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LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 18.01.2011, 5 Sa 239/10
Schlagworte: | Aufhebungsvertrag, Abwicklungsvertrag, Abfindung | |
Gericht: | Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern | |
Aktenzeichen: | 5 Sa 239/10 | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 18.01.2011 | |
Leitsätze: | 1. Schließen die Parteien des Arbeitsvertrages anlässlich einer bereits ausgesprochenen Arbeitgeberkündigung eine Auflösungsvereinbarung, in der die Einzelheiten der Beendigung des Arbeitsverhältnisses geregelt sind, ist diese Vereinbarung aus sich heraus auszulegen. Ist dort die Abfindungszahlung unter den Vorbehalt gestellt, dass der Arbeitnehmer nicht innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung Kündigungsschutzklage erhebt, kann man nicht ohne Weiteres davon ausgehen, dass die Parteien eine Regelung gewollt haben, die der Regelung in § 1a KSchG entspricht. 2. Im Geltungsbereich von § 1a KSchG ist die Erhebung der Kündigungsschutzklage nach Ablauf von 3 Wochen anspruchsvernichtend, wenn der Arbeitnehmer im Rechtsstreit die Rechtsbehauptung aufstellt, die Klage sei noch rechtzeitig erhoben worden oder wenn er die nachträgliche Zulassung der Klage beantragt (wie BAG 20. August 2009 - 2 AZR 267/08 - AP Nr. 9 zu § 1a KSchG 1969 = NZA 2009, 1197 = DB 2009, 2497). Erhebt er verspätet Kündigungsschutzklage und macht er gleichzeitig außergerichtlich dem Arbeitgeber deutlich, dass es ihm mit der Klage nur um einen Vergleichsabschluss vor Gericht zur Titulierung seiner Abfindungsforderung gehe, verliert er seinen Abfindungsanspruch nicht. |
|
Vorinstanzen: | Arbeitsgericht Rostock, Urteil vom 6.07.2010, 3 Ca 584/10 | |
Tenor
1. Die Berufung wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien hat ehemals ein Arbeitsverhältnis verbunden. Sie streiten nun noch um die Zahlung einer Abfindung aus Anlass der Beendigung ihrer Zusammenarbeit.
Der 1974 geborene, verheiratete, zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtete und rechtsschutzversicherte Kläger war seit April 1999 bei der Beklagten, einem Unternehmen der Wohnungswirtschaft, zunächst als Wohnungsverwalter, zuletzt als Abteilungsleiter Finanzierung beschäftigt. Er hat zuletzt ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von 5.600,00 Euro bezogen.
Mit Schreiben vom 30. September 2009, zugegangen am 02.10.2009, kündigte die Beklagte das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis fristgemäß zum 31. März 2010. In der Kündigung heißt es auszugsweise wörtlich:
"... hiermit kündigen wir das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis fristgemäß zum 31. März 2010 aus betriebsbedingten Gründen.
[Der Kläger] erhält eine vererbliche Abfindung in Höhe von 42.593,05 Euro (brutto), die am 31. März 2010 fällig wird. Er kann die Summe nur beanspruchen, wenn er gegen die Kündigung innerhalb von 3 Wochen nach Zugang keine Kündigungsschutzklage erhebt. ..."
Zwischen den Parteien wurde außerdem im zeitlichen Zusammenhang mit dem Ausspruch der Kündigung eine undatierte schriftliche Vereinbarung (im Folgenden als Begleitvereinbarung bezeichnet) geschlossen, in der es auszugsweise wörtlich heißt:
"... Das bestehende Arbeitsverhältnis endet mit einer betriebsbedingten Kündigung zum 31. März 2010.
[Der Kläger] wird unverzüglich widerruflich bis zum 31. März 2010 von der Arbeit freigestellt unter Anrechnung von Urlaubsansprüchen und unter Weiterzahlung der monatlichen arbeitsvertragsgemäßen Bezüge sowie Zahlung des Weihnachts- und Urlaubsgeldes.
...
[Der Kläger] erhält eine vererbliche Abfindung in Höhe von 42.593,05 € (brutto), die am 31. März 2010 fällig wird. Er kann die Summe nur beanspruchen, wenn er gegen die Kündigung innerhalb von 3 Wochen nach Zugang keine Kündigungsschutzklage erhebt. ..."
