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BAG, Be­schluss vom 17.05.2011, 1 ABR 121/09

   
Schlagworte: Unterlassungsanspruch, Mitbestimmung
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 1 ABR 121/09
Typ: Beschluss
Entscheidungsdatum: 17.05.2011
   
Leitsätze:

BUNDESARBEITSGERICHT

1 ABR 121/09

18 TaBV 446/09 Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg

 

Verkündet am 17. Mai 2011

Im namen des Volkes!

BESCHLUSS

Klapp, Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Beschlussverfahren mit den Beteiligten

1.

Antragsteller und Beschwerdeführer,

2.

Rechtsbeschwerdeführerin,

3.

4.


- 2 -

hat der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der Anhörung vom 17. Mai 2011 durch die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts Schmidt, die Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Linck und Prof. Dr. Koch sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Federlin und Platow für Recht erkannt:

Auf die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 16. Juli 2009 - 18 TaBV 446/09 - teilweise aufgehoben und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 16. Januar 2009 - 31 BV 20225/08 - wird unter Abweisung des in der Anhörung vom 16. Juli 2009 gestellten Hilfsantrags zurückgewiesen.

Von Rechts wegen!

Gründe

A. Die Beteiligten streiten über einen Unterlassungsanspruch des Be-

triebsrats hinsichtlich der Anwendung von Ethikrichtlinien.

Die Arbeitgeberin (Beteiligte zu 2) gehört zur B Unternehmensgruppe

und ist über die Muttergesellschaft, die B Beteiligungsgesellschaft mbH mit der Konzernmutter, der B Company verbunden, die ihren Sitz in den USA hat. Der Beteiligte zu 1 ist der im Betrieb der Arbeitgeberin in B gebildete Betriebsrat, Beteiligter zu 3 ist der Konzernbetriebsrat.

Die B Company gibt den anderen Konzernunternehmen die sog. B

Grundsätze der Unternehmensethik vor. Im Juli 2008 übersandte die Arbeitgeberin diese an ihre Mitarbeiter und bat sie um Bestätigung des Erhalts sowie deren Kenntnisnahme und Verwirklichung. Im Dezember 2008 verschickte sie eine inhaltlich abgeänderte Version dieser Grundsätze. Vor deren Versendung


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an die Mitarbeiter hatte die Arbeitgeberin weder den Betriebsrat noch den bei der Muttergesellschaft gebildeten Konzernbetriebsrat beteiligt.

Der Betriebsrat hat geltend gemacht, ihm stehe gegen die Arbeitgeberin

ein eigenständiger Anspruch auf Unterlassung der Anwendung der Ethikrichtlinien unabhängig davon zu, ob er oder der Konzernbetriebsrat Träger des Mitbestimmungsrechts sei.

Der Betriebsrat hat beantragt,

1. der Arbeitgeberin zu untersagen, die B Grundsätze Unternehmensethik als verbindlich für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Betrieb anzuwenden, solange der Betriebsrat der Anwendung keine Zustimmung erteilt hat oder seine Zustimmung durch Spruch der Einigungsstelle ersetzt worden ist;

2. hilfsweise

der Arbeitgeberin zu untersagen, die B Grundsätze Unternehmensethik als verbindlich für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Betrieb anzuwenden, solange der Konzernbetriebsrat der Anwendung keine Zustimmung erteilt hat oder seine Zustimmung durch Spruch der Einigungsstelle ersetzt worden ist;

3. für den Fall des Verstoßes hiergegen der Arbeitgeberin die Festsetzung eines Ordnungsgeldes bis zu 10.000,00 Euro anzudrohen.

Die Arbeitgeberin hat Antragsabweisung beantragt.

Das Arbeitsgericht hat den - im ersten Rechtszug allein gestellten -

Hauptantrag abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen dem im zweiten Rechtszug gestellten Hilfsantrag teilweise entsprochen und der Arbeitgeberin die Anwendung einzelner, näher bezeichneter Regelungen aus den Grundsätzen Unternehmensethik unter Androhung eines Ordnungsgeldes untersagt, solange die Zustimmung des Konzernbetriebsrats nicht erteilt oder durch Spruch der Einigungsstelle ersetzt worden ist.

Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde

begehrt die Arbeitgeberin die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Ent-


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scheidung, soweit diese nicht bereits durch Zurückweisung der Beschwerde in Rechtskraft erwachsen ist.

B. Die zulässige Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin ist begründet. Der

Betriebsrat hat gegen die Arbeitgeberin keinen Anspruch darauf, dass dieser die Anwendung der B Grundsätze Unternehmensethik untersagt wird, solange der Konzernbetriebsrat dem nicht zugestimmt hat oder dessen Zustimmung durch Spruch der Einigungsstelle ersetzt worden ist.

I. An dem Beschlussverfahren ist gem. § 83 Abs. 3 ArbGG neben dem
Betriebsrat und der Arbeitgeberin auch der Konzernbetriebsrat beteiligt. Dieser ist in seiner betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsstellung unmittelbar betroffen, weil dessen mitbestimmungsrechtlicher Unterlassungsanspruch für den vom antragstellenden Betriebsrat repräsentierten Betrieb in Frage steht. Demzufolge war auch die Muttergesellschaft, die B Beteiligungsgesellschaft mbH, zu beteiligen. Hingegen bedurfte es keiner Beteiligung der im Unternehmen bestehenden weiteren Betriebsräte oder des Gesamtbetriebsrats. Die Entscheidung über die Anträge des Betriebsrats berührt deren betriebsverfassungsrechtliche Rechtsstellung nicht unmittelbar.

II. Der Betriebsrat hat seinen Hilfsantrag im zweiten Rechtszug im Wege
einer zulässigen Antragserweiterung in das Verfahren eingeführt. Die Zulässigkeit einer Antragserweiterung im Beschwerdeverfahren bestimmt sich nach § 81 Abs. 3 ArbGG iVm. § 533 ZPO (BAG 9. November 2010 - 1 ABR 76/09 - Rn. 16). Sie setzt damit voraus, dass die anderen Beteiligten der Antragsänderung zustimmen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Die Arbeitgeberin hat zwar der Antragserweiterung widersprochen, das Landes­arbeitsgericht hat jedoch über den Hilfsantrag entschieden und damit zugleich über die Sachdienlichkeit der Antragserweiterung. Daran ist der Senat gemäß § 87 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2, § 81 Abs. 3 Satz 3 ArbGG gebunden (BAG 22. März 2000 - 7 ABR 34/98 - Rn. 14, BAGE 94, 144).

III. Der Betriebsrat ist antragsbefugt. Er macht geltend, selbst Träger des 12
streitbefangenen Unterlassungsanspruchs zu sein (BAG 18. Mai 2010 - 1 ABR


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6/09 - Rn. 14, EzA BetrVG 2001 § 77 Nr. 30). Ob der Anspruch tatsächlich besteht, ist eine Frage der Begründetheit des Antrags.

IV. Der in der Rechtsbeschwerde allein noch anhängige Hilfsantrag des

Betriebsrats ist zulässig, bedarf aber der Auslegung.

1. Die vom Betriebsrat beantragte Untersagung der Anwendung der
Grundsätze Unternehmensethik betrifft deren Fassung vom Dezember 2008. Nur darauf hat auch das Landesarbeitsgericht in seiner Entscheidung abgestellt. Gegen diese Auslegung sind von den Beteiligten keine Verfahrensrügen erhoben worden. Gegenstand des Antrags sind die Ethikgrundsätze in ihrer Gesamtheit und nicht die einzelnen darin enthaltenen Regelungsgegenstände. Nachdem das Landesarbeitsgericht allerdings eine Einzelprüfung vorgenommen und dem Hilfsantrag nur hinsichtlich eines Teils der darin ent­haltenen Regelungen entsprochen hat, führt dies im Rechtsbeschwerdeverfahren dazu, dass sich der noch anhängige Hilfsantrag nur noch auf die Gesamtheit der Regelungsgegenstände bezieht, hinsichtlich derer die im zweiten Rechtszug gestellten Anträge noch nicht rechtskräftig abgewiesen worden sind.

