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Urlaubsabgeltung nach langer Krankheit:
Diese Rechtsprechung wurde durch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Sachen Schultz-Hoff (Urteil vom 20.01.2009, C-350/06 und C-520/06) für Arbeitnehmer grundlegend geändert: Der aufgrund einer Erkrankung nicht genommene Urlaub darf demnach nicht mehr verfallen.
In einer aktuellen Entscheidung hat das Arbeitsgericht (ArbG) Wuppertal dem EuGH die Frage vorgelegt, ob diese Rechtsprechung auf Beamte und Dienstordnungsangestellte, auf die das Beamtenrecht angewandt wird, zu übertragen ist: ArbG Wuppertal, EuGH-Vorlage vom 19.11.2009, 7 Ca 2453/09.
- Urlaubsabgeltung nach langer Krankheit
- Der Fall des Arbeitsgerichts Wuppertal: Angestellter einer Krankenkasse fordert auch nach Beamtenrecht nach langer Krankheit Urlaubsabgeltung
- Arbeitsgericht Wuppertal legt Europäischen Gerichtshof die Frage vor, ob Nichtverfall des Urlaubsanspruchs auch für Beamte gilt
Urlaubsabgeltung nach langer Krankheit
Nach dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) hat jeder Arbeitnehmer einen Mindestanspruch auf einen Urlaub von vier Wochen (§ 3 BUrlG), der grundsätzlich auch im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden muss, d. h. bis zum 31. Dezember (§ 7 Abs. 3 BUrlG). Eine Übertragung des Urlaubs ist zulässig, wenn der Urlaub wegen dringender betrieblicher oder in der Person des Arbeitnehmers liegender Gründe nicht genommen werden konnte, wobei auch in diesen Fällen ein endgültiger und ersatzloser Verfall zum 31. März des Folgejahres eintritt (§ 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG).
Unter Berücksichtigung dieser Gesetzeslage ging das Bundesarbeitsgericht (BAG) seit den 80er Jahren davon aus, dass der Jahresurlaub eines Arbeitnehmers, der wegen Krankheit weder im Urlaubsjahr noch bis zum 31. März des Folgejahres genommen werden konnte, endgültig verfiel. Nichts anderes galt für die Abgeltung von Urlaubsansprüchen nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, denn eine Urlaubsabgeltung sollte nach dem BAG nur dann möglich sein, wenn bei einer Fortdauer des Arbeitsverhältnisses die Urlaubsansprüche noch nicht verfallen waren.
Anders entschied jedoch der Europäische Gerichtshof (EuGH) in der Rechtssache Schultz-Hoff (EuGH, Urteil vom 20.01.2009, C-350/06 und C-520/06). Nach seiner Ansicht verstößt es gegen Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 04.11.2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung, wenn nach nationalen Vorschriften der Mindesturlaubsanspruch von vier Wochen verfällt, weil der Arbeitnehmer ihn aus krankheitsbedingten Gründen nicht antreten konnte. Auch ist der EuGH der Ansicht, dass dem erkrankten Arbeitnehmer im Falle der Vertragsbeendigung ein Anspruch auf finanzielle Abgeltung zustehe.
Aufgrund der vorgenannten Entscheidung des EuGH hat auch das BAG seine seit Jahrzehnten praktizierte Rechtsprechung aufgegeben und bald nach dem EuGH-Urteil klargestellt, dass der gesetzliche Mindesturlaub von vier Wochen bei „richtlinienkonformer Rechtsfortbildung“ des deutschen Arbeitsrechts im Falle der Erkrankung des Arbeitnehmers nicht verfällt (BAG, Urteil vom 24.30.2009, 9 AZR 983/07, wir berichteten laufend darüber, zuletzt in Arbeitsrecht aktuell 09/126: Kein Verfall von Resturlaubsansprüchen infolge von Krankheit seit dem 02.08.2006).