Am 16. Oktober 2009 telefonierte der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit dem Geschäftsführer der Beklagten mit dem Ziel, den Inhalt der Vereinbarung, insbesondere die Abfindung, gerichtlich titulieren zu lassen. Wortwahl und Tonlage des Gespräches sind streitig, jedenfalls verwies der Geschäftsführer der Beklagten den Prozessvertreter des Klägers an seine Personalabteilung.
Daraufhin kam es am 19. Oktober 2009 zu einem Telefonat zwischen dem Prozessbevollmächtigten des Klägers und der Personalleiterin der Beklagten, Frau R.
Unstreitig trug der Prozessbevollmächtigte des Klägers auch hier seinen Wunsch vor, die Absprachen aus der Begleitvereinbarung gerichtlich titulieren zu lassen; er berichtete dazu auch von seinem Plan, eine Kündigungsschutzklage zu erheben, um in diesem Verfahren dann einen Vergleich auf Basis der Absprachen aus der Begleitvereinbarung anzustreben. Streitig ist zwischen den Parteien allerdings, ob die Personalleiterin dieses Vorgehen gebilligt hat.
Daraufhin hat der Kläger dann Kündigungsschutzklage mit Eingang beim Arbeitsgericht am 30.10.2009 erhoben. Die Klage wurde der Beklagten am 5. November 2009 gleichzeitig mit der Ladung zum Gütetermin am 19. November 2009 (später umgeladen auf den 10. Dezember 2009) zugestellt. Am 10. November 2009 übersandte der Prozessbevollmächtigte des Klägers der Beklagten außergerichtlich ein Schreiben, dem ein Entwurf eines an das Arbeitsgericht gerichteten Schreibens beigefügt war, mit dem das Arbeitsgericht gebeten werden sollte, das Zustandekommen eines dort näher ausformulierten Vergleich im Verfahren nach § 278 Absatz 6 ZPO festzustellen. In dem zur Versendung an das Gericht vorgesehenen Schreiben heißt es auszugsweise wörtlich:
"... teile ich mit, dass sich die Parteien zwischenzeitlich außergerichtlich geeinigt haben.
Vor diesem Hintergrund wird gebeten, den am 19.11.2009 um 14.00 Uhr anberaumten Verhandlungstermin aufzuheben.
Gleichzeitig wird gebeten, den nachfolgenden Vergleich gemäß § 278 Abs. 6 ZPO im Beschlusswege wie folgt zu protokollieren:
1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis
auf Grund ordentlicher, fristgerechter, betriebsbedingter Kündigung zum 31.03.2010 beendet wird.
2. Die Beklagte verpflichtet sich, an den Kläger für den Verlust des Arbeitsplatzes eine vererbliche Abfindung in Höhe von 42.593,05 Euro (brutto) zu zahlen. Die Abfindung wird am 31.03.2010 zur Zahlung fällig.
3. Der Kläger wird mit sofortiger Wirkung unter Anrechnung von Urlaubsansprüchen und unter Weiterzahlung der monatlichen, arbeitsvertragsgemäßen Bezüge sowie Zahlung des Weihnachts- und Urlaubsgeldes bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31.03.2010 widerruflich von seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt.
4. Die Beklagte verpflichtet sich, die Abmahnung vom 14.08.2009 aus der Personalakte des Klägers zu entfernen und die darin gegenüber dem Kläger erhobenen Vorwürfe nicht weiter aufrecht zu erhalten.
5. Die Beklagte verpflichtet sich, dem Kläger ein wohlwollendes, qualifiziertes Zwischenzeugnis sowie zum 31.03.2010 ein wohlwollendes, qualifiziertes Schlusszeugnis zu erteilen.
6. Der Kläger verpflichtet sich, an die Beklagte alle ihr gehörenden Gegenstände, Unterlagen und Datenträger bis spätestens 30.11.2009 zurückzugeben, auch wenn diese zum Teil im privaten Eigentum des Klägers stehen.
7. Der Kläger verpflichtet sich, über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus über betriebsinterne Angelegenheiten gegenüber Dritten Stillschweigen zu bewahren.
8. Mit der Erfüllung dieses Vergleichs sind sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und dessen Beendigung, seien sie zum jetzigen Zeitpunkt erkennbar oder nicht, abgegolten und erledigt. Die Parteien erteilen sich insoweit Generalquittung.
Das Gericht wird gebeten, die Zustimmung der Beklagten zu dem vorliegenden Vergleichsabschluss einzuholen. ..."