2. Soweit der Betriebsrat die Untersagung der „Anwendung“ der Grund-
sätze der Unternehmensethik begehrt, ist dies dahin zu verstehen, dass es ihm darum geht, der Arbeitgeberin generell zu untersagen, diese Grundsätze als für die im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer verbindliche Verhaltenspflichten zu erklären. Bei einem solchen Antragsverständnis sind die Anträge hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, denn der Betriebsrat bestreitet von vornherein die Befugnis der Arbeitgeberin, die Verbindlichkeit derartiger Grundsätze einseitig in dem Betrieb anordnen zu können. Hierin sieht er ein mitbestimmungswidriges Verhalten.

V. Der in der Rechtsbeschwerde noch anhängige Hilfsantrag des Betriebs-

rats ist unbegründet.

1. Ein Unterlassungsanspruch folgt nicht aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG.

Der Betriebsrat ist nicht Träger des Mitbestimmungsrechts. Dieses steht viel-


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mehr dem Konzernbetriebsrat zu. Die Grundsätze Unternehmensethik sollten im gesamten Konzern und nicht lediglich einzelne Konzernunternehmen oder Betriebe eingeführt werden. Hierdurch sollte eine konzerneinheitliche „Unternehmensphilosophie“ umgesetzt werden. Damit handelt es sich gem. § 58 Abs. 1 BetrVG um eine Angelegenheit, die den Konzern betrifft und nicht durch die einzelnen Gesamtbetriebsräte innerhalb ihrer Unternehmen geregelt werden kann (dazu BAG 22. Juli 2008 - 1 ABR 40/07 - Rn. 66 f., BAGE 127, 146).

2. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts kann ein derartiger

Anspruch nicht aus § 80 Abs. 1 BetrVG hergeleitet werden. Nach dieser Bestimmung hat der Betriebsrat darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden. Hieraus ergibt sich jedoch auch dann kein Unterlassungsanspruch des örtlichen Betriebsrats, wenn die Einführung der konzernweit geltenden Grundsätze der Unternehmensethik gem. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG mitbestimmungspflichtig war und die Muttergesellschaft dieses Mitbestimmungsrecht nicht beachtet hat. Das Überwachungsrecht des Betriebsrats aus § 80 Abs. 1 BetrVG ist auch in diesem Fall darauf beschränkt, den mitbestimmungswidrigen Zustand beim Arbeitgeber zu beanstanden und auf Abhilfe zu drängen (BAG 18. Mai 2010 - 1 ABR 6/09 - EzA BetrVG 2001 § 77 Nr. 30). Ein Unterlassungsanspruch folgt hieraus nicht (BAG 28. Mai 2002 - 1 ABR 40/01 - AP BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 96 = EzA BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 65). Die abweichende Auffassung des Landesarbeitsgerichts führt zu einer im Betriebsverfassungsgesetz nicht vorgesehenen Auffangzuständigkeit eines nicht zuständigen örtlichen Betriebsrats, die der gesetzlichen Zuständigkeitstrennung widerspricht. Denn der zur Sicherung der Mitbestimmungsrechte aus § 87 Abs. 1 BetrVG entwickelte Unterlassungsanspruch (BAG 3. Mai 1994 - 1 ABR 24/93 - BAGE 76, 364) steht nach seinem Zweck allein dem Betriebsrat zu, der Träger des konkreten Mitbestimmungsrechts ist. Dies ist vorliegend - soweit ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG besteht - nicht der Antragsteller, sondern der Konzernbetriebsrat.


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3. Die Ablehnung eines Unterlassungsanspruchs aus § 80 Abs. 1 BetrVG

führt auch nicht zu einer planwidrigen Verkürzung der Rechtsstellung des örtlichen Betriebsrats. Diesem verbleibt vielmehr ein Unterlassungsanspruch aus § 23 Abs. 3 BetrVG. Dessen Voraussetzungen hat das Landesarbeitsgericht im vorliegenden Fall jedoch verneint, weil die Arbeitgeberin nicht grob gegen betriebsverfassungsrechtliche Pflichten aus § 87 BetrVG verstoßen habe. Dies ist rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden, nachdem vom Betriebsrat insoweit keine Gegenrügen erhoben worden sind.

