ar­beits­verhält­nis­ses nicht nachträglich wi­der­spro­chen, da er ei­ne hin­rei­chen­de recht­li­che Grund­la­ge nicht ge­se­hen ha­be. Ei­ne sol­che ha­be sich erst später ab­ge­zeich­net. Der Kläger wi­der­spricht der Auf­fas­sung der Be­klag­ten, wo­nach ein Scha-

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dens­er­satz­an­spruch in Ge­stalt ei­nes An­spruchs auf Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses we­gen der Ge­set­zes­sys­te­ma­tik des § 613 a BGB aus­ge­schlos­sen sei. Das gleich­zei­ti­ge Be­ste­hen von meh­re­ren Ar­beits­verhält­nis­sen sei nicht un­gewöhn­lich und er­ge­be sich auch nach ei­nem ge­won­ne­nen Kündi­gungs­schutz­pro­zess, wenn der Ar­beit­neh­mer in der Zwi­schen­zeit ein neu­es Ar­beits­verhält­nis ein­ge­gan­gen sei.

Hin­sicht­lich des wei­te­ren Vor­brin­gens der Par­tei­en in der Be­ru­fungs­in­stanz wird auf die ge­wech­sel­ten Schriftsätze ergänzend Be­zug ge­nom­men.


Ent­schei­dungs­gründe:

I.


Die Be­ru­fung ist zulässig. Sie ist statt­haft nach § 64 Abs. 1 und 2 c) ArbGG - Haupt­an­trag - so­wie nach § 64 Abs. 1 und 2 b) ArbGG - Hilfs­anträge - und auch im Übri­gen zulässig, ins­be­son­de­re in der ge­setz­li­chen Form und der vor­ge­schrie­be­nen Frist ein­ge­legt und be­gründet wor­den (§§ 11 Abs. 2 ArbGG, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. §§ 519 Abs. 2, 520 Abs. 3 ZPO, § 66 Abs. 1 Sätze 1, 2, 5 ArbGG i.V.m. § 222 ZPO).

II.


Die Be­ru­fung ist un­be­gründet.

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1. Fest­stel­lung des Fort­be­stands des Ar­beits­verhält­nis­ses - Haupt­an­trag -


Der im We­ge der Kla­ge­er­wei­te­rung und Kla­geände­rung in das Be­ru­fungs­ver­fah­ren ein­geführ­te An­trag des Klägers auf ge­richt­li­che Fest­stel­lung des Fort­be­stan­des des Ar­beits­verhält­nis­ses zwi­schen den Par­tei­en ist un­be­gründet.


Selbst wenn man ei­nen Scha­dens­er­satz­an­spruch des Klägers auf der Grund­la­ge von § 280 BGB i.V.m. § 613 a BGB we­gen feh­ler­haf­ter In­for­ma­ti­on im Grund­satz be­jaht, kann sich hier­aus die Rechts­fol­ge ei­nes Fort­be­stan­des des Ar­beits­verhält­nis­ses im Fall un­zu­rei­chen­der In­for­ma­ti­on nach § 613 a Abs. 5 BGB nicht er­ge­ben.


Nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts han­delt es sich bei der Un­ter­rich­tungs­pflicht nach § 613 a Abs. 5 BGB um ei­ne ech­te Rechts­pflicht, de­ren Ver­let­zung ei­nen Scha­dens­er­satz­an­spruch nach § 280 Abs. 1 BGB auslösen kann (BAG, Urt. vom 24. Ju­li 2008, Az.: 8 AZR 109/07, m.w.N.). Bei der Ver­let­zung der Un­ter­rich­tungs­pflicht wird ein Ver­schul­den gem. § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB ver­mu­tet. Macht der Ar­beit­neh­mer gel­tend, nicht oder nicht vollständig über den Be­triebsüber­gang un­ter­rich­tet wor­den zu sein, ist er so zu stel­len, wie er ge­stan­den hätte, wenn er rich­tig und vollständig in­for­miert wor­den wäre. Dies be­deu­tet, dass der Ar­beit­neh­mer vor­tra­gen und be­wei­sen muss, dass ihm in­fol­ge der un­ter­blie­be­nen Un­ter­rich­tung der gel­tend ge­mach­te Scha­den ent­stan­den ist. Bei recht­zei­ti­ger und ord­nungs­gemäßer Un­ter­rich­tung müss­te der Ar­beit­neh­mer gem. § 613 a Abs. 6 BGB dem Über­gang sei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses recht­zei­tig wi­der­spro­chen ha­ben und der gel­tend ge­mach­te Scha­den dürf­te nicht ein­ge­tre­ten sein. Hierfür hat der Ar­beit­neh­mer die Dar­le­gungs- und Be­weis­last. Bei Ver­let­zun­gen von Aufklärungs­pflich­ten kann zwar ei­ne Ver­mu­tung be­ste­hen, dass sich der Geschädig­te aufklärungs­ge­recht ver­hal­ten hätte (BGH 5. Ju­li 1973 - VII ZR 12/73 - BGHZ 61, 118). Das setzt je­doch vor­aus, dass nur ei­ne Hand­lungsmöglich­keit be­steht (BAG, a.a.O.).


Es kann im Rah­men des vor­lie­gen­den Ver­fah­rens da­hin­ge­stellt blei­ben, ob die Be­klag­te ih­re Aufklärungs­pflicht nach § 613 a Abs. 5 BGB ver­letzt hat. Der Kläger hat nämlich nicht schlüssig vor­ge­tra­gen, dass ihm in­fol­ge ei­ner feh­ler­haf­ten Un­ter­rich­tung der gel­tend ge­mach­te Scha­den ent­stan­den ist. Er be­ruft sich letzt­lich nicht dar­auf, dass ihm in­fol­ge der feh­ler­haf­ten Un­ter­rich­tung das Ar­beits­verhält­nis mit der Be­klag­ten über­haupt ver­lo­ren ge-


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gan­gen ist. Viel­mehr sieht er sei­nen Scha­den dar­in, dass ihm in­fol­ge ei­ner feh­ler­haf­ten Un­ter­rich­tung und des da­durch un­ter­blie­be­nen Wi­der­spruchs ge­gen den Über­gang sei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses als Ar­beit­ge­be­rin nun­mehr statt der sol­ven­ten Be­klag­ten die in­sol­ven­te B. M. ge­genüber­steht. Die­ser Scha­den ist al­ler­dings nicht durch die fal­sche In­for­ma­ti­on sei­tens der Be­klag­ten ent­stan­den. Denn dem Ar­beit­neh­mer bleibt bei ei­ner fal­schen oder feh­ler­haf­ten Un­ter­rich­tung im Sin­ne des § 613 a Abs. 5 BGB die Wi­der­spruchsmöglich­keit da­durch er­hal­ten, dass die Wi­der­spruchs­frist erst mit Kennt­nis von der Falsch­in­for­ma­ti­on zu lau­fen be­ginnt. Der Kläger hätte al­so durch Ausübung des Wi­der­spruchs ge­nau den Er­folg her­beiführen können (Fort­set­zung sei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses mit der Be­klag­ten), des­sen Aus­blei­ben er jetzt zur Be­gründung sei­nes Scha­dens­er­satz­an­spruchs her­an­zieht. Wenn der Kläger das Ver­hal­ten der Be­klag­ten als Ur­sa­che für sei­nen Scha­den be­nennt, er je­doch durch Ausübung sei­nes noch be­ste­hen­den Wi­der­spruchs­rechts ge­ra­de die­sen Scha­den in dem von ihm gewünsch­ten Sin­ne hätte ver­mei­den können, fehlt es an der Kau­sa­lität zwi­schen der Falsch­in­for­ma­ti­on und der Nicht­ausübung des Wi­der­spruchs­rech­tes und des­halb auch an ei­ner Kau­sa­lität zwi­schen die­ser un­zuläng­li­chen In­for­ma­ti­on und dem Ein­tritt des gel­tend ge­mach­ten Scha­dens (vgl. BAG, a.a.O.).