Auf das Anschreiben der Klägerseite reagierte die Beklagte außergerichtlich mit Fax vom 12. November 2009, 14:44 Uhr, in dem es auszugsweise wörtlich heißt: "... das Schreiben an das Arbeitsgericht kann unverändert abgeschickt werden. Änderungs- und Ergänzungswünsche bestehen nicht. ..."
Nur kurze Zeit später um 15:28 Uhr am selben Tag hat die Beklagte dann nochmals an den Prozessbevollmächtigten des Klägers ein Fax abgesetzt, in dem die Beklagte erklärt, bei dem kurze Zeit zuvor abgesetzten Fax habe es sich um "ein Büroversehen" gehandelt. In Wahrheit habe man das beigefügte Schreiben absetzen wollen. In dem beigefügten Schreiben heißt es dann auszugsweise: "... wir beziehen uns auf Ihr Schreiben vom 10.11.2009. Einem vor dem Arbeitsgericht zu protokollierendem Vergleich werden wird nicht zustimmen. ..."
Zwei Tage später hat dann die Beklagte bei Gericht beantragt, die Kündigungsschutzklage abzuweisen.
Am 10. Dezember 2009 fand die Güteverhandlung zu der Kündigungsschutzklage statt. Die einzelnen Aussagen der Parteien während des Gütetermins sind streitig. Letztlich beantragten beide Parteien, das Ruhen des Verfahrens anzuordnen, was dann auch erfolgt ist.
Monate später hat der Kläger am 13. April 2010 dann erneut eine Klage gegen die Beklagte erhoben (vorliegender Rechtsstreit) und dazu anfangs folgende Anträge angekündigt:
"1. Es wird festgestellt, dass zwischen dem Kläger und der Beklagten nachfolgender Vergleich zu Stande gekommen ist:
1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis auf Grund ordentlicher, fristgerechter, betriebsbedingter Kündigung zum 31.03.2010 beendet wird.
2. Die Beklagte verpflichtet sich, an den Kläger für den Verlust des Arbeitsplatzes eine vererbliche Abfindung in Höhe von 42.593,05 Euro (brutto) zu zahlen. Die Abfindung wird am 31.03.2010 zur Zahlung fällig.
3. Der Kläger wird mit sofortiger Wirkung unter Anrechnung von Urlaubsansprüchen und unter Weiterzahlung der monatlichen, arbeitsvertragsgemäßen Bezüge sowie Zahlung des Weihnachts- und Urlaubsgeldes bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31.03.2010 widerruflich von seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt.
4. Die Beklagte verpflichtet sich, die Abmahnung vom 14.08.2009 aus der Personalakte des Klägers zu entfernen und die darin gegenüber dem Kläger erhobenen Vorwürfe nicht weiter aufrecht zu erhalten.
5. Die Beklagte verpflichtet sich, dem Kläger ein wohlwollendes, qualifiziertes Zwischenzeugnis sowie zum 31.03.2010 ein wohlwollendes, qualifiziertes Schlusszeugnis zu erteilen.
6. Der Kläger verpflichtet sich, an die Beklagte alle ihr gehörenden Gegenstände, Unterlagen und Datenträger bis spätestens 30.11.2009 zurückzugeben, auch wenn diese zum Teil im privaten Eigentum des Klägers stehen.
7. Der Kläger verpflichtet sich, über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus über betriebsinterne Angelegenheiten gegenüber Dritten Stillschweigen zu bewahren.
8. Mit der Erfüllung dieses Vergleichs sind sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und dessen Beendigung, seien sie zum jetzigen Zeitpunkt erkennbar oder nicht, abgegolten und erledigt. Die Parteien erteilen sich insoweit Generalquittung.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger eine Abfindung in Höhe von 42.539,05 Euro (brutto) nebst hierauf entfallender Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 01.04.2010 zu zahlen."
Das Arbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage mit dem vorliegenden Rechtsstreit verbunden und entsprechend des zuletzt allein noch gestellten Zahlungsantrags des Klägers mit Urteil vom 6. Juli 2010 in der Hauptsache wie folgt geurteilt:
"Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger eine Abfindung in Höhe von 42.593,05 Euro (brutto) nebst hierauf entfallender Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 1. April 2010 zu zahlen."
Auf dieses Urteil wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes vor dem Arbeitsgericht Bezug genommen.
Mit der rechtzeitig eingelegten und rechtzeitig begründeten Berufung verfolgt die Beklagte ihr Ziel der Klagabweisung weiter.