Schmidt Koch Linck

Federlin Platow

Vorinstanzen: Arbeitsgericht Berlin, Beschluss vom 16.01.2009, 31 BV 20225/08
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16.07.2009, 18 TaBV 446/09
   

Te­nor

Auf die Rechts­be­schwer­de der Ar­beit­ge­be­rin wird der Be­schluss des Lan­des­ar­beits­ge­richts Ber­lin-Bran­den­burg vom 16. Ju­li 2009 - 18 TaBV 446/09 - teil­wei­se auf­ge­ho­ben und zur Klar­stel­lung wie folgt neu ge­fasst:

Die Be­schwer­de des Be­triebs­rats ge­gen den Be­schluss des Ar­beits­ge­richts Ber­lin vom 16. Ja­nu­ar 2009 - 31 BV 20225/08 - wird un­ter Ab­wei­sung des in der Anhörung vom 16. Ju­li 2009 ge­stell­ten Hilfs­an­trags zurück­ge­wie­sen.

Gründe

1

A. Die Be­tei­lig­ten strei­ten über ei­nen Un­ter­las­sungs­an­spruch des Be­triebs­rats hin­sicht­lich der An­wen­dung von Ethik­richt­li­ni­en.

2

Die Ar­beit­ge­be­rin (Be­tei­lig­te zu 2) gehört zur B Un­ter­neh­mens­grup­pe und ist über die Mut­ter­ge­sell­schaft, die B Be­tei­li­gungs­ge­sell­schaft mbH mit der Kon­zern­mut­ter, der B Com­pa­ny ver­bun­den, die ih­ren Sitz in den USA hat. Der Be­tei­lig­te zu 1 ist der im Be­trieb der Ar­beit­ge­be­rin in B ge­bil­de­te Be­triebs­rat, Be­tei­lig­ter zu 3 ist der Kon­zern­be­triebs­rat.

3

Die B Com­pa­ny gibt den an­de­ren Kon­zern­un­ter­neh­men die sog. B Grundsätze der Un­ter­neh­mens­ethik vor. Im Ju­li 2008 über­sand­te die Ar­beit­ge­be­rin die­se an ih­re Mit­ar­bei­ter und bat sie um Bestäti­gung des Er­halts so­wie de­ren Kennt­nis­nah­me und Ver­wirk­li­chung. Im De­zem­ber 2008 ver­schick­te sie ei­ne in­halt­lich ab­geänder­te Ver­si­on die­ser Grundsätze. Vor de­ren Ver­sen­dung an die Mit­ar­bei­ter hat­te die Ar­beit­ge­be­rin we­der den Be­triebs­rat noch den bei der Mut­ter­ge­sell­schaft ge­bil­de­ten Kon­zern­be­triebs­rat be­tei­ligt.

4

Der Be­triebs­rat hat gel­tend ge­macht, ihm ste­he ge­gen die Ar­beit­ge­be­rin ein ei­genständi­ger An­spruch auf Un­ter­las­sung der An­wen­dung der Ethik­richt­li­ni­en un­abhängig da­von zu, ob er oder der Kon­zern­be­triebs­rat Träger des Mit­be­stim­mungs­rechts sei.

5

Der Be­triebs­rat hat be­an­tragt,


 

1.
 

der Ar­beit­ge­be­rin zu un­ter­sa­gen, die B Grundsätze Un­ter­neh­mens­ethik als ver­bind­lich für die Ar­beit­neh­me­rin­nen und Ar­beit­neh­mer im Be­trieb an­zu­wen­den, so­lan­ge der Be­triebs­rat der An­wen­dung kei­ne Zu­stim­mung er­teilt hat oder sei­ne Zu­stim­mung durch Spruch der Ei­ni­gungs­stel­le er­setzt wor­den ist;
 

2.
 

hilfs­wei­se
 

der Ar­beit­ge­be­rin zu un­ter­sa­gen, die B Grundsätze Un­ter­neh­mens­ethik als ver­bind­lich für die Ar­beit­neh­me­rin­nen und Ar­beit­neh­mer im Be­trieb an­zu­wen­den, so­lan­ge der Kon­zern­be­triebs­rat der An­wen­dung kei­ne Zu­stim­mung er­teilt hat oder sei­ne Zu­stim­mung durch Spruch der Ei­ni­gungs­stel­le er­setzt wor­den ist;
 

3.
 

für den Fall des Ver­s­toßes hier­ge­gen der Ar­beit­ge­be­rin die Fest­set­zung ei­nes Ord­nungs­gel­des bis zu 10.000,00 Eu­ro an­zu­dro­hen.