Ei­ne sol­che Rechts­fol­ge - Fort­be­stand des Ar­beits­verhält­nis zum Be­triebs­veräußerer auch oh­ne noch mögli­chen Wi­der­spruch - wäre im Übri­gen auch nicht vom Schutz­zweck des § 613 a BGB ge­deckt, da § 613 a BGB den Fort­be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses beim Veräußerer des Be­triebs aus­drück­lich an die Vor­aus­set­zung knüpft, dass der Ar­beit­neh­mer dem Über­gang sei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses an den Er­wer­ber wi­der­spricht. Ei­nen sol­chen Wi­der­spruch kann er bei aus­rei­chen­der In­for­ma­ti­on bis zu ei­nem Mo­nat nach dem Be­triebsüber­gang, an­sons­ten auch später bis zur zeit­li­chen Gren­ze der Ver­wir­kung ausüben.


Hier­von hat der Kläger kei­nen Ge­brauch ge­macht. Die Schutz­wir­kung des § 613 a BGB würde über die ge­setz­li­che In­ten­ti­on hin­aus über­dehnt, wenn im We­ge des Scha­dens­er­sat­zes die Wir­kung ein­tre­ten könn­te, die die Ge­set­zes­vor­schrift bei un­ter­blie­be­ner oder feh­ler­haf­ter In­for­ma­ti­on vom Aus­spruch ei­nes Wi­der­spruchs durch den Ar­beit­neh­mer abhängig macht.


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2. Hilfs­an­trag: Zah­lung von Scha­dens­er­satz in Höhe von 42.500,-- €


Der auf Leis­tung von Scha­dens­er­satz in Höhe von 42.500,-- € ge­rich­te­te Kla­ge­an­trag ist - wie das Ar­beits­ge­richt zu­tref­fend ent­schie­den hat - un­be­gründet.


a) Der Kläger hat erst­in­stanz­lich gel­tend ge­macht, die Be­klag­te haf­te auf Grund der Über­lei­tungs­ver­ein­ba­rung un­mit­tel­bar als Ver­tre­ter mit Ver­tre­tungs­macht. Ge­he man mit der Be­klag­ten da­von aus, dass sie und die B. M. ver­schmel­zen würden, so ha­be die Über­lei­tungs­ver­ein­ba­rung die B. M. wirk­sam ver­pflich­tet.
Selbst wenn man die­se Ar­gu­men­ta­ti­on als zu­tref­fend un­ter­stellt, er­sch­ließt sich dem Be­ru­fungs­ge­richt nicht, wor­aus sich hier die Haf­tung der Be­klag­ten für die ver­spro­che­ne Leis­tung er­ge­ben soll.


b) Der Kläger hat wei­ter­hin erst­in­stanz­lich ar­gu­men­tiert, da die Be­klag­te in ih­rer In­for­ma­ti­on von ei­nem Ver­kauf des Geschäfts­ge­biets an die B. M. aus­ge­he, ha­be sie als Ver­tre­te­rin der B. M. ge­han­delt. Die ord­nungs­gemäße Be­vollmäch­ti­gung durch die B. M. wer­de be­strit­ten. Die Be­klag­te haf­te nach den Grundsätzen des Ver­tre­ters oh­ne Ver­tre­tungs­macht gemäß § 179 BGB in Höhe der ent­gan­ge­nen Ab­fin­dung.


Hier­zu ist fest­zu­hal­ten, dass § 179 Abs. 1 BGB nicht ge­eig­net ist, Erfüllungs- oder Scha­dens­er­satz­ansprüche von Ar­beit­neh­mern zu be­gründen, wenn beim Ab­schluss ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung auf Sei­ten des Ar­beit­ge­bers ein voll­macht­lo­ser Ver­tre­ter ge­han­delt hat. An­spruchs­be­rech­tigt nach § 179 Abs. 1 BGB ist ggf. „der an­de­re Teil” des Ver­tra­ges. Das sind beim Ab­schluss ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung al­len­falls der Be­triebs­rat und nicht die Ar­beit­neh­mer. Die­se sind Nor­madres­sa­ten (vgl. BAG, Ur­teil vom 11. De­zem­ber 2007, Az.: 1 AZR 824/06).

c) Der Kläger hat wei­ter­hin gel­tend ge­macht, die Be­klag­te haf­te aus dem Rechts­grund ei­ner Ga­ran­tie­erklärung. Sie ha­be in Zif­fer 4. der Pro­to­koll­no­tiz, die wie­der­um Teil des In­ter­es­sen­aus­gleichs und So­zi­al­plans sei, ei­ne Ga­ran­tie­erklärung für die for­mu­lier­te Ver­bind­lich­keit ab­ge­ge­ben. Die­se wer­de für die Kla­ge­par­tei an­ge­nom­men.