Bislang noch nicht geklärt ist die Frage, ob sich auch Beamte auf das Schultz-Hoff-Urteil beziehen können, d.h. ob die aus diesem Urteil folgende längere Aufrechterhaltung von Resturlaubsansprüchen bei lang andauernder Krankheit auch Beamte begünstigt. Während die für beamtenrechtliche Streitigkeiten zuständigen Verwaltungsgerichte diese Frage bislang praktisch immer verneint haben, hat sich jetzt - überraschenderweise - ein Arbeitsgericht mit diesem Thema befasst, nämlich das Arbeitsgericht (ArbG) Wuppertal (Arbeitsgericht Wuppertal, Beschluss vom 19.11.2009, 7 Ca 2453/09).
Es hatte nämlich über die Frage zu entscheiden, ob die Urlaubsrechtsprechung des EuGH auf Dienstordnungsangestellte (DO-Angestellte) von Sozialversicherungsträgern übertragen werden kann. DO-Angestellte sind zwar Arbeitnehmer, die aufgrund eines privatrechtlichen Arbeitsvertrages tätig werden, doch richtet sich der Inhalt ihres Arbeitsverhältnisses nach dem Beamtenrecht. Fraglich ist daher, ob DO-Angestellte von dem Begriff des „Arbeitnehmers“ im Sinne von Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG erfasst werden.
Der Fall des Arbeitsgerichts Wuppertal: Angestellter einer Krankenkasse fordert auch nach Beamtenrecht nach langer Krankheit Urlaubsabgeltung
Der Kläger war bis Ende März 2009 bei der Beklagten, einer gesetzlichen Krankenkasse in Wuppertal als DO-Angestellter beschäftigt. Er war von 2006 bis zu seinem Ausscheiden weitestgehend arbeitsunfähig erkrankt war und klagte unter Berufung auf das Schultz-Hoff-Urteil des EuGH Urlaubsabgeltung für elf Urlaubstage aus dem Jahr 2006 sowie für 28 Urlaubstage aus dem Jahr 2007 ein.
Für 2008 und 2009 hatte er trotz gesundheitlicher Probleme Urlaub in Natur erhalten, da er sich zu diesem Zwecke hatte „gesund schreiben lassen“. Außerdem hatte der Arbeitgeber erklärt, den Urlaub (nur) für 2008 und 2009 zu gewähren, da ihrer Ansicht nach die Ansprüche für 2006 und 2007 verfallen waren.
Das Arbeitsverhältnis bestimmte sich nach der Dienstordnung der Krankenkasse, die auf die für beamtenrechtliche Vorschriften des Landes Nordrhein-Westfalen (NRW) verwies. Nach § 8 Abs. 2 der damit einbezogenen Verordnung über den Erholungsurlaub der Beamtinnen und Beamten und Richterinnen und Richter im Lande Nordrhein Westfalen (Erholungsurlaubsverordnung - EUV) in der Fassung vom 14.09.1993 verfällt der Urlaub eines Beamten, soweit dieser nicht innerhalb von neun Monaten nach dem Ende des Urlaubsjahres in Anspruch genommen wird.
Arbeitsgericht Wuppertal legt Europäischen Gerichtshof die Frage vor, ob Nichtverfall des Urlaubsanspruchs auch für Beamte gilt
Das Arbeitsgericht stellte zunächst klar, dass sich der Urlaub des DO-Angestellten nicht nach dem BUrlG, sondern nach der EUV richte, wonach Beamte - anders als Arbeitnehmer - keinen Anspruch auf Urlaubsabgeltung bei Beendigung des Dienstverhältnisses haben.
Daher könnte sich, so das Arbeitsgericht, ein Urlaubsabgeltungsanspruch des Klägers nur direkt aus der Richtlinie 2003/88/EG ergeben. Eine solche, d.h. direkte Anwendung der Richtlinie 2003/88/EG hält das Gericht im vorliegenden Fall für möglich, denn EU-Richtlinien gelten gegenüber dem Staat und daher auch gegenüber dem hier verklagten Arbeitgeber, einer gesetzlichen Krankenkasse, unmittelbar, d.h. auch dann, wenn sie nicht durch spezielle Gesetzesvorschriften in nationales Recht (hier: in deutsches Beamtenrecht) umgesetzt wurden.
