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Haftung von Auszubildenden
23.03.2015. Kommt es im Betrieb zu Körperverletzungen, steht die Frage im Raum, ob und wer für den Schaden haftet, d.h. dem Verletzten Schadensersatz und Schmerzensgeld zahlen muss.
Dabei gelten nach den Vorschriften des Siebten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VII) Haftungsbeschränkungen, die allerdings nur dann eingreifen, wenn die Verletzung auf eine "betriebliche Tätigkeit" zurückzuführen ist.
Hier gelten für Auszubildende altersunabhängig dieselben Regeln wie für Arbeitnehmer: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.03.2015, 8 AZR 67/14.
- Kann man die Regeln über den innerbetrieblichen Schadensausgleich auch auf Auszubildende anwenden, obwohl diese meist jünger sind als "normale" Beschäftigte?
- Im Streit: Schmerzensgeld in Höhe von 25.000,00 EUR für eine Augenverletzung durch einen 19jährigen Auszubildenden
- BAG: Die Regeln zum innerbetrieblichen Schadensausgleich gelten altersunabhängig auch für Auszubildende
Kann man die Regeln über den innerbetrieblichen Schadensausgleich auch auf Auszubildende anwenden, obwohl diese meist jünger sind als "normale" Beschäftigte?
Wenn der Arbeitgeber in seinem Betrieb nicht für ausreichende Sicherheit am Arbeitsplatz sorgt und ein Arbeitnehmer aus diesem Grund bei der Arbeit eine körperliche Verletzung erleidet, kommt statt des Arbeitgebers die gesetzliche Unfallversicherung, d.h. die Berufsgenossenschaft für den Schaden auf. Und da der Arbeitgeber die Beiträge zur Unfallversicherung bzw. zur Berufsgenossenschaft alleine trägt, d.h. ohne Kostenbeitrag des Arbeitnehmers, ist er gesetzlich von jeder Schadensersatzhaftung befreit (§ 104 Abs.1 SGB VII). Dieser Haftungsausschluss umfasst auch das Schmerzensgeld.
In ebenso weitgehender Weise sind auch Arbeitnehmer untereinander von dem Risiko der Haftung auf Schadensersatz und Schmerzensgeld gesetzlich freistellt, und zwar gemäß § 105 Abs.1 Satz 1 SGB VII. Diese Vorschrift lautet:
"Personen, die durch eine betriebliche Tätigkeit einen Versicherungsfall von Versicherten desselben Betriebs verursachen, sind diesen sowie deren Angehörigen und Hinterbliebenen nach anderen gesetzlichen Vorschriften zum Ersatz des Personenschadens nur dann verpflichtet, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs.2 Nr.1 bis 4 versicherten Weg herbeigeführt haben."
Der Grund für diese Haftungsfreistellung besteht darin, die Haftungsfreistellung zugunsten des Arbeitgebers nicht auszuhöhlen. Denn müsste ein Arbeitnehmer dem anderen für eine Körperverletzung infolge eines Arbeitsunfalls Ersatz leisten, könnte er den Arbeitgeber in Regress nehmen. Das soll durch § 105 Abs.1 Satz 1 SGB VII von vornherein ausgeschlossen werden.
Voraussetzung für die Haftungsbefreiung ist allerdings, dass die Schädigung durch eine "betrieblichen Tätigkeit" verursacht wurde, also durch einen Arbeitsvorgang. Wird die Schädigung dagegen in einer Arbeitspause oder durch einen Schabernack oder eine Prügelei verursacht, gehört die Verletzung zur Privatsphäre der Beteiligten und der Haftungsausschluss greift nicht ein.
Fraglich ist, ob diese Abgrenzung auch dann ohne Abstriche gilt, wenn der "Missetäter" ein jugendlicher oder gerade erst volljährig gewordener Auszubildender ist.
Im Streit: Schmerzensgeld in Höhe von 25.000,00 EUR für eine Augenverletzung durch einen 19jährigen Auszubildenden
Der Kläger und der Beklagte waren Anfang 2011 als Auszubildende bei derselben Firma beschäftigt, nämlich bei einer Kfz-Werkstatt.