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Nach Auf­fas­sung des Be­ru­fungs­ge­richts kann Zif­fer 4. der Pro­to­koll­no­tiz ei­ne Ga­ran­tie­erklärung nicht ent­nom­men wer­den. Umstände, die dar­auf hin­deu­ten, die Be­klag­te ha­be sich selbst ver­pflich­ten wol­len, die vor­ge­se­he­nen Leis­tun­gen zu erfüllen, falls dies von Sei­ten des na­ment­lich ge­nann­ten Be­triebsüber­neh­mers nicht ge­sche­he, sind nicht er­sicht­lich. Aus dem glei­chen Grund schei­det auch ei­ne un­mit­tel­ba­re Haf­tung der Be­klag­ten aus der Über­lei­tungs­ver­ein­ba­rung so­wie der Pro­to­koll­no­tiz hier­zu aus. Die­se soll­te er­kenn­bar nur den Be­triebsüber­neh­mer ver­pflich­ten, wo­bei da­hin­ge­stellt blei­ben kann, ob zwi­schen den Be­triebs­part­nern dies wirk­sam ver­ein­bart wer­den konn­te (vgl. LAG München, Urt. vom 26. Ju­ni 2008, Az. 4 Sa 3/08).

3. Hilfs­an­trag: Nach­teils­aus­gleich


Auch der Hilfs­an­trag auf Zah­lung ei­nes an­ge­mes­se­nen Nach­teils­aus­gleichs nach § 113 Abs. 3 Be­trVG ist nicht be­gründet.


Vor­aus­set­zung für ei­nen sol­chen An­spruch wäre, dass sich der Be­triebsüber­gang von der Be­klag­ten auf die B. M. als ei­ne Be­triebsände­rung i.S.d. § 111 Be­trVG dar­ge­stellt hätte. Dies war je­doch nicht der Fall.


Ein Be­triebsüber­gang als sol­cher ist nach ständi­ger Recht­spre­chung kei­ne Be­triebsände­rung i.S.d. § 111 Be­trVG (BAG, Be­schluss vom 25.01.2000, Az.: 1 ABR 1/99 - AP Be­trVG 1972 § 112 Nr. 137 m.w.N.).
Ein Be­triebsüber­gang kann al­ler­dings dann ei­ne Be­triebsände­rung i.S.d. § 111 Be­trVG sein, wenn er sich nicht al­lein in dem Wech­sel des Be­triebs­in­ha­bers erschöpft, son­dern wenn gleich­zei­tig Maßnah­men er­grif­fen wer­den, wel­che ei­nen oder meh­re­re der Tat­bestände des § 111 Be­trVG erfüllen.


Der Kläger hat hier­zu aus­geführt, die ei­gent­li­che Maßnah­me sei die Be­triebs­sch­ließung ge­we­sen. Die mit­tel­fris­ti­ge Fort­set­zung des Be­triebs sei ob­jek­tiv unmöglich ge­we­sen und die Be­klag­te ha­be dies vor Be­triebsüber­gang ge­wusst, weil sie die wirt­schaft­li­chen Kenn­zif­fern des Be­reichs C. ge­kannt ha­be. Letzt­lich hat der Kläger da­mit aber nicht aus­geführt,