Weiterhin ist seit dem Schultz-Hoff-Urteil des EuGH auch geklärt, dass die Richtlinie 2003/88/EG einen finanziellen Abgeltungsanspruch der von der Richtlinie geschützten „Arbeitnehmer“ begründet, soweit diese aufgrund längerer Arbeitsunfähigkeit vor Beendigung ihres aktiven Dienstes den von der Richtlinie geforderten Mindesturlaub nicht mehr nehmen können.
Vor diesem Hintergrund ist für das Arbeitsgericht entscheidungserheblich, ob ein DO-Angestellter unter den Begriff des Arbeitnehmers im Sinne Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG fällt oder nicht. Ausgehend davon setzte das ArbG den Rechtsstreit aus und legte dem EuGH im Wege des Ersuchens der Vorabentscheidung folgende Frage vor:
„Umfasst der Begriff des Arbeitnehmers im Sinne des Artikel 7 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2003/88/EG (= Artikel 7 der Richtlinie 93/104/EG) (Juris: EGRL 88/2003 und EGRL 104/93) auch einen Dienstordnungsangestellten einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, deren auf Grund bundesgesetzlicher Ermächtigung (§ 351 RVO) erlassenes autonomes Satzungsrecht für die Urlaubsansprüche des Dienstordnungsangestellten auf die für Beamte geltenden Vorschriften (hier: § 101 Landesbeamtengesetz NRW i.V.m. der Verordnung über den Erholungsurlaub der Beamtinnen und Beamten und Richterinnen und Richter im Lande Nordrhein-Westfalen) verweist?“
Zwar ordnet Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 2003/88 /EG an, dass die Richtlinie für alle privaten und öffentlichen Tätigkeitsbereiche im Sinne einer anderen Richtlinie gelten soll, nämlich im Sinne der Richtlinie 89/391/EG. Nach dieser Richtlinie wiederum ist eine Anwendung ausnahmsweise ausgeschlossen, soweit Besonderheiten bestimmter spezifischer Tätigkeiten im öffentlichen Dienst, wie z. B. bei Streitkräften oder der Polizei, einer Richtlinieanwendung entgegenstehen (Art.2 der Richtlinie 89/391/EG).
Diese Ausnahme könnte, so das Arbeitsgericht, dafür sprechen, dass auch DO-Angestellte von dem Begriff des Arbeitnehmers erfasst werden sollen, denn die vorstehende Ausnahmevorschrift wäre überflüssig, wenn die Richtliniengeltung allgemein für die öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnisse ausgeschlossen sein sollte.
Da das Arbeitsgericht sich in diesem Verständnis der Richtlinie 2003/88 /EG nicht sicher ist, hat es den EuGH gebeten, dazu Stellung zu nehmen.
Fazit: Dem deutschen Beamtenrecht ist ein Austauschverhältnis zwischen Dienstleistung und Vergütung fremd, d.h. ein deutscher Beamter wird nicht für seine Dienstleistung „entlohnt“, sondern vielmehr amtangemessen „alimentiert“. In dieses System passt eine finanzielle Abgeltung für nicht genommenen Urlaub nicht gut hinein.
Andererseits war der ersatzlose Untergang nicht genommenen Urlaubs, den man für im Beamtenrecht recht gut mit dem Alimentationsprinzip in Verbindung bringen kann, auch im Arbeitsrecht lange Jahre ständige und gefestigte Rechtsprechung - bis mit dem Schultz-Hoff-Urteil des EuGH alles anders wurde. Es ist daher zu erwarten, dass die Änderungen des Urlaubsrechts, die das Arbeitsrecht infolge des Schultz-Hoff-Urteils bereits hinter sich gebracht hat, in den nächsten Jahren das Beamtenrecht treffen werden.
Länger erkrankten Beamten und Dienstordnungsangestellten ist daher im Falle ihres Ausscheidens aus dem Dienst zu raten, zur Vermeidung eines Anspruchsuntergangs durch Verfall oder Verjährung ihre Urlausabgeltungsansprüche gerichtlich geltend zu machen.
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Letzte Überarbeitung: 4. Juni 2019
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