6

Die Ar­beit­ge­be­rin hat An­trags­ab­wei­sung be­an­tragt.

7

Das Ar­beits­ge­richt hat den - im ers­ten Rechts­zug al­lein ge­stell­ten - Haupt­an­trag ab­ge­wie­sen. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat un­ter Zurück­wei­sung der Be­schwer­de im Übri­gen dem im zwei­ten Rechts­zug ge­stell­ten Hilfs­an­trag teil­wei­se ent­spro­chen und der Ar­beit­ge­be­rin die An­wen­dung ein­zel­ner, näher be­zeich­ne­ter Re­ge­lun­gen aus den Grundsätzen Un­ter­neh­mens­ethik un­ter An­dro­hung ei­nes Ord­nungs­gel­des un­ter­sagt, so­lan­ge die Zu­stim­mung des Kon­zern­be­triebs­rats nicht er­teilt oder durch Spruch der Ei­ni­gungs­stel­le er­setzt wor­den ist.

8

Mit der vom Lan­des­ar­beits­ge­richt zu­ge­las­se­nen Rechts­be­schwer­de be­gehrt die Ar­beit­ge­be­rin die Wie­der­her­stel­lung der erst­in­stanz­li­chen Ent­schei­dung, so­weit die­se nicht be­reits durch Zurück­wei­sung der Be­schwer­de in Rechts­kraft er­wach­sen ist.

9

B. Die zulässi­ge Rechts­be­schwer­de der Ar­beit­ge­be­rin ist be­gründet. Der Be­triebs­rat hat ge­gen die Ar­beit­ge­be­rin kei­nen An­spruch dar­auf, dass die­ser die An­wen­dung der B Grundsätze Un­ter­neh­mens­ethik un­ter­sagt wird, so­lan­ge der Kon­zern­be­triebs­rat dem nicht zu­ge­stimmt hat oder des­sen Zu­stim­mung durch Spruch der Ei­ni­gungs­stel­le er­setzt wor­den ist.

10

I. An dem Be­schluss­ver­fah­ren ist gem. § 83 Abs. 3 ArbGG ne­ben dem Be­triebs­rat und der Ar­beit­ge­be­rin auch der Kon­zern­be­triebs­rat be­tei­ligt. Die­ser ist in sei­ner be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­chen Rechts­stel­lung un­mit­tel­bar be­trof­fen, weil des­sen mit­be­stim­mungs­recht­li­cher Un­ter­las­sungs­an­spruch für den vom an­trag­stel­len­den Be­triebs­rat re­präsen­tier­ten Be­trieb in Fra­ge steht. Dem­zu­fol­ge war auch die Mut­ter­ge­sell­schaft, die B Be­tei­li­gungs­ge­sell­schaft mbH, zu be­tei­li­gen. Hin­ge­gen be­durf­te es kei­ner Be­tei­li­gung der im Un­ter­neh­men be­ste­hen­den wei­te­ren Be­triebsräte oder des Ge­samt­be­triebs­rats. Die Ent­schei­dung über die Anträge des Be­triebs­rats berührt de­ren be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­che Rechts­stel­lung nicht un­mit­tel­bar.

11

II. Der Be­triebs­rat hat sei­nen Hilfs­an­trag im zwei­ten Rechts­zug im We­ge ei­ner zulässi­gen An­trags­er­wei­te­rung in das Ver­fah­ren ein­geführt. Die Zulässig­keit ei­ner An­trags­er­wei­te­rung im Be­schwer­de­ver­fah­ren be­stimmt sich nach § 81 Abs. 3 ArbGG iVm. § 533 ZPO (BAG 9. No­vem­ber 2010 - 1 ABR 76/09 - Rn. 16). Sie setzt da­mit vor­aus, dass die an­de­ren Be­tei­lig­ten der An­tragsände­rung zu­stim­men oder das Ge­richt die Ände­rung für sach­dien­lich hält. Die Ar­beit­ge­be­rin hat zwar der An­trags­er­wei­te­rung wi­der­spro­chen, das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat je­doch über den Hilfs­an­trag ent­schie­den und da­mit zu­gleich über die Sach­dien­lich­keit der An­trags­er­wei­te­rung. Dar­an ist der Se­nat gemäß § 87 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2, § 81 Abs. 3 Satz 3 ArbGG ge­bun­den (BAG 22. März 2000 - 7 ABR 34/98 - Rn. 14, BA­GE 94, 144).