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wel­che Maßnah­men i.S.d. § 111 Be­trVG gleich­zei­tig mit dem Be­triebsüber­gang er­grif­fen wor­den sei­en. Der Geschäfts­be­trieb der B. M. wur­de im­mer­hin ein Jahr lang fort­geführt. Die Be­klag­te hat­te nach dem 30. Sep­tem­ber 2005 auch hier­auf kei­nen Ein­fluss mehr. Al­lei­ne, dass der Be­reich C. de­fi­zitär ge­ar­bei­tet hat, kann nicht die An­nah­me ei­ner Be­triebs­sch­ließung zum Zeit­punkt des Be­triebsüber­gangs be­gründen. Dass die Be­triebs­veräußerung ei­ne von der Be­klag­ten von An­fang an als - wie es der Kläger aus­drückt - „Ent­sor­gungs­maßnah­me“ von Mit­ar­bei­tern in­ten­diert wor­den sei, dafür hat er hin­rei­chen­de An­halts­punk­te nicht vor­ge­tra­gen.


III.

Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf § 97 ZPO.


 

IV.


Rechts­mit­tel­be­leh­rung:


Ge­gen die­ses Ur­teil kann der Kläger Re­vi­si­on ein­le­gen.


Für die Be­klag­te ist ge­gen die­ses Ur­teil kein Rechts­mit­tel ge­ge­ben.


Die Re­vi­si­on muss in­ner­halb ei­ner Frist von ei­nem Mo­nat ein­ge­legt und in­ner­halb ei­ner Frist von zwei Mo­na­ten be­gründet wer­den.


Bei­de Fris­ten be­gin­nen mit der Zu­stel­lung des in vollständi­ger Form ab­ge­fass­ten Ur­teils, spätes­tens aber mit Ab­lauf von fünf Mo­na­ten nach der Verkündung des Ur­teils.

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Die Re­vi­si­on muss beim


Bun­des­ar­beits­ge­richt

Hu­go-Preuß-Platz 1

99084 Er­furt


Post­an­schrift:
Bun­des­ar­beits­ge­richt
99113 Er­furt


Te­le­fax-Num­mer:
0361 2636-2000


ein­ge­legt und be­gründet wer­den.


Die Re­vi­si­ons­schrift und die Re­vi­si­ons­be­gründung müssen von ei­nem Rechts­an­walt un­ter­zeich­net sein.


Es genügt auch die Un­ter­zeich­nung durch ei­nen Be­vollmäch­tig­ten der Ge­werk­schaf­ten und von Ver­ei­ni­gun­gen von Ar­beit­ge­bern so­wie von Zu­sam­men­schlüssen sol­cher Verbände
- für ih­re Mit­glie­der
- oder für an­de­re Verbände oder Zu­sam­men­schlüsse mit ver­gleich­ba­rer Aus­rich­tung und de­ren Mit­glie­der

oder


von ju­ris­ti­schen Per­so­nen, de­ren An­tei­le sämt­lich in wirt­schaft­li­chem Ei­gen­tum ei­ner der im vor­ge­nann­ten Ab­satz be­zeich­ne­ten Or­ga­ni­sa­tio­nen ste­hen,
- wenn die ju­ris­ti­sche Per­son aus­sch­ließlich die Rechts­be­ra­tung und Pro­zess­ver­tre­tung die­ser Or­ga­ni­sa­ti-
on und ih­rer Mit­glie­der oder an­de­re Verbände oder Zu­sam­men­schlüsse mit ver­gleich­ba­rer Aus­rich­tung und de­ren Mit­glie­der ent­spre­chend de­ren Sat­zung durchführt
- und wenn die Or­ga­ni­sa­ti­on für die Tätig­keit der Be­vollmäch­tig­ten haf­tet.


In je­dem Fall muss der Be­vollmäch­tig­te die Befähi­gung zum Rich­ter­amt ha­ben.


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Zur Möglich­keit der Re­vi­si­ons­ein­le­gung mit­tels elek­tro­ni­schen Do­ku­ments wird auf die Ver­ord­nung über den elek­tro­ni­schen Rechts­ver­kehr beim Bun­des­ar­beits­ge­richt vom 09.03.2006 (BGBl. I, 519 ff.) hin­ge­wie­sen. Ein­zel­hei­ten hier­zu un­ter http://www.bun­des­ar­beits­ge­richt.de

Dr. Oben­aus 

Schee­le 

Jung

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