Am 24.02.2011 arbeitete der Beklagte, der damals 19 Jahre alt war, an der Wuchtmaschine. Der damals 17jährige Kläger, ein weiterer Auszubildender und ein anderer Arbeitnehmer waren im Raum, der Kläger stand mehrere Meter entfernt vom Beklagten in der Nähe der Aufzugstür. Der Beklagte warf ohne Vorwarnung ein ungefähr 10 g schweres Wuchtgewicht hinter sich und traf damit den Kläger am linken Auge, am Augenlid und an der linken Schläfe. Beabsichtigt hatte er diesen "Treffer" wohl nicht, denn er stand mit dem Rücken zum Kläger.
Trotzdem hatte der Wurf fatale Folgen. Der Kläger musste mehrere augenärztliche Untersuchungen und Operationen über sich ergehen lassen, wobei letztlich eine Kunstlinse eingesetzt wurde. Trotz der Behandlungen blieben Einschränkungen aufgrund einer Hornhautnarbe. Die Berufsgenossenschaft gewährte dem Kläger daraufhin eine monatliche Rente von 204,40 EUR.
Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main verurteilte den Beklagten zu einem Schmerzensgeld von 10.000,00 EUR (Urteil vom 24.01.2013, 19 Ca 4510/12), das Hessische Landesarbeitsgericht (LAG) immerhin zu 25.000,00 EUR (Hessisches LAG, Urteil vom 20.08.2013, 13 Sa 269/13). Beide Gerichte kamen aufgrund der Umstände der Verletzungshandlung zu dem Ergebnis, dass der Wurf nicht "betrieblich veranlasst" war, so dass sich der Beklagte nicht auf den Haftungsausschluss des § 105 SGB VII berufen konnte.
BAG: Die Regeln zum innerbetrieblichen Schadensausgleich gelten altersunabhängig auch für Auszubildende
Auch vor dem BAG zog der Beklagte den Kürzeren, denn das BAG bestätigte das Urteil des LAG. In der derzeit allein vorliegenden Pressemeldung des BAG heißt es zur Begründung:
Das Urteil des LAG sei ohne Rechtsfehler, so die Erfurter Richter. Die Voraussetzungen des Haftungsausschlusses nach § 105 Abs.1 SGB VII und des § 106 Abs.1 SGB VII seien nicht erfüllt. Auch die vom LAG angenommene Höhe des Schmerzensgeldes sei "revisionsrechtlich nicht zu beanstanden".
Insbesondere aber half es dem beklagten Ex-Azubi nicht, dass er zur Tatzeit erst 19 Jahre alt war. Denn, so das BAG: Auszubildende, die durch ihr Verhalten einen Beschäftigten desselben Betriebs schädigen, haften ohne Rücksicht auf ihr Alter nach den gleichen Regeln wie andere Arbeitnehmer.
Fazit: Der Beklagte hatte hier im Streitfall die Gerichte nicht davon überzeugen können, dass er mit seinem folgenreichen Wurf das Wuchtgewicht in den dafür bereitstehenden Sammelbehälter habe werfen wollen. Denn er und der Geschädigte standen etwa zehn Meter weit auseinander, und da der Geschädigte am Auge getroffen wurde, musste der Wurf mit großer Wucht ausgeführt worden sein. Daher gab es hier keine betriebliche Zielsetzung für den Wurf, so dass er der Privatsphäre von Schädiger und Geschädigtem zugerechnet werden musste.
Auch wenn der beklagte Schädiger zum Tatzeitpunkt erst 19 Jahre alt und damit "gerade erst" volljährig geworden war, kann er keine "Narrenfreiheit" für sich in Anspruch nehmen. Vor allem die Abgrenzung zwischen privaten und "betrieblich veranlassten" Körperverletzungen im Betrieb müssen altersunabhängig vorgenommen werden.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.03.2015, 8 AZR 67/14
- Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 20.08.2013, 13 Sa 269/13
- Handbuch Arbeitsrecht: Haftung des Arbeitgebers
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Letzte Überarbeitung: 4. Januar 2021
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