12

III. Der Be­triebs­rat ist an­trags­be­fugt. Er macht gel­tend, selbst Träger des streit­be­fan­ge­nen Un­ter­las­sungs­an­spruchs zu sein (BAG 18. Mai 2010 - 1 ABR 6/09 - Rn. 14, EzA Be­trVG 2001 § 77 Nr. 30). Ob der An­spruch tatsächlich be­steht, ist ei­ne Fra­ge der Be­gründet­heit des An­trags.

13

IV. Der in der Rechts­be­schwer­de al­lein noch anhängi­ge Hilfs­an­trag des Be­triebs­rats ist zulässig, be­darf aber der Aus­le­gung.

14

1. Die vom Be­triebs­rat be­an­trag­te Un­ter­sa­gung der An­wen­dung der Grundsätze Un­ter­neh­mens­ethik be­trifft de­ren Fas­sung vom De­zem­ber 2008. Nur dar­auf hat auch das Lan­des­ar­beits­ge­richt in sei­ner Ent­schei­dung ab­ge­stellt. Ge­gen die­se Aus­le­gung sind von den Be­tei­lig­ten kei­ne Ver­fah­rensrügen er­ho­ben wor­den. Ge­gen­stand des An­trags sind die Ethik­grundsätze in ih­rer Ge­samt­heit und nicht die ein­zel­nen dar­in ent­hal­te­nen Re­ge­lungs­ge­genstände. Nach­dem das Lan­des­ar­beits­ge­richt al­ler­dings ei­ne Ein­zel­prüfung vor­ge­nom­men und dem Hilfs­an­trag nur hin­sicht­lich ei­nes Teils der dar­in ent­hal­te­nen Re­ge­lun­gen ent­spro­chen hat, führt dies im Rechts­be­schwer­de­ver­fah­ren da­zu, dass sich der noch anhängi­ge Hilfs­an­trag nur noch auf die Ge­samt­heit der Re­ge­lungs­ge­genstände be­zieht, hin­sicht­lich de­rer die im zwei­ten Rechts­zug ge­stell­ten Anträge noch nicht rechts­kräftig ab­ge­wie­sen wor­den sind.

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2. So­weit der Be­triebs­rat die Un­ter­sa­gung der „An­wen­dung“ der Grundsätze der Un­ter­neh­mens­ethik be­gehrt, ist dies da­hin zu ver­ste­hen, dass es ihm dar­um geht, der Ar­beit­ge­be­rin ge­ne­rell zu un­ter­sa­gen, die­se Grundsätze als für die im Be­trieb beschäftig­ten Ar­beit­neh­mer ver­bind­li­che Ver­hal­tens­pflich­ten zu erklären. Bei ei­nem sol­chen An­trags­verständ­nis sind die Anträge hin­rei­chend be­stimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, denn der Be­triebs­rat be­strei­tet von vorn­her­ein die Be­fug­nis der Ar­beit­ge­be­rin, die Ver­bind­lich­keit der­ar­ti­ger Grundsätze ein­sei­tig in dem Be­trieb an­ord­nen zu können. Hier­in sieht er ein mit­be­stim­mungs­wid­ri­ges Ver­hal­ten.

16

V. Der in der Rechts­be­schwer­de noch anhängi­ge Hilfs­an­trag des Be­triebs­rats ist un­be­gründet.

17

1. Ein Un­ter­las­sungs­an­spruch folgt nicht aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 Be­trVG. Der Be­triebs­rat ist nicht Träger des Mit­be­stim­mungs­rechts. Die­ses steht viel­mehr dem Kon­zern­be­triebs­rat zu. Die Grundsätze Un­ter­neh­mens­ethik soll­ten im ge­sam­ten Kon­zern und nicht le­dig­lich ein­zel­ne Kon­zern­un­ter­neh­men oder Be­trie­be ein­geführt wer­den. Hier­durch soll­te ei­ne kon­zern­ein­heit­li­che „Un­ter­neh­mens­phi­lo­so­phie“ um­ge­setzt wer­den. Da­mit han­delt es sich gem. § 58 Abs. 1 Be­trVG um ei­ne An­ge­le­gen­heit, die den Kon­zern be­trifft und nicht durch die ein­zel­nen Ge­samt­be­triebsräte in­ner­halb ih­rer Un­ter­neh­men ge­re­gelt wer­den kann (da­zu BAG 22. Ju­li 2008 - 1 ABR 40/07 - Rn. 66 f., BA­GE 127, 146).