Die Beklagte meint, der klägerische Anspruch lasse sich nicht auf § 1a KSchG stützen, da der Kläger Kündigungsschutzklage erhoben habe. Der Anspruch lasse sich aber auch nicht auf die nicht datierte Begleitvereinbarung stützen, da diese neben dem Abfindungsversprechen im Kündigungsschreiben selbst keine eigenständige Bedeutung habe. Die sich daraus möglicherweise ergebenden Ansprüche teilten das Schicksal der Ansprüche aus § 1a KSchG.
Auch in Zusammenhang mit den telefonischen Bemühungen des Prozessbevollmächtigten des Klägers im November 2009, die Beklagte dazu zu gewinnen, pro forma einen Kündigungsschutzrechtsstreit zu führen, sei es nicht zu einer rechtsgeschäftlichen Abrede gekommen, nach der Anspruch auf die Abfindung trotz Klageerhebung bestehen bleiben sollte.
Die Beklagte beantragt,
das am 6. Juli 2010 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Rostock zum Aktenzeichen 3 Ca 584/10 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil. Er bleibt auch bei seiner Behauptung, er habe der Personalleiterin Frau R. in dem Telefonat am 19. November erklärt, dass mit der Umsetzung seines Planes zur Titulierung der Ansprüche kein Aufwand auf Seiten der Beklagten verbunden sei. Niemand müsse zu Gericht gehen und es werde keine Gerichtsverhandlung geben, da der Vergleich im schriftlichen Verfahren durch Beschluss schon vor der Güteverhandlung zustande kommen würde. Sein Prozessbevollmächtigter habe Frau R. ausdrücklich erklärt, dass sie keinerlei Aufwand haben würde und er - der Prozessbevollmächtigte des Klägers - alle erforderlichen Schritte veranlassen würde. Daraufhin habe sich Frau R. mit der beabsichtigten Vorgehensweise einverstanden erklärt. Dass Frau R. mit dem Vorgehen einverstanden erklärt habe, ergebe ich im Übrigen indirekt auch aus dem Inhalt des ersten und später widerrufenen Faxes vom 12. November 2009.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrages der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zurecht erkannt, dass der Kläger einen vertraglichen Anspruch auf Zahlung der streitigen Abfindung hat.
I. Der Kläger hat einen Anspruch aus der nicht datierten Begleitvereinbarung der Parteien, die in zeitlichem Zusammenhang mit dem Ausspruch der Kündigung entstanden ist. Nach dieser Begleitvereinbarung steht dem Kläger eine Abfindung in der zugesprochenen Höhe als Bruttobetrag zu. Der Anspruch ist - was zwischen den Parteien nicht in Streit steht - rechtgeschäftlich wirksam zu Stande gekommen. Er ist auch nicht durch spätere Ereignisse untergegangen.
1. Die anspruchsvernichtende Einwendung der Erhebung der Kündigungsschutzklage greift vorliegend nicht ein.
In dem Text der Begleitvereinbarung heißt es insoweit wörtlich: "Er [der Kläger] kann die Summe nur beanspruchen, wenn er gegen die Kündigung innerhalb von 3 Wochen nach Zugang keine Kündigungsschutzklage erhebt." Diese Regelung schließt den Anspruch nicht aus, da der Kläger seine Kündigungsschutzklage erst nach Ablauf von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung erhoben hat.
a) Entgegen der Auffassung der Beklagten kann die Formulierung dieser anspruchsvernichtenden Einwendung nicht dahin verstanden werden, dass die Erhebung einer Kündigungsschutzklage auch außerhalb der 3wöchigen Klagefrist den Anspruch auf die Abfindungszahlung untergehen lassen sollte. Es mag zwar naheliegen, dass die Parteien mit der Begleitvereinbarung nur nochmals Voraussetzungen und Rechtsfolgen dessen beschreiben wollten, was sich ohnehin aus § 1a KSchG ergibt. Andererseits kann bei der Auslegung der Begleitvereinbarung nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Parteien sich im Streit getrennt haben. Dieser Umstand legt es nahe, dass die Parteien mit der Begleitvereinbarung eine eigenständige Grundlage für alle dort geregelten Modalitäten der Beendigung und Abwicklung ihres Arbeitsverhältnisses schaffen wollten. Das liegt schon deshalb nahe, da die versprochene Abfindung weit oberhalb der Abfindung liegt, wie sie sich bei Anwendung von § 1a KSchG errechnen würde. - Da die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen der rechtsvernichtenden Einwendung trägt, und sie keine eindeutigen Indizien für ihre Deutung der Vereinbarung vortragen konnte, muss die Entscheidung insoweit gegen sie ergehen.