18

2. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Lan­des­ar­beits­ge­richts kann ein der­ar­ti­ger An­spruch nicht aus § 80 Abs. 1 Be­trVG her­ge­lei­tet wer­den. Nach die­ser Be­stim­mung hat der Be­triebs­rat darüber zu wa­chen, dass die zu­guns­ten der Ar­beit­neh­mer gel­ten­den Ge­set­ze, Ver­ord­nun­gen, Un­fall­verhütungs­vor­schrif­ten, Ta­rif­verträge und Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen durch­geführt wer­den. Hier­aus er­gibt sich je­doch auch dann kein Un­ter­las­sungs­an­spruch des ört­li­chen Be­triebs­rats, wenn die Einführung der kon­zern­weit gel­ten­den Grundsätze der Un­ter­neh­mens­ethik gem. § 87 Abs. 1 Nr. 1 Be­trVG mit­be­stim­mungs­pflich­tig war und die Mut­ter­ge­sell­schaft die­ses Mit­be­stim­mungs­recht nicht be­ach­tet hat. Das Über­wa­chungs­recht des Be­triebs­rats aus § 80 Abs. 1 Be­trVG ist auch in die­sem Fall dar­auf be­schränkt, den mit­be­stim­mungs­wid­ri­gen Zu­stand beim Ar­beit­ge­ber zu be­an­stan­den und auf Ab­hil­fe zu drängen (BAG 18. Mai 2010 - 1 ABR 6/09 - EzA Be­trVG 2001 § 77 Nr. 30). Ein Un­ter­las­sungs­an­spruch folgt hier­aus nicht (BAG 28. Mai 2002 - 1 ABR 40/01 - AP Be­trVG 1972 § 87 Ar­beits­zeit Nr. 96 = EzA Be­trVG 1972 § 87 Ar­beits­zeit Nr. 65). Die ab­wei­chen­de Auf­fas­sung des Lan­des­ar­beits­ge­richts führt zu ei­ner im Be­triebs­ver­fas­sungs­ge­setz nicht vor­ge­se­he­nen Auf­fang­zuständig­keit ei­nes nicht zuständi­gen ört­li­chen Be­triebs­rats, die der ge­setz­li­chen Zuständig­keitstren­nung wi­der­spricht. Denn der zur Si­che­rung der Mit­be­stim­mungs­rech­te aus § 87 Abs. 1 Be­trVG ent­wi­ckel­te Un­ter­las­sungs­an­spruch (BAG 3. Mai 1994 - 1 ABR 24/93 - BA­GE 76, 364) steht nach sei­nem Zweck al­lein dem Be­triebs­rat zu, der Träger des kon­kre­ten Mit­be­stim­mungs­rechts ist. Dies ist vor­lie­gend - so­weit ein Mit­be­stim­mungs­recht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 Be­trVG be­steht - nicht der An­trag­stel­ler, son­dern der Kon­zern­be­triebs­rat.

19

3. Die Ab­leh­nung ei­nes Un­ter­las­sungs­an­spruchs aus § 80 Abs. 1 Be­trVG führt auch nicht zu ei­ner plan­wid­ri­gen Verkürzung der Rechts­stel­lung des ört­li­chen Be­triebs­rats. Die­sem ver­bleibt viel­mehr ein Un­ter­las­sungs­an­spruch aus § 23 Abs. 3 Be­trVG. Des­sen Vor­aus­set­zun­gen hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt im vor­lie­gen­den Fall je­doch ver­neint, weil die Ar­beit­ge­be­rin nicht grob ge­gen be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­che Pflich­ten aus § 87 Be­trVG ver­s­toßen ha­be. Dies ist rechts­be­schwer­de­recht­lich nicht zu be­an­stan­den, nach­dem vom Be­triebs­rat in­so­weit kei­ne Ge­genrügen er­ho­ben wor­den sind.


 

Schmidt

Koch

Linck

Fe­der­lin

Pla­tow

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