b) Aber selbst dann, wenn man sich hilfsweise auf den Standpunkt der Beklagten stellt und annimmt, die Parteien hätten in der Begleitvereinbarung regeln wollen, dass der versprochene Abfindungsanspruch immer dann untergehen soll, wenn auch der analoge Anspruch aus § 1a KSchG untergehen würde, hätte die Berufung keinen Erfolg. Denn es kann nicht festgestellt werden, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für das Nichtentstehen des Abfindungsanspruchs aus § 1a KSchG vorliegen. Insoweit ist zwar richtig, dass das Bundesarbeitsgericht über den Wortlaut des Gesetzes hinausgehend dazu neigt, den Abfindungsanspruch schon dann auszuschließen, wenn der Arbeitnehmer überhaupt gegen die Kündigung Klage erhebt (zuletzt noch BAG 20. August 2009 - 2 AZR 267/08 - AP Nr. 9 zu § 1a KSchG 1969 = NZA 2009, 1197 = DB 2009, 2497). Zwei Gründe sprechen jedoch dagegen, diese Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall zu übertragen.
Zum einen unterscheidet sich der Sachverhalt der Entscheidung des BAG und der vorliegenden Sachverhalt in einem entscheidenden Punkt. Denn in dem BAG-Fall meinte der klagende Arbeitnehmer, er habe die 3-Wochen-Frist für die Erhebung der Kündigungsschutzklage aus § 4 KSchG noch gewahrt. Das war ausweislich der Randnummer 15 der Entscheidungsgründe für das Bundesarbeitsgericht der Anlass, die Aussage zu treffen, auch eine nach Ablauf der Klagefrist erhobene Klage verhindere das Entstehen des Abfindungsanspruchs. Eine solche Situation liegt jedoch hier gerade nicht vor. Der Kläger hat die Klage einfach nach Ablauf der Klagefrist eingereicht und auch nicht die nachträgliche Zulassung der Klage beantragt. Er hat auch zu keinem Zeitpunkt den Eindruck vermittelt, als gehe er von einer rechtzeitigen Klagerhebung aus. Damit kann die Entscheidung des BAG hier nicht zu Gunsten der Beklagten herangezogen werden. Eine über den konkreten Sachverhalt, über den das BAG entschieden hatte, hinausgehende Interpretation der Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts scheidet nach Ansicht des erkennenden Gerichts aus. Denn der von der Beklagten dem BAG unterstellte Rechtssatz, jede Klageerhebung in Zusammenhang mit einer Kündigung sei abfindungsschädlich, würde sich ersichtlich so weit vom Gesetzeswortlaut entfernen, dass man ihm nicht folgen könnte.
Zum anderen muss betont werden, dass die Beklagte über das Vorgehen des Klägers im hiesigen Fall zu keinem Zeitpunkt im Unklaren war. Aufgrund der telefonischen Vorgespräche durch den Prozessbevollmächtigten des Klägers wusste die Beklagte ganz genau, was der Kläger mit der Klageerhebung bezwecken wollte. Nach Überzeugung des Gerichts sollte die Klageerhebung entweder nur dazu dienen, den beteiligten Rechtsanwälten einen attraktiven Honoraranspruch zu vermitteln, und sie sollte jedenfalls auch dazu dienen, den Abfindungsanspruch des Klägers titulieren zu lassen, wozu der Kläger angesichts der Spannungen aus Anlass der Trennung wohl Anlass sah. Angesichts der Vorankündigungen des Prozessbevollmächtigten des Klägers über den beabsichtigten Vergleichsabschluss vor Gericht musste die Beklagte jedenfalls zu keinem Zeitpunkt befürchten, die ausgesprochene Kündigung vor Gericht verteidigen zu müssen. Das hat der Kläger in seiner Klage auch mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht, in dem er gerade keinen Antrag auf nachträgliche Zulassung der Klage gestellt hat.
II. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts hinsichtlich der Nebenforderungen in Form von Zinsen hat die Berufung nicht angegriffen, so das kein Anlass besteht, hierzu weitere Ausführungen zu machen.
Das Gericht hat die Revision nicht zugelassen, da die gesetzliche Voraussetzungen aus § 72 ArbGG hierfür nicht gegeben sind.
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